Die Großen Musikstädte 2: Delphi
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HAMHAMBURGER SYMPHONIKERURGER SYMPHONIKER
SPIELZEIT 2011 | 2012 CHEFDIRIGENT: JEFFREY TATE | INTENDANT: DANIEL KÜHNEL
DIE GROSSEN MUSIKSTÄDTE II
DIRIGENT: CLEMENS SCHULDTTHERESA KRONTHALER, MEZZO ARTTU KATAJA, BARITON KRISTINA VON WELTZIEN, SPRECHERIN JENS WAWRCZECK, SPRECHERCHOR: KÖLNER MÄNNER-GESANG-VEREIN
DELPHI
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KALEVI AHO (*1949)
„PERGAMON“
GEORGE ENESCU (1881–1955)
SZENE DER SPHINX AUS „OEDIPE”
IGOR STRAWINSKY (1882–1971)
ARIE DER IOCASTE UND SCHLUSSSZENE AUS „OEDIPUS REX“
LUDWIG VAN BEETHOVEN (1770–1827)
5. SYMPHONIE IN C-MOLL OP. 6DAS PROGRAMM
2. SONDERKONZERT
03.11.11 I 19:30 I LAEISZHALLE - MUSIKHALLE HAMBURGDONNERSTAG GROSSER SAAL
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3 BIOGRAFISCHES
Der 28-jährige
Dirigent Clemens
Schuldt gewann
2010 den renom-
mierten Donatella-
Flick-Dirigierwettbe-
werb in London. Als
Assistant Conductor des London Symphony
Orchestra arbeitet er daraufhin für ein Jahr
mit Dirigenten wie Sir Colin Davis, Valery
Gergiev, Daniel Harding und Sir Simon Rattle
sowie an eigenständigen Projekten.
In der Saison 2011/12 wird er neben
dem London Symphony Orchestra, das BBC
National Orchestra of Wales und das WDR
Rundfunkorchester Köln leiten, zudem
dirigiert er das Orquesta Sinfonica y Coro
de RTVE Madrid, das Osaka Symphony
Orchestra, das Ho Chi Minh City Ballet
Symphony Orchestra Vietnam, die Slovak
Sinfonietta und das Beethoven Academy
Orchestra im Rahmen des Beethoven Easter
Festival Warschau. Weiter in der Zukunft
liegende Engagements führen ihn u. a. zum
Orchestre de Chambre de Lausanne und zum
Deutschen Symphonie-Orchester Berlin.
Die Oper spielt eine zunehmend größere
Rolle in Clemens Schuldts musikalischer
Arbeit. Auf Einladung von Sir Colin Davis
assistierte er ihm im Juni 2011 bei einer
Produktion von Mozarts La Clemenza di
Tito in Aix-en-Provence. Er arbeitete mit
Hermann Bäumer in Osnabrück an Hoffmanns
Erzählungen von Offenbach und wird
demnächst mehrere Aufführungen von
Dvoraks Rusalka am Theater in Gelsenkirchen
leiten.
Besonderen Stellenwert hat für Clemens
Schuldt die Arbeit mit Jugendorchestern und
mit jungem Publikum. Neben der Leitung der
„Discovery Concerts“ des London Symphony
Orchestra im Barbican Centre ist er regelmä-
ßig zu Gast bei Ensembles wie der Schumann
Camerata und dem Jungen Klangforum Mitte
Europa. Mit Letzterem war er sehr erfolgreich
auf Tournee und brachte u.a. in der Tonhalle
Düsseldorf Beethovens 3. Leonoren-Ouver-
türe und Maki Ishiis sinfonische Dichtung
I llusion and Death zur Aufführung.
Schon früh zeigte er großes Interesse
für Musik der Gegenwart. Durch Arbeitspha-
sen bei Festivals für zeitgenössische Musik
wie dem Warschauer Herbst konnte er seine
Erfahrung mit diesem Genre weiter vertiefen.
Ein besonderer Höhepunkt war schließlich
die Uraufführung des Werkes Halo von Vlad
Maistorovici mit dem London Symphony
Orchestra im März 2011.
In Bremen geboren, studierte Clemens
Schuldt Geige an der Robert-Schumann-
Hochschule in Düsseldorf. Als ausgebildeter
Geiger hat er beispielsweise mit dem Gürze-
nich-Orchester Köln unter Markus Stenz und
der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen
unter Paavo Järvi gespielt. Es folgte ein Diri-
gierstudium bei Rüdiger Bohn in Düsseldorf
und Mark Stringer in Wien; momentan ist Cle-
mens Schuldt Student von Nicolas Pasquet in
Weimar. Seit 2010 ist er Stipendiat des Diri-
gentenforums des Deutschen Musikrats.
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BIOGRAFISCHES 4
Theresa Kron thaler
wurde in Würzburg
geboren und wuchs
in Rom auf, wo sie
sich schon früh für
den Gesang und die
Schauspielerei
begeisterte. Sie erhielt in Italien Gesangsun-
terricht bei Elio Battaglia in Turin. Nach einem
Studium der Theaterwissenschaften in London
zog sie 2002 nach Berlin und ist seitdem
Gesangsstudentin an der Hochschule für
Musik Hanns Eisler bei Prof. Renate Faltin und
Prof. Julia Varady. Sie besuchte Meisterklassen
von Dietrich Fischer-Dieskau, Christa Ludwig
und Thomas Quasthoff.
Ihre Tätigkeit als Solistin in Konzerten
und im Musiktheater führt sie an eine Vielzahl
von Orten, mit Auftritten u. a. in der Sankt
Petersburger Philharmonie, der Berliner Phil-
harmonie, dem Konzerthaus am Gendarmen-
markt, der Tonhalle Düsseldorf, der Deutschen
Oper Berlin und der Komischen Oper.
Im Dezember 2008 machte sie ihr Debüt an
der Genfer Oper als Prinz Orlofsky in Die Fleder-
maus und sang 2009 Hindemiths Neues vom
Tage. Seit der Spielzeit 2009/10 ist sie
Ensemblemitglied an der Deutschen Oper am
Rhein, wo sie u. a. als Hänsel (Hänsel und Gretel),
Annio (La Clemenza di Tito) und Dorabella
(Così fan tutte) zu hören sein wird. Sie gab
zudem Liederabende in Moskau und Zürich.
Mit der Spielzeit 2012/13 wird Theresa
Kronthaler Ensemblemitglied der Komischen
Oper Berlin werden.
Der gebürtige Finne
Arttu Kataja begann
seine musikalische
Ausbildung als Neun-
jähriger mit Oboen-
unterricht. Später
studierte er Gesang
an der Sibelius-Akademie in Helsinki, war
Stipendiat der Martti Talvela Stiftung und u.a.
zweifacher Preisträger beim Internationalen
Mozartwettbewerb in Salzburg (2006). Gast-
spiele führten den jungen Bariton u. a. an die
Finnische Nationaloper in Helsinki, nach
Tampere, zum Theatre du Capitole in Toulouse,
zum Savonlinna Opernfestival, zum Strassburg
Festival, als Figaro, Masetto und Guglielmo an
die Deutsche Oper am Rhein, sowie nach Japan,
zusammen mit Daniel Barenboim und der
Deutschen Staatsoper Berlin. Seit 2006 gehört
er zum festen Ensemble der Berliner Staatsoper.
An der Staatsoper war er in der Rolle De Brétigny
(Manon) unter der Leitung von Daniel Barenboim
an der Seite von A. Netrebko und R. Villazón zu
hören. In 2009 gab er sein Debüt als Heerrufer
in der Neuproduktion von Wagners Lohengrin
unter der Regie von S. Herheim und der
musikalischen Leitung von D. Barenboim. Ferner
trat er in der Produktion Orlando Paladino unter
R. Jacobs auf. Zu den aktuellen Aufgaben des
Künstlers gehören Papageno bei den Festivals in
Kokkola sowie in Savonlinna (2012). Weiter singt
er in Haydns Orlando Paladino in konzertanten
Aufführungen in Brüssel, Edinburgh und
Eisenstadt unter der Leitung von René Jakobs.
Foto
: Rik
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Tiu
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5 BIOGRAFISCHES
Kristina von Welt-
zien wurde 1973 in
Kiel geboren und
stammt aus einer
Schauspielerfami-
lie. Nach dem Abitur
studierte sie am
Hamburgischen Schauspielstudio Hildburg
Freese, erlangte dort die „Allgemeine Büh-
nenreife“ und ist seitdem als freie Schau-
spielerin am Theater und im Film tätig. Nach
mehreren kleineren Synchronaufträgen syn-
chronisierte sie eine der beiden Hauptrollen
in der kanadischen Jugendserie Amanda und
Betsy, die von 1994–97 im ZDF ausgestrahlt
wurde. Inzwischen ist ihre Stimme aus Kino-
und Fernsehfi lmen, Hörbüchern, Doku-
mentationen, Radio und aus der Werbung
bekannt. Sie sprach z. B. Hauptrollen in
Serien wie McLeods Töchter, The Mentalist,
Baywatch, She-ra und Shirley Holmes. Sie
synchronisierte Schauspielerinnen wie Kate
Backinsale, Patricia Arquette, Isabelle Carré
und Julie Benz, darüber hinaus übernahm
sie Rollen in Hörbuch- und Hörspielproduk-
tionen wie Bram Stokers Dracula, Henning
Mankells Vor dem Frost, Die drei ???, TKKG,
Die Welle sowie Hanni und Nanni
Jens Wawrczeck
wurde 1963 in
Nyköbing (Däne-
mark) geboren
und begann seine
künstlerische Lauf-
bahn mit elf Jahren
beim Norddeutschen Rundfunk in Ham-
burg: Als „Krümel“ in der Hörspielbearbei-
tung des Astrid Lindgren Klassikers Die
Brüder Löwenherz. Kurz darauf übernahm
er die Rolle des „Peter“ in der Kult-Serie
Die drei ???. Bis heute ist Jens Wawrczeck
dem Medium Hörspiel treu geblieben
und fi ndet dort immer wieder Möglichkei-
ten die unterschiedlichsten Charaktere zu
gestalten. Seine schauspielerische Ausbil-
dung erhielt Jens Wawrczeck in Hamburg,
New York und Wien. Seitdem war er häufi g
auf der Bühne zu sehen, u. a. in Shakes-
peares Was ihr wollt oder Lessings Nathan
der Weise. Für seine Rolle als Edgar in
König Lear bekam Jens Wawrczeck 1995
den Hersfeldpreis der Kritiker sowie den
Publikumspreis. In seiner Hörbuchedition
AUDOBA veröffentlicht er regelmässig lite-
rarische und musikalische Kostbarkeiten
und lässt gemeinsam mit dem Kompo-
nisten Henrik Albrecht das Genre Melo-
dram wiederaufl eben. Darüberhinaus ist
Jens Wawrczeck Mitbegründer der Film-
AusleseR, Teil des Duos 2stimmig und arbei-
tet als Synchronregisseur, Autor, Übersetzer
und als Schauspiel-Dozent in New York.
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BIOGRAFISCHES 6
Kölner Männer-Gesang-Verein (KMGV)
Im April 1842 gegründet, blickt der Kölner
Männer-Gesang-Verein im kommenden
Jahr auf eine 170-jährige Vereinsgeschichte
zurück. Unter dem Motto „durch das Schöne
stets das Gute“ hatten sich Mitte des
19. Jahrhunderts rund 30 Herren, die meisten
von ihnen aktive Sänger im Kölner Domchor,
zu einem Männerchor zusammengeschlossen.
Mit hoher musikalischer Qualität bestritt der
Kölner Männer-Gesang-Verein, der in seiner
Geschichte zeitweise über 300 aktive Sänger
in seinen Reihen versammelte, Sänger-Wett-
streite, nahm an internationalen Sängerfesten
teil und führte schon bald erste Konzertreisen
durch. Den Annalen des Vereins ist zu ent-
nehmen, dass der KMGV Konzerte mit
berühmten Persönlichkeiten des damaligen
Musiklebens gab. Beispielhaft seien hier
die Auftritte erwähnt, die gemeinsam mit
Jacques Offenbach bestritten wurden. Ab den
1970er Jahren spielten die Konzertreisen des
KMGV immer mehr eine hervorgehobene
Rolle. Der Verein gastierte unter anderem in
Südafrika, Japan, den USA, Kanada, in der
ehemaligen UdSSR, China und Jordanien.
Im Mai 2011 konnte sich der Kölner
Männer-Gesang-Verein darüber freuen,
seinen Dirigenten Bernhard Steiner als pro-
fessionellen und engagierten musikalischen
Leiter seit zehn Jahren bei sich zu wissen.
Unter der Leitung des aus Wien stammenden
Dirigenten hatte der KMGV in dieser Periode
sein musikalisches Profi l noch einmal
signifi kant geschärft. Vor allem die Jahres-
konzerte, die der Kölner Männer-Chor seit
25 Jahren in der Kölner Philharmonie ver-
anstaltet, bilden diesen musikalischen
Anspruch ab. Der Kölner Männer-Gesang-
Verein gehört bis heute zu den größten
Männerchören Deutschlands. Als besondere
„Highlights“ der vergangenen zehn Jahre
sind den Sängern das beschwingte Konzert
„Wien grüßt Köln“, das geistliche Konzert
mit der „Missa Dalmatica“ von Franz von
Suppé und die Aufführung der griechischen
Tragödie „Antigone“ in der Vertonung von
Mendelssohn-Bartholdy in bester Erinnerung.
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7 ZUM PROGRAMM
KALEVI AHO (* 9.3.1949, Forssa): „Pergamon“
GEORGE ENESCU (19.8.1881, Liveni – 4.5.1955, Paris):Szene der Sphinx aus „Oedipe“
IGOR STRAWINSKY (17.6.1882, Oranienbaum – 6.4.1971, New York):Arie der Iocaste und Schlussszene aus „Oedipus Rex“
LUDWIG VAN BEETHOVEN(17.12.1770, Bonn – 26.3.1827, Wien):5. Symphonie in c-Moll op. 67
Wer überlegt, wie Delphi wohl klingt, der
denkt wahrscheinlich zunächst an eine
mythische Stimme, diejenige des Orakels.
Zwar sagt mythisch noch nicht zu viel über
deren Klang aus, wohl aber über ihren Cha-
rakter. Sie wäre nicht ganz eindeutig einer
Frau oder einem Mann zuzuschreiben, weil
das Orakel eben kein Mensch, sondern eine
mythische Kraft ist. Nun wissen wir in der
postmodernen Gegenwart längst, dass aus
einer Erdspalte aufsteigende Dämpfe und
eine gewisse Mischung verbrannter Harze
und Kräuter Priesterinnen in Delphi in Trance
versetzt haben, so dass sie als Stimme des
Orakels ihren Besuchern Auskunft geben
konnten – so zumindest die populärste The-
orie über die Praxis der antiken Weissagung.
Doch die inspirierte Stimme einer Priesterin,
oder auch die mythische Stimme des Orakels
machen nicht den einzigen Klang der Stadt
Delphi aus. Vielmehr gehören die Geräusche
des Tempels ebenso dazu wie der Lärm der
Kaufl eute und Händler, die den Besuchern
und Ratsuchenden ihre Waren feilboten.
Daran jedoch denken wir in der Regel nicht,
wenn wir von Delphi hören. Das Orakel ist die
Stimme, die aus der Antike her zu uns dringt.
Selbst wenn wir heute nicht mehr an die anti-
ken Götter glauben und uns die alten Mythen
weniger ihrer Inhalte wegen interessieren, als
wegen ihrer Kraft, Kunstwerke herauszufor-
dern. Genau das tut das Orakel von Delphi
tatsächlich bis in die Gegenwart.
Der fi nnische Komponist Kalevi Aho
schrieb sein Werk „Pergamon“ in diese
ästhetische Rezeptionsgeschichte ein. Seine
Verbindung zum Pergamon-Altar geht nicht
unmittelbar auf die eigene Begegnung mit
diesem Relikt der Antike und dem auf ihm
Dargestellten zurück. Vielmehr ließ sich Aho
auf Peter Weiß’ dreibändigen Roman-Essay
„Die Ästhetik des Widerstands“ ein. Dort
markiert eine Schilderung des Altars den
Beginn. Trotz der besonderen Form griff der
Komponist nach eigenen Angaben gern auf
diesen Text zurück, als er von der Universi-
tät Helsinki den Auftrag bekam, ein Werk zur
Feier ihres 350-jährigen Bestehens zu gestal-
ten: „Ich wollte keine konventionelle Festou-
vertüre schreiben, sondern Musik, die ihre
Zuhörer tiefer beeinfl usst und sie zum Nach-
denken zwingt. Zu diesem Zweck passte der
Text von Peter Weiß sehr gut. Im Text spricht
man von einer uralten mythischen Katastro-
phe, aber entsprechende gewaltige Katastro-
phen hat es auch später überall in der Welt
gegeben, vielleicht passieren sie sogar heute
noch. Deswegen die verschiedenen Spra-
chen des Textes.“ Vier Orchestergruppen,
Erzähler und Orgel machen die Besetzung
aus, damit präsentiert sich Ahos „Pergamon“
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ZUM PROGRAMM 8
sicherlich als ein Werk der Gegenwart: es
wird im heutigen Konzert zum ersten Mal in
einem Konzertsaal gegeben. Nach der ein-
drücklichen Wirkung, die es bei der Feier
der Universität Helsinki 1990 erzielt hat und
einer CD-Aufnahme in Lahti 1994 ist „Perga-
mon“ von den Hamburger Symphonikern für
das Delphi-Konzert wiederentdeckt worden.
„Ich bin sehr froh, dass man in Hamburg das
Werk aufs Neue gefunden hat. Man kann
sogar von einer Konzerturaufführung von
‚Pergamon‘ sprechen“, schreibt Kalevi Aho
darüber.
George Enescus Oper „Oedipe“ setzt
sich auf ganz besondere Weise mit dem
antiken Stoff auseinander. Sie begleitet
Ödipus auf seinem gesamten Lebensweg,
zeigt den Ausgangspunkt, als der Säugling
einer Weissagung des blinden Sehers Tire-
sias wegen ausgesetzt wird, seine angenom-
mene Identität als Sohn des korinthischen
Königs Polybus und seine Flucht vom dorti-
gen Königshof, weil er den Spruch des Ora-
kels in Delphi nicht wahr werden lassen will.
Ihm wurde prophezeit, er werde seinen Vater
umbringen und seine Mutter heiraten. Das
jedoch geschieht, wenn auch unwissent-
lich, als Ödipus an einer Wegkreuzung seinen
leiblichen Vater Laios, den er nicht kennt,
im Streit tötet. Als er kurz darauf in Theben
ankommt, kann er die Stadt vor einer mächti-
gen Bedrohung retten. Die Sphinx, eine gefl ü-
gelte Löwin mit dem Kopf einer Frau, tötet
all diejenigen, die ihre Rätsel nicht lösen
können. Ödipus weckt sie und kann auf ihre
Frage, wer das Schicksal besiegen könne,
die richtige Antwort geben: der Mensch.
Seinem eigenen Schicksal entfl ieht er jedoch
nicht, denn nach dem letzten Rätsel der
Sphinx, die ihm aufgibt zu entdecken, ob
sie in ihrem Niedergang weine, oder über
ihren größten Sieg lache, wird Ödipus neuer
König in Theben und Mann der verwitweten
Königin Iocaste. Damit hat sich der Orakel-
spruch erfüllt und erst Jahre später, als die
Pest in Theben wütet, kommt durch Tiresias
die Wahrheit über seine Identität ans Licht.
Iocaste tötet sich selbst, Ödipus blendet sich
und geht ins Exil, wo er letztlich stirbt.
Enescu arbeitete lange Zeit an seinem
Hauptwerk, einerseits der vielen Aufgaben
wegen, die er als Musiker, Komponist, Diri-
gent und akademischer Lehrer inne hatte,
andererseits wegen der weltgeschichtlichen
Ereignisse zwischen 1910 und 1936. Die
erste Auseinandersetzung mit dem Stoff
ist tatsächlich schon für die Jahre vor dem
Ersten Weltkrieg zu belegen, doch die eigent-
liche Schaffenszeit fällt in die Jahre 1921–36,
also die Zwischenkriegszeit. Als durchaus
heimatverbundener Rumäne, der doch in
der europäischen Musikgeschichte zuhause
war, verband Enescu seine Begeisterung für
die Werke Richard Wagners, für rumänische
Volksweise und für die französische Musik
seiner Gegenwart zu einer ganz individuellen
Tonsprache, die gerade „Oedipe“ so beson-
ders herausstellt.
Während die Arie der Sphinx aus
Enescus Oper erklingt, bevor Ödipus König
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9 ZUM PROGRAMM
wird, fokussiert Igor Strawinskys „Oedipus
Rex“ die Entdeckung von dessen unbewuss-
ter Schuld. Damit greifen Stravinsky und sein
Librettist Jean Cocteau, dessen Text jedoch
in lateinischer Übersetzung gesungen wird,
auf die antike Tragödie von Sophokles zurück.
Stravinsky hat den Stoff quasi als Oratorium
bearbeitet, das aus Arien, Duetten und
Chorszenen besteht, die einander folgen,
aber keine stringente Handlung darstellen.
Zum Effekt der Zeitlosigkeit trägt auch die
lateinische Sprache bei, die weder dem
Mythos noch der Zeit der Entstehung von
„Oedipus Rex“ eignet. Vielmehr markiert sie
die Überzeitlichkeit des Stoffes und stellt ihn,
wie auch die Form und die zwischen
Neoklassik und Jazzelementen pendelnde
Musik, als immer neu und damit auch ewig
relevant aus. Die klar strukturierte, vor allem
die Rhythmik betonende Tonsprache trägt
ihren Teil dazu bei.
Die 5. Symphonie Ludwig van Beet-
hovens mit ihrem typischen Anfangsmotiv
wurde eines tradierten Ausspruchs wegen
immer wieder als „Schicksalssymphonie“
bezeichnet. Angeblich hat der Komponist
selbst gemeint, so klopfe das Schicksal an
die Türe. Seine Dynamik jedenfalls zieht
das ganze Werk aus den drei Schlägen des
Beginns. Der Charakter jedoch ändert sich in
jedem Satz und wird im Finale triumphal. Das
Schicksal erscheint hier bei aller Auseinan-
dersetzung mit ihm nicht unbesiegbar.
Alle Werke des Konzerts verbindet die
Spannung zwischen Zeitlichkeit und mythi-
scher Überzeitlichkeit, zwischen Aktualität
und künstlerischer Gültigkeit über Epochen
hinweg. Damit zeigt sich in der Referenz an
die Stadt Delphi, wie spannend Musik ist: sie
erklingt in der Zeit, ist eine momenthafte
Kunst, die nur im Erklingen überhaupt da ist.
Aber dabei erzählt sie von den überzeitlichen
Dingen und kann Präsenz herstellen. So
funktioniert auch der Mythos von Delphi.
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IMPRESSUM 10
2. SONDERKONZERT
CHEFDIRIGENT JEFFREY TATE
VORSTAND ERIKA ANDRESS, DR. MARKUS CONRAD, HARALD DAU, PROFESSOR DR. JOSEF JOFFE, PROFESSOR ELMAR LAMPSON, FRANK NÖRENBERG, PROFESSOR DR. BURKHARD SCHWENKER
BEIRATDR. PETER VON FOERSTER (VORSITZENDER), CORNELIA BEHRENDT, DR. GOTTFRIED VON BISMARCK, CLAUS-G. BUDELMANN, PROFESSOR DR. HUBERTUS GASSNER, ANKE KUHBIER, ROBERT LORENZ-MEYER, JOACHIM LUX, DR. WILFRIED MAIER, DIETRICH RUSCHE, MAJA STADLER-EULER, DR. DOROTHEE STAPELFELDT, ELKE THOMAS, DR. HARALD VOGELSANG
EHRENMITGLIEDER DER HAMBURGER SYMPHONIKERPROFESSOR THOMAS BRANDIS, RENATE WALD †, HELLMUT WEMPE
INTENDANT DANIEL KÜHNEL
DISPOSITION U. STELLV.GESCHÄFTSFÜHRUNG UWE ADAM
KÜNSTLERISCHE BETRIEBSLEITUNGU. PERS. REFERENTIN DES INTEN DANTENSARAH WEINTRITT
SEKRETARIAT GABY NOWAK
ORCHESTERINSPEKTOR BERNHARD HAGEL
NOTENARCHIV ELISABETH HERPIN
EDUCATION U. PROJEKTMANAGEMENT STEFANIE FRICKE
GEHALTSBUCHHALTUNGGABRIELA STRACHANOWSKI
EDV ALEXANDER NOWAK
ORCHESTERWARTE REINHOLD BURMESTER, LASSE MONSKA
ORCHESTERVORSTAND LARS FISCHER, BRUNO MERSE, ALEXANDER RADZIEWSKI
BETRIEBSRAT HELEN CORTIS, ELISABETH HERPIN, CHRISTIAN GANZHORN, RICHARD RIEVES, HARALD SCHMIDT
PRESSE, KOMMUNIKATIONALEXANDER BUSCHE
PUBLIC RELATIONSFRIEDRICH CARL
REDAKTIONDANIEL KÜHNEL, GABY NOWAK, SARAH WEINTRITT
GESTALTUNGMATTHIES JANSSEN
PRODUKTIONSBÜROROMEY VON MALOTTKY GMBH
SATZ/LITHO/DRUCK ALBERT BAUER COMPANIES GMBH & CO. KG
FREUNDE UND FÖRDERER (VORSTAND)LUTZ BASSE, UNDINE BAUM, BERTHOLD BRINKMANN, KATHARINA DAU, DÖRTE HERMSEN, RAINER QUASNITZA, HANS-PETER VORPAHL
EHRENFÖRDERERMARIETTA ANDREAE, DANIEL E. BAUM, HERIBERT DIEHL, BIRGIT GERLACH, KIRSTEN GRÄFIN VON HARDENBERG, BRUNI HEINEMANN, DR. BRIGITTE KLAPP, GERHARD RÖTTERS, ALEXANDER FÜRST ZU SCHAUMBURG - LIPPE
DIE TEXTE ZUM PROGRAMM SCHRIEB ELISABETH BÖHM
ÄNDERUNGEN VORBEHALTENALLE RECHTE VORBEHALTEN, OKTOBER 2011
HAMBURGER SYMPHONIKER E. V.DAMMTORWALL 46, 20355 HAMBURGTEL. 040 226 34 38-0, FAX 040 226 34 38-22 [email protected]
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