Die Giessereien GF Konzern –51 –28 ILD Agie Charmilles –24 ... · 16 Schweiz Mittwoch, 20....

1
LUKAS MARTY UND PETER LEIBFRIED Es war im Jahr 2004, da fällte das Interna- tional Accounting Standards Board (IASB) eine folgenschwere Entscheidung: Nach dem damals neuen internationalen Rech- nungslegungsstandard IFRS 3 mussten er- worbene Firmenwerte (Goodwill) zukünf- tig nicht mehr planmässig abgeschrieben werden. Stattdessen sollte ein jährlicher Impairment-Test klären, ob die ausgewie- senen Positionen noch werthaltig sind. Goodwillabwertungen drücken sich seit- her nur noch in ausserplanmässigen Ab- schreibungen aus (Impairment only). Zu- vor war eine Abschreibungsdauer von fünfzehn bis zwanzig Jahren die Regel. Firmenwerte ergeben sich immer dann, wenn der Kaufpreis bei einer Un- ternehmensübernahme höher ist als die Summe der einzeln identifizierbaren er- worbenen Vermögenswerte und Schul- den. Das ist heutzutage bei fast jedem Unternehmenskauf der Fall. Tücken des Impairment In der Fachwelt waren die neuen Rege- lungen von Anfang an heftig umstritten. Im Mittelpunkt stand dabei der Vorwurf, die auf zukünftigen Planungsrechnungen basierenden Impairment-Tests würden erheblichen bilanzpolitischen Spielraum eröffnen, da mit allzu optimistischen Pro- gnosen an sich notwendige Wertberichti- gungen hinausgezögert werden könnten. Ein wesentlicher Teil der meist mithilfe diskontierter zukünftiger Zahlungsströme berechneten Unternehmenswerte liegt nämlich nicht in den nächsten paar Jah- ren, sondern in der fernen Zukunft. Darüber hinaus wurden prozyklische Effekte befürchtet: In guten wirtschaftli- chen Zeiten sind aufgrund allgemein posi- tiver Aussichten keine Abschreibungen notwendig, während in einer Krisensitua- tion die ohnehin schon schlechten Zahlen durch das Goodwill Impairment noch weiter verschlechtert werden. Gerade in einer schwierigen Lage werden also wei- tere bilanzpolitische Anreize gesetzt, die einer vorsichtigen Bilanzierung entge- genlaufen. Dass die Regelungen damals dennoch beschlossen wurden, war ver- schiedenen politischen Kompromissen geschuldet, unter anderem einer Annähe- rung von IFRS und US-Gaap. Einige Jahre später werden die Folgen der neuen Rechnungslegung immer stär- ker sichtbar. Eine aktuelle Auswertung des Instituts für Accounting, Controlling und Auditing der Universität St. Gallen (ACA- HSG) offenbart, dass sich der kumulierte Goodwill aller SMI-Unternehmen zum Ende des Geschäftsjahres 2010 auf mehr als 121 Mrd. Fr. beläuft. Er ist damit na- hezu doppelt so hoch wie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Impairment-only- Ansatzes im Jahr 2004. Auch der prozentuale Anteil des Good- wills am gesamten Vermögen der Unter- nehmen hat sich verdoppelt; das Anstei- gen der Firmenwerte lässt sich also nicht mit einem allgemeinen Anstieg der Bilanzsummen durch wirtschaftliches Wachstum erklären. Besonders bemer- kenswert ist, dass auch in den Krisen- jahren 2008 und 2009 keine wesentlichen Wertberichtigungen vorgenommen wur- den. Dies lässt sich mit dem hohen Anteil weit in der Zukunft liegender Zahlungs- ströme in den Planungsrechnungen erklä- ren, die sich auch in Krisenzeiten nicht verändert haben. Interessant war zu beobachten, dass der Kapitalmarkt die Zukunft während der Finanz- und Wirtschaftskrise zum Teil deutlich zurückhaltender einschätzte als die bilanzierenden Unternehmen selbst. Entsprechend sank bei einigen kotierten Gesellschaften die Börsenkapitalisierung während der Krise unter das ausgewie- sene Eigenkapital. Nutzungsdauer fraglich Die sich aus dieser Entwicklung ergeben- den Risiken werden deutlich, wenn man die sich aus den seit 2004 vorgenomme- nen Abschreibungen implizit ergebende Nutzungsdauer betrachtet. Während die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Firmenwerts zuvor bei sechzehn Jahren lag, hat sie sich seither auf rund 160 Jahre praktisch verzehnfacht. Dass dies in einer dynamischen Wis- sens- und Informationsgesellschaft auch in gut geführten Unternehmen nicht der Regelfall sein dürfte, liegt auf der Hand. Schon aus rein praktischen Gründen wird es kaum möglich sein, die Existenz eines erworbenen Firmenwerts anhand von Planungsrechnungen über eine so lange Zeit in einem Unternehmen nach- zuvollziehen. Aus Anlegersicht ist daher eine Schussfolgerung unumgänglich: Die Ergebnisse der letzten paar Jahre sind für die zukünftigen Entwicklungen beim Goodwill Impairment mit Sicherheit nicht repräsentativ. Erschwerend kommt hinzu, dass der steigende relative Anteil von Firmenwer- ten an der gesamten Bilanzsumme einen immer grösseren Anteil der ausgewiese- nen Vermögenswerte einer auf zukünfti- gen Planungsrechnungen basierenden Bewertung durch die Unternehmenslei- tung unterwirft. Grundsätzlich sind zwar alle Vermögenswerte in irgendeiner Weise von der Zukunft abhängig: Auch eine erworbene Baumaschine rechtfertigt nur dann ihren bilanziell ausgewiesenen Wert, wenn sie auch in Zukunft gewinnbrin- gend eingesetzt werden kann. Die Bewertungsgrundlagen sind durch marktkonforme Anschaffungskosten, weitgehend homogene Produkte und eine überschaubare Nutzungsdauer aber den- noch von wesentlich mehr Verlässlichkeit geprägt als bei einem möglicherweise unendlich nutzbaren Firmenwert. Ein im- mer grösserer Teil der Vermögenswerte ist daher mit besonders hohen Bewertungs- risiken behaftet, die auch die Revisions- stelle nicht eliminieren kann. Denn die Zukunft ist nun einmal ungewiss und lässt sich erst im Nachhinein verifizieren. Für Anleger prüfenswert Anleger sollten bei der Beurteilung von Unternehmen daher ein Augenmerk auf die bei der Bilanzierung von Goodwill angewendeten Annahmen richten. Sie sind dem Anhang zur Jahresrechnung zu entnehmen und umfassen beispielsweise angenommene Wachstumsraten und ver- wendete Diskontsätze. Auch die bilanzie- renden Unternehmen sollten sich ange- sichts der möglicherweise grundlegenden Kritik am Impairment-only-Ansatz nicht allzu sicher sein: Die Geschichte der inter- nationalen Rechnungslegung zeigt, dass fast nichts in Stein gemeisselt ist. Irgend- wann wird dieses Problem also mögli- cherweise auch den Standard Setter wie- der auf den Plan rufen. Besonders herausfordernd dürfte dann die Frage zu beantworten sein, mit wel- chem technischen Kniff die zu diesem Zeitpunkt in den Jahresrechnungen aus- gewiesenen Goodwillpositionen aus den Bilanzen zu entfernen sind. Traditionell wurden immaterielle Werte immer direkt vom Eigenkapital abgesetzt; der Standard Setter sollte sich mit einer Neuregelung vielleicht beeilen. Lukas Marty, Partner International Accounting & Reporting und Mitglied der Geschäftsleitung von KPMG Schweiz. Prof. Peter Leibfried, Geschäftsführender Direktor am Institut für Accounting, Controlling und Auditing der Universität St. Gallen (HSG). Viel Zukunft in den Bilanzen Ein wachsender Anteil der Bilanzsumme von Schweizer Unternehmen besteht aus Goodwill – Eine Studie spricht von mehr als 121 Mrd. Fr. für die SMI-Gesellschaften SMI 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 Kumulierter Goodwill in Mio. Fr. 121 272 103 842 110 095 114 636 101 872 89 184 67 564 Kumuliertes jährliches Impairment in Mio. Fr. 464 1382 1106 342 55 565 4170 Kumulierte jährliche Wertminderung in % 0,38 1,33 1 0,30 0,05 0,63 6,17 Anteil Goodwill an der Bilanzsumme in % 3,57 2,91 2,55 2,3 2,05 1,94 1,75 Quelle: ACA-HSG Goodwill steigt von Jahr zu Jahr

Transcript of Die Giessereien GF Konzern –51 –28 ILD Agie Charmilles –24 ... · 16 Schweiz Mittwoch, 20....

16 Schweiz Mittwoch, 20. Juli 2011 · Nr. 57

Lukas Marty und Peter Leibfried

Es war im Jahr 2004, da fällte das Interna-tional Accounting Standards Board (IASB) eine folgenschwere Entscheidung: Nach dem damals neuen internationalen Rech-nungslegungsstandard IFRS 3 mussten er-worbene Firmenwerte (Goodwill) zukünf-tig nicht mehr planmässig abgeschrieben werden. Stattdessen sollte ein jährlicher Impairment-Test klären, ob die ausgewie-senen Positionen noch werthaltig sind. Goodwillabwertungen drücken sich seit-her nur noch in ausserplanmässigen Ab-schreibungen aus (Impairment only). Zu-vor war eine Abschreibungsdauer von fünfzehn bis zwanzig Jahren die Regel.

Firmenwerte ergeben sich immer dann, wenn der Kaufpreis bei einer Un-ternehmensübernahme höher ist als die Summe der einzeln identifizierbaren er-worbenen Vermögenswerte und Schul-den. Das ist heutzutage bei fast jedem Unternehmenskauf der Fall.

Tücken des ImpairmentIn der Fachwelt waren die neuen Rege-lungen von Anfang an heftig umstritten. Im Mittelpunkt stand dabei der Vorwurf, die auf zukünftigen Planungsrechnungen basierenden Impairment-Tests würden erheblichen bilanzpolitischen Spielraum eröffnen, da mit allzu optimistischen Pro-gnosen an sich notwendige Wertberichti-gungen hinausgezögert werden könnten. Ein wesentlicher Teil der meist mithilfe diskontierter zukünftiger Zahlungsströme berechneten Unternehmenswerte liegt nämlich nicht in den nächsten paar Jah-ren, sondern in der fernen Zukunft.

Darüber hinaus wurden prozyklische Effekte befürchtet: In guten wirtschaftli-chen Zeiten sind aufgrund allgemein posi-tiver Aussichten keine Abschreibungen notwendig, während in einer Krisensitua-tion die ohnehin schon schlechten Zahlen durch das Goodwill Impairment noch weiter verschlechtert werden. Gerade in einer schwierigen Lage werden also wei-tere bilanzpolitische Anreize gesetzt, die einer vorsichtigen Bilanzierung entge-genlaufen. Dass die Regelungen damals dennoch beschlossen wurden, war ver-schiedenen politischen Kompromissen geschuldet, unter anderem einer Annähe-rung von IFRS und US-Gaap.

Einige Jahre später werden die Folgen der neuen Rechnungslegung immer stär-ker sichtbar. Eine aktuelle Auswertung des Instituts für Accounting, Controlling und Auditing der Universität St. Gallen (ACA-HSG) offenbart, dass sich der kumulierte Goodwill aller SMI-Unternehmen zum Ende des Geschäftsjahres 2010 auf mehr als 121 Mrd. Fr. beläuft. Er ist damit na-hezu doppelt so hoch wie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Impairment-only-Ansatzes im Jahr 2004.

Auch der prozentuale Anteil des Good-wills am gesamten Vermögen der Unter-nehmen hat sich verdoppelt; das Anstei-

gen der Firmenwerte lässt sich also nicht mit einem allgemeinen Anstieg der Bilanzsummen durch wirtschaftliches Wachstum erklären. Besonders bemer-kenswert ist, dass auch in den Krisen-jahren 2008 und 2009 keine wesentlichen Wertberichtigungen vorgenommen wur-den. Dies lässt sich mit dem hohen Anteil weit in der Zukunft liegender Zahlungs-ströme in den Planungsrechnungen erklä-ren, die sich auch in Krisenzeiten nicht verändert haben.

Interessant war zu beobachten, dass der Kapitalmarkt die Zukunft während der Finanz- und Wirtschaftskrise zum Teil deutlich zurückhaltender einschätzte als die bilanzierenden Unternehmen selbst. Entsprechend sank bei einigen kotierten Gesellschaften die Börsenkapitalisierung während der Krise unter das ausgewie-sene Eigenkapital.

Nutzungsdauer fraglichDie sich aus dieser Entwicklung ergeben-den Risiken werden deutlich, wenn man die sich aus den seit 2004 vorgenomme-nen Abschreibungen implizit ergebende Nutzungsdauer betrachtet. Während die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Firmenwerts zuvor bei sechzehn Jahren

lag, hat sie sich seither auf rund 160 Jahre praktisch verzehnfacht.

Dass dies in einer dynamischen Wis-sens- und Informationsgesellschaft auch in gut geführten Unternehmen nicht der Regelfall sein dürfte, liegt auf der Hand. Schon aus rein praktischen Gründen wird es kaum möglich sein, die Existenz eines erworbenen Firmenwerts anhand von Planungsrechnungen über eine so lange Zeit in einem Unternehmen nach-zuvollziehen. Aus Anlegersicht ist daher eine Schussfolgerung unumgänglich: Die Ergebnisse der letzten paar Jahre sind für die zukünftigen Entwicklungen beim Goodwill Impairment mit Sicherheit nicht repräsentativ.

Erschwerend kommt hinzu, dass der steigende relative Anteil von Firmenwer-ten an der gesamten Bilanzsumme einen immer grösseren Anteil der ausgewiese-nen Vermögenswerte einer auf zukünfti-gen Planungsrechnungen basierenden Bewertung durch die Unternehmenslei-tung unterwirft. Grundsätzlich sind zwar alle Vermögenswerte in irgendeiner Weise von der Zukunft abhängig: Auch eine erworbene Baumaschine rechtfertigt nur dann ihren bilanziell ausgewiesenen Wert, wenn sie auch in Zukunft gewinnbrin-gend eingesetzt werden kann.

Die Bewertungsgrundlagen sind durch marktkonforme Anschaffungskosten, weitgehend homogene Produkte und eine überschaubare Nutzungsdauer aber den-noch von wesentlich mehr Verlässlichkeit geprägt als bei einem möglicherweise unendlich nutzbaren Firmenwert. Ein im-mer grösserer Teil der Vermögenswerte ist daher mit besonders hohen Bewertungs-risiken behaftet, die auch die Revisions-

stelle nicht eliminieren kann. Denn die Zukunft ist nun einmal ungewiss und lässt sich erst im Nachhinein verifizieren.

Für Anleger prüfenswertAnleger sollten bei der Beurteilung von Unternehmen daher ein Augenmerk auf die bei der Bilanzierung von Goodwill angewendeten Annahmen richten. Sie sind dem Anhang zur Jahresrechnung zu entnehmen und umfassen beispielsweise angenommene Wachstumsraten und ver-wendete Diskontsätze. Auch die bilanzie-renden Unternehmen sollten sich ange-sichts der möglicherweise grundlegenden Kritik am Impairment-only-Ansatz nicht allzu sicher sein: Die Geschichte der inter-nationalen Rechnungslegung zeigt, dass fast nichts in Stein gemeisselt ist. Irgend-wann wird dieses Problem also mögli-cherweise auch den Standard Setter wie-der auf den Plan rufen.

Besonders herausfordernd dürfte dann die Frage zu beantworten sein, mit wel-chem technischen Kniff die zu diesem Zeitpunkt in den Jahresrechnungen aus-gewiesenen Goodwillpositionen aus den Bilanzen zu entfernen sind. Traditionell wurden immaterielle Werte immer direkt vom Eigenkapital abgesetzt; der Standard Setter sollte sich mit einer Neuregelung vielleicht beeilen.

Lukas Marty, Partner International Accounting & Reporting und Mitglied der Geschäftsleitung von KPMG Schweiz. Prof. Peter Leibfried, Geschäftsführender Direktor am Institut für Accounting, Controlling und Auditing der Universität St. Gallen (HSG).

Viel Zukunft in den BilanzenEin wachsender Anteil der Bilanzsumme von Schweizer Unternehmen besteht aus Goodwill – Eine Studie spricht von mehr als 121 Mrd. Fr. für die SMI-Gesellschaften

SMI 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004Kumulierter Goodwill in Mio. Fr. 121 272 103 842 110 095 114 636 101 872 89 184 67 564Kumuliertes jährliches Impairment in Mio. Fr. 464 1382 1106 342 55 565 4170Kumulierte jährliche Wertminderung in % 0,38 1,33 1 0,30 0,05 0,63 6,17Anteil Goodwill an der Bilanzsumme in % 3,57 2,91 2,55 2,3 2,05 1,94 1,75

Quelle: ACA-HSG

Goodwill steigt von Jahr zu Jahr

Georg Fischer drängt nach ChinaUngünstige Wechselkurse verstärken Auslagerungstrend – Respektable Leistung – Kaufen, wenn andere zittrig werden

Manfred rösch

Luftige Chinaseide statt luftabschnei-dendes Frankenkorsett – was sich Georg Fischer (GF) sagt, wird gegen-

wärtig auch in anderen Schweizer Indus-trieunternehmen geplant und umgesetzt. Die Division Agie Charmilles des GF-Kon-zerns baut Werkzeugmaschinen; zwei Drittel der Produktion finden in der Schweiz statt, die Kunden sind fast nur im Ausland. Zu aktuellen Wechselkursver-hältnissen ist dieses Geschäft frustrierend. Georg Fischer wird das Transaktionsrisiko, dem Agie Charmilles stärker ausgesetzt ist als die beiden anderen Geschäftszweige Piping Systems (Rohrleitungssysteme) und Automotive (Metallgussteile für den Automobilbau), verringern.

Im Februar hat Agie Charmilles in China ein neues Werk für Fräsmaschinen in Betrieb genommen. Zusätzlich wird nun ein Teil der Produktion von Erosions-maschinen für den Weltmarkt von der Schweiz ins Werk Peking verlagert. Das Währungsproblem hat den Aufbau von Kapazitäten in den Hauptabsatzmärkten nicht ausgelöst – dieser Trend läuft unab-hängig davon seit Jahren –, doch die Flucht aus den Hartwährungskosten macht die Verschiebung noch dringlicher.

Fortschritte trotz HandicapDer Wechselkurseffekt ist in der Tat hap-pig. Nur so viel: Auf Stufe Konzern «verlor» GF im ersten Halbjahr 243 Mio. Fr. Umsatz und 51 Mio. Fr. Ebit (vgl. Kasten rechts). Der «Cocktail», den CEO Yves Serra da-gegen verabreicht, enthält die bekannten Zutaten: Die betriebliche Effizienz stei-gern, das Sortiment erneuern, marktscho-nend Preise erhöhen, Leistungen in Euro oder Dollar zukaufen und eben, wo nötig, mittelfristig Kapazitäten verlagern.

Dass Georg Fischer trotz der ungünsti-gen Währungsszene den Umsatz 10% und den Gewinn 124% gesteigert hat, ist res-pektabel. Die für 2012 und die Folgejahre gesetzten Ziele von 8% Ebit-Marge und 15% Rendite auf dem investierten Kapital wurden fast schon erreicht. GF hat in der Rezession die Kostenbasis gründlich aus-geforstet und profitiert nun davon.

Alle bedienten Märkte wuchsen, noch schwungvoller als erwartet. Automotive, die grösste Sparte, spürte vor allem die Nachfragebelebung der Nutzfahrzeug-industrie. Der zentrale Kundenkreis ist die deutsche Automobilindustrie, der es gegenwärtig rund läuft. Die GF-Giesse-reien stehen alle im Euroraum oder in China. Der wichtigste Wachstumstreiber von Piping Systems waren die Industrie-anwendungen. Agie Charmilles kam zu-gute, dass sich das Investitionsklima we-sentlich aufgehellt hat.

Im laufenden Halbjahr sollte nach An-sicht des Managements die Nachfrage er-freulich bleiben. Sofern sich die Wechsel-kurse stabilisieren (nicht etwa erholen),

wird mit einem Ergebnis in ähnlicher Grössenordnung wie im ersten Semester gerechnet. Die von Frankenhandicap ab-gesehen rundum guten Nachrichten – GF hat den «Marktkonsens» übertroffen – nützten am lausigen Börsenmontag nichts: minus 3,4%; am Dienstag folgte der ver-diente «Rebound».

Kredit macht akquisitionsfitGeorg Fischer hat sich einen neuen Syndi-katskredit über 250 Mio. Fr. mit fünf Jah-ren Laufzeit gesichert. Er löst den 2009 ab-geschlossenen Kredit über 200 Mio. Fr. ab, zu deutlich günstigeren Konditionen. Das Geld wird einstweilen nicht angetastet,

sondern verleiht GF Flexibilität, nament-lich für Akquisitionen. Der Konzern prüft gemäss Yves Serra gegenwärtig eine ganze Reihe von Zielobjekten, doch vertragsreif sei noch nichts. Strategiekonform wird Georg Fischer in erster Linie Piping Sys-tems ausbauen wollen.

Wir erhöhen unsere Gewinnschätzung für 2011 von 35 Fr. auf 40 Fr. je Aktie. Im Berichtssemester hatten 21 Fr. resultiert. Die unternehmerische Leistung über-zeugt, und die Bewertung (2012 Kurs-Ge-winn-Verhältnis 10 gemäss unserer Ergeb-nisprognose) ist wenig anspruchsvoll. Georg Fischer gehören auf die «Watchlist» für robustere Anleger, die zugreifen, wenn zittrige Hände Material abgeben.

Die Giessereien von Georg Fischer stehen alle im Euroraum oder in China.

BIL

D: Z

VG

Umsatzwachstum in % in Fr. in LokalwährungenPiping Systems 4 17Automotive 11 26Agie Charmilles 19 35

GF Konzern 10 24

Umsatz; Wechselkurseinfl uss in Mio. Fr. in %Piping Systems –75 –13Automotive –116 –15Agie Charmilles –52 –16

GF Konzern –234 –14

Ebit; Wechselkurseinfl uss in Mio. Fr. in %Piping Systems –19 –19Automotive –8 –15Agie Charmilles –24 –67

GF Konzern –51 –28

Der Franken kostet

Unternehmenszahlen

Aktienstatistik

1. Semester, in Mio. Fr. 2009 2010 2011

Auftragseingang 1365 1811 1953Umsatz 1448 1691 1861– Veränderung in % –39,3 +16,8 +10,0– Automotive 626 781 865– Piping Systems 529 584 607– Agie Charmilles 293 326 389Betriebsgew./-verl. (Ebit) –63 73 130– Veränderung in % n. s. n. s. +78,1– in % des Umsatzes n. s. 4,3 7,0– Automotive –44 20 44– Piping Systems 30 65 80– Agie Charmilles –46 –7 12Finanzergebnis –15 –19 –19Gewinn/Verlust –139 41 92– Veränderung in % n. s. n. s. +124ROIC 1 –13,2 7,2 14,6Freier Cashfl ow –125 –6 –54

Bilanz 31.12.09 31.12.10 30.6.11Bilanzsumme 2915 2838 2860Flüssige Mittel 316 390 324Eigenkapital 1152 1124 1113– in % der Bilanzsumme 39,5 39,6 38,9Nettoverschuldung 472 321 422

1 Rendite auf dem investierten Kapital

FuW-Rating

b Wachstum b Aktionärs-beziehungen b+ Transparenz

Bewertung Na.Kurs am 19. Juli 2011, 14 Uhr, in Fr. 448Rendite 2,2%KGV 2010 19KGV 2011 11Börsenwert (in Mio. Fr.) 1833– in % des Umsatzes 50– in % des Eigenkapitals 164

Angaben pro Titel in Fr.Verlust 2009 –61Gewinn 2010 24Gewinn 2011, geschätzt 40Dividende per 2009 0Nennwertrückzahlung per 2010 10Pay-out Ratio 41%Buchwert 272

Extremkurse 2008 2009 2010 2011Hoch 669 298 566.50 568Tief 193 113.40 271.25 420

StammdatenKategorie Valor Telekurs Thom.-ReutersNamenaktien 175 230 FIN FIN.S

Aktienkapital: 41,01 Mio. Fr.– eingeteilt in: 4 100 898 Na. à 10 Fr. nom.

Bedeutende Aktionäre: Giorgio Behr via BDS Beteiligungsgesellschaft (5,2%), Black Rock (5,1% und 0,5% via Optionen), UBS Fund Management (3%)

Fina

nz u

nd W

irts

chaf

t TH

OM

SON

REU

TERS

n

n

n

Georg Fischer N

2009 2010 2011100

200

300

400

500600

Georg Fischer N: 448 Fr., Valor 175230SMI angeglichenMSCI Automobil angeglichen

Weitere Informationen wie archiv, news, kurse finden Sie unter www.fuw.chGeben Sie den folgenden Webcode ein:

Georg fischer