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Industrie Energy, Utilities & Mining *connectedthinking Die Annäherung zwischen physischen und finanziellen Commodity-Märkten Commodity-Risiken in der Energiewirtschaft

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IndustrieEnergy, Utilities & Mining

*connectedthinking

Die Annäherung zwischenphysischen und finanziellenCommodity-MärktenCommodity-Risiken in der Energiewirtschaft

1 Einführung

2 Neue Herausforderungen für die Energiewirtschaft 2 Preisvolatilität3 Veränderungen der weltweiten Handelsstrukturen3 Geopolitische Risiken4 Emissionsrechtshandel5 Wetterrisiken6 Veränderungen der Regulierung des Rohstoffhandels

7 Bewältigung der Herausforderungen für Energieversorger7 Neue Erzeugungskapazitäten7 Sicherung der Brennstoffversorgung8 Erzeugungsoptimierung8 Nachfrage nach langfristigen Lieferverträgen und Kapazitätsvereinbarungen9 Veränderte Kundenservices9 Wetterrisiken10 Bewertung von langfristigen Verträgen10 Bewertung von Gasbezugsverträgen11 Preisvolatilität und Hedging

13 Antworten auf die Herausforderungen13 Eigenhandel13 Asset-basierter Handel zur Optimierung14 Hedging14 Wird Hedging von den Anteilseignern verstanden und geschätzt?16 Wie wird die Risikotragfähigkeit in der Praxis angewendet?19 Anwendung der Hedgingstrategie19 Fazit

20 Einbettung von Commodity-Risikomanagement in die Organisation 20 Organisatorische Gestaltung und Prozesse21 Wesentliche Unterschiede zwischen externem und internem Reporting22 Rechnungslegung / Bilanzierung nach IFRS24 Rechnungslegung / Bilanzierung nach HGB/BilMoG25 Bewertung26 Steuern

27 Wie kann PwC helfen?

28 Ansprechpartner

Inhalte

Durch diese Änderungen sind Unternehmen neuenRisiken ausgesetzt, die eine Überprüfung und ggf.Neuausrichtung der Risikostrategie und desRisikomanagements erfordern. Unternehmen müssendas Marktumfeld verstehen und in diesem tätig werdenin einer Art und Weise, die mit ihren unternehmerischenZielen und ihrem Risikoappetit im Einklang stehen. Einwesentlicher Punkt ist, dass der Rahmen für dasRisikomanagement, die Kontrollen und Systemevorhanden sind, um diese Risiken effektiv und effizientzu steuern.

Unsere Studie betrachtet die neuen Herausforderungenan das Commodity-Risikomanagement vonUnternehmen aus der Energiewirtschaft. Es werdenwesentliche Fragestellungen untersucht wie die Rolledes Energiehandels und der Hedging-Aktivitäten in derUnternehmensstrategie sowie einzelne Bereiche wieOrganisationsstrukturen, Steuern, Bewertung undBilanzierung. Abschließend werden wir darstellen, wasein Unternehmen in diesem Umfeld zur Einführungeines effektiven Risikomanagements unternehmensollte.

Die physischen und finanziellen Commoditymärkte inder Energiewirtschaft haben sich wesentlichangenähert und der Zusammenhang dieser Märktehat sich in den letzten 5 Jahren erheblich erhöht, wasjedoch auch die Komplexität gesteigert hat.

Steigende Liquidität der Märkte, die umfangreichereTeilnahme von Finanzinstituten an diesen Märktensowie neue Börsen und neue Produkte (z.B.Emissionsrechte) haben zur gestiegenen Bedeutungvon Finanzinstrumenten beigetragen und auch denHandel belebt. Diese Entwicklung hat wesentlichenEinfluss auf lang- und kurzfristige Preise vonCommodities und deren Preisvolatilität sowie auf dieEndkundengeschäfte und das regulatorische Umfeldim Energiehandel.

Die Unternehmen der Energiewirtschaft sowie aucheine Vielzahl von Industrieunternehmen habenHandelsaktivitäten aufgenommen bzw. wesentlicherweitert, um ihre Risikoposition flexibler zu steuernund zu optimieren. Derzeit überwiegen im Strom- undGasbereich noch die physischen Geschäfte, jedochist eindeutig ein Trend zu finanziellen Geschäften zubeobachten.

Einführung 1

Folker TrepteEnergy Trading & Risk ManagementBeratung

Manfred Wiegand Global Utilities Leader

Preisvolatilität

In den letzten Jahren sind die Rohstoffpreise in derEnergiewirtschaft dramatisch angestiegen, wobei sie imZusammenhang mit der Kreditkrise und derenAuswirkungen auf die Realwirtschaft kurzfristig auf einLangzeittief gefallen sind. Mittel- und langfristig kannjedoch von steigenden Preisen ausgegangen werden.Einhergehend mit diesen Preisveränderungen haben sichnicht nur die Preisvolatilitäten für Öl und Gas stark erhöht,sondern in bestimmten Regionen und Märkten auch fürKohle und Strom. Hierbei wirkt eine Reihe von Faktoren.Für den Preisanstieg in den vergangenen Jahren war auchdas globale Wirtschaftswachstum, insbesondere bedingtdurch die schnell wachsenden asiatischenVolkswirtschaften, ursächlich und hat die Nachfrageangekurbelt und die Problematik von Rohstoffknappheitaufgeworfen. Die Sicherung von Inputressourcen ist einwichtiges Anliegen von Unternehmen und Regierungen.Bei einer gleichzeitig vermehrten Nutzung von OTC-Märkten wurden neue Handelsplätze errichtet, zumBeispiel für Gas und Strom. Verursacht durch dieKreditkrise ist die Nachfrage nach Rohstoffeneingebrochen und damit auch der Preis für dieseRohstoffe. Inwieweit und wann sich die Preise wiedererholen, hängt neben anderen Faktoren von demAufschwung der betroffenen Industrien ab. In jüngster Zeitsind die Preise unter anderem für Öl und Strom wiederleicht gestiegen.

2 Neue Herausforderungen für die Energiewirtschaft

Quelle: PricewaterhouseCoopers Analyse basierend auf Marktpreisen

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Fondsmanager haben in zunehmendem Umfang inRohstoffmärkte investiert. Durch diese beträchtlichenliquiden Investitionsvolumina sind die Marktpreise vondem ursprünglich vorhergesagten Niveau deutlich nachoben abgewichen. Dieser Effekt wurde im Zuge derKreditkrise noch dadurch verstärkt, dass Finanzakteurenach immer neuen Investitionsalternativen suchten.Hedgefonds spielten eine immer bedeutendere Rolle, wasin einigen Fällen zu auffälligen Preiseffekten geführt hat.Beispielsweise fiel Anfang 2007 der Preis für Kupfer um4%, der Preis für Zink um mehr als 9%. Größtenteilswaren diese Verluste auf die Verlustprognose einesführenden Fonds-Managers im Metallbereichzurückzuführen.

In den letzten 5 Jahren haben alle oben genanntenFaktoren zu den beobachteten Reaktionen der weltweitenRohstoffpreise geführt – drastische Preisanstiege,zunehmende Preisvolatilität und Abweichungen zwischenKassa- und Terminkurs. Beispielsweise ergaben sich ameuropäischen Strommarkt zeitweise Preisspitzen von über1.000 EUR/MWh, gefolgt von fast negativen Preisen.

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Veränderung der weltweiten Handelsstrukturen

Die Nachfrageseite der weltweiten Nachfrage-Angebots-Gleichung für den Öl- und Gashandel sowie denStrombereich hat sich deutlich dahingehend verschoben,dass der Wachstumsschub inzwischen mehr aus Asien alsbisher aus den westlichen Industrienationen kommt. DieKreditkrise hat allerdings auch AsiensWirtschaftswachstum 2008 deutlich reduziert. Es wirddennoch eine weiterhin starke Nachfrage nach Energie,Metall und anderen Rohstoffen, die zur Deckung vonAsiens voraussichtlichen Fertigungs- und Baubedarfsunerlässlich sind, erwartet.

In der Energiewirtschaft hat die Nachfrage nach Erdgaszugenommen. Damit einhergehend kam es zu einerAusweitung des Handels mit Flüssigerdgas (LNG -Liquefied Natural Gas). Da LNG weltweit handelbar undunabhängig von Pipelines ist, hat dies zuArbitragemöglichkeiten am Markt geführt. Weiter könnenLänder, die aufgrund ihrer Abhängigkeit von eineralleinigen Versorgungsquelle Bedenken hinsichtlich ihrerVersorgungssicherheit haben, durch Diversifikation ihreRisiken reduzieren. Ein Großteil des Wachstums von LNGist auf die zunehmende Verbreitung von Gasverflüssigungin Ländern wie Katar, Nigeria und Australienzurückzuführen, die verschiedene Märkte im Pazifik- undAtlantikraum bedienen können. Daraus resultiert eineschrittweise Veränderung hin zu einem zwischen Asien,Europa und Nordamerika weitestgehend ausgeglichenemWeltmarkt. Dennoch sehen sich Unternehmen bei solchenMegaprojekten mit wesentlichen Herausforderungenkonfrontiert. In diesem Zusammenhang sind zusätzlicheRisiken am Markt entstanden, da ein Projekt, das nichtoder deutlich verspätet in Betrieb genommen wird,weitreichende Folgewirkungen haben kann.

Geopolitische Risiken

Geopolitische Risiken sind für Öl- und Gas- sowieStromunternehmen bedeutsam und könnenverschiedenste Formen annehmen. Eine möglicheNachfragesteigerung ebenso wie eine möglicheVersorgungsknappheit können die Produktion signifikantstören. Solche Risiken sind räumlich nicht auf bestimmteHoch-Risiko-Gebiete beschränkt. Im Frühjahr 2008 wurdeÖl zum Rekordpreis von 120 US$ pro Barrel gehandelt.Auslöser waren neben den anhaltenden gewalttätigenAuseinandersetzungen in Nigeria zusätzlich der Beginneines Streiks in der Grangemouth Raffinerie in Schottland.Der Grangemouth Streik verursachte durch die Stilllegungder Forties crude pipeline mit einem Transportvolumenvon etwa 700.000 Barrel pro Tag einen deutlichenEinbruch der Öllieferungen aus dem britischen Gebiet inder Nordsee. Die Unruhen in Nigeria legten mehr als dieHälfte der gesamten nigerianischen Ölförderung lahm.

Das geopolitische Risiko ist nicht auf zivileAuseinandersetzungen begrenzt. Ein wesentliches Risikofür Unternehmen entsteht aufgrund ihres Verhältnisses zuRegierungen und der Sicherheit bzw. Unsicherheithinsichtlich regulatorischer Rahmenbedingungen. DieRisikospanne reicht von Risiken aufgrund vonVereinbarungen über eine gemeinschaftliche Produktionoder Besitzrechten in der Rohstoffindustrie bis hin zuRegierungsentscheidungen bezüglich unterschiedlicherErzeugungstechnologien, wie z.B. Nukleartechnologieoder erneuerbare Energien, sowie Emissionsrechten,welche die Investitionsentscheidungen imStromversorgungsbereich wesentlich beeinflussen.Investitionsentscheidungen bezüglich neuer Kraftwerkehaben einen beträchtlichen Einfluss auf die Commodity-Risiken eines Unternehmens. Das politische Umfeld stelltsomit einen der wesentlichen Entscheidungsfaktoren fürneue Investitionen dar.

Sprunghafte Wechsel zu Investitionen in saubereTechnologien und Produkte erfordern einen ausreichendenÜberblick über das Regelungsgeflecht für CO2 und dievoraussichtlichen Kosten für Emissionen. In derVeröffentlichung des Vorschlags der EU-Kommission zurAnpassung der EU-ETS Richtlinie bis zum Beginn vonPhase 3 in 2013, sehen die EU Marktteilnehmer einegrößere Sicherheit.

Wesentliche Punkte des Vorschlags sind unter anderem:

• Strengere CO2-Grenzwertziele, um die EU-Zielsetzung zur Minimierung der Emissionen um 20% (auf Basis desNiveaus von 1990) bis 2020 zu erreichen;

• Zentralisierte Grenzwertsetzung und verbesserte Harmonisierung bei der Zuteilung der Zertifikate;

• Periodenübergreifende Verrechnung von EU-Zertifikatenzwischen Phase 2 und Phase 3;

• Verstärkter Einsatz von Versteigerungen als Zuteilungsmethode, wobei ein vorgeschriebener Prozentsatz an Versteigerungen im jeweiligen Sektor erreicht werden soll und langfristig (bis 2020) ein Anteil von 100% angestrebt wird;

• Vollständige Auktionierung von Zertifikaten im Energiebereich ab Beginn der Phase 3;

• Ausweitung des EU-Emissionshandels auf weitere Sektoren (z.B. Chemie, Aluminium, Luftfahrt sowie CO2-Erfassung und Speicherung) und andere Treibhausgase (wie zum Beispiel Distickstoffoxid);

• Mögliche Einführung eines Systems zur CO2-Vereinheitlichung (als eine Form der grenzüberschreitenden Steueranpassung) um energieintensive Industrien in der EU, die einem starkeninternationalen Wettbewerb ausgesetzt sind, zu unterstützen.

Mit Abschluss der Beratungen zwischen denverschiedenen EU-Organen und den Mitgliedsstaaten wirdfür 2010 eine endgültige Version der Richtlinie erwartet.Das Ergebnis ist eine zunehmende Entwicklung vonTrendverläufen für Terminpreise auf dem Emissionsrechte-Markt. Es herrscht allgemein die Erwartung, dass dieRegelungen für den CO2 Handel verschärft werden und esdaher eines besseren Einbezugs von CO2-Preisszenarienin bedeutende Investitionsentscheidungen oder wichtigestrategische Entscheidungen in verschiedenen Branchenbedarf.

4 Neue Herausforderungen für die Energiewirtschaft

Emissionsrechtshandel

Die Einführung des Emissionsrechtshandels stellt einevöllig neue Quelle für Rohstoff- und Investitionsrisiken dar.Die EU-Initiative für den Handel mit Emissionsrechten istderzeit in ihrer zweiten Phase. Auch in anderen Staatenwie z.B. Australien und Kanada soll einEmissionsrechtshandel eingeführt werden. Marktteilnehmer und politische Entscheidungsträgersowohl in den USA als auch in der EU erwarten, dass ab2012 vernetzte regionale CO2-Handelsmärkte bestehenwerden, ungeachtet des Fortschritts auf internationalerEbene. Der Glaube an die Langlebigkeit desEmissionshandels als strategisches Instrument ist groß.Die jüngste IETA Marktstimmungs-Studie, durchgeführtvon PricewaterhouseCoopers, ergab, dass 80% allerBefragten zuversichtlich waren, dass der CO2-Markt trotzder Schwierigkeiten beim Abschluss eines Folgevertragesdes Kyoto Protokolls nach 2012 fortbestehen wird(Trouble entry accounting: Uncertainty in accounting forthe EU Emissions Trading Scheme and Certified EmissionReductions, PwC and IETA, 2007).

Die Preise für EU Emissionsberechtigungen (EUA) brachenEnde der ersten Phase des Handelssystems dramatischein (siehe Grafik). Grund dafür waren zu hoheZuteilungsvolumina in der ersten Phase und ein Verbotvon periodenübergreifender Übertragung von der ersten indie zweite Phase. Die Terminpreise für EUAs sind seitMitte 2008 fortschreitend gesunken und werden derzeit,abhängig vom jeweiligen Lieferjahr, zwischen 10-12 EUR/tCO2 gehandelt. Führende Analysten sind sich jedoch einig,dass die Preise mittelfristig wieder ansteigen werden. Siegehen davon aus, dass die CO2-Preise auf ein Niveaudeutlich über 25 EUR/t CO2 klettern werden. Es wird eineweiterhin hohe Preisvolatilität erwartet, obwohl derPreiseinbruch in der ersten Phase als Ausnahmeeffektunter anderem aufgrund unzureichender Information in derStartphase des Systems gewertet wird. Dieprognostizierte hohe Volatilität resultiert aus der engenBindung von CO2-Preisen an die Energiepreise, denInterdependenzen des EUA-Marktes mit dem Wetter undder Verknüpfung mit anderen CO2-Märkten.

Aus Sicht des Risikomanagements müssen dieMarktteilnehmer evaluieren, wie sie ihrenRisikomanagementansatz bezüglich CO2 und ihre darausresultierende Strategie anpassen müssen. Die jüngsteUmfrage von PricewaterhouseCoopers zum ThemaEmissionshandel und Risikomanagement bei deutschenUnternehmen zeigte, dass fast die Hälfte allerMarktteilnehmer Anpassungen ihres Risikomanagementsbezüglich CO2 und Emissionsrechtshandel vornehmenwollen, um der steigenden Volatilität und denzunehmenden Preisrisiken Rechnung zu tragen(PricewaterhouseCoopers, Herausforderungen an dasRisikomanagement im CO2-Emissionshandel, Chancennutzen, Risiken reduzieren, 2008).

In Europa wächst der Markt langsam aber stetig. Immermehr Unternehmen werden sich der Tatsache bewusst,dass schon bloße Veränderungen einer klimatischenVariablen einen entscheidenden Einfluss auf ihr Ergebnishaben kann. Gleichzeitig erkennen auch immer mehrInvestoren und Anteilseigner die Relevanz dieser Risikenund fordern von den Unternehmen ausführlichereAngaben über den Umgang mit Wetterrisiken.

Mit steigendem Bewusstsein und zunehmender Besorgnishinsichtlich der weltweiten Erderwärmung gewinnenWetterrisiken für viele Unternehmen, die vonWettereinflüssen betroffen sind, an Bedeutung. Es istjedoch unbestritten der Energiesektor, der die besteEinsicht in den Einfluss gewöhnlicherWetterveränderungen hat und die Entwicklung vonMethoden zur Risikominderung intensiv verfolgt.

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Wetterrisiken

Durch das Wetterphänomen El Niño 1997 wurde in denUSA erstmals ein Bewusstsein für Klimarisiken inEnergieunternehmen geschaffen. Aufgrund derökonomischen Auswirkungen dieser Risiken realisiertenführende Energieunternehmen, dass es umfassenderStrategien bedarf, um die Auswirkungen von Risiken imZusammenhang mit Wetter- und Klimaänderungen zusteuern und möglichst zu minimieren. Seither ist derWettermarkt schnell gewachsen und nicht mehr nur aufEnergieunternehmen beschränkt. Eine 2006 vonPricewaterhouseCoopers durchgeführte Umfrage zeigte,dass das Gesamtvolumen aller abgeschlossenen Wetter-Risiko-Verträge von 2 Millionen US$ im Jahr 2000 auf 45Millionen US$ bis 2006 angestiegen ist (annual survey forWeather Risk Management Association, 2006).

Doch was genau ist ein “Wetter-Risikomarkt”? Auch wennsich dieser Markt ursprünglich als Antwort auf das El NiñoPhänomen entwickelt hat, versteht man unterWetterrisiken alle messbaren und handelbarenVeränderungen gegenüber einer bestimmten Benchmark(mit direktem Einfluss auf das Geschäftsergebnis), diedurch gewöhnliche Veränderungen klimatischer Variablenwie z.B. Temperatur, Schnee, Regen und Luftfeuchtigkeitentstanden sind. Extrem- oder Katastrophenszenarienwerden von dieser Definition ausgeschlossen, da sienormalerweise durch spezifische Versicherungsprodukteabgesichert sind.

Quelle: European Climate Exchange

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Veränderungen der Regulierung desRohstoffhandels

Mit der Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie (Market inFinancial Instruments Directive - MiFID) im November 2007wurden auch in Deutschland EU-Regularien eingeführt, dieAuswirkungen auf den Handel mit Rohstoffderivaten sowieauf einige Marktteilnehmer haben. Eine aktuelle, von derEuropäischen Kommission initiierte Überarbeitung der MiFID,könnte möglicherweise Änderungen der derzeitigenRegulierung des Handels mit Rohstoffderivaten mit sichbringen.

Die MiFID hat zu einer deutlichen Modernisierung undteilweisen Ausweitung der Regulierung vonWertpapierdienstleistungen in Europa geführt. Einewesentliche Erweiterung stellt die Ausdehnung der Definitiondes Begriffs „Finanzinstrument“ auf Rohstoffderivate undexotische Derivate dar, um mit der MiFID auch den Handelmit Rohstoffderivaten durch Finanzinvestoren zu erfassen, daRohstoffderivate als immer wichtiger für dieInvestmentstrategien von Finanzinvestoren betrachtetwerden.

Die MiFID hat bestimmte Ausnahmen festgelegt, die esHandelsabteilungen bei Rohstoffproduzenten/-versorgernund spezialisierten Rohstoffhändlern ermöglichen, außerhalbdes Anwendungsbereiches der MiFID zu bleiben. DieseUnternehmen sollen grundsätzlich nicht alsWertpapierdienstleistungsunternehmen nach MiFIDangesehen werden. Es sollte dadurch sichergestellt werden,dass die MiFID-Regelungen nur greifen, wenn Derivate fürSpekulations- und Investitionszwecke anstatt im Rahmen dernormalen Geschäftstätigkeit eingesetzt werden. Allerdingswird in den einzelnen Mitgliedsländern unterschiedlichinterpretiert, welche Unternehmen unter diese Ausnahmefallen. Unternehmen, für die die Ausnahmeregelungen aufEU-Ebene einschlägig sind, können daher dennoch unter diejeweiligen nationalen Regelungen fallen. Zudem kann dieAbgrenzung zwischen Spekulations- undInvestitionszwecken und der normalen Geschäftstätigkeit inden einzelnen Mitgliedsländern unterschiedlich ausfallen.

Die EU-Gesetzgeber waren sich der Tatsache bewusst, dassdie Regelungen der MiFID lediglich eine vorläufige Lösungbezüglich des Handels mit Warenderivaten und exotischenDerivaten darstellen und integrierten eine Klausel, die eineNachbearbeitung der Richtlinie in diesem Punkt vorschreibt.Ende September 2008 fand vor der EuropäischenKommission eine Anhörung zu diesem Thema statt. Eineoffizielle Stellungnahme der Kommission als Grundlage fürdie geplante Reform der Richtlinie steht noch aus und wirddem Vernehmen nach voraussichtlich erst in der zweitenJahreshälfte 2009 erfolgen.

Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne derMiFID unterliegen im Rahmen der Einführung von Basel IIauch den Bestimmungen zu Kapitalanforderungen wie derBankenrichtlinie (Capital Requirements Directive -2006/48/EC - CRD) und der Kapitaladäquanzrichtlinie(Capital Adequacy Directive 2006/49/EC - CAD). Artikel 48Absatz 1 CAD befreit derzeit Händler vonRohstoffderivaten von diesen Vorschriften. DieseBefreiung ist bis längstens zum 31. Dezember 2010wirksam und entfällt möglicherweise im Rahmen einerNovellierung der Vorschrift bereits zu einem früherenZeitpunkt. Es ist außerdem in Artikel 48 Absatz 2 derKapitaladäquanzrichtlinie vorgesehen, dass dieKommission hinsichtlich der Schaffung einer weiterenKategorie von Wertpapierdienstleistungsunternehmen, dieausschließlich Wertpapierdienstleistungen imZusammenhang mit Energiederivaten erbringt, Stellungnimmt und in diesem Zusammenhang gegebenenfallsÄnderungsvorschläge zu den vorhandenen Regelungenvorlegt.

Die Industrie hat verschiedene Argumente gegen dieAusweitung von MiFID- oder CRD-Vorschriften auf einengrößeren Kreis von Rohstoffderivate-Händlernvorgebracht. Dennoch ist es keinesfalls sicher, dass sichdie vorgebrachten Argumente durchsetzen werden. ErsteAnzeichen deuten auf eine Ausweitung der Regulierungdes Derivatehandels insgesamt hin, wobei unklar ist,welche Auswirkungen dies auf den Rohstoff- oderEnergiederivatehandel im Besonderen haben wird.

Zusätzlich hat die Europäische Kommission im Dezember2007 den Ausschuss der europäischenWertpapierregulierungsbehörden (Committee of EuropeanSecurities Regulators - CESR) und die EuropeanRegulators Group for Electricity and Gas (ERGEG)aufgefordert, als technische Berater hinsichtlich derMarkttransparenz sowie der Dokumentation in der Strom-und Gasversorgung und im Derivatemarkt tätig zu werden.Im Hinblick auf diese Märkte hatte das Mandat außerdemweitere Klärung hinsichtlich des Anwendungsbereichesder gültigen EU-Regelungen zur Marktmanipulation zumZiel. Hierzu veröffentlichten CESR und ERGEG im Februar2009 ein Ergebnisdokument, das die Positionen vonCESR und ERGEG sowie die Meinungen vonMarktteilnehmern und deren Interessengruppenzusammenfasst. Eine Überarbeitung der geltendenRegularien wird dem Vernehmen nach angedacht, dochsind konkrete Pläne hierzu derzeit nicht bekannt.

6 Neue Herausforderungen für die Energiewirtschaft

Bewältigung der Herausforderungen 7für Energieversorger

Neue Erzeugungskapazitäten

Aufgrund der steigenden Nachfrage und der Notwendigkeitzur Erneuerung veralteter Kraftwerke wurde die Schaffungneuer Kapazitäten zur Stromerzeugung in den meistenMärkten zum Hauptanliegen von Versorgungsunternehmen.Die Planung und Errichtung neuer Erzeugungsstättennimmt viel Zeit in Anspruch, normalerweise zwischen fünfund zehn Jahren, und impliziert eine Vielzahl von Risiken.Manche Länder setzen dabei erneut den Schwerpunkt aufKernkraftwerke. In diesen Fällen kann sich der Planungs-und Inbetriebnahmeprozess noch weiter verlängern. Derlangfristige Charakter von Investitionen inErzeugungskapazitäten beinhaltet ein Investitionsrisiko, dadadurch die Unsicherheit und die Anfälligkeit gegenüberStrategiewechseln und Veränderungen derMarktbedingungen erhöht werden. Marktrisiken hinsichtlichNachfrage und Preissetzung sind wesentliche Faktoren beider Beurteilung der Rentabilität. Der Preis derEmissionszertifikate ist ein zusätzlicher fundamentalerFaktor für die Wirtschaftlichkeit und die Planung neuerErzeugungsressourcen. Die Wettbewerbsfähigkeit und dieNachhaltigkeit von teureren und saubererenStromerzeugungsarten, wie z.B. Kernenergie, erneuerbareEnergien oder Kraftwerke mit Carbon Capture Technologie,unterliegen dem indirekten Einfluss des Preises vonEmissionszertifikaten auf Erzeugungsarten mit hohemEmissionsausstoß. Unternehmen, die Investitionen inErzeugungsformen mit hohem Schadstoffausstoß planen,müssen gleichermaßen die Investition in emissionsloseAnlagen zum gegenwärtigen Zeitpunkt sowie das mitUnsicherheit behaftete Warten auf emissionsärmereKohletechnologie als Alternativen in Erwägung ziehen. AlleKraftwerke verursachen auch geopolitische Risiken, da beiihrer Planung zunehmend Widerstände entstehen. Dies giltnicht nur für Kernkraftwerke, sondern auch fürKohlekraftwerke und erneuerbare Energien.

Sicherung der Brennstoffversorgung

Die zur Stromerzeugung benötigten Brennstoffeunterliegen einer beträchtlichen Preisvolatilität. In liquidenMärkten werden üblicherweise Finanzderivate zurAbsicherung von Preisrisiken eingesetzt. Jedoch müssennicht nur Preisrisiken berücksichtigt werden. DieAbsicherung der tatsächlichen physischen Versorgung mitEinsatzfaktoren wie Kohle, Öl, Gas, Uran undEmissionsrechten ist unerlässlich. Für Uran bestehen Kursangaben im Markt, obgleich derphysische Handel mit dem Rohstoff reguliert ist. Urankann am Markt nicht physisch gehandelt werden. Dielangfristige physische Lieferung und die Preissetzung vonUran-Brennstäben für Atomkraftwerke istVerhandlungsgegenstand mit einigen wenigen Lieferanten.Ein wesentlicher Faktor des Risikomanagements istfolglich das Kontrahentenrisiko. Andere Rohstoffe wieKohle, Öl oder Emissionszertifikate werden aktiv aufglobalen oder regionalen Märkten gehandelt und indiesem Zusammenhang Finanzderivate zur Absicherungdes Preisrisikos genutzt. Die Absicherung der physischenVersorgung ist auch hier ein wichtiger Punkt, jedoch nichtso bedeutend wie bei Uran. Sehr volatile Märkte bergendas Risiko, dass die Gegenpartei nicht länger fähig oderbereit ist, ihren Lieferverpflichtungen nachzukommen undsomit auch hier das Kontrahentenrisiko angemessengesteuert werden muss. Schließlich ist für die Sicherungder physischen Versorgung mit Gas, Öl und Kohle dieSteuerung der Transportkapazitäten und -risikenerforderlich. Die vergangenen Monate haben zudemgezeigt, dass auch in Folge politischer VerwerfungenLieferengpässe gerade bei Gaslieferungen aus Russlandauftreten können. In der Folge werden neueTransportwege und Gasspeicher an Bedeutung gewinnen.

8 Bewältigung der Herausforderungenfür Energieversorger

Erzeugungsoptimierung

Mit Ausnahme von Kraftwerken, bei denen die erzeugteEnergie in Form langfristiger Lieferverträge verkauft wird,welche die Produktionskosten widerspiegeln, erforderteine Risikostrategie, dass sich dasKraftwerksmanagement an Marktpreisen orientiert. Esmüssen dabei die Preise aller im Erzeugungsprozessverwendeten Rohstoffe berücksichtigt werden. EinKraftwerk wird dabei wie eine Option auf Elektrizitätgeführt. Dies basiert auf dem Ansatz des sogenannten“Dark Spread”, der Differenz zwischen dem Kohle- unddem Strompreis ergänzt um die Spezifika des jeweiligenKraftwerks (es kann sich hierbei sowohl um den „cleanspread“ als auch den „dirty spread“ handeln, abhängigvon der Situation bezüglich der CO2-Zertifikate). Dieabgedeckte Terminperiode ist davon abhängig, inwieweitliquide Forward-Preisnotierungen für alle Rohstoffe (z.B.Strom, Kohle und Emissionsrechte) zur Verfügung stehen,um den Dark Spread von beiden Seiten effektiv zuoptimieren. In der Praxis beginnt die aktive Steuerung desDark Spreads etwa 24 bis 36 Monate vor demLieferzeitpunkt, und während dieser Periode werden dieKraftwerksin- und -outputs viele Male verkauft undeingekauft. Derartige Optimierungsaktivitäten haben mehrden Charakter von Handelsaktivitäten alsErzeugungscharakter. Für die Bilanzierung nach IFRS istes eindeutig, dass solche Tätigkeiten Handelszweckendienen, auch wenn die Derivate eine physische Erfüllungverlangen.

Nachfrage nach langfristigen Lieferverträgenund Kapazitätsvereinbarungen

Die Preisvolatilität und steigende Strompreise haben eineNachfrage nach Lieferverträgen geschaffen, dieunabhängig vom Marktpreis für Strom sind. Als Ergebnisvon Vertragsverhandlungen mit Kunden könnenlangfristige Lieferverträge vereinbart werden, derenVertragspreis Komponenten enthält, die auf denInvestitions- und Erzeugungskosten des jeweiligenKraftwerks basieren. Ein Versorgungsunternehmen kannz.B. einen Liefervertrag über einen Zeitraum von bis zu 20Jahren abschließen, bei einer gleichzeitigenPreisgestaltung, die eine angemessene Verzinsung derInvestitions- und Erzeugungskosten (z.B. Kohle, CO2,Arbeitskosten, etc.) berücksichtigt. Im Rahmen einertypischen Risikomanagementstrategie wird Energie nur insolchen Perioden zu einem vom Marktpreis abweichendenPreis verkauft, in denen liquide Strommärkte existieren.Der oben angesprochene langfristige Liefervertrag stellteine Ausnahme hiervon dar, da die Kosten eines bereitsexistierenden Kraftwerks einer natürlichen Absicherungunterliegen (so werden z.B. die Kosten des Kraftwerksdurch die Preisklausel im Stromliefervertragwidergespiegelt). Durch eine solche automatischeSicherungswirkung (natural hedge) wird das Risiko für dasUnternehmen zwar reduziert. Jedoch besteht das “quidpro quo” darin, dass keine Möglichkeit mehr besteht, ausPreisfluktuationen zusätzliche Erträge zu generieren. DieseVerträge sehen entweder eine Beteiligung an einembestehenden respektive geplanten Kraftwerk oder eineBeteiligung an einem virtuellen Kraftwerk vor. Letztere istnicht an ein spezifisches Kraftwerk gebunden. Rechtlicheund bilanzielle Gesichtspunkte sollten insbesonderehinsichtlich des Eigentums an einem solchen Kraftwerkabgewogen werden. Nach IFRS erfordern einige Verträgedie Ausbuchung des Kraftwerks aus der Bilanz und denAnsatz eines finanziellen Vermögenswertes(Leasingforderung). In diesem Fall besteht aus bilanziellerSicht kein wirtschaftliches Eigentum an dem Kraftwerk,und es dürfen keine Erträge aus dem Verkauf dererzeugten Energie erfasst werden.

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Veränderte Kundenservices

In der Vergangenheit wurden mit Industriekunden in derRegel Vollversorgungsverträge abgeschlossen. Ein solcherVertrag ermöglichte es dem Kunden, den gesamten Strom,den dieser für seine Produktion benötigte, zu einemfestgesetzten Preis zu beziehen. Solche Verträge sind fürden Kunden jedoch teuer, da das Versorgungsunternehmenden Fixpreis auf Basis eines erwarteten fixen Volumenszuzüglich einer Optionsprämie für erwartete zusätzlicheVolumina, die diese feste Menge übersteigen, kalkuliert.Kunden reagieren jedoch preissensibel. Seit Großkundenebenfalls Zugang zum Großhandels-Strommarkt haben,sind Versorgungsunternehmen mit dem Risiko konfrontiert,dass die Kunden ihre Volumenschwankungen nicht mehrbedarfs- sondern marktgetrieben ausgleichen bzw. ihrenBedarf direkt am Markt decken. Dies hat dazu geführt,dass die Stromerzeuger zur Festigung ihrerKundenbeziehungen zusätzliche Dienstleistungen anbieten,wie z.B. Portfolio-Management für Großkunden verbundenmit einem indirekten Marktzugang. Bietet einVersorgungsunternehmen solche Dienstleistungen an,besteht die Möglichkeit, dass es in denAnwendungsbereich der Bestimmungen zuFinanzdienstleistungen wie die MiFID fällt. Ebenfalls unterdiese Regulierungen fallen Dienstleistungen wieAnlageberatung und Beratung betreffend zukünftigerPreisentwicklungen.

Wetterrisiken

Die Temperatur ist für die Stromnachfrage von Haushalts- und Gewerbekunden ein wesentlicherEinflussfaktor. Das Wetter ist somit ein wesentlicherBestandteil jeder Risikobestimmung bzw. jedesRisikobewertungsmodells im Energiesektor. Das Wetterbeeinflusst direkt die Gewinne von Versorgungsunternehmenund somit auch deren Aktienkurse. Beispielsweise haben inder Vergangenheit einige Gas- und Stromunternehmen dieVerringerung ihrer Liefervolumina und den damitverbundenen Rückgang ihrer Aktienpreise mit einem mildenWinter begründet. Verträge können sowohl am freien Marktals auch an OTC-Märkten geschlossen werden. Ein fürEnergieunternehmen entwickelter Temperaturindex ist der“Degree Day” (DD). DDs dienen als Maßstab für diezusätzliche Energie, die benötigt wird um ein Gebäude imWinter auf eine Raumtemperatur von mindestens 18°C (65°F)aufzuheizen (Heating DD) oder im Sommer abzukühlen(Cooling DD). Ein “Degree Day” steht für die Differenzzwischen der tatsächlichen Tagestemperatur und derBezugstemperatur.

Versorgungsunternehmen können Wetter-Termingeschäfteund Optionen im Rahmen ihres Wetter-Risikomanagementseinsetzen. Es können sowohl Kontrakte abgeschlossenwerden, die an Heating Degree Days (HDD)-Indizesgebunden sind, als auch solche, deren Basisreferenz CoolingDegree Days (CDD)-Indizes sind. Beispielsweise kann einEnergieversorgungsunternehmen, das wegen eines kühlenSommers geringere Erträge befürchtet, diese Verluste durchTermingeschäfte absichern (Verkauf von CDD Futures). Indiesem Fall würde das Unternehmen Geld verlieren, wennder CDD Index ansteigt (ein niedrigerer CDD Index bedeutet,dass der Sommer kühler als sonst ist). Das Unternehmenmuss einen kühleren Sommer kompensieren und daher CDDFutures verkaufen, um das zugrunde liegende Geschäftabzusichern.

In manchen Gebieten sind Wetterderivate teuer, da es keineGegenpartei zur Risiko-Kompensation gibt. DieVertragspartner an OTC-Märkten (wie z.B.Versicherungsunternehmen) fordern Prämien, welche dieErträge der Versorgungsunternehmen aus Verkäufen anHaushalts- und Gewerbekunden größtenteils absorbieren.Mit einer adäquaten Strategie zur Steuerung vonWetterrisiken können Energieunternehmen den Einfluss vonWetterrisiken auf ihr Finanzergebnis entlang ihrerWertschöpfungskette, angefangen bei derRohstoffbeschaffung bis hin zur Absatzplanung, mindern undden zu erwartenden Fragen von Anteilseignern zumRisikomanagementprozess angemessen begegnen.

10 Bewältigung der Herausforderungenfür Energieversorger

Bewertung von langfristigen Verträgen (überden liquiden Zeitraum hinausgehend)

Informationen hinsichtlich der zukünftigen Preise von Gas,Kohle und Strom sind derzeit regelmäßig für jeweils 36Monate im Voraus verfügbar. Dieser Zeitraum wird auchals liquide Periode bezeichnet. Die Bewertung vonVerträgen für Zwecke der Rechnungslegung, wiebeispielsweise Take-or-Pay Verpflichtungen, über denliquiden Zeitraum hinaus, erfordert, mangels Marktpreisen,dass auf der Basis von Annahmen hinsichtlich derzukünftigen Entwicklung der Marktpreise oder andererFaktoren, Modelle entwickelt werden, die der Bewertungzugrunde gelegt werden. Diese Annahmen werden umsoschwieriger und unschärfer, je weiter man sich von derliquiden Periode entfernt. Gleichwohl ist es u.E. wederangemessen noch zulässig, die Bewertung solcherVerträge auf die liquide Periode zu beschränken. Auchpauschale Annahmen in der Form, dass der Preis nachder liquiden Periode konstant bleibt, sind fragwürdig. DerGroßteil der Einflussgrößen solcher Vertragsmodelle wirddurch unternehmensspezifische Erwartungen, die aufbeobachtbaren Marktdaten basieren, beeinflusst.Derartige Annahmen müssen verständlich undnachvollziehbar und somit auch nachprüfbar sein. DieVertragsinputs sollten klar in endogene und exogeneInputs bzw. Annahmen aufgeteilt werden. Des Weiteren istes essentiell, Verfahren einzuführen, die alle Änderungendes Modells und der zugrundeliegenden Annahmen regelnund dokumentieren, da solche Änderungen einenwesentlichen Effekt auf den Marktwert des bewertetenVertrages und somit auch auf die Volatilität derErtragslage haben.

Eine mögliche Grundlage für die Bestimmung vonEnergiepreisen über den liquiden Zeitraum hinaus sind dieDurchschnittskosten eines effizienten Kraftwerks.Beispielsweise könnte ein neues Kohlekraftwerk Maßstabfür die Preissetzung von Grundlast-Stromlieferungen inzukünftigen Perioden sein. Basierend auf dieser Annahmekönnte dann der zukünftige Grundlastpreis inAbhängigkeit der Produktionskosten dieses Kraftwerkeseinschließlich der Produktionseffizienz, den zukünftigenKohlepreisen, dem Wechselkurs des US-Dollars, denPreisen für Emissionszertifikate und der Gewinnmargebestimmt werden. Ein weiterer Aspekt in diesemZusammenhang ist die Preisentwicklung ausgehend vonliquiden Perioden, in denen der Marktpreis verwendetwird, hin zu illiquiden Perioden, in denen aufBewertungsmodelle zurückgegriffen wird. Dabei könntesich ein signifikanter Unterschied zwischen dembeobachtbaren Marktpreis der letzten liquiden Periodeund dem anhand eines Bewertungsmodells geschätztenPreis in der illiquiden Periode ergeben. Eine solcheDifferenz sollte Anlass für eine Überprüfung der Eignungdes Bewertungsmodells und ggf. der Rekalibrierung sein.

‘Day One’-Gewinne oder -Verluste, die sich ausunternehmenseigenen Bewertungsmodellen für einenVertrag ergeben, sind im Detail hinsichtlich ihrerVerursachung zu analysieren.

Ursache solcher ‘Day One’-Gewinne oder -Verlustekönnen insbesondere auch Unschärfen oder Fehler imBewertungsmodell sein. In einem solchen Fall wird dasUnternehmen das Bewertungsmodell dahingehendanpassen müssen, dass es die abweichendeMarktpreiserwartung mit berücksichtigt. Häufig resultieren‘Day One’-Gewinne oder -Verluste jedoch auch aus demErgebnis der Verhandlungen zwischen denVertragspartnern. In unvollkommenen Märkten führenunterschiedliche Kenntnisse und Einschätzungen derMarkteilnehmer zu abweichenden Werteinschätzungen.Aufgrund dessen sind ‘Day One’- Gewinne oder -Verlustebei langfristigen Verträgen keine Seltenheit.

Bewertung von Gasbezugsverträgen

Ein besonderes Problem der Bewertung vonBezugsmengen ergibt sich im Bereich des Gasbezugsaufgrund der in Europa und speziell in Deutschland nochnicht ausreichend liquiden Märkte. Bei der Bewertungoffener Positionen aus solchen Verträgen ist derzeit eineMarktwertbewertung anhand von Börsenpreisen nichtangemessen, da die hier gehandelten Gasmengen nochkein tatsächliches Bild der Handelspreise abgeben. AlsBewertungsmaßstab können daher nach deutschemHandelsrecht kundengruppenbezogene Absatzpreiseherangezogen werden, die auf unternehmensindividuellenVertriebsprognosen basieren. Für die Bewertung nachIFRS ist auf die den meisten Verträgen zugrundeliegendenForward Notierungen der Gasoil/ Fueloil - Notierungenzurückzugreifen.

11

Preisvolatilität und Hedging

Wie bereits auf Seite 2 angesprochen, habenPreisvolatilitäten einen signifikanten Einfluss aufEnergieunternehmen. Die Minimierung des Preis- undWährungsrisikos durch Hedging ist daher für vieleEnergieunternehmen ein wichtiger Bestandteil ihrerRisikomanagementstrategie. Im Zuge der Einführung einersolchen Hedgingpolicy sollten Unternehmen unsererAnsicht nach zunächst einen strukturierten Prozess zurAnalyse durchlaufen, ob und inwieweit Hedging mit ihrerallgemeinen Finanzstrategie vereinbar ist:

1. Zunächst sollte hierbei das allgemeine Grundprinzip bezüglich Hedging festgelegt werden und es ist zu definieren, in welcher Hinsicht es dem Unternehmen zusätzlichen Wert bringt.

2. In einem zweiten Schritt sind sämtliche Faktoren, welche die Hedgingentscheidungen beeinflussen sollten, strukturiert und mit dem Zeitpunkt ihres Auftretens gepaart zu erfassen.

3. Wird auch nach Heranziehen anderer finanzieller Hebelmechanismen weiterhin ein Hedgingprogramm benötigt, sollte geklärt werden, welches die passende Hedgingstrategie ist und wie diese angewendet werden sollte.

Die mangelnde Klarheit hinsichtlich der exakten Ziele, diedurch das Hedging erreicht werden sollen, ist eine häufigeFalle für Unternehmen. In der Praxis lässt sich häufig einZusammenhang zwischen der Philosophie für dasMarktrisikomanagement und der grundlegenden Finanz-/Unternehmensstrategie feststellen. Beispielsweise neigenUnternehmen, deren Finanzierungs- oderInvestmentstrategien einen großen Kapitalbedarfbedingen, mehr dazu, sich gegen Marktrisikenabzusichern. Im Gegensatz dazu tendieren Unternehmen,deren Wertschöpfung auf einem eher stabilen Portfoliovon Vermögenswerten basiert und die somit aus einervoraussichtlich starken finanziellen Position heraushandeln, seltener dazu Hedging anzuwenden.

Eine dritte, etwas kleinere Gruppe setzt sich ausUnternehmen zusammen, die ihr Wissen im Bereich desMarktrisikomanagements und ihre Fähigkeit, Risiken zumeigenen Vorteil zu nutzen, zu einer Kernkompetenzgegenüber Kunden und Investoren gemacht haben. Dieserfordert ein eindeutiges Verständnis, inwieweit dasUnternehmen einen komparativen Wettbewerbsvorteildurch Übernahme von Risiken sowohl innerhalb desMarktes als auch marktübergreifend hat. Mittels sorgfältigfundierter Risikoübernahme können signifikante Erträgeerzielt werden. Im Schaubild auf Seite 12 werdenverschiedene Mechanismen zum Risiko-Leveraging(soweit sie sich von der Risikoreduzierung unterscheiden)dargestellt.

A: Gewinnverteilung (Risiko)

0 Erwartungswert

B: Einfluss von Risikomanagement auf die Gewinnverteilung(und somit auf den erwarteten Gewinn)

0 E E1

Strategien zur Risikominderungaus der Sicht der Portfolioanalysegetrieben durch zukünftigenKapitalbedarf, Risikoappetit,Risikokapazität undSicherungskosten

• Risikomanagement: Von Portfoliomodellierung getriebenes Hedging (EaR/VaR)

• Proaktives Kapitalmanagement

• Angemessene Unternehmensführung und- kontrolle

• Angemessene Organisationsstruktur

• Limite und Verlustgrenzen

• Risikoberichterstattung und Gewinnzuteilung

• Optimierung der Versicherungsstrategie

Vergleich von Risikominderung und Risikoleverage in einem Unternehmen

Wertsteigerungstrategien(Risikoleverage) basierend auf dasAusnutzen der Wettbewerbsvorteile desUnternehmens: Marktanteile,spezialisierte Logistik, Marketing Know-How, Informationsvorteile, guteBeziehungen, etc.

• Marketing und Vertragsmanagement

• Kursauf- und abschläge für Commodities

• Fähigkeit des Kaufs/Verkaufs in Fremdwährung

• Erträge aus Zinsdifferenzen

• Möglichkeit der Annahme und des Aufteilens größerer Mengen zur Belieferung von kleineren Abnehmern

• Lagerhaltung von Commodities

• Finanzierung des Versands von Lagerbeständen zum Abnehmer

• Location Swaps zur Einsparung von Frachtkosten

• Zeitswaps zur besseren Regulierung von Produktionsraten/Lagerbeständen bei Produzenten und Abnehmern

• Exportvorfinanzierung

• Qualitätsswaps

• Strafzahlungen

• TC/RC Abweichungen

• Preisbeteiligung

• Zölle

• Dirty/Clean Spreads

• TauschgeschäftQuelle: PricewaterhouseCoopers, Intertwined: the physical and the financial, 2008

12 Bewältigung der Herausforderungenfür Energieversorger

Antworten auf die Herausforderungen 13

In der Praxis gibt es variierende Managementstrategien fürRohstoffhandel. Die Maßnahmen reichen vom reinenHedging bis hin zum ausschließlichen Eigenhandel. Nursehr selten umfasst Commodity Trading ausschließlichHedgingaktivitäten. Die meisten Unternehmen verwendeneine stärker diversifizierte Strategie mit verschiedenenAktivitäten. Das Ausmaß jeder Aktivität ist von derRisikostrategie und des Risikoappetits des Managementsdes Unternehmens abhängig. Es ist unerlässlich, dass dieRisikostrategie klar definiert ist und auf einemsystematischen Ansatz zur angemessenen Steuerungdieser Risiken basiert.

Eigenhandel

Spekulationsgeschäfte auf der Basis vonMarktpreisänderungen bezeichnet man als Eigenhandel.Durch Beobachtung des Marktpreises wird einWertzuwachs verfolgt. Der Umfang dieser Maßnahmenbestimmt sich nach dem Wert an zusätzlichemRisikokapital und darf unternehmensspezifische Limitenicht überschreiten. Üblicherweise ist der Eigenhandeljedoch eher eingeschränkt, da sich aus der starkenVolatilität von Rohstoffpreisen und der Skepsis vonInvestoren aufgrund von Skandalen wie zum BeispielEnron bedenkliche Risiken ergeben. Ein Beispiel einessolchen vorsichtigen Ansatzes zeigt der folgendeAusschnitt aus dem Geschäftsbericht eines großenVersorgungsunternehmens: “Unser Energiebereich ist imEigenhandel aktiv, wobei der Handel nach detailliertenRichtlinien und innerhalb eng definierter Grenzenstattfindet.”

Asset-basierter Handel zur Optimierung

Optimierung könnte als Maximierung der Unternehmens-Gesamtmarge über die gesamte Wertschöpfungskettehinweg definiert werden. Diese Form des Handels istVermögenswert-basiert, d.h. der Rohstoffhandelunterstützt die Optimierung des Produktions- undVerkaufsportfolios. Eine Aufgabe ist es, durch gesichertePositionen auf Basis von Marktpreis-Betrachtungenzusätzliche Werte zu generieren. Im Versorgungsbereichumfassen die Strategien typischerweise ‘Spark-Spread-Optimierung’ oder ‘Dark-Spread-Optimierung’. In diesemFall optimiert der Commodity-Handel die Preisdifferenzeines spezifischen Kraftwerks bis zur physischenLieferung von Strom.

Die Entscheidung, ob Strom produziert wird oder nicht, istabhängig vom erwarteten Preis bei Lieferung zwischenGas/Kohle und Strom. Eine solche Optimierung basiertauf erwarteten Preisentwicklungen und versucht, diegesicherte Position an diese Erwartungen anzupassen(Öffnung einer bereits gesicherten Position oder Schließeneiner offenen Position). Eine weitere Vorgehensweise istdie Optimierung des Produktionsportfolios auf Basis einesRealoptions-Modells. Hierbei optimiert der Commodity-Handel die Produktionskapazitäten (z.B. Kraftwerke),basierend auf dem Wert der Option gegenüber demMarkt.

Zusammenfassend spielt der Commodity-Handel einewichtige Rolle in der Unternehmensstrategie. Er wird zurSteuerung des Vermögens-Bestandes genutzt und kanndaher eher als Asset-Management statt als Handel per severstanden werden. Eine solche Steuerung ist allerdingsauf einen kurzfristigen Zeithorizont beschränkt, in dem dieRohstoffmärkte liquide sind. Langfristige strategischeEntscheidung, z.B. ob ein Gasfeld erschlossen werdensoll, werden unabhängig vom Commodity-Handelgetroffen.

14 Antworten auf die Herausforderungen

Hedging

Die zentrale Maßnahme, durch die das Management eineVerringerung von Rohstoffpreis- undWährungsschwankungen anstrebt, ist ein systematischesHedging-Programm. Dennoch taucht in der Diskussion umden tatsächlichen Wert von Hedging immer wieder dieProblematik auf, dass das Unternehmen keine klareVorstellung davon hat, was es durch das Hedgingerreichen möchte. Die Ziele eines Hedgingsystems solltennatürlich den allgemeinen finanziellen Erwartungen derAnteilseigner (einschließlich der Investoren) entsprechen.Aber in der Praxis stellen wir immer wieder fest, dass einsolcher Wertbeitrag nicht immer klar ist. TypischeZielsetzungen könnten beispielsweise sein:

• Verringerung von Gewinnschwankungen• Sicherung einer bestimmten Cash Flow-Untergrenze• Sicherstellung der Erfüllung von Covenants• Absicherung einer festen Produktionsmenge• Monetarisierung des Wertes noch nicht geförderter

Rohstoffe• Übererfüllen von Budget-Zielen• Schutz des bestehenden oder antizipierten Vermögens

(Cash) im Verhältnis zu physischen Positionen oder Investitionen

• Preisgarantien gegenüber Kunden• Absicherung des Risikos aus Umsatzprognosen bzw.

Bestellungen• Einhalten bestimmter vorgegebener Preisgrenzen

Werden solche Zielsetzungen für das Risiko-Managementnicht klar determiniert, können die vom Managementverfolgten Ziele und Hedging-Strategien widersprüchlichsein. Dies hätte zur Folge, dass der Erfolg der Strategie inZweifel gezogen und Verwirrung bei Investoren undAnteilseignern geschaffen würde. Die gestiegeneKomplexität, Volatilität und Vernetzung weltweiterRohstoffmärkte verstärken die Forderung nach einereffektiven Umsetzung der Maßnahmen, um tatsächlichauch Shareholder Value zu schaffen und nicht zunichte zumachen. Obwohl wir keine spezielle Zielsetzung zurEinführung von Risikomanagementsystemen vorschreiben,glauben wir, dass vor der Entscheidung für einebestimmte Strategie eine strukturierte Analyse derRisikotragfähigkeit und aller Einflussfaktoren auf dieRisikotragfähigkeit und des Risikoappetits erfolgen sollte.

Wird Hedging von den Anteilseignernverstanden und geschätzt?

In vielen Industrien herrscht die negativ belastete Ansicht,dass Investoren Aktien kaufen, um mit dem Preis fürRohstoffe, die in diesen Unternehmen produziert werden,zu spekulieren. Diese Risiken im Unternehmenabzusichern, würde also in diesem Sinne die Erreichungder Ziele von diesen Investoren verhindern. Es wäre indiesem Fall sinnvoller, die Position ungesichert zu lassenund diese Tatsache offenzulegen, damit der Investor sichhierzu selbst entscheiden kann. Aber wenn Spekulationenauf den Rohstoffpreis den primären Entscheidungsantriebvon Anteilseignern darstellen, gibt es sicherlich anderebesser überschaubare Mittel, dies zu erreichen.Beispielsweise könnten sie direkte Positionen imTerminmarkt für Rohstoffe eingehen.

Eine spitzfindigere Version dieses Argumentes sagt, dassein Eigenkapitalanteil an einem Unternehmen wie eineerworbene Call Option auf das Unternehmen anzusehenist. Hiernach gilt: Je größer die Schwankung desUnternehmenswertes ist, umso größer ist der Wert derOption. Folglich würde eine Absicherung des Risikosbedeuten, dass der Investorenwert reduziert wird. DieseArgumentation kann vielleicht die Behauptung vonInvestor Relations Managern rechtfertigen, dass siehäufiger dafür kritisiert werden, bei steigendenRohstoffpreisen Erträge “weg-gehedged” zu haben undseltener dafür, dass sie bei sinkenden Preisen keineSicherungen vorgenommen haben. Dennoch können wiraus Erfahrung sagen, dass die meisten institutionellenAnleger sich eher an nachhaltigem Wachstum orientieren.Dies kann Hedgingprogramme rechtfertigen, wenn dieprognostizierte Risikotragfähigkeit (Cashflow-Generierung)die Finanzierung und Umsetzung geplanter Projekte mitpositivem internen Zinsfuß (IRR) bei gleichzeitigerEinhaltung anderer kritischer finanzieller Ziele imUnternehmen zu gefährden droht.

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Oft formulierte Hedgingzielsetzungen werden mitpersönlichen Einschätzungen belegt. Genauer gesagtscheint es seitens der Unternehmen eine klare Tendenz zugeben, bei Hedgingentscheidungen auch Hoffnungen aufzukünftige Spekulationsgewinne zu berücksichtigen, biszu einem Punkt, an dem die ursprüngliche Zielsetzung derMinimierung des Risikos schon aus den Augen verlorenwurde. In manchen Fällen wurden exotische Derivate dazubenutzt, um maßgeschneiderte Rendite-Risiko-Profile zuschaffen. Dies verzerrt verstärkt das Wertversprechen andie Anteilseigner.

Bei der Beurteilung einer geeigneten Hedgingstrategiesollten die Erwartungen der Investoren berücksichtigtwerden. Wir haben herausgefunden, dass Investorentypischerweise entweder indifferent sind, ob UnternehmenHedgingtransaktionen tätigen, oder dass sie ungesicherteRisiken als positiv für die Investitionsentscheidungangesehen haben (wobei das Eigenkapital als einInstrument angesehen wird, um einen indirekten Einflussauf eine spezifische Preisvorstellung auszuüben). In derRegel wird angenommen, dass nicht-systematischeRisiken auf Investorenebene diversifizierbar sind und sichdaher nicht in den Kosten für die Kapitalbereitstellungniederschlagen. Besonders wichtig ist, dass Investoreneine genaue Dokumentation des Risikos und derRisikomanagement-Strategien als Basis für sachkundigeInvestitionsentscheidungen benötigen.

Im Bereich der öffentlichen Unternehmen, die derzeit inDeutschland einen Großteil der Versorgungsunternehmenausmachen, sind die Vorgaben desHaushaltsgrundsätzegesetzes ein wichtiger Anhaltspunkt.Gerade die öffentlichen Investoren (meist Städte undGemeinden) müssen über die Risikostrategie bei derVerwendung derivativer Instrumente hinreichend informiertwerden, da die Mehrzahl der Geschäftsordnungen undSatzungen öffentlicher Unternehmen spekulative (Finanz-)Geschäfte grundsätzlich untersagt.

Wie wird Risikotragfähigkeit in der Praxisangewendet?

Das Management sollte auf Basis des angestrebtenShareholder Values das allgemein zulässige Risikoniveaubestimmen. Dazu muss es das Verständnis von “zugrundeliegendem Risiko” genau definieren und quantifizieren, dasKapital festlegen, welches das Unternehmen “at risk”stellen möchte und die Verteilung des Kapitals auf diegegebenen Strategien festlegen. Das vom Unternehmenfestgesetzte Maß an Sicherheit oder Risikofreudigkeit isteine bedeutende Grundlage für die Einführung, Kontrolleund Überarbeitung der angewandten Hedgingstrategien.

16 Antworten auf die Herausforderungen

Rohstoffrisiken

Ganzheitliche Risikobetrachtung

Zinsrisiken

Energierisiken

Währungsrisiken

Abhängigkeiten zwischen den Risiken müssen berücksichtigt werden

Finanzielle Kenngrößen müssen quantifiziert und mit den Risiken assoziiert werden

Zielsetzung – Ein umfassendes Verständnis der Rohstoff- und Finanzmarktrisiken

Quelle: PricewaterhouseCoopers, Intertwined: the physical and the financial, 2008

Ein integraler Bestandteil ist die Entwicklung eines klarenVerständnisses über die Sensitivität der Cash Flows und derangestrebten Finanzkennzahlen (denen ein bestimmtes,angestrebtes Rating zugrunde liegt). Das Nachbilden vonerwarteten Hoch- und Niedrigpreis-Szenarios im Budgetplankann einen ersten Anhaltspunkt für den erwarteten Einfluss dieserRisiken auf die zukünftigen Gewinne liefern. Dennoch kann einedetaillierte Modellierung von Kapitalangebot und -nachfrage einesUnternehmens unter verschiedenen Unternehmensstrategien mitgleichzeitigem Preisstress auf Basis historischer Schwankungeneinen genauen Einblick in viele Bereiche geben (zusätzlich zu denAnforderungen zu hedgen).

Die fortlaufende Integration von quantitativenRisikomanagementkonzepten, wie zum Beispiel die CashFlow Verteilungsanalyse (auch als Cash Flow at Riskbezeichnet) zusammen mit der Analyseunternehmensweiter Werttreiber, befähigt Unternehmenzur besseren Analyse und Entwicklung ihresRisikomanagementsystems und ihrer Hedgingansätze.Nachstehende Grafiken verdeutlichen, wie die Verteilungzukünftiger Cash Flows an dem geplanten Mittelverbrauchgemessen werden kann, um zu bestimmen, ob mit einerbestimmten Wahrscheinlichkeit ein short-fall entstehenkönnte.

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Untere Schranke

Die Modellierung von Cash Flows ist ein wichtiger Schritt bei der Erstellung angemessener Sicherungsgrundsätze

Quelle: PricewaterhouseCoopers, Intertwined: the physical and the financial, 2008

Erwarteter Wert

Obere Schranke

Erträge

Cash Flow

Investitionen

Übrige

Kosten

Ergebnisse (Cash Flow)Datenbank

Covenants Stress Tests

Mindestmengean Cash

Risikomanagement-Strategie

CF@R

ANALYSE

18 Antworten auf die Herausforderungen

Der Einfluss von Marktpreisszenarien könnte aber durcheine Reihe von unternehmerischen/finanziellen Reaktionenausgeglichen werden – dies ist eine gängige und sinnvolleAlternative zum präventiven Hedging. Diese Reaktionenumfassen, sind aber nicht begrenzt auf:

• Flexibles Investitionsmanagement, einschließlich der Überprüfung von Priorität von Projekten basierend auf der erweiterten Bewertung ihres Risiko-Rendite-Profils

• mögliche Veränderung in der Ausschüttungspolitik• Veränderungen in der Kapitalstruktur, einschließlich der

Aufstockung des Eigenkapitalanteils (oder aufgeschobener Anteilsrückkauf) und Inanspruchnahme von zugesagten Kreditlinien bei Banken.

Wahrscheinlichkeit

EBITDA

Dividenden Steuern Zinsen Veränderung des Working

Capital

Schlüssel-investitionen

Risiko einer Kapitalunterdeckung

Verteilung mit Risikominderung

Verteilung ohne Risikominderung

Geplante Fähigkeit zur Erfüllung finanzieller Verpflichtungen

Die Cash Flows werden dem geplanten Kapitalverbauch über einen Zeitraum von 3-5 Jahren gegenüber gestellt

Nach Berücksichtigung von Diversifikation und natürlichenSicherungsbeziehungen ist es weiterhin wichtig, dieAuswirkungen von Veränderungen im Timing und derVerteilung von Cash Flows durch verschiedeneManagementmaßnahmen zu betrachten, von denen dasHedging nur eine darstellt. Die Modellierung von BusinessSimulationen kann eine strukturierte und quantitativeBasis zur Untersuchung einer solchen Dynamik bieten.Die Modellierung von Kapitalangebot und -nachfrageunter Annahme verschiedener Geschäftsstrategien liefertein Bündel von Szenarien auf deren GrundlageRisikomanagemententscheidungen getroffen werdenkönnen.

Das Ergebnis einer solchen Modellierung könnte zeigen,dass ein großes diversifiziertes Unternehmen mit einerstabilen Bilanz für statistisch wahrscheinlicheProduktionsvolumina, Rohstoffpreise undWährungsszenarien ungesichert bleiben kann. Alternativkönnte es aber auch zeigen, dass der Cash Flow at Riskdie Wachstumsziele des Unternehmens bedrohen könnte,und es wird entschieden, die Risiken durch Hedging oderden Einsatz anderer finanzieller Hebel zu reduzieren.

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Anwendung der Hedgingstrategie

Ein Hedgingprogramm benötigt Investitionen in dieInfrastruktur und Unternehmensführung, um dieverschiedenen Funktionen, wie Risikoanalysen, Abschlussvon Transaktionen, Reporting, Abwicklung undRechnungslegung zu erfüllen.

Die folgenden Punkte sollten in Überlegungen einbezogenwerden:

• Verständnis der Bandbreite an Finanzinstrumenten oder Derivaten im Markt, um die Gefährdung durch identifizierte Risiken abzuschwächen

• Bewertung von Nutzen, Kosten und Risiken, die mit der vorgeschlagenen Strategie und den zu benutzenden Tools verbunden sind

• Berücksichtigung von direkten Transaktionskosten für Hedginginstrumente wie Futures, Forwards, Swaps und Optionen

• Berücksichtigung der potentiellen systematischen Kosten von Hedging, die sich in der Gestalt der Forwardkurve widerspiegeln

• Berücksichtigung steigender Management- und operativer Kosten für die Einrichtung und Implementierung der erforderlichen Systeme

• Berücksichtigung der gestiegenen Kosten für die Einhaltung von gesetzlichen Auflagen, Anforderungen andie Rechnungslegung sowie Erfordernissen seitens der Anleger

• Beachtung der Einstufung von Hedgingtransaktionen unter Anwendung neuer Rechnungslegungsnormen

Jedes Hedgingprogramm, bei dem die vollständigenökonomischen Auswirkungen nicht genau verstanden,überprüft und gesteuert worden sind, kann unabhängigvom Einsatz von Derivaten katastrophale Auswirkungenfür ein Unternehmen, seine Mitarbeiter, Kunden, Zuliefererund andere Interessengruppen haben. Es gibt bekannteBeispiele von Hedgingprogrammen, welche aufgrundungenügender Kontrolle und Überwachung misslangen.

Obwohl die jüngsten bekannten Zusammenbrüche nichtdirekt durch die Anwendung von Derivaten zurRisikoabsicherung bedingt sind, unterstreichen siedennoch die Erfordernis einer guten CorporateGovernance und die Notwendigkeit, dass sowohlFührungs- als auch Nicht-Führungspersonal diezugrundeliegenden Risiken, einschließlich aller damitverbundenen Hedgingaktivitäten, in seinem Bereich vollversteht. Unserer Erfahrung nach versteht das SeniorManagement zwar in der Regel diese Risiken aufkonzeptioneller Ebene, aber es versäumt leider, einewirklich effektive und angemessene Steuerung sowieeinen unterstützenden Risiko-Management-Rahmen zuetablieren, so dass es weiterhin dem Risiko einerunzureichenden Kontrolle und Überwachung ausgesetztbleibt.

Fazit

Wenn es eine Grundregel bei der Entwicklung einesHedgingansatzes zu befolgen gilt, dann wäre es einevorherige umfassende Untersuchung des Risikoeinflusses.Es gibt keinen Ansatz, der zu jeder Gesellschaft passt,und kein Hedgingansatz wird für ein Unternehmen fürimmer passend sein. Dennoch ist es für die Erreichungeiner Best Practice im Risikomanagement wichtig, einegrundlegend stimmige Philosophie sowie eineZusammenstellung von Zielen zu identifizieren undbeizubehalten.

Bei der Ausgestaltung eines Risiko-Managements undHedgingansatzes für Ihr Unternehmen sollten diefolgenden Schlüsselfaktoren beachtet werden.

• Stellen Sie sicher, dass Ihre Hedgingphilosophie durch eine gründliche Darstellung, inwieweit sie einen Beitrag zum Shareholder Value leistet, gestützt werden kann (entweder durch das Hedging selbst oder vorzugsweise im Rahmen der weiter gefassten finanziellen Unternehmensstrategie)

• Nehmen Sie eine Business-Impact-Analyse vor, um genau zu verstehen und bewerten zu können, welchen Einfluss Commodityrisiken auf Ihr Geschäft haben und inwieweit sich Hedging auf die Zielsetzungen von internen und externen Interessensgruppen auswirkt

• Stellen Sie sicher, dass das sich ergebende Risikoprofil klar an Investoren kommuniziert wird

• Machen Sie regelmäßige Performancekontrollen Ihrer Hedgingstrategie, um sicherzustellen, dass sie den verfolgten Zielen gerecht wird. Hat sich das Unternehmen in einer solchen Weise geändert, dass derHedgingansatz überarbeitet werden muss?

Organisatorische Gestaltung und Prozesse

Das globale Geschäftsumfeld erfordert heutzutage einegrößere Transparenz bei der Beurteilung von Risiken undErträgen aus der Geschäftstätigkeit sowie breitere undtiefere finanzielle und nicht finanzielle Daten, umerfolgreiche Unternehmen von anderen abzugrenzen. DieKomplexität und Verschiedenheit von Interessensgruppenerfordern eine Fülle von Finanz- und Risiko-, sowieoperativen Performancedaten. Um diesen Anforderungenzu begegnen, haben führende Unternehmen eine effektiveorganisatorische Gestaltung, ein strengesunternehmensweites Risikomanagement, solideCompliance-Grundsätze und Prozeduren und CorporateGovernance-Rahmenbedingungen geschaffen, die denAnliegen dieser Interessensgruppen genau entsprechen.

Im Commoditygeschäft innerhalb der Energiewirtschaftwerden in der Regel folgende Aktionen getätigt:

• Erzeugung/Produktion von Strom, Öl und Gas• Transport von umfassenden Stromvolumina über weite

Distanzen mit Hilfe von Hochspannungsnetzen, oder von Gas und Öl über Pipelines oder Tankschiffe

• Weiterverteilung von Strom und Gas vom Leitungs-/ Transportsystem zum Kunden und/oder Auslieferung von Öl und Gas, Kohle, Erz etc. mit Tanklastern

• Belieferung von Groß- und Einzelhandel- Servicedienstleistungen zur Erleichterung des Kaufs undVerkaufs von physischen Rohstoffen (z.B. Kundenmarketing, Messungen oder Rechnungsstellung)

• Handel und Sicherung - Handel mit und Absichern von Risiken im Zusammenhang mit Rohstoffen.

Die Art und Weise, wie Unternehmen dieunterschiedlichen Dienstleistungen organisieren, variiertvon Gesellschaft zu Gesellschaft. Einige Unternehmen, dieihre Dienstleistungen beispielsweise sowohl für dieErzeugung als auch für den Handel mit Rohstoffenanbieten, werden diese Dienstleistungen in getrennten,rechtlich selbstständigen Gesellschaften unter dem Dacheiner Muttergesellschaft organisieren, während andereUnternehmen diese in nur einer rechtlichen Einheitabwickeln würden. Unabhängig von der jeweiligenspezifischen organisatorischen Gestaltung haben führendeUnternehmen eine solide Organisationsstruktureingerichtet, die jeder der einzelnen Dienstleistungenspezifische Verantwortung und Zuständigkeit zuweist.

Für Unternehmen, die mehrere der oben genanntenDienstleistungen in einer Einheit zusammengeführt haben,geht die Zielsetzung der Zuweisung klarer Rollen undVerantwortungen meistens mit der Schaffung getrennterAbteilungen/Business Units einher, die für eines odermehrere der Hauptfelder, einschließlich Marketing undRetailing, Produktion, Optimierung und Bilanzierung (unterder Voraussetzung, dass der Bereich für die physischeKomponente des Rohstoffs wichtig ist) sowie Trading undHedging verantwortlich sind. In der Praxis gibt es vieleunterschiedliche Lösungen zur Organisation dieserVerantwortlichkeiten. So stellen einige Unternehmen dieOptimierung und Bilanzierung unter die Verantwortlichkeitdes Handels und haben diese Funktionen in einegesonderte Abteilung fernab von der Handelsabteilungverschoben.

Bei führenden Unternehmen gibt es eine klare Ausrichtungin Richtung unabhängiger Risikomanagement-Funktionen,bei dem das überbetriebliche Risikomanagement aufzentraler Ebene eingerichtet wird und sich neben anderenFunktionen für die Konsolidierung der Risiken zwischenden Business Units und für die einzelnen Rohstoffe (z.B.Öl, Gas und Strom) verantwortlich zeigt. Danebenunterstützt ein Middle Office auf dezentraler Ebene und istim Wesentlichen für die individuellen Risiken derjeweiligen Business Unit verantwortlich. In diesem Modellerstatten die Middle Offices Bericht an dasüberbetriebliche Risikomanagement über die Einhaltungvon Richtlinien und hinsichtlich des Risiko-Reportings.Aus operativer Sicht, die auf eine verbesserte Kontrollevon Risikoaktivitäten, -vorgängen und -routinen sowie dieBefolgung von Controlling-Limits auf Ebene der BusinessUnits zielt, ist diese Struktur vorteilhaft.

Eine der Herausforderungen von unabhängigen unddezentralisierten Risikomanagement-Funktionen istsicherzustellen, dass individuelle Risikokomponenten aufEbene der Abteilung/Business Unit aggregiert und aufzentraler Ebene überwacht werden und dassHedgingprogramme voll in die Geschäftsaktivitäten, wiezum Beispiel Verkauf und Produktion, integriert werden.Die Verantwortung für die Risiken der Business Unitsverbleibt in der Regel bei der Business Unit, um einegenaue Identifikation entstehender Risiken sicherzustellen.

20 Einbettung von Commodity-Risikomanagement in die Organisation

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Führende Unternehmen haben eine Risikomanagement-Infrastruktur implementiert, die Preise, Volatilitäten,Fälligkeiten, Größenschwankungen und Basisrisikenübergreifend über alle Abteilungen/Business Units undRohstoffe überwacht. Sie haben die Implementierungadäquater interner Prozesse sichergestellt, umbeispielsweise Risiken von den Produktions- undMarketingabteilungen zum Trading und Hedging zutransferieren und so die in der Produktion und im Absatzeingeschlossenen Preisrisiken richtig steuern zu können.Zur Erreichung dieser Zielsetzung haben Unternehmenentsprechende Mechanismen zum internen Transfer-Pricing entwickelt, durch die Risiken genau transferiertwerden können und das Ergebnis je Abteilung/BusinessUnit bestimmt werden kann.

Angesichts der großen Bedeutung einer effizientenStruktur für die Performance-Messung und das Reportingvon Risikomaßnahmen zwischen den Geschäftsbereichenund Rohstoffen haben führende Unternehmen eine Buch-(auch Portfolio-)struktur implementiert, welche dieorganisatorische Struktur unterstützt. Diese Buch-Strukturspiegelt auf unterer Ebene die unterschiedlichen Rollenund Verantwortlichkeiten für jeden Geschäftsbereich undjeden Rohstoff eher in ihren Einzelheiten wider als es dieOrganisationsstruktur ermöglicht. Die Buchstruktur erfasstindividuelle Rohstoffvertrags-Daten und wird zurIdentifizierung, Bewertung und Überwachung von Risikenund Erträgen verschiedener Aktivitäten sowie zurBereitstellung von Informationen für Konsolidierungenzwischen Business Units und Rohstoffen genutzt.

Wesentliche Unterschiede zwischen externemund internem Reporting

Wie bereits erwähnt, wächst durch die Komplexität undVielfalt der Interessensgruppen die Notwendigkeit vonumfangreichen finanziellen und operativenPerformancekennzahlen. Die Größe internationalerUnternehmen kann die Tendenz nach sogenannten'Reporting Silos', in denen verschiedeneGeschäftsbereiche und Standorte unterschiedlichsteDaten erfassen und offenlegen, weiter unterstützen.Dennoch versuchen führende Unternehmen einschlüssiges Reporting und ein Rahmenkonzept zuinstallieren, welche die Bedeutung von aussagekräftigenReporting-Standards und Verfahren herausstellen, um dieReputation, den Aktienpreis und die Geschäftsfähigkeitdes Unternehmens zu erhalten. Diese Unternehmenintegrieren außerdem alle Reporting-Funktionendurchgehend in der gesamten Organisation desUnternehmens und eliminieren so effektiv möglicheInformationssilos. Die effektivsten Reporting-Rahmenkonzepte erweitern den Umfang und die Art dererhobenen Daten, um eine konsistente und zeitnaheBekanntgabe von finanziellen und operativen Kennzahlenan das Management, an Regulierungsbehörden undandere Interessengruppen zu gewährleisten.

Obwohl führende Unternehmen ihre Datensammlungs-Prozesse in die verschiedenen Reportingfunktionenintegriert haben, können die Informationen im externenReporting deutlich von denen im internen Reportingabweichen. Ein offensichtlicher Grund dafür ist, dass nichtalle internen Informationen für externe Adressaten relevantoder geeignet sind. Das Management nutzt dieInformationen wie das historische Ergebnis und auchzukünftige Ziele und Erwartungen hauptsächlich zurSteuerung des Unternehmens, aber veröffentlicht sensibleund wettbewerbsrelevante Informationen nicht imexternen Reporting. Dabei ist wichtig zu erwähnen, dassIFRS 7 den Unternehmen vorschreibt, ihr externesReporting von Finanzinstrumenten und finanziellen Risikenauf Basis ihres internen Managementreportings zuentwickeln. Dadurch kann die Reporting-Lücke teilweisegeschlossen werden.

Zum Zweck der Risiko- und Performancemessung enthältdas interne Reporting Informationen zu aktuellen underwarteten Preisen, Volatilitäten, aktuellen Mengen,Volumenveränderungen, Fristigkeiten, Basisrisiken und zurEinhaltung interner Limite der Abteilungen/Business Unitsund Rohstoffe. Diese Informationen ermöglichen demManagement die Wahrung der Kontrolle sowie dieErgebnisüberwachung; sie werden jedoch nicht imRahmen des externen Reportings veröffentlicht.

Schließlich entstehen Unterschiede zwischen internemund externem Reporting durch die Tatsache, dassexternes Reporting den Vorgaben derRechnungslegungsstandards unterworfen ist, wohingegeninternes Reporting eher von Unternehmensrichtlinien,Unternehmensführung und -kultur abhängt und daher dieökonomische Realität manchmal besser widerspiegelt.Das beste Beispiel für diese Abweichung zwischeninternem und externem Reporting sind ökonomischeSicherungsbeziehungen, für die aus technischen Gründenkein Hedge-Accounting angewendet werden kann und fürdie es dadurch zu zeitlich unterschiedlichem Ausweis imexternen Reporting kommt.

Rechnungslegung / Bilanzierung nach IFRS

Das Bilanzierungs-Risiko innerhalb des Commodity-Risikomanagements bezieht sich hauptsächlich aufFinanzinstrumente. Die Bilanzierung vonFinanzinstrumenten nach den International FinancialReporting Standards (IFRS) kann einen bedeutendenEinfluss auf den Jahresabschluss des Unternehmenshaben. Dieses externe Reporting entspricht oft nicht deminternen Reporting eines Unternehmens und erfordertumfassende Kenntnis der Bilanzierung und Abstimmungbeider Reportings sowie die Überleitung. Die dreiHauptfelder im Zusammenhang mit Commodity-Handelsind Derivate, eingebettete Derivate und HedgeAccounting.

DerivateÜblicherweise werden beim Commodity-Trading derivativeFinanzinstrumente genutzt. Derivate ohne physischeLieferung des zugrundeliegenden Rohstoffs fallen unterden Anwendungsbereich des International AccountingStandard (IAS) 39 und werden zum Fair Value angesetzt,wobei Veränderungen des Fair Values ungeachtet derVerwendung erfolgswirksam in der Gewinn- undVerlustrechnung erfasst werden. Für Commodity-Derivatemit physischer Lieferung des zugrundeliegendenRohstoffs (wie Öl, Gas, Strom, Kohle und CO2) gibt eskeine industriespezifischen Lösungen in derRechnungslegung. Dies stellt die Unternehmen bei derBilanzierung vor große Herausforderungen.

Kontrakte mit physischer Erfüllung im Rahmen dergewöhnlichen Geschäftstätigkeit ("Own Use") derGesellschaft sind von der Anwendung des IAS 39ausgenommen. Aus dem Anwendungsbereich des IAS 39sind solche Own Use-Kontrakte ausgenommen, die mitder Absicht geschlossen wurden und gehalten werden,einen nicht-finanziellen Posten zu liefern oder zu erhaltenund deren Vertragsklauseln einen Barausgleich oderAusgleich durch Lieferung eines anderenFinanzinstruments (IAS 39.6 a) vorsehen, oder bei denender Vertragsgegenstand ein Rohstoff ist, der jederzeit inZahlungsmittel umgewandelt werden kann (IAS 39.6 d).Kontrakte, die eine geschriebene Option für einenzugrunde liegenden Rohstoff darstellen, für den einBarausgleich möglich ist, müssen immer als Derivat nachIAS 39 behandelt werden.

Ein Kernpunkt besteht darin, dass Rohstoff-Handelsaktivitäten normalerweise die Verträge nicht in derArt unterscheiden, wie es die IFRS tun. Meistens werdenPortfolios für Derivate auf Basis ökonomischer stattbilanzieller Anforderungen zusammengestellt. InExtremfällen hat ein Unternehmen nur ein Portfolio für alleseine Derivate. Dies hat einen bedeutenden Einfluss, danach IFRS ähnliche Verträge auf die gleiche Art und Weisebilanziert werden. Die Buch-Struktur hat Auswirkungen aufdie Bilanzierung und daher sollten Buch-Strukturenimplementiert werden, um BilanzierungseinflüssenRechnung zu tragen. Solche Buch-Strukturen sollten derOrganisation und dem Risikomanagement derGesellschaft entsprechen. Eine übliche Buch-Struktur füreine Gesellschaft ist wie folgt:

• Own-Use Bücher für Derivate, die nur zum Kauf und Verkauf von Rohstoffen im Rahmen der normalen Geschäftstätigkeit benutzt werden (Handelsaktivitäten gehören nicht dazu)

• Handelsbücher für reine Spekulationen und weitere Bücher für Optimierung und sonstige Aktivitäten, die nicht als “own-use” einzuordnen sind.

Solche Buch-Strukturen vermeiden es, dass im Rahmender normalen Geschäftstätigkeit abgeschlosseneKontrakte als Derivate zum Fair Value bilanziert werdenmüssen.

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Eingebettete DerivateLangfristige Rohstoff-Lieferverträge enthalten häufig einePreisindexierung auf Basis eines Rohstoffes, der von demzu liefernden Rohstoff im Vertrag abweicht. SolcheVerträge enthalten eingebettete Derivate, die unterUmständen abgegrenzt und nach IAS 39 als Derivatbilanziert werden müssen. Beispiele hierfür sindBrennstoffpreise, die mit dem Strompreis oder anderenProdukten verknüpft sind oder eine Preisformel, die eineInflationskomponente enthält.

Solche Preisklauseln müssen abgetrennt werden, wenn:

(a) die ökonomischen Eigenschaften und Risiken des eingebetteten Derivats nicht eng mit den ökonomischen Eigenschaften und Risiken des Basisvertrages verbunden sind,

(b) ein separates Instrument mit den gleichen Vertragsbedingungen wie das eingebettete Derivat dieDefinition eines Derivats erfüllen würde und

(c) das hybride Instrument nicht erfolgswirksam zum Fair Value bewertet wird (d.h. ein Derivat, das in einem erfolgswirksam zum Fair Value bilanzierten finanziellenVermögenswert oder eine finanzielle Schuld eingebettet ist, wird nicht separiert).

Solche eingebetteten Derivate, die nicht in engemZusammenhang mit dem Hauptkontrakt stehen, müssenvom Basisvertrag separiert werden und ergebniswirksamzum Fair Value bilanziert werden.

Innerhalb des Commodity-Risikomanagements werdensolche Verträge oft als natürliche Sicherungsgeschäfte fürspezielle Vermögensgegenstände, wie zum Beispiel fürKraftwerke, genutzt. Ein Kraftwerksbesitzer schließtlangfristige Stromlieferverträge mit Preisklauseln ab, diedie Investitions- und Erzeugungskosten des Kraftwerkswiderspiegeln. Diese Verträge werden als natürlicheSicherungsgeschäfte für Risiken aus solchen Kraftwerkengesehen und dienen somit der Reduzierung desRisikoexposures. Aus Sicht der Bilanzierung wird daseingebettete Derivat grundsätzlich zum Fair Valuebewertet, das Kraftwerk und die zukünftige Produktionjedoch nicht, wodurch hohe Ergebnisvolatilitätenentstehen. Eine Lösung hierfür könnte Hedge Accountingdarstellen, welches allerdings schwierig umzusetzen ist.

Hedge AccountingHedging, wie es im Risikomanagement verstanden wird,ist kein Hedge Accounting. Letzteres spiegelt nur dieTechnik wider, Zusammenhänge zwischen einem Hedge-Instrument und einer gesicherten Position bilanziell zuerfassen. Hedge Accounting kann die Volatilität vonHandelstransaktionen abschwächen. Die praktischeErfahrung mit Hedge Accounting hat gezeigt, dass dasErfüllen aller Anforderungen lästig sein kann. Die meistenSicherungsbeziehungen im Hedge Accounting sind Mikro-Hedges und keine Portfolio-Hedges. Makro-Hedges, dieim ökonomischen Hedging durchaus auch möglich sind,sind nach IAS 39 nicht erlaubt. Zwei Haupthürden beimHedge Accounting sind die Dokumentation und dieMessung der Effektivität. Zu Beginn derSicherungsbeziehung muss eine detaillierte formaleDokumentation vorgenommen werden (Designation derHedge-Beziehung). Diese muss beispielsweise diegesicherte Position, das Hedginginstrument, dasabgesicherte Risiko und die Beurteilung der Effektivitätumfassen. Um Hedge Accounting anzuwenden, muss dieprospektive (künftige) und retrospektive (vergangene)Effektivität zwischen 80% und 125% liegen und i.d.R.vierteljährlich neu beurteilt werden. Diese hohenAnforderungen werden bei ökonomischenSicherungsgeschäften in der Regel nicht verlangt. Ausdem Hedge Accounting resultierende Ineffektivitätenwerden immer in der Gewinn- und Verlustrechnungergebniswirksam gebucht.

Aktives Commodity-Risikomanagement, wiebeispielsweise eine dynamische Hedgingstrategie,erfordert den regelmäßigen Abschluss und dieregelmäßige Ausbuchung von Sicherungsgeschäften. Umalle Bilanzierungsanforderungen erfüllen zu können,sollten Systeme zur zeitgerechten Dokumentation allerAnforderungen zur Verfügung stehen. Beim dynamischenHedging sind die Effektivitätstests komplex und könnenzu weiteren Ineffektivitäten führen. Zum Beispiel kann ineiner dynamischen Hedgingstrategie eineSicherungsbeziehung aus dem Kauf eines Derivats zuMarktkonditionen entstehen. Nach der De-Designationwürde das Unternehmen unter Umständen zu einemspäteren Zeitpunkt ein Derivat in einer neuenSicherungsbeziehung designieren. Dann liegen demDerivat andere Konditionen zugrunde als die aktuellenMarktbedingungen und der Fair Value ist ungleich Null.Dies kann zu einer weiteren Ineffektivität in derBilanzierung führen.

WetterderivateWetterderivate sind entweder Versicherungsverträge undfallen in den Anwendungsbereich des IFRS 4 oder sie sindFinanzinstrumente im Anwendungsbereich des IAS 39.Versicherungsverträge sind solche Kontrakte, bei deneneine Zahlung nur dann erforderlich ist, wenn einbestimmtes Niveau der zugrundeliegenden klimatischen,geologischen oder sonstigen physischen Variablen denVertragshalter negativ beeinflussen. Die Zahlung ist vonVeränderungen einer physischen Variablen abhängig, diefür eine Vertragspartei von besonderer Bedeutung ist.Kontrakte, die ab einem bestimmten Level derzugrundeliegenden Variablen und unabhängig davon, obdie Variable einen negativen Effekt auf den Vertragshalterhat, eine Zahlung fordern, sind Derivate und fallen unterIAS 39. Derivate müssen ergebniswirksam zum Fair Valuebilanziert werden.

Rechnungslegung / Bilanzierung nachHGB/BilMoG

(Commodity-) DerivateNach HGB sind Derivate schwebende Geschäfte. Sofernsie nicht in eine Bewertungseinheit einbezogen werden(siehe nachfolgende Ausführungen), gelten mangelsspezifischer Vorschriften die allgemeinenBilanzierungsgrundsätze. Demzufolge ist dasImparitätsprinzip anzuwenden, wonach einemunrealisierten Verlust mit dem Ansatz einer Rückstellungfür drohende Verluste aus schwebenden GeschäftenRechnung zu tragen ist. Ein unrealisierter Gewinn wirddagegen nicht bilanzwirksam.

Eingebettete (Commodity-) DerivateAnalog zur Bilanzierung freistehender Derivate existierenauch keine spezifischen Regelungen für die Bilanzierungvon eingebetteten Derivaten. Allerdings kann auf dieStellungnahme des IDW zur einheitlichen oder getrenntenBilanzierung strukturierter Finanzinstrumente (IDW RS HFA22) abgestellt werden.

Nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung(GoB) sind Vermögensgegenstände und Verbindlichkeitenjeweils als Ganzes zu bilanzieren und einzeln zu bewerten.Da die Bestandteile eines strukturierten Produkts zu einerEinheit verbunden sind, spricht dies für die einheitlicheBilanzierung des Instruments. In diesem Fall finden dieallgemeinen Bilanzierungsgrundsätze Anwendung. Wennallerdings das strukturierte Produkt aufgrund derEinbettung des Derivats im Vergleich zum Basisinstrumenthöhere oder gar zusätzliche Risiken oder Chancenaufweist, sind beide Bestandteile nach den jeweilsmaßgeblichen Bilanzierungsgrundsätzen separat zubilanzieren. Dabei sind die Anschaffungskosten desstrukturierten Produkts im Verhältnis der beizulegendenZeitwerte der einzelnen Bestandteile aufzuteilen.

Strukturierte Finanzinstrumente im Sinne des HFA 22liegen jedoch nur vor, wenn es sich bei demBasisinstrument um einen Vermögensgegenstand mitForderungscharakter (z.B. Ansprüche aus Krediten,Schuldscheindarlehen oder Anleihen) bzw. entsprechendeVerbindlichkeiten handelt, das mit einem Derivatvertraglich zu einer Einheit verbunden ist. Damit fallenbspw. energiewirtschaftliche Liefer- bzw.Beschaffungsverträge nicht in den Anwendungsbereichdes HFA 22, selbst wenn sie eine Indexierung (z.B.Kohlepreisindexierung) beinhalten.

BewertungseinheitenMit dem am 3. April 2009 durch den Bundesratverabschiedeten Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz(BilMoG) wird die umfassendste Änderung des HGB seitEinführung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes (BiRiLiG) von1985 rechtskräftig. Das bisherige HGB-Bilanzrecht solldamit zu einer „vollwertigen, aber kostengünstigeren undeinfacheren Alternative“ zu den internationalenRechnungslegungsstandards (IFRS) entwickelt werden.

Für Unternehmen in der Öl- und Gas- sowieStromindustrie sind insbesondere die Änderungen zurBilanzierung von Bewertungseinheiten von Interesse:aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit schließen dieseUnternehmen eine Vielzahl von Rohstoff-Derivaten zurSicherung des operativen Geschäfts ab. Die adäquatebilanzielle Abbildung dieser wirtschaftlichen Sicherungerfolgte bisher mittels Bildung von Bewertungseinheiten,jedoch ohne rechtliche Grundlagen. Mit dem BilMoG wirddie Bildung und Bilanzierung solcher Bewertungseinheitenim neuen § 254 HGB n.F. erstmals kodifiziert.

Nach § 254 HGB n.F. liegt eine Bewertungseinheit vor,wenn Vermögensgegenstände, Schulden, schwebendeGeschäfte oder mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarteteTransaktionen (Grundgeschäfte) mit Finanzinstrumenten(Sicherungsgeschäfte) zusammengefasst werden, umWertänderungen oder Zahlungsströme aus dem Eintrittvergleichbarer Risiken abzusichern. Als Finanzinstrumentezur Sicherung gelten nach § 254 HGB n.F. auchTermingeschäfte über den Erwerb oder die Veräußerungvon Waren. Möglich sind sowohl Mikro-, Portfolio- alsauch Makro-Bewertungseinheiten.

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In dem Umfang und für den Zeitraum, in dem sich dieWertänderungen bzw. Zahlungsströme aus Grund- undSicherungsgeschäft ausgleichen, hebelt § 254 HGB n.F.die allgemeinen bilanzrechtlichen Vorschriften für dieBilanzierung von Grund- und Sicherungsgeschäft teilweiseaus. Die sich ausgleichenden Wertänderungen bzw.Zahlungsströme beider Geschäfte sind dann entwedernicht zu erfassen (sog. Einfrierungsmethode) oder durchdie Gewinn- und Verlustrechnung zu buchen (sog.Durchbuchungsmethode). Die Anwendbarkeit dieserMethoden ist für den Einzelfall zu prüfen; dieDurchbuchungsmethode ist bei der Absicherung mit hoherWahrscheinlichkeit erwarteter Transaktionen wohl nichtmöglich.

Die Anwendung des § 254 HGB n.F. zieht jedochumfangreiche Offenlegungspflichten nach sich. Die nach § 285 Nr. 23 HGB n.F. erforderlichen Angaben sind imAnhang zu machen, sofern sie nicht bereits imLagebericht gemacht wurden. Offenzulegen sind nebender Art und Höhe des abgesicherten Risikos, der Betrag,mit dem das Grundgeschäft in die Sicherungsbeziehungeinbezogen wurde, und die Art der gebildetenBewertungseinheit. Darüber hinaus sind insbesondereauch Angaben zur Wirksamkeit der Sicherungsbeziehungsowie zur Ermittlung der Wirksamkeit zu machen. Fürabgesicherte antizipative Geschäfte ist zu erläutern,warum mit deren Eintritt mit hoher Wahrscheinlichkeitgerechnet werden kann.

Bewertung (IFRS)

In der Regel ist die Bewertung von standardmäßigenRohstoffkontrakten, wie beispielsweise ein Strom-Baseload-Terminkontrakt mit einer Laufzeit innerhalb derliquiden Marktperiode, kein großes Problem für die imCommodity-Handel tätigen Unternehmen, da hierfürTerminpreise zur Verfügung stehen. Umso häufiger ist abereine Bewertung für Rohstoffe in nicht-liquiden Märkten,zum Beispiel in Entwicklungsmärkten Osteuropas oderGasmärkten einiger zentraleuropäischer Staatennotwendig. Manchmal enthalten die Verträge auchMarkteinflüsse, die sich nicht auf verfügbare Terminpreisebeziehen, zum Beispiel langfristige Gasverträge mit einerIndexierung zu statistischen Indizes wie beispielsweiseSchweröl (heavy fuel oil - HEL). Wenn für einen Rohstoffkeine Marktquotierungen verfügbar sind, leitenUnternehmen die Terminpreise meistens vonvergleichbaren Rohstoffen in einem anderen Markt, mitAnpassungen beispielsweise für den Transport, ab.

In solchen Fällen müssen die Grundsätze des IAS 39, inbesonderem die Fair Value Hierarchie, beachtet werden,um die Verträge zu Bilanzierungszwecken bewerten zukönnen. Wenn ein Kontrakt mit Indizes, für die es keineTerminpreise gibt, bewertet werden soll, müssenUnternehmen ihre eigene Vorhersage für den Terminpreisder Indizes innerhalb dieses Kontrakts heranziehen unddiese Einflüsse in ihren Bewertungsmodellenberücksichtigen. Ansätze zur Herleitung vonPreisvorhersagen unterscheiden sich in der Praxis undreichen von Trendanalysen und Regressionsanalysen biszu Monte-Carlo-Simulationen etc. Wenn solcheVorhersagen als ein Input in den Bewertungsmodellen fürdie Bilanzierung benutzt werden, sollte die Methode zurHerleitung der Vorhersagen angemessen und nachprüfbarsein.

Kreditrisiken bei der PreisbildungKreditrisiken sollten aus Sicht der Bilanzierung bei derBewertung von Rohstoffkontrakten und bei derentsprechenden Preisbildung berücksichtigt werden.Kreditrisiken, wie auch andere Bewertungsfaktoren,sollten auf den Annahmen eines unabhängigenMarktteilnehmers und nicht auf denen des Unternehmensbasieren. Das Risiko ist keineswegs beschränkt auf dieVerbraucherseite, sondern besteht auch auf Seite derAnbieter. Die übliche Verfahrensweise in derRohstoffindustrie besteht darin, dass solche Risiken beider Preisbildung nicht direkt mit einbezogen werden,sondern auf andere Weise Berücksichtigung finden (z.B.Kontrahentenlimite). In der Theorie sollte eine Prämievereinbart werden, die vom Risiko der Gegenparteiabhängig ist. Dadurch würde eine Partei mit bessererBonität einen besseren Preis bekommen als einUnternehmen mit niedriger Kreditwürdigkeit.

Preisbildung für Transport und KapazitätDie Preisbildung für Transport- und Kapazitätsverträgeinnerhalb einer Rohstoffindustrie bleibt weiterhin eineHerausforderung. Generell liegen für Kapazitätsverträgekeine Marktpreise vor, und der Transport hängt von derspezifischen Marktstruktur des zugrundeliegendenRohstoffes ab. Eine Basis für die Bestimmung desTransportpreises sollte die Preisdifferenz aus demgelieferten Rohstoff zwischen den verschiedenen Märktensein (z.B. die Marktpreisdifferenz zwischen den lokalenMärkten, auf denen der Rohstoff gefördert und geliefertwird). Da Transportkapazitäten in der Regel limitiert undMärkte nicht perfekt sind, stellt der Wert derTransportkapazität eine tatsächliche Erhöhung des Wertesder reinen Transportdienstleistung dar und ermöglichtdadurch Arbitragegewinne. Förderverträge werden in derRegel unter Heranziehen eines Marginal-Pricing-Modellsbewertet.

Bewertung von EU Emissionzertifikaten – CER SwapsMit der Etablierung des CER-Marktes habenUnternehmen begonnen EU-Emissionshandel-CER-Swaps abzuschließen, um bestehendeMarktpreisdifferenzen zwischen EUAs und CERsauszunutzen. Unabhängig von der Bilanzierungssicht,sind diese Swaps mit Basisswaps vergleichbar. Einigezusätzliche Schwierigkeiten sollte man bei der Bewertungsolcher Verträge jedoch im Hinterkopf behalten, wiebeispielsweise die verschiedenen Risikoniveaus zwischenregistrierten und nichtregistrierten Projekten und dieZeitskala jenseits von 2012. Mit diesen Überlegungengehen Liquiditätsrisiken, die Einführung des ITL(International Transaction Log) und das Kreditrisiko derGegenpartei einher.

Steuern

Grenzüberschreitender Handel und Risikomanagement-Transaktionen innerhalb internationaler Öl- und Gas-sowie Kraftwerks-Gruppen müssen auch aus steuerlicherSicht genau strukturiert werden, mit besonderemAugenmerk auf die Verrechnungspreisgestaltung. Diejeweiligen nationalen Regierungen werden genau daraufachten, dass die Unternehmen in ihrem Land ausreichendsteuerbare Gewinne erwirtschaften. Eine solcheAngemessenheit wird wesentlich von den durchgeführtenTätigkeiten, den enthaltenen Risiken und denVermögenswerten eines Unternehmens im Vergleich zuseinen Handelspartnern abhängen. Außerdem müssenNeustrukturierungen des Geschäfts sorgfältig geplantwerden, da immer mehr Steuerbehörden ihrenSteueranspruch bei Funktionsverlagerungen ins Auslandgenau überprüfen. Wenn beispielsweise einVersorgungsunternehmen seine Handelsaktivitäten ineinem Land mit einem vorteilhaften Steuerumfeldzentralisiert, werden die Steuerbehörden des Landes, indem die Funktionseinheit bisher operiert hat, unterUmständen eine Abwanderungsgebühr erheben, die denVerlust der Geschäftstätigkeit und den damit verbundenenentgangenen Steuervorteil kompensieren soll. Dahergewinnt die modernste Planung vonVerrechnungspreisgestaltungen deutlich an Bedeutung,um grenzüberschreitende Aktivitäten zu optimieren undRisiken zu kontrollieren.

Wenn ein neues Handelsdrehkreuz in einem Land mitgeringer Besteuerung errichtet wird, werden die Erträgeaus dem Handel in diesem Land steuerbar. Folglichwerden die Handelserträge von den geringenSteuersätzen profitieren und demnach die effektiveBesteuerungsrate des Konzerns verringern. Nachdem dieEntscheidung gefallen ist, wo die Handelsaktivitätenangesiedelt oder wohin sie verlagert werden, wird dasUnternehmen der Frage gegenüber stehen, ob dieHandelsaktivitäten eine permanente Repräsentanz ineinem anderen Land erfordern.

Das Unternehmen kann dies z.B. umsetzen, wenn einServer genutzt wird, der in einem anderen Land steht oderwenn Angestellte in ausländischen Büros für dasUnternehmen arbeiten. Daraus kann jedoch dieKonsequenz erwachsen, dass die Handelsaktivitäten unterdie Gesetzgebung dieses Land fallen. Außerdem muss beijeder Entscheidung für oder gegen die Auslagerung desHandels in ein anderes Land miteinbezogen werden,inwieweit Verluste aus dem Derivatehandel gegen andereErträge aufgerechnet werden können, da in manchenLändern die Anrechnung solcher Verluste für steuerlicheZwecke begrenzt ist.

Zusätzlich zu den Einkommenssteuer-Konsequenzen führtdie mehrwertsteuerliche Behandlung vongrenzüberschreitendem Handel und Risikomanagement-Transaktionen zu einer weiteren Ebene an Komplexität inder Steuerplanung. Trotz der Veränderungen der sechstenMehrwertsteuer-Richtlinie bezüglich des Handels vonStrom und Naturgas in gasförmigem Zustand durch dieEU-Richtlinie 2003/92/EG ist die Anwendung dieser neuenRegelungen offensichtlich noch so komplex und begrenzt,dass die EU-Kommission den Entwurf einer sogenannten“technischen Richtlinie” vorgestellt hat. Diese Richtlinieenthält einen Artikel, der die mehrwertsteuerlicheBehandlung von Strom und Naturgas klärt und außerdemden Anwendungsbereich der Regelungen ausdehnen wird,zum Beispiel auf LNG, Wärme und Kälte. Diesetechnische Richtlinie liegt dem Rat der EU im Entwurf vor,über eine geplante Diskussion und Verabschiedung durchden Rat sind derzeit jedoch keine konkreten Informationenbekannt.

Alle EU Mitgliedstaaten haben der mehrwertsteuerlichenBehandlung des Emissionsrechthandels zugestimmt,obwohl die aktuelle Praxis nicht immer den vereinbartenRegelungen folgt. Es besteht eine gewisseWahrscheinlichkeit, dass in der Zukunft andere Formenvon Zertifikaten in der gleichen Weise behandelt werden,aber dies ist keineswegs sicher. Während diemehrwertsteuerliche Behandlung von Rohstoffen selbstrelativ klar ist, gilt dies nicht für Derivate. Derzeit wird mankeine zwei EU-Mitgliedstaaten finden, die dieverschiedenen Futures, Forwards, Optionen und Swapsauf die gleiche Weise behandeln. Dies wird sichhoffentlich ändern, wenn die Entwürfe der EU zurmehrwertsteuerlichen Behandlung von Finanz- undVersicherungsdienstleistungen in nationales Rechtumgewandelt worden sind. Allerdings wird dies noch einegewisse Zeit dauern. Derzeit besteht nur eineDiskussionsvorlage und noch nicht einmal einausgehandelter Entwurf.

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Wie kann PwC helfen? 27

PwC verfügt über ein globales Expertenteam für Rohstoffhandel und Risikomanagement imÖl- und Gas- sowie Strombereich. Wir können Ihr Unternehmen bei allen Fragen bezüglichdes Rohstoffhandels unterstützen und bieten dabei unter anderem Folgendes an:

Strategien und Richtlinien

• Entwicklung klarer Ziele für Rohstoff-Risikomanagement und -Handel innerhalb des Unternehmens, die der unternehmensspezifischen Risikokapazität und Risikofreudigkeit entsprechen.

• Entwicklung genau definierter Verfahrensweisen und Strategien zum Rohstoffhandel und -management. • Anpassung bestehender Verfahrensweisen und Strategien entsprechend den Änderungen der Märkte und

neuen Entwicklungen

Rohstoffhandel

• Gestaltung von Organisation und Prozessen • Implementierung von Organisation und Prozessen• Verbesserung der Effektivität und Effizienz des Handels • Testen/Prüfung des Kontrollrahmens für den Handel

Handelssysteme

• Unterstützung bei der Auswahl eines passenden Rohstoff-Handelssystems• Implementierung und Einrichtung der Systeme• Überprüfung der Systeme

Compliance

• Unterstützung bei der Umsetzung regulatorischer Anforderungen (z.B. MiFID)• Unterstützung bei der Zusammenarbeit mit nationalen Behörden (z.B. BaFin)• Überprüfung der Einhaltung von regulatorischer Anforderungen

Governance

• Unterstützung des Managements bei der Gestaltung des Führungs- und Kontrollrahmens• Unterstützung der internen Revision von Handelsaktivitäten • Schulungen für Management, interne Revision und sonstige Mitarbeiter

Accounting

• Unterstützung bei der Beurteilung der bilanziellen Auswirkungen neuer Produkte• Unterstützung bei der Erstellung von Bilanzierungsrichtlinien einschließlich passender Tools• Unterstützung bei der Entwicklung von Buch-Strukturen nach IAS 39• Schulungen im Bereich Rechnungslegung

Steuern

• Unterstützung bei Transferpreisen• Unterstützung bei Fragen hinsichtlich der Mehrwertsteuer• Neubewertung von Rohstoff-Handelspositionen • Tax Due diligence von Rohstoff-Handelsaktivitäten

Global contacts

Manfred WiegandGlobal Utilities LeaderTelefon: +49 201 438 1517Email: [email protected]

Claus BanschbachAssurance Leader Energy DeutschlandTelefon: +49 89 5790 5300Email: [email protected]

Folker TrepteLeader Energy Trading & Risk ManagementTelefon: +49 89 5790 5530Email: [email protected]

Michael BergerPublic ServicesTelefon: +49 911 94985 232Email: [email protected]

Olaf MaulshagenEnergy Trading & Risk ManagementTelefon: +49 211 981 1273Email: [email protected]

Dr. Jörg SchwerdtfegerEnergy Trading RegulatoryTelefon: +49 69 9585 6595Email: [email protected]

Sven WalterscheidtEnergy Trading & Risk ManagementTelefon: + 49 211 981 1608Email: [email protected]

Weitere Informationen

Dominik RolandOperations Manager EnergyTelefon: +49 201 438 1331Email: [email protected]

28 Ihre Ansprechpartner

PricewaterhouseCoopers liefert industriespezifische Dienstleistungen in denBereichen Assurance, Tax und Advisory und baut das öffentliche Vertrauen sowieden Wert seiner Kunden und ihrer Interessensvertreter auf. In 150 Ländern tauschen146.000 Mitarbeiter über unser Netzwerk Gedanken, Wissen, Erfahrung undLösungen aus, um neue Perspektiven und praktische Ratschläge zu entwickeln.

PricewaterhouseCoopers bezeichnet das Netzwerk der rechtlich eigenständigenMitgliedsfirmen von PricewaterhouseCoopers International Limited

Die Global Energy, Utilities and Mining Group (www.pwc.com/energy) ist führenderAnbieter professioneller internationaler Dienstleistungen für Energie, Versorgung undBergbau und betreut seine Kunden durch ein globales Netzwerk hoch engagierterSpezialisten.

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