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Urszula BOŃCZUK-DAWIDZIUK Museum der Universität Breslau (Muzeum Uniwersytetu Wrocławskiego) Die Sammlungen der Malerei, Skulptur und Graphik an der Universität Breslau nach der Säkularisation der Klöster 1810 Der Gründung der staatlichen Universität Breslau am 3. August 1811 ging das Edikt des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. vom 30. Oktober 1810 vor- aus, kraft dessen die Säkularisation der Klöster, der Breslauer fürstbischöichen Schlösser, des Domkapitels, der Stifte und der Johanniterkommenden in Schlesien durchgeführt wurde. In Folge der Aufhebungen gingen Immobilien und bedeutende bewegliche Güter in Staatsbesitz über. Sie bereicherten die ein Jahr später gegrün- deten Institute an der Universität Breslau (Universitas litterarum Wratislaviensis) 1 . Der Verlauf der Säkularisation hatte einen wesentlichen Einuss auf den Grün- dungsprozess dreier neuer wissenschaftlicher Einrichtungen an der Universität: der Bibliothek, des Archivs und des Museums. Hauptbestand der letztgenannten Insti- tution wurden Kunstgegenstände aus den aufgehobenen schlesischen Klöstern und fürstbischöichen Schlössern. Auf diese Weise wurde die Breslauer Universität als Erbin der aufhebungsbedingten Kunstsammlungen eine der größten Nutznießerin- nen der Säkularisation. Mit der Sicherstellung des wertvollen beweglichen Besitztums, das aus den auf- gehobenen Gütern des katholischen Klerus stammte, wurde der Jurist und Philologe 1 L. HARC, Założenie Uniwersytetu Wrocławskiego w 1811 roku. Rozkaz gabinetowy Fryderyka Wilhelma III z 24 kwietnia 1811 roku i plan połączenia Uniwersytetu we Frankfurcie z Uniwersytetem we Wrocławiu z 3 sierpnia 1811 roku [Die Gründung der Universität Breslau 1811. Die Kabinetsorder von Friedrich Wilhelm III. vom 24. April 1811 und der Zusammenlegungsplan der Universität in Frankfurt (an der Oder) mit der Universität in Breslau vom 3. August 1811], [in:] R. ŻERELIK (Hg.), Cztery początki. Dokumenty fundacyjne Uniwersytetu Wrocławskiego [Vier Anfänge. Gründungsdokumente der Universität Breslau], Wrocław 2002, S. 97; M. CZAPLIŃSKI, Śląsk od wojen napoleońskich i reform pruskich do Wiosny Ludów [Schlesien von den Na- poleonischen Kriegen und den Preußischen Reformen bis zur Revolution von 1848], [in:] M. CZAPLIŃSKI (Hg.), Historia Śląska [Geschichte Schlesiens] (Acta Universitatis Wratislaviensis, 2364), Wrocław 2002, S. 290f. Die Auösung der Klöster in Preußich-Schlesien 1810, Wrocław 2016

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Urszula BOŃCZUK-DAWIDZIUK

Museum der Universität Breslau(Muzeum Uniwersytetu Wrocławskiego)

Die Sammlungen der Malerei, Skulptur und Graphik an der Universität Breslau nach der Säkularisation

der Klöster 1810

Der Gründung der staatlichen Universität Breslau am 3. August 1811 ging das Edikt des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. vom 30. Oktober 1810 vor-aus, kraft dessen die Säkularisation der Klöster, der Breslauer fürstbischöflichen Schlösser, des Domkapitels, der Stifte und der Johanniterkommenden in Schlesien durchgeführt wurde. In Folge der Aufhebungen gingen Immobilien und bedeutende bewegliche Güter in Staatsbesitz über. Sie bereicherten die ein Jahr später gegrün-deten Institute an der Universität Breslau (Universitas litterarum Wratislaviensis)1. Der Verlauf der Säkularisation hatte einen wesentlichen Einfluss auf den Grün-dungsprozess dreier neuer wissenschaftlicher Einrichtungen an der Universität: der Bibliothek, des Archivs und des Museums. Hauptbestand der letztgenannten Insti-tution wurden Kunstgegenstände aus den aufgehobenen schlesischen Klöstern und fürstbischöflichen Schlössern. Auf diese Weise wurde die Breslauer Universität als Erbin der aufhebungsbedingten Kunstsammlungen eine der größten Nutznießerin-nen der Säkularisation.

Mit der Sicherstellung des wertvollen beweglichen Besitztums, das aus den auf-gehobenen Gütern des katholischen Klerus stammte, wurde der Jurist und Philologe

1 L. HARC, Założenie Uniwersytetu Wrocławskiego w 1811 roku. Rozkaz gabinetowy Fryderyka Wilhelma III z 24 kwietnia 1811 roku i plan połączenia Uniwersytetu we Frankfurcie z Uniwersytetem we Wrocławiu z 3 sierpnia 1811 roku [Die Gründung der Universität Breslau 1811. Die Kabinetsorder von Friedrich Wilhelm III. vom 24. April 1811 und der Zusammenlegungsplan der Universität in Frankfurt (an der Oder) mit der Universität in Breslau vom 3. August 1811], [in:] R. ŻERELIK (Hg.), Cztery początki. Dokumenty fundacyjne Uniwersytetu Wrocławskiego [Vier Anfänge. Gründungsdokumente der Universität Breslau], Wrocław 2002, S. 97; M. CZAPLIŃSKI, Śląsk od wojen napoleońskich i reform pruskich do Wiosny Ludów [Schlesien von den Na-poleonischen Kriegen und den Preußischen Reformen bis zur Revolution von 1848], [in:] M. CZAPLIŃSKI (Hg.), Historia Śląska [Geschichte Schlesiens] (Acta Universitatis Wratislaviensis, 2364), Wrocław 2002, S. 290f.

Die Auflösung der Klöster in Preußich-Schlesien 1810, Wrocław 2016

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Johann Gustav Gottlieb Büsching (1783–1829)2 betraut. Dieser hatte die Bestän-de der schlesischen Klöster bereits 1809 kennengelernt, als er auf der Suche nach wertvollen Handschriften Schlesien bereist hatte. Nach der Veröffentlichung des Säkularisationsediktes legte Büsching Staatskanzler Karl August von Hardenberg (1750–1822) seinen Plan für die Gründung einer Einrichtung in Breslau vor, die Kunstgegenstände aus den aufgehobenen Klöstern sammeln sollte. Als Beispiel für erfolgreich wirkende Galerien, die kirchliche Kunstdenkmäler präsentierten, führte er die bei den Breslauer Kirchen St. Maria Magdalena und St. Elisabeth errichteten Einrichtungen an3. Am 8. November 1810 äußerte sich der Staatskanzler positiv zu Büschings Plan4. Nachdem er aus Berlin nach Breslau zurückgekehrt war, wurde Büsching von der Hauptsäkularisationskommission am 24. November 1810 damit beauftragt, Bibliotheken, Archive, Münz- und Kunstsammlungen sicherzustellen5. Büsching schlug vor, die Klostergebäude der Augustiner-Chorherrenabtei auf dem Sande in ein Zentrallager umzuwandeln. Dorthin ließ er in den Folgejahren den größten Teil der Gegenstände aus den aufgehobenen kirchlichen Einrichtungen überführen (Abb. 1). Die Begutachtungs-, Inventarisierungs- und Transportmaß-nahmen beendete er am 1. Juni 18126.

Büschings Tätigkeit war darauf ausgerichtet, die Kunstgegenstände im Hinblick auf die zukünftigen Museumsbestände auszusondern. Während die Klosterbibliotheken und -archive zumindest anfänglich zur Gänze beschrieben wurden und deren Inhalt in Kisten verpackt und anschließend nach Breslau verschickt wurde, wurden Kunstge-genstände bereits vor Ort ausgesondert. Wegen der Eile, mit der die kirchlichen Güter übernommen wurden, wurde kein Inventar aller säkularisierten Kunstgegenstände er-stellt. Daher weiß man nicht genau, welcher Teil der Objekte direkt für den Verkauf bestimmt war7. Es kann vermutet werden, dass es sich größtenteils um Denkmäler aus dem Barock und der späteren Zeit gehandelt hat, weil Büsching für seine musealen

2 M. HAŁUB, Johann Gustav Gottlieb Büsching 1783–1829. Ein Beitrag zur Begründung der schlesischen Kulturgeschichte (Acta Universitatis Wratislaviensis, 1978), Wrocław 1997; J. KINNE, Die klassische Archäo-logie und ihre Professoren an der Universität Breslau im 19. Jahrhundert. Eine Dokumentation, Dresden 2010, S. 20–41.3 H. SEGER, Geschichte des ehemaligen Museums schlesischer Altertümer, „Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift. Zeitschrift des Vereins für das Museum Schlesischer Altertümer“, Noue Folge, 1900, 1, S. 13.4 Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu, Oddział Rękopisów [Universitätsbibliothek Wrocław, Hand-schriftenabteilung] (weiter als: BU Wrocław, OR), Sign. IV F 267, Acta manualia die Uebernahme der Bib-liotheken, Kunstsammlungen & Archive in den aufgehobenen Klöstern Schlesiens betreffend. Büsching, Bd. 1: Vom 25. Okt. 1810 bis zum 20. Febr. 1811, K. A. von Hardenberg, Schreiben an J. G. G. Büsching, Berlin, 08.11.1810, Bl. 7r.5 H. SEGER, Geschichte des ehemaligen Museums, S. 13.6 Ibidem, S. 14; Z. BANDURSKA, Królewskie Muzeum Sztuki i Starożytności [Das Königliche Museum für Kunst und Altertümer], [in:] P. ŁUKASZEWICZ (Hg.), Muzea sztuki w dawnym Wrocławiu = Kunstmuseen im alten Breslau, Wrocław 1998, S. 28; J. KINNE, Die klassische Archäologie, S. 20, 23.7 Einige diesbezügliche Informationen finden sich in J. G. G. BÜSCHING, Bruchstücke einer Geschäftsreise durch Schlesien, unternommen in den Jahren 1810, 11, 12 [Breslau 1813]. Vgl. H. SEGER, Geschichte des ehemaligen Museums, S. 14.

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Bestände hauptsächlich nach früheren Werken gesucht hatte. Anfang 1811 schrieb er von Breslau aus an Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832):

Ich sitze in einem Schwall von Büchern, Manuskripten, Gemälden, Urkunden, Musikalien, alten Siegeln und dergl., die alle von mir allein eine wenigstens oberfl ächliche Anordnung verlangen. […] und ich hoffe, auch besonders für alte Deutsche Malerei einige Kunstschätze zu gewinnen8.

Die Kunstgegenstände, die Büsching nicht in die staatlichen Sammlungen auf-nehmen wollte, wurden teilweise verkauft. Bspw. wurden im Jahre 1817 162 Öl-gemälde auf einer Auktion in Berlin versteigert9. Andere Kunstschätze wurden ausgetauscht, andere wurden wiederum als Kirchenausstattung zurückgegeben. Als Beispiel kann das Schicksal der Gemälde aus dem Kloster Czarnowanz bei Oppeln angeführt werden. Kraft des Beschlusses der preußischen königlichen Behörden wurden fünf Gemälde in die Pfarrkirche von Czarnowanz überführt, weitere fanden sich in zwei Ortschaften, beide im Landkreis Oppeln gelegen, wieder: zwei Gemäl-de kamen in die Kirche von Zelasno, fünf in die Kirche von Brinnitz10.

Aus erhalten gebliebenen Archivdokumenten geht hervor, dass die Malerei von allen Kunstgegenständen einen bedeutsamen Teil der geplanten Bestände des zukünftigen Universitätsmuseums darstellte. In der Handschriftenabteilung der Universitätsbib-liothek Breslau befindet sich eine von dem Maler Johann Heinrich Christoph König (1777–1867) am 5. Februar 1812 ausgestellte Bestätigung über die Übernahme von 517 zur Konservierung bestimmten und aus aufgehobenen Klöstern stammenden Ge-mälden, die König von Büsching bekam11. In einem zwei Wochen später von Büsching verfassten Bericht wurden 536 Gemälde mit dem Vermerk genannt, dass sich zahlrei-che Objekte wegen des schlechten Zustands nicht für Ausstellungszwecke eigneten. In einer Kurzexpertise vom 26. Mai 1812 zur Gemäldesammlung wurde befunden, dass 145 Gemälde von Michael Leopold Willmann (1630–1706) stammten, während 60 Objekte in den Werkstätten von „altdeutschen“ Meistern entstanden waren12.

Wegen der großen Anzahl konnten die Kunstwerke in den Gebäuden der Au-gustiner-Chorherrenabtei auf dem Sande nicht deponiert werden, weshalb die im Mai 1812 nach Breslau transportierten Neisser Bestände in der Annakirche auf der Sandinsel untergebracht wurden13. Mangelnde räumliche und finanzielle Kapazitä-

8 C. BUCHWALD, Büsching an Goethe, „Altschlesien. Mitteilungen des Schlesischen Altertumsvereins und der Arbeitsgemeinschaft für oberschlesische Ur- und Frühgeschichte“, 3, 1930, S. 88.9 BU Wrocław, OR, Sign. Akc.1948/862, Verzeichnis einer Sammlung von original Oelgemälden, welche [...] nach Berlin geschickt und dort verkauft werden sollen, Bl. 20–25, Breslau, 24.12.1817.10 BU Wrocław, OR, Sign. Akc.1948/864, Korrespondenzen und Verhandlungen betreffend die Gemälde-Sammlung, Theodor Merckel, Schreiben an J. G. G. Büsching, Breslau, 10.10.1817, Bl. 133.11 Acta manualia, Bd. 5: 4. Februar 1812 – 14. Juni 1812, Bl. 8.12 J. KINNE, Die klassische Archäologie, S. 38.13 Z. BANDURSKA, Królewskie Muzeum, S. 28.

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ten führten vermutlich dazu, dass die Anzahl der Gemälde in den Universitätsbe-ständen in den folgenden Jahren deutlich zurückging. 1821 wurde dieser Bestand auf lediglich 227 Gemälde reduziert (Abb. 6)14.

Von dem immensen Ausmaß der Inventarisierungsmaßnahme, der die Bestände der aufgehobenen Klöster unterzogen wurden, zeugen Protokolle, die bei der Übernahme der jeweiligen Objekte verfasst wurden und heute in der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Breslau aufbewahrt werden. Aus ihnen geht hervor, dass Bü-sching seine Arbeit mit den geistlichen Gütern in Breslau begonnen hatte. Im ehemali-gen Augustiner-Chorherrenstift auf dem Sande inventarisierte er 119, größtenteils gut erhalten gebliebene Gemälde, darunter zahlreiche Werke von Michael Willmann15. In der Vinzenzkirche wurden 39 Gemälde16 verzeichnet, von denen höchstwahrschein-lich nur 28 ausgewählt wurden, u.a. Altargemälde Willmanns17 sowie eine nieder-ländische Darstellung Heraklits und Demokrits (Abb. 2)18. In der Jakobuskirche auf der Sandinsel wurden 34 Gemälde gefunden, darunter fünf Werke Willmanns (größ-tenteils Altargemälde)19, ein Tafelbild mit der Beweinung Christi um 151620 sowie eine gotische Darstellung Mariens im Ährenkleid (Abb. 3)21. Im Breslauer Klarissen-kloster wurden 15 Gemälde inventarisiert und 14 davon gesichert, u.a. ein gotisches

14 Muzeum Narodowe we Wrocławiu, Gabinet Dokumentów [Nationalmuseum Breslau, Dokumentenkabi-nett] (weiter als: MN Wrocław, GD), J. G. G. BÜSCHING, Kat. II. Nachweisung der zu behaltenden Gemälde in der Gemälden-Sammlung im Universitäts-Bibliothek-Gebäude zu Breslau, 19.10.1821.15 BU Wrocław, OR, Sign. Akc. 1948/862, Inventarium nebst Taxe der Gemählde welche sich in der ehe-maligen Prälatur des Fürst Stifts des Augustiner Ordens befinden, Bl. 1–5; Acta manualia, Bd. 1, Bl. 145f., 26.01.1811. Nach Bernhard von Prittwitz wurden aus der Breslauer Augustiner-Chorherrenabtei auf dem Sande anfänglich 95 Gemälde ausgesucht, die für die Galerie und für den Tausch vorgesehen waren. Da der Großteil von ihnen jedoch Porträts von Prälaten war, wurden die Bilder an die Kirche zurückgegeben. Ledig-lich 15 wurden in die Galerie übernommen. Angaben nach: B. VON PRITTWITZ, Die Gemälde in der Stände-hausgallerie, welche dem Kgl. Kunst- und Antikenkabinet angehören, „Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift. Zeitschrift des Vereins für das Museum schlesischer Altertümer“, 3, 1881, S. 201–224.16 Acta manualia, Bd. 1, Bl. 93f. Nach B. von Prittwitz wurden aus der Breslauer Prämonstratenserabtei 34 Gemälde ausgewählt, die für die Galerie und für den Tausch vorgesehen waren, B. VON PRITTWITZ, Die Gemälde in der Ständehausgallerie, S. 206.17 Acta manualia, Bd. 1, Bl. 140.18 Muzeum Narodowe we Wrocławiu [Nationalmuseum Breslau] (weiter als: MN Wrocław), Inv. Nr. VIII 508; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis der Gemälde-Sam[m]lung im Universitäts-Bibliothek-Gebäude zu Breslau, 22.03.1821, Kat. Nr. 162; J. G. KNIE, J. M. L. MELCHER (Hg.), Geographische Beschrei-bung von Schlesien preussischen Antheils, der Graffschaft Glatz und der preussischen Markgraffschaft Ober-Lausitz, Tl. 1: Beschreibung von Breslau der Hauptstadt des Herzogthums Schlesien, Hf. 7: Als Fortsetzung der Beschreibung von Breslau, Breslau 1827, S. 761; B. STEINBORN (Hg.), Katalog zbiorów malarstwa nider-landzkiego = Catalogue of the collection of Netherlandish painting (Katalogi Zbiorów Muzeum Narodowego we Wrocławiu), Wrocław 22006, Kat. Nr. 38.19 Acta manualia, Bd. 1, Bl. 136, 28.01.1811.20 Muzeum Narodowe w Warszawie [Nationalmuseum Warschau] (weiter als: MN Warszawa), Inv. Nr. 186172; Malarstwo austriackie, czeskie, niemieckie, węgierskie 1500–1800, katalog zbiorów [Muzeum Narodo-wego w Warszawie] [Die österreichische, böhmische, deutsche und ungarische Malerei 1500-1800, Bestandska-talog (des Nationalmuseums Warschau)], bearb. von A. CHUDZIKOWSKI, Warszawa 1964, Kat. Nr. 148.21 MN Warszawa, Inv. Nr. Śr. 290; MN Wrocław, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 40; S. GREUB, T. GREUB, M. KOCHANOWSKA-REICHE (Hg.), Meisterwerke mittelalterlicher Kunst aus dem Natio-nalmuseum Warschau, München 2006, Nr. 19.

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Tafelbild mit der Darstellung Mariens mit dem Jesuskind (Abb. 4)22. Eine Notiz, die Büsching bei der Inventarisierung des Kapuzinerklosters in Breslau verfasst hatte, umfasst lediglich einige Kunstwerke, die ihm als die wertvollsten erschienen. Darun-ter war bspw. ein byzantinisches Tafelbild aus dem zweiten Viertel des 17. Jahrhun-derts mit der Darstellung Mariens mit dem Jesuskind23. Ähnlich wurden im Breslauer Ursulinenkloster lediglich ein paar Gemälde verzeichnet, die für wertvoll erachtet wurden: drei Bilder Willmanns mit der Darstellung der hl. Ursula, des hl. Augustins

22 MN Wrocław, Inv. Nr. XI 229; Acta manualia, Bd. 1, Bl. 157, 05.02.1811; Bl. 159, 04.02.1811; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 3; B. GULDAN-KLAMECKA, A. ZIOMECKA, Sztuka na Śląsku XII–XVI w. Katalog zbiorów [Kunst in Schlesien vom 12. bis 16. Jh. Bestandskatalog] (Katalogi Zbiorów Muzeum Narodowego we Wrocławiu), Wrocław 2003, Kat. Nr. 50.23 MN Wrocław, Inv. Nr. VIII 522; Acta manualia, Bd. 2: Vom 20. Febr. bis 21. Juni 1811, Bl. 37, 19.03.1811; MN Wrocław, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 45; M. P. KRUK, Ikona Matki Boskiej w typie Ho-degetrii z dawnego kościoła klasztornego kapucynów we Wrocławiu [Die Muttergottes-Ikone in der Darstellung der Hodegetria aus der ehemaligen Klosterkirche der Kapuziner in Breslau], [in:] J. HARASIMOWICZ (Hg.), Skar-by uniwersyteckich kolekcji [Die Schätze der Universitätssammlungen], Bd. 1: U. BOŃCZUK-DAWIDZIUK (Hg.), Wykłady towarzyszące wystawie jubileuszowej „Uniwersytet Wrocławski 1811–2011” [Begleitvorlesungen zur Jubiläumsausstellung „Die Universität Breslau 1811–2011“], Wrocław 2013, S. 5–25.

Abb. 2: L. JACOBSZON (?) (1598–1636), Heraklit und Demokrit, 1630er Jahre, MN Wrocław, Inv. Nr. VIII 508

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Abb. 3: Maria im Ährenkleid, Breslau?, nach 1491, Tempera auf Holz. MN Warszawa, Inv. Nr. Śr.290

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Abb. 4: EIN BRESLAUER MALER AUS DEM UMKREIS DES BRESLAUER MEISTERS DES POLYPTYCHONS DER HL. BARBARA, Madonna mit Kind, um 1450. MN Wrocław, Inv. Nr. XI 229

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und des hl. Xaver sowie die Darstellung Christi am Kreuz von einem unbekannten Künstler24.

Welche komplexen Maßnahmen die Hauptsäkularisationskommission durch-führte, belegen folgende Protokolle, die die Übernahme kirchlicher Güter in Schlesien dokumentieren. Im Protokoll, das bei der Sicherstellung der Innenaus-stattung der Barbarakirche in Reichenbach im Eulengebirge erstellt wurde, wer-den 20 Gemälde mit Christus-, Marien- und hagiographischen Motiven sowie ein 14-teiliger Ölbilderzyklus mit der Darstellung der Kreuzigung Christi erwähnt25. In Schweidnitz wurden fünf Gemälde aus der Dominikanerkirche (Darstellung des hl. Laurentius, der hl. Barbara, des hl. Josefs, der hl. Hedwig von Schlesien und des Leidens Christi) sowie zwei Gemälde aus dem Minoritenkloster (Porträt des Her-zogs Heinrich des Frommen und Darstellung des hl. Hieronymus) übernommen26. In der örtlichen Pfarrkirche St. Stanislaus und Wenzel wurde dagegen ein Gemäl-de eingezogen, das zu dem 1510 von Stanislaus Bernwald geschaffenen Epitaph gehörte27. Zur Entschädigung wurden drei große Gemälde und zwei Antependien aus der örtlichen Dominikanerkirche übertragen28. Im Kloster der Franziskaner-Reformaten zu Leobschütz O/S wurden laut Protokoll 72 Gemälde, Zeichnungen und Graphiken übernommen. Darunter befand sich eine Zeichnung mit dem Ab-stammungsbaum des Ordens29. Im Schloss der Breslauer Fürstbischöfe in Neisse wurden 69 Gemälde verzeichnet, darunter 21 Büsten und drei Landschaftsgemäl-de30. In einem weiteren Dokument wird wiederum der Wert von 99 Gemälden, die sich in der Neisser fürstbischöflichen Residenz befanden, auf 467 Reichstaler ge-schätzt31. Im Kloster der Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem in Neisse wurden 113 Positionen im Malereiverzeichniss sowie 13 Gipsporträts dokumentiert und deren Wert geschätzt32. In der Klosterkirche der Minoriten in Löwenberg wurden zwölf Altäre, zehn Gemälde und zwölf Kreuzwegstationen inventarisiert33. Aus dem Kloster in Trebnitz stammten 85 Kunstgegenstände, darunter „einige von Willmann“34. Das Verzeichnis der inventarisierten Kunstwerke in der Dominika-nerkirche in Glogau beinhaltete acht Altäre, sechs Skulpturen und 96 Gemälde35. Darüber hinaus wurden fünf Gemälde aus der Glogauer Kirche der Franziskaner-

24 Acta manualia, Bd. 2, Bl. 116, 15.05.1811.25 Ibidem, Bd. 1, Bl. 182f., 24.12.1810, Bl. 196.26 Ibidem, Bl. 190f., 15.02.1811; Bl. 193, 18.02.1811.27 MN Wrocław, Inv. Nr. XI 235; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 48; B. GULDAN-KLAMECKA, A. ZIOMECKA, Sztuka na Śląsku XII–XVI w., Kat. Nr. 23.28 Acta manualia, Bd. 3: Vom 14. Juni bis 24. Sept. 1811, Bl. 147, 23.07.1811.29 Ibidem, Bd. 2, Bl. 38.30 Ibidem, Bl. 53.31 Ibidem, Bd. 5, Bl. 19, 03.04.1811.32 Ibidem, Bl. 28.33 Ibidem, Bd. 2, Bl. 103.34 Ibidem, Bd. 1, Bl. 161f., 08.02.1811.35 Ibidem, Bd. 2, Bl. 123–126.

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Reformaten und 27 Kunstwerke aus dem dortigen Klarissenkloster inventarisiert36. Aus diesem Ordenshaus wurde ein Tafelbild von dem Epitaph eines unbekannten Bürgers oder Adeligen von ca. 1500 beschlagnahmt. Das Tafelbild zeigte den bü-ßenden hl. Hieronymus und das Letzte Gericht. Es wurde einem niederländischen oder rheinischen Maler, möglicherweise einem Nachahmer von Aelbert Bouts, zu-geschrieben37. In einer Notiz machte Büsching die interessante Feststellung, dass im Kollegiatstift in Glogau ein „Gemälde von Lukas Kranach, die Madonna mit dem Christkinde, im Jahr 1518 gemahlt“38 eingezogen wurde. Das im Karmeli-tenkloster in Freystadt erstellte Inventar nannte neun Ölgemälde und 14 weitere Gemälde, sechs Malereiwerke, die den Kreuzgang des Klosters verziert haben, sowie 21 Objekte in der Kirche39. In der Karmelitenkirche in Striegau wurden acht Gemälde, u.a. eine Darstellung der Maria Immaculata, verzeichnet40. In der ehe-mals den Johannitern gehörenden Kirche St. Peter und Paul in Striegau wurden sechs beidseitig bemalte Relieftafeln eines Polyptychons mit dargestellten Szenen aus den Evangelien eingezogen. Das Werk wurde in der Werkstatt des Meisters der Jahre 1486–1487 gefertigt (Abb. 5)41. Im Benediktinerkloster in Wahlstatt wur-den 18 Gemälde, darunter auch Werke Willmanns, beschlagnahmt42. In Orten wie z.B. Goldberg, Bunzlau, Ratibor oder Naumburg am Queis fand Büsching keine Kunstwerke, die er für würdig befunden hätte, zu notieren43.

Besonders wertvolle Sammlungen der barocken Malerei wurden aus der Zister-zienserabtei in Leubus nach Breslau gebracht. Das Inventar der dort verzeichneten Bilder umfasste stolze 471 Objekte. Davon wurden 141 für die Galerie und für den Austausch ausgesucht44. Neben dem Gemälde von Georg Wilhelm Joseph Neun-hertz (1689–1749) König David mit Harfe, das vor 172445 entstanden war, befanden sich in dieser Gemäldegruppe zahlreiche hervorragende Werke Willmanns, z.B. das

36 B. VON PRITTWITZ, Die Gemälde in der Ständehausgallerie, S. 206.37 MN Wrocław, Inv. Nr. XI 220; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 70; B. GULDAN-KLAMECKA, A. ZIOMECKA, Sztuka na Śląsku XII–XVI w., Kat. Nr. 18.38 Gemeint ist hier Lucas Cranach [Anm. d. Übers.]. Acta manualia, Bd. 3, Bl. 283, 25.08.1811; Bl. 329, 28.08.1811.39 Ibidem, Bd. 2, Bl. 150.40 Ibidem, Bd. 3, Bl. 195.41 Im Nationalmuseum Warschau befinden sich vier Relieftafeln des Polyptychons (Inv. Nr. Śr.297.1-4), eine Relieftafel wird gegenwärtig im Nationalmuseum Breslau aufbewahrt (Inv. Nr. Dep. 2133/03). MN Wrocław, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 26; B. GULDAN-KLAMECKA, A. ZIOMECKA, Sztuka na Śląsku XII–XVI w., Kat. Nr. 86.42 Acta manualia, Bd. 3, Bl. 219, 07.08.1811.43 Ibidem, Bd. 4, Bl. 18, 06.10.1811; Bd. 5, Bl. 111, 23.05.1812.44 Ibidem, Bd. 2, Bl. 112; BU Wrocław, OR, Sign. Akc. 1948/862, Bl. 9; B. VON PRITTWITZ, Die Gemälde in der Ständehausgallerie, S. 206; Z. BANDURSKA, Królewskie Muzeum, S. 27.45 MN Wrocław, Inv. Nr. VIII 560; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 211; E. HOU-SZKA (Hg.), Malarstwo śląskie 1520–1800. Katalog zbiorów Muzeum Narodowego we Wrocławiu (Katalogi Zbiorów Muzeum Narodowego we Wrocławiu) [Schlesische Malerei 1520–1800. Bestandskatalog des Natio-nalmuseums Breslau (Bestandskataloge des Nationalmuseums Breslau)], Wrocław 2009, Kat. Nr. 288.

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Die Sammlungen der Malerei, Skulptur und Graphik 211

Abb. 5: MEISTER DER JAHRE 1486–1487, Relieftafel eines Polyptychons aus der Kirche St. Peter und St. Paul in Striegau mit der Darstellung der Geburt Jesu, 1486. MN Warszawa, Inv. Nr. Śr.297.2

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Letzte Abendmahl46 oder die Krönung Mariens47, die früher die Leubuser Kloster-kirche geschmückt hatten. Die Gemälde dieses berühmten Malers, auch als „schle-sischer Rembrandt“ bezeichnet, wurden auch aus zahlreichen weiteren schlesischen Klöstern und Kirchen in die königlichen Sammlungen überführt, so z.B. aus der Kirche St. Maria auf dem Sande in Breslau (Das Martyrium der heiligen Apollonia von 1664 und Das Martyrium der heiligen Barbara von 168748) und aus dem Klos-ter der Benediktinerinnen in Liegnitz (Der Weg nach Golgotha um 1685)49.

Die Gemäldegalerie

Nach Beendigung der Aufhebungsmaßnahmen wurde damit begonnen, eine mu-seale Einrichtung aufzubauen. Zu deren Leiter wurde Büsching ernannt50. Am 27. Juni 1814 ordnete die Akademische Organisations-Kommission an, einen Platz für die Gemäldegalerie zu bestimmen51. Büsching war der Meinung, dass die geräumi-gen Säle der ehemaligen Augustiner-Chorherrenabtei auf der Sandinsel, einer ab-seits gelegenen und von einem Garten umgebenen Einrichtung, der geeignete Ort wären52. Eine erste öffentliche Galerie, in der im ersten Obergeschoss eine Gemäl-deausstellung gezeigt wurde, wurde dort am 29. Juni 1815 eröffnet. Einem erhalten gebliebenen Dokument von ca. 1817 lassen sich einige Informationen über die Her-kunft der damals präsentierten Werke entnehmen. In jedem der drei Ausstellungssäle wurden je ca. 30 Gemälde gezeigt. Sie stammten aus unterschiedlichen schlesischen Klöstern: aus den Zisterzienserabteien Leubus, Heinrichau und Grüssau sowie der Zisterzienserinnenabtei Trebnitz, der Augustiner-Chorherrenabteien in Breslau bzw. Sagan sowie aus den Klöstern der Franziskaner-Reformaten in Breslau und Jauer. Im Flur wurden weitere 51 Gemälde ausgestellt. Darunter befand sich das Gemälde Samson und Dalila van Dycks aus der Augustiner-Chorherrenabtei auf der Sandinsel in Breslau53. Insgesamt wurden in der Galerie 143 Gemälde ausgestellt.

1818 wurde das Königliche Museum für Kunst und Altertümer der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In dem Museum befanden sich eine Altertümersammlung und

46 MN Wrocław, Inv. Nr. VIII 2624; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 56; E. HOU-SZKA (Hg.), Malarstwo śląskie 1520–1800, Kat. Nr. 160.47 MN Wrocław, Inv. Nr. VIII 561; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 175 (?); E. HOU-SZKA (Hg.), Malarstwo śląskie 1520–1800, Kat. Nr. 158.48 MN Wrocław, Inv. Nr. VIII 2327, Dauerleihgabe im Schlossmuseum Brieg; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜ-SCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 304 (?); H. LOSSOW, Michael Willmann (1630–1706) – Meister der Barockma-lerei, Würzburg 1994, S. 110, Nr. 124; S. 111, Nr. 127; E. HOUSZKA (Hg.), Malarstwo śląskie 1520–1800, Kat. Nr. 185.49 MN Wrocław, Inv. Nr. VIII 1225; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 142; J. G. G. BÜ-SCHING, Bruchstücke, S. 87f.; H. LOSSOW, Michael Willmann, S. 103, Nr. 35; E. HOUSZKA (Hg.), Malarstwo śląskie 1520–1800, Kat. Nr. 183.50 J. KINNE, Die klassische Archäologie, S. 39.51 B. VON PRITTWITZ, Die Gemälde in der Ständehausgallerie, S. 214.52 Ibidem, S. 208.53 BU Wrocław, OR, Sign. Akc. 1948/862, „Die oben Gemäldesammlung (Schluss)“, Bl. 92f.

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Die Sammlungen der Malerei, Skulptur und Graphik 213

weitere Gemälde, die in zwei Sälen im Erdgeschoss präsentiert wurden54. Das am 22. März 1821 von Büsching und seinem Mitarbeiter Zochow verfasste Inventar nennt 539 Gemälde55. Das Verzeichnis wurde im Rahmen einer wiederholten Ge-mäldeüberprüfung erstellt, weil 195 von ihnen für den Verkauf vorgesehen waren. 63 Kunstwerke waren für den Austausch bestimmt und 53 sollten an die Kirchen zu-rückgegeben werden. Die übrigen 228 Gemälde sollten in den Museumsbeständen

54 Detaillierter über die Verfügung der Räumlichkeiten des Sandstiftes für den Bedarf des Königlichen Museums für Kunst und Altertümer schreibt Z. BANDURSKA, Architektura budynków muzealnych [Architektur der Museumsgebäude], [in:] P. ŁUKASZEWICZ (Hg.), Muzea sztuki w dawnym Wrocławiu = Kunstmuseen im alten Breslau, Wrocław 1998, S. 159–211, insb. S. 159–169.55 MN Wrocław, GD, [J. G. G. BÜSCHING], Verzeichnis.

Abb. 6: Ein Blatt aus dem Inventar Büschings, 19.10.1821. MN Wrocław, Gabinet Dokumentów [Dokumentenkabinett], ohne Inv. Nr.

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verbleiben56. Schlussendlich wurden in dem ein halbes Jahr später unter der Leitung Büschings aufgestellten Inventar der Gemälde, die im Königlichen Museum für Kunst und Altertümer verblieben waren, 227 Werke aufgelistet (Abb. 6)57. Unter ihnen befanden sich zahlreiche wertvolle gotische Tafelbilder, u.a. ein Flügel des Polyptychons aus der Klosterkirche in Trebnitz mit der Darstellung Johannes des Täufers und auf der Rückseite mit einer Ansicht der hl. Anna aus der Werkstatt des Breslauer Meisters der Heiligen Familie (1490er Jahre)58. Ferner gab es darunter Relieftafeln des Polyptychons aus dem 15. Jahrhundert, die aus der Katharinen-kirche der Breslauer Dominikanerinnen stammten und die Heimsuchung Mariens sowie den hl. Martin, die hl. Dorothea und die hl. Margarethe zeigten. Die Tafeln waren von einem Breslauer Maler angefertigt worden59. Im Museum wurden darü-ber hinaus zahlreiche Gemälde deponiert, die als Werke Willmanns galten. Darunter befanden sich ein großes Landschaftsbild mit dem Motiv der Flucht nach Ägypten aus dem Kloster Leubus oder Trebnitz von ca. 168560, Tod und Apotheose des hei-ligen Wenzel um 169061, die Darstellung der vier Kirchenväter62 von 1695/96 aus dem Kloster Leubus, Begrüßung des heiligen Bernhard aus Leubus von 166763, der heilige Jakobus der Ältere eilt den Christen zur Hilfe64 oder die Darstellung des Abtes von Leubus, Arnold Freiberger, dessen Porträt Willmann 1672 angefer-tigt hatte65. Außer der dominierenden religiösen Thematik entschied man sich auch dazu, einige ausgewählte Gemälde mit weiteren Motiven zu behalten. Dazu ge-hörten Porträts, Landschaftsdarstellungen oder Stillleben. Erwähnenswert ist hier das niederländische Porträt eines Alten aus dem Kloster Grüssau, das als ein Werk

56 Ibidem; Extract bet. die Gemälde-Sammlung in dem Universitäts „Bibliothek“ Gebäude zu Breslau.57 Ibidem, J. G. G. BÜSCHING, Kat. II. Nachweisung der zu behaltenden Gemälde.58 Ibidem, Inv. Nr. XI 225; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 30; B. GULDAN-KLAMEC-KA, A. ZIOMECKA, Sztuka na Śląsku XII–XVI, Kat. Nr. 102.59 MN Wrocław, Inv. Nr. XI 219 a, b; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 20; B. GUL-DAN-KLAMECKA, A. ZIOMECKA, Sztuka na Śląsku XII–XVI, Kat. Nr. 110.60 MN Wrocław, Inv. Nr. VIII-2658; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 100 („Die Flucht nach Aegypten, grosse Morgenlandschaft aus Trebnitz, Willmann“). Im Verzeichnis der Gemälde, die für die Museumsbestände vorgesehen waren, fand sich ein zweites Bild Willmanns unter demselben Titel wie-der: Kat. Nr. 318 („Die Flucht nach Aegypten, Willmann, gut erhalten“). Vgl. B. STEINBORN, Religijne pejzaże Willmanna z opactwa w Lubiążu [Religiöse Landschaftsbilder Willmanns aus der Abtei Leubus], [in:] EADEM (Hg.), Materiały konferencji poświęconej sztuce Michaela Willmanna [Materialien von der Tagung über die Kunst Michael Willmanns], Wrocław 1995 S. 55–79; Z. BANDURSKA, Królewskie Muzeum, S. 32; H. LOSSOW, Michael Willmann, S. 112, Nr. 139; E. HOUSZKA (Hg.), Malarstwo śląskie 1520–1800, Kat. Nr. 182.61 MN Wrocław, Inv. Nr. VIII 2325; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 163; E. HOU-SZKA (Hg.), Malarstwo śląskie 1520–1800, Kat. Nr. 186.62 MN Wrocław, Inv. Nr. VIII 2625, VIII 2626, VIII 2667, VIII 2636; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 206–209; E. HOUSZKA (Hg.), Malarstwo śląskie 1520–1800, Kat. Nr. 189–192.63 Germanisches Nationalmuseum in Nürnberg, Inv. Nr. Gm 1614; MN Wrocław, GD [Dokumentenkabi-nett], [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 82.64 Privatsammlung in Kielce; MN Wrocław, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 146.65 MN Wrocław, Inv. Nr. VIII 2656; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 185; H. LOS-SOW, Michael Willmann, S. 112, Nr. 142; E. HOUSZKA (Hg.), Malarstwo śląskie 1520–1800, Kat. Nr. 165.

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Die Sammlungen der Malerei, Skulptur und Graphik 215

aus „Rembrandts Schule“66 angesehen wurde, oder ein Porträt Martin Luthers von 1533 nach Lucas Cranach. Dieses Kunstwerk wurde aus dem Breslauer Kloster der Kreuzherren mit dem roten Stern übernommen67. Aus diesem Kloster wurde auch das aus dem Jahre 1578 stammende Porträt des Klostermeisters von St. Matthias, Bartholomäus Mandel (1567–1582), eingezogen. Dieses Werk galt als eine Arbeit aus der „Schule Holbeins“68. Die in dem Museum deponierten Landschaftsgemälde enthielten in den seltensten Fällen reine Naturmotive69. Meistens zeigten sie religi-öse Szenen, so z.B. die aus Leubus stammenden Landschaftsgemälde Willmanns, das Paradies von 167070, die Landschaft mit dem heiligen Johannes dem Täufer von 165671 oder Die Erschaffung der Welt von 166872. Von den Stillleben-Motiven, die im Museum aufbewahrt wurden, können nur wenige Gemälde genannt werden, so z.B. die Bilder eines gewissen Vertugen73.

Erwähnenswert ist auch, welcher Bilder aus den Universitätsbeständen man sich nach 1821 entledigte. 60 Gemälde Willmanns wurden gegen andere Kunstwerke ge-tauscht74, u.a. die Darstellung der heiligen Ursula (Abb. 7)75. Weitere Werke dieses Künstlers wurden verkauft. Außer der dominierenden Sakralmalerei wurden auch Gemälde mit weltlichen Motiven für den Verkauf vorgesehen: Landschaftsbilder, Stillleben, Darstellungen antiker Philosophen oder Porträts, z.B. Friedrichs des Großen76. Die Kirchen erhielten wiederum hauptsächlich Gemälde mit religiöser

66 Es handelt sich um ein Werk aus dem Umkreis des Malers Salomon Koninck (1609–1656), MN Wrocław, Inv. Nr. VIII 547; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 140; B. STEINBORN (Hg.), Katalog zbiorów malarstwa niderlandzkiego, Kat. Nr. 39.67 MN Wrocław, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 52.68 MN Warszawa, Inv. Nr. M.Ob.2528, Dauerleihgabe im Nationalmuseum Breslau; MN Wrocław, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 71; E. HOUSZKA (Hg.), Malarstwo śląskie 1520–1800, Kat. Nr. 29; B. STEINBORN, A. ZIEMBA, Malarstwo niemieckie do 1600 roku = Katalog zbiorów. Deutsche Malerei bis 1600. Bestandskatalog (Katalogi Zbiorów Muzeum Narodowego w Warszawie), Warszawa 2000, Kat. Nr. 79.69 So z.B. die Landschaftsbilder von Anton Faistenberger oder die Landschaftsbilder nach Nicolas Poussin, MN Wrocław, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 335, 342, 345 und 242f.70 Ibidem, Inv. Nr. 2660; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 99; E. HOUSZKA (Hg.), Malarstwo śląskie 1520–1800, Kat. Nr. 164.71 MN Warszawa, Inv. Nr. M.ob.1041; MN Wrocław, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 116; A. CHUDZIKOWSKI (Hg.), Malarstwo europejskie. Katalog zbiorów [Muzeum Narodowego w Warszawie] [Europäische Malerei. Bestandskatalog (des Nationalmuseums Warschau)], bearb. unter der Leitung von J. BIAŁOSTOCKI, Bd. 2: N – Z, malarze anonimowi, uzupełnienia [N – Z, anonyme Maler, Ergänzungen], Warszawa 196772 MN Warszawa, Inv. Nr. M.ob.1037; ibidem, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 173; D. FOL-GA-JANUSZEWSKA, K. MURAWSKA-MUTHESIUS (Hg.), National Museum in Warsaw. Guide: galleries and study collections, Warsaw 2001, S. 276.73 MN Wrocław, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 247f. Möglicherweise handelt es sich hier-bei um den Maler Daniel Vertragen (ca. 1598–1681/1684), der in Amsterdam, Hamburg (?) und in Dänemark tätig war.74 Z. BANDURSKA, Królewskie Muzeum, S. 29.75 MN Warszawa, Inv. Nr. M.Ob.2409, Dauerleihgabe im Nationalmuseum Breslau; [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 390 oder 309; E. HOUSZKA (Hg.), Malarstwo śląskie 1520–1800, Kat. Nr. 184.76 MN Wrocław, GD, [J. G. G.] BÜSCHING, Verzeichnis, Kat. Nr. 94, 105, 107f., 189–192, 226, 228, 231, 233, 239, 246, 329f., 449, 461, 487, 506, 512f., 518, 530.

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Abb. 7: M. L. WILLMANN, Hl. Ursula, um 1685, MN Warszawa, Inv. Nr. M.Ob.2409 (Dauerleihgabe im MN Wrocław)

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Die Sammlungen der Malerei, Skulptur und Graphik 217

Thematik oder mit kirchenhistorischen Motiven zurück. Sicher ist auch, dass 18 Bilder vom Katholischen Schullehrer-Seminar in Breslau übernommen wurden77.

Skulptur und Gipsabguss

Für die Skulptursammlung des an die Universität Breslau angegliederten Mu-seums sind größtenteils keine Archivdokumente zu ihrer Provenienz vorhanden. Die Inventarisierungsprotokolle der beweglichen Güter, die dem katholischen Kle-rus gehört hatten, liefern nur sporadische Informationen über die Übernahme von Skulpturen78. Allerdings ist ungewiss, in welchem Ausmaß sie für Ausstellungszwe-cke behalten wurden und welcher Prozentsatz verkauft, getauscht oder der Kirche zurückgegeben wurde. Nach der Säkularisation wurden nicht nur Kunstwerke ver-streut, die als Ausstattungselemente gedient hatten, sondern auch architektonische Figuren und Details, also Objekte, die mit dem ursprünglichen Ort ihrer Präsen-tation scheinbar verbunden waren. Als Beispiel kann die Geschichte der barocken Figur der hl. Lucia dienen, die im Innenhof vor dem Instituts für Anthropologie der Universität Breslau steht (Abb. 8). Höchstwahrscheinlich hatte die Skulptur ur-sprünglich als eine der beiden Figuren das Geländer des Portalbalkons des Josephs-Konvikts in Breslau geschmückt. 1812 wurden beide Statuen an Johann Gottlieb Korn für 25 Reichstaler verkauft, weil sie laut offizieller Verlautbarung der Univer-sitätsführung „die schöne Aussicht vom Balkon störten“79. Der Breslauer Drucker stellte die Skulptur neben der Kapelle der St. Klara-Abtei in Oswitz auf, die er ein Jahr früher erworben hatte und dort ein Grabmal für die Familie Korn hatte errich-ten lassen. In das Gebäude des früheren Josephs-Konvikts kehrte sie erst zwischen 1930 und 1950 zurück. Dort wurde sie inmitten des Hofes auf einem neobarocken Sockel, an der Stelle des früheren Brunnens, aufgestellt80.

77 Das Schreiben mit der Bestätigung der Gemäldeübernahme stammt vom 6. März 1823(5?), MN Wrocław, GD, Verzeichniss der Oelgemälde, welche aus der Gemälde-Sammlung der hiesigen Hochschule an das Ka-tholische Schullehrer-Seminarium übergeben worden sind (die Inventarnummern sind nicht vorhanden, die Bestände werden überarbeitet).78 Aus der Dominikanerkirche in Glogau wurden sechs Skulpturen mit folgenden Darstellungen übernom-men: Johannes der Täufer, Ecce Homo, ein einzelner Engel, je eine große und eine kleinere Auferstehungssta-tue, Maria mit Kind (lebensgroße Darstellung), Acta manualia, Bd. 2, Bl. 123.79 Z. ANTKOWIAK, Pomniki Wrocławia [Denkmäler Breslaus], Wrocław 1985, S. 40 [nach eigener Übersetzung].80 L. BURGEMEISTER, G. GRUNDMANN, Die Kunstdenkmäler der Stadt Breslau, Th. 3: Die kirchlichen Denk-mäler der Altstadt (Fortsetzung) und des erweiterten Stadtgebietes. Die Friedhöfe (Die Kunstdenkmäler der Provinz Niederschlesien, 1, Die Stadt Breslau, 3), Breslau 1934, S. 90; H. DZIURLA, Uniwersytet Wrocławski [Die Universität Breslau], Wrocław 1975, S. 90; J. WRABEC, Dom Steffensa – opis i dzieje [Steffens Haus. Beschreibung und Geschichte], „Rocznik Wrocławski“, 17–18, 1973/1974, S. 59–64, insb. S. 61f.; Z. ANT-KOWIAK, Pomniki Wrocławia, S. 39–42; K. KALINOWSKI, Rzeźba barokowa na Śląsku [Barocke Skulpturen in Schlesien], Wrocław 1986, S. 215; J. HARASIMOWICZ (Hg.), Atlas architektury Wrocławia [Architekturatlas Breslaus], Bd. 2: Budowle mieszkalne, budowle inżynieryjne i przemysłowe, parki, cmentarze, pomniki [Wohn-gebäude, Ingenieurs- und Industriegebäude, Parks, Friedhöfe und Denkmäler], Wrocław 1998, Nr. 617.

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Abb. 8: J. A. SIEGWITZ (?), Hl. Lucia, Sandstein, um 1753. Innenhof vor dem Institut für Anthropologie der Universität Breslau

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Eine im Nationalmuseum in Breslau aufbewahrte Handschrift aus der Zeit Bü-schings erlaubt es, Skulpturexponate aus einem der Säle des Königlichen Muse-ums für Kunst und Altertümer zu beschreiben81. Obwohl die meisten der 288 dort gesammelten Objekte Münzen sowie Ausrüstungselemente sind, beginnt das Ver-zeichnis mit der Beschreibung von Skulpturen mit religiöser Thematik. Mit großer Wahrscheinlichkeit lässt sich festhalten, dass sie in Folge der Säkularisation in die Museumsbestände gelangten82. In das Verzeichnis wurde u.a. eine neuzeitliche Marmorskulptur mit der Darstellung der hl. Anna mit dem Jesuskind und Maria aufgenommen83. Mit Italien wurde ein nicht großes Elfenbeinrelief mit der Dar-stellung der Madonna mit Kind und des hl. Johannes in Verbindung gebracht84. Im Verzeichnis wurden auch zwei reich verzierte Kruzifixe mit neuzeitlichen Chris-tusfiguren beschrieben. Die aus Elfenbein hergestellten Darstellungen Christi wur-den auf Kreuzen, die aus brasilianischem Holz geschaffen und mit Elfenbein sowie Perlen inkrustiert waren, angebracht85. Die geschnitzten Werke wurden auf Re-liefs mit einer Darstellung des hl. Georgs, der als Ritter auf einem Pferd sitzt, ein-geschränkt86. Als die beste aus den säkularisierten Beständen stammende Skulp-tur wurde im Jahre 1900 ein gotischer Alabaster eines französischen Bildhauers angesehen. Er zeigte drei Marien aus der Kreuzigunsgruppe mit, bei der die in Ohnmacht fallende Muttergottes von zwei Frauen aufgerichtet wird. Der Alabaster wurde damals auf das 14. Jahrhundert datiert (Abb. 9). Dieser nicht große Altar mit der Kreuzigungsgruppe wurde 1431 in Paris vom Abt der Breslauer Augustiner-Chorherren, Augustin Jodok, erworben. Er befand sich in der Kirche St. Maria auf dem Sande87. Eine kohärente Einheit stellten dagegen 15 Reliefs dar, die ein Gips-abguss mit der Darstellung des Leidens und Todes Jesu sowie mit dem Bild der

81 MN Wrocław, GD, Verzeichniss der vorhandenen Bildhauerei, Schnitzwerke, Gefässe, Rüstungen, Wap-pen und sonstigen Geräthschaften, aus dem Mittelalter bis auf neuere Zeiten. Zweites Zimmer der Althertü-mer. D. (die Inventarnummern sind nicht vorhanden, die Bestände werden überarbeitet). Es handelt sich um den Abschnitt „D“ des Inventars der sog. Altertümer, d.h. Skulpturen, Schnitzereien, Rüstung, Waffen und andere Gegenstände. Er umfasst 288 Objekte, die in einem Saal ausgestellt wurden (mit der Bezeichnung „zweites Zimmer“). Er wurde sicherlich noch zu Büschings Zeit erstellt, also vor 1829. Später wurde er von Julius Ambrosch überarbeitet. Vgl. Z. BANDURSKA, Archiwalia dawnych wrocławskich muzeów sztuki [Die Archivalien früherer Breslauer Kunstmuseen], „Roczniki Sztuki Śląskiej“, 19, 2010, S. 153–176.82 Seger gibt an, dass im Zuge der Säkularisation sieben Skulpturen ins Museum transferiert worden seien, H. SEGER, Geschichte des ehemaligen Museums, S. 14.83 MN Wrocław, GD, Verzeichniss der vorhandenen Bildhauerei, Schnitzwerke, Gefässe, Rüstungen, Wap-pen und sonstigen Geräthschaften, Kat. Nr. 9, Höhe ca. 25,5 cm.84 Ibidem, Kat. Nr. 2, Maße: ca. 15 × 9 cm.85 Ibidem, Kat. Nr. 3, Höhe des Kreuzes: ca. 64,5 cm, Figurhöhe: ca. 24 cm. Höchstwahrscheinlich sind es die erhalten gebliebenen Kreuze, ibidem, Inv. Nr. XII 1355, XII 1354. Vgl. M. KORŻEL-KRAŚNA (Hg.), Gloria Deo. Rzemiosło sakralne [Gloria Deo. Sakrales Handwerk], Bd. 1 (Katalogi Zbiorów Muzeum Narodowego we Wrocławiu), Wrocław 2010, S. 355.86 MN Wrocław, GD, Verzeichniss der vorhandenen Bildhauerei, Schnitzwerke, Gefässe, Rüstungen, Wap-pen und sonstigen Geräthschaften, Kat. Nr. 8, Höhe: ca. 15 cm.87 Ibidem, Kat. Nr. 1 (das Material wurde hier fehlerhaft als Carrara-Marmor identifiziert); H. SEGER, Ge-schichte des ehemaligen Museums, S. 14; D. KACZMARZYK, Rzeźba europejska od XV do XX wieku. Katalog zbiorów [Muzeum Narodowego w Warszawie] [Europäische Skulptur vom 15. bis zum 20. Jahrhundert. Be-

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Abb. 9: Französische Schule, Drei Marien aus der Kreuzigungsgruppe, Alabaster, vor 1430, MN Warszawa, Inv. Nr. Śr.402

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Apostel waren88. Ein weiterer Gipsabguss war das Fragment eines Monuments aus dem 15. Jahrhundert, das aus der Elisabethkirche stammte und die vor Gottvater kniende Maria als Fürsprecherin der Seelen zeigte89.

Neben den Abgüssen mit christlichen Themen befand sich in den Universitäts-beständen in Folge der Säkularisation auch eine zahlenmäßig kleine, für zukünfti-ge Bestände jedoch eine bedeutende Gipsabguss-Gruppe von antiken Skulpturen. Den Kern der Sammlung stellten sechs Kopien antiker griechischer und römischer Skulpturen mit folgenden Darstellungen dar: Apollo von Belvedere, Laokoon (Vater), Borghesischer Fechter, zwei Venusköpfe und ein Kopf des Antinoos90. Weitere zehn Gipsabgüsse antiker Köpfe wurden aus der Augustiner-Chorherren-abtei in Sagan übernommen91. Mit diesen Objekten wurde der Grundstein für eine gesonderte Sammlung von Gipsabgüssen, die ab 1824 im Museum entstand, ge-legt. Büsching sprach sich bereits 1815 für die Gründung einer Sammlung antiker Abgüsse aus, die als didaktische Hilfe für Vorlesungen in klassischer Philologie dienen sollte92. Erst acht Jahre später wurde das Vorhaben realisiert. Am 6. Mai 1823 fertigte Büsching einen Plan an, wie die Exponate in dem an den Ostflügel der früheren Augustiner-Chorherrenabtei auf der Sandinsel anschließenden Sei-tenflügel (dem sog. Gartenflügel) verteilt werden sollten (Abb. 1)93. In einem im Folgejahr veröffentlichten Artikel stellte er sein Vorhaben dar, eine neue Galerie zu gründen, in der archäologische Artefakte und Gipsabgüsse untergebracht wer-den sollten. Im ersten Saal plante er, den Apollo von Belvedere, Laokoon und den Borghesischen Fechter zusammen mit 15 weiteren in Berlin bestellten Abgüssen zu präsentieren. In den weiteren Sälen waren sicherlich die Abgüsse der Venus-köpfe und des Antinoos-Kopfes aufgestellt, da Büsching ankündigte, dort zwölf Büsten und 16 Flachreliefs auszustellen94. Die nachfolgenden Museumsdirekto-ren vergrößerten systematisch die Sammlung der Gipsabgüsse, indem sie in den wichtigsten europäischen Museen Zukäufe tätigten. Auf diese Weise bildete der kleine Bestand von Gipsabgüssen, die bei der Säkularisation übernommen wor-

standskatalog (des Nationalmuseums Warschau)], Warszawa 1978, Kat. Nr. 202; Z. BANDURSKA, Królewskie Muzeum, S. 33, Abb. 13.88 MN Wrocław, GD, Verzeichniss der vorhandenen Bildhauerei, Schnitzwerke, Gefässe, Rüstungen, Wap-pen und sonstigen Geräthschaften, Kat. Nr. 11 (Flachreliefs mit einem „V“-Monogramm. In der Mitte ist ein „P“ angebracht), Maße: ca. 15,5 × 13 cm.89 Ibidem, Kat. Nr. 10, Maße: ca. 84 cm.90 A. ROSSBACH, Verzeichniss der Gypsabgüsse und Originalien antiker Bildwerke im Königlichen Museum für Kunst und Alterthum an der Universität Breslau, Breslau 1861, Kat. Nr. 16; IDEM, Das Archäologische Museum an der Universität zu Breslau, Breslau 1877, Kat. Nr. 209, 215, 229; J. KINNE, Die klassische Ar-chäologie, S. 62, 345.91 J. KINNE, Die klassische Archäologie, S. 62.92 Ibidem, S. 22.93 Ibidem, S. 55.94 J. G. G. BÜSCHING, Antiken-Sammlung der Universität zu Breslau, „Schlesische Provinzialblätter“, 80, 1824, S. 622–628.

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den waren, die Grundlage für eine der repräsentativsten Universitätssammlungen der damaligen Zeit auf deutschem Gebiet95.

Die Graphik

Wegen der verstreuten Archivdokumentation ist es schwierig zu bestimmen, wie viele graphische Werke im Rahmen der Säkularisation aufgenommen wurden. Mit der Graphik war Büsching bis Ende 1814 nicht betraut, sondern für die Sichtung und Auswahl dieser Objekte war bis zu dieser Zeit der Oberbibliothekar Johann Gottlob Schneider (1750–1822) zuständig. Sicher ist, dass der Großteil der graphi-schen Werke verkauft wurde, weil bereits 1812 ein Schreiben herauskam, in dem angeordnet wurde, die aus den aufgehobenen Klöstern stammenden Graphiken auf einer Auktion auszustellen96. 1817 wurden wiederum 3000 Kupferstiche zum Ver-kauf nach Berlin verschickt. Diese Werke wurden nicht inventarisiert. Es tauchen lediglich Notizen auf, dass es sich bspw. um Arbeiten von Martin Schön, Lucas van Leyden, (Hans) Schäufelein, Lucas Cranach, Albrecht Dürer, Marc Anton, M. L. Willmann, Salvator Rosa, „fast alle Rembrands, alle orriginal Landschaften von Anton Walerloo“97 handle.

1822 wurden 950 graphische Werke in der Universitätsbibliothek aufbewahrt. Darunter befanden sich jedoch nicht nur jene Objekte, die im Rahmen der Säkula-risation eingezogen worden waren, sondern auch Sammlungen der beiden früheren Hochschulen Viadrina und Leopoldina. Die meisten Graphiken waren deutscher Provenienz (782), der Rest verteilte sich auf niederländische (100), italienische (14), französische (45) und weitere neun Kupferstiche98. Ihr Kunstwert war nicht bedeutend, dennoch wurde der historische Wert der in der Bibliothek aufbewahr-ten Objekte betont99. Die Protokolle über die Sicherstellung der säkularisierten Bestände beinhalten einzelne Objekteinträge mit meist lakonischer Beschreibung. Aus Reichenbach im Eulengebirge stammte ein Kupferstich mit der Darstellung des hl. Ignatius100. Aus dem Kloster der Franziskaner-Reformaten in Leobschütz O/S wurden „ein blauen Kupferstich in schwarzer Rahme. Die Anbetung des Her-

95 U. BOŃCZUK-DAWIDZIUK, M. PALICA, Uniwersyteckie zbiory dzieł sztuki [Die Kunstsammlungen der Uni-versität], [in:] J. HARASIMOWICZ (Hg.), Księga Pamiątkowa Jubileuszu 200-lecia utworzenia Państwowego Uniwersytetu we Wrocławiu [Gedenkbuch anlässlich des 200. Gründungsjubiläums der staatlichen Universi-tät Breslau], Bd. 2: Universitas litterarum Wratislaviensis 1811–1845, Wrocław 2013, S. 528–545.96 BU Wrocław, OR, Sign. Akc. 1948/864, Korrespondenzen und Verhandlungen betreffend die Gemälde-Sammlung, Bl. 8, Academische Organisierungs-Commission, Brief an J. G. Schneider, Breslau, 15.09.1812.97 So im Original. Hier sind Rembrandt und Anton Waterloo gemeint [Anm. d. Übers.]. BU Wrocław, OR, Sign. Akc. 1948/862, Verzeichnis einer Sammlung von original Oelgemälden, welche [...] nach Berlin geschickt und dort verkauft werden sollen, Bl. 24, Breslau, 24.12.1817.98 GStA PK Berlin, I HA, Rep. 76, Kultusministerium, Abt. Va, Sekt. 4, Tit. X, Nr. 18, Bl. 1: Neumann (Universitätskurator), Brief an Karl vom Stein zum Altenstein, Breslau, 22.02.1822.99 J. KINNE, Die klassische Archäologie, S. 41.100 Acta manualia, Bd. 1, Bl. 182f., 24.12.1810.

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zens Jesu“ sowie „Ein illuminierter Kupferstich in gelber Rahme“101 deponiert. Ferner ist auch bekannt, dass weitere Kupferstiche im Kloster der Franziskaner-Reformaten in Liegnitz102 und in der fürstbischöflichen Residenz in Neisse103 ge-funden wurden. Ein interessantes Dokument ist das Verzeichnis von 52 Kupfer-platten Willmanns, die aus dem Kloster Grüssau nach Breslau gebracht wurden104.

* * *

Die Hauptsäkularisationskommission beaufsichtigte den administrativen Vor-gang der Überführung der bei der Säkularisation staatlicherseits eingezogenen und für die Bestände der Universitätsbibliothek, die ab November 1811 „Schlesische Central-Bibliothek“ und ab 1815 „Königliche und Universitäts-Bibliothek“ hieß, bestimmten Kunstwerke. Im März 1813 übernahm Büsching die Aufsicht über die Gemäldesammlungen und in den Jahren 1814/15 auch über die sog. Altertümer, darunter die Skulpturen105. Obwohl bereits 1815 eine Gemäldegalerie der Öffent-lichkeit zugänglich gemacht worden war, präsentierte das Königliche Museum für Kunst und Altertümer erst 1818 die Sammlungen der Gemälde, Skulpturen, Gips-abgüsse, der archäologischen Artefakte und Münzen. Die graphischen Sammlungen verblieben dagegen unter der Aufsicht des Oberbibliothekars in den Strukturen der Königlichen und Universitäts-Bibliothek106.

Das Säkularisationsedikt von 1810 hatte für die weitere Bestimmung der Kunst-werke, die vom katholischen Klerus gesammelt worden waren, schwerwiegende Folgen. Einerseits führte die Aufhebung der Klöster zu einer enormen Verstreuung der schlesischen Kulturgüter. Dabei spielte der Verkauf der Kunstwerke, der dem preußischen Staat nach dem verlorenen Krieg finanzielle Mittel für die Leistung der Reparationszahlungen an Napoleon Bonaparte einbringen sollte, die entscheiden-de Rolle. Kennzeichnend für den Umgang mit den eingezogenen Kunstgütern sind die jeweiligen Inventare der Kunstwerke, die für den Verkauf vorgesehen waren. Außer den Gemälden, die für einige Zig Reichstaler verkauft wurden, wurden auch weniger wertvolle Kunstwerke beachtet, indem man sich bspw. vorbehielt, ein ein-zelnes graphisches Objekt für weniger als 14 Silbergroschen zu verkaufen107. Das wirtschaftliche Ausmaß hat aus der heutigen Perspektive gesehen auch eine zweite Seite. Durch die Säkularisation sind die hervorragendsten Kunstwerke, die in den Klöstern nicht selten unter schlechten Bedingungen aufbewahrt wurden, verstaubt

101 So im Original [Anm. d. Übers.]. Ibidem, Bd. 2, Bl. 39.102 Ibidem, Bd. 3, Bl. 251, 16.08.1811.103 Ibidem, Bd. 5, Bl. 19, 03.04.1811.104 BU Wrocław, OR, Sign. Akc. 1948/862, Bl. 7, Breslau, 16.01.1811.105 B. VON PRITTWITZ, Die Gemälde in der Ständehausgallerie, S. 216.106 J. KINNE, Die klassische Archäologie, S. 41.107 BU Wrocław, OR, Sign. Akc. 1948/864, Korrespondenzen und Verhandlungen betreffend die Gemälde--Sammlung, Bl. 8, Academische Organisierungs-Commission, Brief an J. G. Schneider.

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und vom Kerzenruß geschwärzt waren, nach 1810 in staatliche Obhut gelangt und wurden konserviert108. Derart gesicherte wertvolle gotische Gemälde oder Bilder des hervorragenden Künstlers Willmann bildeten das Fundament für die Gründung der ersten universitären Gemäldegalerie in Breslau. Zusammen mit weiteren Denk-mälern bildeten sie in den folgenden Jahrzehnten eine bedeutende museale Einrich-tung auf der Stadtkarte von Breslau. Es sei dabei daran erinnert, welche wichtige Rolle Büsching in diesen Prozessen zukam. Da er den Kunstwert der Objekte schät-zen musste, hatte er einen entscheidenden Einfluss auf die Ausrichtung des damals gegründeten Universitätsbestandes.

108 H. SEGER, Geschichte des ehemaligen Museums, S. 14.