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Asociation Loyola-Gymnasium Prizren, Kosovo DIE BUNDESWEHR IN PRIZREN Ein Projekt im Rahmen des Programms „Völkerverständigung macht Schule"“ der Robert Bosch Stiftung, durchgeführt von der Klasse 11 b im Schuljahr 2007/08 Prizren 2007

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Asociation Loyola-Gymnasium Prizren, Kosovo

DIE BUNDESWEHR IN PRIZREN Ein Projekt im Rahmen des Programms „Völkerverständigung macht Schule"“ der Robert Bosch Stiftung, durchgeführt von

der Klasse 11 b im Schuljahr 2007/08

Prizren 2007

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Inhaltsverzeichnis 1 Einführung und Vorstellung der Inhalte des

Dokumentationsheftes ..................................................2 1.1 Einführung ..............................................................................................2 1.2 Vorstellung der Inhalte des Dokumentationsheftes ................................3 2 Hintergrundinformationen Bundeswehr ........................4 2.1 Geschichte der Bundeswehr ..................................................................4 2.2 Neue Aufgabenfelder der Bundeswehr: Auslandseinsätze....................8 2.3 Bundeswehr auf dem Balkan als Partner geschätzt .............................12 3 Besuch der Soldaten am Loyola Gymnasium................ 16 3.1 Bericht vom Besuch der Soldaten am Loyola Gymnasium...................16 3.2 Artikel über den Besuch der Soldaten in Maz & More ..........................21 3.3 Interviews mit den Soldaten zum Thema „Arbeit, Aufgaben und Alltag

im Einsatz und im Feldlager“ ................................................................22 3.4 Landeskundliche Porträts der Soldaten................................................28 4 Besuch im Feldlager .................................................... 34 4.1 Programmablauf ...................................................................................34 4.2 Fragen für die Diskussionsrunde..........................................................34 4.3 Bericht vom Besuch im Feldlager Prizren.............................................36 4.4 Bericht über den Besuch im Feldlager in Maz & More..........................39 5 Interviews................................................................... 40 5.1 Interview mit Michael Berning, Militärseelsorger bei der Bundeswehr.40 5.2 Interview mit Herrn Karl Wokalek, dem Leiter des Deutschen

Verbindungsbüros in Prishtina..............................................................44 5.3 Interview mit Oberst Hans Werner Patzki, dem stellvertretenden

Kommandeur der Multinationalen Brigade Süd der KFOR...................46 6 Danksagungen............................................................. 50 7 Kontakt ....................................................................... 50

1 Einführung und Vorstellung der Inhalte des Do-kumentationsheftes

1.1 Einführung Die KFOR, und somit auch die Bundeswehr, gehören zum Alltag im Kosovo. Die KFOR im Allgemeinen und die Bundeswehr, als Füh-rungsnation der Multinationalen Brigade Süd, im Speziellen, genießen zwar ein hohes Ansehen in der Bevölkerung, dennoch sind deren All-tag und deren konkrete Arbeit den allermeisten Menschen im Kosovo doch fremd. Auf der anderen Seite haben auch die Soldaten ein großes Interesse daran, das Land, in dem sie vier Monate im Einsatz sind, genauer kennen zu lernen. Das Loyola Gymnasium ist ein wichtiger Bestand-teil der Region Prizren geworden. Es wird von den Soldaten auch durchaus wahrgenommen, dennoch wissen sie zunächst einmal wenig über diese besondere Bildungsinstitution im Kosovo. Aufgrund dieser Ausgangslage lag die Idee nahe einmal ein gemein-sames Projekt zwischen Schülern des Loyola Gymnasiums und in Priz-ren stationierten Soldaten der Bundeswehr zu machen. Die Vorbereitung und Durchführung eines solchen Projektes erfordert von den Schülern naturgemäß eine recht hohe Sprachkompetenz. Folglich wurde das Projekt mit den Schülern einer 11. Klasse durch-geführt, die über weit überdurchschnittliche Deutschkenntnisse ver-fügen, da sie entweder jahrelang als Flüchtlinge im deutschsprachi-gen Raum gelebt haben, oder aber, weil sie über das Fernsehen Deutsch gelernt haben. Im Rahmen des Projektes sollten Schüler und Soldaten die Möglich-keit erhalten, sich ihre Arbeit und Ihren Alltag gegenseitig vorzustel-len. „Was ist das Loyola Gymnasium überhaupt?“ „Wie wird dort gelernt, gearbeitet und gelebt?“ „Was unterscheidet das Loyola Gymnasium von anderen Schulen im Kosovo?“, sind Beispiele für Fragen, die sich bestimmt so mancher Soldat schon gestellt hat, und die unseren Schülern im Rahmen des Projektes gestellt werden konnten, und die die Schüler gerne beantwortet haben. Den Schülern gingen andere Fragen durch den Kopf: „Wie sieht die Arbeit der Soldaten konkret aus?“ „Was bestimmt ihren Tagesablauf und was machen sie in ihrer Freizeit im Feldlager?“ „Wie sieht es im Feldlager aus, und wie funktioniert es?“

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Diese Fragen wiederum haben wir den Soldaten gestellt und interes-sante Antworten bekommen. Kern des Projektes waren also die gegenseitigen Begegnungen zwi-schen Soldaten und Schülern: Die Soldaten verbrachten einen Nach-mittag am Loyola Gymnasium, erhielten eine interessante Einführung von Schulleiter Pater Happel, und wurden im Anschluss daran von Schülern durch die Schule geführt. Parallel dazu wurden einige Solda-ten interviewt. Bei einem Besuch der Schüler im Feldlager Prizren, konnten die Schü-ler im Rahmen einer Diskussionsrunde mit Soldaten ihre vielen Fra-gen loswerden und bekamen im Anschluss noch das Feldlager ge-zeigt. Sowohl für die beteiligten Soldaten, als auch für die Schüler waren es zwei sehr interessante und aufschlussreiche Nachmittage gewesen, während denen Soldaten und Schüler viel Interessantes und Neues übereinander erfuhren. 1.2 Vorstellung der Inhalte des Dokumentationsheftes Im Folgenden sollen die Inhalte des Dokumentationsheftes kurz vor-gestellt werden. Zu Beginn des Projektes galt es zusammen mit den Schülern Hinter-grundinformationen zum Thema Bundeswehr zu erarbeiten. Diese wurden durch drei Leseverständnisse vermittelt, die zunächst in Gruppenarbeit bearbeitet, und dann vor der Klasse vorgestellt wur-den. In den ersten beiden Texten geht es um die Entstehungsge-schichte und die wichtigsten Entwicklungen und Veränderungen in der Bundeswehr. Denn gerade nach Ende des Kalten Krieges hat sich das Aufgabenspektrum der Bundeswehr entscheidend verändert. Davon handelt vor allem der zweite Text. Im dritten Text berichtet ein Hauptmann in einem Interview über die Aufgaben der Psychological Operations und der CIMIC. Zu den Leseverständnissen gehört jeweils auch ein Fragenkatalog mit 10 Multiple Choice Fragen, vergleichbar zu den Aufgaben beim Deut-schen Sprachdiplom der Kultusministerkonferenz (DSD), welches von der Mehrzahl der Schülergruppe nächstes Jahr absolviert werden wird. Bei den im Rahmen des Besuchs der Soldaten am Loyola Gymnasium durchgeführten Interviews ging es um folgende Themen: Beim ersten Interview ging es um die Aufgaben, die Arbeit und den Alltag im Ein-

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satz bzw. im Feldlager. Das zweite Interview war ein „landeskundli-ches Porträt“: Der interviewte Soldat sollte etwas zu seiner Heimatre-gion erzählen. Zum Beispiel, was besonders an ihr ist, und warum es sich lohnt, dort einmal hinzufahren. Die Idee dabei war, dass die Schüler die Möglichkeit erhalten sollten, einerseits im Rahmen des Gesprächs den Menschen hinter dem Soldaten etwas besser kennen zu lernen, andererseits aber auch etwas über Deutschland lernen soll-ten. Auf den Besuch im Feldlager bereiteten wir uns durch die Entwicklung möglichst vieler und möglichst breit gefächerter Fragen, rund um die Themen Bundeswehr, KFOR, Kosovo und Soldaten im Einsatz vor, die im Rahmen der Interviews noch nicht gestellt worden waren. Um ein noch breiteres und detailliertes Bild zu erhalten, haben wir im Rahmen des Projektes neben den Interviews mit den Soldaten, mit weiteren Personen Interviews durchgeführt: Militärseelsorger Michael Berning berichtet im Interview über seine Aufgaben und seine Arbeit bei der Bundeswehr. Dabei hat uns auch interessiert, was ihn als Militärseelsorger von anderen Soldaten un-terscheidet. Außerdem gibt er eine Antwort auf die Frage wie Solda-ten mit dem Gebot „Du sollst nicht töten.“ umgehen. Karl Wokalek ist der Leiter des Deutschen Verbindungsbüros in Prish-tina. Er berichtet von seinen Aufgaben und seiner Arbeit hier im Ko-sovo und wie er im Kosovo die Bundesrepublik Deutschland vertritt. Hans Werner Patzki ist der stellvertretende Kommandeur der Multina-tionalen Brigade Süd der KFOR. Es war schon einmal, direkt nach dem Krieg 1999, im Kosovo eingesetzt. Im Interview berichtet er un-ter anderem davon, was sich seit dieser Zeit schon alles verändert hat, aber auch darüber, was sich im Kosovo noch verändern muss. Im Übrigen ist das Projekt auch auf der Internetseite des Loyola Gymnasiums (www.alg-prizren.com) dokumentiert, wo Sie noch mehr Bilder finden, außerdem steht dort der einminütige Fernsehbeitrag zum Download bereit, der von der Bundeswehr u.a. für den kosovari-schen Fernsehsender TV-Prizreni produziert wurde.

2 Hintergrundinformationen Bundeswehr 2.1 Geschichte der Bundeswehr Die Geschichte der Bundeswehr beginnt zunächst mit der Diskussion um die Frage, ob der 1949 gegründete westdeutsche Staat, die Bun-

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desrepublik Deutschland, nach der Zeit des Nationalsozialismus über-haupt wieder über eine eigene Armee verfügen sollte. Erhebliche Wi-derstände gab es zunächst von Seiten der Besatzungsmächte, aber auch aus weiten Teilen der Bevölkerung. Die Position der Alliierten änderte sich aber aufgrund des sich abzeichnenden Kalten Krieges zunehmend. Von Anfang an sollte eine bundesdeutsche Armee in in-ternationale Bündnisse wie der NATO eingebunden werden, schon um einen möglichen militärischen Alleingang einer deutschen Armee zu verhindern. So bezeichnete Bundeskanzler Konrad Adenauer bereits im Jahre 1949 den vollen Beitritt eines westdeutschen Staates zur NATO als eine vordringliche Aufgabe der ersten westdeutschen Regie-rung und sprach in diesem Zusammenhang auch über die damit ver-bundene Wiederbewaffnung. In der Frage der Wiederbewaffnung waren die Meinungen zwischen den beiden großen Volksparteien der Bundesrepublik aber gegensätz-lich: Die CDU unter Bundeskanzler Konrad Adenauer trieb die Pläne zur Wiederbewaffnung offensiv voran. Als Hauptargument und Legi-timation dieser Pläne diente immer die zunehmende Bedrohung aus dem Osten. Die SPD hingegen hielt eine Wiederbewaffnung der Bun-desrepublik aus moralischen Gründen für falsch. Sie lehnte auch die von Adenauer betriebene Anbindung an den Westen ab und forderte im Gegenzug politische und militärische Neutralität für die Bundesre-publik. Der politische Wille, sowohl der Bundesregierung, als auch der Alliier-ten, die Bundesrepublik als NATO-Mitglied aufzunehmen, wurde im Jahr 1955 durch die Ratifizierung der Pariser Verträge durch den Bundestag, erreicht. Von nun an begann der eigentlich Aufbau der Bundeswehr. Noch hatte die neue Armee aber keinen Namen. In der Diskussion waren vor allem zwei Bezeichnungen: „Wehrmacht“ und „Bundes-wehr“. Während der Begriff „Wehrmacht“ natürlich durch das natio-nalsozialistische Regime des Vorgängerstaates erheblich vorbelastet war, schien dem Sicherheitsausschuss des Deutschen Bundestages der Name „Bundeswehr“ passender. Der Name „Bundeswehr“ reflek-tierte auch die föderale Struktur des neuen deutschen Staates, ein wichtiges Element bezüglich des Selbstverständnisses und ein we-sentlicher Unterschied zum NS-Staat. Von Anfang an war die Bundeswehr eine Armee, in der Wehrpflicht bestand. Das heißt der Staat konnte junge Männer zum Dienst in der Armee verpflichten. Allerdings darf nach Grundgesetz Artikel 4.3 „niemand gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe ge-zwungen werden“. Die Einführung des Wehrpflichtsystems hatte mehrere Gründe: Zum

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einen befürchtete man, dass nur so eine angemessen Truppenstärke erreicht werden könnte. Außerdem sollte die Wehrpflicht ein enges Bindeglied zwischen Staat bzw. Staatsbürgern und Armee sein. So sollte die Bildung eines „Staats im Staat“ vermieden werden. Die Wehrpflicht ist fester Bestandteil der Idee des „Staatsbürgers in Uni-form“. Ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist das Konzept der inneren Führung. Dabei sollten die Streitkräfte in die demokratischen Strukturen der Gesellschaft integriert werden und der parlamentari-schen Kontrolle unterliegen. Dabei ist der Soldat Staatsbürger mit den gleichen, nur im militärisch begründeten Ausnahmefall einge-schränkten Rechten. Die innere Ordnung und die Rolle der Streitkräf-te im Staatswesen müssen demokratieverträglich sein. Das führt zum Leitbild des „Staatsbürgers in Uniform”. Daraus leitet sich das Selbst-verständnis der Soldaten, ihre Identität, ab. Soldaten sind Staatsbür-ger, die dem Staat in ihrem Beruf dienen. Sie nehmen an der gesell-schaftlichen und politischen Diskussion des Landes teil. Das bedeutet nicht nur, dass sie das aktive und das passive Wahlrecht besitzen. Sie können und sollen sich auch als Fachleute an der Diskussion zu mili-tärischen und sicherheitspolitischen Themen äußern. Diese Rechte finden ihre Grenzen in der Loyalitätspflicht, der Pflicht zur Zurückhal-tung und zur Verschwiegenheit in vertraulichen Angelegenheiten. Der Soldat ist als Staatsbürger politisch Handelnder, der das immer be-stehende Spannungsfeld zwischen den Rollen Staatsdiener und Staatsbürger ertragen muss. Bis zum Ende des Kalten Krieges bestand die Hauptaufgabe der Bun-deswehr in der Landesverteidigung im Falle eines Angriffes durch den Warschauer Pakt. Die Bundesrepublik hatte dabei eine besondere geostrategische Rolle, da sich der „eiserne Vorhang“ zwischen den westlichen NATO-Staaten und den kommunistischen Ländern des Warschauer Paktes an der Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten manifestierte. Nach Ende des kalten Krieges zu Beginn der 1990er Jahre änderte sich mit dem Wegfall eines direkten Feindes das Aufgabenspektrum der Bundeswehr grundlegend. Die zentralen Aufgaben der Bundes-wehr wurden nun Krisenbewältigung und Konfliktverhütung. (Quelle: www.wikipedia.de, eigene Bearbeitung)

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Fragen zum Text „Geschichte der Bundeswehr“ Was ist richtig? Markieren Sie die richtige Antwort. 1 Wer unterstützte die Gründung einer Armee in Deutschland quasi von Anfang

an?

A B C

Die alliierten Streitkräfte. Die Bundesregierung unter Bundeskanzler Adenauer. Weite Teile der Bevölkerung in Deutschland.

2 Mit welchem Argument wurde für die Gründung einer deutschen Armee gewor-

ben?

A

B C

Die Situation des Kalten Krieges erfordert den Aufbau einer deutschen Armee. Nur mit einer eigenen Armee kann die Integration nach Westen gelingen. Die moralische Verpflichtung gegenüber der NATO.

3 Warum wäre der Name „Wehrmacht“ ungeeignet für die neue Armee gewesen?

A B C

Der Sicherheitsausschuss des Bundestages lehnte den Namen ab. Der Name „Wehrmacht“ zeigt die föderale Struktur Deutschlands nicht. Der Name „Wehrmacht“ war durch die Nazizeit erheblich vorbelastet.

4 Was sollte mit durch das Wehrpflichtsystem verhindert werden?

A B

C

Dass sich zu viele Freiwillige für die neue Armee melden. Dass sich neben dem Staat, in der Armee quasi ein zweiter Staat entwi-ckelt. Dass die Verbindung zwischen Staat und Armee zu eng wird.

5 Was gehört nicht zum Konzept der inneren Führung?

A

B C

Die Integration der Streitkräfte in die demokratischen Strukturen der Ge-sellschaft. Der Soldat hat ausnahmslos die gleichen Rechte wie der Staatsbürger. Die Streitkräfte unterliegen der parlamentarischen Kontrolle.

6 Was bedeutet das Leitbild „Staatsbürger in Uniform“?

A B C

Soldaten sind Staatsbürger und dienen nur der Armee. Soldaten sind Staatsbürger im Dienste des Staates. Soldaten sind Staatsbürger mit besonderen Rechten.

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7 Was gehört nicht zum Leitbild des „Staatsbürgers in Uniform“?

A B C

Das aktive und passive Wahlrecht. Die Teilnahme an den gesellschaftlichen Debatten und Prozessen. Das Verbot sich zu militärischen und sicherheitspolitischen Themen zu äußern.

8 Was gehört nicht zur Loyalitätspflicht des Soldaten?

A B C

Die Pflicht politisch zu handeln. Die Pflicht zur Zurückhaltung. Die Pflicht zur Verschwiegenheit in vertraulichen Angelegenheiten.

9 Warum hatte die Bundesrepublik eine besondere geostrategische Rolle im Kal-

ten Krieg?

A B

C

Weil der „Eiserne Vorhang“ mitten durch die Bundesrepublik ging. Weil der „Eiserne Vorhang“ die Grenze zwischen West- und dem kom-munistischen Ostdeutschland war. Weil der „Eiserne Vorhang“ zwischen der Bundesrepublik und den NA-TO-Staaten verlief.

10 Wodurch änderten sich die Aufgaben der Bundeswehr?

A B C

Der Kalte Krieg stellt eine geringere Gefahr dar als früher. Es gibt nun andere direkte Feinde, die andere Strategien erfordern. Der Kalte Krieg ist zu Ende gegangen und stellt keine Gefahr mehr dar.

2.2 Neue Aufgabenfelder der Bundeswehr:

Auslandseinsätze Die Auslandseinsätze der Bundeswehr sind im weiteren Sinne alle Einsätze der Bundeswehr außerhalb Deutschlands. In ei-nem engeren Sinne sind damit vom Bundestag beschlossene Einsätze gemäß den Kriterien zu verstehen, die das Bundes-verfassungsgericht in einem Urteil am 12. Juli 1994 festgelegt hat. Geschichte Debatte und erste Einsätze Seit 1990 wird die Bundeswehr zu friedenserhaltenden und –sichern-den Maßnahmen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland einge-setzt. Bereits unmittelbar nach der Deutschen Wiedervereinigung

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1990 begann eine heftige Debatte über den Einsatz der Bundeswehr außerhalb des NATO-Vertragsgebiets (out-of-area-Debatte). Die ers-ten derartigen Einsätze waren 1991 eine Minenräumaktion der Deut-schen Marine nach dem Zweiten Golfkrieg im Persischen Golf und 1993 die Entsendung eines Feldlazaretts nach Phnom Penh im Rah-men einer UN-Mission. Es folgten Einsätze in der Adria, in Somalia und auf dem Balkan im Rahmen der Einsätze IFOR und SFOR. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Einsätze hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1994 geklärt. Darüber hinaus enthält dieses Urteil die Grundlegung für den Parlamentsvorbehalt für den Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte im Ausland. In diesem Zu-sammenhang versteht man unter Parlamentsvorbehalt, dass nur das Parlament einen Einsatz von Streitkräften oder eine Kriegserklärung final entscheiden darf. Kosovo-Krieg und KFOR-Einsatz 1999 hat die Bundeswehr mit der Luftwaffe im Rahmen der Operation Allied Force mit etwa 500 Einsätzen zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik an einem verfassungsmäßig und völkerrechtlich umstrittenen Krieg, dem Kosovo-Krieg, teilgenommen. Die völker-rechtliche Grundlage für den Einsatz war in der Fachdiskussion teil-weise umstritten. Überwiegend wurde die Intervention von den ver-antwortlichen Politikern als „humanitäre Intervention“ bezeichnet und in der Hinsicht als gerechtfertigt angesehen. Die Legitimation der Be-teiligung stützte sich besonders auf geheimdienstliche Informationen, die bei Kriegseintritt als nicht vollständig verifiziert galten. Die Teil-nahme deutscher Streitkräfte an der Operation wurde somit von vie-len Verantwortlichen als verfassungsrechtlich zulässig angesehen, denn es lag kein Angriffskrieg im Sinne des Grundgesetzes vor und die Teilnahme erfolgte im Rahmen eines Systems gegenseitiger und kollektiver Sicherheit. Wird die Begründung der „humanitären Inter-vention“ nicht geteilt, stellte die NATO-Intervention völkerrechtlich einen Angriffskrieg dar, wodurch die Beteiligung der Bundesrepublik verfassungsrechtlich unzulässig wäre. Diesem Einsatz schloss sich ei-ne Beteiligung an der KFOR-Mission zum Schutz der Bevölkerung und der im Land tätigen Hilfsorganisationen an. Der Einsatz der internati-onalen Sicherheitspräsenz KFOR fußte von Anfang an auf der Resolu-tion 1244 des UN-Sicherheitsrates. Nach dem 11. September 2001 Seit 2001 ist die Bundeswehr unter der Führung des Einsatzführungs-kommandos auch im Rahmen der Antiterrorkoalition eingesetzt. Der Einsatz wurde im rot-grün dominierten Bundestag im Vorfeld heftig debattiert. Insbesondere vielen Abgeordneten der Partei „Die Grü-nen“ fiel es sehr schwer für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanis-tan zu stimmen. „Die Grünen“ hatten sich Anfang der 1980er Jahre als pazifistische und ökologische Partei gegründet. Seit die Partei

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nach der Bundestagswahl 1998 zusammen mit der SPD koalierte und somit zum ersten Mal in ihrer Geschichte Regierungsverantwortung übernahm, wurden sie und ihre Ideale aber immer wieder von den komplexen Anforderungen verantwortlichen Regierungshandelns ein-geholt. Eine einheitliche Position dazu wurde letztlich dadurch herbeigeführt, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder die Vertrauensfrage stellte und ihm in der Abstimmung das Vertrauen mit 336 bei 334 benötigten Stimmen und 326 Gegenstimmen ausgesprochen wurde. Ein Marine-kontingent überwacht, abgestützt auf Dschibuti, das Seegebiet am Horn von Afrika. Außerdem ist die Deutsche Marine an entsprechen-den NATO-Operationen im Mittelmeer beteiligt. Ein Heereskontingent ist in Afghanistan im Rahmen der ISAF aktiv und schützt seit Novem-ber 2003 im Rahmen der Bildung eines regionalen Aufbauteams den Handel der Stadt Kunduz und Demilitarisierungsprogramme. Auch die übrigen Teile der Bundeswehr sind an diesen Operationen unterstüt-zend beteiligt. Im Irak sind derzeit keine Soldaten der Bundeswehr eingesetzt, bilden jedoch in Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten Polizei- und Militärkräfte der neuen irakischen Sicherheits-kräfte aus (Quelle: www.wikipedia.de, eigene Bearbeitung) Fragen zum Text „Neue Aufgabenfelder der Bundeswehr: Auslandseinsätze“ Was ist richtig? Markieren Sie die richtige Antwort. 11 Welche Institution muss Auslandseinsätze der Bundeswehr legitimieren?

A B C

Das Bundesverteidigungsministerium. Das Bundesverfassungsgericht. Der Deutsche Bundestag.

12 Welche Institution hat die generelle Zulässigkeit von Ausländseinsätzen geklärt?

A B C

Das Bundesverteidigungsministerium. Das Bundesverfassungsgericht. Der Deutsche Bundestag.

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13 Wo fand der erste Auslandseinsatz der Bundeswehr statt?

A B C

Auf dem Balkan. Im Persischen Golf. In Phnom Penh.

14 Wie wurde der Einsatz im Kosovo 1999 von den verantwortlichen Politikern bezeichnet und gerechtfertigt?

A B C

Als humanitäre Hilfe. Als humanitäres Einschreiten. Abwenden einer humanitären Katastrophe

15 Unter welcher Annahme handelte es sich bei dem Einsatz um keinen Angriffs-

krieg?

A

B

C

Wenn das Argument der humanitären Intervention als legitimer Grund angesehen wird. Wenn die geheimdienstlichen Informationen als verlässlich angesehen werden. Wenn Entscheidungen der NATO für einen Krieg prinzipiell als zulässig erachtet werden.

16 Was waren die wichtigsten Themen der Partei „Die Grünen“ bei deren Gründung?

A B C

Soziale Gerechtigkeit und Frieden. Frieden und Schutz der Umwelt. Schutz der Umwelt und Vollbeschäftigung.

17 Wann kamen „Die Grünen“ auf Bundesebene zum ersten Mal an die Macht?

A B C

Anfang der 1980er Jahre. Im November 2003. 1998.

18 Mit wie vielen Stimmen wurde im Deutschen Bundestag der Einsatz der Bun-

deswehr im Rahmen der Antiterrorkoalition beschlossen?

A B C

326. 336. 334.

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19 Wo sind momentan keine Soldaten der Bundeswehr im Einsatz?

A B C

In Dschibuti. Am Horn von Afrika. Kap Hoorn.

20 Die Bundeswehr bildet irakische Sicherheitskräfte aus. Wo findet die Ausbildung

nicht statt?

A B C

In Kuwait. In den Vereinigten Arabischen Emiraten. Im Irak.

2.3 Bundeswehr auf dem Balkan als Partner geschätzt Es kommt darauf an den Menschen im Kosovo zu verdeutli-chen, dass es voran geht. Hier berichtet ein Hauptmann der Bundeswehr in einem Interview über die Situation vor Ort. Herr Hauptmann, Sie sind seit Mitte April dieses Jahres im Auslandseinsatz im Kosovo. Wo sind Sie eingesetzt und mit welchen Aufgaben sind Sie betraut? Als Psychological Operations-Stabsoffizier befinde ich mich in Prizren im Süden des Kosovo und bin im Stab der Multinationalen Task Force Süd eingesetzt. Meine fünf Mitarbeiter und ich arbeiten daran, mit verschiedenen Medien, wie Zeitschriften, Handzetteln, Lautsprecher-aufrufen, Radiosendungen, aber auch über das Internet das Vertrau-en der Bevölkerung im Einsatzland zu gewinnen. So kommt es vor, dass wir vor einer angekündigten Demonstration oder auch bei Fahr-zeug- und Personenkontrollen mit Handzetteln für einen friedlichen Verlauf der Veranstaltung werben. Wir produzieren auch ein Magazin, das in einer albanischen Version als "Dritarja" und in einer serbischen Version als "Prozor" erscheint. Es bedeutet in der jeweiligen Sprache "Fenster". Zudem wird wöchentlich eine Radiosendung hergestellt. Wir versuchen mit diesen Medien die vielen kleinen und großen Fort-schritte, die es unbestreitbar hier im Land gibt, den Menschen zu verdeutlichen und ihnen zu sagen: "Schaut, was sich schon alles be-wegt hat, es geht voran." Über welche Themen berichten Sie in Ihren Magazinen? Es kommt darauf an, den Menschen über Berichte zu interessanten und spannenden Themen aus allen Lebensbereichen immer wieder zu sagen, dass Toleranz und Respekt die Grundlage für eine friedliche

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und prosperierende Zukunft sind, gleichgültig welcher Ethnie ein an-derer Mensch angehört. Wie begegnen die Menschen Ihnen und Ihren Kameraden? Meistens ausgesprochen freundlich. Die kosovarische Gastfreund-schaft ist geradezu sprichwörtlich. Das hängt zum einen damit zu-sammen, dass die Bundeswehr vor Ort ein verlässlicher Partner ist, der die Bewegungsfreiheit aller Menschen im Kosovo und ein sicheres Umfeld zu garantieren hilft. Zum anderen haben viele Kosovaren, so-wohl in Deutschland, als auch in der Schweiz oder Österreich gelebt und sind der deutschen Sprache mächtig. Kurzum: Wir haben ein ausgezeichnetes Verhältnis zur einheimischen Bevölkerung. In der Zusammenarbeit mit der Bevölkerung spielt ja auch CIMIC eine wichtige Rolle. Können Sie noch etwas zu den Auf-gaben und Zielen von CIMIC sagen?

Die Bevölkerung stellt sich unter CIMIC meist deutsche Soldaten im Auslandseinsatz vor, die Schuldächer reparieren oder Brunnen boh-ren. Doch das ist nur die eine Seite: CIMIC ist keine Entwicklungshil-fe, sondern Bestandteil der militärischen Operationsführung. Die Bun-deswehr muss ihren militärischen Auftrag inmitten der Bevölkerung und im engen Verbund mit internationalen Organisationen erfüllen. Dazu braucht der militärische Führer vor Ort entsprechende Informa-tionen: Wer sind die lokalen Entscheidungsträger? Welche Ethnien leben im Einsatzgebiet? Welche Organisationen arbeiten hier? Wie ist es um Infrastruktur, Bildung und Gesundheit der Bevölkerung be-stellt? Wo lauern vielleicht latente Konflikte? Auf diese und zahllose andere Fragen Antworten zu finden, ist die Hauptaufgabe der CIMIC-Soldaten. Militärisch ausgedrückt: Sie erstellen ein „ziviles Lagebild“ und beraten den jeweiligen Kommandeur bei seinen Entscheidungen.

Information ist also alles bei CIMIC. Die Soldaten bauen Netzwerke auf, knüpfen Verbindungen, sprechen mit lokalen Autoritäten und der Bevölkerung. Sie sind im Einsatzgebiet unterwegs, werten aber auch die Medien und das Internet aus. Dabei entwickeln sie auch Ideen für Maßnahmen und Projekte, die der Zivilbevölkerung helfen und der Truppe die Erfüllung ihres Auftrages erleichtern - und sei es durch ein hohes Ansehen im Einsatzgebiet. Sie haben gerade ein Konzept vorgestellt mit dem Titel „Kom-munikation und Dialog“. Was verbirgt sich dahinter? Ich habe festgestellt, dass wir bei KFOR neben unserem rein militäri-schen Auftrag und unseren Hilfsprojekten im Rahmen der bereits er-wähnten CIMIC [Civil Military Cooperation] noch ein drittes Standbein brau-chen.

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Als ich das erste Mal 1996 im Einsatz war, haben wir Radio Ander-nach sehr erfolgreich als Truppenradio genutzt. Als ich 1999 hier im Kosovo war, haben wir den Sender auch genutzt, um Botschaften nach draußen senden. Heute gilt: Information ist ein wesentlicher Be-standteil einer Friedensmission. Der alte militärische Grundsatz Raum – Kräfte – Zeit bedarf einer vierten Dimension – der Information. Und obwohl wir alle Möglichkeiten zur Information nutzten - Flugblätter, Litfaßsäulen, Anzeigen, Radio und Fernsehen - hatte ich das Gefühl, das kommt alles noch nicht richtig an. Das liegt daran, dass noch zu viele unserer Patrouillen mit geschlossenen Fenstern durch die Ort-schaften fahren. Anstatt reinzufahren, anzuhalten, auszusteigen und zu Fuß zu gehen und dann den Menschen zur Verfügung zu stehen, um Fragen zu beantworten, Auskünfte zu geben, Botschaften zu ver-mitteln. Und da haben wir die Idee geboren zu „Kommunikation und Dialog“, oder etwas griffiger für die Soldaten vor Ort: „Walk and Talk“. Das umzusetzen ist natürlich eine Frage des Bewusstseins. Da mussten einige noch dazu lernen auf die Menschen zuzugehen und Botschaften zu vermitteln, Hilfe wo möglich zu leisten und Zuversicht auszustrahlen. Mittlerweile ist „Walk and Talk“ aber angenommen und ist ein großer Erfolg. (Quelle: www.bundeswehr.de, eigene Bearbeitung) Fragen zum Text „Bundeswehr als Partner auf dem Balkan geschätzt“ Was ist richtig? Markieren Sie die richtige Antwort. 21 Was gehört zu den Aufgaben des Hauptmanns und seiner Mitarbeiter?

A B C

Die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln. Der Versuch die Menschen von der Arbeit der KFOR zu überzeugen. Die Menschen mit Hilfe von Radiosendungen und Zeitschriften zu unter-halten.

22 Was wird bei Fahrzeug- und Personenkontrollen gemacht?

A B C

Es werden Handzettel verteilt um für die Bundeswehr zu werben. Das Magazin der Bundeswehr wird an die Personen verteilt. Es werden Handzettel verteilt um für den ruhigen Verlauf von Veranstal-tungen zu werben.

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23 Was ist wichtig bei den Berichten in dem Magazin der KFOR?

A

B C

Spannende Berichte aus den Lebensbereichen „Gesellschaft und Zu-kunft“. Die Bedeutung von Toleranz und Respekt zu zeigen. Interessante und spannende Themen.

24 Wobei hilft die Bundeswehr mit?

A B C

Bewegungsfreiheit für alle Menschen zu erreichen. Die Sicherheit für die Menschen zu gewährleisten. Ein sicheres Umfeld zu schaffen.

25 Warum ist das Verhältnis zur Bundeswehr so gut?

A B C

Weil viele Kosovaren im Kosovo Deutsch gelernt haben. Weil die Bundeswehr ein verlässlicher Partner der UN ist. Weil viele Kosovaren in Deutschland Deutsch gelernt haben.

26 Was ist das grundlegende Ziel von CIMIC?

A B C

Zivile Projekte durchzuführen: Das Bohren von Brunnen etc. Die Erfüllung des militärischen Auftrages. Die gemeinsame Arbeit von Bevölkerung und Militär.

27 Ein wesentlicher Teil der Arbeit ist die Beschaffung von Informationen.

Wozu dienen diese Informationen?

A B C

Die deutschen Soldaten im Auslandseinsatz zu unterstützen. Die Entwicklungshilfeorganisationen vor Ort zu beraten. Die militärischen Kräfte zu beraten.

28 Wie werden die Informationen durch die Soldaten beschafft?

A

B C

Fast ausschließlich durch die Auswertung von Zeitungen und des Inter-nets. Vor allem durch Gespräche mit der Bevölkerung und Verantwortlichen. Vor allem durch Gespräche mit anderen Militärs im Einsatzgebiet.

29 Welches neue Konzept gibt es bei der Bundeswehr im Kosovo?

A B C

Die Bedeutung des Gesprächs der Soldaten mit der Bevölkerung. Die Bedeutung des militärischen Auftrags für die Sicherheit. Die Unterstützung von zivilen Organisationen vor Ort.

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30 Wofür wurde Radio Andernach 1999 genutzt?

A B C

Als Truppenradio. Um Botschaften an die Soldaten zu senden. Um Botschaften an die Menschen zu senden.

3 Besuch der Soldaten am Loyola Gymnasium 3.1 Bericht vom Besuch der Soldaten am Loyola Gymnasium Zu Beginn des Besuchs der Soldaten an unserer Schule gab Schullei-ter Pater Happel eine Einführung zum Loyola Gymnasium. Er sprach unter anderem über die Entstehungsgeschichte des Loyola Gymnasi-ums, über das besondere Curriculum der Schule, das neben den im Kosovo üblichen Fächern auch die Fächer Latein und Deutsch beinhal-tet und über das an die Schule angeschlossene Internat, welches in dieser Form wohl einzigartig im Kosovo ist. Die Soldaten folgten Pater Happels Ausführungen interessiert und hatten im Anschluss an die Einführung die Möglichkeit Fragen zu stellen.

Danach führten immer zwei Schüler Interviews mit insgesamt 5 Sol-daten durch. Parallel dazu fand die Führung durch die Schule mit den restlichen Soldaten statt. Dazu teilten wir uns in zwei Gruppen auf. Es war sehr schön den Soldaten unsere Schule zeigen zu dürfen. Wir

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sind sicher, dass es auch für die Soldaten sehr interessant war, zu sehen, wie wir hier lernen, denn sie stellten uns viele Fragen.

Bei unserem Rundgang durch die Schule stellten wir den Soldaten folgende Stationen vor: Über die Schule: Das Loyola Gymnasium ist im Vergleich zu den Schulen, wie wir sie normalerweise im Kosovo kennen, eine ganz andere Art von Schule. Damit die Möglichkeit hier die Schule zu besuchen, auch von Kindern wahrgenommen werden kann, die nicht in der näheren Umgebung wohnen, verfügt die Schule über ein Internat für Mädchen und ein Internat für Jungen. Die hier im Kosovo üblichen Sekundarstufen I und II werden in einem klassischen Gymnasium zusammengefasst. Die Schüler kommen also bereits ab der sechsten Klasse ins Loyola Gymnasium. Nach vier Jahren in der Sekundarstufe I und weiteren drei Jahren in der Sekundarstufe II führt der Abschluss zur Hochschulreife. Natürlich gilt auch hier der im Kosovo übliche Lehrplan. Er wurde aber an einigen Punkten ergänzt. Eine wesentliche Änderung ist die Sprachenfolge. Bereits aber der 6. Klasse werden2 Fremdsprachen unterrichtet: Deutsch und Latein. Ab der 7. Klasse kommt Englisch hinzu. In Deutsch können die Schüler das Deutsche

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Sprachdiplom erwerben. Wird das Deutsche Sprachdiplom auf der Ni-veaustufe C1 absolviert, sind unter sprachli-chen Gesichtspunkten die Bedingungen für ein Studium in Deutschland erfüllt. Informatikraum: Mittlerweile gibt es am ALG auch das Fach Informatik. Gearbeitet werden kann an ins-gesamt 20 Computern. Der Informatikunter-richt ist vor allem auch praktisch und an-wendungsbezogen. In vielen anderen Schulen im Kosovo wird das Fach Informatik meist nur theoretisch gelernt, da es meistens nur ei-nen oder gar keinen Computer gibt. Deutschraum: Letztes Jahr haben wir, die Klasse 11b, sehr viel Zeit hier verbracht. Wir hatten 5 Stunden Deutschunterricht pro Woche und unsere dama-lige Deutschlehrerin hat uns auch noch einen Rechtschreibkurs angeboten, weil es für unsere Klasse sehr wichtig ist, so gut wie möglich Deutsch zu lernen, da möglichst viele das Deutsche Sprachdiplom erwerben wollen. Der Deutschraum wurde nach und nach mit der Hilfe von Dr. Rabitsch zweckmäßiger und ansprechender estaltet. g

Mensa:

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Die Schüler aus dem Internat bekommen hier jeden Tag drei Mahlzei-ten. Bei ca. 130 Internatsschülern werden also pro Tag mindestens ca. 400 Mahlzeiten ausgegeben. Auch externe Schüler können das Angebot der Mensa nutzen, z.B. wenn sie nachmittags Unterricht ha-ben.

Bibliothek: Es hat viel Zeit und Arbeit gekostet bis uns die Bibliothek endlich zur Verfügung stand. Aber mit Hilfe von Frau Becker ging alles viel schneller. Wir haben eine große Sammlung an Büchern: Nachschlage-werke, Schulbücher, Sachbücher und Belletristik in

deutscher, albanischer und englischer Sprache. Die Bibliothek ist je-den Dienstag- und Mittwochnachmittag geöffnet. In dieser Zeit kön-nen Schüler in der Bibliothek lesen oder Referate vorbereiten. Zu Re-cherchezwecken steht dafür auch ein Computer mit Internetzugang zur Verfügung. Sporthalle: Seit Anfang Mai 2007 ist auch die Sporthalle betriebsbereit. Dieser Tag wurde von allen sehnlichst erwartet. Alle bestaunten den großen Raum, den speziellen Boden und die aufgebauten Geräte. Es herrsch-te große Freude und auch ein klein wenig Stolz auf diese im Kosovo wohl einmalige Schulsporthalle. Internat: Die Schüler, die im Internat wohnen, teilen sich immer zu viert ein Zimmer. Auf jedem Stockwerk gibt es auch einen geräumigen Auf-enthaltsraum, in dem es auch eine voll ausgestattete Küche gibt. Im Aufenthaltsraum können die Schüler spielen, fernsehen oder einfach nur zusammensitzen und sich unterhalten. Nach der Führung versammelten wir uns alle noch einmal in der Men-sa und diskutierten bei Kaffee und Kuchen die gemachten Erfahrun-gen und Eindrücke. Es war ein sehr schöner Nachmittag gewesen. Wir haben viel über die Bundeswehr und die Soldaten gelernt, genau wie sie auch viel über uns und unsere Schule gelernt haben.

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3.2 Artikel über den Besuch der Soldaten in Maz & More „Maz & More“ ist der Name der Feldzeitung der Bundeswehr für den Balkan. Sie erscheint wöchentlich mit einer Auflage von 5.000 Stück. In der am 14. November 2007 erschienenen Ausgabe berichtet Maz & More über den Besuch der Soldaten am Loyola Gymnasium.

MAZ & MORE, Prizren, 14.11.2007

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3.3 Interviews mit den Soldaten zum Thema „Arbeit, Aufga-ben und Alltag im Einsatz und im Feldlager“

3.3.1 Interview mit dem Hauptgefreiten Eddy Falk Würden Sie sich bitte kurz vorstellen? Hauptgefreiter Eddy Falk, 21Jahre, Berlin, Abitur -> anschließend Bundeswehr.

Wann hat ihr Dienst im Kosovo begonnen? Am 20.09.07. Seit wann sind sie bei der Bundeswehr? Seit dem 03.07.06. Ihr wievielter Auslandseinsatz ist das? Mein erster Auslandseinsatz. Könnten Sie uns bitte etwas über Ihre Aufgaben erzählen? Ich bin im logistischen Bereich der Bundeswehr tätig. Ich helfe bei der Schadensbearbeitung, dass hießt, wenn jemand etwas verliert, etwas kaputt geht oder unbrauchbar geworden ist. Falls es Einheiten oder Verbände gibt, die andere Mahlzeiten haben wollen, leite ich deren Anträge weiter an die zuständigen Bereiche. Als Vertrauensperson bin ich darüber hinaus tätig bei der Verteilung von erwirtschafteten Gewinnen, die in Betreuungseinrichtungen des Feldlagers erzielt werden. Zusätzlich leite ich die Sorgen und Nöte meiner Kameraden weiter und mache Verbesserungsvorschläge. Mit wem arbeiten sie enger zusammen? Gibt es bei Ihrer Ar-beit auch Kontakte zur Bevölkerung? Enger arbeite ich mit der Materialgruppe zusammen. Bei denen lagert der Großteil des beschafften Materials. Wie bereits gesagt, arbeite ich auch mit der Küche zusammen sowie den Versorgungsbeauftragten der einzelnen Kompanien. Wenn ich etwas dezentral beschaffe, dann kaufe ich von zivilen Firmen das ein, was die Bundeswehr benötigt. Hierbei habe ich Kontakt zur zivilen Bevölkerung, sei es, wenn ich beim Bewachen meines Kraftfahrzeuges angesprochen werde, oder beim Einkaufen in Geschäften. Könnten Sie uns bitte einmal Ihren Tagesablauf im Feldlager

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schildern? Ausführung der in Punkt 5 erwähnten Tätigkeiten In der Dienstunterbrechung: Essen in der Betreuungseinrichtung, Sport (soweit wie möglich), Fernsehen, Internet Wie gefällt Ihnen das Kosovo? Landschaftlich sehr schön, jedoch sehr viel Müll, der herum liegt. Zuvorkommende, gastfreundliche und nette Bevölkerung. 3.3.2 Interview mit Stabsunteroffizier (w) Nadine Jastremski Würden Sie sich bitte kurz vorstellen? Mein Name ist Stabsunteroffizier Nadine Jastremski, ich bin am 25.06.1978 geboren. Wann hat ihr Dienst im Kosovo begonnen? Ich bin am 17.09.2007 im Kosovo gelandet. Seit wann sind sie bei der Bundeswehr? Bei der Bundeswehr bin ich seit dem 03.09.2001. Ihr wievielter Auslandseinsatz ist das? Dies ist mein 2. Einsatz im Kosovo. Könnten Sie uns bitte etwas über Ihre Aufgaben erzählen? Ich bin Personalunteroffizier in der S1-Abteilung und bin hauptsäch-lich für die Medaillenanforderungen der Stäbe und Verbände zustän-dig, d.h. ich fasse alle Anforderungen zusammen, kontrolliere stich-probenartig die Meldungen und fordere in einer Sammelliste die Einsatzmedaillen der Bundeswehr und die NATO-Medaillen für alle deutschen Soldaten an die hier im Kosovo stationiert sind. Ich bin ich für die Ein- und Ausschleusung der ankommenden und abfliegenden deutschen Offiziere zuständig und bearbeite deren Auslandsakten. Nebenbei unterstütze ich meine Vorgesetzten bei Schreibarbeiten und erledige Post- und Botengänge. Des Weiteren bin ich in einem Alarm-zug eingesetzt, der bei Alarmierung im Feldlager als Verstärkung ein-gesetzt wird. Mit wem arbeiten sie enger zusammen? Gibt es bei Ihrer Ar-beit auch Kontakte zur Bevölkerung? Ich arbeitet fast ausschließlich mit Soldaten zusammen, Kontakt zur Bevölkerung habe ich bis jetzt noch nicht so oft gehabt, nur zu den lokalen Ortskräften im Feldlager.

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Könnten Sie uns bitte einmal Ihren Tagesablauf im Feldlager schildern? Ich habe in der Woche um 7.30 Uhr Dienstbeginn. Von 12.00 Uhr bis 13.00 Uhr mache ich Mittag und dann geht es bis etwa 19.00 Uhr weiter. In meiner Dienstunterbrechung treffe ich mich mit meinen Kameraden und unter anderem mit meinem Freund, der auch in die-sem Feldlager stationiert ist. Wie gefällt Ihnen das Kosovo? Mir gefällt es hier soweit sehr gut, die Bevölkerung ist sehr nett, so-weit ich das beurteilen kann und das Land finde ich sehr schön. 3.3.3 Interview mit Oberbootsmann (w) Stefanie Jahn Würden Sie sich bitte kurz vorstellen? Mein Name ist Stefanie Jahn, mein Dienstgrad ist Oberbootsmann, ich bin 26 Jahre alt, in Hamburg seit circa zwei Jahren stationiert, und dort zuständig für die Erste-Hilfe-Ausbildung.

Wann hat ihr Dienst im Kosovo begonnen? Ende September 2007. Seit wann sind sie bei der Bundeswehr? Seit Juli 2003. Ihr wievielter Auslandseinsatz ist das? Das ist mein erster Auslandseinsatz. Könnten Sie uns bitte etwas über Ihre Aufgaben erzählen? Ich arbeite auf einem Notarztwagen und bin verantwortlich für die medizinische Erstversorgung im Notfall. Darüber hinaus ist mein Team, bestehend aus drei Soldaten auch dafür verantwortlich, Solda-ten per Kraftfahrzeug oder per Hubschrauber zu verlegen. Ein Trans-port ist abhängig von der Schwere der Krankheit oder Verletzung. Mit wem arbeiten sie enger zusammen? Gibt es bei Ihrer Ar-beit auch Kontakte zur Bevölkerung? Ganz besonders eng arbeiten wir mit der Rettungsleitstelle und dem Einsatzlazarett zusammen. Darüber hinaus je nach Situation mit Feld-jägern, der Feuerwehr oder den Minenräumern. Es kommt selten vor, dass wir mit dem Einsatzbataillon zusammenarbeiten. In meinem Aufgabenbereich gibt es grundsätzlich keinen Kontakt zur Bevölke-rung. Könnten Sie uns bitte einmal Ihren Tagesablauf im Feldlager schildern? Frühmorgens überprüfen wir zuerst unsere medizinischen Geräte so-

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wie unsere Kraftfahrzeuge. Der weitere Ablauf des Tages ist von un-seren Einsätzen bestimmt, für die wir rund um die Uhr zur Verfügung stehen.

Wie gefällt Ihnen das Kosovo? Die Aussicht auf die Gebirge gefällt mir sehr gut. Wenn wir durch die Ortschaften fahren, gefällt mir das Kosovo weniger, aufgrund des Mülls. 3.3.4 Interview mit Oberleutnant Kevin Jannsen Würden Sie sich bitte kurz vorstellen? Mein Name ist Kevin Jannsen. Ich bin Oberleutnant der Panzergrena-diertruppe, 27 Jahre alt und verlobt. Wann hat ihr Dienst im Kosovo begonnen? Ich bin seit dem 2. Oktober im Kosovo und habe am 3. Oktober mei-nen Dienst angetreten. Seit wann sind sie bei der Bundeswehr? Ich bin am 3. Juli 2000, drei Tage nach meinem Abitur, in die Bun-deswehr eingetreten. Ihr wievielter Auslandseinsatz ist das? Das ist mein erster Auslandseinsatz.

Könnten Sie uns bitte etwas über Ihre Aufgaben erzählen? Meine Aufgaben liegen im administrativen Bereich. Hauptsächlich sammle ich Informationen und erstelle daraus Meldungen über die

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Tätigkeiten des Einsatzbataillons. Außerdem übersetze ich Texte ins oder aus dem Englischen. Für jeden, der sich an das Einsatzbataillon wendet, bin ich der erste Ansprechpartner. Mit wem arbeiten sie enger zusammen? Gibt es bei Ihrer Ar-beit auch Kontakte zur Bevölkerung? Ich arbeite eng mit dem Stab des Einsatzbataillons zusammen. Be-sonders mit dem S3 Offizier des Bataillons. Bei meiner Tätigkeit habe ich leider nahezu keinen Kontakt zur Bevölkerung, abgesehen von den Zivilangestellten im Feldlager, weil sich mein Aufgabenbereich auf das Feldlager beschränkt und ich darum nicht oft das Lager ver-lasse. Könnten Sie uns bitte einmal Ihren Tagesablauf im Feldlager schildern? Für gewöhnlich beginnt mein Tag um etwa 06.30 Uhr mit der Auswer-tung der Geschehnisse der Nacht. Den Tag über bindet mich das Erstellen der verschiedenen Meldungen. Sofern ich nicht noch die Nachtschicht habe oder aufgrund laufender Operation oder anderer Vorkommnisse länger gebunden bin, endet mein Tag gegen 19.30 Uhr. Wie gefällt Ihnen das Kosovo? Mir gefällt es hier gut. Die Landschaft ist sehr schön und die Men-schen freundlich. Besonders gefällt mir, dass die Menschen KFOR ge-genüber sehr freundlich sind. In Deutschland haben die wenigsten Menschen eine Ahnung davon, was Soldaten wirklich für sie tun und sie reagieren auf Personen in Uniform oftmals merkwürdig. Hier win-ken einem die Menschen freundlich zu, besonders die Kinder. Das ge-fällt mir sehr gut. Man fühlt sich und seine Arbeit geschätzt. 3.3.5 Interview mit Major Stephan Wessel Würden Sie sich bitte kurz vorstellen? Mein Name ist Stephan Wessel. Ich bin 39 Jahre alt und ich bin Be-rufssoldat bei der Bundeswehr. Wann hat ihr Dienst im Kosovo begonnen? Ich bin seit dem 08. August dieses Jahres im Kosovo eingesetzt. Seit wann sind sie bei der Bundeswehr? Ich bin seit dem 01. Oktober 1987 Soldat. Ihr wievielter Auslandseinsatz ist das? Das ist mein 2. Auslandseinsatz. Ich war letztes Jahr auch schon ein-mal hier im Kosovo eingesetzt und zwar von März bis Mai.

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Könnten Sie uns bitte etwas über Ihre Aufgaben erzählen? Ich bin der Leiter der Informationsarbeit, das heißt, dass ich dafür zuständig bin die Bevölkerung darüber zu informieren, welche Aufga-ben wir Soldaten hier haben. Und das ist nicht nur die Bevölkerung hier im Kosovo, sondern auch die Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb arbeite ich in zwei Richtungen: Hier mit der einheimischen Presse, weil die natürlich diejenigen sind, die das verbreiten können. Und ich arbeite auch über unsere fachvorgesetzte Dienststelle, die in Potsdam sitzt. Und so arbeite ich auch mit der deutschen Presse. Das heißt, dass wir öfters Besuch von Journalisten aus der Bundesrepublik Deutschland haben, die uns besuchen, die sich auch für die Arbeit der Bundeswehrsoldaten und auch der Solda-ten der anderen Nationen interessieren. Und ich bin derjenige, der das anbahnt, vermittelt und dann auch hilft, dass das umgesetzt wird. Mit wem arbeiten sie enger zusammen? Ich muss natürlich sehr eng mit meinen Chefs zusammenarbeiten. So wie sie hier einen Boss haben, so habe ich natürlich auch einen Boss und mit dem arbeite ich sehr eng zusammen, weil der mir auch sagt, was ich zu tun habe und was ich vielleicht nicht machen darf. Und ich arbeite hier natürlich sehr eng mit der einheimischen Presse im Koso-vo zusammen. Außerdem arbeite ich natürlich auch sehr eng mit meinen vorgesetzten Dienststellen in der Bundesrepublik Deutschland zusammen. Aber selbstverständlich bin ich auch für meine Soldaten da und bin natürlich auch der Ansprechpartner für die Soldaten, die im Feldlager Prizren oder auch in andern Feldlagern sind. Gibt es bei Ihrer Arbeit auch Kontakte zur Bevölkerung? Ja, sehr viele, denn ohne sie könnten wir ja gar nicht nach Deutsch-land berichten. Denn wir wollen ja auch lernen wie sie leben, unter welchen Bedingungen, wie sie hier arbeiten, wie sie zurechtkommen, wie die politische, wirtschaftliche, kulturelle und soziale Situation ist, damit wir den Menschen in der Bundesrepublik sagen können, wie es denn hier im Kosovo ist. Könnten Sie uns bitte einmal Ihren Tagesablauf im Feldlager schildern? Wie jeder Soldat arbeite ich im Einsatz 24 Stunden am Tag, jeden Tag, 7 Tage die Woche. Es gibt also keine Freizeit, das mal vorweg. Mein normaler Tagesablauf ist so: Nachdem ich aufgestanden bin, mich gewaschen habe und was so dazu gehört, frühstücke ich. An-schließend gehe ich in mein Büro und mache zunächst eine Presse-auswertung, das heißt, ich schaue, was in der kosovarischen Presse gewesen ist und was dort vermittelt worden ist. Und ich schaue na-türlich auch, was die deutsche Presse geschrieben hat. Denn ich muss sehr gut informiert sein, damit ich meine Vorgesetzten darüber in-

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formieren kann. Wenn mein Chef nicht da ist, dann mache ich das auch und informiere meine Vorgesetzten. Dann ist der Tag abhängig von dem, was ich an Arbeit habe. Das können sehr verschiedene Sa-chen sein. Das kann Büroarbeit sein. Es kann sein, dass ich so wie jetzt außerhalb zu Besuch bei irgendjemandem bin. Es kann sein, dass ich mit der Presse zusammenarbeite. Das kann mit der einhei-mischen Presse sein, oder dass ich deutsche Journalisten hier betreue und ihnen die Möglichkeit gebe hier mit der Bevölkerung zusammen-zukommen. Das alles bestimmt meinen Tagesablauf und abends sitze ich dann häufig im Büro und bereite das, was ich am Tag erlebt habe nach. Und wenn dann noch Zeit ist, dann telefoniere ich natürlich auch mit zu Hause, mit meiner Familie oder ich schreibe eine E-Mail, oder ich schreibe einen Brief, oder ich gucke mal Fernsehen oder ich mache einfach auch mal gar nichts. Dann lege ich mich irgendwann abends ins Bett, weil ich dann zu müde bin. So ist eigentlich mein Tag. Wie gefällt Ihnen das Kosovo? Ich will das mal so sagen, ganz kurz. Ich wünsche mir, dass ich eines Tages wieder als Tourist hier hinkomme. Nicht in Uniform, nicht mit einer Waffe, nicht als Soldat, sondern als Tourist, mit meiner Familie oder nur mit meiner Frau, weil ich dieses Land wunderschön finde. 3.4 Landeskundliche Porträts der Soldaten 3.4.1 Landeskundliches Porträt: Hauptgefreiter Eddy Falk Woher kommen sie in Deutschland? Wo liegt das genau? Berlin, Hauptstadt von Deutschland, umschlossen vom Bundesland Brandenburg. Warum sollte man da mal hinfahren? Hauptstadt von Deutschland, multikulturell, diverse (historische) Mu-seen, vielfältiges Nachtleben, historische Bauwerke Was sind die beliebtesten Sehenswürdigkeiten in ihrer Stadt? Berliner Dom, Reichstag, Regierungsviertel, Brandenburger Tor, neu-er Hauptbahnhof (größter Europas), Tierpark (Knut), Fernsehturm, alte und neue Nationalgalerie, Naturkundemuseum, Technisches Mu-seum Kommen viele Touristen dorthin? Sehr viele, nicht nur kulturell Interessierte, sondern auch Nachtaktive und Unternehmungslustige Wie sieht es mit der wirtschaftlichen Situation aus? Von was

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leben die Menschen dort? Berlin ist hoch verschuldet. Von der Bauindustrie bis zum Dienstleis-tungsunternehmen wird nahezu jeder Arbeitsbereich abgedeckt. Je-doch gibt es in Berlin keine landwirtschaftlich genutzten Flächen und keine Bodenschätze. Welche kulinarischen Spezialitäten gibt es dort? Was isst und trinkt man dort traditionell? Berliner Weiße, Boulette, Curry Wurst, Pfannkuchen („Berliner“) Gibt es traditionelle Feste in Ihrer Heimatstadt? Was wird da genau gemacht? Gauklerfest (Opernpalais) Und was vermissen Sie hier am meisten von zu Hause? Familie, Freundin, Freunde, Partyleben (Discotheken, Bars, Clubs), Restaurants, Kino, Vielfältigkeit,... 3.4.2 Landeskundliches Porträt: Stabsunteroffizier (w) Nadine Jastremski Woher kommen sie in Deutschland? Wo liegt das genau? Ich wohne in der nähe von Hamburg, das liegt sehr weit im Norden von Deutschland ca. 70 km südlich von Dänemark. Warum sollte man da mal hinfahren? Weil man direkt in der Mitte von Nord- und Ostsee lebt und immer frischen Wind um die Nase hat. Was sind die beliebtesten Sehenswürdigkeiten in ihrer Stadt? Ich wohne nicht direkt in einer Stadt, daher gibt es nicht allzu große Sehenswürdigkeiten in meinem Ort.

Kommen viele Touristen dorthin? Die Orte die direkt an der Nord- oder Ostsee liegen sind bei Touristen sehr beliebt. Wie sieht es mit der wirtschaftlichen Situation aus? Von was leben die Menschen dort? Die wirtschaftliche Lage ist sehr gut, man lebt überwiegend vom Ge-werbe. Bei mir im Ort gibt es ein großes Wohnwagenwerk. Dieses Werk ist führender Hersteller von Wohnwagen und Wohnmobilen, die-se werden dann in die ganze Welt ausgeliefert. Welche kulinarischen Spezialitäten gibt es dort? Was isst und trinkt man dort traditionell? Kulinarische Spezialitäten gibt es einige, eines davon ist zum Herbst-Winter, Grünkohl mit süßen Kartoffeln und Schweinefleisch.

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Gibt es traditionelle Feste in Ihrer Heimatstadt? Was wird da genau gemacht? Bei mir im Ort wird jedes Jahr Ende August ein großes Stadtfest ge-feiert, das nennt sich Rendsburger-Herbst, da werden in der ganzen Stadt Buden und Bühnen aufgebaut. Und was vermissen Sie hier am meisten von zu Hause? Meine Familie und meine Freunde!! 3.4.3 Landeskundliches Porträt: Oberbootsmann (w) Stefanie Jahn Woher kommen sie in Deutschland? Wo liegt das genau? Gebürtig komme ich aus dem Bundesland Thüringen. Aus der Nähe der Landeshauptstadt Erfurt. Ich lebe aufgrund meiner beruflichen Situation zurzeit in Hamburg. Warum sollte man da mal hinfahren? Was sind die beliebtes-ten Sehenswürdigkeiten in ihrer Stadt? In Thüringen sollte man die Feengrotten in Saalfeld unbedingt besu-chen. In Hamburg gibt es sehr viele Sehenswürdigkeiten, die ich nicht alle aufzählen kann. Besonders lohnt sich ein Besuch des Michels, des Hafens, der Alster und der Reeperbahn. Kommen viele Touristen dorthin? Ja, sowohl die Feengrotten als auch die touristischen Attraktionen in Hamburg werden sehr viel besucht. Wobei man Saalfeld und Ham-burg überhaupt nicht miteinander vergleichen kann. Denn Saalfeld hat etwa 15.000 Einwohner, Hamburg dagegen etwa 1,7 Mio. Ein-wohner. Wie sieht es mit der wirtschaftlichen Situation aus? Von was leben die Menschen dort? Saalfeld ist dominiert vom Handel. In Hamburg ist alles vertreten, wobei der Hafen das wirtschaftliche Zentrum darstellt. Welche kulinarischen Spezialitäten gibt es dort? Was isst und trinkt man dort traditionell? In Thüringen sind die Rostbratwurst und die Klöße die herausragen-den Spezialitäten. In Hamburg der Fisch und das „Alsterwasser“. Gibt es traditionelle Feste in Ihrer Heimatstadt? Was wird da genau gemacht? In Thüringen haben wir jedes Jahr ein kleineres Volksfest in Saalfeld und ein größeres in Saalfeld-Rudolstadt. Bei beiden gibt es viele Ver-kaufsstände und jeweils ein Kirmes mit Fahrgeschäften. In Hamburg gibt es drei Mal im Jahr den Dom. Einmal pro Jahr das Alstervergü-

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gen. Ein Triathlon, ein Marathon, eine Harley-Davidson-Veranstaltung. Und das sind nur die größten Veranstaltungen. Und nicht zu vergessen den Hamburger Fischmarkt an jedem Sonntag-morgen beginnend um circa 05.00 Uhr. Und was vermissen Sie hier am meisten von zu Hause? Am meisten vermisse ich meine Familie und meinen Sport, den Foot-ball. 3.4.4 Landeskundliches Porträt Oberleutnant Kevin Jannsen Woher kommen sie in Deutschland? Wo liegt das genau? Ich bin aus Flensburg. Das liegt in Norddeutschland direkt an der Grenze zu Dänemark. Warum sollte man da mal hinfahren? Flensburg hat Vielfältiges zu bieten. Ob man sich kulturell weiterbil-den will, Urlaub zum Entspannen oder sich amüsieren will. In der In-nenstadt gibt es vielfältige Einkaufsmöglichkeiten und eine Vielzahl von Straßencafes, in denen man gemütlich seine Freizeit genießen kann. Besonders geeignet ist Flensburg für Urlauber mit kleinen Kin-dern. Was sind die beliebtesten Sehenswürdigkeiten in ihrer Stadt? Zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten gehören vor allem das Nor-dertor, das Schifffahrtsmuseum und der ‚Oluf Samsung Gang’. Das Nordertor ist ein gut erhaltenes Überbleibsel der alten Stadtmauer, die im Mittelalter die Stadt umgab. Das Schifffahrtsmuseum umfasst eine historische Werft und stellt die reichhaltige maritime Vergangen-heit Flensburgs dar. Der ‚Oluf Samsung Gang’ ist eine schmale Stra-ße, in der ausschließlich sehr gut erhaltene Fachwerkhäuser stehen. Kommen viele Touristen dorthin? Jedes Jahr kommen sehr viel Touristen vor allem aus Süddeutschland als Touristen nach Flensburg. Dies liegt vor allem an den vielen schö-nen Ostseestränden, die um Flensburg herum liegen. Wie sieht es mit der wirtschaftlichen Situation aus? Von was leben die Menschen dort? In Flensburg arbeiten die meisten Menschen in der Industrie oder in der Dienstleistung. Es gibt unter anderem eine Werft, die vor allem Fähren und kleinere Frachtschiffe baut. Es gibt eine große Brauerei, die ein in ganz Deutschland beliebtes Bier braut, ein Motorola-Werk und eine Fabrik, in der Radiatoren, Thermostate u. ä. hergestellt werden. Ferner gibt es zwei größere Versandhäuser und ein paar Call-Center für verschiedene Unternehmen.

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Welche kulinarischen Spezialitäten gibt es dort? Was isst und trinkt man dort traditionell? In Flensburg essen die Menschen besonders gerne Fisch und Meeres-früchte. Es gibt sehr viele Restaurants, die speziell solche Gerichte servieren. Besonders gerne isst man hier Miesmuscheln und Krabben. Dies ist auch bei Touristen sehr beliebt. Zu den traditionellen Geträn-ken zählt hier vor allem brauner Rum, der hier seit dem 16. Jahrhun-dert hergestellt wird. Und im 17. und 18. Jahrhundert das wichtigste Exportprodukt der Stadt war. Gibt es traditionelle Feste in Ihrer Heimatstadt? Was wird da genau gemacht? Es gibt zwei größere Volksfeste, die alle zwei Jahre stattfinden, das sogenannte ‚Dampf-Rundum’ und die ‚Rum-Regatta’. Das ‚Dampf-Rundum’ ist ein großes Fest, in dessen Mittelpunkt alle möglichen Dampfmaschinen stehen, wie etwa alte Lokomotiven und Schiffe. Die ‚Rum-Regatta’ ist eine Segelschiffregatta, an der Vertreter aus vielen Nationen der Welt teilnehmen und nach deren Abschluss die Segel-schiffe besichtigt werden können. Und was vermissen Sie hier am meisten von zu Hause? Am meisten vermisse ich die salzige Seeluft zu Hause und das flache Land. 3.4.5 Landeskundliches Porträt Major Stephan Wessel Woher kommen sie in Deutschland? Wo liegt das genau? Ich wohne in der Mitte der Bundesrepublik Deutschland, in Detmold, 25 km südöstlich von Bielefeld. Die nächsten großen Städte sind Han-nover und Dortmund. Warum sollte man da mal hinfahren? Landschaftlich ist es sehr schön dort. Dort, wo ich wohne liegt der Teutoburger Wald, der sehr schön ist. Nicht so hoch wie die Gebirge hier im Kosovo, aber immerhin, es gibt ein Gebirge und ein paar Hü-gel. Es hat auch kulturell sehr viel zu bieten, es ist ein historisches Gebiet, denn dort hat 9 nach Christus einmal eine Schlacht stattge-funden, die so genannte Varusschlacht. Als die Römer gegen die Germanen gekämpft haben und verloren haben. Und heute steht dort ein Denkmal, das Hermannsdenkmal. Und es gibt natürlich sehr viele andere schöne Sachen. Detmold ist eine sehr junge Stadt. Es gibt sehr viele junge Menschen, wie Sie es sind, die dort wohnen und stu-dieren. Es gibt sehr viele Möglichkeiten für junge Menschen. Und es gibt sehr viele kulturelle Angebote in Detmold selbst und auch in der Umgebung. Es lohnt sich also dort einmal hinzufahren.

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Was sind die beliebtesten Sehenswürdigkeiten in ihrer Stadt? Wie ich schon sagte, es gibt das Hermannsdenkmal, das Freilichtmu-seum in Detmold, wo die Kultur und die Geschichte dargestellt sind, also wie die Menschen früher gelebt haben. Im geographischen Be-reich gibt es die Externsteine. Das ist ein Naturdenkmal. Die Natur hat diese Formation selbst nach der Eiszeit geschaffen. Ganz in der Nähe, in der Nachbarstadt, haben wir das Hexenbürgermeisterhaus, das auch sehr interessant ist, weil man dort die Geschichte der He-xenverbrennungen und der Hexenverfolgungen nachvollziehen kann. Kommen viele Touristen dorthin? Es kommen viele Touristen, die für ein bis drei Tage dort bleiben. Vor allem Touristen, die sich für die kulturellen Dinge der Region interes-sieren. Wie sieht es mit der wirtschaftlichen Situation aus? Von was leben die Menschen dort? Es gibt vor allem zwei Wirtschaftszweige, die wichtig sind. Das ist ei-nerseits die holzverarbeitende Industrie, dazu gehört auch die Möbel-industrie. Andererseits leben unsere Stadt und unser Kreis auch von Touristen. Welche kulinarischen Spezialitäten gibt es dort? Was isst und trinkt man dort traditionell? Es gibt zwei kulinarische Spezialitäten: Den Lippischen Pickert, das ist ein Pfannkuchen. Und es gibt die Lippische Leberwurst, die man dazu essen kann. Nicht so alt, aber auch sehr traditionell ist eine kleine Brauerei, die Bier braut. Dieses Bier schmeckt sehr lecker. Gibt es traditionelle Feste in Ihrer Heimatstadt? Was wird da genau gemacht? Es gibt im Jahr mehrere Kirmesveranstaltungen mit Fahrgeschäften, wo man auch Karussell fahren kann. Und wir haben große Kasernen bei uns in der Nachbarschaft und die machen regelmäßig einen Sol-datentag. Jedes Jahr im Juni präsentieren sich die Kasernen und die Soldaten der Öffentlichkeit. Man kann also dort hingehen und sich an-sehen, was die Bundeswehr macht. Und was vermissen Sie hier am meisten von zu Hause? Meine Familie, meine Kinder und meine Frau.

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4 Besuch im Feldlager 4.1 Programmablauf

MNTF S

Public Affairs Office Deputy Chief

PRIZREN 05. 11. 2007 Feldlager „PRIZREN“

Mail: [email protected]

Programm am 16. November 2007 Ca. 14.10 Abholung mit Bus 14.15-14.30 Einlass ins Feldlager Prizren 14.30-16.00 Briefing, anschl. Diskussionsrunde 16.00-17.00 Feldlagerrundgang. anschl. Rückfahrt 17.00-17.30 Interview mit Chef des Stabes (zwei Schüler), anschl.

Rückfahrt, Transport durch meine Abteilung sicherge-stellt

Stephan Wessel Major 4.2 Fragen für die Diskussionsrunde Ahmetaj, Festim: Welche Ausbildung ist nötig, um Major zu werden? Wie wird man Major in der Bundeswehr?

Arllati, Blend: Werden alle Lebensmittel aus Deutschland importiert oder kommen manche Lebensmittel auch aus dem Kosovo?

Berisha, Arianit: Müssen Sie Ihre Uniform immer tragen? Dakaj Labinot: Wie viele Personen sind in der Küche angestellt? Wie viele Mahlzeiten werden pro Tag ausgegeben? Wie begegnen Ihnen die Kosova-ren? Wie nehmen Sie die Kosovaren wahr? Kabashi Bersant: Vermissen Sie Ihre Familie und Ihre Freund in Deutsch-land? Wie geht man damit um vier Monate ohne sie zu leben?

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Koshi Kristian: Haben die Soldaten Internetzugang im Feldlager? Lasku Drilon: Was für ein Gefühl ist es, den ganzen Tag nur hier im Camp zu bleiben? Wie gehen die Soldaten mit dieser Situation um? Sind alle Re-geln gleich ohne Unterschied zwischen Männern und Frauen? Llugaxhiu, Diana: Welche Veränderungen sind Ihrer Meinung nach im Ko-sovo noch notwendig? Llugaxhiu, Erodita: Welche Hilfemöglichkeiten und Unterstützung gibt es für Soldaten, die Rat suchen, weil sie Probleme haben, während sie hier im Einsatz sind? Neziraj, Kujtesa: Können Sie uns etwas darüber sagen, wie sich Ihr Auf-gabenspektrum verändern könnte, wenn die politischen Entscheidungen ü-ber die Zukunft des Kosovo gefallen sind? Wird dann die EU die UN ablösen? Werden wie in Bosnien EUFOR-Truppen kommen? Nue, Rajmond: Wie ist die Kommunikation und Kooperation zwischen den multinationalen Brigaden? Wie läuft das zwischen den einzelnen nationalen Armeen innerhalb einer Brigade? Was ist CIMIC und was sind deren Aufgaben? Ändern sich die Aufgaben der CIMIC, nachdem viele NGOs nicht mehr hier sind? Was macht LMT? Wie kann man LMT von CIMIC abgrenzen? Pecollaj, Alena: Wann und unter welchen Umständen wurde die Bundes-wehr gegründet? Wie hat sich das Aufgabenspektrum der Bundeswehr seit Ende des kalten Krieges verändert? Pnishi, Leonard: Wie ist der Alltag im Camp? Sejfullahu, Drilona: Wie viele Soldaten sind derzeit in der Bundeswehr? Wie viele Soldaten sind momentan im Auslandseinsatz? Wie wird man eigentlich Soldat der Bundeswehr im Ausland? Shala, Arian: Wie wird die Bundeswehr mit Lebensmitteln versorgt? Woher kommen die Lebensmittel? Wie hoch ist die Menge der pro Woche verarbei-teten Lebensmittel? Welche Hilfemöglichkeiten haben die Soldaten, wenn es Probleme unterein-ander gibt? Wie werden die Soldaten auf einen Auslandseinsatz vorbereitet? Auch im psychologischen Bereich? Wie lange muss man mindestens bei der Bundeswehr sein, um in einen Aus-landseinsatz zu kommen? Sokoli, Bardh: Gibt es im Rahmen des Einsatzes auch Feiern und Feste für die Soldaten? Was sind die Aufgaben der PsyOps? Wie arbeiten sie? Welche Ziele verfol-gen sie mit ihrer Arbeit? Sopaj, Qëndresa: Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Thaçi, Ardijana: Frage an alle: Seit wann sind Sie schon bei der Bundes-

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wehr und wie lange werden Sie noch bei der Bundeswehr sein? Wie ist das zahlenmäßige Verhältnis von Berufs- und Zeitsoldaten? Wie sieht es mit der Stromversorgung hier im Camp aus? Thaçi, Liridon: Welcher war Ihr erster Einsatz und wie läuft Ihr Einsatz hier ab? Können Sie uns das beschreiben? Arbeiten Sie auch manchmal mit der kosovarischen Polizei zusammen, wenn ja, wie ist die Kooperation? Thaqi, Hekuran: Wie sieht es mit Sportanlagen hier im Camp aus? Tushi, Arlinda: Gibt es etwas im positiven Sinne, was Sie hier im Kosovo staunen lässt? Welche Gedanken gehen einem durch den Kopf, wenn man als Soldat zum ersten Mal im Ausland im Einsatz ist? Zeqiroviq, Merita: Glauben Sie, dass Sie beim Aufbau einer kosovarischen Armee mithelfen können? Wie ist das Ihrer Ansicht nach möglich? Was ist Ihre größte Herausforderung hier im Kosovo? Was denken Sie über die zukünftige Sicherheitslage im Kosovo? 4.3 Bericht vom Besuch im Feldlager Prizren Es war 14.15 Uhr, als uns der Bus eines albanischen Privatunterneh-mens abholte. Wir waren total aufgeregt. Nach einer ca. zehnminüti-gen Fahrt befanden wir uns am Eingang zum Feldlager, wo Besucher-ausweise an uns ausgegeben wurden. Gleich darauf machten wir uns auf den Weg zu einer kleinen Hütte. Dort warteten schon ein paar Sol-daten, Major Wessel und ein Kamerateam der Bundeswehr auf uns. Auf zwei langen Tischen standen Getränke und Kleinigkeiten zu essen. Wir setzten uns, und gleich darauf begann Major Wessel mit seiner Einführung zur Geschichte des Kosovo, zur Situation 1999, in der die NATO in Form der KFOR in den Kosovo einmarschierte, zu den Aufgaben der KFOR und der Bundeswehr im Kosovo, wie die Soldaten ihre Aufgaben und die Situation im Kosovo wahrnehmen und was ihn persönlich dazu motiviert mit großem En-

gagement und Freude seinen Einsatz im Kosovo zu absolvieren, obwohl das nicht einfach ist, wenn zwei Kinder zu Hause auf einen warten. Nach der Einführung bat Major Wessel uns, unsere Fragen an die Soldaten zu stellen. Jetzt waren wir dran. Am Anfang waren wir noch ein bisschen schüchtern,

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aber dann wurde es immer besser. Abwechselnd antworteten der Ma-jor und die Soldaten auf unsere Fragen. Man sah uns und auch den Soldaten wirklich an, dass es viel Spaß machte. Eigentlich war nur eine Stunde für die Diskussionsrunde vorgesehen, aber da wir so viele Fragen hatten, überschritten wir diese Zeit ein wenig. Nach der Fragerunde machte Major Wessel noch eine sehr interessante Führung durch das Feldlager mit uns. Folgende Stationen haben wir besucht: Gedenkstein: Hier wird den im Einsatz ver-storbenen Kameradinnen und Kameraden gedacht. Die Namen der Verstorbenen sind auf einer Tafel am Gedenkstein zu finden. Am Todestag eines verstorbenen Kameraden findet vor dem Gedenkstein eine kleine Feier zu Ehren des verstorbenen Soldaten statt. Die meisten Soldaten sind bei Unfällen oder durch Selbsttötung ums Leben gekommen. Unterkünfte: Es gibt prinzipiell zwei verschiedene Unterkünfte: Container und Feld-häuser. In einem Standardcontainer sind jeweils zwei Soldaten unter-gebracht. Die sanitären Einrichtungen befinden sich in einem eigenen Container. Die Feldhäuser sehen Mehrfamilienhäusern, wie man sie aus Deutschland kennt, sehr ähnlich. Allerdings ist alles etwas enger und auch die Materialien sind nicht von der Qualität, wie man es von normalen Wohnhäusern kennt. Es sind eben Feldhäuser. Bürogebäude: In einem der Feldhäuser sind die Büros des Stabes untergebracht. Major Wessel zeigte uns sein Büro. Es ist recht geräumig und nett eingerichtet. Es gibt dort zwei Computer. Ein Rechner hat Internetan-schluss, der andere dient der internen Kommunikation. Cash Office: Vor dem Bürogebäude befindet sich das so genannte Cash Office. Hier können die Soldaten Geld für den privaten Konsum abheben.

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Das Geld wird teilweise in der Stadt ausgegeben, meistens aber in den verschiedenen Betreuungseinrichtungen im Feldlager. Bibliothek: Im Feldlager gibt es auch eine Bibliothek. Hier können Bücher, DVDs und CDs ausgeliehen werden. Sie funktioniert im Prinzip wie jede öf-fentliche Bibliothek in Deutschland. Am Schalter der Bibliothek findet auch die Anmeldung für die Betreuungsfahrten statt. Bei Betreuungs-fahrten können Soldaten in Form von Tagesausflügen das Land, in dem sie vier Monate im Einsatz sind, besser kennen lernen. Es ist wichtig, dass die Soldaten im Rahmen ihres Einsatzes Land und Leute ein wenig kennen lernen. So können sie sich auch besser in die Situa-tion der Menschen und des Landes hineinfühlen. Betreuungseinrichtung: Als wir in die so genannte Betreuungseinrichtung, die eigentlich ein Café bzw. eine Kneipe ist, hineingingen, saßen dort gerade zwei Sol-daten und tranken Kaffee. Es war wirklich gemütlich dort. Der Major sagte, dass die meisten Soldaten dort hingehen, wenn sie gute Musik hören wollen. Der Raum war zwar nicht sehr groß, aber sehr gemüt-lich. In dem Raum standen ein Kamin und ein großer Fernseher, wo sich die Soldaten u.a. Fußballspiele ansehen können. Am Ende verab-schiedete sich die Barkeeperin auf Albanisch von uns, denn sie ist ei-ne der vielen albanischen, zivilen Angestellten, die im Feldlager arbei-ten. Stube: Major Wessel zeigte uns auch seine Stube. Dort lebt er zusammen mit einem Kameraden. Das Zimmer ist nicht sehr groß, es passen ge-rade zwei Betten, 3 Schränke und ein Tisch hinein. Er zeigt uns auch seinen Schrank und auch eine Kiste, in der er viele Bücher hatte.

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4.4 Bericht über den Besuch im Feldlager in Maz & More In der Ausgabe 445 vom 28.11.2007, berichtete Maz & More, die Feldzeitung der Bundeswehr für den Balkan, wiederum über unseren Gegenbesuch im Feldlager Prizren, am 16. November 2007.

MAZ & MORE, Prizren, 28.11.2007

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5 Interviews 5.1 Interview mit Michael Berning, Militärseelsorger bei der

Bundeswehr Würden Sie sich bitte kurz vorstellen? Mein Name ist Michael Berning, ich bin 40 Jahre alt. Nächste Woche werde ich allerdings 41. Also werde ich hier im Lager noch Geburtstag feiern. Ich bin aus dem Westen von Deutschland. Es gibt in der Nähe eine sehr bekannte Stadt, Köln. Sie ist sehr bekannt wegen des Köl-ner Doms. Dort bin ich auch zum Priester geweiht worden, im Jahre 1993. Ich bin etwas nördlich von Köln in einer Stadt zur Schule ge-gangen und habe dort Theologie studiert und bin danach, nachdem ich Priester geworden bin, auch noch neun Jahre lang Kaplan gewe-sen. Und seit fünf Jahren bin ich bei den Soldaten, als Seelsorger. Zu Hause spiele ich ein Musikinstrument, Cello. Und ich gehe auch sehr gerne in Konzerte mit klassischer Musik und im Sommer gehe ich auch gerne schwimmen. Das sind meine Hobbys. Ich habe noch einen Bruder, der ist etwas jünger als ich und ist Arzt. Seit wann sind Sie bei der Bundeswehr und wie kam es dazu, dass Sie als Priester bei der Bundeswehr arbeiten? Ich bin seit 2002 bei der Bundeswehr. Ich hätte damals auch eine Gemeinde als Pfarrer übernehmen können. Damals habe ich mir ü-berlegt, wenn ich jetzt eine Gemeinde übernehme, dann bin ich für die nächsten 15 oder 20 Jahre immer in dieser Gemeinde. Ich habe mir gesagt, das ist ja vielleicht auch sehr interessant bei den Solda-ten zu sein, bei der Bundeswehr, um auch einmal andere Länder ken-nen zu lernen. Die Deutschen sind ja in Bosnien, im Kosovo, in Af-ghanistan. Und so kann ich da auch etwas Neues erleben, für eine gewisse Zeit. Ich werde das also nicht für immer machen, sondern für höchstens 12 Jahre. Und danach möchte ich auch wieder in eine Ge-meinde zurückgehen und in Deutschland bleiben. Was unterscheidet Sie als Militärgeistlicher von einem her-kömmlichen Soldaten? Da gibt es ganz große Unterschiede. Zunächst einmal ist ein Soldat ein Soldat und ich bin Priester. Ich bin auch Zivilist und offiziell heißt das hier bei mir auch nicht Uniform, sondern Schutzkleidung. Und dann trage ich auch keinen Dienstgrad, hier der Herr Stabsfeldwebel hat seinen Dienstgrad, das kann jeder erkennen, was für einen Dienstgrad er hat. Ob er General ist oder ein einfacher Soldat. Bei mir ist ein Kreuz, daran können auch die Soldaten sofort erkennen, dass ich Priester bin. Und das nächste ist, dass ich keine Waffe habe. Kein Gewehr, keine Pistole. Ich darf das nicht haben und ich möchte das auch nicht haben. Der Soldat hier hat natürlich immer die Pistole da-bei. Ich kann auch nicht schießen und ich darf das auch nicht. Ich fei-

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ere mit den Soldaten die Gottesdienste und führe Gespräche mit ih-nen. Das ist das Wichtige bei mir.

Mit welchen Anliegen kommen Soldaten normalerweise zu Ihnen? Sehr oft ist das so, dass sie Heimweh haben. Es sind ja auch viele sehr junge Soldaten dabei, die zum ersten Mal so lange von zu Hause weg sind. Sie sehnen sich nach ihren Eltern oder nach der Freundin. Dann gibt es auch schon mal das Problem, dass zu Hause jemand sehr krank wird oder stirbt, z.B. die Großeltern. Oder die Eltern, das ist auch schon passiert. Dann kann es natürlich auch schon mal sein, dass die Soldaten sich untereinander nicht so gut verstehen. Dann gibt es Ärger und man muss das dann schlichten. Auch das kann schon mal passieren. Also meistens für solche Probleme. Oder es gibt Soldaten, die mit den Vorgesetzten Probleme bekommen, weil sie et-was falsch gemacht haben. Gibt es neben Christen auch Angehörige anderer Religionen bei der Bundeswehr? Wir haben ganz wenige Moslems. Das sind in Deutschland nur ganz wenige Menschen. Das sind meistens aber dann Soldaten, die türki-sche Eltern haben und Deutsche geworden sind. Bei uns gibt es etwas ganz anderes, was man sich im Kosovo gar nicht vorstellen kann. Dass es Menschen gibt, die gar keine Religion haben. Die sind also nicht getauft, sind aber auch keine Moslems, keine Juden, sie sind überhaupt nichts. Die glauben an gar nichts, an keinen Gott, und da-von gibt es sehr viele. Wir haben in Deutschland auch einen Teil ge-habt, der von den Kommunisten beherrscht worden ist. Und die ha-

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ben wirklich versucht die Religion aus dem Leben zu verbannen. Und deswegen hat ein Drittel unserer Soldaten, gar keine Religion. Haben Sie Kontakt mit der katholischen Gemeinde in der Stadt? Ja, ich habe schon den Bischof besucht. Als katholischer Priester ist das selbstverständlich, dass ich sofort, wenn ich irgendwohin komme und dort länger arbeite, den Bischof besuche. Er ist ja auch ein wenig mein Bischof. Dann gibt es immer mal wieder Einladungen, z.B. aus Velzha oder ich bin auch schon mal in Stublade gewesen, das liegt im Osten des Kosovo, und habe dort den Pfarrer besucht. Ab und zu gibt es da solche Kontakte. Da bin ich auch sehr froh, weil ich weiß, die katholische Kirche gehört überall zusammen, auf der ganzen Welt. Wir sind Brüder. Haben Sie im Rahmen Ihrer Arbeit Kontakt zur Bevölkerung? Wenig. Wir gehen ja schon mal mit den Soldaten ein wenig durch die Stadt, das habt ihr sicher schon mal beobachtet. Da gibt es das LMT1

Team, oder die, die auch in die Schulen kommen und dann bin ich schon mal dabei. Aber das große Problem ist ja die Sprache. Ich kann kein Albanisch und die Leute können oft nur schlecht Englisch oder Deutsch. Das ist das Problem. Wir haben natürlich unsere Dolmet-scher, mit denen kann man dann schon mal ein wenig Kontakt haben.

In den zehn Geboten heißt es unmissverständlich „Du sollst nicht töten!“. Soldaten können aber im Einsatz in die Situation kommen, töten zu müssen. Wie gehen Sie als Militärgeistlicher damit um? Die zehn Gebote haben natürlich ihre Gültigkeit. Und auch für den Soldaten heißt es ganz klar: „Du sollst nicht töten!“ In den zehn Ge-boten ist es aber schlecht übersetzt im Deutschen. Es müsste eigent-lich heißen: „Du sollst nicht morden!“ Und zwischen „töten“ und

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„morden“ ist ein Unterschied. Denn „morden“ heißt, dass ich ohne Grund töte, oder aus einem niederen Grund, weil ich von jemandem Geld oder etwas anderes haben will. Und wir kennen es ja schon, dass es Situationen gibt, in denen man töten muss, um etwas Schlimmeres zu verhindern. Zum Beispiel darf ich ja auch in Notwehr töten. Wenn man mich angreift, oder wenn jemand mich erschießen wollte, dann habe ich das Recht mich zu wehren. Als allerletztes Mit-tel darf ich den Angreifer auch töten. Und das ist eigentlich auch bei den Soldaten der Sinn. Die Bundeswehr ist ja zur Verteidigung unse-res eigenen Landes, von Deutschland, gegründet worden. Das ist dann auch ein Fall, wo man im Extremfall auch hätte töten dürfen. Wenn andere Länder kommen, um Deutschland anzugreifen. Damit wir unser Land, unsere Frauen, unsere Kinder verteidigen können. Und nur dafür. Im Gegenteil, wir als Priester in der Bundeswehr sind auch dafür da, ein wenig aufzupassen, dass in der Bundeswehr keine ungesetzlichen Dinge geschehen. Das ist auch meine Aufgabe. Wie gefällt es Ihnen im Kosovo? Das Kosovo ist ein sehr schönes Land, eine wunderbare Landschaft. Und wir fühlen uns auch immer ein wenig an Deutschland erinnert, weil es hier auch viele Gegenden wie in Deutschland gibt. Es ist na-türlich aber nicht so schön, dass sehr viel Müll herum liegt. Es würden auch bestimmt Leute in den Kosovo kommen, um hier Urlaub zu ma-chen und zu wandern. Das machen die Deutschen sehr gerne. Aber sie haben keine Lust, wenn sie dann überall hier über den Müll drüber klettern müssen. Das ist nicht so schön. Dann gefällt mir am Kosovo die Architektur sehr gut. Es gibt viele schöne Kirchen und einige an-dere schöne Gebäude. Außerdem gibt es viele schöne Seen und Schluchten. Es lohnt sich also schon das eine oder andere hier im Ko-sovo mal zu besichtigen. Und dann gefallen mir natürlich die Men-schen hier im Kosovo. Dass es sehr viele junge Menschen gibt. Und ich habe da natürlich die Hoffnung, dass die jungen Menschen eine friedliche Zukunft haben und dem Kosovo auch eine bessere Zukunft geben können. Herr Berning, wir bedanken uns für das Gespräch. 1 Liaison Monitoring Team

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5.2 Interview mit Herrn Karl Wokalek, dem Leiter des Deut-schen Verbindungsbüros in Prishtina

Würden Sie sich bitte kurz vorstellen? Mein Name ist Karl Wokalek. Ich bin der Leiter des deutschen Verbin-dungsbüros in Prishtina. Das ist die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Kosovo. Ich bin 58 Jahre alt, seit 1978 im Auswärti-gen Dienst und habe in Bonn, New York, Kuwait, London, wieder in Bonn, in Pretoria, das ist in Südafrika, Saratow, das ist in Russland, in Berlin, in Osaka in Japan, in Kinshasa im Kongo gearbeitet. Und jetzt bin ich in Prishtina. Könnten Sie uns bitte etwas zu Ihrer Arbeit und Ihren Aufga-ben hier im Kosovo sagen? Ein Verbindungsbüro ist die Verbindungsstelle zwischen der Regie-rung Deutschlands mit der Administration und den Institutionen des Kosovo. Und da fallen alle Aufgaben an: Es fallen an Gespräche mit den Politikern, mit der Regierung, mit der Wirtschaft. Gespräche und Verbindungen zum ausländischen Militär, das hier ist: die KFOR-Truppe. Und Gespräche mit den Bürgern und den Institutionen im Lande im Kosovo: den verschiedenen Städten, den Leuten, die hier arbeiten. Und die Arbeit ist wie man sich tatsächlich eine Verbindung vorstellt: Man versucht einen Kontakt aufzubauen zwischen der Be-völkerung, der Regierung, den Institutionen des Kosovo mit den glei-chen Institutionen, der Bevölkerung und der Regierung in Deutsch-land.

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In letzter Zeit war in den Zeitungen zu lesen, dass die Bundes-republik den Kosovo wohl anerkennen würde, für den Fall, dass die kosovarische Regierung nach dem 10. Dezember die-ses Jahres die Unabhängigkeit ausrufen würde. Was können Sie uns zur Position der Bundesregierung zur Statusfrage sa-gen? Zur Statusfrage ist zu sagen: Derzeit laufen Verhandlungen, und es ist sehr ungeschickt vor dem Ende von Verhandlungen zu sagen, was man denn nach den Verhandlungen macht. Wenn Sie ein Haus von einem anderen kaufen wollen, dann sagen Sie ihm ja auch nicht wäh-rend der Verhandlungen, was sie eigentlich machen wollen, sondern Sie verhandeln. Sie versuchen, für sich etwas herauszukriegen, er versucht, für sich etwas herauszukriegen. Und man muss irgendwo einen Kompromiss finden. Zu diesem Zweck dienen die Troikagesprä-che. Für uns hat Priorität, dass beide Parteien, Kosovo-Albaner und Serben, in diesen Gesprächen einen Kompromiss finden. Und die Ge-spräche laufen noch bis 10. Dezember. Nach aller Erfahrung, wenn man in Verhandlungen ist, sagt man nicht schon in der Mitte, wir ha-ben uns jetzt geeinigt, sondern es wird Spannung aufgebaut, es wird Druck aufgebaut. Es wird eine Erwartungshaltung aufgebaut. Darum warten wir diese Verhandlungen ab und konzentrieren wir uns darauf. Dort muss eine Lösung gefunden werden, denn Sie wissen selbst: Alle einseitigen Lösungen, von serbischer Seite wie von kosovarischer Sei-te, sind schlechte Lösungen. Sie müssen mit ihrem Nachbarn leben. Auch eine Statuslösung löst das Problem nicht, dass Serbien Ihr Nachbar sein wird für die nächsten Tausende von Jahren. Und da ist es besser, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Da wir Jugendliche sind, interessieren uns einige Dinge im Zu-sammenhang mit der Jugend im Kosovo. Wie nehmen Sie die Jugendlichen im Kosovo wahr? Das erste, was mir auffällt ist, dass es sehr viele Jugendliche im Ko-sovo gibt. Mehr als in anderen Ländern. Dann, dass es, so wie ich Sie kennen lerne, sehr aufgeschlossene, interessierte und offene Jugend-liche sind. Das ist ein gutes Zeichen. Dann sehe ich hier an der Schu-le, dass Sie fleißig lernen. Heute hat es eine Plakette gegeben. Hier an dieser Schule wird ein Deutsches Sprachdiplom abgenommen. Und das finde ich gut. Die Jugend muss Schulen besuchen, muss einen Beruf erlernen, denn die Zukunft des Staates ist eine gute Wirtschaft. Ein Staat lebt weder von der Politik, noch lebt er davon, dass die Eu-ropäische Union hier ein Büro hat, noch lebt er davon, dass 17.000 Nato-Soldaten im Land sind. Ein Staat muss von der eigenen Produk-tion leben können. Sei es Landwirtschaft, sei es Handel, sei es Wirt-schaft. Und um das machen zu können, braucht man ausgebildete Leute. Das ist eminent wichtig. Und ich sehe, dass die Jugend des Kosovo dies sicherlich verstanden hat.

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Wir als Schüler des Loyola Gymnasiums wissen, dass wir im-mer mit Ihrer Hilfe rechnen können. Inwiefern unterstützt die Bundesrepublik andere Jugendliche im Kosovo? Wir versuchen in allen Projekten, die wir hier im Kosovo auflegen, auch eine Jugendkomponente einzurichten. Das heißt: Sei es bei Wiederansiedlungsprojekten, Unterstützung von Sportgruppen, Auf-klärung und Beratung von jungen Frauen. Und ich glaube, das ist auch der vernünftigste Ansatz. Wir geben hier sehr viel Geld aus, ins-besondere durch das Entwicklungsministerium und eben ein be-stimmter Prozentsatz dieser Mittel kommen dann auch den Jugendli-chen zu Gute. Welchen Rat können Sie uns zum Abschluss im Hinblick auf unsere Zukunft im Kosovo mit auf den Weg geben? Das Wichtigste ist, dass die Kosovaren und letztlich in einigen Jahren die Jugend des Kosovo, das sind Sie hier am Tisch, ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen. Sie sind verantwortlich für Ihr Land und für sich selbst. Es gibt einen schönen lateinischen Spruch, und sie lernen ja, glaube ich, auch alle Latein, der heißt: „Tua res agitur.“ „Jeder betreibe seine eigene Sache.“ Und ich glaube das ist die Kern-aussage. Man darf nicht auf Hilfe von anderen warten, sondern muss die Sache selbst in die Hand nehmen. Das ist der Ratschlag, den ich der kosovarischen Jugend gebe. 5.3 Interview mit Oberst Hans Werner Patzki, dem stellvertre-

tenden Kommandeur der Multinationalen Brigade Süd der KFOR

Würden Sie sich bitte kurz vorstellen? Wie sie schon wissen, mein Name ist Hans Werner Patzki, ich bin 59 Jahre alt und über 40 Jahre Soldat. Ich bin verheiratet und habe zwei Töchter im Studium. Seit fast 20 Jahren wohnen wir in der Mitte Deutschlands, in der documenta-Stadt Kassel, wenn mein Beruf mir Zeit lässt, dann greife ich gern zu einem Buch, lese und schreibe zu geschichtlichen Themen oder arbeite in meinem Garten.

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Seit wann sind Sie hier im Kosovo tätig und was bedeutet es für die Bundeswehr im Ausland zu arbeiten? Ich bin zum zweiten Mal im Kosovo, vor über sieben Jahren war ich bereits in Prishtina im Einsatz, sah damals ein geschundenes Land, viele zerstörte Häuser, leere Geschäfte, die Menschen grau in grau, heute ist das ganz anders. Neubauten und wiederaufgebaute Häuser, volle Geschäfte, fröhliche, gut gekleidete Menschen. Für mich ist es etwas Selbstverständliches, für mein Land auch in einen Auslandseinsatz zu gehen, Schutz zu geben für eine bessere Zukunft, vielleicht wird das heute im Kosovo nicht so deutlich, viel deutlicher und gefährlicher waren da schon im vergangenen Jahr meine über 200 Tage in Afghanistan. Welchen Nationen gehören zur Multinationalen Task Force Süd und wie läuft die Zusammenarbeit der Bundeswehr mit den Einheiten dieser Nationen? Das Motto der Multinationalen Task Force Süd, ‘Seven Nations, one Mission’, ist Beweis für das Zusammenstehen, für Gemeinschaft und Kameradschaft unter den Soldaten aus Aserbeidschan, Bulgarien, Deutschland, Georgien, Österreich, Schweiz und aus der Türkei. Waren Ihre Aufgaben direkt nach dem Krieg dieselben wie jetzt? Vor sieben Jahren kam ich nur zu Besuch nach Prizren, zu Abspra-chen mit dem deutschen Stab im Lager Progress. Damals war ich in Prishtina der Verbindungsoffizier von COM KFOR1, dem deutschen General Dr. Reinhard, zum französischen Leiter der UNMIK2, Dr. Kouschner. Es kam darauf an, dass das HQ3 KFOR immer gut unter-richtet wurde, was im UNMIK HQ geplant und gesagt wurde, und Ein-fluss zu nehmen, damit UNMIK trotz aller Schwierigkeiten die not-wendigen Entscheidungen trifft. Leider ist das nicht immer gelungen. Heute führe ich einen Stab, der den türkischen General Tarcin in der Führung einer über 3.000 Soldaten starken Kampfgruppe berät.

1 Kommandeur der KFOR 2 United Nations Interim Administration Mission in Kosovo 3 Headquarter, Hauptquartier

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Was hat sich hier in den letzten Jahren verändert und welche weiteren Veränderungen sind noch notwendig? Ich bewundere den Willen und die Erfolge der Menschen in Kosovo beim Wiederaufbau ihres Landes. Viel ist schon geschehen, doch manches muss noch geändert werden. Mich stört, dass zu wenig an das Gemeinwohl gedacht und zuviel nach fremder Hilfe gefragt wird, dieses Land könnte ein wunderschönes Urlaubsziel sein, wenn nicht überall die wilden Müllhalden wären, und es muss noch mehr an die Zukunft gedacht werden, das gemeinsame Gestalten der Zukunft des Kosovo durch alle hier lebenden Menschen, unabhängig ihrer Ethnie. Könnten Sie uns bitte etwas zu den Aufgaben von CIMIC4 und LMT5 sagen? CIMIC und LMT sind unsere Augen, Ohren und helfenden Hände, zu erkennen, was die Menschen im Kosovo bewegt, wo der Schuh drückt und wo wir helfen können und müssen. Die Männer und Frauen von LMT hören zu, die von CIMIC begleiten Projekte, unsere Hilfe für eine bessere Zukunft. Gibt es eine Kooperation zwischen der Multinationalen Task Force Süd und der TMK (Kosovo Protection Corps6 (NATO Be-zeichnung))? Gemeinsame Aktionen sind noch selten, denn wir haben einen unter-schiedlichen Auftrag, die Angehörigen der KPC sind keine Soldaten, das KPC ist z.B. für den Katastrophenschutz zuständig. Wir unterstüt-zen das KPC (TMK) mit Fahrzeugen und Gerät, leisten Ausbildungshil-

4 Civil Military Cooperation, zivil-militärische Kooperation 5 Liaison Monitoring Team 6 Das Kosovo Protection Corps (KPC) ist faktisch die Nachfolgeorganisation der UÇK, TMK ist die albanische Abkürzung für das KPC

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fe, damit das KPC seinen noch Auftrag besser erfüllen kann, denn insgesamt muss das KPC noch professioneller werden.

Was können Sie zur momentanen Situation im Kosovo bezüg-lich der Sicherheitslage sagen? Die Situation ist ruhig, leider aber nicht ganz stabil. Ich freue mich über jeden Tag, an dem KFOR und Kosovo nicht in den Schlagzeilen stehen. Um meine Soldaten und über die Sicherheit der Menschen in Kosovo mache ich mir keine Sorgen. Wer durch die Stadt Prizren geht oder über das weite Land fährt sieht, dass es ruhig ist, dass die Men-schen überwiegend freundlich miteinander umgehen, Streithähne gibt es überall in der Welt. Doch an manchen Stellen schwelt es, noch gibt es viel Vertrauen in die Internationale Gemeinschaft, insbesondere gegenüber KFOR, und auch viele Hoffnungen auf eine politische Ent-scheidung zum Status des Landes, hier darf es keine Enttäuschungen geben! Herr Oberst Patzki, wir bedanken uns für das Gespräch.

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6 Danksagungen Unser herzlicher Dank gilt folgenden Personen und Institutio-nen: Herrn Pater Walter Happel SJ für die Einführung im Rahmen des Be-suchs der Soldaten am Loyola Gymnasium. Herrn Dr. Erich Rabitsch, Zentralstelle für das Auslandsschulwesen, für die Unterstützung und Beratung im Rahmen der Projektplanung und –durchführung. Herrn Jürgen Schwarzbach für die Hilfe bei der Online-Dokumentation des Projektes. Herrn Major Wessel für die Bereitschaft am Projekt mitzuwirken, ohne die das Projekt überhaupt nicht hätte zustande kommen können. Vie-len Dank für die konstruktive und reibungslose Zusammenarbeit. Allen Soldaten, die am Projekt mitgewirkt haben, für Ihre Bereit-schaft, Ihre Offenheit und Ihr Interesse, sowohl beim Besuch am Loyola Gymnasium, als auch bei unserem Besuch im Feldlager Priz-ren. Es hat uns allen großen Spaß gemacht, sie kennen zu lernen und mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Herrn Karl Wokalek, Herrn Michael Berning und Herrn Oberst Hans Werner Patzki für Ihre Bereitschaft uns im Rahmen von Interviews Rede und Antwort zu stehen. Das Projekt „Die Bundeswehr in Prizren“ wurde aus Mitteln der Robert Bosch Stiftung finanziert. In Zusammenarbeit mit der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen und dem Pädagogischen Austauschdienst der Kultusministerkonferenz der Länder in der Bundesrepublik Deutschland.

7 Kontakt Projektleitung: Thomas Hansmann Stipendiat der Robert Bosch Stiftung im Rahmen des Programms „Völkerverständigung macht Schule“ im Programmjahr 2007/08 am Asociation Loyola Gymnasium, Rr. e. Tranzitit Petrovë, 20000 Prizren, Kosovo (UNMIK) E-mail: [email protected]