Die Ahrntaler Schwärzer - Tageszeitung - 20.07.2012

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Freitag, 20. Juli 2012 – Nr. 141 28 GESCHICHTE AM FREITAG > Redaktion Geschichte am Freitag: Christoph Franceschini – [email protected] von Renzo Caramaschi Z ahlreiche menschliche Tragö- dien haben sich in den letzten Jahrhunderten im Keilbachtal ereig- net. Gegen Ende des Zweiten Welt- kriegs wählten Soldaten der Wehr- macht, um in die in Trümmern lie- gende deutsche Heimat zurückzu- kehren und den Gefangenenlagern der Alliierten zu entgehen, den Weg durch das Ahrntal als Abkürzung. Viele überquerten das leicht zu be- gehende, häufig begangene Krimm- ler-Tauern-Joch, andere ließen sich von ortskundigen Einheimischen über das Keilbachjoch begleiten. Ei- nige wenige holten summarische Auskünfte ein und wagten den Al- leingang. So stürzte ein aus Berlin stammender Soldat in den ersten Maitagen des Jahres 1945 tödlich ab. Das Keilbachtal hat ein teilweise in- stabiles Gelände, wie alle Seitentä- ler des Ahrntals. Gefährlich ist es gegen den sich verengenden Tal- schluss hin. Hier gingen viele Berg- stürze nieder, furchterregend die in den Jahren 1748 und 1857. Auch das Hochwasser im Mai 1940 oder der riesige Bergrutsch im Jahr 1951 ge- hörten zu den Katastrophen, die Menschenleben forderten und un- geheure Schäden anrichteten. Bis heute unvergessen ist der Schmuggel durch das Keilbachtal geblieben. Geschmuggelt wurde nach dem Ersten und auch nach dem Zweiten Weltkrieg, von 1946 bis 1958. Die Schwarzhändler muss- ten „sich ducken“, mussten „lau- ern“ und „sich versteckt halten“ – alles Bedeutungen des niederdeut- schen Wortes „smuggeln“, auf das die Etymologie von „Schmuggeln“ zurückgeführt wird. N ach dem Ersten Weltkrieg, un- mittelbar nach dem Anschluss Südtirols an Italien, kam im Schmuggel auch die feindselige Hal- tung gegenüber dem italienischen Staat zum Ausdruck, diesem histori- schen Feind Österreichs (die Risor- gimentokämpfe gegen die Habsbur- ger, um das Lombardisch-Veneti- sche Königreich dem Savoyerstaat anzuschließen, waren den Men- schen in Erinnerung geblieben). Die Einheimischen sahen im Schwarz- handel nichts Ungesetzliches, denn sie betrachteten das Gebiet, das durch die neue Grenze zerrissen worden war, noch als eine Einheit. Die Einschränkungen wurden als ungerechtfertigte Präsenz, ja als Übergriffe des neuen, schlecht ge- duldeten und verhassten Staates wahrgenommen. Dazu kamen die bürokratischen Schwierigkeiten bei den Bewilligungen zur Trans- humanz, die hier traditionsgemäß seit Jahrhunderten betrieben wur- de. Oft trafen die Genehmigungen wegen der komplizierten Verwal- tungsverfahren spät oder zu spät ein. Und gewiss wurden diese Be- ziehungen nicht durch die Haltung erleichtert, die der italienische Staat der ortsansässigen Bevölke- rung gegenüber einnahm. Nach 1924 kam zu der angeborenen Langsamkeit der staatlichen Appa- ratur auch noch der ausdrückliche Wille zur Durchsetzung der „italia- nità“, des „italienischen Wesens“, seitens der faschistischen Regie- rung. Das Territorium wurde so streng kontrolliert, dass sich in den 20er- und 30er-Jahren auch einfa- che Wanderer und Hochtouristen, die diese Gebiete „von militäri- schem Interesse“ zum Ziel hatten, einen besonderen Ausweis zum „tu- rismo alpino“ beschaffen mussten. Er wurde Mitgliedern des Italieni- schen Alpenvereins CAI und ande- rer Körperschaften auf ein Gesuch mit Stempelmarke ausgestellt und war mit einem Foto versehen. Die betreffenden Personen mussten der „Reale Questura di Pubblica Sicu- rezza“ ihr Ziel und den vorgesehe- nen Termin mitteilen. Es war strengstens verboten, Fotos von den Bergen zu machen und Informatio- nen über die Ortschaften einzuholen – soweit man nicht über eine ent- sprechende Genehmigung verfügte, in der die Marke und das Format des Fotoapparats angegeben waren und mit der man sich bereit erklär- te, die Negative und die Abzüge der Aufnahmen den Militärbehörden zu übergeben. Der Vorstand der Südti- roler CAI- Sektion wurde darüber hinaus vom faschistischen Regime durch eine kommissarische Verwal- tung ersetzt, und der nach Bozen entsandte Staatssekretär des Kriegsministeriums verpflichtete die CAI-Mitglieder, sich nicht mehr als „Alpinisten“, sondern als „Alpi- ni“ zu bezeichnen. Die Einschränkung der Bewegungs- freiheit wurde als Übergriff in die ei- gene, überlieferte Lebensweise an- gesehen. Seit Jahrhunderten waren über die Pässe Waren ausgetauscht worden, ja in den mageren 20er-Jah- ren wurde Schwarzhandel geradezu als ein Recht angesehen, das aber nun von den neuen „italienischen Herren“ verboten oder übermäßig reglementiert wurde. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg dage- gen war man sich voll bewusst, mit dem Schmuggel die Gesetze zu bre- chen. Doch man konnte damit gut verdienen. Das war alles. B eim Aufstieg durch das Tal wagt man kaum zu glauben, dass das Keilbachjoch damals einen Übergang für den Schwarzhandel dargestellt hat. Die Schmuggler setzten ihr Leben aufs Spiel. Die Ge- fahr zu sterben war sehr viel größer als jene, für das (unwahrscheinliche) Ertappt-Werden auf frischer Tat be- straft zu werden. Nach dem Keil- bachjoch begaben sich die Schmuggler durch die Stilluppe nach Mayrhofen in Österreich hin- unter, wo sie ihre Waren verkauften und sich mit Saccharin und Zigaret- Die Ahrntaler Schwärzer Jahrzehntelang blühte am Ahrntaler Keilbachjoch der Schmuggel. Saccharin, Zigaretten und Autoreifen wurden im Winter und Sommer vom Zillertal nach Südtirol gebracht. Der Bozner Autor Renzo Caramaschi hat die Geschichte von Hunger, Not und Abenteuer nachgezeichnet. „Die Einheimischen sahen im Schwarzhandel nichts Ungesetzliches.“ Keilbachjoch: 60 Kilo auf dem Buckel

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Die Ahrntaler Schwärzer - Tageszeitung - 20.07.2012

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Freitag, 20. Juli 2012 – Nr. 14128 GESCHICHTE AM FREITAG

> Redaktion Geschichte am Freitag: Christoph Franceschini – [email protected]

von Renzo Caramaschi

Zahlreiche menschliche Tragö-dien haben sich in den letzten

Jahrhunderten im Keilbachtal ereig-net. Gegen Ende des Zweiten Welt-kriegs wählten Soldaten der Wehr-macht, um in die in Trümmern lie-gende deutsche Heimat zurückzu-kehren und den Gefangenenlagernder Alliierten zu entgehen, den Wegdurch das Ahrntal als Abkürzung.Viele überquerten das leicht zu be-gehende, häufig begangene Krimm-ler-Tauern-Joch, andere ließen sichvon ortskundigen Einheimischenüber das Keilbachjoch begleiten. Ei-nige wenige holten summarischeAuskünfte ein und wagten den Al-leingang. So stürzte ein aus Berlinstammender Soldat in den erstenMaitagen des Jahres 1945 tödlich ab.Das Keilbachtal hat ein teilweise in-stabiles Gelände, wie alle Seitentä-ler des Ahrntals. Gefährlich ist esgegen den sich verengenden Tal-schluss hin. Hier gingen viele Berg-stürze nieder, furchterregend die inden Jahren 1748 und 1857. Auch dasHochwasser im Mai 1940 oder derriesige Bergrutsch im Jahr 1951 ge-hörten zu den Katastrophen, dieMenschenleben forderten und un-geheure Schäden anrichteten.Bis heute unvergessen ist derSchmuggel durch das Keilbachtalgeblieben. Geschmuggelt wurdenach dem Ersten und auch nachdem Zweiten Weltkrieg, von 1946bis 1958. Die Schwarzhändler muss-

ten „sich ducken“, mussten „lau-ern“ und „sich versteckt halten“ –alles Bedeutungen des niederdeut-schen Wortes „smuggeln“, auf dasdie Etymologie von „Schmuggeln“zurückgeführt wird.

Nach dem Ersten Weltkrieg, un-mittelbar nach dem Anschluss

Südtirols an Italien, kam imSchmuggel auch die feindselige Hal-tung gegenüber dem italienischenStaat zum Ausdruck, diesem histori-schen Feind Österreichs (die Risor-gimentokämpfe gegen die Habsbur-ger, um das Lombardisch-Veneti-sche Königreich dem Savoyerstaatanzuschließen, waren den Men-schen in Erinnerung geblieben). DieEinheimischen sahen im Schwarz-handel nichts Ungesetzliches, dennsie betrachteten das Gebiet, dasdurch die neue Grenze zerrissenworden war, noch als eine Einheit.Die Einschränkungen wurden alsungerechtfertigte Präsenz, ja alsÜbergriffe des neuen, schlecht ge-duldeten und verhassten Staateswahrgenommen. Dazu kamen diebürokratischen Schwierigkeitenbei den Bewilligungen zur Trans-humanz, die hier traditionsgemäßseit Jahrhunderten betrieben wur-de. Oft trafen die Genehmigungenwegen der komplizierten Verwal-tungsverfahren spät oder zu spätein. Und gewiss wurden diese Be-ziehungen nicht durch die Haltungerleichtert, die der italienischeStaat der ortsansässigen Bevölke-rung gegenüber einnahm.

Nach 1924 kam zu der angeborenenLangsamkeit der staatlichen Appa-ratur auch noch der ausdrücklicheWille zur Durchsetzung der „italia-nità“, des „italienischen Wesens“,seitens der faschistischen Regie-rung. Das Territorium wurde sostreng kontrolliert, dass sich in den20er- und 30er-Jahren auch einfa-che Wanderer und Hochtouristen,die diese Gebiete „von militäri-schem Interesse“ zum Ziel hatten,einen besonderen Ausweis zum „tu-rismo alpino“ beschaffen mussten.

Er wurde Mitgliedern des Italieni-schen Alpenvereins CAI und ande-rer Körperschaften auf ein Gesuchmit Stempelmarke ausgestellt undwar mit einem Foto versehen. Diebetreffenden Personen mussten der„Reale Questura di Pubblica Sicu-rezza“ ihr Ziel und den vorgesehe-nen Termin mitteilen. Es warstrengstens verboten, Fotos von denBergen zu machen und Informatio-nen über die Ortschaften einzuholen– soweit man nicht über eine ent-sprechende Genehmigung verfügte,in der die Marke und das Formatdes Fotoapparats angegeben warenund mit der man sich bereit erklär-te, die Negative und die Abzüge derAufnahmen den Militärbehörden zuübergeben. Der Vorstand der Südti-

roler CAI- Sektion wurde darüberhinaus vom faschistischen Regimedurch eine kommissarische Verwal-tung ersetzt, und der nach Bozenentsandte Staatssekretär desKriegsministeriums verpflichtetedie CAI-Mitglieder, sich nicht mehrals „Alpinisten“, sondern als „Alpi-ni“ zu bezeichnen. Die Einschränkung der Bewegungs-freiheit wurde als Übergriff in die ei-gene, überlieferte Lebensweise an-gesehen. Seit Jahrhunderten warenüber die Pässe Waren ausgetauschtworden, ja in den mageren 20er-Jah-ren wurde Schwarzhandel geradezuals ein Recht angesehen, das abernun von den neuen „italienischenHerren“ verboten oder übermäßigreglementiert wurde. In den Jahrennach dem Zweiten Weltkrieg dage-gen war man sich voll bewusst, mitdem Schmuggel die Gesetze zu bre-chen. Doch man konnte damit gutverdienen. Das war alles.

Beim Aufstieg durch das Talwagt man kaum zu glauben,

dass das Keilbachjoch damals einenÜbergang für den Schwarzhandeldargestellt hat. Die Schmugglersetzten ihr Leben aufs Spiel. Die Ge-fahr zu sterben war sehr viel größerals jene, für das (unwahrscheinliche)Ertappt-Werden auf frischer Tat be-straft zu werden. Nach dem Keil-bachjoch begaben sich dieSchmuggler durch die Stilluppenach Mayrhofen in Österreich hin-unter, wo sie ihre Waren verkauftenund sich mit Saccharin und Zigaret-

Die Ahrntaler SchwärzerJahrzehntelang blühte am Ahrntaler Keilbachjoch der Schmuggel. Saccharin, Zigaretten und Autoreifen

wurden im Winter und Sommer vom Zillertal nach Südtirol gebracht. Der Bozner Autor Renzo Caramaschi hat die Geschichte von Hunger, Not und Abenteuer nachgezeichnet.

„Die Einheimischen sahen im Schwarzhandel nichts Ungesetzliches.“

Keilbachjoch: 60 Kilo auf dem Buckel

Freitag, 20. Juli 2012 – Nr. 14129GESCHICHTE AM FREITAG

ten eindeckten. Es handelte sich umjunge Männer aus dem Tal, die je-den Winkel kannten und sich sicherfühlten, vielleicht auch aus Liebe zugefahrvollen Abenteuern. Es waren Bauern, die sich dann undwann in Schwarzhändler verwan-delten. Sie steckten – allerdingsnicht immer – mit den Einheimi-schen unter einer Decke, und diewussten zu schweigen. Ihr Tun wur-de meist stillschweigend geduldet.Doch Neid und Missgunst des einenoder anderen Landsmanns wegenalter Familienstreitigkeiten legtenden Schmugglern oft Steine in denWeg. Ein Glas zuviel an der Bar undein Wort zuviel, und die Ordnungs-hüter konnten wertvolle Informatio-nen sammeln, um dem Schwarzhan-del entgegenzuwirken. Mühsame,geduldige Kontrollen an einem Eng-pass im Tal brachten allerdings nurselten die erhofften Resultate. DieAufpasser waren nicht ortskundigund nicht ans Bergsteigen gewöhnt.Gewiss, es war ein „rustikaler“Schmuggel. Aus den Erzählungenvon Seppl Leiter, einem der tüch-tigsten „Schwärzer“, spricht dasBewusstsein, dass es sich um etwasGesetzwidriges handelte. Aber die-se Erkenntnis wird heute von derErinnerung an vergangene Zeitenabgeschwächt. Was bleibt, ist derStolz auf die körperliche Leistungund die mentale Herausforderung.Vollmondnächte im Winter, der Auf-stieg durch das von Eis und Schneebedeckte Tal, der Übergang überdas Keilbachjoch, um am frühenMorgen in Mayrhofen anzulangen:Das war eine große Leistung, wärees auch heute noch. Und das alles

mit 35 Kilo Waren im Rucksack, derSeppl bisweilen auch mit 60 Kilo.Dann der Rückweg, die Ankunft inden hoch über St. Johann, Steinhausund Luttach gelegenen Berghöfenam späten Nachmittag. Das Gebirgebei Nacht zu ertragen ist eine Bela-stungsprobe für die menschlichePsyche. Es ist eine drohende Masseaus Fels und Eis. Keine Spur von Sa-ligen, keine Spur von hilfsbereitenZwergen. Nur feuchter Wind, derdurch das dunkle Tal pfeift. Schneeund Eis schwächen die Mühe nichtab, sondern nur die Erinnerung andas Risiko. Oder vielleicht schläfernsie sie ein!Ein armseliger Schwarzhandel, hart,mühsam und äußerst gefährlich imWinter bis in das Frühjahr hinein,wenn immer wieder Lawinen nieder-gehen, und in den kurzen Sommern,wenn Felsen herabstürzen.

Wie oft in einem Jahr ging es überdie Grenze? Schwer zu sagen. Dashing von der körperlichen Verfas-sung ab, von der Bravour desSchmugglers und den Witterungs-verhältnissen. Seppl Leiter gingauch zweimal in der Woche, abernur selten über das Keilbachjoch.Er zog das Frankbachtal vor.

Der Schmuggel über das Keil-bachjoch und die benachbarten

Pässe hatte nichts Romantisches ansich. Was zählte, waren einzig Kraft

und aufmerksames Sich-Fortbewe-gen. Fünf Transporte brachten soviel ein wie ein Jahr Arbeit auf demBerghof. Aber die Mütter, die Frau-en und die Töchter lebten immer inUnruhe und Beklommenheit.Der Schmuggel war eine Unter-grundwirtschaft, eine direkte Kon-frontation des Menschen mit derNatur. Nicht aus Gewinnsucht,sondern „um zu überleben“, denn„das täglich Brot liegt hintermJoch“, wie es früher einmal hieß.

Peter Leiter, der „AbfoltoheislPiëto“ kam am 31. Oktober

1910 zur Welt. Er starb über 100-jährig im März 2011. Und schon mit18 ging er schmuggeln. Meistens al-lein, hin und wieder mit Gefährten.In seiner Kraxe hatte er auch But-ter, die er drei Lire das Kilo bezahlthatte, um sie für sieben Lire zu ver-

kaufen. Er ging schmuggeln, wennNot war. Dann natürlich auch Sac-charin, Tabak und Feuerzeuge. Erhatte keine Angst, verhaftet zu wer-den, auf jeden Fall nicht auf derösterreichischen Seite, wo derSchwarzhandel in gewisser Hin-sicht geduldet wurde und dieGrenzwächter den Schmugglernfreundschaftlich entgegenkamen,mit ihnen manchmal auch auf derKasseler Hütte einkehrten. Ein einziges Mal wurde er verhaftet,weil „neidische“ Landsleute ihn an-gezeigt hatten. Sie waren zu siebtund wurden zu zwei Jahren Gefäng-nis verurteilt, von denen ihnen – nacheinem sündteuren gerichtlichen Ver-fahren – nur sieben Monate erlassenwurden. Und wie sie viele andere,darunter auch der heute verstorbeneDavid Gruber „Stina Tafit“ oder Pe-ter Gruber „Lechn Piëto“. Ähnliche Geschichten mit einemgemeinsamen Nenner: Armut undHunger. Angst nur bei Schlecht-wettereinbrüchen, wie sie in dieserGegend häufig sind. So erzählt Pe-ter Gruber: „Die größte Gefahrwar das schlechte Wetter. Es istunvorstellbar, was sich bei Unwet-ter ereignen kann. Man siehtnichts mehr, es ist furchtbar kalt,Eis auf dem Gesicht ... schrecklich... aber wir waren sehr zäh.“ Einfa-che Männer mit einfachen Ge-wohnheiten, die beim ErzählenPausen einlegen und sich mit Stillean das Leiden erinnern.Neben dem traditionellen Schmug-gel gab es – wie der Enkel eines al-ten Schmugglers aus Steinhaus er-zählt – eine kurze Zeit lang auch denSchwarzhandel mit Autoreifen. Dasist glaubhaft, denn Österreich war

nach dem Zweiten Weltkrieg bisMai 1955 von den Alliierten besetzt,die zusammen mit der Sowjetunionfür seine Neutralität garantierten.Wo es Truppen und Truppenfahr-zeuge gibt, ist immer Schwarzhan-del zu verzeichnen, wenn auch oftnur als Randerscheinung. Über das Keilbachjoch gingen Au-toreifen, vier pro Träger. Die ersteSchmuggeltour nahm ein tragiko-misches Ende: Zwei befreundeteSchmuggler, die vom Aufstieg undvom Gewicht der Reifen erschöpftwaren, kamen, um Kräfte zu spa-ren, auf die brillante Idee, sie denHang herabrollen zu lassen. Mit ei-nem katastrophalen Ergebnis: Ei-nige Reifen gingen ganz verloren,während die anderen von denschneidend scharfen Kanten derFelsblöcke, von denen das Talübersät ist, zerfetzt wurden.

Das Buch

„In den Bergen desAhrntales. 40Wanderungen mitkurzen Eindrückenzu Natur, Kulturund Geschichte.“ Caramaschi,Bozner Autor und passionierterBergsteiger, hat sich mittlerweile imAhrntal eine zweite Heimat geschaf-fen – ideale Voraussetzung, um dieschönsten Touren auszuwählen: 40stellt er im vorliegenden Band vor,insgesamt 544 Kilometer Wegstrek-ke und 38 Kilometer Höhenunter-schied, allein durchwandert oder be-gleitet von Bauern des Tales, Alpini-sten oder ehemaligen Schmugglern.Immer mit dabei ist seine Leica, mitder er die Schönheiten der Berg-landschaft in eindrucksvollen Bildernfestgehalten hat. Erschienen ist dasBuch in der „edition reatia“.

„Über das Keilbachjoch gingen Autoreifen, vier pro Träger. Die ersteSchmuggeltour nahm ein tragikomisches Ende: Zwei befreundete

Schmuggler, die vom Aufstieg und vom Gewicht der Reifen erschöpftwaren, kamen, um Kräfte zu sparen, auf die brillante Idee,

sie den Hang herabrollen zu lassen.“

Ahrntaler Schmuggler (1935):

Links steht Peter Leiter