Die Handschrift des Liber diurnus

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Kleine Mittheilungen. Die Handschrift dee Liber diormis. Bekanntlich vermochte E. de Roziere nicht die Erlaubniss zu erwirken, die im Yaticanischen Ar- chive befindliche Handschrift des Liber diurnus einzusehen. Er musste sich als Herausgeber dieser Formelsammlung mit der Beschreibung und Abschrift begnügen, welche Renan und Daremberg im J. 1850 angefertigt hatten. So konnte er sich kein eignes Urtheil über das Alter des Codex bilden und konnte sich auch über das eine und andere Detail, auf welches jene beide Gelehrten nicht geachtet hatten, nicht äussern. Seit dem J. 1850 aber hat meines Wissens kein Sach- verständiger Gelegenheit gehabt das wichtige Manuscript zu prüfen. Von glaubwürdiger Seite wird mir berichtet, dass auch in den letzten Jahren, in denen das Yaticanische Archiv doch zugänglicher gewor- den ist, Anfragen nach dem Liber diurnus dahin beantwortet wurden, dass die Handschrift nicht aufzufinden sei. Dies veranlasst mich zu berichten, dass ich am 9. Mai 1881 das Glück hatte, mich von der Erhaltung dieses Manuscripts zu überzeugen. Ich verdankte dies le- diglich einem Zufall. Da ich mich mit einem der Herrn Archivare in ein Gespräch über palaeographische Dinge verwickelt hatte und mich demselben nicht ganz verständlich machen konnte, bat ich um irgend eine ältere Handschrift, um an dieser zu demonstriren, was ich meinte. Wissbegierig und gefällig zugleich brachte er mir einen Codex, den ich sofort als den des Liber diurnus erkannte. Ich hatte den Eindruck, dass der Archivar vom Inhalt des Manuscripts keine Ahnung hatte oder doch keine Notiz nahm, und sah mich nicht ver- anlasst ihn darüber aufzuklären. Obwohl ich sehr haushalten musste mit der auch mir knapp zugemessenen Zeit, habe ich eine halbe Stunde auf oberflächliche Untersuchung des Codex verwandt; sie weiter fort- zusetzen lohnte ja nicht, da ich die Ausgabe von Roziere nicht zur Hand hatte. Was ich mir nun damals aufgezeichnet habe, ist im Grunde nur eine Bestätigung der Angaben in der Einleitung des letzten Herausgebers. Doch schon dies hat einigen Werth. In Klei- nigkeiten vermag ich aber auch den Bericht von Renan und Daremberg Brought to you by | New York University Bobst Library Technical Services Authenticated Download Date | 12/9/14 3:40 AM

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Kleine Mittheilungen. Die Handschrift dee Liber diormis. Bekanntlich vermochte E. de

Roziere nicht die Erlaubniss zu erwirken, die im Yaticanischen Ar-chive befindliche Handschrift des Liber diurnus einzusehen. Er musste sich als Herausgeber dieser Formelsammlung mit der Beschreibung und Abschrift begnügen, welche Renan und Daremberg im J. 1850 angefertigt hatten. So konnte er sich kein eignes Urtheil über das Alter des Codex bilden und konnte sich auch über das eine und andere Detail, auf welches jene beide Gelehrten nicht geachtet hatten, nicht äussern. Seit dem J. 1850 aber hat meines Wissens kein Sach-verständiger Gelegenheit gehabt das wichtige Manuscript zu prüfen. Von glaubwürdiger Seite wird mir berichtet, dass auch in den letzten Jahren, in denen das Yaticanische Archiv doch zugänglicher gewor-den ist, Anfragen nach dem Liber diurnus dahin beantwortet wurden, dass die Handschrift nicht aufzufinden sei. Dies veranlasst mich zu berichten, dass ich am 9. Mai 1881 das Glück hatte, mich von der Erhaltung dieses Manuscripts zu überzeugen. Ich verdankte dies le-diglich einem Zufall. Da ich mich mit einem der Herrn Archivare in ein Gespräch über palaeographische Dinge verwickelt hatte und mich demselben nicht ganz verständlich machen konnte, bat ich um irgend eine ältere Handschrift, um an dieser zu demonstriren, was ich meinte. Wissbegierig und gefällig zugleich brachte er mir einen Codex, den ich sofort als den des Liber diurnus erkannte. Ich hatte den Eindruck, dass der Archivar vom Inhalt des Manuscripts keine Ahnung hatte oder doch keine Notiz nahm, und sah mich nicht ver-anlasst ihn darüber aufzuklären. Obwohl ich sehr haushalten musste mit der auch mir knapp zugemessenen Zeit, habe ich eine halbe Stunde auf oberflächliche Untersuchung des Codex verwandt; sie weiter fort-zusetzen lohnte ja nicht, da ich die Ausgabe von Roziere nicht zur Hand hatte. Was ich mir nun damals aufgezeichnet habe, ist im Grunde nur eine Bestätigung der Angaben in der Einleitung des letzten Herausgebers. Doch schon dies hat einigen Werth. In Klei-nigkeiten vermag ich aber auch den Bericht von Renan und Daremberg

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Kleine Mittheilmigen. 93

zu berichtigen oder zu ergänzen. Vor allem können meine An-gaben die Wiederauffindung der Handschrift, nach welcher gewiss über kurz oder lang wieder gefragt werden wird, erleichtern, falls sie wirklich im Archiv noch nicht gebührend beachtet sein sollte.

Auf dem Rücken (nicht sur le premier feuillet) steht Code, jj CCCX.. || XI

L|| Diurnus jj Rom Ρ . . |j . fic . . ;j, und wei ter unten die Signatur 91>

Auf der Vorderseite des D e c k e l s : N. 5 Η h h h h. 97 |Ex Capsula Xjj.

Auf dem Vorsteckblatt v o n Papier : Codex 138 i| Diurnus j| Romanorum Pontificum (erste Hand, w o h l des 17. Jahrhunderts)— dann von zweiter etwas jüngerer Hand die in Roziere Introd. 159 N. 35 gedruckten Worte — endlich von dritter Hand (vgl. Formel 83): Pag. 69 sexta aynodus qu$ habita est anno 681 dicitur nuper celebrata, ex quo in-ferri potest codicem scriptum vel labente septimo s^culo vel in-choante 8°.

Von den vier ersten Pergamentblättern ist nur links oben ein kleiner Fetzen erhalten. Auf dem ersten ist noch sichtbar . . DICULU APL . . I Do. ino piissimo . . j| uictori ac triumph . || tori d! et dni nri ihu . . ,j| ill eps seruus seruo . . ι|, also Ueberschrift und Eingang von F. 1. Das erste erhaltene fol. 5 beginnt (Introd. 150 und F. 6 S. 26) ordines pretendentes nulla ratione || suscipiat quia aliqui eorum ma I nichei.

Das letzte mit der Zahl 111 versehene Blatt (nachgezählt habe ich die sämmtlichen Blätter nicht) ist stark beschädigt. Es beginnt toritate petri p(er) huius decreti pa . . . || omnibus omnino cniuslibet digni Ι täte preditis, also F. 98, S. 237 unten, welche abschliesst nulli existere temeratorem. Es folgt noch die Ueberschrift der F. 99 PRIUILEGIUM und deren Eingang bis ubertim, wie mir scheint, etwas abweichend vom Roziere'schen Texte. Doch enthalte ich mich, da ich die etwa zwanzig Zeilen, welche ich, lediglich um die Reihenfolge der Formeln nachträglich zu controliren, von diesem und jenem Blatte notirte, in aller Eile copirte, Varianten zu dem neuesten Drucke an-gegeben. Dagegen bemerke ich, dass die Privilegienformeln von F. 90 an im Codex genau so wie in der Ausgabe aufeinanderfolgen und sämmtlich der ursprünglichen Anlage dieser Handschrift angehören. Ueber die durchgehende gleiche Schrift (ältere Minuskel) habe ich mir aufgezeichnet, dass sie zu Ausgang des 8. oder zu Beginn des 9. Jahrhunderts anzusetzen ist. Th. S i c k e l .

Der Aag8bnrger Jndeneid. In einer Handschrift der Innsbrucker Universitätsbibliothek (nr. 778) findet sich auf einem Blatte (fol. 88)

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