Die Entstehung der Elemente 1661 Robert Boyle: Elemente sind Grundstoffe, die sich nicht weiter...

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Die Entstehung der Elemente Rolf Schlichenmaier, 31. Januar 2013, 12. OTTM in Staufen In der Antike besteht alles ‘Sein’ aus: Heute: Materie (lat: Stoff) sind Beobachtungsgegenstände die Masse besitzen. Raumbereiche, die keine Materie enthalten bezeichnet man als ‘Vakuum’. Frage: Woraus besteht ‘Materie’? Wo kommt sie her?

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Die Entstehung der Elemente

Rolf Schlichenmaier, 31. Januar 2013, 12. OTTM in Staufen

In der Antike besteht alles ‘Sein’ aus:

Heute:

Materie (lat: Stoff) sind Beobachtungsgegenstände die Masse besitzen.

Raumbereiche, die keine Materie enthalten bezeichnet man als ‘Vakuum’.

Frage: Woraus besteht ‘Materie’? Wo kommt sie her?

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Neuzeit: Die Elemente

Vorname Nachname

www.GSI.de

1661 Robert Boyle: Elemente sind Grundstoffe, die sich nicht weiter zerlegen lassen.

1869 Dimitri Mendelejew und Lothar Meyer: Das Periodensystem der chemischen Elemente Vorhersage der Existenz von Germanium!

Heute: 111 Elemente mit 227 stabilen Isotopen. 92U: das schwerste natürliche Element.

Gibt es die Elemente nur auf der Erde oder überall?

Sind die relativen Häufigkeiten immer gleich?

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Die Periodentafel der Elemente

Vorname Nachname

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Chemische Fingerabdrücke Wasserstoff

Natrium

Sauerstoff

Helium

Argon

Neon

Lithium

Abbildung: Anna Frebel

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Ca C Hβ Hα Mg Na , Hγ

Abbildung: Anna Frebel

Ein Blick in das Spektrum.....

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Relative Häufigkeiten

Vorname Nachname

Sonne: 70.7% H, 27.4% He, 1.9% ‘Metalle’ X=0.707, Y=0.274, Z=0.019

Sterne: Z Anteil klein, aber sehr unterschiedlich!

Erde: relative Häufigkeit der Metalle wie in der Sonne!

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Wo kommen die Elemente her?

Antwort der modernen Physik:

Nukleosynthese im Urknall und in Sternen (Supernoven)

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Nukleosynthese: Im Urknall und in Sternen (Supernoven)

Vorname Nachname

α-reicher Freeze-Out, νp-Proz., schwacher s-Proz.??

s-Prozess

Leichter n-Einfang-Primärprozess

Urknall-Nukleosynthese

x-Prozess: ?Spallation?

weit entwickelte Riesensterne

α-Elemente

Eisengruppenelement

r-Prozess

Abb: Anna Frebel

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Moderne Kosmologie

Heute

Kosmische Zeitskala

“Big Bang” Urknall

Larson & Bromm 2001

zweite und alle weiteren Sterngenerationen (<1 M)

Erste Sterne (100 M)

Erste Galaxien Heutige Galaxien

0 Jahre 13.7 Milliarden Jahre

...nicht massstabsgetreu!

Abbildung: Anna Frebel

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Moderne Kosmologie

Allgemeine Relativitätstheorie: Gravitation ist maßgebliche Kraft Neuerdings zusätzlich: Dunkle Energie

Universum ist isotrop und homogen (auf Skalen > 200 Mpc)

Einstein/de Sitter Universum:

Expansion! Expansionsrate!

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Expansionsphasen I t = 0 s .... ~ 10-43 s:

? Singularität ? Inflation ?

t ~ 10-43 s .... 10-5 s: T ~ 1032 ....1013 K Ursuppe: Quark-Gluon Plasma, Neutrinos, Elektronen, Photonen

t = 10-5 s, T~1013 K: E = 1 GeV ~ Ruhemasse eines Protons Entstehung der Nukleonen (n,p) aus Quarks Baryogenese

t ~ 0.01 s, T ~ 1011K E ~ 10 MeV N(n) : N(p) ~ 1 : 1 Strahlung dominiert Kopplung durch schwache WW: γ, ν(e,µ,τ), e± thermisches Glgw.

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Exansionsphasen II: Beginn der BBN

T ~ 1010 K ~ 10 MeV; t ~ 1s:

Neutronen und Protonen koppeln über schwache WW:

  schwache WW ‘friert aus’. Neutrinos enkoppeln, e+/e- Vernichtung (keine Paarerzeugung mehr bei T < 0,5×1010 K)

n : p = 1 : 74 bei 1010 K im GGW, aber Expansion (Abkühlung). Temperaturabfall durch Expansion: n : p = 1 : 6. Neutronenzerfall: n : p = 1 : 7.

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Expansionsphasen III: BBN

Vorname Nachname

t = 1s .... 180 s:

T ~ 109 K ~ 0,3 ... 0,1 MeV Reaktionsraten so, dass

alle Neutronen in 4He enden.

Abschätzung: n : p = 1 : 7 2n + 14p => He + 12 H N(H) : N(He) = 12 : 1

Massenanteil: M(H) : M(He) = 12 : 4, => 75% H und 25% He. Quelle: Achim Weiss

Einstein Online 2006 www.einstein-online.info

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Vergleich mit der Beobachtung

Vorname Nachname

Quelle: Achim Weiss Einstein Online 2006 www.einstein-online.info

η = Anzahl ( Protonen + Neutronen) geteilt durch Anzahl der Photonen

WM

AP

Ergebnis hängt von η ab, welches unabhängig von WMAP bestimmt wurde.

Sehr gute Übereinstimmung, außer bei Li!

BBN gilt als wesentliche Stütze der Theorie des heißen Urknalls!

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Entwicklungswege von leichten und schweren Sternen

Copyright: Addison Wesley Longman, Inc.

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Wasserstoffbrennen auf der Hauptreihe

MPI für Kernphysik Heidelberg

http://outreach.atnf.csiro.au/

de.wikipedia.org

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Nukleosynthese von ‚Metallen‘ in Sternen

Vorname Nachname €

4He + 4He → 8Be( ) + 4He → 12C + γ12C + 4He → 16O + γ16O+ 4He → 20Ne + γ20Ne+ 4He → 24Mg + γ

Helium-Brennen: Bei Temperaturen oberhalb von 108 K kann sich Helium in Kohlenstoff durch die "3α-Reaktion" umwandeln

Kohlenstoff-Brennen, nach Verbrauch allen Heliums, bei T = (5 ... 8) 108 [K]

Sauerstoff-Brennen, bei etwas höheren Temperaturen

Silizium-Brennen produziert im Endeffekt Nickel und Eisen

Neutrinoerzeugung: Abgeführte Energie ist vergleichbar mit der durch thermonukleare Reaktionen erzeugten Energie.

Photodissoziation: Bei sehr hohen Temperaturen um 109 [K] kann die Energie der Photonen Kerne spalten.

Durch Neutroneneinfang können Kerne von höherer Masse als Eisen entstehen (s & r - Prozess)

Supernovae Roten Riesen

Der x-Prozess: Erzeugung von Li, Be, B unklar! (Urknall und Spallation reichen nicht aus)

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Bindungsernegie pro Nukeus

s-Prozess r-Prozess

Ruhemasse eines Nukleons ~ 1000 MeV

s-Prozess: A

ZK+n → A+1ZK → A+1

Z+1K + e- +νe

r-Prozess: A

ZK → A+1ZK → A+2

ZK

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Elementsynthese jenseits von Eisen

Vorname Nachname 208 82 Pb

s-Prozess: AZK+n → A+1ZK → A+1

Z+1K + e-- +νe

r-Prozess: AZK → A+1ZK → A+2

ZK Quelle: GSI (www.gsi.de)

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Supernova

Vorname Nachname

In den Stoßfronten des kollabierenden Sternes entstehen via r - Prozess die schweren Elemente bis Uran.

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Beschleunigung der Supernova-Hüllen Hülle wird mit 10000 km/s ~ 0.03 c ins All geschleudert.

Kollaps: M > MChandra, Elektronen werden von Kernen eingefangen; Druck fällt ab; Temperatur steigt (Druck nicht); 56Fe 13 4He + 4 n – 100 MeV (Energie wird absorbiert); (Hoyle 1946); Weiterer Kollaps und Dichtezunahme; p+e n+v; Weitere Teilchenabnahme, Kollaps, Dichtezunahme; Neutronengas entartet Gegendruck Kollaps endet Neutronenstern!

1.5 Msonne von 0.01 Rsonne 20 km: Egrav ~ 3x1046 J.

Alle Protonen wandeln sich über die schwache WW in Neutronen um: 1057 Neutrinos 10 46 J

Rückprall der äußeren Schichten am versteiften Kern. Zusätzliche Beschleunigung durch Absorption der Neutrinos!

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Ca C Hβ Hα Mg Na , Hγ

Abbildung: Anna Frebel

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Ca C Hβ Hα Mg Na , Hγ

Abbildung: Anna Frebel

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Ein Blick in das Spektrum.....

Vorname Nachname

in d

ie V

erga

ngen

heit

Ent

wic

klun

g de

r Milc

hstra

ße

Häufigkeiten abgeleitet aus den integrierten Linienstärken

Sun

most iron-poor star

Abbildung: Anna Frebel

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Nukleochronometrische Altersbestimmung Stellare Alter können aus dem Verhältnis von radioaktiven (Thorium, Uran) zu stabilen Elementhäufigkeiten (z.B. Europium, Osmium, Iridium) bestimmt werden.

Halbwertszeiten: Thorium, (232)Th (208)Pb: 14 Milliarden Jahre Uran, (238)U (206)Pb: 4.7 Milliarden Jahre

Abbildung: Anna Frebel

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Chemische Entwicklung Ze

ntru

m fü

r Ast

rono

mie

und

Ast

roph

ysik

, TU

Ber

lin

⇒  Alte Sterne beinhalten nur ganz geringe Mengen der Metalle (z.B. Kohlenstoff, Eisen)

Weisse Zwerg, Neutronen- sterne & Schwarze Löcher

Super- novae

Planetarischer Nebel

Gas und Staub ⇒  Interstellare

Materie

Protosterne

Rote Riesen ⇒  Jüngere Sterne enthalten

größere Mengen der Metalle

Wir sind alle Sternenstaub!

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Zusammenfassung

Vorname Nachname

Urknall: “Die ersten 3 Minuten”

Nukleonen aus Quarks (10-5...0.01 s): p : n = 1 : 1 Schwache WW & Neutronenzerfall (1s): p : n = 7 : 1 Nukleosynthese (1s – 3 Minuten) 75% H, 25% 4He (+ 2D, 3He 7Li, )

Nukleosynthese im Stern: Wasserstoffbrennen auf der Hauptreihe Schwere Sterne: Heliumb., Kohlenstoffb., Siliziumb.; p, s, & r-Prozesse: Elemente schwerer als Eisen. x-Prozesse: einige Elemente sind unverstanden (Li, Be, B).

Supernova: Wichtig für r-Prozess (Neutronen in Stoßfronten). Material wird wieder dem ISM zugeführt. Neutrinos spielen wichtige Rolle bei Bechleunigung der Hülle.

Literatur: Anna Frebel: “Auf der Suche nach den ältesten Sternen” Achim Weiss: “Nukleosynthese”, Vorlesungsskript 2012 Steven Weinberg: Die ersten 3 Minuten.