Die Energiewende mit dem Handwerk meistern · Steuern und Abgaben (siehe ifo-Institut 2011) führen...

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c/o Handwerkskammer Dresden, Am Lagerplatz 8, 01099 Dresden "Die Energiewende mit dem Handwerk meistern" - Positionen für eine sichere und bezahlbare Energieversorgung - 31. Mai 2012 Handwerkskammer Chemnitz Limbacher Straße 195 09116 Chemnitz Handwerkskammer Dresden Am Lagerplatz 8 01099 Dresden Handwerkskammer zu Leipzig Dresdner Straße 11/13 04103 Leipzig Arbeitsgemeinschaft der sächsischen Handwerkskammern

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  • c/o Handwerkskammer Dresden, Am Lagerplatz 8, 01099 Dresden

    "Die Energiewende mit dem Handwerk meistern"

    - Positionen für eine sichere und bezahlbare

    Energieversorgung -

    31. Mai 2012

    Handwerkskammer Chemnitz

    Limbacher Straße 195 09116 Chemnitz

    Handwerkskammer Dresden

    Am Lagerplatz 8 01099 Dresden

    Handwerkskammer zu Leipzig

    Dresdner Straße 11/13 04103 Leipzig

    Arbeitsgemeinschaft der sächsischen Handwerkskammern

  • "Das sächsische Handwerk als Experte, Mittler und Akteur der Energiewende" Seite 2

    Das sächsische Handwerk umfasst über 59.000 Handwerksbetriebe mit mehr als 350.000 Beschäftigten und rund 20.000 Auszubildenden. Insofern leisten die sächsischen Handwerksbetriebe einen bedeutenden Beitrag zu Wertschöpfung, Beschäftigung, Aus- und Weiterbildung sowie Aufkommen an Steuern und Sozialversicherung für Sachsen. Handwerksbetriebe sorgen dafür, dass innovative Techniken zur rationellen Energieanwendung am Markt etabliert und eingesetzt werden. Dazu gehören die Entwicklung, Installation und Wartung von Energieanlagen, die Errichtung und Sanierung von Gebäuden, aber auch die effiziente und ressourcenschonende Mobilität. Durch seine Kundennähe ist das Handwerk ein praxiserfahrener und kompetenter Partner bei der Beratung, Entwicklung und Umsetzung von individuell angepassten energieeffizienten und energiesparenden Maßnahmen. Die im Jahr 2011 von der Politik beschlossene Energiewende mit den Zielen erhöhter Energieeffizienz und einer breiteren Nutzung Erneuerbarer Energien stellen Wirtschaft und Gesellschaft auch im Freistaat Sachsen vor eine enorme Herausforderung. Es gilt, ambitionierte Ziele zu erreichen und gleichzeitig Sorge zu tragen für versorgungssichere und bezahlbare Energie, insbesondere im Handwerk und im Mittelstand. Unabdingbar für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende in Deutschland ist, dass Wirtschaft und Verbraucher in die Verlässlichkeit politischer Entscheidungen vertrauen können. Die sächsischen Handwerkskammern illustrieren mit diesem Thesenpapier, wie das Handwerk durch seine Expertise zum Erfolg von Erneuerbaren Energien und verstärkter Energieeffizienz im Freistaat beitragen wird, und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen. Positionen: Aus Sicht des sächsischen Handwerks ist die konkrete Umsetzung der Energiewende noch immer

    offen – wir verlangen die Vorlage eines umfassenden und zwischen Bund / Ländern sowie ressortübergreifend abgestimmten Gesamtkonzeptes mit wesentlichen Meilensteinen, konkreten Maßnahmen und Realisierungszeiträumen. Das Konzept muss auf den Prinzipien Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit, Verlässlichkeit und Planbarkeit sowie Umweltverträglichkeit beruhen.

    Mit Blick auf die rasante Preisentwicklung der letzten Jahre sind die Kosten der Energiewende

    moderat zu halten und gerecht zu verteilen. Energie muss bezahlbar bleiben, denn eine kostengünstige Energieversorgung ist ein wesentlicher Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit des sächsischen Handwerks.

    Die Befreiung bzw. Entlastung von Großunternehmen von beispielsweise Netznutzungsentgelten

    bzw. EEG- Umlage lehnen wir strikt ab. Die bestehenden Befreiungstatbestände sind insgesamt neu zu justieren, damit eine gerechte Lastenverteilung über alle Unternehmen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit sicher gestellt wird. Das kann beispielsweise in Form gestaffelter Befreiungen über alle Unternehmensgrößen unter Berücksichtigung der Energieintensität erfolgen.

    Um unverhältnismäßig hohe Belastungen für kleine und energieintensive Unternehmen des

    produzierenden Handwerks zu vermeiden, müssen gesonderte Lösungen gefunden werden. Das können zum Beispiel Förderprogramme zur Initiierung und Unterstützung von Umsetzungslösungen sein. Die Unterstützung von Betrieben bei der Steigerung der betrieblichen Energieeffizienz ist auf eine breitere Basis zu stellen. Dazu sollte beispielsweise über die Einführung eines Investitionsabzugsbetrages nachgedacht werden.

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    Die mit dem erforderlichen Netzausbau verbundenen Netznutzungsentgelte sind regional ausgewogen zu gestalten. Die Kosten des Netzausbaus sind nachfrage- und abnehmergerecht umzulegen.

    Der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien muss so kosteneffizient wie möglich erfolgen. Die

    von Seiten der Politik zugesagte Höhe der EEG-Umlage von 3,5 Cent pro kWh muss eingehalten werden. Dazu sind mögliche Kosteneinsparpotenziale zu heben.

    Der Aufwand (und somit auch die Kosten) für den Netzausbau sind durch Dezentralisierung von Erzeugung und Speicherung sowie den stärkeren Ausbau des Eigenverbrauchs zu reduzieren. Eine stärkere Dezentralisierung ist auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und dem damit einhergehenden Bevölkerungsrückgang angezeigt. Hierfür ist neben der Weiterentwicklung der gebäudeintegrierten Speichertechnologie insbesondere die Entwicklung von smart homes voranzutreiben. Langfristiges Ziel muss die Entwicklung und Etablierung autarker Systeme sein. Die vom Handwerk geplanten und installierten Anlagen zur dezentralen „Gewinnung“ und Speicherung von Strom sowie Wärme / Kälte leisten hier einen wesentlichen Beitrag und bieten vielfältige Ansätze für anwendungsbezogene Forschungsverbünde und Kooperationen zwischen Wissenschaft und Handwerk.

    Hohe Priorität in Forschung, Entwicklung, Anwendung und Umsetzung muss eine stärkere

    Aktivierung der Einsparpotenziale im Wärmebereich besitzen. Die oft noch bestehenden Vorbehalte gegenüber hocheffizienten Gebäuden, z. B. Passivhäusern, müssen durch gezielte und für Baulaien nachvollziehbare Öffentlichkeitsarbeit abgebaut werden. Hier ist der Freistaat Sachsen bereits über die Sächsische Energieagentur Saena GmbH aktiv. Diese Aktivitäten sollten intensiviert und verbreitert werden.

    Die Potenziale regenerativer Energien im Wärmebereich müssen deutlich stärker erschlossen

    werden als bisher. Insbesondere die solare Wärmeerzeugung muss weiter ausgebaut werden. Das Marktanreizprogramm zur Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt ist hinsichtlich seiner Wirksamkeit zu prüfen und nachzujustieren. Zukünftig müssen auch wieder innovative Ansätze im Neubaubereich, wie z.B. Sonnenhäuser mit hohen solaren Deckungsraten, förderfähig sein.

    Zur Aktivierung der Potenziale im Mietwohnungsbereich muss das „Vermieter-Mieter-Dilemma“

    aufgelöst werden. Sowohl Mieter als auch Vermieter müssen von einer energetischen Gebäudesanierung profitieren. So sind die Regelungen zu Duldungspflichten, Einspruchs- und Kürzungsmöglichkeiten bei Sanierungsmaßnahmen weiter zu entwickeln, ebenso die Definition, welche Maßnahmen als Beitrag zur energetischen Sanierung gelten. Das Mietrecht ist entsprechend sozialverträglich mit dem Ziel einer warmmietenneutralen Sanierung anzupassen und durch das Mietrechtsänderungsgesetz zeitnah umzusetzen.

    Die Fördersystematik muss bei der Ausgestaltung von Förderprogrammen auf die

    unterschiedlichen Voraussetzungen, Eingangsstandards und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Zielgruppe abstellen. Dazu schlagen wir eine, ähnlich einem Baukastensystem aufgebaute modulartige Förderstruktur, die eine sukzessive Komplettierung bereits erreichter Standards ermöglicht, vor. In einem zukünftigen Instrumentenkasten müssen sowohl neue, ergänzende Einzelmaßnahmen als auch anspruchsvolle Komplettmaßnahmen abrufbar sein.

    Die Umsetzung der ambitionierten Energieeinsparziele lässt sich nur mit einem Dreiklang aus

    öffentlichen Krediten und Zuschüssen in Verbindung mit steuerlichen Anreizen realisieren. Ein

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    stop and go in der Förderpolitik muss unbedingt vermieden werden. Auf Übersichtlichkeit und geringen Aufwand für die Inanspruchnahme ist zu achten.

    Zur Erreichung der Sanierungsrate muss die Mittelausstattung auf 5 Mrd. Euro pro Jahr angepasst

    werden (Berechnungen der Deutschen Energie Agentur). Derzeit sind hierfür bis 2014 lediglich 1,5 Mrd. Euro pro Jahr vorgesehen. Zudem ist eine Harmonisierung mit dem Haushaltsrecht erforderlich.

    Das „Gesetz zur steuerlichen Förderung der energetischen Sanierung von Wohngebäuden“ ist

    schnellstmöglich auf den Weg zu bringen. Dazu ist die Blockade im Vermittlungsausschuss aufzulösen. Der Steuerbonus nach §35a EStG ist weiter zu entwickeln. Bund und Länder profitieren durch zusätzliche Einnahmen an Steuern und Sozialabgaben sowie daraus entstehende Beschäftigungsimpulse.

    Bei der Ausarbeitung bzw. Weiterentwicklung von Verordnungen müssen Handhabbarkeit,

    Praktikabilität und Transparenz oberste Prämissen darstellen. Im Zuge der Novellierung der Energieeinsparverordnung (EnEV) sind die Ergebnisse der Evaluation zu den Auswirkungen der geltenden EnEV 2009 ebenso einzubeziehen wie die Erfahrungen des mit der praktischen Umsetzung beauftragten Handwerks. Eine deutschlandweit einheitliche Anwendung und konsequente Durchsetzung der EnEV-Vorgaben durch die Bundesländer ist sicherzustellen, da dies bei Auftraggebern und Auftragnehmern für Rechtssicherheit sorgt.

    Die Erreichung der energiepolitischen Ziele zur Umsetzung der Energiewende bedarf einer

    verstärkten, zielgruppenorientierten Aufklärung und Sensibilisierung aller Verbraucher. Die vielfältigen Ansätze zur Energieeinsparung, Energieeffizienz und Nutzung Erneuerbarer Energien sowie zu den nutzbaren Fördermöglichkeiten müssen deutlich intensiver als bisher kommuniziert werden. Durch eine Regionalisierung dieser Angebote werden die Adressaten „vor Ort“ erreicht, wodurch eine stärkere Aktivierung der Einsparpotenziale möglich wird. Das Handwerk fungiert hier aufgrund der hohen Qualifikation und anerkannten Expertise als erster Ansprechpartner, Mittler und Übersetzer. So beteiligt sich das sächsische Handwerk an der bundesweiten Kampagne „Haus sanieren – profitieren!“. Ziel der Kampagne ist, durch Direktansprache von Ein- und Zweifamilienhausbesitzern Maßnahmen der energetischen Gebäudesanierung zu initiieren.

    Die geprüften Gebäudeenergieberater des Handwerks dürfen nicht länger von der BAFA-

    geförderten Energieberatung sowie der geplanten dena- Expertenliste ausgeschlossen werden. Als Vorbild für eine praktikable Regelung kann die Zulassung von Sachverständigen für Baudenkmale im Rahmen der KfW-Förderung Effizienzhaus-Denkmal dienen: Gebäudeenergieberater dürfen am beratenen Gebäude selbst keine Ausführungsleistungen erbringen.

    Das sächsische Handwerk versteht sich als ein wichtiger Experte und Erfahrungsvermittler für die

    sächsische Politik. Gleichwohl sind Vertreter der sächsischen Handwerkskammern in relevanten Gremien, z.B. Energiebeirat, Enquete- Kommission – im Gegensatz zu Industrie, Verwaltung sowie Forschung und Wissenschaft – nicht vertreten. Das sächsische Handwerk bietet der Landespolitik an, seine anerkannte Expertise in der Umsetzung der Energiewende auch hier einzubringen.

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    1. Kosten der Energiewende begrenzen und gerecht verteilen Die Energiepreise haben in den letzten zehn Jahren einen rasanten Anstieg genommen. In dieser

    Zeit ist allein der durchschnittliche Strompreis um über 55 Prozent gestiegen.

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    Heizöl leichtErdgasStrom

    Entwicklung Heizöl-, Erdgas- und Strompreise seit 2000, Quelle: Statistisches Bundesamt

    Insbesondere die stetige Erhöhung der fiskalisch bedingten Anteile am Energiepreis trägt

    maßgeblich dazu bei. So machen Steuern und Umlagen beim Strom aktuell bereits 41 Prozent des Preises aus.

    Netznutzungsentgelt 21%

    Messung, Abrechnung3%

    Staatliche Abgaben: Konzessionsabgabe, KWKG,

    EEG16%

    Beschaffung, Vertrieb, Marge35%

    Steuern: Mehrwertsteuer, Stromsteuer

    25%

    Kostenbestandteile des Strompreises, Quelle: Bundesnetzagentur

    Neben einer bereits vergleichsweise hohen Belastung unserer sächsischen Unternehmen mit

    Steuern und Abgaben (siehe ifo-Institut 2011) führen die steigenden Energiekosten zu einer klaren Benachteiligung im Standortwettbewerb. Die Kosten der Energiewende sind bis dato im Wesentlichen einseitig auf Handwerk, kleine und mittelständische Betriebe sowie Privathaushalte abgewälzt worden.

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    Energiekostenanteil am Bruttoproduktionswert (BPW) in % des Verarbeitenden Gewerbes, Quelle: Bundeswirtschaftsministerium

    Beispiel: Befreiung von Großunternehmen

    Unternehmen mit einem Jahresstromverbrauch von mehr als 10 GWh sind von den Netznutzungsentgelten befreit, seit 2003 werden Großbetriebe von der EEG-Umlage stark entlastet, ab dem Jahr 2012 bereits ab 1 GWh/a. Im günstigsten Fall zahlen sie statt der aktuell gültigen EEG-Umlage von 3,592 Cent/kWh lediglich 0,05 Cent/kWh. Industrielle Großabnehmer, die ihren Bedarf direkt im Stromhandel decken, profitieren sogar doppelt. Denn über den „Merit-Order-Effekt“1 profitieren sie von der preisdämpfenden Wirkung der Erneuerbaren Energien und zahlen bereits einen niedrigeren Strompreis.

    Beispiel: Netznutzungsentgelte Bereits heute liegen die Netzentgelte in Sachsen um etwa 35 Prozent über denen der alten Bundesländer (Werte für NBL/ABL, Sachsen). Der mit der steigenden Nutzung Erneuerbarer Energien zur Stromgewinnung erforderliche Netzausbau insbesondere in Nord- und Ostdeutschland würde unweigerlich zu einem deutlichen Anstieg der Netznutzungsentgelte beispielsweise in Sachsen führen. Der Großteil der Abnehmer ist hingegen in Süd- und Südwestdeutschland zu finden.

    1 „Merit-Order-Effekt“: Da Strom aus Erneuerbaren Energien laut EEG vorrangig in das Netz eingespeist und vermarktet wird, verdrängt er teureren Strom aus Spitzenlastkraftwerken und führt somit zu sinkenden Strompreisen. Laut BSW lagen die Einsparungen im Jahr 2011 zwischen 0,11 bis 0,175 ct/kWh. Demgegenüber stehen für industrielle Großabnehmer Belastungen durch das EEG von 0,05 ct/kWh.

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    Preisniveau Netzentgelte Strom, Quelle: GET AG

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    Jahr Entwicklung der EEG-Umlage, Quelle: Verivox

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    2. Zentrale und dezentrale Erzeugung und Speicherung als Zukunftsmix gestalten, Fokus auf Optimierung des Wärmebereiches legen

    Für die sächsische Wirtschaft ist die Gewährleistung der Versorgungssicherheit auf der Grundlage

    eines ausgewogenen Energiemixes von zentraler Bedeutung.

    Primärenergieverbrauch (PEV in %) in Deutschland und in Sachsen 2009 nach Energieträgern, Quelle: Endgültige Energiedaten Sachsen 2009, SMWA

    Die Braunkohle ist der heimischer Rohstoff in Sachsen, der auch in naher und mittlerer Zukunft

    eine wichtige Primärenergiequelle darstellen wird. Die Nutzung regenerativer Energien wie Windkraft, Solarstrahlung, Biomasse, Geothermie, Wasserkraft ist als breit angelegter und ausgewogener Mix der zentralen aber vor allem auch zunehmend dezentralen Erzeugung und Speicherung von Endenergie zu etablieren.

    Unter der Voraussetzung entsprechend verfügbarer Potenziale an erneuerbaren Energien und der

    Bedingung geeigneter Raum- und Nutzerstrukturen sind innerhalb bestimmter Systemgrenzen verstärkt innovative Konzepte der Energiebereitstellung mit dem Ziel einer weitgehenden Autarkie zu entwickeln und als nachahmenswerte Demonstrationsprojekte umzusetzen.

    Sowohl im Gebäudebereich als auch bei der Bereitstellung von Prozesswärme kann Solarthermie

    einen deutlich höheren Anteil des Wärmebedarfs in Deutschland bereit stellen als bisher. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums wurden 2011 lediglich 0,4 % des gesamten Wärmeverbrauchs über Solarthermie realisiert. Dementsprechend spielt Solarthermie im Wärmebereich noch nicht die Rolle, die sie spielen könnte – oder besser: die sie angesichts ihres Potenzials spielen müsste.

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    Struktur der Wärmebereitstellung aus erneuerbaren Energien in Deutschland im Jahr 2011, Quelle: Erneuerbare Energien 2011, BMU

    3. Stellschrauben für die Aktivierung der Einsparpotenziale im Gebäudebereich

    Mehr als 50 Prozent der aufgewendeten Endenergie entfallen auf den Wärmebereich, lediglich 20

    Prozent werden für den Strombereich eingesetzt.

    Strom21%

    Wärme51%

    Kraftstoffe28%

    Verteilung des Endenergieverbrauchs in Deutschland im Jahr 2010, Quelle: Bundesumweltministerium

    Mit einem Anteil von etwa 40 Prozent am Energieverbrauch bietet der Gebäudebereich

    anerkanntermaßen das größte Einsparpotenzial. Verschiedene Untersuchungen belegen, dass der Gebäudebestand in Ostdeutschland und Sachsen unter energetischen Gesichtspunkten einen höheren Sanierungsfortschritt aufweist als der Bundesdurchschnitt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass viele ostdeutsche Gebäude nach der Wende zumindest teilsaniert wurden, wozu in den meisten Fällen die Dämmung der Fassaden, der Einbau neuer Fenster und die Installation einer – zum damaligen Zeitpunkt – modernen Heizungsanlage zählten. Auf Grund der daraus entstandenen wirtschaftlichen Belastung der Eigentümer sowie der durchschnittlichen Nutzungsdauer der Bauten/Bauteile sind umfangreiche neue energetische Sanierungen oft weder möglich noch sinnvoll.

  • "Das sächsische Handwerk als Experte, Mittler und Akteur der Energiewende" Seite 10

    Durchschnittlicher Heizenergieverbrauch in den Bundesländern 2008 bis 2010, Quelle: co2online gemeinnützige GmbH

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    Brandenburg

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    Hamburg

    Hessen

    Mecklenburg-Vorpommern

    Niedersachsen

    Nordrhein-Westfalen

    Rheinland-Pfalz

    Saarland

    Sachsen

    Sachsen-Anhalt

    Schleswig-Holstein

    Thüringen

    Prozent

    Anteil zugesagte KfW-Mittel fürenergieeffizientes Bauen undSanieren im Jahr 2011

    Anteil an Gesamtbevölkerung

    Gegenüberstellung zugesagte KfW-Mittel für energieeffizientes Bauen und Sanieren und Anteil der Bundesländer an Gesamteinwohnerzahl Deutschlands, Quelle: KfW, Statistisches Bundesamt

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    4. Verlässliche und planbare Förderung der energetischen Gebäudesanierung Die beim CO2–Gebäudesanierungsprogramm in den zurückliegenden Jahren viel zu häufig

    praktizierte Änderung der Mittelausstattung hat zur massiven Verunsicherung von Hauseigentümern geführt.

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    Bundesmittel für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm in den Jahren 2006 bis 2012 (in Milliarden Euro), Quelle: Statista

    Zudem ist die Finanzierung des Programms über den „Energie- und Klimafonds“ für eine

    verlässliche Bereitstellung von Mitteln ungeeignet, da dieser durch variierende Einnahmen aus der Brennelementesteuer sowie den Erlösen des Emissionshandels gespeist wird.

    Insgesamt ist die Mittelausstattung des CO2– Gebäudesanierungsprogramms als unzureichend zu

    bewerten. Im Jahr 2009 standen dem Programm Mittel in Höhe von etwa 2,2 Mrd. Euro zur Verfügung, womit eine Sanierungsrate von 0,9 Prozent induziert wurde. Mit Blick auf die beträchtliche Hebelwirkung ist eine Mittelaufstockung auch volkswirtschaftlich sinnvoll.

    Beispiel:

    2010 stellte der Bund der KfW über das Bundesbauministerium 1,4 Milliarden Euro Haushaltsmittel für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm zur Verfügung. Durch die KfW-Förderkredite in Höhe von 8,9 Milliarden Euro wurden Investitionen von 21,5 Milliarden Euro ausgelöst. In der Folge wurden rund 340.000 Arbeitsplätze für ein Jahr geschaffen oder gesichert. Auf der Einnahmenseite ergeben sich nach den Berechnungen des Forschungszentrums Jülich zusätzliche Abgaben und Steuern der Unternehmen sowie der Arbeitnehmer in Höhe von 5,4 Milliarden Euro. Insgesamt profitiert der Staat von Mehreinnahmen und geringeren Ausgaben in Höhe von bis zu 7,2 Milliarden Euro. Für das Jahr 2010 ergab sich damit folgende Hebelwirkung der 1,4 Milliarden Euro Haushaltsmittel: Jeder eingesetzte „Förder-Euro” spült den öffentlichen Haushalten einen Ertrag von bis zu fünf Euro in die Kassen (Gutachten Jülich).

    Neben einer ausreichenden Mittelausstattung ist für Eigentümer, Planer und Handwerker

    langfristige Klarheit und Sicherheit über die Verfügbarkeit von Fördermitteln entscheidend. Da insbesondere bei großen Sanierungsvorhaben der Entwicklungsvorlauf mehrere Jahre betragen kann, momentan die Mittel für das CO2–Gebäudesanierungsprogramm aber nur bis 2014 in Höhe

  • "Das sächsische Handwerk als Experte, Mittler und Akteur der Energiewende" Seite 12

    von 1,5 Mrd. Euro jährlich zugesagt sind, muss dringend Klarheit über dessen Fortführung geschaffen werden.

    Bestehende Wahlmöglichkeiten zwischen Fördermitteln und steuerlichen Anreizen bieten für

    unterschiedliche Investorengruppen individuelle Möglichkeiten zur Erschließung des Einsparpotenzials im Gebäudebestand. Vor diesem Hintergrund ist das Stocken bzw. die Blockadehaltung im Vermittlungsausschuss beim „Gesetz zur steuerlichen Förderung der energetischen Sanierung von Wohngebäuden“ vollkommen unverständlich (1,5 Mrd. Euro). Schließlich profitiert der Staat durch zusätzliche Einnahmen an Steuern und Sozialabgaben und verringerte Kosten der Arbeitslosigkeit.

    5. Praxisnahe Lösungen für die Steigerung der betrieblichen Energieeffizienz von

    Handwerksunternehmen fördern In vielen Handwerksbetrieben sind Einsparpotenziale bis zu 30 Prozent realisierbar. Um diese zu

    erschließen, bieten sich vielfältige Maßnahmen an, angefangen bei der Optimierung der Produktionsabläufe, über die Abwärmenutzung bis hin zur Investition in neue und effiziente Anlagentechnik. Prämisse hierbei ist jedoch immer: Die grundsätzliche Amortisation der Investition in die Effizienzmaßnahmen.

    6. Gesetze, Verordnungen – einfach, kurz, verständlich

    Bei der Ausarbeitung neuer bzw. der Novellierung bestehender gesetzlicher Anforderungen muss mit Augenmaß vorgegangen werden, um eine weitere Überforderung der Adressaten zu vermeiden.

    Beispiel: Nachweis der Energiebilanz von Gebäuden

    Momentan muss der Nachweisführende neben den 76 Seiten der EnEV und den 8 Seiten des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes ein etwa 1.000 Seiten umfassendes Normenwerk für die Bewertungsmethode beherrschen. Diese hohe Komplexität, verbunden mit einem entsprechenden Umsetzungsaufwand, führt insbesondere im Bereich des Wohnungsbaus zum Akzeptanzverlust in der Baupraxis. Eine Möglichkeit, dieses Dilemma aufzulösen, könnte der durch das Fraunhofer-Institut für Bauphysik entwickelte Ansatz einer „EnEV easy“ sein. Hier werden die vorhandenen komplexen Nachweisverfahren um ein erheblich vereinfachtes Verfahren ergänzt.

    Im Zuge der anstehenden Novellierung der Energieeinsparverordnung (EnEV) 2009 erachten wir eine moderate Verschärfung des Anforderungsniveaus für den Neubaubereich durchaus als akzeptabel. Für den Gebäudebestand müssen die Anpassungen allerdings auf jeden Fall differenziert erfolgen. Hier sind allenfalls kleinere Nachjustierungen denkbar, da bereits die aktuelle EnEV hohe Anforderungen stellt, die Gebäudeeigentümer teilweise von Sanierungsmaßnahmen abschreckt.

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    7. Information, Qualifikation, Anerkennung – das sächsische Handwerk als erster Ansprechpartner

    Das Handwerk ist gefordert, sein hohes fachliches Können permanent an die neuesten

    technischen Entwicklungen anzupassen. Dies bezieht sich nicht nur auf das Beherrschen der jeweiligen Techniken und praktischen Verfahren im eigenen Gewerk, sondern auch auf ein gewerke übergreifendes Denken, um die immer komplexer werdenden Lösungen im Gebäudebereich in höchster Qualität umzusetzen.

    Die sächsischen Handwerkskammern unterstützen ihre Mitgliedsbetriebe hierbei, indem sie seit

    Jahren ein breites Spektrum an Weiterbildungen anbieten, so z. B. Kurse zur Fachkraft für Solartechnik, Fachkraft für stromerzeugende Heizungstechnik oder Fachkraft für Wärmedämmtechnik.

    Der Lehrgang zum Gebäudeenergieberater im Handwerk, den in den zurückliegenden Jahren

    sachsenweit mehr als 1.200 Teilnehmer besuchten, vermittelt die komplexen Zusammenhänge zwischen Gebäudehülle und Anlagentechnik. Er befähigt die Teilnehmer, eine für jedes Gebäude individuelle und unter ökonomischen sowie ökologischen Gesichtspunkten optimale Lösung zu entwickeln. Die Gebäudeenergieberater sind somit wichtige Akteure bei der Umsetzung der ehrgeizigen Modernisierungsziele im Gebäudebereich.

    Alle Angebote und Maßnahmen unter: www.hwk-dresden.de, www.hwk-chemnitz.de und

    www.hwk-leipzig.de. ./.