Diagnostische Abgrenzung neuralgiformer Gesichtsschmerzen ... · 1.4. SEP des Nervus trigeminus...

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Ruhr-Universität Bochum Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Andreas Bremerich Dienstort: Zentralkrankenhaus Sankt-Jürgen-Strasse Bremen Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Diagnostische Abgrenzung neuralgiformer Gesichtsschmerzen mit Hilfe Somato-Sensorisch-Evozierter Potentiale des Nervus trigeminus Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Carsten Schindler aus Lutherstadt Wittenberg 2003

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Ruhr-Universität Bochum

Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Andreas Bremerich

Dienstort: Zentralkrankenhaus Sankt-Jürgen-Strasse Bremen

Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie

Diagnostische Abgrenzung neuralgiformer

Gesichtsschmerzen mit Hilfe Somato-Sensorisch-Evozierter

Potentiale des Nervus trigeminus

Inaugural-Dissertation

zur

Erlangung des Doktorgrades der Medizin

einer

Hohen Medizinischen Fakultät

der Ruhr-Universität Bochum

vorgelegt von

Carsten Schindler

aus Lutherstadt Wittenberg

2003

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Dekan: Prof. Dr. G. Muhr

Referent: Prof. Dr. Dr. A. Bremerich

Koreferent: Prof. Dr. W. Gehlen

Tag der mündlichen Prüfung: 11.11.2003

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Meiner Frau

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INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung 1

1.1. Einführung 1

1.2. Historischer Überblick 1

1.3. Evozierte Potentiale 2

1.4. SEP des Nervus trigeminus 3

1.5. Problemstellung der Studie 6

2. Material und Methode 7

2.1. TSEP-Untersuchung und TSEP-Auswertung 7

2.1.1. Meßplatz 7

2.1.2. Meßvorgang 8

2.1.3. TSEP-Auswertung 10

2.1.4. TSEP-Normwerte 12

2.2. Patientenkollektiv 14

2.2.1. Klinische Untersuchung 15

2.2.2. Definition und Klassifikation der Krankheitsbilder 16

2.3. Dokumentation und statistische Auswertung 18

3. Ergebnisse 20

3.1. Alters- und Geschlechtsverteilung 20

3.2. TSEP-Meßergebnisse 21

3.2.1. N13-Latenzwerte 25

3.2.2. P19-Latenzwerte 27

3.2.3. Amplitudenwerte 29

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4. Diskussion 31

5. Zusammenfassung 44

6. Literatur 46

Danksagung 57

Lebenslauf 58

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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

% Prozent

A Amplitudenwert

A+L Amplitudenreduktion und Latenzverzögerung

Abb. Abbildung

AEP Akustisch-Evozierte Potentiale

AGS Atypischer Gesichtsschmerz

AWMF Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen

Medizinischen Fachgesellschaften

CT Computertomographie

DGPPN Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie,

Psychotherapie und Nervenheilkunde

EEG Elektroencephalogramm

IAR isolierte Amplitudenreduktion

IHS International Headache Society

ILV isolierte Latenzverzögerung

li. links

MAX Maximalwert

MEP Motorisch-Evozierte Potentiale

MIN Minimalwert

MKG-Chirurgie Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie

MRT Magnetresonanztomographie

n Anzahl

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N13 Negativwert nach 13ms im TSEP

N13/P19 Amplitudendifferenz zwischen N13 und P19 (µV)

NB Normalbefund

NNH Nasennebenhöhlen

OPT Orthopantomogramm

p Irrtumswahrscheinlichkeit

P19 Positivwert nach 19ms im TSEP

PB Pathologischer Befund

re. rechts

REZ root entry zone

SD Standardabweichung

SEP Somato-Sensorisch-Evozierte Potentiale

Tab. Tabelle

TSEP Somato-Sensorisch-Evozierte Potentiale

des Nervus trigeminus

VEP Visuell-Evozierte Potentiale

X Mittelwert

XX Gesamtmittelwert

ZNS Zentralnervensystem

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1. Einleitung

1.1. Einführung

Die diagnostische Abgrenzung neuralgiformer Gesichtsschmerzen kann den

behandelnden Arzt oder Zahnarzt vor große Probleme stellen. Die sogenannte

“typische Trigeminusneuralgie“ kann in der Regel ohne größere Probleme von

anderen Schmerzen im Gesichtsbereich unterschieden werden. Die Art des

sekundenlangen, blitzartigen Schmerzes in einem Ast des Nervus trigeminus, das

Fehlen von Schmerzen zwischen den Schmerzattacken, das Auftreten einer

Auslöserzone und die gute Ansprechbarkeit auf die medikamentöse Behandlung mit

Carbamazepin erlauben eine relativ schnelle Diagnosestellung. In der Praxis ist dies

jedoch komplizierter, vor allem wenn es sich um andere Formen von

Gesichtsschmerzen handelt und Ursachen nicht gefunden werden können.

Durch die Ableitung von Somato-Sensorisch-Evozierten Potentialen des Nervus

trigeminus (TSEP) wurde dem behandelnden Arzt ermöglicht, mit Hilfe eines nicht

invasiven Verfahrens die Funktionsfähigkeit des sensorischen Systems beim

Menschen zu überprüfen und somit Schmerzzustände objektiv zu erfassen. Ziel

dieser Studie ist herauszufinden, inwieweit eine weitere differenzialdiagnostische

Abgrenzung neuralgiformer Gesichtsschmerzen mit Hilfe der TSEP`s möglich und

sinnvoll ist.

1.2. Historischer Überblick

Anfang des letzten Jahrhunderts wurden die ersten Forschungserfolge auf dem

Gebiet der elektrischen Nervprüfung erzielt. 1929 führte BERGER die

Elektroenzephalographie in die neurologische Diagnostik ein. In seiner Darstellung

der reizunabhängigen EEG-Aktivität des Gehirns wies er schon auf optisch erzeugte

Reizantworten hin. Die durch optische, akustische und elektrische Reize

hervorgerufenen Reizantworten des Gehirns werden als evozierte cerebrale

Potentiale bezeichnet.

Die Ableitung Somato-Sensorisch-Evozierter Potentiale von der Kopfhaut gelang

erstmals DAWSON im Jahr 1947. Doch erst der Einsatz der Summationstechnik

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(DAWSON 1954) und die Entwicklung der Mittelwertrechner (HALLIDAY 1967)

erlaubten eine genauere Registrierung und Analyse der SEP`s. Hiermit wurden die in

fester zeitlicher Beziehung zum Reiz stehenden evozierten Potentiale aufsummiert.

Dagegen werden reizunabhängige Potentialschwankungen wie das Grund-EEG oder

Muskelartefakte eliminiert. Als erste Autoren wiesen ALAJOUANINE et al. (1958)

auf die diagnostischen Möglichkeiten der SEP`s bei Erkrankungen des peripheren

und zentralen Nervensystems hin, gefolgt von GIBLIN (1964), BERGAMINI et al.

(1965) und HALLIDAY (1967).

Bis heute entwickelte sich die Ableitung kortikaler somatosensorischer

Reizantworten nach elektrischer Stimulation von Armnerven (DAWSON 1947,

ALAJOUANINE et al. 1958), Beinnerven (TSUMOTO et al. 1972, TERAO und

ARAKI 1975) und einzelner Dermatome (BAUST et al. 1972, JÖRG 1977, SCARFF

et al. 1979) in der klinischen Neurologie zu einer wertvollen, nicht invasiven

diagnostischen Hilfsmethode. Sie ermöglicht die Objektivierung von

Sensibilitätsstörungen und den Nachweis klinisch latenter Läsionen im afferenten

System.

1.3. Evozierte Potentiale

Reizantwortpotentiale beruhen physiologisch zunächst darauf, daß bei adäquater

Reizung von Sinnesorganen in den spezifischen Sinnesrezeptoren

Generatorpotentiale entstehen. Deren Höhe bestimmt die Zahl und Frequenz der

Nervenaktionspotentiale in den angeschlossenen Nervenfasern. Über mehrere

hintereinandergeschaltete Neurone erreichen diese Aktionspotentiale die spezifischen

Rindenfelder. Sie lösen dort kortikale Primärantworten aus. Durch eine

experimentelle sensorische Reizung eines Sinneskanals werden über die

Signalafferenz zur Hirnrinde zusätzliche Reaktionen in der Elektroenzephalographie

ausgelöst, die sich von einem Spontan-EEG abheben und als evozierte Potentiale

bezeichnet werden. Dabei sind die postsynaptischen Potentiale und nicht die

Aktionspotentiale die entscheidenden Generatoren für diese Potentialverläufe

(STÖHR et al. 1996, JÖRG und HIELSCHER 1997). Da evozierte Potentiale in der

Regel eine viel geringere Amplitude als das spontane EEG aufweisen, müssen zu

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ihrer Darstellung wiederholte Messungen, die mit dem Reiz synchronisiert sind,

gemittelt werden. Durch diese Technik der Mittelung (Averaging) können auch von

der Hirnrinde weit entfernte generierte Potentiale erfaßt werden. Je nach Reizung des

entsprechenden Sinneskanals weisen die evozierten Potentiale eine typische Form,

Latenz und Amplitude auf. Nach Stimulation des visuellen Systems entstehen

“visuell evozierte Potentiale“ (VEP), nach Reizung des akustischen Systems

“akustisch evozierte Potentiale“ (AEP), nach Reizung des motorischen Systems

“motorisch evozierte Potentiale“ (MEP) und nach Stimulation eines peripheren

Nervs können “somatosensorisch evozierte Potentiale“ (SEP) abgeleitet werden

(BERGER 1999, STÖHR und KRAUS 2002). Letztere werden auch von einigen

Autoren als “somatosensibel evozierte Potentiale“ bezeichnet (STÖHR und KRAUS

2002).

1.4. SEP des Nervus trigeminus

Leider kann man den Nervus trigeminus nicht wie die Extremitätennerven direkt

transkutan stimulieren (BUDDENBERG 1987). So gelang erst 1970 LARSSON und

PREVEC die erste Trigeminus-SEP-Ableitung. Dazu wurden mechanische Stimuli

an der Gesichtshaut verwandt. Diese erzeugten Potentialwellen mit langen Latenzen.

Wegen des geringen Abstandes zwischen Reizort und Ableitelektrode kam es zu

großen Reizartefakten und überlagerten Muskelaktionspotentialen. Deshalb wurden

zunächst verschiedene Stimulationstechniken erprobt, die jedoch zu

widersprüchlichen Ergebnissen führten, so daß die klinische Anwendung gegenüber

den anderen SEP‘s zurückstand. An dieser Stelle soll deshalb nicht näher auf ältere

Studien eingegangen werden, wie zum Beispiel die Stimulation der Trigeminusfasern

über die Zahnpulpa (CHAPMAN et al. 1979), das Zahnfleisch oder den Gaumen

(BENNETT und JANNETTA 1980). Inzwischen haben sich folgende Methoden

durchgesetzt:

- Lippenstimulation (STÖHR und PETRUCH 1979)

- Stimulation des Nervus mentalis und infraorbitalis (DRECHSLER 1980)

- Nasenschleimhautstimulation (BENNETT und JANNETTA 1980).

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Wegen der hohen Rezeptordichte in den Lippen ist es sinnvoll, gerade diese Region

zu stimulieren. Dem Nachteil der gleichzeitigen Erregung von Fasern aus dem

zweiten und dritten Trigeminusast steht der Vorteil einer dadurch bedingten höheren

Antwortamplitude gegenüber (BUDDENBERG 1987).

Technisch etwas schwieriger gestaltet sich die isolierte Reizung der Endäste des

Nervus trigeminus an ihren Nervenaustrittspunkten. Diese Methode liefert gut

abgrenzbare und sicher reproduzierbare Antwortkomplexe, aber auch recht frühe

Komponenten, die nur inkonstant auszulösen sind. Der zweite Ast kann auch gut

über die Nasenschleimhaut stimuliert werden. Hierbei sind hochamplitudige

Muskelartefakte, vor allem in der Frühphase, eher die Ausnahme (DRECHSLER et

al. 1977, DRECHSLER 1980, SINGH et al. 1982).

Für die Art der Antwort spielt die Synchronität der Erregungsabläufe und die Zahl

der erregten Elemente eine entscheidende Rolle. Verzögerungen und

Desynchronisationseffekte treten infolge von Störungen in der Erregungsleitung auf.

Meßparameter sind somit bei den evozierten Potentialen neben der Latenz, die

Amplitude und die Form der Reizantwort. Die Latenz ist hierbei die wichtigste

Meßgröße (JÖRG und HIELSCHER 1997).

Dabei unterteilt man den Antwortkomplex des Somato-Sensorisch-Evozierten

Potentials des Nervus trigeminus in eine frühe und eine späte Komponente. Hierfür

sind zwei unterschiedliche Projektionssysteme verantwortlich: Ein spezifisches,

lemniscales System für die frühen und ein unspezifisches, extralemniscales System

für die späten Komponenten (BAUST et al. 1977, STÖHR et al. 1996). Dabei läuft

der mit kurzer Latenz erscheinende Primärkomplex über den sensiblen Hauptendkern

(Nucleus pontinus nervi trigemini) zu den Nuclei ventrolateralis des Thalamus und

von dort zur sensiblen Rinde (STÖHR et al. 1996). Zu der Primärantwort gehören

Latenzen bis zu 60 ms. Diese Potentialschwankungen werden von Nervenfasern

ausgelöst, die über wenige Synapsen mit den Generatorstrukturen, wie Dentriden,

verbunden sind. Die späten TSEP-Komponenten sollen in einem polysynaptischen

System entstehen. Dieses System umfaßt vorwiegend corticothalamische

Erregungskreise (SPECKMANN und JASPERS 1973). Das primäre evozierte

Potential verläuft über den schnellen lemniscalen Weg mit minimal drei Synapsen

und kann nur am entsprechenden Projektionsort abgeleitet werden (STÖHR et al.

1996). Bei den späteren TSEP-Anteilen ist dies nicht mehr der Fall. Diese Anteile

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sind auch außerhalb der somatosensiblen Projektionsareale ableitbar

(BUDDENBERG 1987).

Die Ergebnisse der unterschiedlichen TSEP-Studien mit teilweise sehr heterogenen

Patientengruppen und geringen Fallzahlen sind in der Literatur nicht ganz

übereinstimmend, lassen aber gemeinsame Tendenzen erkennen.

Nahezu einheitlich ist die Meinung, daß es bei Sensibilitätsverlust des fünften

Hirnnerven zu entsprechenden Verminderungen und Verzögerungen der

Reizantwortpotentiale kommt (SALAR et al. 1981, MAURER et al. 1988,

LOWITZSCH et al. 2000, NAKAGAWA et al. 2001). Durch Studien von

BREMERICH et al. (1991, 1993) bei traumatisch bedingten Läsionen des zweiten

und dritten Trigeminusastes konnte dieses bestätigt werden.

Besonders viele SEP-Studien wurden bei Multipler Sklerose (MS) durchgeführt. In

mehr als 60 Prozent der Fälle war das Trigeminus-SEP pathologisch (MAURER et

al. 1988, JÖRG und HIELSCHER 1997, SOYKA 1999).

Auch bei anderen Trigeminusneuropathien, wie zum Beispiel beim

Karzinomschmerz, wurde eine Latenzverlängerung gegenüber der Norm und der

gesunden Seite im TSEP erkennbar. Eine eindeutige Tendenz der

Amplitudenveränderung wurde hierbei jedoch nicht gefunden (WAGNER 1989).

Bei Patienten mit Trigeminusneuralgie fanden DRECHSLER et al. (1977), STÖHR

et al. (1981), BENNETT und JANNETTA (1983), MAURER et al. (1988) und

WAGNER (1989) in überwiegendem Maße Latenzverzögerungen und

Amplitudenverringerungen im TSEP. SALAR et al. (1981), SINGH et al. (1982)

sowie JÖRG und HILSCHER (1997) konnten dagegen keine signifikanten

pathologischen TSEP-Befunde bei diesem Krankheitsbild nachweisen.

Bisher existieren wenige Untersuchungen über die Ableitung von TSEP`s beim

Atypischen Gesichtsschmerz. BENNETT und JANNETTA (1983) beschrieben

hierbei eine auffallende Latenzverzögerung. Dies konnte von WAGNER (1989)

durch weitere Untersuchungen bestätigt werden.

Trotz bereits teilweise umfangreicher Studien und vorliegender Ergebnisse stellt die

Ableitung Somato-Sensorisch-Evozierter Potentiale des Nervus trigeminus bisher

noch kein sicheres Bewertungsmittel bei der Beurteilung von Sensibilitätsdefiziten

und neuralgiformen Gesichtsschmerzen dar (BREMERICH und MACHTENS 1995).

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1.5. Problemstellung der Studie

Die Methode der Reizantwortpotentiale nach Trigeminusstimulation kann als eine

nichtinvasive objektive Untersuchungsmethode von Schmerzzuständen eine

sinnvolle Bereicherung darstellen. Angesichts teilweise geringer Fallzahlen und

uneinheitlicher Ergebnisse früherer TSEP-Studien untersucht die vorliegende Arbeit

die Auswirkungen von Trigeminusneuralgie, Trigeminusneuropathie und

Atypischem Gesichtsschmerz auf die Ableitung von Somato-Sensorisch-Evozierten

Potentialen.

Als eine wesentliche Voraussetzung hierfür mußte in einem ersten Teil der Studie die

Einteilung der Patientengruppen nach klinischen Gesichtspunkten in Verbindung mit

apparatemedizinischer Hilfestellung (Röntgen, CT, MRT, Funktionsanalyse) und

weiterer Diagnostik (Blutwerte, mikrobiologischer Abstrich, Histologie) erfolgen. Im

zweiten Teil wurden die TSEP-Untersuchungen der Patienten mit Erkrankungen des

Nervus trigeminus durchgeführt.

Bei der TSEP-Untersuchung wurde großer Wert auf eine Standardisierung gelegt, so

daß eine Vergleichbarkeit der Gruppen mit den in der Literatur angegebenen

Referenzbereichen gegeben ist. Neben der üblichen Bewertung der TSEP-Kurven

erfolgte eine objektive Auswertung der Absolutwerte für den zweiten und dritten

Trigeminusast, jeweils getrennt nach der betroffenen Seite.

Durch Vergleich der Patienten-TSEP`s mit den Normwerten wurde die klinische

Bedeutung der praxisnahen TSEP-Anwendung als eine objektive

Diagnosemöglichkeit zur Überprüfung der Schmerzsymptomatik im Bereich der

Trigeminusnerven diskutiert und beurteilt.

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2. Material und Methode

Die Studie beinhaltet zwei voneinander unabhängige Untersuchungsmethoden; die

klinische Untersuchung und die TSEP-Ableitung. Während des stationären

Aufenthaltes erfolgte zuerst die klinische Untersuchung mit anschließender

Zuordnung zu einer Erkrankungsgruppe und danach die TSEP-Untersuchung mit

Auswertung.

2.1. TSEP-Untersuchung und TSEP-Auswertung

Zur Herstellung einer Vergleichbarkeit der Ergebnisse wurden die TSEP-

Untersuchungen und Auswertungen unter exakt definierten gleichen Bedingungen im

Institut für Klinische Neurophysiologie (Direktor: Frau Dr. G. Freund) des

Zentralkrankenhauses Bremen-Ost durchgeführt. Die TSEP-Ableitung erfolgte mit

Hilfe des Gerätes VIKING IV D© der Firma NICOLET BIOMEDICAL durch eine

medizinisch-technische Assistentin (MTA). Die aufgezeichneten Reizantwort-

potentiale wurden durch zwei Ärzte ausgewertet.

2.1.1. Meßplatz

Im Institut für Klinische Neurophysiologie existiert ein abdunkelbarer Raum mit

einer entspannenden Sitz-Liegemöglichkeit, in der u.a. das fahrbare

Potentialmeßgerät VIKING IV D© steht. Einen ungefähren Eindruck dieses

Arbeitsplatzes vermittelt die Abbildung 1. Diese rein schematische Darstellung zeigt

jedoch nicht die heutige komplexe Gerätegeneration, in der Vorverstärker, Filter,

Monitor, Averager und Reizgeber eine Einheit darstellen und die mit einem

Computer vernetzt ist.

Trotzdem hat sich vom Ablauf wenig verändert. Ein elektrischer Reizgeber liefert

einen eindeutig definierten konstanten sensorischen Reiz innerhalb einer bestimmten

Zeiteinheit. Ein Verstärker mit einem niedrigen Grundrauschen und einer guten

Gleichtaktunterdrückung ist zur Messung der abgeleiteten Signale nötig. Ein Filter

legt die Bandbreite des Verstärkers fest und erlaubt somit eine Begrenzung der

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aufgenommenen Signale. An den Filter schließt sich der Averager an, der das Signal-

Rausch-Verhältnis verbessert. Dabei liegen die Amplituden der zu messenden

Signalwellen im Bereich der Werte des spontanen EEG`s. Durch Addition der in

einer Zeitspanne gemessenen Signale und anschließender Division durch die Anzahl

der aufsummierten Abschnitte ermittelt der Averager ein TSEP, bei dem die

Störsignale eliminiert wurden. Nur so erhält man eine auswertbare

Reizantwortpotentialkurve auf dem Monitor, um anschließend Marker auf die

Meßpunkte setzen zu können.

Abb. 1: TSEP-Meßplatz (aus WAGNER 1989)

2.1.2. Meßvorgang

Die TSEP-Untersuchungen fanden in einem ruhigen, abgeschlossenen Raum statt.

Der Patient wurde über Ziel, Zweck und Ablauf des Vorgehens aufgeklärt. Zur

zusätzlichen Beruhigung bekommt der Patient eine Stunde vorher 1 mg

Flunitrazepam (Rohypnol®) appliziert. Die Untersuchung dauert im Durchschnitt 40

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Minuten. An dem entspannt liegenden Patienten werden nach gründlichem Entfetten

der Kopfhaut scheibenförmige Oberflächenelektroden befestigt (Abb.2). Wegen der

Kreuzung der über das Hinterstrangsystem fortgeleiteten Impulse im Lemniscus

medialis des Hirnstammes werden die Ableitelektroden auf der zum Stimulationsort

kontralateralen Skalpseite angebracht (BUDDENBERG 1987).

Nach dem Ten-Twenty-System werden die mit C3 bzw. C4 bezeichneten

Schädelpunkte verwendet (JÖRG und HIELSCHER 1997, LOWITZSCH et al.

2000).

Abb. 2: Reiz- und Ableitorte zur TSEP-Aufzeichnung (aus WAGNER 1989)

Während die indifferente Referenzelektrode auf dem Scheitelpunkt C2 plaziert ist,

liegt die Erdelektrode auf der Glabella. Mit einer bipolaren Hautoberflächenelektrode

wurde die Ober- und Unterlippe bzw. mit zwei weiteren Elektroden der Nervus

infraorbitalis und der Nervus mentalis getrennt voneinander und pro Seite einzeln

gereizt (Abb.2). Zur Stimulation dient ein elektrischer Rechteckimpuls von 0,1 ms

Reizdauer und einer Stimulationsrate von 5,1 Hz (Abb.3). Die Reizintensität wurde

angepaßt, bis ohne starke Zuckungen der umliegenden mimischen Muskulatur ein

kribbelndes, nadelartiges, noch nicht schmerzendes Gefühl erzeugt wurde. Sofern

bereits bei der üblichen dreifachen sensiblen Reizstärke eine Kontraktion einzelner

mimischer Muskeln auftritt, wird die Reizintensität unter die motorische Schwelle

vermindert; das Gleiche gilt beim Auftreten eines großen Reizartefakts. Um diesen

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zu verkleinern, erfolgt außerdem eine Umkehr der Stimuluspolarität nach der Hälfte

der zu applizierenden Reize bzw. von Reiz zu Reiz (MAURER et al. 1988, STÖHR

und KRAUS 2002).

Das Verstärker- und Averagersystem des Gerätes VIKING IV D© überträgt die

Antwortpotentiale auf einen Computer, wo sie aufgezeichnet und analysiert werden.

Hierbei wurde die spezielle Einstellung „Trigeminus“ gewählt, wobei Analysezeit

und Verstärkerbandbreite festgesetzt waren. Ein Drucker liefert die zur zusätzlichen

Dokumentation notwendigen Diagramme und Meßwerte.

Abb. 3: Untersuchungsmethodik und typische kortikale Reizantwort (aus

MAURER et al. 1988, nach STÖHR und KRAUS 2002)

2.1.3. TSEP-Auswertung

Die aufgezeichneten Antwortpotentiale wurden ausschließlich durch zwei Ärzte

ausgewertet, wenn sie bei drei sofort wiederholten Messungen reproduzierbar waren.

Abbildung 4 zeigt eine TSEP-Aufzeichnung einer gesunden Versuchsperson ohne

pathologische Auffälligkeiten. Hierbei kam die Nomenklatur des „Internationalen

Symposiums über cerebrale evozierte Potentiale des Menschen“ (Brüssel 1974) zur

Anwendung. In Europa werden negative Potentiale an der aktiven Elektrode als

Auslenkung auf dem Bildschirm nach oben dargestellt. Spitzen nach oben werden

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deshalb mit N (Negativwert) und ein Ausschlag nach unten mit P (Positivwert)

bezeichnet. Der zeitliche Abstand zwischen dem Zeitpunkt des Reizes und der Spitze

des Potentials wird als die sogenannte Latenzzeit (ms) berechnet. Die Amplitude

entspricht der gemessenen Spannung (µV), die von Peak zu Peak, d.h. relativ zum

direkt dem betreffenden Peak nachfolgenden Kurventeil gemessen wird (BENNETT

und JANNETTA 1980, STÖHR et al. 1996). Ein Peak wird somit durch die Polarität

(P oder N) und die Latenzangabe (ms) gekennzeichnet. So bedeutet zum Beispiel

N13 ein negativer Peakwert, der nach 13 ms auftritt. Von einigen Autoren wird aber

auch eine fortlaufende Numerierung der maximalen Peakspitzen bzw. –täler benutzt

z.B. N0, P0, N1, P1 usw.

Abb. 4: Aufzeichnung eines unauffälligen TSEP’s (Originaldiagramm eines

Patienten: 57 Jahre, weiblich)

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Das Problem der Peakidentifikation konnte durch Messung und Vergleich des

kontralateralen Trigeminusastes gelöst werden. Mit systemintegrierten Markern

erfolgte die Ausmessung der Latenzen von Reizsetzung bis Peakspitze. Die für eine

Potentialkurve charakteristische Amplitudendifferenz (µV) erfolgte durch

Subtraktion der N- und P-Werte voneinander.

2.1.4. TSEP-Normwerte

Zur Auswertung der SEP’s des Nervus trigeminus wurden die von STÖHR et al.

(1996) vorgeschlagenen Standardwerte, die sich insbesondere auf den N13- und P19-

Wert beziehen, verwendet (Tab.1).

Tab. 1: TSEP-Normwerte (nach STÖHR et al. 1996)

N13-Latenz P19-Latenz N13/P19

X 12,5 ms 18,5 ms 2,6 µV

SD 0,87 ms 1,51 ms 1,0 µV

> 14,5 ms 22,0 ms -

Totalausfall 20,0 ms 30,0 ms 0,01 µV

Diese nach ca. 12 und 18 ms ausgelösten Wellen gelten auch nach Ansicht weiterer

Arbeitsgruppen als hinreichend inter- und intraindividuell stabil genug

(BUDDENBERG 1987). Als pathologisch sind Latenzwerte von über 14,5 ms bzw.

22,0 ms anzusehen. Außerdem gilt hierbei eine Amplitudendifferenz (N13/P19) von

2,6 µV mit einer Standardabweichung (SD) von 1,0 µV als physiologisch. Eine unter

1,6 µV gehende Amplitudenreduktion ist somit als pathologisch anzusehen.

Abbildung 5 und 6 zeigen pathologische TSEP`s rechts (jeweils obere Hälfte der

Abbildungen). Hierbei wird in Abbildung 5 eine Vergrößerung der Latenzzeit für die

N13- und P19-Werte bei einer Trigeminusneuralgie dargestellt. Dagegen wird in

Abbildung 6 ein Totalausfall des TSEP bei einer vollständigen Nervschädigung

gezeigt. In einem solchen Fall wurden zur statistischen Bearbeitung für N13 20,0 ms

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und für P19 30,0 ms eingesetzt. Für die Amplitudendifferenz wurde hierbei ein Wert

von 0,01 µV verwendet (Tab.1).

Abb. 5: TSEP bei Trigeminusneuralgie rechts (Originaldiagramm eines

Patienten: 69 Jahre, weiblich)

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14_____________________________________________________________________

Abb. 6: TSEP bei Trigeminusneuropathie rechts bei Zustand nach Unter-

kieferfraktur (Originaldiagramm eines Patienten: 53 Jahre, männlich)

2.2. Patientenkollektiv

In diese 6jährige retrospektive Studie des Zeitraums 1996 bis 2001 wurden alle

Patienten einbezogen, die sich auf Grund neuralgiformer Gesichtsschmerzen

stationär in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des

Zentralkrankenhauses Sankt-Jürgen-Strasse Bremen behandeln ließen und bei denen

eine TSEP-Ableitung erfolgte. Das Kollektiv bestand aus 155 Patienten (n=155), bei

dem sich eine nahezu gleichmäßige Verteilung der von Gesichtsschmerzen

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15_____________________________________________________________________

betroffenen Seiten zeigte (Abb.7). 66,45 Prozent der Gesamtpatienten (n=155) waren

hierbei weiblichen Geschlechts (n=103).

76

5

74

0

10

20

30

40

50

60

70

80

Anz

ahl (

n)

links (49%) beidseitig (3%) rechts (48%)

Abb. 7: Schmerzverteilung nach Seiten (n) im untersuchten Kollektiv (n=155)

2.2.1. Klinische Untersuchung

Die stationäre Aufnahme erfolgte zur weiteren Diagnostik und Therapie der

neuralgiformen Gesichtsschmerzen. Die zunächst durchgeführte klinische

Untersuchung zeigte eine überwiegende Beteiligung des dritten Trigeminusastes

(Tab.2).

Tab. 2: Schmerzverteilung der Patienten (n=155)

Ort beidseitig links rechts Summe

V1 0 0 0 0

V2 1 28 14 43

V3 2 23 39 64

V1 und V2 0 7 4 11

V2 und V3 2 18 17 37

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16_____________________________________________________________________

Die Zuordnung der Patienten erfolgte entsprechend den Krankheitsbildern (Abb.8):

- Trigeminusneuralgie (n=80)

- Trigeminusneuropathie (n=57)

- Atypischer Gesichtsschmerz (n=18)

Grundlage der Einteilung der Schmerzpatienten waren die Leitlinien der

„Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften“

(AWMF 2001).

AGS12%

Neuropathie37%

Neuralgie51%

Abb. 8: Erkrankungsverteilung der neuralgiformen Gesichtsschmerzen (n=155)

2.2.2. Definition und Klassifikation der Krankheitsbilder

Nach wie vor besteht trotz vieler Definitionsversuche der Krankheiten der Kiefer-

und Gesichtsnerven noch keine vollständige Vereinheitlichung der

Begriffsbestimmung. Entsprechend der Fragestellung werden Klassifikationen nach

ätiologischen, symptomatischen, topographischen und anatomischen Kriterien

vorgenommen (IHS 1988, HEMPRICH 1997, AWMF 2001, KARES et al. 2001). In

Tabelle 3 werden hierbei mehrere Fragestellungen in der Klassifikation von

Schmerzzuständen berücksichtigt.

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17_____________________________________________________________________

Die Definition neuralgiformer Gesichtsschmerzen für diese Studie erfolgte auf

Grundlage der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und

Gesichtschirurgie, der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, der Deutschen

Gesellschaft für Neurochirurgie und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie,

Psychotherapie und Nervenheilkunde (AWMF-Leitlinien-Register 2001).

Tab. 3: Schmerzklassifikation am Kopf mit Beispielen (AWMF 2001)

Typische Neuralgien Trigeminusneuralgie Glossopharyngeusneuralgie

Atypische Neuralgien Atypischer Gesichtsschmerz (AGS)

Neuropathien Trigeminusneuropathie Psychalgie

Myoarthropathien Okklusionsstörungen

Kiefergelenkserkrankungen

Zephalgien Migräne

Irritationskopfschmerzen

Demnach sind neuralgiforme Gesichtsschmerzen als ein Überbegriff von

Trigeminusneuralgie, Trigeminusneuropathie und Atypischem Gesichtsschmerz

(AGS) zu verstehen (Tab.3, KLAMMT 1990, DIENER 1994 und 1997, HEMPRICH

1997, MEINCK 1999, BREMERICH und KRAUSE 2000).

Entsprechend der AWMF-Leitlinien (AWMF Neurologie, AWMF Neurochirurgie

2001) wird unter einer Trigeminusneuralgie eine auf das Areal eines oder zweier

Trigeminusäste beschränkte, schwer beeinträchtigende Symptomatik mit blitzartig

einschießendem, neuralgischem Schmerz verstanden. Dieser Schmerz ist außerdem

durch häufig spontane Wiederholungen in kurzen Abständen und Provokation über

Triggerpunkte und Triggermechanismen gekennzeichnet. Perioden mit gehäuften

Schmerzanfällen können von längeren schmerzarmen und schmerzfreien Intervallen

gefolgt sein. Häufigste Ursache ist hierbei die Kompression von Trigeminusfasern

zwischen Ganglion Gasseri und Pons durch arterielle Gefäßschlingen (JANNETTA

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18_____________________________________________________________________

1967, KRAYENBÜHL 1968, WINKELMÜLLER 1990, SIEGFRIED 2000,

FLEETWOOD et al. 2001).

Von dieser idiopathischen Form muß die symptomatische Trigeminusneuralgie

abgegrenzt werden (KUMAR et al. 1998). Ursache hierfür können die Multiple

Sklerose (MS), Tumoren sowie vaskuläre Prozesse im Bereich der hinteren

Schädelgrube, Herpes zoster-Infektionen und Schädelbasisfrakturen (post-

traumatisch) sein. Da es sich hierbei in Ätiologie, Pathogenese und Therapie um

eine eigene Erkrankungsgruppe handelt, wird sie im Rahmen dieser Studie in

Abweichung der AWMF-Richtlinien der Gruppe der Trigeminusneuropathie

zugeordnet (IHS 1988, WINKELMÜLLER 1990, HEMPRICH 1997, BREMERICH

und KRAUSE 2000, KARES et al. 2001). Ebenso gehören auch periphere

Nervverletzungen und neurologische Defizite, meist als Folge eines Unfalls, einer

Tumorerkrankung oder Operation, zu dieser Erkrankungsgruppe (MEINCK 1999,

AWMF MKG-Chirurgie 2001, SCHIMMING et al. 2002).

Dagegen werden persistierende Gesichtsschmerzen ohne die Charakteristika

kranialer Neuralgien, ohne somatische Befunde oder organische Ursache als

Atypische Gesichtsschmerzen (AGS) definiert (IHS 1988, PFAFFENRATH und

DIETRICH 1995, GRAFF-RADFORD 2000, AWMF DGPPN 2001). Hierbei ist die

Schmerzqualität uncharakteristisch; teils ziehend, brennend, stechend, klopfend und

bohrend. An vegetativen Störungen finden sich fakultativ Gesichtsrötung, geringe

Pupillendifferenz, vermehrter Tränenfluß, abnormes Schwitzen, verstopfte Nase und

thermographisch Asymmetrien im Gesicht (MAIER und HOFFMEISTER 1989).

Eine gehäufte Assoziation mit depressiven Störungen und Neurosen wurde

beschrieben (PFAFFENRATH et al. 1991, AWMF DGPPN 2001).

2.3. Dokumentation und statistische Auswertung

Die Dokumentation des Datenmaterials erfolgte im Institut für Klinische

Neurophysiologie (Direktor: Frau Dr. G. Freund) des Zentralkrankenhauses Bremen-

Ost. Dorthin wurden auch die klinischen Daten übermittelt.

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19_____________________________________________________________________

Nachdem die TSEP-Untersuchung mit dem Gerät VIKING IV D© durchgeführt

worden war, erfolgte ein Ausdruck der Kurven und Meßwerte (Abb.4). Durch

ausschließlich zwei Ärzte dieser Abteilung wurden diese ausgewertet. Hierbei

erfolgte ein Übertragen der Meßwerte N13, P19 und der Amplitude nach Seiten

getrennt in ein Formular. Neben der Bewertung der Absolutwerte erfolgte außerdem

eine individuelle Beurteilung des Gesamtbefundes.

Tab. 4: Signifikanzgrenzen der Testverfahren

p > 0,05 nicht signifikant ns

p < 0,05 signifikant *

p < 0,01 hoch signifikant **

Die statistische Bearbeitung des Datenmaterials erfolgte im Institut für Klinische

Pharmakologie (Direktor: Prof. Dr. B. Mühlbauer) des Zentralkrankenhauses Sankt-

Jürgen-Strasse Bremen.

Neben der Berechnung von Mittelwerten und Standardabweichungen, erfolgte eine

umfangreiche rechnergestützte Varianzanalyse. Neben dem allgemein bekannten

“Chi-square Test“ und dem “Fisher`s Exact Test“ wurde die Zuverlässigkeit der nicht

parametrischen Meßwerte mit dem “Kruskal-Wallis Test“ und dem “Dunn`s Multiple

Comparisons Test“ bestimmt. Allen Testverfahren wurden die gleichen

Signifikanzgrenzen zugrunde gelegt (Tab.4). Des weiteren erfolgte die graphische

Darstellung der Meßwerte und der Ergebnisse.

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20_____________________________________________________________________

3. Ergebnisse

3.1. Alters- und Geschlechtsverteilung

In dieser sechsjährigen retrospektiven Studie betrug das Durchschnittsalter der 155

Patienten 55,8 Jahre. Hierbei lag die Altersspanne zwischen 27 und 86 Jahren. Die

Patienten mit Trigeminusneuralgie waren durchschnittlich 59,9 Jahre und somit älter,

als die Patienten mit Atypischem Gesichtsschmerz (53,8 Jahre). Durchschnittlich

noch jünger waren die Neuropathiepatienten (Abb.9). Bei dieser Gruppe betrug das

durchschnittliche Alter 50,8 Jahre.

59,9

50,8

53,8

55,8

46

48

50

52

54

56

58

60

Alte

r (Ja

hre)

Neuralgie (n=80) Neuropathie(n=57)

AGS (n=18) Gesamt (n=155)

Abb. 9: Altersverteilung der Patientengruppen (n=155)

Mehr als zwei Drittel (n=103) der Gesamtpatienten (n=155) waren weiblichen

Geschlechts. Dies verhält sich jedoch in den einzelnen Erkrankungsgruppen

unterschiedlich (Abb.10). So sind 83,3% bei Atypischem Gesichtsschmerz Frauen;

dagegen sind es bei der Trigeminusneuralgie 62,5%. Bei der Trigeminusneuropathie

verhält sich die Geschlechtsverteilung ähnlich wie bei den Gesamterkrankungsfällen

(Abb.10).

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21_____________________________________________________________________

30

50

19

38

3

15

52

103

0

20

40

60

80

100

120

Anz

ahl (

n)

Neuralgie(n=80)

Neuropathie(n=57)

AGS (n=18) Gesamt(n=155)

männlichweiblich

Abb. 10: Geschlechtsverteilung der Patientengruppen (n=155)

3.2. TSEP-Meßergebnisse

Das Datenmaterial wurde komplett dokumentiert und geordnet nach Diagnose und

Erkrankungsseite (Tab.5).

Die statistische Auswertung der Latenz- und Amplitudenwerte erfolgte vergleichend.

Mit den Meßergebnissen der gesunden, elektrophysiologisch nicht veränderten

Gesichtshälften wurden die Standardwerte bestimmt (Tab.6).

Diese wurden mit den erkrankten Seiten verglichen. Bei einer Gesamtzahl von 155

Patienten (n=155) traten bei 5 Patienten neuralgiforme Gesichtsschmerzen beidseits

auf. Diese fanden bei den statistischen Tests und Vergleichen wegen der geringen

Fallzahlen (n=5) keine Berücksichtigung.

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22_____________________________________________________________________

Tab. 5: Darstellung aller TSEP-Mittelwerte (n=150) Erkrankung Meßwerte N13re. (ms) P19re. (ms) Ampl. (µV) N13li. (ms) P19li. (ms) Ampl. (µV)

Neuralgie X 13,37 18,61 0,72 14,54 19,83 0,52

links SD 1,36 1,73 0,39 1,86 2,44 0,37

n=39 MIN 10,4 15,3 0,1 10,3 15,1 0,1

MAX 17,0 22,5 2,4 18,2 23,9 1,5

Neuralgie X 14,87 20,24 1,00 13,69 18,98 0,61

rechts SD 2,19 3,18 2,88 1,05 1,40 0,41

n=40 MIN 11,1 15,7 0,01 11,2 15,6 0,1

MAX 21,9 30,0 18,4 15,7 21,1 2,1

Neuropathie X 12,82 18,19 0,77 13,51 18,78 0,64

links SD 1,09 1,22 0,54 1,42 1,75 0,52

n=29 MIN 10,4 15,8 0,07 10,3 15,8 0,1

MAX 14,1 19,9 2,3 17,4 23,5 2,8

Neuropathie X 13,32 18,58 0,84 12,88 18,00 1,28

rechts SD 1,96 3,13 0,68 1,25 1,66 1,98

n=24 MIN 11,4 15,4 0,01 11,5 15,0 0,2

MAX 20,0 30,0 2,6 16,3 22,1 10,1

AGS X 12,49 18,50 0,74 12,80 18,24 0,47

links SD 1,02 1,05 0,51 1,02 0,95 0,30

n=8 MIN 10,7 17,0 0,2 10,8 17,3 0,13

MAX 13,7 19,8 1,8 13,7 20,2 1,0

AGS X 14,26 19,75 0,82 13,15 18,86 1,00

rechts SD 1,77 1,97 0,50 0,38 0,82 0,46

n=10 MIN 12,8 17,7 0,5 12,2 17,7 0,6

MAX 16,9 22,8 2,2 13,5 19,7 2,2

Tab. 6: TSEP-Standardwerte (n=150)

Meßwerte N13-Latenz P19-Latenz N13/P19

XX 13,08 ms 18,54 ms 0,85 µV

SD 1,05 ms 1,3 ms 0,76 µV

Bei der Darstellung der Ergebnisse imponierte vor allem im Patientenkollektiv der

Trigeminusneuralgie (n=79) in ca. 75 Prozent der Fälle (n=59) ein pathologisch

verändertes TSEP (Abb.11).

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23_____________________________________________________________________

normal25%

pathologisch75%

Abb. 11: Ergebnisse der TSEP-Auswertung bei Trigeminusneuralgie (n=79)

Dagegen waren bei der Trigeminusneuropathie (n=53) nur ca. 34 Prozent (n=18) und

beim Atypischen Gesichtsschmerz (n=18) ebenso nur 22 Prozent (n=4) der TSEP`s

auffällig verändert (Abb.12 und 13).

pathologisch35%

normal65%

Abb. 12: Ergebnisse der TSEP-Auswertung bei Trigeminusneuropathie (n=53)

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24_____________________________________________________________________

pathologisch22%

normal78%

Abb. 13: Ergebnisse der TSEP-Auswertung bei AGS (n=18)

Bei der weiteren Diagrammauswertung der pathologischen Somato-Sensorisch-

Evozierten Potentiale des Nervus trigeminus der verschiedenen Erkrankungsgruppen

fallen wesentliche Unterschiede auf. Bei ca. der Hälfte der Trigeminusneuralgie-

(52%) und AGS-Patienten (50%) werden diese durch eine Latenzverzögerung der

N13- und P19-Werte in Verbindung mit einer Amplitudenreduktion verursacht

(Abb.14).

Amplituden- und Latenzänderung

52%

isolierte Latenzänderung

43%

isolierte Amplituden-

änderung 5%

Abb. 14: Aufteilung der pathologischen Ergebnisse der TSEP-Auswertung bei

Trigeminusneuralgie (n=59)

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25_____________________________________________________________________

Der andere große Teil (43%) pathologischer Auffälligkeiten wird bei der

Trigeminusneuralgie durch die Gruppe der isolierten Latenzverzögerung gebildet.

Dagegen beträgt die isolierte Amplitudenänderung in diesem Kollektiv nur 5%.

Beim Atypischen Gesichtsschmerz wurden in der Hälfte der Fälle Veränderungen im

TSEP durch isolierte Latenzverzögerung oder isolierte Amplitudenreduktion

auffällig. Dagegen basieren bei der Patientengruppe mit Trigeminusneuropathie die

pathologischen Auffälligkeiten im TSEP (n=18) zu 50 Prozent auf einer isolierten

Latenzverzögerung (n=9). Eine Amplitudenreduktion mit Latenzverzögerung (n=5)

und eine isolierte Amplitudenreduktion (n=4) im TSEP traten hierbei seltener auf

(Abb.15).

isolierte Latenzänderung

55% isolierte Amplituden-

änderung 20%

Amplituden- und Latenzänderung

25%

Abb. 15: Aufteilung der pathologischen Ergebnisse der TSEP-Auswertung bei

Trigeminusneuropathie (n=18)

3.2.1. N13-Latenzwerte

Der statistische Vergleich der N13-Mittelwerte zeigt eine Latenzverlängerung auf

den erkrankten Seiten gegenüber den gesunden Seiten in allen drei Patientengruppen

(Abb.16).

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14,71

13,53 13,42

12,85

13,61

12,86

11,5

12

12,5

13

13,5

14

14,5

15La

tenz

(ms)

Neuralgie Neuropathie AGS

pathologischnormal

Abb. 16: N13-Latenzwerte bei neuralgiformen Gesichtsschmerzen im TSEP-

Seitenvergleich (n=150)

Besonders fällt dieser Unterschied im Kollektiv “Trigeminusneuralgie“ auf. Dieses

relativiert sich jedoch durch die erheblichen Standardabweichungen, insbesondere

auf den erkrankten Seiten (Tab.7).

Tab. 7: N13-Mittelwerte und Standardabweichungen bei neuralgiformen

Gesichtsschmerzen (n=150)

XX (SD) ms Neuralgie (n=79) Neuropathie (n=53) AGS ( n=18)

erkrankte Seiten 14,71 (2,03) ms 13,42 (1,67) ms 13,61 (1,63) ms

gesunde Seiten 13,53 (1,22) ms 12,85 (1,15) ms 12,86 (0,79) ms

Deshalb erfolgte neben der beschreibenden auch eine rechnergestützte Statistik mit

Durchführung analytischer Testverfahren. Wegen der hohen Patientenzahlen

(n=150) wurde auf den Dunn`s Multiple Comparison Test zurückgegriffen und für

die einzelnen Erkrankungsgruppen das Signifikanzniveau berechnet. Hierbei zeigt

sich eine hohe Signifikanz (p<0,01) im Seitenvergleich der N13-Werte bei der

Trigeminusneuralgie (Tab.8). Dagegen sind diese Werte bei der

Trigeminusneuropathie und dem Atypischen Gesichtsschmerz nicht signifikant

(p>0,05).

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Tab. 8: Berechnung des N13-Signifikanzniveaus im Seitenvergleich mit dem

Dunn`s Multiple Comparsons Test

Neuralgie hoch signifikant p<0,01

Neuropathie nicht signifikant p>0,05

AGS nicht signifikant p>0,05

3.2.2. P19-Latenzwerte

Der gegenüber dem N13-Wert im TSEP später auftretende P19-Wert wurde zuerst

ebenso statistisch beschreibend bearbeitet (Tab.9). Hierbei zeigten sich wiederum bei

der Trigeminusneuralgie auf der erkrankten Gesichtshälfte die besonders auffälligen

Befunde. Die P19-Meßwerte der Kollektive “Trigeminusneuropathie“ und

“Atypischer Gesichtsschmerz“ liegen dagegen mit ihren Standardabweichungen im

Referenzbereich. Dies wird auch im entsprechenden Säulendiagramm ersichtlich

(Abb.17).

Tab. 9: P19-Mittelwerte und Standardabweichungen bei neuralgiformen

Gesichtsschmerzen (n=150)

XX (SD) ms Neuralgie (n=79) Neuropathie (n=53) AGS ( n=18)

erkrankte Seiten 20,04 (2,83) ms 18,69 (2,45) ms 19,08 (1,74) ms

gesunde Seiten 18,81 (1,57) ms 18,11 (1,42) ms 18,71 (0,92) ms

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20,04

18,80

18,69

18,11

19,08

18,70

17

17,5

18

18,5

19

19,5

20

20,5

Late

nz (m

s)

Neuralgie Neuropathie AGS

pathologischnormal

Abb. 17: P19-Latenzwerte bei neuralgiformen Gesichtsschmerzen im TSEP-

Seitenvergleich. (n=150)

Der ebenso bei diesen Latenzwerten durchgeführte Dunn`s Multiple Comparison

Test zeigt im Seitenvergleich für die Trigeminusneuralgie ein signifikantes Ergebnis

(Tab.10).

Tab. 10: Berechnung des TSEP-Signifikanzniveaus bei Trigeminusneuralgie im

Seitenvergleich mit dem Dunn`s Multiple Comparsons Test

N13 hoch signifikant p<0,01

P19 signifikant p<0,05

N13/P19 signifikant p<0,05

Dagegen sind bei der Trigeminusneuropathie und beim Atypischen Gesichtsschmerz

die P19-Meßwerte im Seitenvergleich nicht signifikant (p>0,05).

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29_____________________________________________________________________

3.2.3. Amplitudenwerte

Die graphische Darstellung der berechneten Amplitudendifferenzen aus den

Amplitudenwerten von N13 und P19 der kranken und gesunden Gesichtshälften zeigt

eine unterschiedliche Tendenz zwischen Trigeminusneuralgie auf der einen Seite und

Trigeminusneuropathie und Atypischem Gesichtsschmerz auf der anderen Seite

(Abb.18).

0,76

0,66 0,73

1,00

0,66

0,88

0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1

Am

plitu

de N

13/P

19 (µ

V)

Neuralgie Neuropathie AGS

pathologischnormal

Abb. 18: Amplitudendifferenzen (N13/P19) bei neuralgiformen Gesichts-

schmerzen im TSEP-Seitenvergleich (n=150)

Die Amplitudendifferenzen sind bei der Neuropathie und beim Atypischen

Gesichtsschmerz größer als bei der Trigeminusneuralgie (Tab.11).

Tab. 11: Mittelwerte und Standardabweichungen der Amplitudendifferenzen

(N13/P19) bei neuralgiformen Gesichtsschmerzen (n=150)

XX (SD) µV Neuralgie (n=79) Neuropathie (n=53) AGS ( n=18)

erkrankte Seiten 0,76 (2,06) µV 0,73 (0,61) µV 0,66 (0,45) µV

gesunde Seiten 0,66 (0,41) µV 1,01 (1,41) µV 0,88 (0,49) µV

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30_____________________________________________________________________

Bei der hierbei durchgeführten Varianzanalyse kamen der Kruskal-Wallis Test und

der Dunn`s Multiple Comparisons Test zur Anwendung. Im Patientenkollektiv

Trigeminusneuralgie ist die Amplitudenreduktion der kranken Seiten signifikant

(p<0,05) gegenüber den gesunden Seiten vermindert (Tab.10). Dagegen sind bei der

Trigeminusneuropathie und beim Atypischen Gesichtsschmerz die

Amplitudendifferenzen im Seitenvergleich ebenso nicht signifikat (p>0,05) wie bei

den N13- und P19-Meßwerten.

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31_____________________________________________________________________

4. Diskussion

Beim gesunden, wachen Menschen werden durch sensible Hautreize

Sinneswahrnehmungen hervorgerufen. Neurophysiologisch gesehen werden dabei

elektrische Hirnaktivitäten geändert. Es treten sensible Aktionspotentiale von Nerven

und Rückenmark auf. Mittels einer Registrierung dieser Somato-Sensorisch-

Evozierten Potentiale (SEP´s) ist es möglich, die Leitung und Verarbeitung sensibler

Sinnesreize im peripheren und zentralen afferenten System objektiv zu erfassen. Dies

gilt auch für die Diagnostik des fünften Hirnnerven, für den bisher hauptsächlich

subjektive Untersuchungsverfahren zur Verfügung stehen bzw. genutzt werden.

Die Ableitung von evozierten Potentialen stellt ein nichtinvasives objektives

Verfahren dar, das Aussagen über normale und pathologische Funktionen im

Nervensystem des Menschen zuläßt. Einen Nachweis pathologischer oder fehlender

SEP`s zu führen, ist bei Schädigungen, die peripher neurogen, spinal oder zerebral

lokalisiert sein können und mit Beschwerden wie Sensibilitätsverlust bzw. mit

Schmerzen einhergehen, größtenteils möglich (Baust et al. 1972, MAURER et al.

1988, ALTENMÜLLER et al. 1991, SOYKA 1999). Deshalb ist die Meinung in der

internationalen Literatur nahezu einheitlich, daß es bei Sensibilitätsverlust des

fünften Hirnnerven zu entsprechenden Verminderungen und Verzögerungen der

Reizantwortpotentiale kommt (MAURER et al. 1988, ALTENMÜLLER et al. 1990,

WAGNER 1989, JÖRG und HIELSCHER 1997, LOWITZSCH et al. 2000).

Ansonsten widersprechen sich die Ergebnisse vorhandener TSEP-Studien, bzw. sind

wenig aussagekräftig, da nur mit geringen Fallzahlen gearbeitet wurde. Bei

Patienten mit Trigeminusneuralgie fanden DRECHSLER et al. (1977), BENNETT

und JANNETTA (1983), MAURER (1988), WAGNER (1989) und STÖHR et al.

(1996) in überwiegendem Maße Latenzverzögerungen und Amplitudenver-

ringerungen im TSEP. SINGH et al. (1982) sowie JÖRG und HILSCHER (1997)

konnten dagegen keine pathologischen TSEP-Befunde bei diesem Krankheitsbild

nachweisen.

Es existieren bisher noch wenige Untersuchungen über die Ableitung von TSEP`s

beim Atypischen Gesichtsschmerz (AGS). BENNETT und JANNETTA (1983)

beschrieben hierbei eine auffallende Latenzverzögerung. Dieses konnte von

WAGNER (1989) durch weitere Untersuchungen bestätigt werden.

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Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Bedeutung der TSEP-Ableitung als eine

objektive Diagnosemöglichkeit bei neuralgiformen Gesichtsschmerzen zu beurteilen.

Hierzu wurden die Auswirkungen von Trigeminusneuralgie, Trigeminusneuropathie

und Atypischem Gesichtsschmerz (AGS) auf das abzuleitende TSEP untersucht.

Zur Erzeugung von Somato-Sensorisch-Evozierten Potentialen des Nervus

trigeminus werden unterschiedliche Reizmethoden beschrieben. Inzwischen haben

sich die Lippenstimulation (STÖHR und PETRUCH 1979), die Stimulation des

Nervus mentalis und infraorbitalis (DRECHSLER 1980) und die

Nasenschleimhautstimulation (BENNETT und JANNETTA 1980) durchgesetzt.

Auf die Untersuchung des ersten Astes des Nervus trigeminus mußte in dieser Studie

weiterhin verzichtet werden. Seine Reizung mit den zur Zeit verfügbaren Elektroden

führt zu starker Aktivität des Musculus orbicularis oculi und zur Auslösung des

Blinkreflexes. Hierbei treten in ihrer gemeinsamen Leitungsbahn Interferenzeffekte

zwischen Blinkreflex und TSEP auf. Dadurch wird das Reizantwortpotential des

ersten Trigeminusastes gestört und verzerrt (HIELSCHER und SATTLER 1988).

Eine Ableitung erscheint somit wenig sinnvoll. Eine von JÖRG und HIELSCHER

(1997) entwickelte Reizelektrode, bei der Kathode und Anode konzentrisch

angeordnet sind und bei der es zu deutlich geringeren Reizartefakten kommen soll,

stand während dieser Studie nicht zur Verfügung. Außerdem ist der erste

Trigeminusast nur sehr selten von neuralgiformen Gesichtsschmerzen betroffen

(BUDDENBERG 1987, MAURER et al. 1988, LOWITZSCH et al. 2000).

Wegen der hohen Rezeptordichte in den Lippen ist es sinnvoll, gerade diese Region

zu stimulieren. Dem Nachteil der gleichzeitigen Erregung von Fasern aus dem 2. und

3. Trigeminusast steht der Vorteil einer dadurch bedingten höheren

Antwortamplitude gegenüber (STÖHR und PETRUCH 1979). Diese Methode wurde

hauptsächlich deshalb gewählt, weil sie die am besten anwendbare und angenehmste

Methode für Patient und Untersucher darstellt. Trotzdem ist es bei bestimmten

Fragestellungen notwendig, den Nervus infraorbitalis und den Nervus mentalis direkt

zu reizen (MAURER et al. 1988, LOWITZSCH et al. 2000).

Mit einer bipolaren Hautoberflächenelektrode wurde die Ober- und Unterlippe bzw.

mit zwei weiteren Elektroden der Nervus infraorbitalis und der Nervus mentalis

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getrennt voneinander und pro Seite einzeln gereizt. Die Untersuchung und

Auswertung erfolgte jeweils durch eine medizinisch-technische Assistentin und zwei

Ärzte, damit eine Konstanz gewährleistet wurde.

Die Hauptbewertungskriterien der TSEP-Untersuchung sind die Latenz- und

Amplitudenwerte. Eine Vielzahl von unterschiedlichen Faktoren üben auf diese

Werte Einfluß aus. Diese Faktoren lassen sich unter anderem in

krankheitsunabhängige und krankheitsabhängige Faktoren unterteilen. Zu den

krankheitsunabhängigen Faktoren zählen neben den individuellen Einflüssen wie

Alter und Geschlecht, Bewußtseinslage, die exogenen Einflüsse wie Medikamente,

Umgebungstemperatur und psychologische Parameter, auch die methodischen

Einflüsse. Zu den methodischen Einflüssen gehören Reizstärke und Reizfrequenz.

Die Reizstärke wurde für jeden Patienten individuell ermittelt. Ausschlaggebend für

die Reizstärke war die jeweils gesunde Seite. War der zweite oder der dritte

Trigeminusast beidseits erkrankt, so lieferte jeweils der gesunde zweite oder dritte

Trigeminusast die notwendigen Anhaltswerte. Um hierbei systematische Fehler zu

vermeiden, wurden diese bei der statistischen Bearbeitung der Ergebnisse nur

teilweise berücksichtigt, nicht jedoch bei den Latenz- und Amplitudenwerten. In den

meisten Fällen lag die Reizstärke bei 10 bis 14 mA. Damit wurde eine Empfehlung

von STÖHR et al. (1996) erfüllt, die besagt, daß eine drei- bis vierfache

Schwellenstromstärke bei der Stimulation sensibler Nerven gewählt werden muß.

Daneben beschreiben auch HIELSCHER et al. (1980) sowie BENNETT und

JANNETTA (1983) die beste Ausprägung der TSEP`s bei der drei- bis vierfachen

Reizstärke, bezogen auf die Stromstärke, welche gerade noch vom Patienten

wahrgenommen wird. Die sensorische Schwelle liegt bei gesunden Probanten

zwischen 1 und 5 mA (BUETTNER et al. 1982). Bei dieser Reizstärke empfanden

die Patienten ein deutlich kribbelndes, aber nicht schmerzhaftes Gefühl. Trotzdem

mußte bei dieser Untersuchung die Reizstärke häufig höher angesetzt werden, um

dieses spezielle Gefühl zu vermitteln. Dies bedeutet eine Erhöhung der sensiblen

Schwelle. Dadurch konnte zusätzlich auf eine Schädigung des Nerven geschlossen

werden.

Die Vermeidung von Muskelartefakten ist ein weiterer wichtiger Punkt in der

TSEP-Ableitung, da deren Auftreten eine Beurteilung zum Teil unmöglich machen

kann. Eine Senkung der Reizstärke war somit zur Vermeidung von Muskelartefakten

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notwendig. Nach BUETTNER et al. (1982) kann die Reizstärke bis auf

schwellennahe Werte gesenkt werden, ohne daß es dabei zu signifikanten

Latenzverschiebungen kommt. Hierbei können allerdings etwas erniedrigte

Amplituden beobachtet werden. Eng damit ist auch die Vermeidung von zusätzlichen

Schmerzen verbunden, die zu Muskelverspannungen führen können. Dadurch

entstehen Potentialwellen, die das TSEP überlagern und somit eine Beurteilung

desselben ebenso unmöglich macht.

Auch die Reizfrequenz hat einen großen Einfluß auf die TSEP-Ableitung. Hierbei

sollte die Dauer der Reizfrequenz von der diagnostischen Absicht abhängig gemacht

werden (STÖHR et al. 1996). Sollen SEP-Anteile über 100 ms untersucht werden,

wird eine Reizfrequenz zwischen 0,2 und 0,5 Hz empfohlen. Für SEP-Anteile bis

100 ms ist dagegen eine Frequenz von 1 Hz als optimal anzusehen. Eine Abkürzung

der Untersuchungszeit ist damit die Folge. Bei einer Registrierung der subkortikalen

und kortikalen Primärantwort wird eine Steigerung auf 5 bis 10 Hz vorgeschlagen,

wieder verbunden mit einer Reduzierung der Amplitude. BUETTNER et al. (1982)

fordern dagegen eine Begrenzung der Reizfrequenz auf 5 Hz. In dieser Studie wurde

die Reizfrequenz auf 5,1 Hz festgelegt. Somit wird sowohl die Analysenzeit als auch

die Amplitudenhöhe der TSEP-Antwort in Verbindung mit einer möglichst kurzen

Untersuchungszeit berücksichtigt.

Häufig betreffen Trigeminuserkrankungen nur einen Nervenast. Deshalb müßte jede

Lippe einer Gesichtshälfte bzw. jeder Trigeminusast einzeln und getrennt gereizt

werden, um die Antworten einzeln zu testen und miteinander vergleichen zu können.

Diese Einzelastreizung verhindert, daß eine Simultanreizung von zwei

Trigeminusästen eine eventuell verlängerte Latenz bzw. veränderte Amplitudenhöhe

nur eines Astes verdeckt. Dieser Fakt wurde in dieser aber auch in den meisten

anderen Studien (DRECHSLER 1980, FINDLER und FEINSOD 1982b, SINGH et

al. 1982, BENNET und JANNETTA 1983, BUDDENBERG 1987) nicht mit

berücksichtigt. Die von WAGNER (1989) und STÖHR (1998) durchgeführten

Einzelastuntersuchungen erbrachten bisher hierfür keine signifikanten

Seitenunterschiede im TSEP, obwohl Unterschiede in den TSEP-Normwerten der

absoluten Latenzzeiten für die einzelnen Trigeminusäste bestehen (JÖRG und

HIELSCHER 1997).

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Bei verschiedenen Formen der Neuralgie sind Veränderungen der entsprechenden

Kerngebiete der Gegenseite beschrieben worden. Es wird diskutiert, ob eine Läsion

wie auch die Behandlung eines Hirnnerven einer Seite zu Mitreaktionen der

kontralateralen Seite führen kann und damit auch das TSEP auf der gesunden

Gesichtshälfte verändert (REISERT et al. 1984, SOYKA et al. 1999). In dieser

Studie wurden deshalb immer beide Gesichtshälften untersucht und mit den

Standardwerten verglichen.

Die gesamte statistische Auswertung der Latenz- und Amplitudenwerte basiert auf

den Meßwerten von STÖHR et al. (1996). Zur Ermittlung dieser Standardwerte

wurden von diesen Autoren noch einmal 41 Probanden untersucht und mit älteren

Studien verglichen (STÖHR et al. 1979 und 1981).

Tab. 12: TSEP-Standardwerte im Vergleich

Autor Meßwerte N13-Latenz P19-Latenz N13/P19

STÖHR et al. (1996) XX 12,5 ms 18,5 ms 2,6 µV SD 0,87 ms 1,51 ms 1,0 µV

eigene Werte (2001) XX 13,08 ms 18,54 ms 0,85 µV SD 1,05 ms 1,3 ms 0,76 µV

Die Mittelwerte mit Standardabweichungen ergaben die Toleranzbereiche, die als

Bewertungsgrundlage herangezogen wurden. Als “auffällig“ wurden die Werte

aufgefaßt, die außerhalb der Toleranzbereiche lagen. Für die Latenzdifferenz und die

Seitendifferenz der Latenz errechneten sich die Normintervalle durch die

Anwendung der einfachen Standardabweichung. Die einfache Standardabweichung

konnte in dieser Studie deshalb genommen werden, weil für die Ermittlung der

Vergleichswerte jede Gesichtshälfte getrennt gemessen worden war, eine große

Patientenzahl vorlag und die ermittelten Konfidenzintervalle schmal waren. Wenn

auch STÖHR et al. (1981, 1996) und BENNETT und JANNETTA (1983) die

Normbereiche mit der zweifachen Standartabweichung festlegten, so entsprach doch

die Größenordnung dieser Intervalle ungefähr den Intervallgrößen in dieser Studie.

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Bei den Amplitudenwerten wurde der Normbereich mit der zweifachen

Standardabweichung festgelegt. Grund hierfür war ihre große Variabilität und die

damit verbundene hohe Standardabweichung.

Neben der vergleichenden Statistik von Normwerten wurden in dieser Studie auch

signifikante Unterschiede zwischen den Erkrankungsgruppen für einzelne Parameter

ermittelt. Auf Grund der hohen Patientenzahlen, auch innerhalb der einzelnen

Erkrankungsgruppen, war eine rechnergestützte Varianzanalyse möglich. Neben dem

“Kruskal-Wallis Test“ erbrachte der in der Zuverlässigkeit noch aussagekräftigere

“Dunn`s Multiple Comparisons Test“ signifikante Unterschiede in den Meßwerten

einzelner Erkrankungsgruppen.

Die Ergebnisse der vorliegenden TSEP-Untersuchung waren mit anderen Studien

aufgrund abweichender Reiz- und Ableitmethoden sowie unterschiedlich großer

Patientenkollektive nur mit Einschränkung zu vergleichen (Tab.13).

Die abgeleiteten Standardreizantwortpotentiale im TSEP gesunder Probanden

bzw. nicht erkrankter Gesichtshälften entsprachen den schon früher in anderen

Arbeiten beschriebenen Wellenkonfigurationen (MAURER et al. 1988, STÖHR et

al. 1996, LOWITZSCH et al. 2000). Die von den Ergebnissen anderer Autoren

(DRECHSLER 1980, SINGH et al. 1982, BENETT und JANNETTA 1983)

abweichenden Werte der doch recht konstanten Peaklatenzen resultieren aus

methodischen Unterschieden wie geänderten Reizparametern und der konsequent für

jede Gesichtshälfte getrennt durchgeführten Einzelastreizung des zweiten und dritten

Trigeminusastes (Tab.10). Trotzdem befindet sich bei allen Autoren, wie auch in

dieser Studie, der zweite negative Peak (N1 bzw. N13) und der zweite positive Peak

(P1 bzw. P19) in vergleichbaren Latenzzeitbereichen. Die vorliegende Studie

bestätigt somit die von den meisten Autoren bestimmten Normwerte für die

Ableitung Somato-Sensorisch-Evozierter Potentiale des Nervus trigeminus

(DRECHSLER et al. 1977, STÖHR und PETRUCH 1979, DRECHSLER 1980,

STÖHR et al. 1981, FINDLER und FEINSOD 1982b, SINGH et al. 1982,

BENNETT und JANNETTA 1983, , BUDDENBERG 1987, WAGNER 1989,

STÖHR et al. 1996, JÖRG und HIELSCHER 1997).

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Außerdem bestätigen die vorliegenden Ergebnisse eine große Variabilität der

Amplitudenausprägung, auch bei gesunden Probanden (STÖHR und PETRUCH

1979, FINDLER und FEINSOD 1982b, STÖHR et al. 1996). Teilweise wurden bei

gesunden Probanden Amplituden gemessen, die im Vergleich zur Gegenseite um

mehr als die Hälfte reduziert waren (WAGNER 1989).

Tab. 13: Normalwerte kortikaler Reizantworten nach Ableitung Somato-

Sensorisch-Evozierter Potentiale des Nervus trigeminus

Autor (Jahr) Probanden (n) N1 bzw. N13 P1 bzw. P19

DRECHSLER et al.

(1977) 7 13,0 ms 23,0 ms

STÖHR und PETRUCH

(1979) 55 13,0 ms 19,0 ms

DRECHSLER

(1980) keine Angaben 13,6 ms 23,2 ms

STÖHR et al.

(1981) keine Angaben 12,5 ms 18,5 ms

FINDLER und FEINSOD

(1982b) 13 13,0 ms 21,0 ms

SINGH et al.

(1982) 7 14,1 ms 24,6 ms

BENNETT und JANNETTA

(1983) 18 20,0 ms 33,0 ms

BUDDENBERG

(1987) 24 12,8 ms 21,4 ms

WAGNER

(1989) 100 13,0 ms 19,0 ms

STÖHR et al.

(1996) 41 12,5 ms 18,5 ms

JÖRG und HIELSCHER

(1997) keine Angaben 13,35 ms 17,99 ms

eigene Untersuchung

(2001) 150 13,08 ms 18,54 ms

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Die in dieser Studie außerdem erhobenen und ausgewerteten klinischen Daten zeigen

eine weitestgehende Übereinstimmung mit den Literaturangaben. Bei dieser

Stichprobe handelt es sich somit um ein repräsentatives Kollektiv.

Das Durchschnittsalter beim ersten Auftreten einer Trigeminusneuralgie liegt im

sechsten Lebensjahrzehnt (HEMPRICH 1997, MARIANI et al. 1998). Etwa 50%

sind älter als 60 und 20% bis 25% älter als 70 Jahre (FISCHER 1966,

KRAYENBÜHL 1968, MUMFORD 1989, RASMUSSEN 1990). Dieses wird mit

einem Durchschnittsalter von 59,9 Jahren in dieser Studie bestätigt. Gegenüber den

anderen neuralgiformen Gesichtsschmerzen handelt es sich hierbei um die älteste

Patientengruppe. Das hohe Alter des ersten Auftretens der Trigeminusneuralgie wird

seit über 70 Jahren und zunehmend in den letzten 30 Jahren (JANNETTA 1967,

KERR 1979) auf die pathogenetische Rolle eines vaskulären Kontaktes bzw. einer

Kompression des Nervus trigeminus in der Nähe der “root entry zone“ (REZ)

zurückgeführt. Mit zunehmendem Alter werden die Gefäße, vor allem die Arterien,

länger, ektatisch (Dolichoektasie) und unflexibel. Das Hirnstammparenchym wird

ebenfalls zunehmend atroph und damit steif. Diese Verschiebungen können zu

zunehmend komprimierenden neurovaskulären Kontakten führen, besonders dort, wo

die neuralen Strukturen nicht ausweichen können (JANNETTA 1967, KERR 1979,

MARIANI et al.1998). Bedeutend jünger sind im Durchschnitt die Patienten beim

Atypischen Gesichtsschmerz und der Trigeminusneuropathie. Hierbei müssen

diagnostisch weitere Ursachen bzw. Grunderkrankungen ausgeschlossen werden

(RASMUSSEN 1990, WINKELMÜLLER 1992, SOYKA 1999).

In der Literatur wird generell bei der Geschlechtsverteilung ein Überwiegen der

Frauen beim neuralgiformen Gesichtsschmerz im Verhältnis 3:2 oder sogar 2:1

angegeben (FISCHER 1966; KRAYENBÜHL 1968). Dieses entspricht auch den

Verhältnissen in dieser Studie. Überzeugende Erklärungen für diese

Geschlechtsverteilung finden sich hierüber in der Literatur bisher nicht (HEMPRICH

1997). Die von RASMUSSEN (1990) aufgestellte These, daß bei einer subtilen

Diagnostik das Geschlechtsverhältnis bei der Trigeminusneuralgie ausgeglichen ist,

kann somit nicht bestätigt werden.

Die Lokalisation der Trigeminusneuralgie betrifft laut Definition (AWMF 2001)

grundsätzlich nahezu ausschließlich eine Seite. (Tab.14). Ein beidseitiges

Vorkommen kann somit Ursache für andere Formen von neuralgiformen

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Gesichtsschmerzen sein. Selten erkrankt der erste Trigeminusast. Am häufigsten sind

isoliert der zweite oder dritte Ast betroffen (HEMPRICH 1997). Eine in der Literatur

diskutierte Bevorzugung der rechten Gesichtshälfte bei Trigeminusneuralgie kann

mit dieser Studie nicht bestätigt werden (KRAYENBÜHL 1968).

Tab. 14: Verteilung der Trigeminusneuralgie auf die einzelnen Äste

Trigeminusast HEMPRICH (1997) eigene Studie (2001)

V1 4% 0%

V2 23% 19,8%

V3 15% 44,4%

V1+V2 16% 4,9%

V2+V3 32% 29,6%

V1+V3 2% 0%

V1+V2+V3 5% 0%

bilateral 3% 1,3%

Die Ergebnisse dieser TSEP-Untersuchung bestätigen und ergänzen trotz

abweichender Techniken und Toleranzbereichsdefinitionen die von anderen Autoren

beschriebenen Latenzverzögerungen bei pathologischen Funktionszuständen des

Nervus trigeminus. Dieses gilt für den Seitenvergleich und den Vergleich mit

Normwerten gesunder Probanden.

Arbeiten, die mit den Patientenkollektiven dieser Studie direkt vergleichbar sind,

liegen nur in geringer Zahl vor. STÖHR et al. (1981) beschrieben in ihren TSEP-

Studien bei Trigeminusneuralgie für den P1-Wert eine um durchschnittlich 1,4 ms

verlängerte Latenz und eine signifikante Seitendifferenz von 1,3 ms. Der Anteil

pathologischer TSEP-Befunde bei diesen Patientenkollektiven wurde mit 41%

angegeben. Die von BENNETT und JANNETTA (1983) untersuchten Patienten mit

Trigeminusneuralgie zeigten hierbei N1-Werte um durchschnittlich 3,1 ms

gegenüber dem Normwert verzögert. Die Hälfte der Patienten wiesen pathologische

Latenzen auf. Außerdem wurde in der gleichen Studie bei 40% der Patienten mit

Atypischem Gesichtsschmerz ebenfalls eine verlängerte Latenz festgestellt, jedoch

mit fehlender Signifikanz. Die Latenzverzögerungen der N1- und P1-Werte

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gegenüber den Normwerten betrugen hier durchschnittlich 0,2 ms bzw. 1,6 ms. Auch

in der Studie von WAGNER (1989) zeigten alle untersuchten Krankheitsbilder u.a.

bei Trigeminusneuralgie und AGS grundsätzlich gegenüber der Norm wie auch

gegenüber der gesunden Seite verzögerte TSEP-Latenzen.

Latenzverlängerungen scheinen durch den Verlust der Myelinscheide

(“Demyelinisierung“) und der dadurch bedingten Verringerung der

Nervenleitgeschwindigkeit gut begründbar zu sein. So bestehen Verzögerungen der

Impulsleitung bei toxisch oder mechanisch bedingter Axondegeneration

(FULLERTON 1969). Neuropathien, die mit einer segmentalen “Demyelinisierung“

einhergehen, führen immer zur Herabsetzung der maximalen

Nervenleitgeschwindigkeit. Segmentale Entmarkungsvorgänge treten lokal auch bei

akuter und bei chronischer Druckeinwirkung auf die Nerven auf (MOSES 1967,

KERR 1979, STÖHR et al. 1996).

Für die Ursachen der pathologischen Schmerzempfindung und der damit

wahrscheinlich auch verbundenen TSEP-Veränderungen werden zur Zeit drei

Mechanismen postuliert (MARIANI et al. 1998, NURMIKKO und ELDRIDGE

2001):

1. Ephatische Transmission: Ein peripherer (taktiler) Stimulus wird an der

“demyelisierten“ Stelle fehlgeleitet und als schmerzhaft empfunden.

2. Sekundäre, nukleäre Hyperaktivität: Die zentrale Schmerzhemmung wird

durch die Entmarkung der großen, taktilen Fasern vermindert und führt zur

spontanen Entladung in der Pars caudalis des sensiblen Trigeminuskernes.

3. Primäre, zentrale Hyperaktivität: Diese wird im Bereich des Trigeminuskernes

bei noch ungeklärtem pathologischem Substrat in Zusammenhang mit den

schmerzerzeugenden Substanzen verursacht.

Ein Beispiel für die pathophysiologische Rolle der fokalen Entmarkung findet sich

bei Patienten mit Multipler Sklerose und Trigeminusneuralgie. Bei diesen Patienten

kann man kernspintomographisch fast immer einen Entmarkungsherd im Hirnstamm,

in der Nähe der REZ identifizieren (GASS et al. 1997, SOYKA 1999).

LOVE et al. (1998) hat Nervenexzisate von drei Patienten, bei denen man

intraoperativ eine arterielle Trigeminuskompression festgestellt hatte, licht- und

elektonenmikroskopisch untersucht. Die Trigeminusfaszikel waren an der

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Kompressionsstelle entnommen worden. Mikroskopisch zeigte sich eine chronische

zentrale Entmarkung mit wenig Myelin-Abbau-Produkten und ohne Makrophagen-

Ansammlung. Durch die Entmarkung lagen die “nackten“ Axonen dicht aneinander

gepackt, so daß die Möglichkeit einer ephatischen Transmission gegeben ist. In

weiteren Studien wurde kernspintomographisch ein vaskulärer Kontakt mit dem

Nervus trigeminus bei mehr als 70% der symptomatischen Patienten gegenüber etwa

10% der schmerzfreien Kontrollgruppe gefunden (MEANCY et al. 1994, MAJOIE et

al. 1997). In mikroanatomischen Studien bei Autopsien zeigte sich ein

neurovaskulärer Kontakt (in der Regel durch die Arteria cerebelli superior) in etwa

85% der symptomatischen Nerven gegenüber etwa 35% der Kontrollgruppe

(HARDY und RHOTON 1978, HAINES et al. 1984).

Das Auftreten von verlängerten Latenzen im TSEP beim Atypischen

Gesichtsschmerz und bei der Trigeminusneuropathie verbunden mit einer

Mißerfolgsrate von 5 bis 10 % bei der Gefäßdekompression im Bereich der

Trigeminuswurzel lassen hierbei auch an den Einfluß von Neurotransmittern und an

eine Veränderung der nervalen Afferenzen denken (MARIANI et al.1998).

Schmerzerzeugende Substanzen sind im wesentlichen intra- und extrazelluläre

Polypeptide wie Serotonin und Bradykinine sowie die Substanz P, die in etwa einem

Fünftel der Zellkörper des Ganglion trigeminale zu finden sind (HÖKFELT et al.

1975). Dem stehen schmerzhemmende Stoffe wie Enkephaline und Endorphine

gegenüber. Hinzu tritt Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) als der am häufigsten

vorkommende inhibitatorische Transmitter im ZNS (IVERSEN 1979). Im Falle

chronischer Schmerzen konnte eine deutliche Änderung im Verhältnis dieser

genannten Substanzen nachgewiesen werden, die wiederum eine Veränderung der

neurophysiologischen Situation nach sich zieht und damit ein Veränderung im TSEP

bewirkt (BASBAUM und FIELDS 1984, BOUCKOMS et al. 1991, HARA und

KOBAYASHI 1992, MEINCK 1999).

Dagegen ist die Beurteilung einer auffälligen Amplitudenveränderung in der

Literatur recht unterschiedlich. Bei der Trigeminusneuralgie werden von einigen

Autoren Amplitudenabnahmen gefunden (DRECHSLER et al. 1977, STÖHR et al.

1981). Nach Thermokoagulation des Ganglion GASSERI fanden SALAR et al.

(1981) in der TSEP-Ableitung eine dem Ausmaß der taktilen Hypästhesie

proportionalen Amplitudenreduktion und Latenzverlängerung. Die Untersuchungen

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von WAGNER (1989) ergaben bei Patienten mit Trigeminusneuralgie und

Atypischem Gesichtsschmerz sogar gegenüber den Normwerten vergrößerte

Reizantwortpotentiale. Dies kann jedoch nicht durch Kompressions- und

Demyelisierungseffekte erklärt werden. Hierbei könnte die sekundäre, nukleäre

Hyperaktivität eine Ursache sein. Zusätzlich können wie beim Prozeß der

Latenzverlängerung lang andauernde “periphere Effekte“ Veränderungen der

Struktur und Funktion des ZNS hervorrufen (GLASS et al. 1977). FINDLER und

FEINSOD (1982a) beobachteten in ihrer Studie Amplitudenerhöhungen später

Komponenten im TSEP bei Schmerzpatienten. Da diese späten Antwortpotentiale

subkortikale und kortikale Sensibilitätsfelder repräsentieren, stützen sie ihre

Hypothese, daß periphere Läsionen zentrale Veränderungen induzieren können.

Die Beurteilung der aufgeführten Häufigkeitsangaben pathologischer Befunde im

TSEP zeigt, daß der Ausschluß von Funktionsstörungen des fünften Hirnnerven mit

diesem Verfahren nicht immer möglich ist, da nicht immer ein pathologischer

Befund vorliegt. Grundsätzlich sind TSEP-Veränderungen in der Diagnostik des

afferenten Systems nur in Kenntnis der klinischen Symtomatik beurteilbar. Der

klinische Bezug ist unerläßlich. Ohne diesen kann die Methode keinen Hinweis auf

den zugrundeliegenden Krankheitsprozeß geben. Bei Beachtung der aufgeführten

Voraussetzungen und Einflußmöglichkeiten erlauben Reizantwortpotentiale nach

Trigeminusstimulation als unterstützende diagnostische Methode innerhalb gewisser

Grenzen den objektiven Nachweis pathologischer Funktionszustände der

trigeminalen Leitungsbahn bei neuralgiformer Gesichtsschmerzsymptomatik.

In Zukunft werden TSEP-Ableitungen zu einer besseren Klärung des

Problemkreises der neuralgiformen Gesichtsschmerzen beitragen können, wenn die

Ursprungsorte der Peaks der Reizantwortpotentiale nach Trigeminusstimulation

eindeutig bekannt sind. Somit gelingt vielleicht auch der Beweis für die Hypothese,

daß auffällig verzögerte Latenzwerte wahrscheinlich auf eine Schädigung der

Myelinscheide zurückzuführen sind (periphere Pathogenese). Dagegen sprechen

auffällige Amplituden wahrscheinlich für eine Veränderung im ZNS (zentrale

Pathogenese). Wenn die Theorie der Entmarkung und der ephatischen Transmission

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stimmt, warum sistieren häufig die Beschwerden gleich nach einer mikrovaskulären

Kompression? Sollte nicht zuerst eine Remyelinisierung stattfinden? Diese und

andere Fragen bleiben noch unbeantwortet (MARIANI et al.1998).

Auch bei der medikamentösen Behandlung neuralgiformer Gesichtsschmerzen wird

die Ableitung Somato-Sensorisch-Evozierter Potentiale des Nervus trigeminus neue

Erkenntnisse über den Wirkungsmechanismus zum Beispiel des Carbamazepins oder

des Glycerins liefern können (BREMERICH 1988, BREMERICH und REISERT

1991, SIEGFRIED 1997 und 2000). Dies setzt allerdings eine weitere Verfeinerung

der Methodik, Vervollkommnung und Standardisierung des TSEP-Verfahrens

voraus, damit eine bessere Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Untersuchern

gewährleistet ist und die Ergebnisse einheitlich interpretiert werden können.

Gerade auch die Beurteilung von Schmerzzuständen und von Sensibilitätsdefiziten

im Bereich des Nervus trigeminus bedarf einer besseren Objektivierung. Denn nur so

kann einer bewußten Täuschung des Untersuchers bei gutachterlichen

Fragestellungen begegnet werden. Denn noch immer ist eine Einstufung in den

Schweregrad dieser Fälle bei einer Beurteilung der Minderung der Erwerbsfähigkeit

(MdE) nicht immer sicher möglich. Detaillierte Aussagen über den Grad der

Nervschädigung sowie Dauer und Regeneration sind bisher mit Hilfe der TSEP-

Ableitung nicht möglich (BREMERICH und KRISCHEK-BREMERICH 1991,

BREMERICH et al. 1993, STÖHR und KRAUS 2002). Auch auf diesem Gebiet

bedarf es deshalb noch weiterer neurophysiologischer Forschungsarbeit.

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5. Zusammenfassung

In einer retrospektiven sechsjährigen Studie von 1996 bis 2001 wurden bei 155

stationären Patienten mit neuralgiformen Gesichtsschmerzen der Klinik für Mund-,

Kiefer- und Gesichtschirurgie des Zentralkrankenhauses Sankt-Jürgen-Strasse

Bremen Somato-Sensorisch-Evozierte Potentiale (TSEP) vom zweiten und dritten

Ast des Nervus trigeminus abgeleitet und ausgewertet. Die Einteilung der Patienten

(n=155) erfolgte in die Kollektive Trigeminusneuralgie (n=80),

Trigeminusneuropathie (n=57) und Atypischer Gesichtsschmerz (n=18).

Bei der Alters- und Geschlechtsverteilung dieser repräsentativen Stichprobe zeigte

sich, daß der neuralgiforme Gesichtsschmerz in überwiegendem Maße eine

Erkrankung der zweiten Lebenshälfte und des weiblichen Geschlechts darstellt. Bei

einem Gesamtdurchschnittsalter von 55,8 Jahren ist der Trigeminusschmerzpatient

mit 59,9 Jahren älter als der Patient mit Atypischem Gesichtsschmerz (53,8 Jahre)

und Trigeminusneuropathie (50,8 Jahre). Weiblichen Geschlechts waren 83,3% der

Patienten mit Atypischem Gesichtsschmerz, 66,7% mit Trigeminusneuropathie und

62,5% mit Trigeminusneuralgie. Bei allen drei Erkrankungsgruppen waren beide

Gesichtshälften gleichermaßen betroffen. Am häufigsten war isoliert mit 41,3% der

dritte und mit 27,7% der zweite Trigeminusast betroffen. Eine Kombination der

Schmerzzustände vom zweiten und dritten bzw. vom ersten und zweiten

Trigeminusast trat in 23,9% und 7,1% der Fälle auf.

Eine Auswertung der TSEP`s zeigte in der Gruppe der Trigeminusneuralgien zu 75%

einen pathologischen Befund; dagegen waren es bei der Trigeminusneuropathie nur

35% und beim Atypischen Gesichtsschmerz 22% der Ableitungen. Zur Auswertung

kamen die N13- und P19-Latenzwerte mit der Amplitudendifferenz (N13/P19) im

Vergleich mit der gesunden Seite und den Normwerten. Auffällig war hierbei, daß

der pathologische Befund in der Hälfte der Fälle bei Neuralgie und Atypischem

Gesichtsschmerz durch eine Latenzverzögerung mit Amplitudenreduktion verursacht

wird, während es bei der Trigeminusneuropathie zu 55% die isolierte

Latenzverzögerung der N13- und P19-Werte ist.

Die statistische Bearbeitung dieser Einzelwerte bei Trigeminusneuralgie mit dem

Dunn`s Multiple Comparisons Test erbrachten ein hochsignifikantes Ergebnis

(p<0,01) bei den N13-Latenzwerten im Seitenvergleich. Zusätzlich signifikant

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(p<0,05) verhalten sich bei dieser Patientengruppe die P19-Latenzwerte und die

Amplitudendifferenzen (N13/P19). Bei den beiden anderen Patientengruppen

(Trigeminusneuropathie, Atypischer Gesichtsschmerz) zeigen die für diese TSEP-

Parameter (N13, P19, N13/P19) durchgeführten Varianzanalysen keine signifikanten

Unterschiede (p>0,05) im Seitenvergleich.

Mögliche Ursachen dieser auffälligen unterschiedlichen Befunde in den

Erkrankungsgruppen wurden diskutiert. In Frage kommen hierbei möglicherweise

eine vaskuläre Kompression der Nervenwurzel im Kleinhirn-Brückenwinkel mit

einer partiellen Demyelinisierung der Achsenzylinder, eine Veränderung des

Einflusses von Neurotransmittern aber auch eine Veränderung der Afferenzen, die

letztendlich auch eine TSEP-Veränderung bewirken.

In Kombination mit dem klinischen Befund stellt die Ableitung von Somato-

Sensorisch-Evozierten Potentialen des Nervus trigeminus eine wertvolle Hilfe bei der

Objektivierung und Differenzierung neuralgiformer Gesichtsschmerzen dar.

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Danksagung

An dieser Stelle möchte ich Herrn Prof. Dr. Dr. Bremerich für die Überlassung des

Themas und für die ständige Gesprächsbereitschaft und individuelle Betreuung

danken. Besonderer Dank gilt auch Frau Dr. Freund (Direktorin des Institutes für

Klinische Neurophysiologie im ZKH Bremen Ost) und ihren Mitarbeitern für die

zusätzliche Betreuung und das Bereitstellen der neurophysiologischen Ergebnisse

aus den TSEP-Untersuchungen. Schließlich danke ich Herrn Prof. Dr. Mühlbauer

(Direktor des Institutes für Klinische Pharmakologie im ZKH Sankt-Jürgen-Strasse

Bremen) für seine freundliche und geduldige Unterstützung bei der statistischen

Auswertung der Ergebnisse.

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Lebenslauf Carsten Schindler

21.09.1962 in Lutherstadt Wittenberg als Sohn des Diplom-Chemikers Dr. Wolfgang Schindler und seiner Ehefrau Marianne Schindler geb. Nehring, geboren 1969 – 1981 Allgemeinbildende Oberschule und Gymnasium Wolfen mit Abschluß Abitur 1981 – 1983 Grundwehrdienst 1983 – 1988 Zahnmedizinstudium an der Martin-Luther-Universität in Halle (Saale) mit Abschluß Staatsexamen und Diplom 01.09.1988 Approbation als Zahnarzt 1988 – 1990 Assistenz-Zahnarzt in der Fachweiterbildung für Medizinische Mikrobiologie und Epidemiologie an der Ernst- Moritz-Arndt-Universität Greifswald 1990 – 1992 Medizinstudium an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald mit Abschluß Staatsexamen 1992 – 1994 Arzt im Praktikum an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald und der Philipps Universität Marburg (Lahn) 01.04.1994 Approbation als Arzt 1994 Ass.-Arzt in der Klinik für Kieferchirurgie der Städtischen Kliniken Oldenburg (Oldb.) 1994 – 1995 Ass.-Arzt in Kieferchirurgischer Praxis mit Belegabteilung im Kreiskrankenhaus Uelzen seit 1995 Ass.-Arzt in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichts- chirurgie des Zentralkrankenhauses Sankt-Jürgen-Strasse Bremen 28.04.1999 Erlangen der Gebietsbezeichnung Zahnarzt / Oralchirurgie 30.05.2001 Facharzt für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie