Die Entwicklung des Wortes chiang Roman der Umgangs Shui...

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Die Entwicklung des Wortes "chiang" im Roman der Umgangs- sprache, besonders im Shui-hu chuan -Ein Beitrag zur U ntersuchung des Spr achwandels im Chinesischen- von Chiao Wei (Bonn) Über die Entstehungsgeschichte des dreibändigen Romans Shui-hu chuan, über die Problematik seiner Urheberschaft sowie über dessen Inhalt und den Hintergrund de Geschehens sind schon zahlreiche Arbeiten verfaßt worden. Um nur die wichtigsten zu nennen: R. G. Irwin, Hu Shih, Sun K'ai-ti[ 1 ] Ch'en Chung-fan[ 2 ], Chang Mo-sheng[J], Hu Nien-yi[ 4 ] u. a. 1 Vor allem in jüngster Zeit -etwa ab 1975 bis heute-schließen sich Veröffentlichungen an, die den Roman auch ideologisch interpretieren 2 . Aus diesem Grund beschränkt sich dieser Beitrag auf ein bisher noch wenig untersuchtes Problem, nämlich die Sprache des Romans. Sie ist deshalb interessant, weil das Werk zur Gänze in der damaligen Umgangssprache verfaßt ist, wie Hightower meint: "The Shui hu chu- an, written in a purely colloquiallanguage, ... " 3 . Es handelt sich dabei um die gespro- chene Sprache der Ming-Zeit. Die Fülle des sprachlichen Materials legt es nahe, die Untersuchung auf ein kleineres Gebiet zu konzentrieren, um an einem Beispiel das methodische Vorgehen zu demon- strieren. Diese Arbeit stellt somit nur ein Mosaiksteinehen aus dem Gesamtbild der damaligen Sprache dar. In diesem Beitrag soll das Wort "chiang" analysiert werden, und zwar sowohl hinsichtlich seiner Funktion zu dieser Zeit als auch hinsichtlich seiner historischen Entwicklung. Um die historische Entwicklung erfassen zu können, haben wir die dem Roman Shui-hu vorausgehende Literatur, wie Pien-wen 4 und das Yüan- Drama in Betracht gezogen, ferner haben wir Ju-lin wai-shih, Lao-ts'an yu-chi[ 6 ] und andere als Untersuchungsmaterial genommen, um die auf Shui-hu folgende Entwick- lung zu ermitteln. 1 Siehe Richard Gregg IRWIN, The Evolution ofa Chinese Novel Shui-hu chuan, Harvard Univ. 1953; HuShih wen-ts'un, S. 500-574, Taipei, o. J. Neudruck; SUN K'ai-ti, " Shui-hu chuan chiu.-pen k' ao', im Ts'ang-lang chi[S) S. 121- 143, Peking 1965, Neudruck· CH 'E ,Shih-lun shui-hu chuan te chu-che chi ch'i ch'uang-tso sbih-tai" imShui-hu yen-chiu lun-we.n cht,. S. 111- 126, Peking 1957; CHANG Mo-sheng, "t'an-t'an shui-hu", ebd., S. 43- 54; Hu N1en-y1 ,Shui-hu te ch'eng-shu chi ch'i he-hui pei-ching" im Li-shih yen-chiu, Nr. 6, 1976 S. 27- 39, . . , . 2 Außer der Massenkritikkampagne in Ren-min ri-bao, wo eine Zeitlang fast AI- tikel erschienen, gibt es auch zahlreiche Aufsätze, die in verschiedenen Fachzeitschriften, z. B. ta-hsüeh hsüeh-pao, Nan-k' ai ta-hsüeh hsüeh-pao, Hsüeh-hsi yü p' i-P.' an USyv' . smd. Ferner gibt es noch einen Sammelband von verschiedenen dte bere1ts J?1 p'i-p'an veröffentlicht sind, die sich speziell mit der Shui-hu- Kritik befassen. Er 1st bet:Jtelt Shui-hu p'ing-lun chi, Shanghai, 1976. . 3 James Robert HIGHTOWER Topics in Chinese Literature, S. 104, Cambndge-Massachusetts, 1953. 4 Es is t allgemein bekannt, daß die in den Tun-huang-Manuskripten enthaltenen Pien-wen den Zeltraum von 406 bis 995 umfassen. DiePien-wen, die wir heute als Grundlage benutzen, umfas- sen den Zeitraum von 713 bis 921. Siehe CHENG Chen-tuo, Chung-kuo su wen-hsüeh shih, Kap. 6, S. 268 f Peking, 1959. c 1 J I* (S )ht?a!l ( 2 ) r:p Jt ( 3 ) l/t4: ( 6) 187

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Die Entwicklung des Wortes "chiang" im Roman der Umgangs­sprache, besonders im Shui-hu chuan

- Ein Beitrag zur Untersuchung des Sprachwandels im Chinesischen-

von Chiao Wei (Bonn)

Über die Entstehungsgeschichte des dreibändigen Romans Shui-hu chuan, über die Problematik seiner Urheberschaft sowie über dessen Inhalt und den Hintergrund de Geschehens sind schon zahlreiche Arbeiten verfaßt worden. Um nur die wichtigsten zu nennen: R. G. Irwin, Hu Shih, Sun K'ai-ti[1] Ch'en Chung-fan[2], Chang Mo-sheng[J], Hu Nien-yi[4 ] u. a. 1 • Vor allem in jüngster Zeit -etwa ab 1975 bis heute-schließen sich Veröffentlichungen an, die den Roman auch ideologisch interpretieren2 . Aus diesem Grund beschränkt sich dieser Beitrag auf ein bisher noch wenig untersuchtes Problem, nämlich die Sprache des Romans. Sie ist deshalb interessant, weil das Werk zur Gänze in der damaligen Umgangssprache verfaßt ist, wie Hightower meint: "The Shui hu chu­an, written in a purely colloquiallanguage, ... " 3 . Es handelt sich dabei um die gespro­chene Sprache der Ming-Zeit.

Die Fülle des sprachlichen Materials legt es nahe, die Untersuchung auf ein kleineres Gebiet zu konzentrieren, um an einem Beispiel das methodische Vorgehen zu demon­strieren. Diese Arbeit stellt somit nur ein Mosaiksteinehen aus dem Gesamtbild der damaligen Sprache dar. In diesem Beitrag soll das Wort "chiang" analysiert werden, und zwar sowohl hinsichtlich seiner Funktion zu dieser Zeit als auch hinsichtlich seiner historischen Entwicklung. Um die historische Entwicklung erfassen zu können, haben wir die dem Roman Shui-hu vorausgehende Literatur, wie Pien-wen4 und das Yüan­Drama in Betracht gezogen, ferner haben wir Ju-lin wai-shih, Lao-ts'an yu-chi[6

] und andere als Untersuchungsmaterial genommen, um die auf Shui-hu folgende Entwick­lung zu ermitteln.

1 Siehe Richard Gregg IRWIN, The Evolution ofa Chinese Novel Shui-hu chuan, Harvard Univ. Pr~ss 1953; HuShih wen-ts'un, S. 500-574, Taipei, o. J. Neudruck; SUN K'ai-ti , "Shui-hu chuan chiu.-pen k'ao', im Ts'ang-lang chi[S) S. 121- 143, Peking 1965, Neudruck· CH'E Chung-f~ ,Shih-lun shui-hu chuan te chu-che chi ch'i ch'uang-tso sbih-tai" imShui-hu yen-chiu lun-we.n cht,.

S. 111- 126, Peking 1957; CHANG Mo-sheng, " t'an-t'an shui-hu", ebd., S. 43- 54; Hu N1en-y1 ,Shui-hu te ch'eng-shu chi ch'i he-hui pei-ching" im Li-shih yen-chiu, Nr. 6, 1976 S. 27- 39, h~~ . . ,

. 2 Außer der Massenkritikkampagne in Ren-min ri-bao, wo eine Zeitlang fast ~glich ~olche AI­

tikel erschienen, gibt es auch zahlreiche Aufsätze, die in verschiedenen Fachzeitschriften, z. B. ~ei-ch~ng ta-hsüeh hsüeh-pao, Nan-k' ai ta-hsüeh hsüeh-pao, Hsüeh-hsi yü p'i-P.' an USyv'. verö~e~t­üc~! smd. Ferner gibt es noch einen Sammelband von verschiedenen Arbe~t~n, dte bere1ts J?1 Hs~eh-hsi yü p 'i-p' an veröffentlicht sind, die sich speziell mit der Shui-hu- Kritik befassen. Er 1st bet:Jtelt Shui-hu p'ing-lun chi, Shanghai, 1976. .

3 James Robert HIGHTOWER Topics in Chinese Literature, S. 104, Cambndge-Massachusetts, 1953.

4• Es ist allgemein bekannt, daß die in den Tun-huang-Manuskripten enthaltenen Pien-wen den

Zeltraum von 406 bis 995 umfassen. DiePien-wen, die wir heute als Grundlage benutzen, umfas­sen den Zeitraum von 713 bis 921. Siehe CHENG Chen-tuo, Chung-kuo su wen-hsüeh shih, Kap. 6, S. 268 f Peking, 1959.

c 1 J I* m~ ( S)ht?a!l

( 2 ) ~ r:p Jt ( 3 ) ~ l/t4:

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Vorbemerkungen Da Shui-hu exi tiert in verschiedenen Ausgaben5 , uns zugänglich sind jedoch nur

die Au gaben in 70, 100 und 120 Kapiteln. Die Au gabein 70 Kapiteln ist von Chin Sheng-t'an (?1610-1661) auf der Ba is einer Au gabein 120 Kapiteln gekürzt und neu kompiliert worden6 . Die Ausgabe in 100 Kapiteln, die heute noch existiert, sind die von T'ien-tu wai-ch'enF] im Jahr 1589 und von Jung-yü t'ang(8] im Jahr 1610 besorgten Ausgaben7• E gibt zwar noch ältere Ausgaben al die oben genannten und ogar die von Kuo Hsün, jedoch ind solche Ausgaben zum großen Teil verlorengegangen8 . Die Au gabein 120 Kapiteln ist von Yang Ting-chien[ 11] zwi eben 1622 und 1644 heraus­gegeben worden9. Da die 100-Kapitel-Ausgabe wahrscheinlich die älteste ist, werden wir sie als Grundlage für die Untersuchung benutzen10.

Es sollen jetzt die wichtigsten Funktionen und der Gebrauch des Wortes "chiang" im RomanShui-hu zusammengefaßt werden, nämlich: als Vollverb (nehmen, bringen), als Präpo ition, als In trurnental und al Suffix. Die übrigen Funktionen sind für unsere Untersuchung nicht weiter relevant daher haben wir sie nicht berücksichtigt. 1. " chiang" in der Funktion als Vollverb

Hier oll besander die Bedeutung im Sinn von "na , nehmen', "bringen" darge­teilt werden:

ju-ho pu chien chiang-lai?

~ofPJ -~J!~* wie o brachte man (die Dinge) noch nicht hierher? ch'ieh pa h in-Jung chiang-ju-ch ü, ...

Man oll zuerst den Geschenkkorb hereinbringen. pu yao ni t' ieh-ch'ien, chih chiang chiu Iai hai!

Du brauch t nicht zu bezahlen, bring nur Wein her und gieß ein!

(68, S. 946)

(39 s 540)

Sung Chiang chiang-eh u hsieh yin-liang lai. (23, S. 294)

*ii~ili~~~* Sung Chiang brachte einige Silberstücke heraus.

5 Siehe Lu H ün, Chung-kuo hsiao-shuo shih-lüeh S. 290 f, in Lu-hsün eh üan-chi, Bd. 9 Pe­king 1973.

6 iehe R. G. l.RwiN, S. 207. 7 Siebe LI Tzu , Shui-bu te pan-pen ho shui-hu te cheng-chih ch'ing-hsiang" in Wen-wu,

Nr. 11 1975, hi_erzu ~- G. IRWJN S. 207 ; e gab zwar noch die Ausgabe von Kuo Hsün[9] die im Jahr 1550 erschienen L t aber heute sind nur noch ein paar Kapitel vorhanden. Siehe SHIH Nai-an, Luo uan-chung, Shui-hu chUlln, S. 11, Peking 1975.

8 achdem kürzlich entdeckten ,Ching-pen chung-yi chuanpo]" ist die Ausgabe von Kuo H ün päter al die e und die Sprache im" Ching-pen chung-yi chuan" kla ischervomStil her ge­sehen aJ die Kuo-Ausgabe. Siehe den Aufsatz ,.Kuan-yü h in (a-hsien te ching-pen chung-yi chuan t. 'an- eh' im hui-hu p 'ing-lun chi, S. 105 f, Shanghai 1976.

9 Siehe R. G. lRwiN, S. 207; Lu Hsün, Bd. 9, S. 287. 10 Hier wird die 1975 in Peking von Jen-mio wen-hsüeh ch'u-pan he herausgegebene Neu­

druck-Au gabe benutzt.

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In den er ten zwei Beispielen bildet "chiang" mit dem Komplement der Richtung eine enge Einheit, daher fällt da Objekt entweder weg oder wird mit der "pa"-Kon­struktion vorangestellt. Hingegen ist in den letzten zwei Beispielen das Objekt zwischen

chiang" und dem Komplement der Richtung eingefügt. Dies ent pricht auch der heu­tigen sprachlichen Struktur.

Der Grund, warum zu jener Zeit das Wort " chiang 'für "bringen" und " nehmen' be­nutzt wurde, liegt wahr cheinlich darin, daß das Wort " na" , welches heute für " brin­gen" oder ,nehmen' benutzt wird11, zu damaliger Zeit überwiegend eine ganz andere Bedeutung nämlich die von "fassen' oder , ergreifen", hatte z. B. :

tang-shih chung tso-kung-t~ na-chu T'ang-niu-erh, . . . (22, S. 282)

Zu jener Zeit verhafteten viele Amtsdiener den T'ang-niu-erh, .. . k'o-yi eh ü na Sung Chiang Iai tui-wen, . . . (22, S. 283)

man kann Sung Chiang fassen und zur Gegenüberstellung hierherbringen. Aus dem obengenannten Grund kann es dazu gekommen ein, daß man damals

,chiang" in der Bedeutung von "bringen' oder ,nehmen" benutzt hat.

2. "chiang" als Präposition Obwohl im Roman die, pa" -Konstruktion12 schon im Gebrauch ist kommt daneben

immer noch die "chiang' '-Konstruktion vor. ,chiang 'hat dann genau die gleiche Funk­tion wie , pa ' , z. B.:

pa chan-li-tzu tai-shang, chiang hu-lu-li leng-chiu tou ch'ih-chin le. (10, S. 139)

(er) setzte seinen Filzhut auf und trank den kalten Wein im Kürbis völlig aus. ch'ü-nien chiang wo nü-hsü sung-lai te li-wu ta-chieh liao ch'ü. (17, S. 220)

Im letzten Jahr wurden die Geschenke die mir von meinem Schwiegersohn ge­

bracht wurden, geraubt, ....

11 Da Wort "na" in der Bedeutung vo11 " bringen" oder " nehmen" ist erstmal im ~ört~rbuch C,h~ng-t<:u r'ung[t 2] im Jahre 1670 von CHANG Tzu-lieh(13] belegt; da Cheng-t'}J r'ung_ IS~ etne re­VJdterte A~sgabe des Tzu-hui von MEr Ying-tso(14] , welches zu ~nd~ de! Mmg-~Jt.' un Jahre 1615 er chtenen i t. Siehe Lru Yeh-ch'iu Chung-kuo ku-tai te tzu-nen JO Yu-wen hUI-pten Bd. 14, S. ~ 1 ff Peking, 1964. . _

Solche Konstruktionen sollen hier nicht eingehend behandelt werden, um rocht ~en Rah men der Arbeit zu sprengen. Hierzu siehe Lü Shu-hsiang(15] , Han-yü yü-fa fun-wen chi S. 125-144 Pekiog 1955.

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In olchen Konstruktionen wird fast immer ein Komplement13 hinter dem Verb ver­langt, z. B. wie oben ch'ih-chin, ta-chieh liao ch'ü, .. . Man sieht, " pa" und "chiang" ha­ben hier die gleiche Funktion und werden auch zusammen und gleichzeitig gebraucht. Solche Beispiele findet man noch sehr oft im Shui-hu .

3. "chiang" als Instrumental "chiang" hat in diesem Fall die Bedeutung von ,na" "nehmen' oder "yung ' ,benut-

zen". pien chiang shou pa Wu Sung t'ou-fa chiu ch'i-lai

(man) hat die Haare Wu Sung's hochgezogen. pien chiang so-tzu k un le, .. .

Mit den Seilen fesselte man ihn.

(32, s. 428)

(18, s. 227)

Die er Sprachgebrauch ist selten, manchmal tauscht ,chiang" die Rolle mit " pa" als Instrumental, z. B.:

Wu Yung pien pa hou chiang tz u-hsü yi mo. (19, s. 250)

Dann strich Wu Yung einmal einen Bart mit der Hand. Chih-shen pa tso-shou pa-chu shang-chieh ... chiang na-chu lü-yang-shu tai-ken pa-ch'i. (7, S. 98)

Der Mönch Chih-shen packte mit der linken Hand den oberen Teil des (Baumes) . . . und zog jene grüne Weide mit der Wurzel heraus.

Die e Austauscbbarkeit von ,pa' und "chiang" in der Literatur dauert bis zum Be­ginn der Ch ing-Zeit14 danach etzt diese Er cheinung aus. Man sieht ganz deutlich die charfe Trennung zwischen der Präposition , pa" und dem Instrumental "chiang 'mit­

tels , nehmen": pa ' wird weiter als Präpo ition gebraucht und "chiang wird durch na "nehmen' er etzt15 . Diese Situation ist in der heutigen Sprache immer noch vor­

herr chend.

13 Siehe WANG Li, Han-yü shih-kao S. 416, Pek:ing, 1958. 14 iebe WA G Li, S. 414. 15 Diese Tendenz zeigte sich im Hung-lou meng sehr deutlich: pien pa sbou-chüan tzu ta-k'ai,

pa ch'ien tao-le cb'u-lai (26, . 272). Sie schlägt das Ta chentuch auf und schüttelt das Geld ber­au .

Obige Bei piele ind die "pa"-Konstruktion da folgende ist die Anwendung de Instrumental: na eheo-b in tai-ni . . . (47, . 529) Ich behandle dich ehrlich; (mit ehrlichem Herzen) ...

• !)t ,c_, ffl11F Hier wird die Au gabevon Peking im Jahre 1963, Je-min-Verlag, benutzt.

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4. Als Suffix Hier werden nur die Konstruktionen "Suffix + Komplement der Richtung" in Be­

tracht gezogen. Alle übrigen Formen, wie z. B. die Kombination ,Verb+ chiang" 16,

werden in diesem Abschnitt nicht behandelt. Verb + chiang + eh 'ü:

Sung Chiang yang-che lien, chih-ku t'a-chiang-ch'ü. (22, s. 291)

Sung Chiang hob seinen Kopf und trat direkt hinzu. Li K'uei t'ing le, pien pa yü-chih p'i-lien p'o-chiang-ch'ü (38, s. 519)

Als Li K'uei es hörte, nahm er die Fischsoße und schüttete sie (dem Kellner) ins Ge icht, . .... cbe-li she-chiang chien ch'ü, na-li chia tou hu-cbu le. (55 S. 768)

Hier schoß man die Pfeile hinüber, dort boten die Panzer alle Schutz. Hierweicht die Konstruktion von der Norm ab; gewöhnlich wirdnämlich imShui-hu

zwischen Verb "chiang" und "ch'ü" kein Objekt hinzugefügt· wenn ein Objekt vor­banden ist, wird es mit der "pa"-Konstruktion vorangestellt wie im zweiten Satz.

Anband von obigen Beispielen kann man sagen, daß zumindest in bezug auf diese Sätze das Wort "chiang" weggelassen oder eventuell mit dem heutigen Suffix ,kuo" er­setzt werden kann. Verb + chiang + Iai:

yin-tz'u ts'ai chih-te, t e-ti hsün-chiang-lai. (44, S. 619)

Dadurch wußte ich es erst und bin eigens hier, um (dich) zu suchen. kai yin ch'uan-chih chieh shih ko-ch'u chü-shua-chiang-lai te . . . (80, S. 1090)

weil nämlich alle Schiffe von überall her ausgesucht und zusammengezogen wor­den waren.

Hier kann anband dieser Beispielsätze das Wort "chiang' entweder weggelassen werden, oder es kann auch durch ein Suffix "le" ersetzt werden.

16 Spätestens in der T'ang-Dicbtung kommt "eine solche Konstrukti~n vo~!. ~~ ~-chi~g[1_6] wegtragen, ch'ü-cbiang[t"'] nehmen. Siehe CHANG Hsiang[18] , Shih-tzu u-ch u yu-t zu hw-shih S. 316, Taipei, 1963, Neudruck.

( 16) .f;~ (17) I&~ [18) 5&1§

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pei-bou yi-chib chün-ma chui-kan-chiang-lai, nai shi pao-tzu-t ou Lin Ch'ung. (54, S. 757)

Eine Reitertruppe eilte hinterher, das war der Leopard-kopf Lin Ch'ung. Hier kann man vielleicht anstelle von , chiang" das Suffix "shang" einsetzen.

Verb + chiang + ju-Jai: Yeh-lü T ung-lin pa1 7 tao k'an-chiang-ju-Jai (84, S. 1153)

Yeh-lü T ung-lin chlug mit dem Schwert hinein, . .. yi-ke jen tai ting t'ou-chin han-chiang-ju-lai. (45 S. 635)

Jemand, der ein Kopftuch um den Kopf trug, kam ganz schnell herein. , ju-Jai ' wird heute als Komplement der Richtung durch " chin-Iai ' er etzt. " k'an­

chiang-ju-lai" kann man al " k'an-le-chin-lai" verstehen. Verb + chiang + ju-ch'ü:

Yi-huo hao-han na-sheng han, sha-chiang-ju-ch'ü, . .. (49 S. 693)

Eine Gruppe von Helden chrie laut und stürmte mordgierig hinein t ai chiao Ling Zhen chiang huo-p'ao zu-h ia-li shih-fang, ta-chiang-ju-ch'ü.

(84, s. 1158)

(er) ließ Ling Cben aus allen Himmelrichtungen die Raketen anzünden und (in die Stadt) hineinschießen.

Die e Konstruktionsform ist im Shui-hu ehr elten. Verb + chiang + kuo-lai :

t'ang te je Je, pa-chiang-kuo-lai hai tsuo san-wan pien-tao: (27 S. 370)

Als (das Alkoholgetränk) warm gemacht worden war, brachte (sie) es herüber und chenkte drei Schalen aus und agte:

pu-tuo hih ou hih yi-chih hsiao-ch'uan yao-chiang-kuo-lai . . . ( 42, S. 567)

wenig päter ruderte wiederum ein kleines Boot herüber Diese Kon truktion deutet nur eine veränderte Situation oder eine bereits gesche­

hene Handlung an. Heute würde ein " le" am Satzende tehen.

17 ,pa' bat hier die Funktion de In trumental.

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Verb+ ch.iang + kuo-ch'ü: .. pa Lu Chün-yi fu tsai ch'e-tzu shang, t'ui-ch.iang-kuo-ch'ü. (62, s. 873)

Man band Lu Chün-yi in einer Karre fe t und schob ihn hinüber. na jen ch'iang-ch.iang-kuo-ch ü, he tao: . . . (38 S. 521)

jener Mann stürmte hinüber und schrie: ... Die beiden Sätze zeigten eine veränderte Situation. Heute wird am jeweiligen Satz­

ende ein " Le ' eingesetzt. Verb + ch.iang + chu'u-lai:

pa she-t'ou shen-chiang-ch u-lai, pan-jih suo pu ju-ch'ü. (53, S. 746)

er streckte seine Zunge heraus und konnte sie sehr lange nicht zurücknehmen . .. . you pu shih ni tso-chiang-ch'u-lai te. (8, S. 111)

du hast doch nicht (diese Sache) verursacht. Hier geht es um eine Handlung, die bereits geschehen ist; das kommt von sh.ih ... te.

Solche Konstruktionen findet man relativ viele im Shui-hu chuan. Verb + chiang + ch'i-lai:

na fu-jen t'ing pa, k u-chiang-ch i-lai shuo tao: . . . (8, S. 110)

Jene Frau hörte es, fing sofort an zu weinen und sagte: . . . Li K'uei chiao tao: "ying t'a pu te '. p'a-chiang-ch'i-lai pien tsou. (67 S. 931)

Li K'uei schrie: , Ich kann ihn nicht be iegen , richtete ich auf und ging . . Hier geht es auch um eine Handlung, die bereit geschehen, von "pien tsou ' Nachzei­

tigkeit ist. Diese Konstruktion findet man in dem Roman relativ oft. Verb + chiang +hsia-lai:

· · · ch'üeh ts ung shu-shang liu-chiang-hsia-lai. (56, S. 778)

(er) aber rutschte von dem Baum herunter. pien wang Luo chen-jen nao-men-shang p'i-ch.iang-hsia-lai, · · · (53 s. 745)

\Li K'uei hob die Axt), richtete sie genau auf den Kopf des Tao-Priesters Luo und

0.ließ ie herniedersausen, .. .. . . teser Konstruktion entspricht die heutige sprachliche Stuktur.

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Wir haben bisher das Wort "chiang' nur imShui-hu ausführlich behandelt. Jetzt wol­len wir einmal feststellen, ob in der vorhergehenden Literatur auch solche Spuren zu finden sind. Dafür geeignete Literatur sind die Pien-wen. Es ist aUgemein bekannt, daß die Pien-wen eine für uns heute noch zugängliche umgangssprachliche Literatur sind. Wir wollen sie auf dieselben Kriterien hin untersuchen18.

1. " chiang" als Vollverb Im Pien-wen-Stil wurde das Wort "chiang" als Verb auch mit der Bedeutung "brin­

gen", " nehmen' verwendet. ti-tian chuang-yüan, pu neng chiang-ch'ü. (Yuan-kung hua, S. 180)

Haus, Ge chäft, Gut und Garten kann man (wenn man stirbt) nicht mitnehmen. chuo-ch'ü Ling-mu, chiang-Iai ying-nei (Wang Ling, S. 41)

(man) soll die Mutter von Wang Ling festnehmen und in das Lager bringen. tan chiang yi-ling chan Iai, . . . (Yeh Ching-neng, S. 219)

(man) soll nur eine Decke herbringen.

2. " chiang" als Präposition Da es am Anfang der T'ang-Zeit nur "chiang" als Präposition gab und erst in der spä­

teren T'ang-Zeit diese Funktion auf "pa" übertragen wurde19, haben wir im Pien­wen-Stil fast nur ,chiang' al Präposition gefunden. Diese Konstruktion ist trotzdem noch relativ elten.

jo chiang wo-chü kuang p u-ch'en, . . .

wenn man da Bettzeug weit ausbreitete ... mei chiang kan-nuan chiao erh wo, . .

(Miao-fa Iien-bua, S. 506)

(fu-mu en, S. 682)

(die Mutter) überläßt oft die trockene und warme Stelle dem Kind zum Schlafen.

3. "chiang" als Instrumental "chiang ' wird hier genau wie im Shui-hu als , na und "yung" benutzt.

ch'i jen chiang tao ha20 -hai t 'a, . . (A-mi-t'o, S. 465)

wie kann ich ihn gefühllos mit dem Messer töten?

18 Hier wird der Neudruck von Taipei im Jahr 1961, Shih-cbieh-Verlag, benutzt. 19 Siebe W ANG Li, S. 41 1 f . 20 Das Wort , ba" i t hier gleich sha", , töten '.

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huo yung t'i-hu chiao-chin, huo chiang kan-lu t'iao-ho, ... (Lien-bua ching, S.506)

man wird (das Gemüse) entweder mit Butteröl begießen und durchnässen oder wird es mit wohltuendem Tau vermischen.

In diesen zwei Bei pielen sieht man noch deutlich, wie "chiang" gleichsam als Syno­nym von "yung als Instrumental benutzt wird; die beiden Wörter haben dieselbe Funktion.

4. "chiang" als Suffix Im Pien-we~-Stil findet man nur das einfache Komplement der Richtung mit " Iai '

und , eh 'ü" · die übrigen zusammengesetzten Komplemente der Richtung sind hier noch nicht erschienen, daher sind solche Konstruktionen auch selten zu finden.

bei-sbeng chi-hsiang ch'ien-chiang-ch ü, .. (T'ai-tzu ch'eng-tao, S. 294)

bindet ihm das schwarze Seil um den Hals und führt ihn weg, .. sui chiang sheng-chang yin-chiang-lai, . . . (Wang Ling, S. 42)

man führte (die Mutter) mit der Stange hierher, .. Es gibt noch andere Beispiele, in denen auch "chiang als Suffix erscheint, doch sind

ie etwas verschieden von obigen Sätzen. yu fen liang-tuan ch'ang-chiang-lai. (Chin-kang, pan-jo, S. 436)

3<.5}~~~~~*

man wird es in zwei Teilen singen. yuanwen cheng-fa eh ang-chiang-lai.

Hört, wie ich die richtige Lehre singe.

(Fo- huo a-mi-t o, S. 454)

Diese Konstruktion "eh ang-chiang-lai" kommt immer wieder vor. Hingegen sind die Konstruktionen "ch'ang-chiang-luo" und "eh ang-chiang-chiang" selten. Wenn man , lai" in der Verbindung von "ch'ang-chiang-lai" isoliert betrachtet, kann man ,chiang" als ein Suffix nach dem Verb und vor dem Komplement der Richtung gelten

lassen, und zwar in der Bedeutung "jetzt wird man singen" ; wenn man es aber in der Zusammensetzung, z. B. als "eh ang-chiang-luo" oder als "ch'ang-chiang-chiang" fin­det, muß man eine andere Erklärung suchen und "chiang" auf keinen Fall als " Kom­plement der Richtung", eher vielleicht als Intonationspartikel betrachten; dies gilt vor allem im Falle von "luo' . Trotzdem behalten die beiden Konstruktionen "eh ang­chiang-luo" und "eh ang-chiang-chiang" die Bedeutung ,jetzt wird man singen", und zwar wird man ein buddhistisches Sutra singend vortragen.

Anband der obigen Beispiele können wir sehen, daß aus dem Pien-wen schon die G~dzüge für den Gebrauch des Wortes "chiang" hervorgehen. Diese Grundzüge piegeln zwar die Entwicklung im Anfang wider, aber man wird davon ausgehen dürfen,

daß schon vor dem Pien-wen eine solche Entwicklung begonnen haben muß.

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Um die Weiterentwicklung des Wortes "chiang" zu verfolgen, wollen wir nun das Yüan-Drama unter die Lupe nehmen. Sicherlich liegt zwischen dem Yüan-Drama und dem Pien-wen noch andere Literatur vor, z. B. dasP'ing-hua 21, vor allem der Vorläufer des Shui-hu da Ta-Sung hsüan-ho yi-shih[22]. Nach unserer Überprüfung sind solche Werke wenig ergiebig. Aus die em Grund werden wir hier keinen weiteren Text mehr zum Vergleich aufführen.

1. ,chiang" als Vollverb Im Yüan-Drama wurde das Wort "chiang" als Verb auch mit der Bedeutung " brin­

gen" verwendet. k'uai chiang yin-tzu lai!

bring schneU die Silber tücke her! chiang Iai ü h ien-shen t ung yin yi-pei.

(Yuan-yang pei, S. 53)22

(Chin-ch 'ien chi, S. 25)

Ich bringe den Wein hierher und trinke zusammen mit Euch. Obwohl die Zu ammensetzllngen ,chu-lai", "shang-lai ' usw. schon zu dieser Zeit

geläufig ind, treten ie im Yüan-Drama im Zusammenhang mit dem Vollverb " hiang" nur a1 einfache Komplemente der Richtung in Form von "Iai' und "ch'ü" auf. Die e Phänomen deutet darauf hin daß die Entwicklung vom einfachen zu einem zu ammenge etzten Komplement der Richtung noch in Gang ist.

2. ,chiang" als Präposition Im Gegen atz zum Pien-wen, wo , chiang" und "pa" parallel in der Funktion als Prä­

position auftreten, haben wir im Yüan-Drama feststellen können, daß das Wort ,chiang" einen überwiegenden Einfluß hat, z. B.:

yu yi-ko K'uang Heng chiang lin-chia eh iang-pi tsao-ch'uan (Chin-ch'ien chi, S. 21)

Es gab einen K'uang Heng, der die Mauer des Nachbarn durchbohrt hatte. chiang na nien-chi hsiao te tse yi-ch'üan ta-sha le. (Ho-ban shan, S. 121)

(ich) habe den Jüngeren mit einem einzigen Schlag getötet.

21 Die übrigen Werke sind Ta-rang san-tsang ch'ü-ching shih-hua(191 Nien-yü kuan-yin[20]

u. ~- Siebe Sung-yüan p'ing-hua szu-chung[21] Taipei, 1963, Neudruck. Die Werke entstanden zwtschen dem Ende der Sung- und Anfang der Yüan-Zeit. Näheres siehe Lru ta-chieh, S. 349 ff.

22 Hier wird der Neudruck von Taipei im Jahre 1970 Cheng-wen-Verlag, TSANG Cbin-shu[23]

( 19) jO~t.=. ~*~~~ ( 20) W :f -&~

( 22) **ß:~~· (23) -~~ 196

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3. " chiang" als Instrumental Man verwendet "chiang" hier weder als richtiges Vollverb noch als Präposition.

"chiang" hat eine andere Funktion übernommen, und zwar die Bedeutung von "yung·" , mit" oder "na" "nehmen". (s.o.)

t'a chiang na leng-chiu leng-man-t'ou hsiu-ju wo. (Tung Su-ch'in, S. 449)

Mit dem kalten Wein und dem kalten gedämpften Brot beleidigte er mich. na chih mo pi yen cbü wu, chao wo chiang shen-mo hsieh?

(Yü-ch iao chi, S. 868)

Hier gibt es weder Papier, Tusche, Pinsel noch Tuschestein; womit soll ich schrei­ben?

Und nur selten kann das Wort "pa" "chiang" ersetzen, womit auch hier deutlich wird, daß beide funktionsmäßig austauschbar sind.

ni chiang ch'ien-wu tou ch'en-tsai bai-li le, .. pa shen-mo tso p'an-ch an na? (Lai-sheng chai, S. 310)

Du hast alles Vermögen ins Meer sinken lassen; womit wird man die Reisekosten decken? Aber " pa" als Instrumental findet man sehr selten im Yüan-Drama.

4. "chiang" als Suffix Hier hat man nicht so viele Beispiele gefunden wie im Shui-hu , was aber nicht unbe­

dingt heißt, daß manche Konstruktionen (mit verschiedenen Komplementen) z. Zt. der Entstehung des Yüan-Dramas noch nicht existierten; vielmehr ist dies darauf zurückzu­führen, daß Dialoge im Yüan-Drama selten vorkommen und kurz sind, und darum wahrscheinlich auch nicht alle Konstruktionen repräsentiert werden.

pu wen na-li kan-cbiang-ch'ü. (Chin-ch'ien chi, S. 17)

(ich) fragte nicht wohin und eilte nur hinterher pei lao-pao kan-chiang-ch'u-lai. (Ch'ü-chiang ch'ih, S. 267)

(ich) wurde von der Kupplerin hinausgewoden. In den obigen Beispielen ist das Verb mit dem Suffix " chiang" und dem Komplement

der Richtung als eine enge Einheit gebildet worden, daher konnte man auch kein Ob­jekt zwischen Verb und Komplement der Richtung einfügen. Die folgenden Beispiele sind davon verschieden.

lao-fu chiao-chiang nü-erh eh u-lai. (Chin-ch'ien chi, S. 14)

~:A:rut~-k5ßlfi* Ich werde meine Tochter herausrufen.

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ni yü wo ch'ing-chiang Chou Sbe lai: (Chiu-feng ch'en, S. 201)

Du sollst Herrn Cbou Sbe für mich hierher bitten. Wo mai-chiang na ts'ang hsiao-mi Iai.

Ich habe jenen Speieber Hirse gekauft.

(Tung-t'ang lao, S. 224)

Hier siebt man deutlich, daß zwischen dem Verb mit"chiang" und dem Komplement ein Objekt eingefügt ist. Diese Erscheinung entspricht im großen und ganzen der heuti­gen Ge etzmäßigkeit der Kon truktion des Komplements der Richtung.

Wir werden noch eine Stichprobe durchführen, um die weitere Entwicklung nach dem Shui-hu fe tzustellen. Als geeignete Grundlage oder an Ausgangsmaterial bietet sich das Werk lu-/in wai-shih an, das etwa zwischen 17 45-17 4923 von Wu Ching-tzu verfaßt wurde. Da zwischen den beiden Werken- Shui-hu und Ju-Lin wai-shih- eine Zeitspanne von 200 Jahren liegt, kann man die sprachliche Entwicklung oder den Wandel sehr gut beobachten. Mit Rücksicht darauf, daß wir oben schon ausführlich das Wort" chiang" im Roman Shui-hu behandelt haben, werden wir hier nur zusammenfas-end die besonderen Punkte herausstellen. Wir werden auf zahlreiche Beispiele ver­

zichten und nur die unbedingt notwendigen kurz erläutern. Nach bisherigen Untersu­chungen haben wir das Folgende festgestellt:

1. "chiang" als Vollverb in der Bedeutung von "na "bringen" "nehmen 'usw. ist in dem Roman Ju-lin wai-shih sehr selten. Der Grund liegt wahrscheinlieb darin daß , chiang" allmählich von " na" ersetzt wurde, z. B.:

chiang-ehe ts'ai-tuan piao-li (1, S. 11)24

man brachte bunte Seide Satin und Futtermaterial, .... na-ehe pai-hsia, . . .

man brachte die Schachtel mit der Visitenkarte, ...

(44, S. 436)

Das Verb ,na" "bringen" "nehmen' hat die Funktion von"chiang' praktisch ver­drängt, deshalb findet man im Roman immer wieder solche Konstruktionen:

ni k'uai na chi-shang eh ü mai le, . . . (3, S. 30)

du oll t es (das Huhn) cbnell auf den Markt bringen und verkaufen.

Yüan-ch'ü hsüan verwendet. 23 Siebe Wu Cbing-tzu lu-/in wai-shih, S. 7, Hong Kong, 1958; dazu Yu Kuo-en[24] u. a.

Chu.ng-kuo wen-hsüeh shih Peking 1964, S. 1096. 24 Hier wurde die .Peking-Au gabe benutzt, siehe Anm. 10.

( 24] V/i ~ .~

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ehe yin-tzu, ni na chia ch'ü. (15, S. 157)

Bring diese Silberstücke nach Hause. Ferner wird in der Konstruktion Verb + Komplement der Richtung fast nur noch das

Verb "na" gebraucht, d. h. , na" hat nicht nur in der Quantität die Oberhand gewon­nen, sondern hat vielmehr auch die Funktion von "chiang" übernommen.

t a tsen k'en pa ehe chu ho chieh-yüeh na-ch'u-lai? (5, S. 51)

wie kann er damit einverstanden sein, daß er dieses Schwein und den Schuldschein herausgibt? na-ch'u liang-feng yin-tzu Iai, . . (5, S. 53)

(er) nahm zwei Päckchen Silber heraus, .. Außerdem werden auch Sätze mit "na" und dem zusammengesetzten Komplement

der Richtung "ch'u-lai" gebildet. Mit "chiang" hingegen geschieht dies nie. Somit er­klärt sich der Wandel daraus daß "na" die Funktion von "chiang' übernommen hat.

2. "chiang 'als Präposition wird noch weniger als imShui-hu gebraucht. Außerdem ist die Übergangserscheinung der gleichzeitigen Verwendung von "pa' und "chiang'', wie sie im Shui-hu typisch ist, nicht mehr zu sehen. Es scheint, daß ein scharfer Tren­nungsprozeß zwischen den beiden Wörtern schon stattgefunden hat. Die Verwendung der beiden wechselweise findet nur aus stilistischen Gründen statt.

chiang wan ta-fan (10, S. 108)

die Schüssel wurde durch einen Schlag umgekippt. pa wan t'iao-fan

die Schüssel wurde durch den Sprung (einer Maus) umgekippt.

(10, s. 10)

3. "chiang" als Instrumental. Dieser Sprachgebrauch ist im Roman Ju-lin wai-shih noch weniger als im Shui-hu zu finden. Man kann dies vielleicht so erklären, daß die Funktion von "chiang" immer mehr von "pa" übernommen wurde.

eh üeh chiang shen-mo kuan-tai? (11, S. 115)

womit kann man (Sie) bewirten? na liang-ch'ien ch'ien ta-fa ch'ü-le. (5, s. 50)

man hat (die Boten) mit 2000 Stück Kupfergeld weggeschickt. Ferner ist das Phänomen- Austauschbarkeit der Funktion von , pa ' und ,chiang"­

hier nicht mehr festzustellen.

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4. Dagegen ist die Konstruktion Verb+ "chiang" +Komplement der Richtung in cliesem Roman noch gebräuchlich. Nur i t sie weiter eingeschränkt als im Shui-hu. Die häufigsten Komplemente der Richtung sind " lai , "ch'ü ', "ch'i-lai",, chin-lai", "kuo­lai" usw. Der Gebrauch von, ju-lai", " ju-ch'ü ', ,kuei-lai" und "kuei-ch'ü" usw. ist nicht mehr fe tzustellen. Außerdem ist hier auch zu beobachten, daß ein Prozeß schon in Gang i t, und zwar clie allmählic.he Ersetzung von "chiang ' durch "le", z. B.:

Chai mai-pan kan-chiang- hang-ch'ü . . (1, S. 7)

der amtliche Einkäufer Chai eilte nach, ... yang chi wo t'i t'a kan-le lai-chia. (1, s. 7)

er hat mich gebeten, daß ich für ihn (den Was erbüffel) nach Hause treibe. nao-chiang-ch'i-lai, . . . (5, S. 48)

(sie) stifteten clie Unruhe, . . she buo nao-le-chin-lai , ..

fall (sie) etwa die Unruhe hineingetragen hätten, ...

(5, s. 48)

Ferner i t e auch möglich daß das Suffix weggelassen wird. H in Tung-chih t'ung Chin Yü-liu kan chin-ch'eng. (29, S. 287)

H in und Chin eilten in die Stadt. Die Tat ache, daß das Suffix " le das "chiang" er etzen kann, hat natürlich auch sei­

nen Grund. Die Au pracbe "le' i t relativ neu, praktisch noch in den vierziger Jahren pracb man es abgesehen von der Stadt Peking, noch als ,liao' aus; es wurde sogar zu

jener Zeit auch in Peking immer " liao gelesen. Selb t heute gibt e noch zwei Aus prachen: als Verb wird es immer noch "liao" ge­

sprochen al Suffix dagegen " le '. Nach dem phonologischen Aufbau sind clie beiden Wörter gleich lang we halb le' allmählich die Funktion von chiang" übernommen bat.

Um die zeitliche Lücke schließen zu können, haben wir noch einen Roman- das Lao-ts' an yu-chi - in unsere Untersuchung einbezogen. Der Roman ist von Lru 0 (1 57- 1909) verlaßt. Er i t zu Anfang des 20. Jahrhunderts geschrieben die Entste­hungzeit liegt zwischen 1903-190625 • Der zeitliche Abstand zwischenJu-Lin wai-shih und die em Roman beträgt etwa 150 Jahre nämlich von 1749-1903. Außer dem zeit­lichen Grund haben wir noch den prachlicben Faktor in unsere Überlegung einbezo­gen, da der Autor on Lao-ts' an yu-chi aus einem Gebiet stammt, das noch gerade zu dem Nord-China-Dialekt gehört. Da sowohlShui-hu als auch lu-/in wai-shih allemehr

ls Siehe Chi-lio ta-b üeh, Chung-kuo wen-hsüeh shih-kao, Bd. 4, S. 215 f, Chaog-ch'uo, 1959, Neudruck.

200

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oder weniger zu dem Sprachgebiet gehören, so bilden sie eine sprachliche Einheit bei den Untersuchungen. Ferner kann man die kontinuierliche Entwicklung in dem Sprachgebiet leicht erfassen. Unsere Beobachtungen können wir kurz o zusammenfas­sen:

, chiang ' als Vollverb, als Instrumental und als Suffix hinter einem Verb ist in diesem Roman nicht mehr festzustellen. Aller Wahr cheinlichkeit nach ist das Suffix durch "le ' völlig ersetzt worden. Die einzige Funktion die "chiang ' noch ausübt, ist die der Präposition, und es bildet abwechselnd mit dem Wort "pa' die "pa '-Konstruktion. Das entspricht genau dem Ju-lin wai-shih, wo aus stilisti eben Gründen "pa' und "chiang' wechselweise vorkommen, aber nicht mehr dem Shui-hu, wo in demselben Satz beide Wörter gleichzeitig gebraucht werden. Abgesehen davon, daß im t.ao-ts'an yu-chi "chiang" noch als Präposition verwendet wird, ist die Struktur der Sprache in bezugauf die Funktion von "cbiang" fast der heutigen gleich ; daher ist es nicht notwendig, wei­tere Literatur heranzuziehen.

Zusammenfassung Nach den bisherigen Untersuchungen können wir folgendes feststellen: 1. Abgesehen vom vielfältigen Gebrauch des Wortes "cbiang" als Suffix in der spe­

zifiseben Konstruktion Verb + chiang +Komplement der Richtung sind Bedeutung und Entwicklung dieses Wortes in seinen anderen Zusammensetzungen ziemlich ein­deutig, wie etwa "chiang" als Vollverb in der Bedeutung von "bringen ' ,nehmen" u w. oder als Präposition bzw. als "Instrumental', mit letzteren Bedeutungen etwa vom 8. bis zum 16. Jbdt26. geläufig. Es ist nicht zu leugnen, daß Stil und Wortwahl gewisse Ab­weichungen erlauben; dies kann aber nicht mit jenen Veränderungen verwechselt wer­den die sich in langen Zeiträumen ergeben.

2. Wie wir wissen, ist ,chiang" nicht erst seit der T'ang-Zeit (618-907) als Vollverb benutzt worden, sondern es wurde chon imShih-ching mit der Bedeutung von "beglei­ten 'oder im Shih-chi mit der Bedeutung "lenken' "führen' 27 verwendet. Hier kann man also von einer semantischen Erweiterung sprechen; dasselbe gilt für den Gebrauch als Suffix, denn diese Funktion hatte das Wort "chiang" vorher noch nicht.

3. Die Konstruktion Verb + chiang + Komplement der Richtung findet sich im Pien-wen relativ selten, zudem beschränkt sie sich auf einsilbige Wörter, wie , Iai" und "ch'ü '-"kommen" und "gehen". Diese Erscheinung läßt sich damit erklären daß zu dieser Zeit solche Entwicklungen wahr cheinlich noch im Anfangsstadium steckten.lm P'ing-hua findet man für diese Konstruktion noch wenig Beispiele. Vielleicht ist dies darauf zurückzuführen, daß uns das Material zum Teil überhaupt fehlt und die uns zu­gänglichen Texte relativ knapp sind. Im Yüan-Drama kommen solche Konstruktionen schon eher vor, wenn auch immer noch verhältnismäßig selten. Jedoch bietet der ge-prochene Text weniger Möglichkeiten zum erschöpfenden Gebrauch solcher Kon­

struktionen28. Hingegen sind diese Konstruktionen im Shui-hu nicht nur zahlreich,

2 6 Dieser Zeitraum umfaßt die Erscheinungszeit des Pien-wen und des Romans Shui-hu. 27 Siehe James LEGGE, Vol. 4 s. 20, Taipei, 1971, eudruck · Shih-chi, Bd. 6, Ch'in-shih-

hu:Sng pen-chi ~· 2 b SPPY, Neu~c~. . Da das Yuan-Drama auszwe1 Teilen besteht, aus ge proebenen Texten (Monologe undDta­

loge) und gesungenen Partien wobei der Gesang den Hauptanteil umfaßt, ist die Untersuchung de gesprochenen Teils wenig .ergiebig.

201

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sondern teUen erstaunlieberweise eine Grundstruktur dar, die in der späteren sprachli­chen Entwicklung vor allem im heutigen modernen Chinesisch, nur einen geringfügi­gen Erweiterung prozeß erfahren haben. Im Ju-lin wai-shih gehen Gebrauch und Funktion des Wort "chiang", verglichen mit dem Sbui-hu, zurück, ob es sich nun um Vollverb, Präposition, Instrumental oder Suffix nach dem Verb handelt. Als Vollverb und Instrumental wurde es durch das Wort ,na" ersetzt, als Präposition ist , pa' an eine Stelle getreten. Al Suffix hinter einem Verb wurde seine Funktion entweder von

dem Suffix, le" übernommen oder e wurde eingespart. Es ist wohl zu merken, daß es ich hier einzig und allein um das Suffix "chiang" handelt, die gesamte Konstruktion

wurde nicht von die er Entwicklung betroffen. Im Lao-ts'an yu-chi zeichnet sieb eine neue Entwicklung ab. Abgesehen von der Funktion al Präposition, ist "chiang ' nun von allen übrigen Funktionen abgetreten. Die er Wandel entspricht schon dem heuti­gen .Sprachgebrauch.

4. Wir können folgendes intere ante Phänomen feststellen, daß nämlich beim SprachwandeJ, peziell bei der Funktionsentwicklung, das Wort "chiang' als Vollverb und vor allem al In trumentalund als Suffix hinter einem Verb einen langen Prozeß durchlaufen bat. Die er Wandel kam nicht plötzlich zustande und sank auch nicht von heute auf morgen in Vergessenheit. ,chiang 'übernahm allmählieb eine neue Funktion und baute die e Funktion auch wieder in einem langen Zeitraum ab. Dazwischen lag eine lange Übergang zeit. Die e Gesetzmäßigkeit gilt sicherlieb nicht nur für das Wort

chiang , ie hat auch ihre allgemeine Gültigkeit im gesamten Sprachbereich29•

5. Jetzt mag ich die Frage stellen woher die er Wandel des Wortes ,chiang" hin-ichtlicb einer Bedeutung und einer Funktion stammt und wie er zustandekommt Si­

cherlich ist dies nicht von heute auf morgen geschehen, allein die Beispiele aus den vor­her erwähnten Untersuchungen können dies schon bestätigen, womit wir die von W. Porzig gemachten Äußerungen nur bekräftigen können30• Will man die Ursache der Änderung erklären muß man die ge chichtliche Entwicklung des Pien-wen kennenler­nen. Da Pien-wen hatte ursprünglich einen zweifachen Zweck: Erstens ist es eine rein hi torisehe Erzählung, eine Niederschrift vergangener Geschehnisse; zweitens ist es eine Erklärung und Erläuterung buddhistischer Sutren31. Um das gesprochene Wort er tändlicher und eindeutiger zu macben32, hat man das Wort "chiang" in die Syntax

eingeschoben in der Hoffnung, durch diese akustische "Dehnung" ein besseres Verste­hen zu bewirken. "chiang" hat nämlich in seinem phonologischen Aufbau eine Struktur mit den mei ten Lautelementen (Phonemen)33• Diese Tendenz ist praktisch bis zu der

29 Kao Ming-k ai[25], P'u-t'ung yü-yen hsüeh, S. 495, Hong Koog, o. J. Neudruck. 30 " Man kann doch nicht annehmen daß eine ganze Gruppe von Menschen von beute auf

morgen ihre Sprechgewobnbeiten ändert. • Siehe WaJter PoRZIG, Das Wunder der Sprache, S. 283, Bern, 1967.

31 Siehe Lru Ta-chieh Chung-kuo wen-hsüeh Ja-chan shih, Bd. ll, S. 39 f, Hong Koog, 1976. eudruck. 32 ,,Hierher gehört in er ter Linie das Bestreben, nachdrücklieb und eindringlich zu sprechen,

um die gewün cbte Wirkung bei dem Angeredeten hervorzurufen. ' Siehe PoRZJG, S. 304. 33 Neben dem phonologischen darf man den semanti eben Aspekt nicht außer Acht lassen. So

hat da Wort "chiang' auch eine futuri ehe Bedeutung wie dies bei der Konstruktion , ch'ang­chiang-lai im Pien-wen ganz deutlich Wird (vgl. S. 195). Die dürfte der Grund dafür sein daß in

( 25) ~ IV:J!m

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Zeit hin zu verfolgen, in welcher der Roman verfaßt wurde. Da die literarischen Quel­len die wir hier benutzen, ausschließlichumgangssprachlicher Art sind-sie dienten ur­sprünglich dem Erzählungszweck- ist es umso wichtiger, diese akusti chen Effekte der Geschichtenerzähler hervorzuheben. Geschichtenerzähler sind Träger des Sprachwan­dels. Sie sprechen die breite Masse an und beeinflussen mit ihrer eigenen Sprache auch die Sprache der Zuhörer. Dies kann nach Porzig ebenfalls ein Grund des Sprachwan­del sein34• Man darf die Einflußkraft der Geschichtenerzähler- obzwar sie nicht unbe­dingt als einflußreiche Personen zu betrachten sind - doch nicht unterschätzen. Sie könnten zur Verbreitung von "Modewörtern' beigetragen haben, ihre Sprache wurde durch das Erzählgut in alle Himmelsrichtungen verbreitet. Man darf nicht verge sen daß die Zuhörer überwiegend Analphabeten waren, die den Geschichtenerzähler gleichsam wie einen Gelehrten verehrten, dessen Sprache sie nachahmten, de sen Worte sie gebrauchten.

Es ist zwar zu vermuten, daß mittels der modernen Datenverarbeitung eine genauere Analyse und bessere statistische Aufbereitung des Materials zu genaueren Ergebnissen führen könnten. Dochaufgrund der inten iven Auswertung des un vorliegenden Ma­terials würde eine Textanalyseper Computer höchstens kleinere Korrekturen erforder­lich machen. Insgesamt ist das Material, das wir in dieser Arbeit als IDustration unserer Hypothese des Sprachwandels-am Beispiel "chiang' -verwenden, relativ vollzählig aus allen aufgeführten Unterlagen herausgesucht worden. Wir hoffen daher, daß mit dieser Untersuchung ein weiterer Beitrag zur Erforschung der chinesischen Sprache ge­lei tet werden konnte.

~ser ~onstruktion das Wort "chiang" als Suffix fun~ert. Daraus e~gibt si~.~ ctie Folgerung, d~ t:i geWisser Zusammenbang zwischen der Konstruktion "eh ang-chian~-la1 und den ~onstruk

00'?0 _\'erb.+ "chinag" + Komplement der Richtung besteht. Das h~ißt es be~teht die Wahr­s~h:mli~~eit, daß "ch'ang-chiang-lai' den Ausgangspunkt für ctie weitere Entwtcklung Verb + " ~nag + Komplement der Richtung bildet.

PORZIG S. 311 ff.

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Anhang Um die Entwicklung der Konstruktion "Verb + cbiang + Komplement der Rich­

tung" zu verdeutlichen haben wir im folgenden den Gebrauch des Komplements der Richtung im Roman Shui-hu und in der heutigen Sprache gegenübergestellt:

Shui-bu heutige Sprache hang-lai shang-lai

shang-ch'ü hsia-Jai hsia-lai hsia-ch 'ü hsia-ch ü

chin-lai chin-ch'ü chin-ch'ü ju-lai ju-ch'ü ch 'u-lai ch'u-lai ch'u-ch'ü ch'u-ch ü kuei-lai kuei-ch'ü

hui-lai hui'ch'ü

kuo-lai kuo-lai kuo-ch'ü kuo-ch'ü ch'i-lai ch'i-lai

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