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Die Anpassung des Didaktikkurses "Learning that LASTS" an die Bedürfnisse indigener Studenten in Mexiko Marc Schwab Kursarbeit für ICS 6081 Interkulturelles Lehren und Lernen Professor: Dr Craig Ott August 2013 Columbia International University German Branch, Korntal

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Die Anpassung des Didaktikkurses

"Learning that LASTS"

an die Bedürfnisse indigener Studenten in Mexiko

Marc Schwab

Kursarbeit für

ICS 6081

Interkulturelles Lehren und Lernen

Professor: Dr Craig Ott

August 2013

Columbia International University

German Branch, Korntal

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis 2

0. Einführung und Aufgabenstellung 3

1. Learning that LASTS 3

2. Die Erfahrung mit DURAR in Mexiko 6

2.1 Die Voraussetzungen der Kursteilnehmer 6

2.2 Die bisherigen Erfahrungen der indigenen Studenten 7

2.2.1 Kultureller Hintergrund der indigenen Studenten 7

2.2.2 Schulische Erfahrung der Studenten 8

2.3 Die unterschiedliche Rezeption des Kurses 9

3. Die Revision des DURAR-Materials 10

4. Empfehlungen für weitere Modifikationen des Kurses 12

4.1 Überblick schaffen 12

4.2 Den Kurs entzerren 12

4.3 Konkrete und begrenzte Aufgaben stellen 13

4.4 Geschichten erzählen 13

5. Ergebnis 14

Anhang: Kriterien zur Wahl der Unterrichtsmethode 15

Das Alter der Lernenden 16

Der Lerninhalt 16

Das kulturelle Umfeld 18

Zusammenfassung 22

Bibliographie 23

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0. Einführung und Aufgabenstellung

In dieser Arbeit soll der Fragestellung nachgegangen werden, wie ein bestimmter Kurs,

nämlich die in Mexiko unterrichtete spanische Version "DURAR" des im Original

englischsprachigen Erwachsenenbildungskurses "Learning that LASTS", modifiziert wird,

um den Bedürfnissen indigener Kursteilnehmer entgegenzukommen. Die schon

angewandten Veränderungen sollen durch Vorschläge für weitere Anpassungen ergänzt

werden.

Dazu werden wir zunächst den Kurs "Learning that LASTS" selbst betrachten, und dann

die Erfahrung mit der spanischen Version "DURAR" in Mexiko. Das gibt uns die Basis

dafür, die Revision des Materials zu verstehen, die wir im dritten Abschnitt behandeln. Im

vierten Teil werden dann Vorschläge für weitere Anpassung des Kursmaterials an die

Kursteilnehmer vorgestellt.

Das Thema, welche Faktoren die Wahl der Unterrichtesmethode überhaupt beeinflussen

sollten, kam bei der Vorbereitung dieser Arbeit immer wieder auf. Deshalb wird es in

einem Anhang behandelt.

1. Learning that LASTS

"Learning that LASTS" ist ein einwöchiger Didaktikkurs für Personen, die Erwachsene

unterrichten wollen. Nach den Angaben der Kursautoren ist er für Personen aus

verschiedenen Kulturen, Lernstilen, Erfahrungen und Ausbildungsgängen geeignet1. Der

Kurs basiert auf den Werken von Spezialisten der Erwachsenenbildung wie Jane Vella,

Paolo Freire, Malcom Knowles und Kurt Lewin2. Er wurde von Vella entwickelt und dann

1Siehe http://learninglasts.wordpress.com/, am 4.8.2013. Übersetzung vom Autor. Die ganze Einführung

in die Methode bezieht sich auf die Information von dieser Webseite.

2Diese Angaben sind von der Webseite http://learninglasts.wordpress.com/. Meines Wissens basiert der

Kurs vor allem auf dem Werk von Vella, insbesondere ihrem Buch Learning to listen, learning to teach (San

Francisco: Jossey-Bass, 2002), die sich ihrerseits auf die anderen genannten Autoren (aber nicht

ausschließlich) bezieht und stützt.

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von Roland Walker, der unter Jane Vella studiert hat3, so angepasst, dass die Lehrmethoden

Jesu mit berücksichtigt und als Vorbild behandelt werden4.

Der Kurs wird seit 1998 unterrichtet. Er wird vor allem innerhalb von SIL5 gefördert, ist

aber nicht auf diese Organisation beschränkt. Inzwischen ist er auf allen Kontinenten und in

mindestens acht Sprachen unterrichtet worden6, darunter neben europäischen Sprachen

auch Chinesisch, Indonesisch und Quechua. Über 4000 Teilnehmer haben den Kurs bisher

absolviert.

Das Wort "LASTS" im Kurstitel ist ein Akronym, das (auf Englisch) auf die fünf

grundlegenden Prinzipien verweist, auf denen der Kurs und die Lehrmethode basieren7:

Lerner-zentriert ("Learner-centered"): Die Lehrer kennen ihre Schüler oder

Studenten, erweisen ihnen Respekt, und wählen den Unterrichtsstoff anhand der

Bedürfnisse der Studenten, nicht anhand von Lehrbuchvorgaben, bestehenden

Lehrplänen oder Ähnlichem.

Aktion und Reflektion ("Action with reflection"): Die Studenten können

Erfahrungen machen, indem sie den Kursinhalt nicht nur hören oder auswendig

lernen, sondern in der Praxis anwenden und darüber reflektieren können.

Probleme lösen ("Solving problems"): Der Kursinhalt ist praktisch anwendbar und

hilft den Teilnehmern nicht nur durch neues Wissen, sondern durch Anwendbarkeit

in ihren praktischen Problemen und ihrem Alltag. Sie lernen, Prinzipien

anzuwenden.

3Siehe http://eurotp.org/uk/extra.php?code=UKLTL&e=1, gesehen am 4.8.2013.

4Eine Darstellung des Kurses durch zwei seiner leitenden Vertreter findet sich bei Roland Walker und

Barbara Colburn, "Learning that LASTS: Five Criteria for Excellence in Training", in Hayward Armstrong

und Ben Sells (Hrsg.), Towards Best Practices in Missionary Training (Next Step, 2004), 15.7.2013,

http://www.worldevangelicalalliance.com/resources/rfiles/res3_100_link_1292360819.pdf.

5Summer Institute of Linguistics, die Schwesterorganisation der Wycliff-Bibelübersetzer. Roland Walker

ist SIL-Mitarbeiter.

6Siehe http://learninglasts.wordpress.com/, 3.8.2013.

7Siehe http://eurotp.org/uk/content.php?code=UKLTL, am 4.8.2013. Übersetzung vom Autor.

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Teamarbeit ("Teamwork"): Die Teilnehmer arbeiten in Gruppen (oder zumindest

Paaren) zusammen, um Probleme gemeinsam zu lösen und von den Ideen und

Erfahrungen der anderen Teilnehmer profitieren zu können.

Selbstbestimmung ("Self discovery/self direction"): Die Studenten sollen den

Lernprozess selbst mit steuern und Lernziele mit bestimmen ("Was will ich

lernen?"). Dadurch sind sie stärker zum Lernen motiviert, da sie ja so ihre selbst

festgelegten Ziele erreichen können.

Im Kurs selbst geht es zunächst um einige theoretische Grundlagen und Prinzipien der

Erwachsenenbildung. Ein großer Teil der zur Verfügung stehenden Zeit wird dann aber

dafür verwendet, dass die Teilnehmer die gelernten Prinzipien direkt anwenden: In

Paararbeit bereitet jeder eine Unterrichtslektion8 vor, hält diese dann auch vor der gesamten

Gruppe, und bekommt Feedback von Lehrern und Mitstudenten. So wird die Umsetzung

des Kursinhaltes eingeübt und vorexerziert.

Sowohl die Durchführung der Lerning that LASTS-Kurse (von hier an LtL) als auch

ihre Übersetzung in andere Sprachen werden von LtL-Leadership Team9 übersehen. Um an

einem LtL unterrichten zu können, muss man eine festgelegte Ausbildung in der Methode

wie auch eine Mindesterfahrung in ihrer Anwendung nachweisen können.

Die offizielle spanische Version10

des Kurses "Learning that LASTS" heißt "DURAR"11

,

ein Akronym nach den spanischen Begriffen für die im Kurs vermittelten Lehrprinzipien.

Dieser Kurs ist im Wesentlichen eine Übersetzung des englischsprachigen Originals.

8Dabei ist der Inhalt frei wählbar; wichtig ist, dass die im Kurs gelernten Prinzipien berücksichtigt werden.

9Siehe http://learninglasts.wordpress.com/resources/ltl-teachers/, gesehen am 4.8.2013.

10Es existiert auch ein auf "Learning that LASTS" basierender Kurs auf Spanisch, der nicht vom

internationalen LtL-Leitungsteam verwaltet oder koordiniert wird und sich CREAR nennt. Persönliche

Kommunikation mit Diana Weber, SIL-Beauftragte für die Ausbildung Einheimischer in Lateinamerika,

28.7.2013.

11Durar bedeutet andauern; es wird also wie im Englischen darauf angespielt, dass der Kurs und die darin

vermittelte Lehrmethode bleibende Veränderung bewirken. Die einzelnen Begriffe auf Spanisch sind Dirigido,

orientado, enfocado, centrado en el aprendiz ("auf den Lerner ausgerichtet"); Unidos: Trabajando en equipo

("Vereint: im Team arbeiten"); Reflexión con acción (o acción con reflexión) ("Reflektion mit Aktion");

Auto-descubrimiento y auto-dirección ("selbst entdecken und selbst lenken"); und Resolviendo problemas

("Probleme lösen").

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2. Die Erfahrung mit DURAR in Mexiko

2.1 Die Voraussetzungen der Kursteilnehmer

Der Autor nahm im August 2011 an einem DURAR-Kurs in Mitla, Oaxaca in Mexiko teil.

Dieser Kurs war insofern ein Experiment, als die Hälfte der Teilnehmer indigene

Mexikaner und die andere Hälfte Nicht-Mexikaner oder nicht indigene Mexikaner waren12

.

Gemeinsam war allen, dass sie Erwachsene entweder unterrichten oder sich darauf

vorbereiten.

Die Unterscheidung der Kursteilnehmer nach diesen zwei Gruppen stellte sich als nötig

heraus: Die beiden Gruppen kamen mit unterschiedlichen Voraussetzungen, und ihre

Reaktion auf den Kurs beziehungsweise ihr Lernerfolg war deutlich unterschiedlich.

Die nicht indigenen Teilnehmer hatten in der Regel eine längere formale Ausbildung

hinter sich13

. Für drei von ihnen war Spanisch die Muttersprache, für zwei nicht. Alle von

ihnen haben ohne formalen Unterricht mindestens eine indigene mexikanische Sprache

gelernt. Eine Person arbeitet schwerpunktmäßig an Alphabetisierung und der Ausbildung

von Indígenas zum Alphabetisieren, die anderen arbeiten in Bibelübersetzungsprojekten.

Auch die indigenen mexikanischen Teilnehmer sind alle an Bibelübersetzungsprojekten

beteiligt. Bei den meisten von ihnen handelt es sich dabei aber um ihre eigene Sprache, bei

einer Person um eine mit seiner Muttersprache nah verwandte Sprache14

. Für sie alle ist

Spanisch nicht die Muttersprache. Und obwohl sie alle Erfahrungen als Schüler im

mexikanischen Schulsystem haben, ist ihre kulturelle Prägung in Bezug auf Lernmethoden

davon doch deutlich unterscheidbar.

12

Die indigenen Teilnehmer kamen aus je zwei verschiedenen Mixtec- und Zapotec- sowie aus einer

Aztek-Volksgruppe; die nicht indigenen Teilnehmer kamen aus Costa Rica, Mexiko, Puerto Rico, den USA,

und Deutschland. Auch unter den Kurslehrern war neben drei US-Amerikanern ein Chinantek sprechender

Mexikaner! Zur generellen Problematik und auch Notwendigkeit der Unterscheidung in "westliche" und

"nichtwestliche" Lehr- und Lernmethoden siehe Sharan Merriam, "An Introduction to Non-Western

Perspectives on Learning and Knowing", in Sharan Merriam und Associates (Hrsg.), Non-Western

Perspectives on Learning and Knowing (Malabar, Florida: Krieger, 2007), 1-20.

13Einer der indigenen Teilnehmer hat allerdings Zahnmedizin studiert und einen Universitätsabschluss,

und damit mehr als manche der nicht indigenen Teilnehmer!

14Vor diesem Projekt hat er schon als Übersetzer für seine Muttersprache gearbeitet.

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2.2 Die bisherigen Erfahrungen der indigenen Studenten

Die bisherigen Lernerfahrungenen der indigenen Teilnehmer am DURAR-Kurs wurde von

zwei sehr unterschiedlichen Einflüssen geprägt: zum einen von den indigenen Kulturen,

und zum anderen vom mexikanischen Schulsystem.

2.2.1 Kultureller Hintergrund der indigenen Studenten

Die Studenten kommen aus verschiedenen indigenen Völkern Mexikos. Deshalb ist es nicht

möglich, hier eine bestimmte Kultur und ihre Lernmethoden zu skizzieren. Allerdings

haben alle diese Kulturen viele Gemeinsamkeiten. In Bezug auf die für diese Arbeit

relevanten Aspekte der Kulturen, nämlich ihre traditionellen Lern- und Lehrmethoden,

treffen die folgenden Verallgemeinerungen zu15

:

In den indigenen Völkern Mexikos gibt es traditionell keine formelle Ausbildung in

Schulen oder ähnlichen Einrichtungen. Stattdessen findet das Lernen in der Familie statt.

Bei den meisten Völkern in Mexiko gibt nur wenig oder gar keine berufliche

Spezialisierung. Jede Familie bebaut ihre Felder, hält Tiere für den Eigenbedarf, baut ihr

eigenes Haus etc. So können Kinder auch alles, was sie können müssen, innerhalb ihrer

eigenen Familie lernen.

Die Kinder sind dabei, wenn die Eltern arbeiten, und sehen, was diese tun. So können

sie die verschiedenen Tätigkeiten oft beobachten, bevor sie - ja nach Alter und Fähigkeiten

- nach und nach dazu mit herangezogen werden. Sie lernen also durch Beobachtung und

Nachahmen. Und sie lernen, was für sie in ihrem Umfeld wichtig und notwendig ist. Die

Lerninhalte sind konkret; Lernen um der Theorie willen ist unbekannt.

Bei den meisten dieser Völker ist die Tradition wichtig. Veränderungen werden nicht

angestrebt und eher abgeleht. Das hängt auch damit zusammen, dass in ihrem Weltbild die

Geister keine Veränderungen des Alltags wünschen. Unglücksfälle und negative Ereignisse

werden als Strafe der Geister für Veränderungen im Alltagsleben interpretiert. Wenn also

etwa der Regen ausbleibt oder eine Krankheit alles Geflügel im Dorf tötet, wird dies oft als

15

Die Informationen in diesem Abschnitt stammen im Wesentlichen aus meiner 17jährigen Erfahrung in

der Arbeit mit indigenen Mexikanern.

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Folge der Tat eines einzelnen gesehen, der sich nicht an die Traditionen gehalten hat. Als

Konsequenz herrscht ein starker sozialer Druck auf jeden einzelnen, sich im Rahmen der

traditionellen Verhaltensweisen zu bewegen.

2.2.2 Schulische Erfahrung der Studenten

Das mexikanische Schulsystem wird nicht von den indigenen Völkern, sondern von der

Bundesregierung organisiert und den Völkern gewissermaßen aufgezwungen. Hier

kommen völlig andere kulturelle Werte und Verhaltensweisen ins Leben der indigenen

Völker, und durch Schulpflicht und immer fortschreitende Verbesserung der Infrastruktur

(Straßen, Stromanschluss etc.) gibt es kaum noch Orte, die davon nicht betroffen wären.

Das Schulsystem - auch das zweisprachige16

- nimmt wenig Rücksicht auf Traditionen

und althergebrachte Lernmethoden der Indianer. Hier werden die Kinder, oft noch des

Spanischen nicht mächtig, mit einer neuen Welt konfrontiert17

. Die strengen formalen

Regeln, die ungewohnte Umgebung eines Klassenzimmers, die Organisation nach Uhr

und Stundenplan, unbekannte und häufig wechselnde Lehrer, abstrakte Inhalte,

Notengebung - all das ist den indigenen Kulturen fremd. Da alle Teilnehmer am DURAR-

Kurs auch schon Schulerfahrung hatten, war ihr Bild von Lernen in formeller Umgebung

aber von dieser Erfahrung geprägt.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass die indigenen Studenten zwei sehr

unterschiedliche Lehrmethoden erfahren hatten. Davon entspricht die erste ganz ihrer

Kultur, wird dort aber nur für konkrete und direkt anwendbare Lernziele verwendet. Die

16

Bis vor etwa 30 Jahren wurde Schulbildung von der mexikanischen Regierung als eine Methode

betrachtet, die indigenen Völker kulturell und sprachlich ins moderne Mexiko zu integrieren. Traditionelle

Kultur und Sprache wurden geringgeschätzt und oft lächerlich gemacht, der Gebrauch der eigenen Sprache

verboten und hart bestraft. Viele Völker, die dem kulturellen Druck von außen seit der Kolonialzeit stand-

gehalten hatten, haben in dieser Zeit ihr Selbstwertgefühl verloren, und oft auch ihre Sprache und/oder

kulturelle Traditionen wie typische Kleidung oder Kunsthandwerk aufgegeben. Inzwischen hat der

mexikanische Staat für die indigenen Völker ein "zweisprachiges Schulsystem" entwickelt, das zumindest

theoretisch sowohl die örtliche Sprache als auch die Landessprache Spanisch im Unterricht benutzt. Die

Wirklichkeit sieht aber oft anders aus: Die Ausbildung der Lehrer ist sehr begrenzt, und die meisten von ihnen

sind zwar zweisprachig, werden aber in Gegenden eingesetzt, wo sie die lokale Sprache nicht verstehen. Auch

gibt es kaum Materialien in den indigenen Sprachen.

17Vergleiche Richard Brislin, Understanding Culture's Influence on Behavior, 2. Auflage (Fort Worth:

Harcourt College Publishers, 2000), 157-158. Die dort dargelegten "characteristics of formal education" sind

alle den indigenen mexikanischen Kulturen fremd.

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zweite ist ihrer Kultur völlig entgegengesetzt, wird aber mehr mit formalem Lernen

verbunden. Eine Anpassung an traditionelle Lernmethoden würde das Lernen zwar

erleichtern, der Gebrauch westlicher Lehrmethoden würde es aber nicht unmöglich machen.

Ja, es ist sogar möglich, dass aufgrund der Sozialisation in der Schule das traditionelle

Lernen als "nicht richtiges Lernen" empfunden und eine zu starke Anpassung daran daher

abgelehnt wird! Auch diese Art von Erwartungen an den Unterricht muss bei der

Unterrichtsplanung berücksichtigt werden.18

2.3 Die unterschiedliche Rezeption des Kurses

Im Verlauf des Kurses wurde schnell deutlich, dass die indigenen Teilnehmer deutlich

mehr Schwierigkeiten mit dem Kursinhalt hatten als die nicht indigenen Teilnehmer. Das

lag offensichtlich nicht an ihrer Intelligenz oder einem Mangel daran; sie alle hatten ihre

Fähigkeiten schon auf verschiedenen Gebieten nachgewiesen. Also begann die

Ursachenforschung, und bald war die Rede von unterschiedlichen "Lernstilen" und

"Lehrmethoden". Aber es fiel allen Teilnehmern schwer, diese Unterschiede konkreter zu

benennen.

Einige Eigenschaften des Kurses kristallisierten sich bei diesen Gesprächen dann aber

doch als problematisch heraus. Übereinstimmend gaben die Indígenas an, das Material sei

zu schwer zu verstehen, der Unterricht zu schnell und die Aufgaben zu anspruchsvoll.

(Dabei standen die "Probelektionen" dieser Kursteilnehmer denen der anderen in nichts

nach.)

18

Tim Hatcher, "Towards Culturally Appropriate Adult Education Methodologies for Bible Translators:

Comparing Central Asian and Western Educational Practices" (GIALens 2:3, 2008), 1–60, 2, stellt fest, dass

"blended methodologies can be constructed for each cultural context, methodologies that fulfill our

philosophically based training objectives while accommodating the social role expectations of our host

culture." Und Judith Lingenfelter und Sherwood Lingenfelter, Teaching Cross-Culturally: An Incarnational

Model for Learning and Teaching (Grand Rapids: Baker Academic, 2003), fasst das mögliche Dilemma einer

westlichen Lehrering in einem nichtwestlichen Kontext treffend zusammen: "She has western methods that do

not work, and therefore, she wants to try indigenous methods. But the people won’t let her because they want

western schooling" (48).

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3. Die Revision des DURAR-Materials Unter den Teilnehmern des hier besprochenen Kurses gab es also eine Menge Gespräche

darüber, wie man den Kurs so umgestalten könnte, dass er den indigenen Teilnehmern

weniger Mühe bereitet. Schließlich wurde eine Person beauftragt, das Kursmaterial

durchzusehen und so zu ändern, dass es dem genannten Zweck besser genügt. Diese

Revision befindet sich noch im Entwurfsstadium. Aber sie konzentriert sich (zumindest

bisher) auf einen Faktor, nämlich auf die Konkretisierung abstrakter Begriffe.

Der Kursinhalt in seiner gegenwärtigen Form sowie viele seiner wichtigsten Konzepte

werden durch Abstrakta ausgedrückt; Gruppen von Schlüsselbegriffen werden durch

Akronyme zusammengefasst19

. Die Umarbeitung bemüht sich darum, diese abstrakten

Nomen durch ganze Sätze mit aktiven Verben zu ersetzen. Einige Beispiele20

:

Original überarbeitete Version:

Aktion mit Reflektion Wir denken über das, was wir tun, nach.

Selbstentdeckung und Selbststeuerung Wir entscheiden, was wir lernen wollen, und

entdecken dieses Wissen selbst

Teamarbeit Gemeinsam lernen wir besser.

Anknüpfung Wir interessieren uns für das Thema.

Herausforderung Wir wenden das an, was wir gelernt haben.

Es ist klar zu sehen, wie die abstrakten Begriffe hier mit Leben gefüllt und in Sätze

umformuliert werden, die konkrete und nachvollziehbare Tätigkeiten beschreiben.

Allerdings gehen dabei andere Eigenschaften des Kursmaterials verloren, nämlich die

kurzen Listen mit Schlüsselbegriffen, für die es oft Akronyme gibt (wie etwa das LASTS

im Kurstitel für die fünf Unterrichtsprinzipien steht). Es belibt abzuwarten, wie dieser

Verlust ausgeglichen werden kann, oder ob er überhaupt als Verlust empfunden wird!

19

Siehe die Liste mit Schlüsselbegriffen unter http://learninglasts.wordpress.com/resources/basic-terms/,

4.8.2013.

20Hier vom Autor übersetzt. Die komplette Liste in Spanisch und Englisch befindet sich im Besitz des

Autors. Sie ist aber noch in einer unrevidierten Version und deshalb nicht zur Veröffentlichung hier geeignet.

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Möglicherweise merken sich konkrete Lerner ja auch eine Abfolge von Tätigkeiten besser

als ein Akronym, das auf abstrakte Begriffe verweist.

Aber hier wird ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung unternommen21

: Abstrakte

Begriffe sind für die indigenen Studenten ungewohnt, und zwar aus zwei Gründen: Zum

einen werden die dadurch ausgedrückten Konzepte in ihren Sprachen eher durch Verben

oder ganze Sätze ausgedrückt. Zum anderen sind das Leben der Indígenas und damit auch

ihre Erwartungen so sehr auf reale Ereignisse oder Eigenschaften ausgerichtet, dass es

ihnen schwer fällt, erdachte Wirklichkeiten nachzuvollziehen.22

Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen diese Änderung auf andere Aspekte des

Kurses haben wird und muss, wenn das Material in der revidierten Form angewandt wird:

Wird mehr Zeit benötigt, um die Konzepte zu vermitteln? Muss man auf Auswendig-

lernen23

, mehr Wiederholung24

oder andere mnemotechnische Methoden zurückgreifen, um

die verlorenen gegangenen Akronyme zu ersetzen? Oder stellt man im Zuge der Revision

fest, dass manche der Beispiele oder Illustrationen der Lebenswirklichkeit der Indígenas so

fern sind, dass sie ihre ihnen zugedachte Aufgabe im Kurs nicht erfüllen und durch andere

ersetzt werden müssen? Eine kleine Veränderung an einem festen System macht oft weitere

Änderungen erforderlich. Das ist auch für diesen Kurs zu erwarten.

21

Linda Achren, "Do We Assume Too Much? Measuring the Cross-Cultural Appropriacy of Our Teaching

Aids" (Prospect 6:2, 1991), 25-41, 38, schreibt: [...] learning must begin with what the students already know

and that each learning activity must be assessed in terms of: 1. What level of abstraction is required? 2. What

skills/concepts are required to complete this task? 3. Do the students have these skills/concepts?"

22Zur Illustration sei hier eine Erfahrung des Autors berichtet. Beim Lernen der Mixtek-Sprache konnte

man ihm die Sätze "ich schlafe" und "du schläfst" nicht auf Mixtek übersetzen (stattdessen sagte man "ich

schlief" und "Schläfst du?"). Weil diese Aussagen im wirklichen Leben nicht vorkommen, wurden sie als

nicht möglich (oder "verkehrt" im Sinne von "sinnlos") betrachtet.

23

Marton, Dall'Alba und Kun, "Memorizing and Understanding: The Keys to the Paradox?", in David

Watkins und John B. Biggs (Hrsg.), The Chinese Learner: Cultural, Psychological, and Contextual Influences

(Hong Kong; Camberwell, Melbourne: CERC; ACER: 1996), 69-83, zeigen, dass Auswendiglernen nicht

synonym mit "Nicht-Verstehen" sein muss, sondern auch zum Verständnis führen oder es verstärken kann. So

auch Peter Kennedy, "Learning cultures and learning styles: myth-understandings about adult (Hong Kong)

Chinese learners" (International Journal of Lifelong Education 21:5, 2002), 430-445: "Memorization has

never been seen as an end in itself but as a prelude to deeper understanding—mentally ‘photocopying’ texts,

committing them to memory, enabled the ‘learner’ to savour and reflect on them later, and, finally, to

integrate them with his/her prior learning and experience" (433).

24Kennedy, a.A.o., 433: " [...]with each successive reading of a text will come a new understanding—‘a

notion of deeper understanding through repetition’."

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4. Empfehlungen für weitere Modifikationen des Kurses Mit der oben dargelegten Modifikation des Kursmaterials sind die Möglichkeiten zur seiner

Anpassung an mexikanisch-indigene Lernstile natürlich noch nicht ausgereizt. Im

Folgenden möchte ich einige weitere Möglichkeiten zur weiteren Anpassung aufzeigen.

Manche davon lassen sich relativ leicht verwirklichen, andere erfordern mehr Arbeit, und

manche sind eher Vorschläge, mit denen man experimentieren müsste, um festzustellen, in

welcher Form sie am hilfreichsten eingesetzt werden können.

4.1 Überblick schaffen

Zu Beginn des Kurses wird ein Überblick über den Ablauf des gesamten Kurses und das

Programm der einzelnen Tage gegeben. Das ist hilfreich, besonders für globale Lerner, die

einen über ein gesamtes Thema brauchen, um seine Details richtig einordnen zu können.

Aber die verschiedenen Unterrichtsthemen werden immer noch relativ getrennt

voneinander unterrichtet und ihr Zusammenspiel nicht erklärt: In welcher Beziehung stehen

etwa die fünf Unterrichtsprinzipien zu den sieben Vorbereitungsfragen und den vier Phasen

einer Unterrichtseinheit? Hier ist noch Raum, Verwirrung zu vermeiden, indem auch

inhaltlich ein Überblick über die großen Themen gegeben wird, die im Unterricht behandelt

werden25

.

4.2 Den Kurs entzerren

Ein Problem besonders der indigenen Kursteilnehmer war die große Informationsdichte.

Neue Informationen folgten Schlag auf Schlag; die Zeit, diese Neuigkeiten

nachzuvollziehen oder zu verdauen war begrenzt. Auch die zur Verfügung stehende Zeit

für Übungen und die Vorbereitung einer eigenen Lektion schien den meisten indigenen

Teilnehmern bei weitem nicht ausreichend. Eine Entzerrung des Kurses, von einer Woche

Ganztagsunterricht beispielsweise auf zwei Wochen mit halb so vielen Unterrichtsstunden

täglich würde den Studenten mehr Zeit lassen, das gehörte nachzuvollziehen und eventuell

noch einmal nachzulesen.

25

Dies entspricht inhaltlich der ersten Empfehlung zur Anpassung des Unterrichts an nicht-westliche

Lernstile von Earle Bowen und Dorothy Bowen, "What Does It Mean to Think, Learn, Teach?", in William

David Taylor (Hrsg.), Internationalizing Missionary Training: A Global Perspective (Exeter, U.K, Grand

Rapids, MI, U.S.A: Paternoster Press; Baker Book House, 1991), 203-216, 211.

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4.3 Konkrete und begrenzte Aufgaben stellen

Studenten, die es von ihrer Schulerfahrung gewohnt sind, dass es auf Lehrerfragen jeweils

nur eine richtige Antwort gibt (bei der oft noch der genaue Wortlaut wichtig ist), werden

verunsichert, wenn Aufgabenstellungen nicht genau beschrieben und begrenzt sind. Sie

sind es gewohnt, dass alles auf eine bestimmte Art und Weise gemacht werden muss. Auf

offene Fragen oder flexible Aufgabenstellungen gibt es aber in der Regel keine genau

festgelegte richtige Antwort. Deshalb empfinden sie, die entsprechende Aufgabe nicht

bewältigen zu können. Sie können sich zwar sehr wohl auf die andersartigen Erwartungen

des Lehrers bei offenen Fragen einstellen, aber man sollte nicht voraussetzen, dass man

bessere Ergebnisse erzielt, wenn man den Studenten mehr Entscheidungsspielraum beim

Bearbeiten ihrer Aufgaben lässt.

Diese Empfehlung wird in der Praxis zumindest vereinzelt auch schon umgesetzt.26

Es

wäre aber wünschenswert, das Prinzip nicht nur vereinzelt, sondern generell anzuwenden.

4.4 Geschichten erzählen

Durch die oben beschriebene Revision des Materials wird aus den abstrakten Listen von

Eigenschaften eines guten Unterrichts ja schon fast ein Erzähltext. Jesus wird im Kurs

ausdrücklich als Vorbild für gutes Unterrichten genannt. Da Geschichten Erzählen eine

seiner wichtigsten Lehrmethoden war (wenn nicht die wichtigste), wäre es naheliegend, die

in der Revision neu formulierten Sätze nicht nur als "Ersatz" für die Abstrakta in die

gleichen Tabellen einzufüllen, sondern sie in Geschichten einzuarbeiten, die die Prinzipien

anwenden und/oder illustrieren.

In ihrem faszinierenden Aufsatz über (nordamerikanische) indianische Pädagogik27

beschreibt Paula Gunn Allen, wie in nordamerikanischen indigenen Kulturen Geschichten

und Erzählungen eingesetzt werden, um Inhalte und Werte zu vermitteln. Hier liegen noch

26

Persönliche Kommunikation mit Jenny Giezendanner, Mitglied im International LtL Leadership Team,

9.8.2013. So benutzt sie beispielsweise "gentle commands" statt offener Fragen, wo auf diese niemand zu

reagieren wagt.

27Paula Gunn Allen, "American Indian Learning Mandate", in ", in Sharan Merriam und Associates

(Hrsg.), Non-Western Perspectives on Learning and Knowing (Malabar, Florida: Krieger, 2007), 41–55.

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viele Möglichkeiten, nicht nur die "Oberfläche" des Kurses (nämlich die Schlüsselbegriffe),

sondern tatsächlich den ganzen Kurs an andere Lernmethoden anzupassen!28

5. Ergebnis Da die Kursteilnehmer aus verschiedenen enthnischen Gruppen kommen, ist es nicht

möglich, die Empfehlungen für eine Anpassung des Kurses auf eine bestimmte Kultur

zuzuschneiden. Aber generell ist eine Anpassung an nichtwestliche, und speziell an

mexikanisch indigene, Lerngewohnheiten möglich und sinnvoll. Die Überarbeitung der

abstrakten Schlüsselbegriffe und ihre Umformung in konkrete Sätze geht einen

Riesenschritt in die richtige Richtung. Wie schon erwähnt ist zu erwarten, dass die

Veränderungen, die in diesem Bereich gemacht werden, Auswirkungen auf andere Aspekte

des Kursmaterials und seiner Präsentation haben werden. Wir haben außerdem einige

Bereiche aufgezeigt, in denen weitere Modifikationen des Kurses sinnvoll sein könnten.

Natürlich gibt es noch viel mehr Möglichkeiten. Hier ist es wichtig, dass die Lehrer sich der

betroffenen Kulturen - nämlich ihrer eigener als Lehrer sowie der ihrer Studenten - und der

kulturellen Unterschiede bewusst sind und darauf Rücksicht nehmen. Da es unmöglich ist,

eine fremde Kultur völlig zu kennen und zu verstehen, bleibt die Anpassung des Kurses an

die Kultur(en) und Bedürfnisse der Studenten ein Prozess, in dem die Lehrer auftretende

Schwierigkeiten im Kursverlauf jeweils aufmerksam registrieren und analysieren müssen.

Handelt es sich um Probleme, die durch die Unterschiede zwischen den beteiligten

Kulturen verursacht werden? Dann sollte eine entsprechende Modifikation des Lehrstils,

der Kursorganisation oder der Präsentation diese Schwierigkeiten verkleinern oder völlig

lösen können. So wird der Lehrer im Lauf der Zeit sowohl seine eigene Kultur als auch die

seiner Studenten immer besser kennen und verstehen lernen!

Im Anhang werden nun einige mögliche Faktoren vorgestellt und besprochen, die

generell bei der Anpassung eines Lehrstils an eine Zielgruppe bedacht werden sollten.

28

Ein hervorragendes Beispiel dafür, was narrativ und ganz ohne die Zugabe von Erklärungen etc möglich ist,

bietet Peter Savage, Peter. "My Crisis in Theological Education" (EMQ 12:1, 1976), 25–30,

http://www.emisdirect.com/emq/issue-191/984 (Zuletzt geprüft am Juli 09, 2013).

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Anhang: Kriterien zur Wahl der Unterrichtsmethode Generell gibt es unter Pädagogen nicht einmal Einigkeit darüber, ob Unterrichtsmethoden

in interkulturellen Situationen überhaupt angepasst werden sollten, und wenn ja, wie weit.

Hatcher29

unterscheidet drei mögliche Ansätze: die "non accomodation response", bei der

der westliche Lehrstil als überlegen betrachtet und ungeändert benutzt wird (dabei bezieht

sich "non accomodation" auf den Lehrer, den die Studenten müssen sich sehr wohl

anpassen!); die "intervention response", bei der die westlichen Methoden ebenfalls als

beste Möglichkeit betrachtet werden, aber als Zugeständnis an die Erfahrungen der

Studenten beginnt man mit traditionellen Lehrmethoden, um sich dann langsam

umzustellen (und die Studenten daran zu gewöhnen); und die "modification response", bei

der die Lehrmethoden an die Lerngewohnheiten der Studenten angepasst wird. Dabei reicht

dann das Spektrum von leichter bis zu völliger Anpassung. Für diese Arbeit gehen wir

davon aus, dass eine Anpassung an die Studenten im Sinne des vom LtL propagierten

"learner centered approach" erstrebeswert ist. Das heißt aber nicht zwingend, dass die

traditionelle Lernmethode der Studenten die geeignetste ist oder auch nur von den

Studenten selbst als solche betrachtet wird.

Im Verlauf dieser Arbeit und der damit verbundenen Auseinanderstzung mit der

Literatur hat der Autor keine Arbeit gefunden, die die Auswahl der jeweiligen Lern- und

Lehrmethode(n) für einen bestimmten interkulturellen Kontext systematisch angeht. Die

meisten Autoren scheinen sich auf einen oder zwei Faktoren zu konzentrieren und die

anderen zu vernachlässigen. Deshalb möchte ich hier den Versuch unternehmen, diese

verschiedenen Faktoren zusammenzubringen. Das ist allerdings nicht das eigentliche Ziel

dieser Arbeit, sondern mehr ein "Abfallprodukt". Es ist gut möglich, dass ich hier weitere

mögliche Faktoren übersehen habe. Aber zumindest möchte ich einen Anfang setzen, auf

den andere gerne weiter aufbauen dürfen. Dabei werde ich nicht versuchen, alle Faktoren

erschöpfend aufzulisten, sondern mich auf die zu konzentrieren, die im interkulturellen

Lernkontext relevant sind.

29

Tim Hatcher, "Towards Culturally Appropriate Adult Education Methodologies for Bible Translators:

Comparing Central Asian and Western Educational Practices" (GIALens 2:3, 2008), 1–60, 2-3.

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Die Art und Weise, wie Menschen lernen, hängt also von vielen verschiedenen Faktoren

ab. Wenn wir andere unterrichten wollen, wird die Vermittlung neuer Wissensinhalte umso

besser funktionieren, je mehr wir diese Faktoren berücksichtigen. Im Folgenden möchte ich

diese Faktoren etwas näher betrachten:

das Alter der Lernenden

den Lerninhalt

das kulturelle Umfeld

Das Alter der Lernenden

Jeder gesunden Mensch lernt von Geburt an. Lernen ist normal und wird meist gar nicht als

solches wahrgenommen. Aber je nach Alter ist der Mensch mehr oder weniger empfänglich

für verschiedene Arten, sich neue Fähigkeiten anzueignen. Diese Aussage klingt

selbstverständlich. Aber gerade das Lernen von Babies wird bisweilen herangezogen, um

generalisierende Aussagen über Lernen zu machen, die dann auf andere Altersgruppen

weniger zutreffen. Deshalb wäre es angemessen, bei der Unterrichtsplanung auch auf das

Alter der Lernenden explizit einzugehen, etwa so: "Die Studenten sind zwischen X und Y

Jahre alt. Deshalb sind folgende Lehrmethoden nicht möglich/nicht zu

empfehlen/vorzuziehen: ...."

Der Lerninhalt

Niemand käme auf die Idee, einem Säugling formalen Unterricht darin geben zu wollen,

wie er Greifen, Sitzen oder Sprechen lernt. Die ersten Fähigkeiten im Leben werden durch

Beobachtung, Imitation und Ausprobieren erworben. In einer Gesellschaft mit relativ

einfachen sozialen Strukturen können alle lebensnotwendingen Fähigkeiten so erworben

werden. Ein Sohn mixtekischer Eltern in Mexiko etwa lernt so alle zur Feldarbeit nötigen

Tätigkeiten wie auch den Hausbau etc.; ein Mädchen kann alle für Haushalt und Küche

erforderlichen Fertigkeiten durch Beobachtung und Imitation der Mutter lernen. Je

komplexer aber eine Gesellschaft wird, je mehr Arbeitsteilung nötig ist, weil die

verschiedenen Aufgaben nicht mehr alle von der gleichen Person bewältigt werden können,

um so mehr kommen traditionelle Lernmethoden an ihre Grenzen. Das Periodensystem der

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chemischen Elemente oder die Funktionsweise eines Mikroprozessors lassen sich durch

Beobachtung und Imitation wohl nur schwer erschließen.

Dazu kommt, dass das Gesamtwissen der Menschheit immer mehr zunimmt. Täglich

werden neue Forschungsergebnisse bekannt und neue Materialien entwickelt. Maschinen

werden immer komplexer. Wir finden mehr über unsere Vergangenheit heraus und

bekommen immer tiefere Einblicke in die Struktur des Universums und der Materie. Es ist

schlicht nicht möglich, alles zu wissen. So gibt es immer mehr Fachleute, die in einem

relative begrenzten Bereich (z.B. Molekularbiologie) enorm viel wissen. Andererseits ist

aber ein Großteil dieses Wissens für die meisten Menschen nicht relevant. In der Regel

kann man solches Spezialwissen also weder von seinen Eltern oder Nachbarn lernen noch

es den Kindern und Jugendlichen in der Nachbarschaft vermitteln. Hier bietet es sich an,

dass die Personen mit Fachwissen und die daran Interessierten zusammenkommen. Das

passiert an Universitäten oder Fachkongressen, also in der formalen Umgebung von

Vorlesungssaal oder Fachvortrag und -diskussion. Da diese Personen aber außerhalb des

Unterrichts (der organisierten Wissensvermittlung) aber meist wenig miteinander zu tun

haben, ist eine formal geregelte Umgebung (Stundenpläne etc) für die Wissensvermittlung

unabdingbar.

Auch die Anwendbarkeit des Lerninhaltes spielt eine Rolle bei der Wahl der besten

Vermittlungsmethode: Manche Fähigkeiten kann man im natürlichen Kontext lernen und

unmittelbar selbst ausüben (wie etwa Tennis spielen oder Holz hacken). Andere eignen sich

dafür nicht: Erste Hilfe-Methoden zum Beispiel lassen sich kaum angemessen durch

Beobachtung und Imitation erlernen: Man hätte selten Gelegenheit, diese Tätigkeit in

einem natürlichen Umfeld zu beobachten, und wenn sie nötig ist, muss jeder Handgriff

sitzen, und es gibt keinen Raum für Fehler, Überlegungen oder "Ausprobieren".

Generalisierend kann man also sagen, dass mit zunehmender Spezialisierung bzw.

Fragmentierung des Wissens eine formale Vermittlung von Wissen notwendiger wird. Je

allgemeiner und lebens-notwendiger ein Lerninhalt ist, um so mehr eignet er sich für

informale Vermittlung.

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Die Unterscheidung zwischen "westlichen" und "nichtwestlichen" Lernmethoden beruht

zu einem nicht unwesentlichen Teil auch darauf, dass im "Westen" eine starke

Fragmentierung der Gesellschaft in viele Fachleute und Spezialisten für alle möglichen

Fachgebiete normal ist, während die Menschen in anderen Teilen der Welt tendenziell mehr

Allgemein- aber weniger Fachwissen haben.30

Überspitzt könnte man sagen, die Menschen

im Westen wissen tendenziell eher sehr viel über sehr wenig (einen eng begrenzten

Fachbereich31

), die Menschen in den anderen Ländern dagegen wenig über viel.

Das kulturelle Umfeld

Es ist ganz offensichtlich nicht möglich, das Thema der Vielfalt und Verschiedenheit von

kulturellen Lern- und Lehrmethoden in diesem Rahmen angemessen zu behandeln. Deshalb

möchte ich mich hier auf einige wenige Beobachtungen beschränken, die für die Wahl einer

Lehrmethode relevant sind:

Der kulturelle Hintergrund des Lehrers

Dieser sollte an sich bei der Unterrichtsplanung die geringste Rolle spielen. Wichtig ist,

was die Lernenden benötigen und erwarten32

. Trotzdem ist es nötig, in diesem Kontext auf

die Kultur des Lehrers einzugehen. Zunächst einmal kann er sie natürlich nicht einfach

ablegen. Er ist durch seine eigenen Lern- und Unterrichtserfahrungen geprägt, und wird in

der Regel automatisch darauf zurückgreifen, wenn er nicht bewusste Anstrengungen

unternimmt, seinen eigenen Unterricht anders zu gestalten, als er selbst Unterricht erlebt hat.

Dadurch aber wird der Lehrer zum bestimmenden Faktor im Unterricht, der doch eigentlich

auf die Schüler ausgerichtet sein sollte. Es ist also nötig, dass er sich seiner eigenen Kultur

30

Natürlich gibt es in allen Ländern der Erde Spezialisten wie z.B. Chirurgen, Informatiker,

Feinmechaniker etc. Aber ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung ist im Westen deutlich höher. In Deutschland

beispielsweise muss man sich bei einer Ausbildung zum Fahrzeugmechatroniker (früher Automechaniker)

schon entscheiden, ob man sich für PKWs, LKWs oder Motorräder ausbilden lässt. Dazu kommen mögliche

Spezialisierungen auf bestimmte Teile der Fahrzeugelektronik oder -mechanik.

31Im Deutschen hat sich dafür der schöne Begriff "Fachidiot" herausgebildet, der für eine Person benutzt

wird, die in einem kleinen (und für die meisten Menschen irrelevanten) Fachgebiet unglaubliches Wissen hat,

aber oft grundlegendstes Allgemeinwissen vermissen lässt.

32"The burden of adaptation in cross-cultural learning situations should be primarily on the teachers."

Geert Hofstede, "Cultural Differences in Teaching and Learning" (International Journal of Intercultural

Relations 10:3, 1986), 301-319, 301.

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(besonders im Hinblick auf Lehr- und Lernmethoden) bewusst ist33

. Nur so kann er auch

bewusst eine Lehrmethode wählen, die den Bedürfnissen seiner Schüler entspricht.

Das wir dadurch erschwert, dass die wenigsten Menschen sich ihrer eigenen Kultur

vollkommen bewusst sind. Sie wird in der Regel erst im Kontrast zu einer anderen Kultur,

die als "anders" empfunden wird, wahrgenommen. Selbst Menschen mit umfangreicher

interkultureller Erfahrung, die schon viel über ihre eigene Kultur reflektiert haben, werden

immer wieder auf neue Eigenschaften und Gebiete stoßen, derer sie sich nicht bewusst

waren.

Die Erwartungen des Lehrers an die Studenten

Auf der Grundlage seiner eigenen Kultur hat der Lehrer - ob bewußt oder unbewußt -

Erwartungen an die Studenten: Ihre Fähigkeiten, Motivation, Interessen etc. Aufgrund ihrer

anderen Kultur entsprechen die Stundenten diesen Erwartungen aber möglicherweise

nicht.34

Es ist also nötig, dass der Lehrer sich seiner eigenen Erwartungen an die Studenden

bewusst wird und überprüft, ob diese realistisch sind.

Auch für das Verhalten der Studenten hat ein Lehrer bestimmte Erwartungen, die von

Studenten aus einer anderer Kultur möglicherweise nicht erfüllt werden. Dadurch kann ein

Lehrer leicht die Fähigkeiten, Motivation oder Einstellung seiner Studenten falsch

einschätzen, wodurch die Beziehung zwischen Lehrendem und Lernenden belastet und das

Lernen erschwert werden.35

33

Geert Hofstede, a.A.o., 316, empfiehlt: "The focus of the teacher's training should be on learning about

his / her culture" (Hervorhebung im Original). Judith Lingenfelter und Sherwood Lingenfelter, Teaching

Cross-Culturally: An Incarnational Model for Learning and Teaching (Grand Rapids: Baker Academic,

2003), widmen ein ganzen Kapitel ihres Buches den falschen Erwartungen, die ein von außerhalb kommender

Lehrer an den Unterricht oder die Schüler (und umgekehrt) haben kann. (Leider habe ich das Buch nicht

vorliegen und kann auf keine konkrete Seite verweisen.) Und Pamela George, College Teaching Abroad

(Boston: Allyn and Bacon, 1995) ist voll von Beispielen davon, wie falsche Erwartungen der ausländischen

Lehrer ihre hochfliegenden Pläne für den Unterricht zunichte gemacht haben.

34Linda Achren, "Do We Assume Too Much? Measuring the Cross-Cultural Appropriacy of Our Teaching

Aids" (Prospect 6:2, 1991), 25-41, beschreibt einige falsche Erwartungen, wie z.B., dass die Studenten fähig

sind, Landkarten oder Stammbäume zu "lesen"!

35So kann etwa ein Student, der kritische Fragen zum Thema stellt, als rebellisch oder respektlos gesehen

werden, oder ein Student, der den Lehrer als Autoritätsperson nicht mit Fragen ins Schwimmen bringen will,

als desinteressiert, apathisch oder dumm beurteilt werden.

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Und natürlich ist es auch möglich, dass ein Lehrer demotiviert wird und seine Arbeit

nicht mehr gut durchführt oder gar abbricht, weil ganz triviale Erwartungen nicht erfüllt

werden - etwa, dass der Klassenraum geheizt oder klimatisiert ist, oder bestimmte

technische Ausrüstung zur Verfügung steht.

Der kulturelle Hintergrund der Lernenden

Wie der Lehrer bringen auch die Lernenden ihre eigene Kultur und ihre Lernerfahrungen

mit. Ihre Fähigkeiten sind bestimmt und in gewisser Weise auch begrenzt durch ihre

Lernerfahrungen sowie durch das Fehlen anderer Lernerfahrungen. Wie wir vorher schon

bemerkt haben, beschränken sich dabei die Erfahrungen der Lernenden oft nicht auf die für

ihre eigene Kultur typischen Lernmethoden. In vielen Gegenden der Welt (wie etwa in

Mexiko) werden Minderheiten-Volksgruppen in staatlich organisierte

Unterrichtsprogramme eingegliedert, die in nichts ihrer eigenen Kultur entsprechen. Auch

ist nicht ungefragt anzunehmen, dass die ihnen bekannten Lernmethoden notwendigerweise

die sind, mit denen sie auch am Liebsten oder am Besten lernen. "Any teacher, Western or

Eastern, who plans to use methodologies which inevitably involve students’ participation

must make sure that the students are familiar with and accept such methodologies’"36

Aber

natürlich ist es möglich, dass ihnen unbekannte Lernmethoden den Lernerfolg einschränken.

Die Erwartungen der Lernenden

Wie die Lehrer haben auch die Lernenden bestimmte Erwartungen an Verhalten und

Erwartungen der Lehrer, die natürlich wieder von ihrer eigenen kulturellen Prägung

vorgegeben werden. Wenn diese nicht den Erwartungen des Lehrers entsprechen, sind

Probleme vorprogrammiert. Wenn diese Schwierigkeiten nicht wahrgenommen oder nicht

thematisiert werden, werden in der Regel die Erwartungen und Prinzipien des Lehrers die

sein, die letztlich schwerer wiegen. Chinchen37

widmet den unterschiedlichen und teilweise

widersprüchlichen Erwartungen westlicher Lehrer und afrikanischer Studenten einen

36

X. Cheng, "Asian students’ reticence revisited" (System 28, 2000), 435–446, 444, zitiert von Kennedy,

a.A.o., 442.

37

Delbert Chinchen, "The Return of the Fourth ‘R’ to Education: Relationships" (Missiology 25:3,1997),

321–35.

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ganzen Aufsatz und gibt viele Beispiele, wie diese Unterschiede die Beziehung belasten

und den Lernerfolg verhindern können.

Auch an den Unterricht selbst haben die Lernenden Erwartungen - unter Umständen die,

dass er völlig irrelevant für ihr Leben und nur Mittel zum Zweck eines Abschlusses und

damit einer guten Arbeitsstelle ist!38

Wenn der Lehrer solche Erwartungen nicht auffängt

und zur Sprache bringt, nüzten ihm weder die beste Didaktik und Methodik noch die

genaue Kenntnis der lokalen Kultur dabei, seinen Unterricht erfolgreich zu machen.

Die Beziehung zwischen Lehrer und Lernern

In den vorangehenden Abschnitten ist die Beziehung zwischen Lehrern und Lernenden

schon als mögliche Ursache für Probleme erwähnt worden. Wir wollen uns hier nochmals

auf sie konzentrieren.

Verschiedene Kulturen bevorzugen unterschiedliche Arten von Beziehungen zwischen

Lehrern und Schülern oder Studenten: In manchen soll sie möglichst egalitär sein, in

anderen ist der Lehrer eine Respektperson, der man nicht zu nahe treten sollte. Manche

bevorzugen einen monologischen Unterrichtsstil, andere ein Miteinander von Lehrer und

Schülern. In manchen beschränkt sich die Beziehung auf die Vermittlung von Wissen, in

anderen ist der Lehrer ein lebenslanger Mentor und Elternersatz. So gibt es auch in diesem

Bereich viel Potential für Unterschiede. Da viele dieser Unterschiede aber in

unterschiedlichen Werten beruhen, sind sie in der Regel unbewußt. Ein Verstoß gegen die

eigenen Werte wird normalerweise als "falsch" bewertet, ohne dass der zugrundeliegende

Wert (und seine kulturelle Relativität, etwa Individualismus oder Gruppenorientierung)

bewußt reflektiert wird. Diese Bewertung führt dann schnell zu einer negativen Beurteilung

des Lehrers oder Schülers, die nur auf unterschiedlichen Werten basiert, aber das Potential

hat, die Beziehung zwischen beiden zu zerstören.

38

Diese Erfahrung beschreibt Elizabeth Olsen, "Training for Translation: How Can We be More

Integrative in Our Approach?: A View from the Formal Education Perspective in Africa" (GIALens 2:1, 2008),

1–6, http://www.gial.edu/images/gialens/vol2-1/Olsen-Training-for-Translation.pdf (zuletzt geprüft am Juli

09, 2013), 1.

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Zusammenfassung

Geert Hofstede schreibt: "[...] cross-cultural learning situations are fundamentally

problematic for both parties."39

In Anbetracht all der Möglichkeiten für Missverständnisse

könnte man pessimistisch werden: Wie soll man jemals alle potentiellen Problemquellen

auch nur im Auge behalten können?

Das wäre wohl gar keine realistische Erwartung. Aber das heißt nicht, dass erfolgreicher

interkultureller Unterricht unmöglich ist. In jedem Fall ist es wichtig, dass die Lehrer ihre

Erwartungen wie auch ihre Methoden explizit kommunizieren. In vielen Fällen wir es nötig

sein, die Studenten an diese Methoden heranzuführen, wenn sie ihnen nicht bekannt sind.

Und je besser der Lehrer seine Methoden an die Kenntnisse und Bedürfnisse der Studenten

anpassen kann - jeweils in Anbetracht des zu vermittelnden Unterrichtsstoffs - desto

erfolgreicher und zufriedenstellender wird sich sein Unterricht gestalten lassen. Es ist

gerade aus chrsitlichem Blickwinkel - interesant zu sehen, wie auch das Aufgeben eigener

Werte40

den Lehrer zu einem geeigneteren Lehrer für die Studenden aus einem anderen

Kulturkreis machen kann.41

Das mag nicht immer einfach für den Lehrer sein, aber in

jedem Fall lohnend.

So kommt auch Hofstede zu dem Schluss: "It is possible that in order to be effective as

trainers abroad, teachers have to adopt methods which at home they have learned to

consider as outmoded or impopular".42

Ich rechne nicht damit, in diesem Anhang alle potentiellen Problemfelder für den inter-

kulturellen Unterricht auch nur erwähnt zu haben. Diese Aufgabe lag auch weder im Fokus

noch im Rahmen der Möglichkeiten dieser Arbeit. Trotzdem geben die hier skizzierten

Ideen einen Anfangspunkt für die Planung eines erfolgreichen interkulturellen Unterrichts.

39

Geert Hofstede, "Cultural Differences in Teaching and Learning" (International Journal of Intercultural

Relations 10:3, 1986), 301-319, 303.

40 Auch dazu Hofstede, a.A.o., 316: "This means taking one step back from one's values and cherished

beliefs, which is far from easy."

41 Das bringt uns zu dem Vorbild Jesu, auch als Lehrer, der seine eigenen Vorlieben und Werte aufgab,

um anderen zu dienen! Vergleiche etwa Philipper 2, 3-7.

42Hofstede, a.A.o., 316

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