Deutschland aus den Augen fliegender Bienen - mayr.com€¦ · unter dem Stadiondach angeordnet....

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34 antriebstechnik 10/2015 KUPPLUNGEN UND BREMSEN Simone Winkler (M.A.): Öffentlichkeitsarbeit, mayr Antriebstechnik in Mauerstetten Deutschland aus den Augen fliegender Bienen Zuverlässige Bremsen sichern Bühnentechnik im Deutschen Pavillon bei der Expo in Mailand Simone Winkler Deutschland präsentiert sich auf der Weltausstellung in Mailand mit dem Deutschen Pavillon „Fields of Ideas“. Dort mündet der Weg für die Besucher in einer Live Show in der komplexe Seilroboter-Systeme Lasten über den Köpfen der Zuschauer bewegen. In den Bühnenwinden sorgen Bremsen für größtmögliche Betriebs- und Funktionssicherheit. Bad Wünnenberg bei Paderborn, angetrie- ben werden. In den Winden setzt ASM auf die zuverlässigen Roba-stop-silenzio Sicherheitsbremsen von Mayr Antriebs- technik. Diese sorgen im Störungsfall wie z. B. Stromausfall dafür, dass die Seilroboter zuverlässig stehen bleiben und nicht absin- ken. Die Steuerung und Überwachung der Winden übernimmt ein besonders ange- passtes Bühnentechnik-Steuersystem, welches von Fülling & Partner GmbH, Dortmund, speziell für diesen Anwen- dungszweck entwickelt wurde. Faszinierende Technik Bei den Bienenaugen handelt es sich um bewegliche Projektionsflächen, d. h. Rück- projektionseinheiten, die aus einem DLP- Projektor und einer Projektionsfläche von ca. 230 cm x 140 cm bestehen. Projektor und Projektionsfläche sind fest miteinander verbunden. Jedes Bienenauge ist an einem Seilroboter aufgehängt. Eine erste Grundlage für die Konzeption der Show bildeten soge- nannte Spider-Kameras, die z. B. in Fußball- stadien über dem Spielfeld für die Übertra- gung der Spiele zum Einsatz kommen. Bei diesen Seilkamerasystemen wird die Kamera von vier Seilen gehalten. Dazu sind vier elektrische Seilwinden in einem Rechteck unter dem Stadiondach angeordnet. Von den Seilwinden ausgehend treffen sich die vier Seile bei der Kamera. Durch kontrol- liertes Auf- und Abwickeln der Seilwinden lässt sich die Kamera horizontal und vertikal N ach Hannover (2000), Aichi in Japan (2005) und Shanghai (2010) lockt die Expo 2015 Besucher aus der ganzen Welt nach Mailand. Thema der diesjährigen Weltausstellung ist „Feeding the planet, energy for life“. Sie will damit Antworten geben auf die zukünftigen, großen Her- ausforderungen der Welternährung. Der Deutsche Pavillon „Fields of Ideas“ nimmt eine klare Haltung zum Expo-ema ein und gibt den Besuchern Einblicke in neue und überraschende Lösungsansätze aus Deutschland für die Ernährung der Zu- kunft. Unter dem Motto „Be active“ lädt er die Gäste ein, selbst aktiv zu werden und bietet vielfältige Interaktionsmöglichkeiten. Der Weg durch die Ausstellung endet mit einer dynamischen Bühnenshow, bei der die Besucher bei einer Reise durch Deutsch- land voller Bilder und Klänge in eine vielfäl- tige Landschaft eintauchen. Dem Publikum eröffnet sich dabei eine interessante Per- spektive: Sie sehen Deutschland aus den Augen fliegender Bienen. Diese Bienenaugen bewegen sich geschmeidig und geräuschlos über den Köpfen der Gäste durch den Raum. Bewegt werden die Augen von zwei komplexen Seilrobotersystemen, die mit speziell konstruierten Linear Winden der Firma ASM Steuerungstechnik GmbH, aus im Raum bewegen. Die Anforderungen an das System für die Show im Deutschen Pavillon gehen allerdings darüber hinaus: Bei den Bienenaugen sind zusätzlich zu den notwendigen vier Seilwinden für eine Bewegung in X-,Y- und Z-Richtung noch weitere vier Winden für die Realisation um die drei Achsen verbaut. Hierdurch können die Bienenaugen nicht nur horizontal und vertikal im Raum bewegt werden, sondern lassen sich auch bis zu 30 ° seitlich um die X-, Y- und Z-Achse drehen und kippen. Ins- gesamt werden die beiden Seilroboter mit den Bienenaugen von jeweils acht Linear Winden angetrieben. Die Winden sind für eine Nennbelastung von 2,4 kN ausgelegt und können mit einer Maximalgeschwin- digkeit von 1,2 m/s betrieben werden. Da- bei überlappen sich die Arbeitsräume der beiden Bienenaugen nicht eine mögliche Kollision ist dadurch ausgeschlossen. Die Steuerungssoftware zur Berechnung der Bahnkurven für die beiden Seilroboter stammt von der Universität Stuttgart, dem offiziellen Forschungspartner des Deut- schen Pavillons. Verantwortlicher Fach- planer der Anlage ist Ulrich Kunkel vom Ingenieurbüro E³. Ausdauer für 40 Shows am Tag Das System ist aufgrund seiner Bauweise sehr leicht und bringt kaum nennenswerte Kräfte in das Gebäude ein. Sämtliche Seil- winden sind an der Gebäudestruktur des Show-Raums montiert. Jede Bildeinheit

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34 antriebstechnik 10/2015

KUPPLUNGEN UND BREMSEN

Simone Winkler (M.A.): Öffentlichkeitsarbeit, mayr Antriebstechnik in Mauerstetten

Deutschland aus den Augen fliegender Bienen

Zuverlässige Bremsen sichern Bühnentechnik im Deutschen Pavillon bei der Expo in Mailand

Simone Winkler

Deutschland präsentiert sich auf der Weltausstellung in Mailand

mit dem Deutschen Pavillon „Fields of Ideas“. Dort mündet

der Weg für die Besucher in einer Live Show in der komplexe

Seilroboter-Systeme Lasten über den Köpfen der Zuschauer bewegen.

In den Bühnenwinden sorgen Bremsen für größtmögliche

Betriebs- und Funktionssicherheit.

Bad Wünnenberg bei Paderborn, angetrie-ben werden. In den Winden setzt ASM auf die zuverlässigen Roba-stop-silenzio Sicherheitsbremsen von Mayr Antriebs-technik. Diese sorgen im Störungsfall wie z. B. Stromausfall dafür, dass die Seilroboter zuverlässig stehen bleiben und nicht absin-ken. Die Steuerung und Überwachung der Winden übernimmt ein besonders ange-passtes Bühnentechnik-Steuersystem, welches von Fülling  &  Partner GmbH, Dortmund, speziell für diesen Anwen-dungszweck entwickelt wurde.

Faszinierende Technik

Bei den Bienenaugen handelt es sich um bewegliche Projektionsflächen, d. h. Rück-projektionseinheiten, die aus einem DLP-Projektor und einer Projektionsfläche von ca. 230  cm  x  140  cm bestehen. Projektor und Projektionsfläche sind fest miteinander verbunden. Jedes Bienenauge ist an einem Seilroboter aufgehängt. Eine erste Grundlage für die Konzeption der Show bildeten soge-nannte Spider-Kameras, die z. B. in Fußball-stadien über dem Spielfeld für die Übertra-gung der Spiele zum Einsatz kommen. Bei diesen Seilkamerasystemen wird die Kamera von vier Seilen gehalten. Dazu sind vier elektrische Seilwinden in einem Rechteck unter dem Stadiondach angeordnet. Von den Seilwinden ausgehend treffen sich die vier Seile bei der Kamera. Durch kontrol-liertes Auf- und Abwickeln der Seilwinden lässt sich die Kamera horizontal und vertikal

Nach Hannover (2000), Aichi in Japan (2005) und Shanghai (2010) lockt die

Expo 2015 Besucher aus der ganzen Welt nach Mailand. Thema der diesjährigen Weltausstellung ist „Feeding the planet, energy for life“. Sie will damit Antworten geben auf die zukünftigen, großen Her-ausforderungen der Welternährung. Der Deutsche Pavillon „Fields of Ideas“ nimmt eine klare Haltung zum Expo-Thema ein und gibt den Besuchern Einblicke in neue und überraschende Lösungsansätze aus Deutschland für die Ernährung der Zu-kunft. Unter dem Motto „Be active“ lädt er die Gäste ein, selbst aktiv zu werden und bietet vielfältige Interaktionsmöglichkeiten. Der Weg durch die Ausstellung endet mit einer dynamischen Bühnenshow, bei der die Besucher bei einer Reise durch Deutsch-land voller Bilder und Klänge in eine vielfäl-tige Landschaft eintauchen. Dem Publikum eröffnet sich dabei eine interessante Per-spektive: Sie sehen Deutschland aus den Augen fliegender Bienen. Diese Bienenaugen bewegen sich geschmeidig und geräuschlos über den Köpfen der Gäste durch den Raum. Bewegt werden die Augen von zwei komplexen Seilrobotersystemen, die mit speziell konstruierten Linear Winden der Firma ASM Steuerungstechnik GmbH, aus

im Raum bewegen. Die Anforderungen an das System für die Show im Deutschen Pavillon gehen allerdings darüber hinaus: Bei den Bienenaugen sind zusätzlich zu den notwendigen vier Seilwinden für eine Bewegung in X-,Y- und Z-Richtung noch weitere vier Winden für die Realisation um die drei Achsen verbaut. Hierdurch können die Bienenaugen nicht nur horizontal und vertikal im Raum bewegt werden, sondern lassen sich auch bis zu 30 ° seitlich um die X-, Y- und Z-Achse drehen und kippen. Ins-gesamt werden die beiden Seilroboter mit den Bienenaugen von jeweils acht Linear Winden angetrieben. Die Winden sind für eine Nennbelastung von 2,4  kN ausgelegt und können mit einer Maximalgeschwin-digkeit von 1,2 m/s betrieben werden. Da-bei überlappen sich die Arbeitsräume der beiden Bienenaugen nicht − eine mögliche Kollision ist dadurch ausgeschlossen. Die Steuerungssoftware zur Berechnung der Bahnkurven für die beiden Seilroboter stammt von der Universität Stuttgart, dem offiziellen Forschungspartner des Deut-schen Pavillons. Verantwortlicher Fach-planer der Anlage ist Ulrich  Kunkel vom Ingenieurbüro E³.

Ausdauer für 40 Shows am Tag

Das System ist aufgrund seiner Bauweise sehr leicht und bringt kaum nennenswerte Kräfte in das Gebäude ein. Sämtliche Seil-winden sind an der Gebäudestruktur des Show-Raums montiert. Jede Bildeinheit

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wiegt dennoch ca. 130 kg − beim Flug über den Köpfen der Besucher muss somit höchste Betriebs- und Funktionssicherheit gewährleistet sein. Die Sicherheitsbremsen in den Winden übernehmen dabei eine ver-antwortungsvolle Aufgabe: sie sorgen dafür, dass die Bienenaugen nicht unkontrolliert absinken und verhindern so Personen- oder Sachschäden zuverlässig − und das zu jeder Zeit. Die Show verlangt den Bremsen Höchstleistungen ab. Über die gesamte Expo-Laufzeit sind insgesamt rund 7 500 Shows, etwa 40 am Tag, geplant. Eine Show dauert 15  Minuten, die geforderte Anlagenverfügbarkeit liegt bei 99 %.

Zuverlässige Sicherheit für PersonenDie elektromagnetischen Sicherheits-bremsen sind in den 16 Seilwinden jeweils direkt an das Getriebe montiert und haben ein Bremsmoment von zweimal 100  Nm. Sie arbeiten ruhestrombetätigt, das bedeutet, sie schließen nach Abschalten des Stromes: Die Bremsen bieten also auch bei Strom-ausfall oder Not-Aus zuverlässigen Halt für die Augen in jeder beliebigen Situation. Die beiden unabhängig voneinander arbeiten-den Bremskreise sorgen dabei für hohe Betriebssicherheit. Die Bremsen sind mit einem speziell für Mayr Sicherheitsbremsen entwickelten induktiven Näherungsinitia-tor zur Funktionsüberwachung ausgestattet. Diese berührungslose Lüftüberwachung verhindert unzulässige Betriebszustände

wie beispielsweise, dass der Motor gegen geschlossene Bremsen fährt. Zudem arbei-tet das berührungslose System absolut zuverlässig, ist magnetfeldfest und ver-schleißfrei. Die Bremsen wie auch das gesamte System werden den hohen Anfor-derungen der Berufsgenossenschaftlichen Vorschriften DGUV  V17 (bisher BGV  C1; bewegte Lasten über Publikum) problem-los gerecht. Das System wurde von zwei staatlich bestellten Sachverständigen beim Testaufbau in Deutschland und nach Ins-tallation und Inbetriebnahme vor Ort in Italien abgenommen.

Geschmeidiger, geräuschloser FlugDie wartungsfreien und einfach zu montie-renden Roba-stop-silenzio-Bremsen von Mayr Antriebstechnik sind mit einer beson-deren Geräuschdämpfung ausgestattet. Schaltgeräusche sind praktisch nicht vor-handen und liegen im Neuzustand unter 50  dB(A) (Schalldruckpegelmessung). Langzeitversuche bestätigen, dass der flüs-terleise Betrieb auch nach 300 000 Schal-tungen gegeben ist. Selbst nach mehreren Mio. Schaltungen liegt das Schaltgeräusch immer noch deutlich unter dem Niveau anderer Bühnenbremsen.

Fotos: Aufmacher: Milla & Partner/Schmidhuber/Nüssli; Bild 02: ASM Steuerungstechnik GmbH

www.mayr.com

02 Insgesamt 16 Linearwinden treiben die Bienenaugen bei der Live-Show

im Deutschen Pavillon an

01 Die Roba-stop-silenzio Zweikreisbremsen in den Bühnenwinden sind

unentbehrlich für einen reibungslosen Betrieb der Seilroboter-Systeme

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