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Materialien zu DIE DREIGROSCHENOPER von Bertolt Brecht nach John Gays The Beggar’s Opera übersetzt aus dem Englischen von Elisabeth Hauptmann Musik von Kurt Weill PRÄSENTIERT VON DER SPARKASSE DORTMUND Schauspiel Dortmund 2010

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DIE DREIGROSCHENOPER von Bertolt Brecht nach John Gays The Beggar’s Opera übersetzt aus dem Englischen von Elisabeth Hauptmann Musik von Kurt Weill PRÄSENTIERT VON DER SPARKASSE DORTMUND Schauspiel Dortmund 2010

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Macheath, genannt Mackie Messer Axel Holst Jonathan Jeremiah Peachum Uwe Rohbeck Celia Peachum, seine Frau Uta Holst-Ziegeler Polly Peachum, ihre Tochter Bettina Lieder Brown, oberster Polizeichef von London Andreas Beck Lucy, seine Tochter Luise Heyer Die Spelunken-Jenny Melanie Lüninghöner Filch / Pastor Kimball / Smith Jakob Schneider Münz-Matthias Christoph Jöde Hakenfinger-Jakob Sebastian Graf Trauerweiden-Walter Randolph Herbst Säge-Robert Luise Heyer Ede Rahel Weiss Huren Rahel Weiss, Luise Heyer, Lisa Overmann,

Christoph Jöde, Randolph Herbst Das Orchester: Paul Wallfisch, Martin Wenk, Martell Beigang, Sebastian Gramss, Markus Scheltinga, Gilda Razani, Wim Wollner, Christoph Krieger, Edith Langgartner Regie Martin Nimz Musikalische Leitung Paul Wallfisch Bühne Ulrike Siegrist Kostüme Ricarda Knödler Licht Sibylle Stuck Dramaturgie Anne-Kathrin Schulz Regieassistenz Jonas Fischer Bühnenbildassistenz Nora Franzmeier Kostümassistenz Jula Reindell Inspizienz Tilla Wienand Soufflage Brigitte Kessler Regiehospitanz Christoph Nuhs, Julia Börchers Kostümhospitanz Regine Kammerer Technische Einrichtung Thomas Bohl, Thomas Pohlmann, Klaus Winnecke Ton Lutz Essfeld, Günter Holtmann, Olaf Krüger, Peter Nowotka, Gewandmeisterinnen Susanne Gregorzewski, Corinna Link Hutatelier Rita Hasenfratz, Brigitte Freienstein Maske Monika Knauer, Gabriele Paulus, Miroslawa Zamulska

Szymonowicz, Matthias Ritzrau, Susanne Mundt, Edith Lauer Requisite / Waffen Stefanie Sareyka, Markus Neuhaus / Michael Otto, Anton Nesaray Garderobe Christiane Petry, Marika Erdmann, Tanja Grewe Statisterie Mirjam Beck Bühnentechnik Klaus Horn, Lothar Fischer, Frank Herbe, Mario Wenzel, Klaus

Priebe, Jürgen Blaschke, Stephan Hörling, Michael Fuhrmann, Markus Michalski, Ulrich Ernst, Jürgen Mathes, Andreas Kubica, Thomas Widdermann, Klaus-Dieter Heimann, Zemir Hamzic, Melanie Kublun, Norbert Fröbus, Gero Wendland, Wilfried Zinke, Rafael Mondaca Varas

Aufführungsrechte: Suhrkamp Verlag GmbH und Co. KG, Berlin Premiere am 3. Dezember 2010 im Schauspielhaus Eine Pause

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Bertolt Brecht Ich bin ein Stückeschreiber. Ich zeige Was ich gesehen habe. Auf den Menschenmärkten Habe ich gesehen, wie der Mensch gehandelt wird. Das Zeige ich, der Stückeschreiber. Wie sie zueinander ins Zimmer treten mit Plänen Oder mit Gummiknüppeln oder mit Geld Wie sie auf den Straßen stehen und warten Wie sie einander Fallen bereiten Voller Hoffnung Wie sie Verabredungen treffen Wie sie einander aufhängen Wie sie sich lieben Wie sie die Beute verteidigen Wie sie essen Das zeige ich. Die Worte, die sie einander zurufen, berichte ich Was die Mutter dem Sohn sagt Was der Unternehmer dem Unternommenen befiehlt Was die Frau dem Mann antwortet. Alle die bittenden Worte, alle die herrischen Die flehenden, die missverständlichen Die lügnerischen, die unwissenden Die schönen, die verletzenden Alle berichte ich.

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Und der Haifisch Huren, Ganoven, ein geschäftstüchtiges Bettlerkönigspaar mit verliebter Tochter, ein Gentleman-Verbrecher, dessen bester Freund der Polizeichef ist (ebenfalls mit verliebter Tochter!), sowie eine dritte Dame – und alle drei mit Gefühlen für denselben Mann: den Verbrecher Mackie Messer! Dessen Freund allerdings der oberste Polizeichef Londons ist... Wird er Mackie vor dem Galgen retten können? Es war Elisabeth Hauptmann gewesen, die Bertolt Brecht auf John Gays The Beggars Opera aus dem Jahre 1728 aufmerksam gemacht (es war gerade in London neu inszeniert worden) und das Stück ins Deutsche übersetzt hatte. Kurt Weills Frau Lotte Lenya berichtete 1955: „Brecht steckte damals tief in der Arbeit an einem e igenen, sehr ehrgeizigen Stück, das er bereits einem Regisseur v ersprochen hatte. Aber das hinderte ihn keineswegs, sich unverzüglich auf ein neues Projekt zu stürzen; er hatte schon damals eine Vorliebe dafür, unzählige Dinge auf einmal anzufangen; immer hatte er Entwürfe um sich herumliegen. Diese Dirnen, Zuhälter und Bettler aus dem London d es 18. Jahrhunderts, die ihm da bei Gay begegnet waren, machten ihm Spaß: Wa rum sollte er sie nicht seine, die Sprache Brechts, sprechen lassen? Er fan d Vergnügen an dieser Idee und begann ganz nebenbei, gewissermaßen zur Er holung, hie und da an einer Szene herumzuprobieren, ließ stehen, was ihm passte, strich rücksichtslos, was ihm nicht passte, und schrieb ne ue Szenen dazu, wie es ihm gefiel.“

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Als dann der junge Schauspieler Ernst Robert Aufricht 1928 das Theater am Schiffbauerdamm mietete und Brecht bat, seine erste Spielzeit dort zu eröffnen, schlug Brecht ihm die Dreigroschenoper vor. Nun begannen arbeitsreiche Wochen: Brecht und Weill reisten an die Riviera, arbeiteten Tag und Nacht, nur unterbrochen von kurzen Besuchen am Meer. Auch der geplanten Uraufführung am 31. August 1928 gingen hektische Probentage voraus, und Theaterleiter Aufricht, so wird berichtet, fragte sich bereits, wie er seinen Einstand am Theater am Schiffbauerdamm noch retten könnte. Doch damit nicht genug. Lotte Lenya, die bei der Uraufführung die Spelunken-Jenny spielte, erinnert sich: „Eine derartige Kette von Katastrophen hat, glaube ich, in der ganzen Theatergeschichte kein Stück, so kurz vor der Premi ere, erlebt. Ein Missgeschick jagte das nächste. In Davos lag Klabun d im Sterben. Seine Frau Carola Neher, die eine ideale Polly abgegeben hätte , musste alle Proben absagen und fuhr zu ihm in die Schweiz. Dann schmis s der Schauspieler, der den Peachum spielten sollte, seine Rolle hin. Und M ackie, unser Opernstar Harald Paulsen, und unsere Mrs Peachum, Rosa Valett i, die beliebte Kabarettistin, machten in einem fort ihrer Empörung über das ‚unglaubliche Stück’ Luft. Helene Weigel bekam plötzlich eine Bli nddarmentzündung.“

Und auch während der Uraufführung reagierte das Publikum zunächst verhalten, doch danach war Berlin vom Dreigroschenoper-Fieber gepackt. Es war der Beginn eines Welterfolgs und ein wichtiger Punkt in der Karriere des damals 30jährigen Dramatikers. Bertolt Brecht-Verleger Siegfried Unseld, 1960: „Der gesamte Komplex der Dreigroschenoper, an dem Brecht von 1928 bis 1949 immer wieder arbeitete, bedeutet eine wichtige Stuf e in seinem Schaffen.

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Die Demonstration des epischen Theaters, die ‚Liter arisierung des Theaters, die Durchdringung der theatralischen Schau mit dem Wort, mit Formulierung und konkreter Aussage, ist hier sichtbar, erfolgrei ch und wirkungsvoll zum ersten Mal geglückt. Die Dreigroschenoper ist Kritik des Theaters durch das Theater und Kritik der Musik durch Musik. Ein Hauptthema zieht sich durch das ganze Werk Brec hts, das Thema vom guten Menschen, vom Menschen, der gut sein will, es aber in unserer Welt nicht vermag, und von der Notwendigkeit, die Welt so zu ä ndern, dass der Mensch in ihr gut sein kann. An der Entwicklung dieses Gru ndthemas, das von den frühesten Gedichten des Zwanzigjährigen und vom Baal bis zu den Spätwerken und den letzten Äußerungen Brechts reicht, hat auch die Dreigroschenoper ihren Anteil. ‚Ein guter Mensch sein? Ja, wer wär’s nicht gern? Doch leider sind auf diesem Sterne eben, die Mittel kärglich un d die Menschen roh. Wer möchte nicht in Fried und Eintracht leben? Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so.’ ‚Denn wovon lebt der Mensch? In dem er s tündlich den Menschen peinigt, auszieht, anfällt, abwürgt und frisst. Nur dadurch lebt der Mensch, dass er so gründlich, vergessen kann, dass er ein Mensch doch ist.’ All diese Positionen treiben, obschon und gerade we il sie kulinarisch geboten werden, dialektisch Gegenpositionen hervor. Der Boden der Dreigroschenoper ist vielschichtig. Also: nicht nur Kritik des Theat ers durch das Theater, Kritik der Musik durch Musik, so ndern auch Kritik der Moral durch gängige Unmoral.“

Die Entlarvung bürgerlicher Werte und Sehnsüchte, „eine Art Referat über das, was der Zuschauer im Theater vom Leben zu sehen wünscht“ (Brecht, 1930) – Die Dreigroschenoper ist das meistgespielte Stück des berühmten deutschen Dramatikers, nicht zuletzt auch wegen der weltbekannten Lieder von Kurt Weill.

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Brecht selber bemerkte dann auch wenige Jahre vor seinem Tod sorgenvoll, er werde „in die Literatur eingehen als ein Mann, der den Vers geschrieben hat: ‚Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.’“ In einem Selbstinterview, vermutlich aus dem 2. Halbjahr 1933, schreibt Brecht: „ Was meinen Sie, macht den Erfolg der ‚Dreigroscheno per’ aus? -Ich fürchte, all das, worauf es mir nicht ankam: d ie romantische Handlung, die Liebesgeschichte, das Musikalische. Als die Dre igroschenoper Erfolg gehabt hatte, machte man einen Film daraus. Man nah m für den Film all das, was ich in dem Stück verspottet habe, die Romantik, die Sentimentalität usw., und ließ den Spott weg. Da war der Erfolg noc h größer. Und worauf wäre es Ihnen angekommen? -Auf die Gesellschaftskritik. Ich hatte zu zeigen v ersucht, dass die Ideenwelt und das Gefühlsleben der Straßenbanditen ungemein viel Ähnlichkeit mit der Ideenwelt und dem Gefühlsleben des soliden Bürgers haben.“

Fotos: Seite 2: Axel Holst, Andreas Beck / Seite 4: Uta Holst-Ziegeler, Rahel Weiss, Sebastian Graf, Christoph Jöde, Andreas Beck, Bettina Lieder, Melanie Lüninghöner, Lisa Overmann, Uwe Rohbeck, Randolph Herbst, Luise Heyer / Seite 5: Andreas Beck, Melanie Lüninghöner, Uwe Rohbeck, Uta Holst-Ziegeler / Seite 6: Uta Holst-Ziegeler, Uwe Rohbeck, Bettina Lieder / Seite 7: Bettina Lieder, Axel Holst, Luise Heyer / Seite 8: Rahel Weiss, Christoph Jöde, Uta Holst-Ziegeler; Melanie Lüninghöner, Lisa Overmann / Seite 9: Uta Holst-Ziegeler, Uwe Rohbeck, Ensemble Quellen: Siegfried Unseld (Herausgeber): BRECHTS DREIGROSCHENBUCH, Frankfurt/Main 1960 W. Hecht, J. Knopf, W. Mittenzwei, K.-D. Müller (Hsg): BERTOLT BRECHT: WERKE. GROSSE KOMMENTIERTE

BERLINER UND FRANKFURTER AUSGABE, Berlin und Weimar / Frankfurt/Main, 1988

Theater Dortmund. Spielzeit 2010/2011. Geschäftsführende Direktorin: Bettina Pesch. Schauspieldirektor: Kay Voges. Redaktion: Anne-Kathrin Schulz. Probenfotos: Birgit Hupfeld.