Die Geldnachfrage in einer «dynamischen ... · Auf bewahrungs- und Transaktionskosten im Vergleich...

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Erratum Beim Aufsatz von Jürg Niehans, « Die Geldnachfrage in einer dynamischen* Opti- mierungstheorie des Zahlungssystems », erschienen in Heft 2/1970, fehlte infolge eines Versehens der Hinweis auf die finanzielle Unterstützung durch die National Science Foundation. Es ist dem Verfasser nicht nur eine Pflicht, sondern auch ein Bedürfnis, diesen Hinweis mit dem Ausdruck seines Dankes nachzuholen. Nr. 2 106. Jahrgang 106 e année Juni 1970 Juin 1970 Die Geldnachfrage in einer «dynamischen» Optimierungstheorie des Zahlungssystems Von Jürg Niehans, Johns-Hopkins-Universität 1. Einleitung I n der vierten und definitiven Auf läge seiner «Eléments» führt Walras die Transaktionskasse in einer Art und Weise ein, die noch immer von Interesse ist 1 . Er nimmt an, dass alle Kontrakte am Anfang einer Periode abgeschlossen werden. Jeder Kontrakt legt nicht nur Warenmenge und Preis fest, sondern auch Lieferungs- und Zahlungstermine. Ebenso bestimmt das Marktgleichge- wicht das zeitliche Profil des Konsums und der Produktion im Laufe der Peri- ode. Da Produktion, Tausch und Konsum im allgemeinen nicht synchroni- siert sind, bezeichnet es Walras als offensichtlich, dass Betriebskapitalien er- forderlich sind. Diese bestehen teils aus Lagervorräten, teils aus Kassenmit- teln. Die Frage nach der Kassenhalturg erscheint somit als ein Spezialfall des allgemeinen Problems der Lagerhaltung. Walras* Lösung dieses Problems vermag jedoch, obgleich in der Literatur bis heute keine bessere zur Verfügung steht, nicht mehr zu befriedigen. Sie geht von der Annahme aus, dass den Lagervorräten ein direkter Nutzen - und damit auch ein Grenznutzen zugemessen werden könne, vergleichbar dem Nutzen von Konsumgütern. Im Falle des Geldes hängt der Grenznutzen davon ab, welche Warenvorräte mit der betreffenden Summe gekauft werden könnten. Die Transaktionskasse ist somit gleichsam eine Sammlung von potentiellen Warenvorräten. Nutzenmaximierung sorgt dafür, dass der Ge- genwert einer Wareneinheit, die in Geldform gehalten wird, kapitalisiert zum herrschenden Zinssatz, marginal den gleichen Nutzen stiftet wie eine 1 Eléments & économie politique pure, 4. Aufl., Paris 1900, S. 297 f. 129

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Erratum

Beim Aufsatz von Jürg Niehans, « Die Geldnachfrage in einer dynamischen* Opti­mierungstheorie des Zahlungssystems », erschienen in Heft 2/1970, fehlte infolge eines Versehens der Hinweis auf die finanzielle Unterstützung durch die National Science Foundation. Es ist dem Verfasser nicht nur eine Pflicht, sondern auch ein Bedürfnis, diesen Hinweis mit dem Ausdruck seines Dankes nachzuholen.

Nr. 2 106. Jahrgang 106e année Juni 1970 Juin 1970

Die Geldnachfrage in einer «dynamischen» Optimierungstheorie des Zahlungssystems

Von Jürg Niehans, Johns-Hopkins-Universität

1. E i n l e i t u n g

I n der v ier ten u n d definitiven Auf läge seiner « E l é m e n t s » führ t Walras die

Transaktionskasse in einer Art u n d Weise ein, die noch i m m e r von Interesse

ist1. Er n i m m t an, dass alle Kontrakte a m Anfang einer Periode abgeschlossen

werden. Jeder Kontrakt legt nicht n u r W a r e n m e n g e u n d Preis fest, sondern

auch Lieferungs- u n d Zah lungs te rmine . Ebenso bes t immt das Marktgleichge­

wicht das zeitliche Profil des Konsums und der Produkt ion i m Laufe der Per i ­

ode. Da Produkt ion, Tausch u n d Konsum i m al lgemeinen nicht synchroni­

siert sind, bezeichnet es Walras als offensichtlich, dass Betriebskapitalien er­

forderlich sind. Diese bestehen teils aus Lagervorrä ten , teils aus Kassenmit­

teln. Die Frage nach der Kassenha l tu rg erscheint somit als ein Spezialfall des

al lgemeinen Problems der Lage rha l tung .

Walras* Lösung dieses Problems ve rmag jedoch, obgleich in der L i t e ra tu r

bis heu te keine bessere zur Verfügung steht , n icht m e h r zu befriedigen. Sie

geht von der A n n a h m e aus, dass den Lagervorrä ten ein direkter Nutzen -

und dami t auch ein Grenznutzen — zugemessen werden könne, vergleichbar

dem Nutzen von Konsumgüte rn . I m Falle des Geldes häng t der Grenznutzen

davon ab, welche Warenvor rä t e mi t der betreffenden S u m m e gekauft werden

könnten. Die Transaktionskasse ist somit gleichsam eine S a m m l u n g von

potentiellen Warenvor rä ten . Nu tzenmax imie rung sorgt dafür, dass der Ge­

genwer t e iner Warene inhe i t , die in Geldform gehal ten wird, kapitalisiert

zum herrschenden Zinssatz, margina l den gleichen Nutzen stiftet wie eine 1 Eléments & économie politique pure, 4. Aufl., Paris 1900, S. 297 f. 129

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Einheit dieser Ware, die konsumiert wird2. Diese Lösung hat den grossen Vorzug, dass sie das Geld formal dem gleichen ökonomischen Kalkül unter­wirft wie andere Güter. Sie bietet damit in gewissem Sinne eine Integration der allgemeinen Wert- und der Geldtheorie. Ihr schwacher Punkt besteht darin, dass sie voraussetzt, was sie beweisen sollte, nämlich dass Lagervorräte und Kassenmittel Nutzen haben3. In Wahrheit ist dieser Nutzen offenbar nicht von gleich direkter Art wie der von Brot, Milch oder Freizeit im Kon­sum. Vielmehr ist er, wie die Geldtheorie immer wieder hervorgehoben hat, indirekter Art, indem wir dank solcher Kassen- und Lagerhaltung mehr Brot, Milch oder Freizeit zu konsumieren vermögen. Damit stellt sich die Aufgabe, eine Theorie zu entwickeln, die zwar die Kassenhaltung ebenfalls als einen Spezialfall der Lagerhaltung aus der Asynchronizität der Güterströme erklärt, dabei aber den Nutzen der Geld- und Lagerbestände nicht voraussetzt, son­dern erklärt. Einige wesentliche - jedoch nicht alle - Elemente einer solchen Theorie werden im folgenden dargestellt.

Die Aufgabe kann auf verschiedene Art angepackt werden. So kann man versuchen, als einigendes Band zwischen Geld und andern Gütern Risiko, Ungewissheit und Spekulation einzuführen. Dieser Weg ist seinerzeit von Hicks eingeschlagen worden4. Seither hat er zu wesentlichen Fortschritten geführt5. Es war jedoch bisher nicht möglich, auf diese Weise ein geschlosse­nes System des allgemeinen Gleichgewichts einer Geldwirtschaft zu entwik-keln. Der vorliegende Beitrag folgt auch darin Walras, dass er Ungewissheit und Spekulation, so wichtig sie an sich auch sein mögen, als eine relativ sekundäre Komplikation behandelt und sich auf das wirtschaftliche Gleichge­wicht konzentriert.

Der Schlüssel zur Lösung liegt dann in der ausdrücklichen Erfassung von Transaktions- und Lagerhaltungskosten. Während man immer wieder ver­sucht hat, das Tauschmittel metaphorisch als ein potentielles Konsum- oder

2 Siehe die entsprechende Bedingung neuerdings bei Samuelson («What Classical and Neoclassical Monetary Theory Really Was», Canadian Journal of Economics, Vol. I, No. 1, 1968, S.9).

3 Damit hängt zusammen, dass Walras auch die volle Monetisierung der Wirt­schaft und die Wahl des Zahlungsmittels als gegeben voraussetzt, während doch die Erklärung dieser Tatbestände zu den Hauptaufgaben der Geldtheorie gehören sollte.

4 Hicks, John R., « A Suggestion for Simplifying the Theory of Money», Econo­mica, New Series, Vol. II, Februar 1955. Siehe auch schon: «Gleichgewicht und Konjunktur», Zeitschrift für Nationalökonomie, Vol. IV, 1933.

5 Es sei lediglich an die Kassenhaltungsmodelle von Tobin ( « Liquidity Preference as Behavior Towards Risk», Review of Economic Studies, Vol. XXV, Februar 1958), Patinkin (Money, Interest, and Prices, 2.Aufl., New York 1965, Kap. V, VI), E.L.Whalcn (« A Rationalization of the Precautionary Demand for Cash», Quarterly-Journal of Economics, Vol. LXXX, Mai 1966) und M. H. Miller und D. Orr (« A Model

150 of the Demand for Money by Firms », ebd., August 1966) erinnert.

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Produktionsgut zu behandeln , werden damit u m g e k e h r t Konsum- und Pro­

duktionsgüter zu potentiel len Tauschmit te ln . Dass die Hauptfunkt ion des

Geldes darin liege, die Zeitverluste, Kosten u n d Umtr iebe in der Abwicklung

von Geschäften zu ve rmindern , gehör t zum ältesten Bestand der Geldtheorie.

Die Schwierigkeit liegt darin, diese Einsicht im geldtheoretischen Modell aus­

zudrücken. Marschak u n d Bernholz sind meines Wissens die ersten, die dies

versucht haben 6 . I n e inem anderen Aufsatz habe ich gezeigt, wie die W a h l

des Zahlungsmittels in e inem statischen System al lgemeinen Gleichgewichts

aus der Min imie rung der Transaktionskosten erklärt werden k a n n 7 ; dabei

fällt als Nebenergebnis eine Theorie des Zwischenhandels an, die bisher - aus

ähnlichen Gründen wie die Geldtheorie - ebenfalls i m m e r Schwierigkeiten

bereitete8 . Jenes statische Modell enthäl t n u r Güters t röme, keine Bestände,

und somit auch keine zeitliche Dimension. Es ve rmag deshalb nicht , die Be­

standesnachfrage nach Kassenmitteln zu erklären. Dami t ist die Unte r suchung

auf Warengeld beschränkt , da stoffwertloses Geld, das nicht laufend produ­

ziert und konsumier t wird, n u r in e inem Bestandesmodell erfasst werden

kann. Der vorliegende Beitrag schliesst diese analytische Lücke, indem er Be­

stände ins Modell e inführt . Zu min imie ren ist infolgedessen die S u m m e der

Transaktions- u n d Lagerhal tungskosten. Diese Vera l lgemeinerung erfordert

dynamische Relat ionen, da ja die Güterbestände eine Beziehung zwischen

zwei aufeinanderfolgenden Perioden herstel len9 . Dami t wird es möglich, die

Geldnachfrage zu erklären, u n d zwar auch für stoffwertloses Geld.

Andere vereinfachende A n n a h m e n werden beibehal ten. So legt auch dieses

Modell eine Konsum- und Tauschwirtschaft ohne Produkt ion zugrunde . Aus­

serdem wird nach wie vor eine stationäre Wirtschaft vorausgesetzt in dem

6 Marschak, J., «The Rationale of the Demand for Money and of ,Money Illu­sion'», Metro economic a, Vol. II, August 1950; Bernholz P., « Auf bewahrungs- und Transportkosten als Bestimmungsgründe der Geldnachfrage», Schweizerische Zeit­schrift für Volkswirtschaft und Statistik, Vol. CI, März 1965. Auch die bekannten Modelle von Baumol («The Transactions Demand for Cash: An Inventory Theoretic Approach», Quarterly Journal of Economics, Vol. LXVI, November 1952) und Tobin («The Interest-Elasticity of Transactions Demand for Cash», Review of Economics and Statistics, Vol. XXXVIII, August 1956) beruhen auf Transaktions- und Aufbe­wahrungskosten (bzw. Renditen), doch gehören sie nicht in diesen Zusammenhang, da sie nur die Anlage eines gegebenen Vermögens betreffen und die Güterströme aus­ser acht lassen.

7 «Money in a Static Theory of Optimal Payments Arrangements», Journal of Money, Credit, and Banking, Vol. I, November 1969.

8 Abhandlungen über die «Funktionen des Handels» legen dafür Zeugnis ab. 9 Diese Relationen rechtfertigen das Adjektiv «dynamisch» im Titel dieses Auf­

satzes im Unterschied zum obengenannten statischen Modell. Die nachfolgende Ein­schränkung auf eine stationäre Wirtschaft ist die Ursache für den Gebrauch von An­führungszeichen.

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Sinne, dass zwar von Tag zu Tag im Laufe des Jahres Veränderungen aller Art vorkommen können - dies ist eben das dynamische Element - , dass aber jedes Jahr dem andern gleicht. Beibehalten wird auch die einschneidende Vorstellung, dass die Bestimmung der Konsumströme und der Tauschbezie­hungen in zwei Stufen erfolgt, so dass die Mengen und Preise des Konsums bereits bekannt sind, wenn das Tauschsystem optimiert wird10. Man muss sich deshalb vorstellen, dass Transaktions- und Lagerhaltungskosten aus einem besonderen Fonds (beispielsweise aus «Freizeit» bestehend), der nicht für die übrige Bedürfnisbefriedigung zur Verfügung steht, bezahlt werden. Dieser Aufsatz verspricht somit keine Integration von Wert- und Geldtheo­rie, sondern nur Bauelemente einer solchen. Um den Preis dieser Vereinfa­chung ist es möglich, die Optimierung für einfache Fälle numerisch durchzu­führen und somit den allgemeinen Gedankengang durch Zahlenbeispiele zu veranschaulichen. Die volle Integration von Wert- und Geldtheorie wird in einer anderen Untersuchung durchgeführt11.

2 . Ein einfaches Beispiel

Der Kern des Gedankengangs sei zunächst an einem denkbar einfachen Beispiel erklärt. Angenommen, es gebe zwei Personen und zwei Güter, wobei A das Gut Y konsumiert und X produziert, während B das Gut Y produziert und X konsumiert. In einem zeitlosen System würde der Tausch offenbar keine Probleme stellen. Man stelle sich nun aber vor, dass irgendwelche Um­stände A veranlassen, seine wirtschaftliche Aktivität auf die geraden Wochen zu konzentrieren, während B in den ungeraden Wochen aktiv ist. Wir neh­men an, dass der Tausch jeweils am Übergang von einer Woche zur andern stattfindet. Wenn keine Vorräte gehalten werden könnten, wären die Tauschbeziehungen jeder Woche, für sich allein genommen, unausgeglichen: B würde am Ende der ersten Woche Y an A liefern, A am Ende der zweiten Woche X an B usw. In einer Marktwirtschaft ist dies nicht möglich. Zu jeder Leistung muss es eine Gegenleistung geben, bestehe diese nun aus Sachgü­tern, Banknoten, einem Scheck, einem Terminkontrakt, einem Schuldschein oder was immer. Infolgedessen müssen die Transaktionen irgendwie modifi­ziert werden. Dies kann geschehen, indem A oder B (oder beide) veranlasst werden, Produktion und Konsum zeitlich zu verschieben. Die Analyse dieser Möglichkeit würde eine voll integrierte Theorie verlangen. Wenn Produktion und Verbrauch, wie hier angenommen wird, nicht verschoben werden kön­nen, muss die nötige Modifikation durch Vorratshaltung zustande gebracht

10 Über die Bedeutung dieser Zweiteilung siehe ebd., S.724f. 11 «Money and Barter in General Equilibrium with Transactions Costs » (unver-

152 öffentlicht).

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werden. Zwei Lösungen bieten sich dann an. Entweder findet der Handel an geraden Wochenenden statt. B muss dann sein Erzeugnis eine Woche lagern, bevor er es verkauft, und A lagert dasselbe Gut eine weitere Woche vor dem Konsum. Die Überbrückung der Asynchronizität der Güterströme wird somit von Gut Y übernommen. Im anderen Fall findet der Tausch je an ungeraden Wochenenden statt, was eine entsprechende Lagerung von X erfordert. Die Handänderung eines Gutes verursacht immer gewisse Transaktionskosten und seine Lagerung Aufbewahrungskosten. In beiden Fällen werden an sich die gleichen Transfers vorgenommen, jedoch zu verschiedenen Zeitpunkten. Ausserdem bestehen die Lager aus anderen Gütern, und sie verteilen sich anders auf die beiden Marktpartner und die Wochen. Die Wahl der besten Lösung hängt vom Vergleich dieser Transaktions- und Lagerkostenunterschiede ab.

Man kann einen Schritt weitergehen und sich vorstellen, es gebe neben X und Y ein drittes Gut, das weder produziert noch konsumiert wird. Dieses Gut sei «Banknoten» genannt — es könnten auch «Gutscheine» sein. In die­sem Fall steht es A und B frei, X an den geraden, Y jedoch an den ungeraden Wochenenden zu übertragen und jedesmal Banknoten für den Ausgleich zu verwenden. Dadurch entstehen zusätzliche Transfers von Banknoten, und diese müssen ausserdem aufbewahrt werden. Andererseits lässt sich die Lagerhaltung der anderen Güter einschränken und ihr Transfer verschieben. Die Banknoten werden offenbar dann als Tauschmittel gewählt, wenn ihre Auf bewahrungs- und Transaktionskosten im Vergleich zu denen der anderen Güter niedrig genug sind. Minimierung der Transaktions- und Lagerhal­tungskosten bestimmt somit simultan über die erforderlichen Warenlager, die Wahl des Zahlungsmittels und die Kassenhaltung.

5. Das Optimierungsmodell

Im folgenden wird das triviale Beispiel des vorstehenden Abschnitts zu einem Modell allgemeinen Gleichgewichts in einer Marktwirtschaft erwei­tert. Die ökonomische Natur des Problems erfordert den Gebrauch von Methoden der linearen Programmierung. In der Art der Darstellung wird jedoch versucht, den ökonomischen Sinn der Operationen im Vordergrund zu halten.

Die Volkswirtschaft bestehe aus Haushalten 1. . .i, j ' . . .n. Es gebe Güter 1 . . . h... q. Wir betrachten ein «Jahr», bestehend aus 1 . . .t. . . T Tagen (oder Quartalen). Jeden Tag finde sich der Haushalt von der Gunst des Schicksals mit gewissen Gütermengen ausgestattet. Jeden Tag werden andererseits gewisse Gütermengen verbraucht. Ausstattung und Konsum werden im folgenden als «Basisströme» bezeichnet. Es wird, wie gesagt, angenommen, dass über den Verbrauch bereits in einer vorangehenden Phase des Marktprozesses be- 133

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s t i m m t worden sei. Dasselbe gilt für die Güterpreise, ausgedrückt in i rgend­

einer Recheneinhe i t 1 2 . W i r können deshalb die Mengen mi t den Preisen

mult ipl izieren u n d mi t den resul t ierenden Wertgrössen arbeiten, z^ sei die

wertmässige Ausstat tung von Haushal t i mi t Gut h a m Tage t13. y\l sei der

entsprechende Verbrauch. Obgleich die Basisströme als vorgegeben betrachte t

werden , sind sie gewissen Restr ikt ionen unterworfen . F ü r jeden Haushal t gilt

näml ich die Budgetrestr ikt ion

t h t h

während das Marktgleichgewicht ver langt , dass für jede W a r e der Jahresver­

brauch der Volkswirtschaft gleich der gesamten Aussta t tung ist, d. h .

22^ = 22^ h = \...{q-\). t i t i

Das Marktgle ichgewicht für eines der Güte r ergibt sich in der bekannten

Weise aus dem der übr igen und den Budgetrestr ikt ionen. Zu bes t immen ist

der W e r t des Gutes h, das i am Tage t an j verkauft , bezeichnet durch x^L u n d

zwar für alle i, j y (i=f=j), h und t. M a n muss sich vor Augen hal ten , dass mi t der

Fest legung der z u n d y das Netz der personellen Tauschbeziehungen, be­

schrieben durch die x, keineswegs festliegt14 . So kann A seinen Weizen direkt

an den Verbraucher B liefern oder auf dem U m w e g über C usw. W e n n er an

B liefert, kann er es f rüher oder später t u n . Das Problem besteht darin, u n t e r

all diesen verschiedenen Tauschnetzen oder Handelssystemen das beste zu

finden.

M a n m a g sich fragen, w a r u m es je opt imal sein könne, e inen Güters t rom

nicht direkt vom Produzenten zum Konsumenten fliessen zu lassen. Die Ant­

wort liegt, wie i m einfachen Beispiel des zweiten Abschnitts ausgeführt , darin,

dass es in e inem Tauschsystem keine einseit igen Über t r agungen geben darf.

Jeder Güters t rom muss ein quid pro quo haben. Die Marktwirtschaft verlässt

sich nicht blind darauf, dass am Ende des Jahres alle Budgetrestr ikt ionen ge­

w a h r t sind. Sie ver langt Ausgleich von Leis tung und Gegenleis tung Zug u m

Zug. Das Erfordernis bi lateralen Leistungsausgleichs spielt daher in einer

Theor ie der Transaktionskasse eine wesentliche Rolle1 5 . Sind die z und y

12 Das Niveau der Preise ist somit willkürlich; alle Preise in Recheneinheiten kön­nen mit einer beliebigen Zahl multipliziert werden.

13 Wenn zf > 0, wird i im folgenden mitunter als « Produzent » von h bezeichnet. 14 Es ist eine der hauptsächlichen Grenzen der Theorie des allgemeinen Gleichge­

wichts, wie sie seit Walras verstanden wird, dass sie über die personellen Tauschbe­ziehungen nichts aussagt. Aller Tausch findet gleichsam auf einem anonymen Markt statt, und man weiss nicht, wer an wen liefert.

15 Dies hat schon Wicksell deutlich erkannt (vgl. Vorlesungen über Nationalökono-134 mie, 2 Bde., Jena 1913/1922, Bd. II, S.16 ff.).

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einmal bes t immt, wäre es ein unwahrscheinl icher Zufall, w e n n ein solcher

Ausgleich ohne indirekte Über t ragungen möglich wäre . N u r selten trifft eben

der hungr ige Schneider aus der ökonomischen Mythologie gleich auf den

frierenden Bäcker. Infolgedessen schlagen die Güters t röme vielfach indirekte

Wege ein, und damit wird deren Bes t immung zu einer ökonomischen Aufgabe.

Der Vorrat von Haushal t i an Gut h am Ende des t-ten Tages sei mi t s1? be­

zeichnet. Auch diese Vorräte gehören, zusammen mi t den Güters t römen, zu

den gesuchten Grössen.

Es ist entscheidend, dass sowohl Transakt ionen wie die Lagerha l tung i m

vorliegenden Modell etwas kosten. Die Über t r agung von W a r e h im W e r t

einer Recheneinhei t von i a n / koste c£. Recheneinhei ten . Diese Transaktions­

kosten seien dem Güters t rom proport ional1 6 und einfachheitshalber für alle

Tage gleich. Sie werden hier für jeden der sich kreuzenden Güters t röme ge­

t rennt berechnet . Die Lage rung von W a r e h durch Haushal t i koste b%. Auch

diese Lagerhal tungs- oder Aufbewahrungskosten seien der Menge proportio­

nal. b\ ha t den Charakter einer (negativen) Rendi te 1 7 . Die Aufgabe besteht

darin, die x^ und s1? so zu gestalten, dass die vorgesehenen Basisströme mög­

lichst wenig Transaktions- und Vorratskosten verursachen.

Unter den getroffenen A n n a h m e n ist diese Aufgabe ein Problem der linea­

ren P rog rammie rung , w e n n auch mi t gewissen besonderen Eigenar ten . Die

Zielfunktion ist

Min 2222 44* +222*^' i**-t h i j t h i

Eine erste Gruppe von Nebenbedingungen, nqT an der Zahl , besagt, dass für

einen bes t immten Haushal t , e inen bes t immten Tag u n d eine bes t immte

Ware der Überschuss der Verkäufe über die Käufe zuzüglich Lagerzuwachs

• gleich dem Überschuss der Aussta t tung über den Verbrauch ist :

(D 2^ -24 '+^ - ^("1' = zi' - ri j j

16 Im vorerwähnten Aufsatz «Money in a Static Theory of Optimal Payments Arrangements » sind fixe Transaktionskosten mitberücksichtigt. Sie können für die Geldtheorie von besonderem Interesse sein.

17 Man kann sich vorstellen, dass gewisse Güter zwar eine positive Bruttorendite abwerfen, dass aber andererseits subjektive Zeitpräferenz in Rechnung zu stellen sei, so dass die Nettorendite nach Abzug der Zeitpräferenz, gemessen durch bh, negativ wird. Bei positivem b^ gäbe es kein Bestandesoptimum, da es dann stets lohnend wäre, höhere Lager zu halten. Bei gegebener Zeitpräferenz spiegeln die Unterschiede der ò-Koeffizienten die Unterschiede in den (Brutto-)Renditen. 1

i = 1 . . . n

h= 1 . . . Ä

t = 1...T

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Diese werden im folgenden «Ausstattungsrestriktionen» oder «Mittelrestrik­tionen» genannt. Dazu kommen die «bilateralen Ausgleichsrestriktionen». Sie sorgen dafür, dass es zu jedem Güterstrom ein quid pro quo gibt. Im Uni­versum von h Gütern lauten sie

(2) 24-2^ = 0-h h

Es sind diese Ausgleichsrestriktionen, die das vorliegende Problem von «ge­wöhnlichen » linearen Programmierungsproblemen unterscheiden und ihm damit seinen besonderen Charakter geben. Die Zahl der Güter beläuft sich auf x/2 Tn (n-1) — 1. Die Zahl der Tauschbeziehungen ist an sich um Eins grös­ser. Wenn aber der bilaterale Ausgleich für alle Relationen bis auf eine ge­währleistet ist und ausserdem alle Budgetrestriktionen und Gleichgewichtsbe­dingungen gewahrt sind, dann ist die letzte Relation automatisch ausge­glichen. Ausserdem erfordert der stationäre Charakter des Systems, dass die Vorräte am Anfang der ersten Periode denen am Ende der letzten gleich sind, d.h.

(3) #> = $T.

Dies bedeutet, dass nur das volle Gleichgewicht der Ströme und Bestände un­tersucht wird. Schliesslich können sowohl Güterströme wie Lager nicht nega­tiv sein 5 somit

(4) 4^°> (5) sf^O.

Analytisch haben die letzten beiden Restriktionen erhebliche Tragweite, ver­hindern sie doch die Lösung des Problems mit jenen Optimierungstechniken, die schon Walras zur Verfügung standen.

4. Zentralisierte und dezentralisierte Opt imierung

Man kann sich die Lösung dieses Programmierungsproblems so vorstellen, dass eine Planungsbehörde das Netz der Tauschbeziehungen und die Lagerbe­stände quantitativ festlegt. Dies ist jedoch nicht nötig. Die Lösung des Pro­grammierungsproblems impliziert bekanntlich zu jeder der Nebenbedingun­gen (1) und (2) einen Schattenpreis. Die Schattenpreise der Mittelrestriktio­nen haben den Charakter von Preiszuschlägen auf den einzelnen Gütern, zu­sätzlich zu ihrem vorbestimmten Preis, die vom augenblicklichen Besitzer und vom Zeitpunkt abhängen18. Sie werden im folgenden «Stellenwerte»

156 18 Diese Schattenpreise können negativ sein, so dass sich Preisabzüge ergeben.

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genannt. So m a g Gut 1 im ersten Quarta l in der Hand von Haushal t 3 e inen

Stellenwert von 4, in der Hand von 1 aber e inen Stel lenwert von 11 haben.

Durch einen Transfer von 5 an 1 würde das Gut somit an Stel lenwert gewin­

nen. Die Schattenpreise, die den Ausgleichsrestriktionen beigeordnet sind -

man kann sie Ausgleichsprämien n e n n e n - , geben an, in welchem Masse der

bilaterale Ausgleich erleichtert wird, w e n n auf der betreffenden Tauschrela­

tion der Güters t rom u m eine Einhei t e rhöht wird 1 9 . Man kann sich n u n vor­

stellen, dass es den Wirtschaftseinheiten überlassen wird, durch geschickte .

Arbitrage Tauschgewinne zu erzielen, wobei natür l ich i m m e r die entspre­

chenden Transaktions- und Lagerkosten zu bezahlen sind. W o i m m e r marg i ­

nale Gewinne winken, würden un t e r dem Druck der Konkurrenz die Stellen­

werte fallenj wo Verluste drohen, w ü r d e n sie steigen2 0 . W e n n un t e r dem

Druck der Konkurrenz alle Gewinne und Verluste verschwunden sind, gestal­

ten sich die Schattenpreise, wie die Theor ie der l inearen P r o g r a m m i e r u n g

zeigt, genau so, dass alle jene Tauschgeschäfte, die im opt imalen P r o g r a m m

enthalten sind, eben ih re Kosten decken, alle anderen aber Verlust verursa­

chen w ü r d e n 2 1 . Das optimale System von Tauschbeziehungen und Lagerbe­

ständen lässt sich somit auch als das Resultat vol lkommener Konkurrenz in­

terpret ieren. N u r die opt imalen Güters t röme u n d Lagerbestände sind mi t

vol lkommener Konkurrenz vereinbar .

19 Für eine gegebene Tauschrelation gilt in beiden Richtungen die gleiche Aus­gleichsprämie, jedoch mit umgekehrtem Vorzeichen. Wenn eine Erhöhung des Stro­mes in der einen Richtung den Ausgleich erleichtert, muss eine Erhöhung in der an­deren Richtung ihn um gleich viel erschweren.

20 Diese Formulierung ist insofern nicht genau, als über die Dynamik des Anpas­sungsprozesses, insbesondere seine Stabilität, nichts Bestimmtes gesagt werden kann.

21 Das Dualproblem zum obigen Problem postuliert die Maximierung der totalen Stellenwerte

M a x S S S ^ ( ^ - r f ) t h i

unter den Nebenbedingungen

wobei p die Stellenwerte, n die Ausgleichsgebühren bezeichnet. Für Ströme in der optimalen Lösung, und nur diese, erscheint die erste Nebenbedingung als Gleichung. Dies bedeutet, dass der Gewann an Stellenwert plus die Ausgleichsprämie eben die Transaktionskosten deckt. Für ein Tauschgeschäft, bestehend aus zwei entgegenge­setzten Strömen, heben sich die Ausgleichsprämien auf. Für alle Lagerbestände in der optimalen Lösung erscheint die zweite Nebenbedingung als Gleichung. Dies bedeu­tet, dass der Gewinn an Stellenwert durch Vorratshaltung eben die Lagerkosten deckt. Im Optimum ist der totale Stellenwert aller Güter den gesamten Transaktions­und Lagerkosten gleich. 137

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5. Warengeld

Das vorstehende Modell wurde zur Konstruktion von Zahlenbeispielen ver­

wendet , die verschiedene Aspekte der Geldtheorie be leuchten 2 2 . Die ersten

Beispiele i l lustr ieren die W a h l eines Konsumgutes als Zahlungsmit te l , d .h .

als Warengeld . Das Jahr bestehe aus vier Quar ta len. Es gebe vier Wi r t ­

schaftseinheiten, denen ursprüngl ich je eines von vier Gü te rn in einer be­

s t immten Menge zur Verfügung steht 5 jedes Gu t ist somit e inem bes t immten

« P r o d u z e n t e n » zugeordnet 2 3 . Die entsprechenden Basisströme finden sich in

Tabelle 1. So liefert zum Beispiel Haushal t 3 i m dr i t ten Quartal W a r e 3 i m

W e r t von 240 Recheneinhei ten . Die Konsumwer te sind in Tabelle 2 wieder­

gegeben. So konsumier t Haushal t 2 i m ersten Quartal 75 E inhe i ten von Gut

4. Die Zahlen, wenngleich sonst willkürlich, sind so abgest immt, dass sie die

Budgetrestr ikt ionen u n d die Gleichgewichtsbedingungen erfüllen. Die An­

n a h m e n über die Transaktions- u n d Aufbewahrungskosten sind in Tabelle 3

enthal ten . Die optimale Lösung dieses l inearen Programmierungsproblems

geht aus den Tabel len 4 und 5 hervor. So verkauft beispielsweise i m vier ten

Quartal Haushal t 3 20 Einhe i ten von Gu t 1 an Haushal t 4 u n d häl t am Ende

des vier ten Quartals (und damit auch am Anfang des Jahres) 80 Einhe i ten des

gleichen Gutes am Lager .

Das Beispiel ist so gewähl t , dass sich das hauptsächliche Charakter is t ikum

in kurzen W o r t e n ausdrücken lässt. Es besteht darin, dass die Güte r 2, 3 und

4 direkt vom « Produzenten » zum Verbraucher fliessen, während Gut 1 U m ­

wege einschlägt. Dies lässt sich daraus ablesen, dass für die Güte r 2, 3 u n d 4

n u r in der Zeile des betreffenden « P r o d u z e n t e n » E in t ragungen erscheinen,

während bei Gut 1 auch die Wirtschaftseinheiten 3 und 4 als Verkäufer auf-

Tabelle 1 Ausstattung («Produktion»)

Gut

1 2 5 4

« Produzent »

1 2 5 4

1. Quartal

55 50 — —

2. Quartal

55 40 — 75

S.Quartal

55 40

240 —

4. Quartal

55 40 — 75

Jahr

220 150 240 150

22 Für die Durchführung der Rechenarbeit danke ich Herrn Robert Anderson. 23 Gerechnet wurde in allen Beispielen einheitlich mit 6 Gütern, wobei jedoch im

vorliegenden Falle durch die Annahme hoher Transaktionskosten dafür gesorgt wurde, dass 2 Güter in der Lösung nicht vorkommen können. Schon dieses scheinbar kleine Modell enthält somit 384 Variablen und 119 Restriktionen. Dies mag erläu­tern helfen, warum die numerische Auswertbarkeit gewisse analytische Opfer im Vergleich zu einem voll integrierten Modell verlangt. Nicht zuletzt ist das integrierte

138 Modell nichtlinear.

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Tabelle 2 Konsum

Gut

1

2

3

4

Konsument

1 2 5 4 Total

1 2 3 4 Total

1 2 3 4 Total

1 2 3 4 Total

1. Quartal

10 20 30

55

5 60

75 —

75

2. Quartal

50 170

220

10 30 40

55

5 60

— —

3. Quartal

40 40

55

5 60

25 50

75

4. Quartal

_

.

40 40

55

5 60

— —

Jahr

_

50 170

220

20 130 150

220

20 240

.

100 50

150

treten (und somit auch mehr kaufen, als sie konsumieren)24. Wir können sagen, Gut 1 werde im vorliegenden Falle nicht nur als Konsumgut, sondern auch als Zahlungsmittel verwendet. Dieses tritt aber nicht in allen Tauschak­ten auf. Ein Teil des Handels ist vielmehr immer noch direkter Tausch. Dies ist um so eher anzunehmen, je weniger Wirtschaftssubjekte die Volkswirt­schaft umfasst. Bei einer grossen Zahl von Wirtschaftssubjekten und hochent­wickelter Arbeitsteilung ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass der hungrige Schneider den frierenden Bäcker trifft. Bei nur vier Haushalten ist sie aber gross. Es gibt jedoch keinen ökonomischen Grund, weshalb der direkte Tausch je ganz verschwanden, die Monetisierung der Wirtschaft also vollkom­men sein sollte.

24 Tabelle 6 enthält die zugehörigen Schattenpreise für das 1. und 2. Quartal. Zu­sammen mit den Tabellen 3, 4 und 5 erlauben sie dem Leser, die allgemeinen Aus­führungen über die Schattenpreise im vorangehenden Abschnitt nachzuprüfen. Ge­mäss Tabelle 4 ist z. B. Güterstrom x^ positiv. Nach Tabelle 6 fällt der Stellenwert von 11 auf 7, doch winkt dafür eine Ausgleichsprämie von 20. Der «Gewinn» von 16 deckt eben die Transaktionskosten gemäss Tabelle 3. 159

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Tabelle 3 Transaktions- und Lagerhaltungskosten

Gut

1

2

2

4

Verkäufer/ Besitzer

1 2 3 4

1 2 3 4

1 2 3 4

1 2 3 4

Transaktionskosten

Käufer 1

17 18 19

21 18 27

— 24 23 25

23 20 19

Käufer 2

15

19 17

18 — 21 15

25 — 23 22

20 — 21 17

Käufer 3

16 18 — 18

27 18 — 21

24 22 — 24

22 21 — 18

Käufer 4

17 19 17 —

24 15 24 —

23 21 21 —

16 17 18 —

Lagerhal tung-

21 22 24 25

27 15 21 18

23 25 21 22

25 1 2

13

Tabelle 4 Optimale Transaktionen

(Zeilen: Verkäufer; Spalten: Käufer)

Gut Haushalt 1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal

1 2 3 4

55

10 20

55

10

55

10 10

55

20

10 20 10 30 40 40

55 55 55 5 55 15

140

1 2 3 4 30 30 15 40 55

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Tabelle S Optimale Lagerhaltung

Gut

1

2

3

4

Haushalt

1 2 3 4

1 2 3 4

1 2 3 4

1 2 3 4

1. Quartal

40 125

55 5

35

2. Quartal

30 35 45

3. Quartal

10 45

180

35

4. Quartal

10 80 20

110 10

75 35

In e inem zweiten Beispiel werden n u n m e h r die Transaktionskosten für W a r e

2 auf ein Dri t te l der W e r t e in Tabelle 5 heruntergesetz t , während alle übr igen

Daten gleich bleiben. Dami t ändern sich natür l ich das optimale Tauschnetz

und die optimale Lagerha l tung . Die wesentl iche Änderung besteht darin, dass

die Zahlungsmit te l funkt ion von W a r e 1 auf W a r e 2 übergeht . Dementspre ­

chend gehen die Umsätze für W a r e 1 zurück, während sie für W a r e 2 zuneh­

men. Dies geschieht ungeachte t der Tatsache, dass « Produkt ion » u n d Konsum

für W a r e 2, für sich genommen , vol lkommen synchronisiert wären , d .h . , für

jedes Quartal e inander gleich sind. Dies zeigt, dass relativ niedrige Transakt ions­

kosten, ceteris paribus, ein Gut zum Zahlungsmit te l werden lassen25 .

Die Ceteris-paribus-Klausel i m vors tehenden Satz ist wesent l ich: Es ist

nicht etwa so, dass das Gut mi t den niedrigsten Transaktionskosten al lgemein

als Zahlungsmit te l gebraucht wird . Vie lmehr häng t dies auch von den vorge­

gebenen Basisströmen u n d den Aufbewahrungskosten ab. Dazu k o m m t , dass

ja die Transaktionskosten, ebenso wie die Aufbewahrungskosten für das glei­

che Gut , von Haushal t zu Haushal t und von einer Periode zur anderen ver-

25 Es kann allerdings sein, dass die Transaktionskosten nicht so sehr zwischen ein­zelnen Gütern verschieden sind, sondern vielmehr zwischen einzelnen Personen. In diesem Falle führen Transaktionskostenunterschiede nicht unbedingt zur Monetisie-rung der Volkswirtschaft, sondern vielmehr zur Konzentration des Handels bei beson­ders geeigneten Zwischenhändlern. Diese Seite des Problems wurde im statischen Gegenstück zum vorliegenden Aufsatz eingehender abgehandelt.

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Tabelle 6 Schattenpreise, 1. und 2. Quartal

Quartal

Haushalt

1

1 2 5 4

2

1 2 3 4

Gut Stellenwerte

11 30 —2 —9

43 27 18 18

7 5 0

20

25 18 22 13

18 —2

47 10

52 6

46 15

31 22 21 22

50 29 44

6

Bilaterale Ausgleichsprämien*

1 _ _ 8 20 —4 — —23 3 —15 2 8 — 4 — 1 2 2 3 — 2 — 8 3 —20 —4 — —1 —3 —2 — —2 4 4 12 1 — 15 8 2 —

* Zeilen : Verkäufer ; Spalten : Käufer.

schieden sein können, so dass sich oft gar nicht sagen lässt, sie seien für das eine Gut niedriger als für die anderen. Die Geschichte der Geldtheorie ist reich an Versuchen, die Wahl eines Gutes zum Zahlungsmittel mit Hilfe eines einzigen Merkmals wie etwa seiner «Marktgängigkeit» oder «Absatzfä­higkeit» zu erklären. Das vorliegende Modell zeigt, weshalb solche Versuche scheitern müssen. Meint man nämlich mit «Marktgängigkeit» u.dgl. die Häufigkeit der Umsätze des betreffenden Gutes in der optimalen Lösung, so ist die Aussage zirkulär: Gerade die Wahl zum Zahlungsmittel lässt eben die Umsätze des betreffenden Gutes häufiger werden. Meint man aber mit «Marktgängigkeit» oder «Absatzfähigkeit» entweder die Bedeutung eines Gutes im Netz der vorgegebenen Basisströme oder die Transaktionskosten oder die Aufbewahrungskosten, so ist die Aussage falsch, da keines dieser Daten für sich allein, sondern nur im Zusammenspiel mit den anderen über die Zahlungsmittelfunktion entscheidet26. Nur in Sonderfällen ist es möglich, einem Gut an irgendwelchen Merkmalen von vornherein anzusehen, ob es sich zum Zahlungsmittel eignet oder nicht. Im allgemeinen kann erst die Lösung des Programmierungsproblems darüber Auskunft geben, und schein­bar unbedeutende, in ihrer Tragweite nicht zu durchschauende Änderungen in den Daten können zu einer weitreichenden Veränderung des Zahlungssy­stems Anlass geben.

26 Eine der Grenzen von Bernholz' Analyse liegt darin, dass er Aufbewahrungs-und Transportkosten nur je für sich analysiert und nicht in ihrem Zusammenspiel. Seine Schlussfolgerung (a.a.O., S. 15), dass ein Gut zum Zahlungsmittel werde, wenn es entweder die niedrigsten Transport- oder die niedrigsten Aufbewahrungskosten

142 habe, ist deshalb nicht allgemein richtig.

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6. Stoffwertloses Geld

Das Zahlungsmit te l des vorangehenden Abschnittes war Warengeld . Das

Modell ist jedoch, wie gesagt, so gebaut , dass es auch stoffwertloses Geld zu er­

fassen vermag. Zu diesem Zweck führen wir ein fünftes Gut ein, ebenfalls

mit Transaktions- u n d Aufbewahrungskosten. Dieses findet sich aber nicht in

der ursprüngl ichen Aussta t tung (es gibt keine « P r o d u k t i o n » ) , noch wird es

verbraucht, d .h .

zf=y\l == 0 für t = 1. . . 4 , i = 1. . . 4 .

Vielmehr ist es ein reines Bestandesgut. I m folgenden wird es, der Analyse

vorgreifend, schlechthin Geld genannt . Obgleich dieses Geld keinen direkten

Nutzen hat , kann es vorteilhaft sein, es im Tausch zu gebrauchen und Lager­

bestände davon zu hal ten. Natür l ich häng t dies, ceteris paribus, von den

Transaktions- u n d Aufbewahrungskosten ab. Ausgehend vom zweiten Bei­

spiel des vorangehenden Abschnittes werden im folgenden die Transakt ions­

kosten für Geld schrittweise von 5 auf 0 gesenkt, jedesmal einheitl ich für alle

Haushalte, w ä h r e n d die Aufbewahrungskosten durchwegs auf 5 gehal ten

werden2 7 . Fü r jeden dieser Fälle w u r d e n durch die numerische Lösung

des Programmierungsproblems die opt imalen Tauschbeziehungen und Lager­

bestände festgestellt. Die Lagerbestände an Geld werden im folgenden als

Kassenhaltung bezeichnet. Dieses Exper iment i l lustr iert die Konsequenzen

technischen Fortschritts im Geldgebrauch.

Wie aus Tabelle 7 hervorgeht , wird das stoffwertlose Geld bei Transak­

tionskosten von 5 noch nicht verwendet \ v ie lmehr dient Gut 2 nach wie vor

als Warengeld . Bei n iedr igeren Transaktionskosten wird es aber vorteilhaft,

Tabelle 7 Stoffwertloses Geld

Transaktionskosten für Geld

5 4 5 2 1 0

Kassenhaltung

0 10 10 25 25 50

Summe uer Geldumsätze

0 120 180 240 240 250

Umlaufs­geschwindigkeit

12 18 10 10

8

Monetisierungsgrad

0 26,7 38,5 48,0 48,0 49,5

27 Die Bruttoaufbewahrungskosten oder « Renditen » für stoffwertloses Geld kön­nen ohne weiteres als Null angenommen werden, wie dies der Wirklichkeit einiger-massen entspricht. 5 misst dann die Zeitpräferenz. Es sei darauf aufmerksam ge­macht, dass Geld keineswegs die niedrigsten Aufbewahrungskosten hat; gewisse an­dere Anlagen « rentieren » besser. 145

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es als Tauschmittel einzusetzen und zu diesem Zweck auch in der Kasse zu halten. Mit fortgesetzt fallenden Transaktionskosten steigt die Summe der Geldumsätze. Die Kassenhaltung steigt auch, zuerst langsamer, dann schneller als die Umsätze, so dass die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes zuerst steigt, dann fällt. Hand in Hand steigt auch das Verhältnis der Geldumsätze zum (in der Tabelle nicht enthaltenen) Total aller Umsätze, das als Anzeiger für den Monetisierungsgrad der Volkswirtschaft betrachtet werden kann. Fort­schritte der Zahlungstechnik lassen somit den Monetisierungsgrad steigen.

An dieser Stelle muss die Frage des Preisniveaus berührt werden. Alle Ströme und Bestände sind, wie gesagt, in einer beliebig gewählten Rechen­einheit gemessen. Wenn wir Gut 5, also das Geld, als Recheneinheit wäh­len, wird der Preis der Geldeinheit Eins, und alle Ströme und Bestände sind in Geldeinheiten gemessen. Die zweite Spalte in Tabelle 7 gibt dann an, wel­che Geldmenge in der Volkswirtschaft nachgefragt wird, wenn das absolute Niveau der Güterpreise, ausgedrückt in Geld, auf einer bestimmten Höhe willkürlich festgesetzt ist. Selbst wenn Banknoten an jedem Jahresanfang in beliebiger Menge erhältlich wären, würde bei gegebenen Güterpreisen keine grössere Menge beansprucht, sofern jeder Haushalt am Ende des Jahres wie­der den gleichen Kassenbestand vorweisen muss. Dies liegt daran, dass höhere Kassenbestände höhere Aufbewahrungskosten verursachen, die durch die Er­sparnis an Transaktionskosten nicht aufgewogen werden.

Man kann aber das Problem auch umkehren und die Geldmenge als gege­ben betrachten. Man stelle sich etwa vor, die Transaktionskosten für Geld seien Null, die Geldmenge sei aber nicht 50, sondern nur 10. Bei den herrschenden Preisen kann somit das Optimum oder Marktgleichgewicht nicht erreicht werden. Es wird aber erreicht, wenn alle Preise auf ein Drittel fallen. Das Modell zeigt nämlich, dass bei stoffwertlosem Geld, wenn es das einzige Bestandesgut ist, sowohl die Zielfunktion wie auch die Restriktionen homogen vom Grade Eins sind. Alle optimalen Ströme und Bestände ver­schieben sich daher bei einer proportionalen Verschiebung von Geldmenge und Güterpreisen im gleichen Verhältnis28. Für stoffwertloses Geld gilt somit das Prinzip der Quantitätstheorie29.

28 Man erinnere sich daran, dass alle Ströme und Bestände das Produkt eines Prei­ses und einer Menge sind. Für Geld ist der Preis im vorliegenden Falle definitionsge-mäss Eins.

29 p u r Warengeld gilt die Quantitätstheorie nicht; eine Verdoppelung der Geldbe­stände begleitet von einer Verdoppelung der Güterpreise vermag das Gleichgewicht, wie ein Blick auf das Modell zeigt, nicht zu erhalten, da « Produktion » und Konsum des Warengeldes festliegen.

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7. Zwei liquide Vermögensanlagen - Geld und «Schatzwechsel»

Bisher gab es in der Modellwirtschaft nur ein einziges reines Bestandesgut, das Geld. Nunmehr sei angenommen, es gebe ausserdem ein zweites, «SchatZr-wechsel » genannt. Im Unterschied zum Geld tragen diese Zins, so dass ihre Auf­bewahrungskosten insgesamt niedriger sind als die des Geldes. Im Gegensatz zu Kapitalgütern mit relativ hohen Renditen sind jedoch ihre Transaktionskosten relativ niedrig. Nehmen wir an, die Aufbewahrungskosten des Geldes seien nach wie vor 5, jene der Schatzwechsel 2 pro Quartal, während die Transaktions­kosten des Geldes auf 1 festgesetzt werden. Es stellt sich zunächst die Frage, wie die Wirtschaft auf Fortschritte in der Technik des Kreditmarktes, ausge­drückt durch ein schrittweises Fallen der Transaktionskosten für Schatzwechsel, reagiert. Um sie zu beantworten, legen wir den Transaktionskosten nacheinan­der Werte von 5 bis 1 bei und errechnen jedesmal die optimale Lösung. Die Hauptzüge des Ergebnisses sind in Tabelle 8 festgehalten. Es zeigt sich, dass die sinkenden Transaktionskosten für Schatzwechsel die Haushalte veranlassen, immer weniger Kasse und immer mehr Schatzwechsel zu halten. Hand in Hand damit verdrängen die Schatzwechsel das Geld auch aus seiner Zahlungsmittel­funktion, abzulesen an den Umsatzzahlen. Wenn die Transaktionskosten der Schatzwechsel vollends auf die Höhe jener des Geldes gesunken sind, wird das Geld angesichts seiner höheren Aufbewahrungskosten naturgemäss überhaupt nicht mehr gebraucht.

Wiederum liefert das Modell die nachgefragten Bestände bei vorgegebenen Preisen und Renditen. Auch hier kann man die Frage aber umkehren und an­nehmen, der Staat versorge die Wirtschaft mit vorgegebenen Mengen an Geld und Schatzwechseln. Nunmehr genügt das Preisniveau aber nicht mehr, um Gleichgewicht herzustellen $ wenn es neben dem Geld andere reine Bestandes­güter gibt, verliert die Quantitätstheorie ihre Geltung. Eine weitere Grösse, die bisher als gegeben betrachtet wurde, rruss sich anpassen können. Im vorliegen­den Fall sind dies die Transaktionskosten für Schatzwechsel, die als Massstab für deren «Marktgängigkeit» oder «Liquidität» betrachtet werden können30.

Tabelle 8 Geld und «Schatzwechsel»

Transaktionskosten

5 3 1

Bestandesnachfrage

Geld

25 20

0

Schatzwechsel

0 5

55

Umsätze

Geld

240 230

0

Schatzwechsel

0 10

260

30 Für andere Zwecke würde man die Liquidität einer Anlage natürlich anders de­finieren.

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Wenn der Staat die Wirtschaft mit bestimmten Mengen von Geld und Schatz­wechseln ausstatten will, ohne aber die Erträge der Schatzwechsel zu ändern, so muss er nicht nur eine entsprechende Anpassung des Preisniveaus in Kauf neh­men, sondern die Kreditinstrumente auch mit der richtigen Liquidität ausstat­ten.

8. Die Zinsempfindlichkeit der Kassenhaltung

Wenn einmal zwei reine Bestandesgüter im Modell vorkommen, lassen sich schliesslich Experimente über die Zinsempfindlichkeit der Geld- und Kredit­nachfrage durchführen. Zu diesem Zweck wurden die Transaktionskosten für Geld einheitlich auf 0, jene für das Kreditinstrument auf 2 festgesetzt. Dies soll den typischen Vorzug des Geldes für Transaktionszwecke zum Ausdruck brin­gen. Die Aufbewahrungskosten des Geldes wurden mit 5 angenommen. Den Aufbewahrungskosten für Schatzwechsel hingegen wurden der Reihe nach ver­schiedene Werte zwischen 2,5 und 0,5 beigelegt 5 die Differenz zwischen den Aufbewahrungskosten für Geld und Schatzwechsel spiegelt den Unterschied im Zinsertrag. Für jede Konstellation wurde die optimale Bestandesnachfrage für beide Anlagegüter aus der optimalen Lösung entnommen. Das Ergebnis ist in Tabelle 9 zusammengefasst. Je niedriger die Differenz der Aufbewahrungsko­sten zugunsten der Schatz Wechsel, um so höher ist die Nachfrage nach Kassen­mitteln, um so niedriger die Nachfrage nach Schatzwechseln. Das Modell liefert somit eine Erklärung für die negative Zinselastizität der Geldnachfrage, die allein auf Transaktionsmotiven beruht. Plausiblerweise ist die Zinselastizität der Schatzwechselnachfrage numerisch höher als die des Geldes31.

Wenn der Staat umgekehrt sowohl die Geld- wie die Kreditmenge festsetzt, und die «Liquidität» der Schatzwechsel, gemessen an deren Transaktionsko-

Tabelle 9 Zinsempfindlichkeit der Geld- und Kreditnachfrage

Auf bewahrungs-kosten Schatzwechsel

0,5 1,5 2,5

Auf bewahrungskosten Geld

3 3 3

Differenz zugunsten Schatzwechsel

2,5 1,5 0,5

Bestandesnachfrage

Geld Schatzwechsel

0 20 30

95 25

0

31 Die Ausführungen dieses und des vorangehenden Abschnittes berühren sich mit jenen von Baumol und Tobin in den obenerwähnten Aufsätzen. Nach wie vor liegt der wesentliche Unterschied der beiden Betrachtungsweisen darin, dass hier auch der Güteraustausch und die Warenlager und nicht nur die Anlage eines gegebenen Ver­mögens analysiert wird. Bei Baumol und Tobin kann die Kreditnachfrage nicht um mehr zurückgehen, als die Geldnachfrage steigt.

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sten, gegeben ist, muss eine entsprechende Anpassung der Geldpreise und der Zinssätze für «Schatzwechsel» für Gleichgewicht sorgen. Damit wird neben dem Preisniveau der Zins (im Modell: der Aufbewahrungskostensatz für Schatzwechsel) eine endogene Grösse. Dies zeigt, dass das vorliegende Modell wohlbekannte makro-ökonomische Zusammenhänge zutreffend wiedergibt.

9. Schlussbemerkung

Natürlich erheben willkürlich konstruierte Zahlenbeispiele mit vier Haushal­ten, vier bis sechs Gütern und vier Perioden nicht den Anspruch, auch nur ent­fernt ein quantitatives Abbild der Wirklichkeit zu bieten. Ihre Aufgabe liegt vielmehr darin, Implikationen des Modells, die von geldtheoretischem Interesse sind, anschaulich zu machen. Sie zeigen, dass eine Theorie des allgemeinen Gleichgewichts unter Einbeziehung der Transaktions- und Aufbewahrungsko­sten in der Tat eine simultane Erklärung der Lagerhaltung, der Wahl der Zah­lungsmittel, des Geldgebrauchs, der Geldnachfrage und des Zusammenwirkens mehrerer Vermögensanlagen zu bieten vermag, die eine sinnvolle ökonomische Interpretation erlaubt. Der nächste Schritt ist die volle Integration der Produk­tions-, Verbrauchs- und Zahlungssphäre.

147

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Zusammenfassung

Für eine Tauschwirtschaft mit gegebenem Endverbrauch wird anhand eines linea­ren Programmierungsmodells gezeigt, wie sich die Wahl des Zahlungsmittels und die Nachfrage nach Geld (und anderen Lagerbeständen) durch die Minimierung der Auf-bewahrungs- und Transaktionskosten bestimmen lässt. Das Modell ist insoweit dyna­misch, als die Güterströme von Tag zu Tag wechseln können. Anhand des Dualpro­blems wird ausgeführt, dass dem optimalen Zahlungsnetz ein System von Konkur­renzpreisen entspricht. Mit Hilfe von numerischen Beispielen werden verschiedene komparativ-statische Eigenschaften des Systems illustriert, darunter insbesondere die Zinsempfindlichkeit der Geldnachfrage.

The Demand for Money in a «Dynamic» Theory of Optimal Payments

Arrangements

Abstract

A linear programming model for an exchange economy with given consumption is used to show how the choice of a medium of exchange and the demand for money (and other stocks) can be determined by minimizing transactions and storage costs. The model is dynamic inasmuch as commodity flows may change from day to day. The dual is interpreted as determining a system of competitive prices corresponding to the optimal payments arrangement. Various comparative-static characteristics of the system (including, in particular, the reaction of the demand for money to interest rates) are illustrated with the aid of numerical examples.

La demande d'argent dans une théorie d'optimum des accords de payements

Résumé

Un modèle de programmation linéaire pour l'économie d'échange d'une consom­mation donnée démontre que le choix d'un moyen de payement, la demande d'argent (et d'autres stocks) sont déterminés par la minimisation des frais de transport et de magasinage. Ce modèle est dynamique pour autant que les flots de marchandises changent journellement. Le problème dual est interprété pour déterminer un système de prix compétitifs, correspondant à l'accord de payement optimal. Différen­tes charactéristiques, comparatives-statiques du système, sont illustrées par des exem­ples numériques, notamment la sensibilité de la demande d'argent due à la variation de l'intérêt.