Die Abtei Pomposa - Persönliche...

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1 Die Abtei Pomposa (lat. Pomposia, [„die Schöne“?]) Benediktinermönche gründeten ca. im 6. Jahrhundert ein klei- nes Kloster. Damals war der Ort wohl im Delta des Po eine kleine Insel, sie war bewaldet und hatte durch ihre Meeresnähe gesundes Klima. Die erste schriftliche Nachricht über das Kloster findet sich in einem Fragment eines Briefes des Papstes Johannes VIII. an Kaiser Ludwig II. im Jahr 874. Kaiser Otto II. nennt in einer Urkunde aus dem Jahr 982 unter den Schenkungen seines Vaters und seiner Mutter auch Pomposa. Abb. 1. Blick auf die Kirche vom Kreuzgang aus Abb. 2. Campanile und Narthex Abb.3. Cattedrale degli Ariani in Ravenna Seine Blütezeit erlebte Pomposa gegen Ende des 10., Anfang des 11. Jahrhunderts: Papst Silvester und Kaiser Otto III. lösten es aus seiner Abhängigkeit von San Salvatore in Pavia und aus der der Oberhoheit der Bischöfe von Ravenna und gaben dem Kloster seine Selbständigkeit. Die Abtei erhielt mehr Privilegien und unter dem charismatischen Abt Guido, der sie von 1008- 1046 leitete, wurde sie zu einem Zentrum geistig- spiritueller Kultur. Berühmte Persönlichkeiten, wie der Musiktheoretiker Guido d’Arezzo und der Kirchen- reformer Petrus Damiani lebten zeitweise im Kloster. Die Abtei mit ihren unverputzten Backsteinwänden gleicht Basiliken in Ravenna, sie ist offensichtlich mit Baumaterial aus Ravenna errichtet. Der älteste Teil ist die Kirche. Die Apsis, die zwischen 752 und 874 entstand, ist innen halbkreisförmig, außen fünfeckig. Im 11. Jahrhundert ließ Abt Guido eine Erweiterung vor- nehmen, die Eingangshalle kam 1026 dazu.

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Die Abtei Pomposa

(lat. Pomposia, [„die Schöne“?])

Benediktinermönche gründeten ca. im 6. Jahrhundert ein klei-

nes Kloster. Damals war der Ort wohl im Delta des Po eine

kleine Insel, sie war bewaldet und hatte durch ihre Meeresnähe

gesundes Klima. Die erste schriftliche Nachricht über das

Kloster findet sich in einem Fragment eines Briefes des Papstes

Johannes VIII. an Kaiser Ludwig II. im Jahr 874. Kaiser Otto

II. nennt in einer Urkunde aus dem Jahr 982 unter den

Schenkungen seines Vaters und seiner Mutter auch Pomposa.

Abb. 1. Blick auf die Kirche vom

Kreuzgang aus

Abb. 2. Campanile und Narthex

Abb.3. Cattedrale degli Ariani in Ravenna

Seine Blütezeit erlebte Pomposa gegen Ende des 10.,

Anfang des 11. Jahrhunderts: Papst Silvester und Kaiser

Otto III. lösten es aus seiner Abhängigkeit von San

Salvatore in Pavia und aus der der Oberhoheit der

Bischöfe von Ravenna und gaben dem Kloster seine

Selbständigkeit. Die Abtei erhielt mehr Privilegien und

unter dem charismatischen Abt Guido, der sie von 1008-

1046 leitete, wurde sie zu einem Zentrum geistig-

spiritueller Kultur. Berühmte Persönlichkeiten, wie der

Musiktheoretiker Guido d’Arezzo und der Kirchen-

reformer Petrus Damiani lebten zeitweise im Kloster.

Die Abtei mit ihren unverputzten Backsteinwänden

gleicht Basiliken in Ravenna, sie ist offensichtlich mit

Baumaterial aus Ravenna errichtet. Der älteste Teil ist

die Kirche. Die Apsis, die zwischen 752 und 874

entstand, ist innen halbkreisförmig, außen fünfeckig. Im

11. Jahrhundert ließ Abt Guido eine Erweiterung vor-

nehmen, die Eingangshalle kam 1026 dazu.

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Abb. 4. Fünfeckige Apsis

Im 12. Jhdt. kamen zwei kleinere Aspiden, in

Halbkreisform dazu, von denen nach Umbauarbeiten nur

noch eine erhalten ist.

Die Kirche selbst ist dreischiffig, das Mittelschiff endet

in der Apsis. Im 18. Jahrhundert wurden zur Stützung

der Seitenschiffe Mauern eingezogen.

Die Vorhalle:

Abb. 5. Vorhalle

Detail: Vorhalle

Detail: Vorhalle

Wegen der vorgebauten Vorhalle, Narthex, ist von

außen nur der obere Teil der Basilika sichtbar. Man

sieht ein einfaches Giebeldach und zwei Bogen-

fenster. Der Narthex hat drei Eingangsbögen und

zwei Rundfenster mit durchbrochenen Verzierungen,

Transennen. Die Wände sind mit eingearbeiteten

Ziegelbändern verziert und geben der Fassade ein

besonders ansprechendes Aussehen. Reliefs, Ranken,

abwechselnd Pflanzen-, Tier- und Figurenmotive

vermitteln einen „orientalischen“ Eindruck.

In den Transennen kann man Greife und einen

Lebensbaum erkennen, man könnte meinen, sie seien

aus Stuck, sie sind aber aus Naturstein. Besonders

auffallend sind die runden Schalen aus farbig glasier-

ter Terrakotta, Majoliken; für deren Herstellung ist

Faenza, es liegt in unmittelbarer Nähe, berühmt, es

gab sogar dem französischen Wort fayence seinen

Namen.

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Detail Abb. 5. Gedenkstein („Mazulo Magister“)

EGO MAZULO MAGIST(er)

QUI FECIT HAEC OPERA VOS O(mn)ES

DEPRECOR UT ORETIS P(ro) ME AD ad

D(omi)N(u)M ET DICATIS .MISERTUS

SIT TIBI OM(ni)P(ten)S D(omi)N(u)S

„Ich, Meister Mazulo, der dies Werk errichtet habe, bitte, dass ihr für mich zum Herrn betet und sagt: der allmächtige Herr möge dir gnädig sein.“

Der Glockenturm:

Abb. 6. Der Glockenturm

Der Turm, errichtet 1063 von Baumeister Deusdedit, hat eine Höhe

von ca. 50m. In den unteren drei Stockwerken sehen die einbögi-

gen Fenster wie Schießscharten aus; mit der Höhe ansteigend

werden sie zwei-, drei- und vierbogig, so dass im letzten Stockwerk

nur mehr Fenster und die Eckpfeiler zu sehen sind. Eine konische

Spitze krönt den Turm, sie ist mit Rundziegeln gedeckt. Der Turm

ist unterteilt mit Lisenen (Mauerblenden) und Halbsäulen.

Orientalisch anmutende Majoliken mit Sonnenmotiven lockern den

roten Backstein auf.

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Die Kirche:

Im Mittelschiff, in der Apsis und an der Westwand

ist ein umfangreiches Bildprogramm zu sehen, das

dem Künstler Vitale da Bologna (14. Jahrhundert)

zugeschrieben wird; in den Seitenschiffen finden

sich ornamentale Dekorationen.

In der Apsis fällt der Blick auf den in der

Mandorla thronenden Christus. Er hält die heilige

Schrift in der linken Hand. „pacem meam do

vobis“ 1 kann man lesen. Seine rechte Hand ist

zum Segen erhoben. Abb. 7. Deckenbild der Apsis

Es umringen ihn oben Engel, darunter Heilige. Am unteren Bildrand halten Engel die Mandorla,

als wäre sie ein fester Gegenstand, zwei blicken auf die Gruppe der heiligen Frauen, die Maria

anführt. Ihr zu Füßen kniet ein Benediktiner. Die eine Hand Marias weist auf ihn, die andere hält

ein aufgerolltes Schriftband, das ihr Anliegen „tuam fili clementiam“2 deutlich zeigt. Direkt neben

ihr steht ein heiliger Mönch mit dem Abtstab. Es ist wohl der heilige Benedikt selbst, oder auch der

Abt Guido- als zweiter Fürbitter für den Knienden. „Die kniende Gestalt ist als Benediktiner

charakterisiert. Mit seiner langen Nase, seinem vorstehenden Kinn, den nach unten gezogenen

Mundwinkeln und dem durchdringenden Blick hat er porträthafte Züge. Eine direkt beigefügte

Inschrift oder ein Attribut, was ihn als bestimmte Person kennzeichnen würde, sind nicht zu sehen.

So bleibt unklar, ob die Figur als pars pro toto die gesamte Mönchsgemeinschaft repräsentiert

oder, was wahrscheinlicher ist, den damals regierenden Abt von Pomposa darstellt. Auf diesen

verwies auch die heute zu großen Teilen zerstörte Inschrift im Rahmenornament unterhalb der

Mandorla, die sich auf das Ausmalungsprojekt bezieht und dabei den regierenden Abt nennt.“ 3

1 Joh.14,27 „meinen Frieden gebe ich euch“.

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Auf der rechten Seite der Mandorla wendet sich einer der Engel, die die Mandorla stützen, kleinen

nackten Figuren zu. Neben ihm steht der Erzengel Michael, der die Seelen wägt. Über dem Bild

hält ein Engel ein Schriftband: „Beati oculi Qui vident que vos

videtis“4 - „ glücklich die Augen, die sehen, was ihr seht“ - am

unteren Bildrand ist „Astra Poli XPS nitet cum carne beata“5 zu

lesen, „wie die Sterne des Himmels glänzt Christus mit seinem

seligen Leib“. Als Symbolik dazu in Entsprechung halten im

Scheitelpunkt der Apsis zwei schwebende Engel einen Clipeus

(Rundschild) mit einem großen Stern.

Mit blauer Farbe wird der Hinweis auf die künftige Welt gegeben,

alle Farben sind zu einem harmonischen Akkord komponiert.

Abb. 8. Detail Apsis: Seelenwägung

Darunter, unter dem heiligen Martin und Johannes dem Täufer, wird die Geschichte des heiligen

Eustachius erzählt. Vielleicht verweist der besondere Ort für die Anbringung dieser Fresken

darauf, dass Eustachius- der Standhafte- in Pomposa besonders verehrt wurde.

Ein römischer Feldherr, Placidus, wird durch eine Erscheinung

Christi im Geweih eines Hirsches bekehrt. Er lässt sich und seine

Familie taufen und nimmt den Namen Eustachius an. Durch eine

Reihe von Prüfungen verliert er seine Familie, findet sie aber

nach sieben Jahren wieder. Weil er sich dann aber weigert, den

heidnischen Göttern zu opfern, erleidet er das Martyrium. Da die

wilden Tiere, denen er zum Fraß vorgeworfen wird, ihn

verschonen, wird er mit seiner Familie in einem glühenden Ofen,

der in Form eines Stieres dargestellt ist, zu Tode gebracht.

Abb. 9. Eustachius

2 „Deine Milde, o Sohn“. 3 S. Hauer, Erneuerung im Bild. Die Benediktinerabtei Pomposa und ihre Wandmalereien des 14. Jahrhunderts, Wiesbaden 1998. 4 Luc.10,23. 5 Offensichtlich ist bei der Restaurierung ut ausgelassen worden.

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Vereint und glücklich, unbeeindruckt vom Scher-

gen, der das Feuer entfacht, sitzen Eustachius,

seine Frau und ihre zwei Söhne im Stier. Ihre

Seelen werden bereits von den Engeln emporge-

tragen.

Abb. 10. Martyrium des Eustachius Im Innenraum tragen unterschiedliche Säulen, die Spolien sind, in der Höhe oder am Boden

angeglichen, mit verschiedenen Kapitellen die Trennwände zwischen Haupt- und Seitenschiffen.

Auf ihnen sieht man von der Apsis ausgehend in drei Reihen Szenen aus der heiligen Schrift. Die

oberste Reihe beider Wände erzählt das Alte Testament, die Reihe darunter das Neue Testament,

die darunterliegende Bildfolge stellt die Apokalypse des Johannes dar. Die Bilder der Reihen

korrespondieren miteinander, oft ist im Alten Testament eine Vordeutung dargestellt, die sich

darunter durch das Neue Testament erfüllt. Die Szenen sind chronologisch aneinander gegliedert,

sie entfalten sich vor den Augen des Betrachters zu einer Geschichte.

Der Sündenfall, das Opfer von Kain und Abel,

der Brudermord und die Sintflut reihen sich an

die Erzählung von Abraham, von Jakob, von

Josef und seinen Brüdern, und kommen an der

nördlichen Wand zu den Geschichten von Moses,

zu David, der Goliath besiegt, zu Daniel in der

Löwengrube und Elias’ Himmelfahrt. Abb. 11. Sündenfall, Kain und Abel, Brudermord

Das Neue Testament erzählt an der südlichen Wand von der Verkündigung Mariae, der Geburt

Christi, der Anbetung der heiligen drei Könige, dem Bethlehemitischen Kindermord und der Flucht

nach Ägypten, der Darbringung im Tempel, der Taufe Christi, der Hochzeit zu Kana, der

Erweckung der Tochter des Jairus, der Erweckung des Jünglings von Nain, und geht an der

nördlichen Wand zur Erweckung des Lazarus über. Es folgt der Einzug in Jerusalem, mit dem die

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Leidensgeschichte Christi beginnt, das Abendmahl und Judas, der Verrat im Garten Gethsemane,

die Kreuzigung, Beweinung und Grablegung, die Frauen am Grab, der ungläubige Thomas, die

Himmelfahrt und eine Darstellung von Pfingsten. Man kann nur staunend betrachten und Kapitel

um Kapitel der Erzählung folgen.

Einige Beispielszenen aus dem Neuen Testament:

Die Hochzeit von Kana:

Vor einem Wandbehang sitzen 6 Personen, Braut und Bräutigam. Christus am rechten Rand, er

spricht mit der neben ihm sitzenden Maria. Das Wunder „erliest“ man, wenn man den Diener sieht,

der aus einem Fass Wasser in die Krüge gießt, während ein anderer Diener aus den Krügen den

inzwischen verwandelten Wein abzapft. Ein bärtiger Gast trinkt, er weiß wohl schon von dem

Wunder. Er deutet auf Christus, der neben ihm sitzende Gast schaut ihn fragend an.

Abb. 12. Christus im Garten Gethsemane Abb. 13. Hochzeit von Kana

Christus im Garten Gethsemane:

Auf dem Bild ist Christus im Gebet zu sehen, im Gespräch mit den Jüngern, wie er verraten und

gefangen genommen wird. Während er betet, erscheint ein Kelch.

„Vater, lass den Leidenskelch an mir vorüber gehen.“ (Luc.22,42) Dann findet er seine Jünger

schlafend und weckt Petrus, indem er ihm die Hand an den Kopf legt. Jesus steht ruhig da, obwohl

von Soldaten mit Waffen umringt. Judas hat ihn gerade umarmt. Er schaut auf Petrus, der einen

Soldaten zu Boden geworfen hat, und zum Hieb ausholt. Jesus hat die Hand ausgestreckt, um

Petrus daran zu hindern.

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Die Apokalypse

In der dritten Reihe beginnt die Erzählung mit

dem schlafenden Johannes.

Off.1,13:

„und sah mitten unter den Leuchtern einen, der

wie ein Mensch aussah; er war bekleidet mit

einem Gewand, das bis auf die Füße reichte,

und um die Brust trug er einen Gürtel aus

Gold.“ Abb. 14. Der schlafende Johannes

Dann sieht man ihn zusammengekauert, das entspricht

Off.1, 17 „als ich ihn sah, fiel ich wie tot vor seinen Füßen nieder.“

Off.1.19 „Schreib auf, was du gesehen hast; was ist und was danach geschehen wird.“

Die Bildabfolge beginnend an der südlichen Wand folgt der Offenbarung und endet an der

nördlichen Wand mit einem Engel, einer Halbfigur ohne Flügel, die von einer Gloriole umgeben

ist.

Off.19.17, Die Bilder der Apokalypse schließt mit dem Bild des Drachen, der im Feuerpfuhl

endet, in den ihn ein mit Speeren bewaffneter Engel gestoßen hat und dort festhält, entsprechend

Off.19, 20-21; 20,10.

Abb. 15. Tiere der Apokalypse (Off. 17,7) So spannt sich von der Apsis ausgehend auf beiden Seiten die Erzählung und findet ihren

Abschluss in der Darstellung des Jüngsten Gerichts, die an der Westwand über und um das Portal

zu sehen ist.

Matth.24, 30-31: „Danach wird das Zeichen des Menschensohns am Himmel erscheinen; dann

werden alle Völker der Erde jammern und klagen, und sie werden den Menschensohn mit großer

Macht und Herrlichkeit auf den Wolken des Himmels kommen sehen. Er wird seine Engel unter

lautem Posaunenschall aussenden, und sie werden die von ihm Auserwählten aus allen vier Wind-

richtungen zusammenführen, von einem Ende des Himmels bis zu dem anderen.“

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In der Mitte sitzt Christus in einer strahlenden Mandorla zu

Gericht. Seine Rechte zeigt eine aufnehmende Geste, seine

Linke eine abweisende. Beisitzende Apostel umgeben ihn,

über ihm sind Posaunenengel zu sehen. Weiter unten, zu

seiner Rechten mit der aufnehmenden Geste, führt ihm ein

Engel sechs Selige zu. Unter seiner abweisenden Linken

treibt ein Engel die Sünder in die Hölle, in der grauenvolle

Bestrafungen zu sehen sind. Der riesige Kopf Luzifers, mit

Bockshörnern ist über einem Feuerkessel zu sehen. Luzifer

leckt sich schon die Lippen. Im Gegensatz zu dieser Szene

repräsentieren auf der entsprechenden linken Seite die drei

Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob das Paradies. Ein

eigens gerahmtes Bildfeld direkt daneben zeigt die Figur Abb. 16. Das Weltgericht

eines Benediktiners, der einen Nimbus trägt, - es handelt sich wohl um den heiligen Benedikt- und

sich einer viel kleineren Figur, die ebenfalls ein Benediktinergewand trägt,- wohl der Abt Guido-

zuwendet. Auf der entsprechenden anderen Seite ist ebenfalls ein Bildfeld eingefügt. Es zeigt eine

männliche, mit Lendenschurz bekleidete Gestalt.6 Genau über Christus, dem Richter, steht wieder

Christus in einer Mandorla, seine Rechte ist zu segnender Geste erhoben, in seiner Linken trägt er

die Heilige Schrift. Er ist von Engeln umringt, in einem Band zu seinen Füßen scharen sich

Heilige und Selige. In der linken Ecke, neben dem

Fenster, sieht man eine mittelalterliche Stadt, deren

Tore geöffnet sind. Durch das darüber schwebende

Medaillon und Lamm ist die Stadt als das himmli-

sche Jerusalem zu identifizieren.

( Off. 21,1-22,5)

Detail: Abb. 16.

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Der Fußboden:

Der erste Abschnitt, das Mosaik vor dem Altar, zeigt ineinander verflochtene Kreise und Quadra-

te. Innerhalb der Quadrate finden sich Knoten und kreuzförmige Geflechte. Der zweite Abschnitt

wirkt geometrisch, eine Binde läuft um einen Kreis in der Mitte, darin ein Kreuz, in dessen Mitte

das Wappen der Abtei. Auf dem Arm des Kreuzes ist das Einweihungsdatum, der 7. Mai 1026

eingeschnitten.

Abb. 17. Fußboden vor dem Altar

Der dritte Abschnitt zeigt ein Band, das drei Paare von Tieren umschlingt, Adler, Hirsche, Pfauen.

Darunter Fabeltiere, Löwe, Drache und Hirsch. Darunter ein Tier, das wie ein Elefant aussieht.

Der vierte Abschnitt ist geometrisch. Um einen

Innenkreis, in den eine Rose gesetzt ist, sieht man

weitere Kreise, mit geometrischen, sich wieder-

holenden Mustern. Vom Innenkreis, gehen Stern-

achsen aus, die im äußeren Umrandungskreis enden.

Weihwasserbecken stehen rechts und links, kniende

Figuren tragen die Schalen.

Detail: Abb. 18.

Abb. 18. Vierter Fußbodenabschnitt

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Das Refektorium:

Der Bilderzyklus wird Pietro da Rimini, 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts, zugeschrieben. Leider ist

die Dekoration nicht mehr in allen Teilen erhalten.

Christus, in der Linken das aufgeschlagene Evangelienbuch, die Rechte zum Segen erhoben, sitzt

zwischen Maria und Johannes. Maria hat die Hände in Orantenstellung, Johannes hält eine offene

Schriftrolle in der Hand mit der Inschrift „ ECCE AGNUS DEI Q(UI) TO(LLIT) P(ECCATUM

MUNDI)“7. Benedikt und Guido stehen daneben. Beide haben Bischofsstäbe ihn der Hand.

Die sündige Menschheit kann nur durch

Gottes Gnade errettet werden und braucht

noch besondere Fürsprecher vor Gott. Die

drei Gestalten, die heilige Gottesmutter,

Christus und der Vorläufer Jesu, Johannes

der Täufer, bilden schon seit dem

sechsten Jahrhundert eine in der byzan-

tinischen Kunst als Deesis bezeichnete

ikonographische Figur.

Abb. 19. Deesis8

Abb. 20. Deesis (15. Jhdt.)

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Abb. 21. Letztes Abendmahl

Das letzte Abendmahl, ein überaus

passendes Bild für den Zweck dieses

Raumes. Johannes sitzt direkt zur Linken

Jesu, alle Jünger haben einen Nimbus.

Der Jünger, der Jesus gegenüber sitzt,

führt als einziger einen Bissen zum

Mund, sein Nimbus ist als einziger grau,

es ist Judas. (Markus 14, 18.) „einer von

euch wird mich verraten und ausliefern,

einer von denen, die zusammen mit mir

essen.“

Die gemalten, doch wie echt wirkenden

Säulen, die die einzelnen Szenen gliedern,

verbinden sie zugleich.

Guido verwandelt Wasser in Wein. Der Mann, der

erschrocken vor ihm zurückweicht, ist Gebhard, der

Erzbischof von Ravenna. Die Mönche Guidos blicken

zu ihrem Abt, sie wissen, dass er Wunder wirken kann.

Die Würdenträger zur Rechten des Bischofs kommen-

tieren das Geschehnis. Wie das Bild des letzten

Abendmahles ist auch dieses überaus passend gewählt

worden.

Abb. 22. Das Wunder d. Hl. Guido

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Kapitelsaal:

Abb. 23 und Abb. 24. Blick auf die östliche Wand

Die mehrfigurige Kreuzigungsdarstellung an der Ost-

wand ist das zentrale Bild des Raumes. Die beiden

flankierenden Figuren stellen Petrus und Paulus dar.

Paulus ist durch das Schwert gekennzeichnet, bei der

Figur des Petrus kann man, da der obere Teil der

Figur zerstört ist, nur noch den ockerfarbigen Mantel

und den unteren Teil des Stabes erkennen.9

Die beiden Figuren daneben sind Guido auf der

rechten Seite, und auf der linken Seite der heilige

Benedikt.

Die anschließenden Figurenpaare, die in einer Art

Biforien stehen, sind monochrom dargestellt und

wirken wie Skulpturen. Ihre Namensinschriften sind

kaum zu entziffern, zumal sie bei der Restaurierung

verunklärt wurden. S. Hauer10 führt sie wie folgt an:

Auf der südlichen Wand sind jeweils als Paare Moses

und David, Jesaja und Jeremias, Habakuk und Joel,

auf der nördlichen Johannes der Täufer und Sacharja,

Daniel und Hosea, Amos und Sophonias (Johannes)

dargestellt. David wird als Rex, alle anderen dagegen

werden als Propheta bezeichnet.“

Abb. 25. Hl. Benedikt

Abb. 26. Propheten

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Die Abtei Pomposa in ihrem heutigen Erscheinungsbild muss als Ergebnis einer Reihe von

Bauarbeiten gesehen werden, die im 8. Jahrhundert begannen - der Freskenzyklus kam im 14.

Jahrhundert dazu-und mit der Restaurierung im 20. Jahrhundert endeten.

Der Eindruck, den Pomposa auf einen Betrachter, der die Bilder in ihren Farbharmonien auf sich

wirken lässt, der sich von den Szenen der Heiligen Schrift, vom Schrecken des Jüngsten

Gerichts, aber vor allem von dem friedvollen Apsisbild mit seiner Heilsvision berühren lassen

kann, ist ein ganz besonderer.

So hat die Abtei den Namen, den sie verdient: Pomposa.

Die Kreuzigungsdarstellung:

Christus hängt am Kreuz, sein Kopf ist schon nach

vorne gesunken. Er ist bereits tot. Engel umschweben

das Kreuz. Sie tragen Schalen in der Hand, einer trägt

die Hände gefaltet. Unter dem Kreuz, zur Rechten

Christi sieht man Maria, die im Zusammenbrechen

von ihren Begleitern, Johannes und Maria, der Frau

des Kleophas, aufgefangen und gestützt wird. Zu

Christi Füßen kniet Maria Magdalena und küsst das

Suppedaneum. Hinter ihr ein Hauptmann, seine Hand

verweist auf den Gekreuzigten. Auch er trägt einen

Nimbus, wohl um dem Betrachter zu vermitteln, dass

er Christus erkannt hat. Hinter ihm stehen Soldaten

mit Lanzen und einer Fahne.

Abb. 27. Die Kreuzigung

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Quellenverzeichnis:

BRESCHI, M.G., La cattedrale ed il battisterio degli Ariani, edizione „Dante“, Quaderno N.6, Ravenna 1965.

DI FRANCESCO, C., Die Abtei und das Museum von Pomposa. (Führer durch die Abtei Pomposa, herausgegeben vom Mueso Pomposiano), o.O, o.J.

HAUER, S., Die Benediktinerabtei Pomposa und ihre Wandmalereien des 14. Jhdt., Wies-baden 1998.

MISTRORIGO, T., Die Abtei von Pomposa, Bologna 1961.

MÜLLER-EBELIN, C., RÄTSCH, C., ZLATOHLAVEK, M., Das Jüngste Gericht, Fresken, Bilder Gemälde, Düsseldorf 2001.

SALMI, M., Die Abtei von Pomposa, Rom 1954.

Abbildungsverzeichnis:

Abb.1 Mistrorigo 4

Abb. 2 di Francesco 20

Abb. 3 Breschi 30

Abb. 4 Mistrorigo 5

Abb. 5 di Francesco 22

Abb. 6 eigenes Bild

Abb. 7 di Francesco 42

Abb. 8 Hauer Abb.55

Abb. 9 di Francesco 44

Abb. 10 di Francesco 43

Abb. 11 Hauer Abb.38

Abb. 12 Mistrorigo 20

Abb. 13 Mistrorigo 18

Abb. 14 Hauer Abb.45

Abb. 15 Mistrorigo 20

Abb. 16 di Francesco 47

Abb. 17 di Francesco 38

Abb. 18 di Francesco 32

Abb. 19 di Francesco 71

Abb. 20 Müller Ebeling 102

Abb. 21 di Francesco 71

Abb. 22 Mistrorigo 31

Abb. 23 Hauer Abb.4

Abb. 24 Hauer Abb.3

Abb. 25 Mistrorigo 27

Abb. 26 di Francesco 60

Abb. 27 di Francesco 60

Tamara Frömel, Karin Weseslindtner