Deutschlands wohl erste Signature BILLY LORENTO

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Deutschlands wohl erste Signature

BILLY LORENTO

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Wir lüften das Geheimnis. Be-reits Ende der 1930er Jahrehatte Gibson in Charlie Chris-tian einen bekannten Musiker,

der die elektrische Gibson ES150 samt dazu entwickeltem Ver-

stärker bekannt machte. Spätersorgten zahlreiche Signature-Mo-

delle wie Tal Farlow, JonnySmith oder bei Fender die

Mary-Kaye- und Buddy-Holly-Strat für Bekanntheitund steigenden Absatz. DieFirma Framus war imd e u t s c h s p r a c h i g e nRaum lange Zeit der ein-zige Hersteller, der seineProdukte von Künstlernpromoten ließ: Namen

wie Peter Kraus, AttilaZoller oder Jan Ackermann

halfen neben Billy Lorentobeim Verkauf mit ihrer Be-

kanntheit. Die Firma Höfner hin-gegen bezeichnete ihre Instrumente

zu dieser Zeit mit Nummern, lediglich inEngland sorgte ein gewisser Tommy Steeledafür, die Hofner Committee bekanntzuma-chen.

Zweifellos war Billy der erste ausgewiesene En-dorser einer E-Gitarre auf deutschsprachigem

Boden, eine Person des öffentlichen Lebens,die einen Artikel präsentiert und bewirbt. Alsechter rheinländischer Tausendsassa präsen-tierte er sich der Öffentlichkeit seit Beginn der1950er Jahre gleich unter mehreren Künstler-namen, neben Billy Lorento nutzte er nochsein Pseudonym Bela Lorentowsky oder dasanglophone Bill Lawrence. Geboren 1931 inder Nähe von Köln, erlebte der kleine Willi un-mittelbar die Wirren des Zweiten Weltkriegs.Ein voll ausgeschlafenes und ebenso uner-schrockenes Kerlchen, das das damals überallherumliegende Kriegsmaterial wie Waffen undMunition nutzte und zu interessantem Spiel-zeug umbaute. Bereist im zarten Alter vonzwölf Jahren bastelte er aus einschlägigen Zu-taten ein veritables Raketenfahrrad – die obli-gatorische Testfahrt war erfolgreich, aber kurz,da er die Kontrolle über den genialen Eigen-bau-Boliden verlor und schwerverletzt dieFahrt ungewollt vorzeitig beenden musste.Dies hatte im makaberen Sinne jedoch auchsein Gutes; als Folge des Unfalls musste Willidas seit einigen Jahren ausgeübte Geigenspielaufgeben, weshalb er zur Gitarre wechselte. Sogesehen verdanken wir seine bahnbrechendenEntwicklungen im Bereich der Gitarrenelek-tronik einem tragischen Ereignis mit gutemAusgang.

Nach dem Zweiten Weltkrieg eroberte erseine Fangemeinde in der BRD nicht nur

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Dass ein gewisser Lester Pollfuss (Les Paul) einen wichtigen Ein-fluss auf die Entwicklung der amerikanischen Elektrogitarre hatte,zählt heute zum unstrittigen Basiswissen von Gitarristen jeglicherCouleur. Dass aber in deutschen Landen in etwa zur gleichen Zeitein gewisser Willi Lorenz Stich alias Billy Lorento begann, die mu-sikalische Welt und auch die Gitarrenproduktion in der BRD kräf-tig aufzumischen, zählt noch immer zum Insiderwissensogenannter gutinformierter Kreise.

Von Wolfgang Kramer

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durch virtuoses Gitarrenspiel in Anlehnung anseine musikalischen Vorbilder Charlie Chris-tian und Barney Kessel, sondern werkeltegerne auch an Tonaufnahmen (Les Pauls in-novative Techniken faszinierten ihn sehr)sowie an Amps und Pickups mit dem Ziel, dienoch recht archaischen Produkte seiner Zeitzu optimieren. Das Interesse der Firma Fra-mus an diesem ungewöhnlichen Tüftler undMusiker war geweckt, ihre Zusammenarbeitbegann im Jahr 1953. Aus dieser Kooperationentstand die „Framus Billy Lorento 5/120“ alserstes Signature-Modell, das sowohl klanglichals auch konstruktiv den Vorstellungen seinesNamensgebers entsprach: eine hochwertigverarbeitete, optisch elegante Semiakustik mitrundem Cutaway und zwei Pickups – so etwashatte die Welt Deutschlands noch nicht gese-hen; etwas Vergleichbares mit Cutaway gab esbei Gibson erst 1960 mit der ES125TDC. Be-reits zuvor kam mit dem amerikanischen Ra-diosender AFN neben Jazz und Blues auch derRock’n‘Roll in die Städte und Provinzen – dieneuen Trends befeuerten die Nachfrage nach

adäquaten heimischen Instrumenten. Derausgelöste Boom führte zu hoher Nach-frage und brachte die fränkischen Gitar-renbauer öfter in Lieferschwierigkeiten. Ab jetzt „endorste“ Billy Lorento für die

Firma Framus was das Zeug hielt und prä-sentierte sein musikalisches Baby nicht nurder interessierten Fachwelt, sondern spieltesie auch regelmäßig in der Framus-String-Band sowie bei seinen zahlreichen Auftritten

in Funk und Fernsehen. Inzwischen lebtMr. Lawrence seit fast 40 Jahren in den

USA. Sein segensreiches Wirken imBereich der elektrischen Verstärkungvon Gitarren bei Fender, Gibson undbis heute in eigener Regie für seineFirma in Kalifornien brachte ihmin der ehrfürchtigen Fachwelt denTitel „Emperor of Impedance“ ein(salopp übersetzt „Widerstand istzwecklos“), in Anlehnung an seine

Vorliebe für Low-Impedanz-Pickups.Zahllose Patente und Entwicklungen

zeugen inzwischen von seinem rastlo-sen Schaffen. Die Biografie von Bill wäre

eines eigenen Artikel würdig, doch hier gehtes ja in erster Linie um die erste deutsche Sig-nature-Gitarre, die Billy Lorento in ihrer Ur-form.

Vintage Billy Lorento im TestDer erste optische Eindruck ist bekanntlichhäufig entscheidend, hier punktet die Vin-

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LITERATUR ZUM THEMAFramus – Built In The Heart Of Bavaria(Dr. Christian Hoyer)

Elektrogitarren Made in Germany(Norbert Schnepel/Helmut Lemme)

www.framus-vintage.dewww.schlaggitarren.de

Für weitere Fragen zum Lorento-Thema steht der Autor über die grand gtrs Redaktion oder über www.archtop-guitars.de gerne zur Verfügung.