Die histologische Lokalisation des Sehzentrums

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[Aus der Kgl. Univ.-Augenklinik zu Breslau. (Dir.: Geheimrat Prof. Uhthoff.)] Die histologische Lokalisation des Sehzentrums. ¥on Prof. Dr. Georg Lenz, Oberarz~ der Klinik. Mit Tar. III--XIX und 5 Figuren im Text. Die Hirnforschung der letzten Jahre hat sich ganz besonders mit der speziellen Aufgabe befasst, die Hirnrinde nach ihrem zyto- architektonischen Aufbau in abgegrenzte Felder aufzuteilen, um auch auf diesem Wege im ¥ergleich mit den Resultaten anderer Forschungs- wege der Erkenntnis der physiologischen Funktion bestimmter Rinden- gebiete niiher zu kommen. Ieh erinnere hier namentlich an die miihe- vollen Arbeiten yon Bolton(1), Brodmann (2) und Vogt(3). Ein ganz besonderes Interesse braehte man yon jeher der Sehsph~re im Hinterhauptslappen des Gehirns entgegen, und die Untersuchungen haben hier zur Aufstellung eines histologisch wohl charakterisierten Rindentypus~ des sogenannten ,Kalkarim~typus" geft~hrt. Neben dem besonderen, ja schon l~nger durch die Forschungen yon Meynert (4), Cajal (5), Betz (6), Leonowa (7), Schlapp (8), Hammarberg (9) u. a. bekannten zytoarehitektonischen Aufbau ist es jetzt namentlich die scharfe ]3egrenzung dieses Bezirkes gegeniiber der Umgebung mit dem ,Okzipitaltypus", die nach den Untersuchungen yon Bolton und ]3rodmann im Vordergrund des Interesses steht. Die ausserordentlich komplizierte~ bei jedem einzelnen Autor ver- schiedene Schiehteneinteilung der Okzipitalrinde vereinfachte naeh Bolton besonders Brodmann ganz wesentlich dadurch, dass er zeigte, wie~ gerade beim fStalen Gehirn leicht und deutlieh sichtbar~ sich der ,,Kalkarinatypus" aus dem okzipitalen Grundtypus heraus entwickelt. Die Schichten des Grundtyps benennt Brodmann, wie die linke Seite der seiner Arbeit entnommenen Fig. I (Mikrophotogramm eines Quersehnittes durch die Oberfliiche des Kuneus vom achtmonat- lichen menschlichen FStus) zeigt, folgendermassen:

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[Aus der Kgl. Univ.-Augenklinik zu Breslau. (Dir.: Geheimrat Prof. Uhthoff.)]

Die histologische Lokalisation des Sehzentrums.

¥on

Prof. Dr. Georg Lenz , Oberarz~ der Klinik.

Mit Tar. I I I - -XIX und 5 Figuren im Text.

Die Hirnforschung der letzten Jahre hat sich ganz besonders mit der speziellen Aufgabe befasst, die Hirnrinde nach ihrem zyto- architektonischen Aufbau in abgegrenzte Felder aufzuteilen, um auch auf diesem Wege im ¥ergleich mit den Resultaten anderer Forschungs- wege der Erkenntnis der physiologischen Funktion bestimmter Rinden- gebiete niiher zu kommen. Ieh erinnere hier namentlich an die miihe- vollen Arbeiten yon Bol ton(1) , B r o d m a n n (2) und Vogt(3). Ein ganz besonderes Interesse braehte man yon jeher der Sehsph~re im Hinterhauptslappen des Gehirns entgegen, und die Untersuchungen haben hier zur Aufstellung eines histologisch wohl charakterisierten Rindentypus~ des sogenannten ,Kalkarim~typus" geft~hrt. Neben dem besonderen, ja schon l~nger durch die Forschungen yon M e y n e r t (4), Ca ja l (5), Betz (6), L e o n o w a (7), S c h l a p p (8), H a m m a r b e r g (9) u. a. bekannten zytoarehitektonischen Aufbau ist es jetzt namentlich die scharfe ]3egrenzung dieses Bezirkes gegeniiber der Umgebung mit dem ,Okzipitaltypus", die nach den Untersuchungen yon Bol ton und ]3 rodmann im Vordergrund des Interesses steht.

Die ausserordentlich komplizierte~ bei jedem einzelnen Autor ver- schiedene Schiehteneinteilung der Okzipitalrinde vereinfachte naeh B o l t o n besonders B r o d m a n n ganz wesentlich dadurch, dass er zeigte, wie~ gerade beim fStalen Gehirn leicht und deutlieh sichtbar~ sich der ,,Kalkarinatypus" aus dem okzipitalen Grundtypus heraus entwickelt.

Die Schichten des G r u n d t y p s benennt B r o d m a n n , wie die linke Seite der seiner Arbeit entnommenen Fig. I (Mikrophotogramm eines Quersehnittes durch die Oberfliiche des Kuneus vom achtmonat- lichen menschlichen FStus) zeigt, folgendermassen:

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I. L a m i n a zona l i s - - Molekularschicht der Autoren, Stratum zonale oder zonale zellent~eie oberflgchliche Schicht K S l l i k e r s , auch ,zellfreier Rindensaum" genannt.

I I . L a m i n a g r a n u l a r i s e x t e r n a - - iiussere KSrnerschicht oder kleine gedriingte Pyramiden.

I I I . L a m i n a p y r a m i d a l i s - - vereinigt die Schichten der mitt- leren und grossen Pyramiden der Autoren, welche hier eine Tren- hung noch nicht erfahren haben.

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IV. Lt~mim~ g r a n u l ~ r i s i n t e r n a -- innere KOrnerschieht oder 1,2i;rnerform atiou M e y n e i: t s.

V. L '~mina g a n g l i o n a . r i s - - tiefh grosse Pyramideu, der Autoren, Oanglienschicht nach H a m m a r b e r g , L e w i s und Clt t rke.

VI. L a m i n ~ m u l t i f o r m i s - - polymarpha oder Spinde]zellen-

schicht.

Aus dem Orundtypus entwickelt sich nun der Ka.tkarinatypus, spStestens mit Beginn des achten fStalen Monats derart, dass die innere KSrnerschicht - - Lamina granutaris i n t e r n a . - g~mz pl5tzlich

1,q*

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und unvermittelt ohne jedes ~ussere Kennzeiehen an der Rindenober- flgche eine Spaltung in eine oberfl~chliche und tiefe Zellage eingeht. ttierbei weichen die im Naehbartypus eine einsehichtige dichte Ge- webslage bildenden Rundzetlen der KSrnerformation plStzlieh unter spitzem Winkel naeh der Oberflgche und der Tiefe der Rinde diver- gierend und zwei Zellbriicken darstellend zu zwei dichten Zellstreifen auseinander, welche als geschlossene Gewebsschichten der Oberflgche parallel weiter verlaufen und eine zellarme Zwisehensehieht - - dem Vicq d 'Azyrschen oder Gennar isehen Streif entsprechend - - z w i - schen sich einschliessen. Dadurch entstehen aus der einschichtigen KSrnerformation oder der IV. Schicht des Grundtypus drei Schichten des Kalkarinatypus, welche nur als Unterabteilungen yon jener auf- gefasst werden kgnnen. Naturgem~tss sind diese drei Schichten daher auch als oberfl~ichliche, intermedigre und tiefe Lage der inneren KSrnerschicht, als IVa, IVb und IVc, zu bezeichnen". ,,Die iiussere KSrnerschicht (Lamina granularis externa) - - II) ist in diesem Sta- dium noch als ein dunkler breiter Zellstreifen yon der darunter be- findlichen lockeren III. oder Pyramidenschicht abgehoben. Die V. oder Ganglienschicht (Lamina ganglionaris) bildet wiederum eine helle, aus zerstreut stehenden Zellen gebildete Gewebslage, welche besonders an der Trennungsstelle der inneren KSrnerschieht eine Anhiiufung yon grossen Pyramidenzellen oder Solit~irzellen enth~ilt. Die VI. oder mul- tiforme Schicht setzt sich trotz ihrer geringen Breite aus zwei Lagen, einer iiusseren diehten, der sp~teren Lamina triangularis (Via) und einer inneren loekeren Gewebslage, der eigentliehen Spindelzellen- sehieht, Lamina fusiformis (VIb) zusammen. An der Ubergangsstelle setzt diese Trennung der VI. Sehieht in zwei Zellagen ganz plStz- lieh ein, V ia wird hierbei vM diehter und breiter als in der Naeh- barrinde."

Aus dieser Entwieklung des Kalkarinatypus aus dem okzipitalen Grundtypus ergibt sieh somit folgende natiirliche Sehiehtenhenennung fiir den Kalkarinatypus

K a l k a r i n a t y p u s : I. Lamina

II. Lamina III . Lamina IVa. Lamina IVb. Lamina IVc. Lamina

V. Lamina

(siehe die Fig. 1, 8 und 26):

Grnnd~ypus : zonalis I. granularis externa II. pyramidalis III. granularis interna superfie. intermedia (sive Gennari) IV. granularis interna profunda ganglionaris s. solitaris V.

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Via. Lamina triangularis VIb. Lamina fusiformis j ¥I .

Als be sonde r s e h a r a k t e r i s t i s e h und wesen t t i eh ist her - vorzuheben, dass der U b e r g a n g des G r u n d t y p u s in den K a l k a r i n a t y p u s , besonders du tch das A u s e i n a n d e r w e i e h e n der i n n e r e n K S r n e r s e h i e h t (IV) in zwei, den b lassen Gen- na r i (IVb) zwisehen sieh f a s sende S e h e n k e l (IVa und IVc) in Form e ine r ~ussers t sehar fen , in Fig. 1 du reh e inen P fe i l g e k e n n z e i e h n e t e n G r e n z e he rvo r t r i t t .

Bei dem Gehirn des Erwaehsenen finden wit im Prinzip die gleiehen Verhfiltnisse (siehe die Tafeln), wie aueh meine eigenen Untersuehungen an zehn normalen Vergleiehsgehirnen ergeben haben. Nut ist die iiussere K5rnersehieht (II) des KMkarinatypus nieht so stark entwiekelt, wie am fStalen Gehirn, und hebt sieh infolgedessen weniger gut yon der darunter liegenden Pyramidensehieht (Il l) ab. Doeh tiess sie sieh bei Gehirnen aus allen Lebensaltern~ setbst bei einem 74 Jahre alten Gehirn immer mit aller Deutliehkeit naehweisen, was flit die Beurteilung pathologiseher Gehirne yon wesentlieher Bedeu- tmJg ist (siehe die ~uf den Tafeln gegebenen normaien Vergleiehs- bilder aus dem Gebiet des Kalkarinatypus).

Die Pyramidensehieht (]171) selbst ist naeh l-lrodmann, im Ver- gl,:,ieh zum Nachbartypus sehw:,icher entwi(.kelt, sehmat und besteht ,mr aus mittelgrossen Psramidenzellen. G e/egmttlie]i kann sie .tber do~-h 'inch :naeh mehmn Ert'ahrungen reeht breit erseheinen (Pig. 14); die [filder weehseln in dieser ]~eziehung ganz ausseror&mtlieh.

Die (~renze zwisehen den beiden Sehiehtungstypen ist bei dem Gehirn des Erwachsenell zwar ni(..ht so deutlieh ~msgepr';igt, als bei dem des ]~St~ls. namenttieh dann, wenn sie wie ~'ielfaeh in Umsehlags- stellen der Windungen liegt (Fig. 7 reehts oben), doeh ist sie bei einiger [}bung selbst sehon be~ Betraeht~mg mie blossem Auge oder sehwaeher Vergrbsserung immer mit aller Sieherheit aufzufinden. Es gilt das nieht nur fiir normale, sondern auch Nr die yon mir unter- suehten 1)athologisehen Gehirne (siehe Fig. (; und 7 die marlderten Stelten).

Die Sehiehteneinteilung nnd-Be~enmmg Brodma~ms ist eine so logiseh eutwiekelte und darum so iibersiehtliehe, dass ieh sie bei allen meinen Untersuehungen tiber das Sehzentrum ohne jecle Ab- 5.nderung akzeptiert habe. ]eh verziehte deshalb aueh an dieser Stelle auf die Anftihrung der Sehiehtenbenenmmg fl~tiherer, oben zitierter Autoren und verweise in dieser Hinsicht auf die Originalarbeit B r e d -

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manns (2). Eine sehr iihnliche Rindenanalyse gab vor ihm nur BoI- ton (1), namentlich hinsichtlich der richtigen Deutung der Auffaserung der inneren K5rnerschicht in zwei, den Gennari umfassende Schenkel, nur dass er seine Untersuchungen nietlt an fStalen Gehirnen an- stellte, die die in Betracht kommenden Verh~ltnisse ganz besonders deutlich wiedergebea. Ieh werde auf dessen Einteilung sp~ter bei Be- spreehung seiner Befunde an pathologisehen Gehirnen noch mit einigen Worten zuriickkommen.

Die scharfe Grenze zwischen Kalkarina- und Okzipitaltypus ge- starter es nun, die 5rtliehe Abgrenzung des ganzen Rindenfeldes, das durch den Kalkerinatypus eharakterisiert ist, auf der Oberfl~ehe yon jedem Gehirn mit Leiehtigkeit vorzunehmen, indem etwa an jedem zehnten Sehnitt einer kompletten Frontalserie die Ausdehnung des Bezirkes bestimmt und nachher anf die in gleieher VergrSsserung her- gestellte Photographie der Oberfl~che des Gehirns an der bestimmten Stelle eingetragen wird. Bol ton land auf diesem Wege, dass das Gebiet des Kalkarinatypus yon der Rinde des Hinterhauptlappens okkupiert:

a) The body of the cMcarine fissure, including the anterior and posterior annectants, and extending upwards to the parallel cuneal suleus and downwards to the collateral fissure.

b) The posterior part of the ealcarine fissure, extending to the polar sulci surrounding its extremities.

c) The inferior lip of the stem of the calearine fissure, including the supel/Seial surface and lower lip of the cuneal annectant, nearly to its anterior extremity, just posterior to which the area tails of to a sharp point.

The approximate outline of this area is consequently pear-sha- ped, with the apex anteriorly and the thick end at the pole of the hemisphere.

B r o d m a n n sagt yon demselben Gebiet, das in den seiner Arbeit entnommenen, nach dem Gehirn eines Erwachsenen gezeichneten Fig. 2 und 3 punktiert dargestellt ist:

,,Die Form desselben, an unseren vier Gehirnen ziemlieh iiberein- stimmend und auch mit der Darstellung yon Bol ton sieh deekend, stellt einen Kegel dar, der mit seiner Basis auf dem Okzipitalpol ruht, frontalw~rts sich rasch verjiingend an der Medianlinie der He- misph~e nur die Rinde der Fissura calearina einnimmt, nach beiden Seiten yon ihr etwas auf den Kuneus und den Gyrus lingualis iiber- greift und naeh Vereinigung der Fissura ealcarina und des Sulcus

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parieto-occipitalis in der hinteren H~lfte des Truncus fissurae calca- rinae, vorwiegend an dessen ventraler Lippe, sein Ende finder.

Die Form und Lage dieses durch den Kalkarinatypus gekenn- zeichneten Rindenfeldes hMt sich, wie man sieht, nirgends an irgend

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Fig. 2.

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Fig. 3.

welche durch die Oberfl~ichel~gestaltung dor HemisphSre1~ bedingte Grenzen. Es keilt sich an der Medhmseite in die Tie~e der ~Vin- dungszfige ein, ohne dass man aus "~usseren Merkm,'den seiI~e Lage am Gehirn bestimmen kSnnte.

Was die individuellen Abweichungen in der Ausdehnung des

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Kalkarinatypus betrifft, so wird die mittlere GrSsse derselben nur durch ein sehr umf~ngliehes Material bestimmt werden kSnnen. Immer- hin kSnnen wir aus dem Vergleich yon vier Gehirnen den Schluss ziehen, dass diese Abweichungen besonders am kaudalen uud fron- talen Ende so erheblieh sind, dass man bei pathologisehen F~llen nicht yon ihnen absehen darf."

Meine eigenen Untersuchungen an 14. Gehirnen best~tigten hin- sichtlich der allgemeinen Lage des Kalkarinatypus im Prinzip die Be- funde Bol tons und Brodmanns . Beziiglich der genaueren Abgren- zung und Ausdehnnng dieses Rindenfeldes schliesse ieh reich Brod- mann an, dass, ebenso wieja auch die ganze Konfiguration der Fissura calcarina bez~iglieh ihrer Tiefe und der Gestaltung des Grundes so sehr wechselt, kein einziges Gehirn mit einem anderen fibereinstimmt. Abgesehen yon den noeh relativ geringfiigigeren Schwankungen in der dorso-ventralen Ausdehnung auf Kuneus und Gyrus lingualis, wobei namentlieh auch der sehr variable, manchmal gestreekte, oft aber auch mehr oder weniger regelm~ssig gebogene Verlauf der Fis- sura calcarina zu be~Jieksiehtigen ist, finden wir speziell am Polende h~utig derartig weehselvolle, komplizierte Bilder (vgl. Fig. 6 auf Tar. III), dass a]lein sehon die Identifizierung der Windungen auf grosse Sehwie- rigkeiten stSsst~ ein genauerer Vergleieh der Ausdehnung des ]~eldes bei verschiedenen Gehirnen aber oft ganz unmSglieh wird. Dabei ];ann der Kalkarinatypus auf die Innenfl~che des Gehirns beschr~nkt bleiben, hSufiger greift er aber iiber die Ol;zipitalspitze hinweg, mehr oder minder welt auf den kaudalsten Tell der Aussenfl~che des Okzipital- lappens fiber.

Die anatomische Feststellung eines scharf umgrenzten, zytoarchi- tektonisch wohl charakterisierten Rindenfeldes besagt nun naturgem~ss noch nieht das geringste fiber dessen physiologische Funktion. Ob wir das den Kalkarinatypus aufweisende Rindenfeld mit der kortikalen Sehsph~re identifizieren diirfen, ob wir hier das sogenannte Sehzen- trum vor uns haben, wenn wir mit diesem Ausdruek nur ein - - um- grenztes - - Rindengebiet bezeichnen wollen, dessen L~sion immer und in jedem Falle einen Gesiehtsfeldausfall hervorruft, w~hrend dies bei Sch~digung mlderer Rindenpartien nicht der FM1 ist, das Sehzentrum~ dessen Existenz aus der woh] kaum noch zweifelhaften Projektion der Retina auf die Hirnrinde kliniseh zu fordern ist [siehe Lenz (10)], einer LSsung dieser Prinzipienfrage kann uns nach den uns zurzeit zur Verffigung stehenden ForschungsmSglichkeiten nur die mensch- liche Pathologie n~her bringen.

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Es stehen uns dabei zwei Wege often. Wir kSnnen kliniseh gut untersuehte F~l.le mit hemianopisehen GesichtsfeldstSrungen dureh die Sektion kontrollieren und aus dem eventuell in der Sehsph~re gefun- denen Herd unsere Schlfisse ziehen. Hier ist zurzeit in der Literatur ein ausserordentlich grosses kasuistisches M~terial niedergelegt, das jedoch, wie ich in ether eingehenden kritisehen Durchsicht gezeigt h~be (10), nur mit gewissen Reserven zu einem sehr kleinen Teile fiir die gestellte Frage verwertbar ist. Ieh kam jedoeh zu dem Re- sultat, dass das bisher vorliegende Material schon jetzt in iiberraschend iibereinstimmender Weise gerade auf die Gegend des Kalkar!natypus als Sehzentrum hinweist. Ein endgiiltig absehliessendes Urteil war jedoch namentlich aueh hinsichtlieh der feineren Begrenzung noeh nicht zu erlangen.

Es ergab sich daraus die Notwendigkeit, auch den zweiten For- sehungsweg, den uns die menschliche Pathologie zurzeit noeh erSflhet, einzuschlagen, nSmlieh das Studium der ,~ufsteigenden Degeneration.

Wenn es mSglieh wSre, bet Ausschaltung der Augen oder Durch- tremmng der optisehen ]~ahn eil,_ umgrenzbares Rindengebiet im Ok- zipi[~dlappen auf~nfinden, in dem als Fotge davon kenst~mt und m jedem Falle charakteristisehe und [ibereinstinnnende VerSnderungen des histologisehen Bildes degenerat:iver Natur auftreten, so w:,ire man bereehtigt, dieses Gebiet, als ill inniger Beziehung zu der ausgefidlenell SinnesNnktirm stehend zu betr~tchten. Im w,'lieg~nden F~dle kSnnt~ man "dso dieses Gebiet als kortikale Endiglmg der optisehen }l,dm, :ds Sehzentrum im eben definierten, eleme~ltaren Sinne bezeichnen. Und die weitere Frage w:~h'e die, of sieh. dieses so ermittdte (~Id~iot mit einem m~atomiseh dureh seine zytoarchitektonische Sonderstelhmg ausgezeiehneten Ilindenfeld etw~ dem des Kalkarim~tylmS, rSmnlieh deekt. Wiirde sich dies best:~tigen~ so wi;~re damit, gewissermassen durch Addition des physioIogisehen Paktors zmn speziellen anatolnisehen Aufbau, die Natur des Kalkaritmgebietes Ms kortikales Sehzentrum mit Sieherheit bewiesen.

Der Weg des Studiums der aufsteigenden Degeneration ist schon mehrN,eh begangen worden, ohne dass sieh jedoeh bisher endgiiltige, well nieht iibereinstimmende Resultate ergeben hiitten. Ieh erinnere hier namentlieh an die Beobaehtung v. Monakows, dass naeh ZerstSrung der Sehstrahlung innerhalb der Capsuta interna in der OkzipitMfinde die grossen solitiiren Gmlglienzellen zum Sehwund kommen.

LSsionen der sekund~iren Optikusbahn sind jedoeh meines Er- achtens gerade fiir die Entseheidung der hier gestellten Frage weniger

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brauchbar, weil uns der gena.ue Verlauf der Optikusfasern in dieser Gegend und welter zentralwgrts noch zu wenig sieher bekannt ist. Es besteht deshalb immer die Gefahr, dass auch andere Fasern mit zerstSrt sind, ohne dass wir das entscheiden kSnnten, woraus sich dann uaturgem~ss wieder wenig eindeutige Resultate ergeben miissen.

Sehr viel einwandsfreier liegen in dieser Beziehung die Verh~ilt- nisse bei dem primiiren Teil der Babn, der in seinem isolierten Ver- lauf auf das genaueste eharakterisiert ist. Wir miissten also untersuehen, ob bei Lgsionen des primiiren Teils der optischen Bahn sich Ver- ~inderungen im sekundiiren Teile derselben, speziell in der Rinde des Okzipitallappens nachweisen lassen, und eventuell, ob sie sieh bier auf ein umgrenzbares Gebiet beschr:Jmken.

Es kann diese L~ision kongenital sein oder in den ersten Lebens- tagen erworben werden, man kann z. B. bei neugeborenen Tieren beide Bulbi enukleieren. Nur wird man unter so]chert Verh~iltnissen nieht eigentlieh eiue Degeneration, sondern nut eine Entwieklungshemmung in dem noch nicht fertig ausgebildeten Gehirn, ein Stehenbleiben auf dem Status zurzeit der Liision und eventue|l eine Wiederzuriickbil- dung erwarten k5nnen. Im Tierexperiment hat man in der Tat eine makroskopisehe Entwicklungshemmung gefunden (v. Monakow, F i i r s tner , Munk) und B e r g e r (11) ist es gelungen, bei Tiereu, Hunden und Katzen, mit kiinstliehem, nach der Geburt angelegtem Symblepharon eine Ver~nderung der Rinde (Fissura splenialis des Hundes) nachzuweisen~ wenn er die Versuchstiere gen~gend lange am Leben liess. Er fund ein Diehterstehen der Elemente a|ler, nament- lich aber in den oberen, dem Stratum zonale benaehbarten Schichten, und erkl~irt diesen Befund aus der mangelhaften Differenzierung, die normaliter ein Auseinanderriicken der Elemente bedinge.

v. Leonowa (7) untersuehte Gehirne yon neugeborenen Kindern mit Anophthalmus und Bulbusatrophie und fund bei diesen eine iso- lierte Entwieklungshemmung der IV. Schieht, die sie infolgedessen mit dem Sehakt als die Tr~gerin der ObjektbiIder in wichtige Be- ziehung setzt. Es ist ohne weiteres verst~ndtich~ dass rein anatomisehe Befunde zu so weir gehenden Sehliissen auf keinen Fall berechtigen kSnnen.

H e n s e h e n (12) fand dem gegeniiber bei einem neugeborenen Kinde mit Bulbusatrophie eine Entwieklungshemmung der Zellen a l le r Schichten.

So interessant nun diese leider noeh sehr wenig ~ibereinstimmen- den Befunde auch sind, so w~ire es meines Eraehtens doeh viel wert-

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roller, namentlich auch in betreff der Beziehung zur physiologisehen Funktion, wenn man bei Litsionen des prim:~iren Teils der optischen Bahn auch an Gehirnen, die schon ausgebildet sind und sehon fiir die Aussenwelt funktioniert haben, Veritnderungen im Okzipitallappen sekund~rer Natur feststellen kSnnte.

Tierexperimente berufener Forscher haben in dieser Hinsieht bis- her ein negatives Resultat ergeben~ doch liegen sehon einige positive Beobachtungen vom Mensehen, wenn aueh in sehr beschritnkter An- zahl vor.

H e n s c h e n (13) land bei einem 64jhhrigen Patienten, der im 18. Lebensjahr an Lepra erblindet war, eine ausgedehnte Atrophie tier Hinterhauptslappen, die sowohl das Marklager, besonders die Sehstrahlung, als auch die zelligen Elemente betraf. Die Rinde des ganzen Hinterhauptslappens war alteriert, am sti~rksten in der Partie, soweit sieh der Gennarisehe Streifen erstreckt, ohne dass jedoeh eine scharfe Grenzlinie in den verschiedenen Intensit~ttsgraden aufzu- finden war. Aueh die Rinde der Fissura hippocampi nahm an den VerL~nderungen Tail. Diese bestanden in einer Atrophie der Pyrami- denzellen, namentlicb der kleineren, abet aueh die gr~Ssseren zeigten starke Atrophie. in der Kalkarina ,sieht man kaum eine einiger- massen gut erhaltene Zelle, sondern meistens Kerne, die naekt oder meistenteils yon einem schmalen Ringe yon KSrnern umgeben sind. ausserdem entbehren sie seharfer Konturen." In der iibrigen Riude des Hinterhauptslappens waren die Vergnderungen geringer.

H e n s e h e n glaubt sieh aus diesem Fall bereehtigt, das 8ehzen- trum mit ~Vahrseheinliehkeit in das Gebiet des (~ennarisehen Streifens zu lokalisieren.

Es ist zu bedauern, dass der Autor niehts iiber die Teehnik der Untersuehung sagt. Die H:,'trtung des Gehirns in Miillerseher Fliissig- keit ist fiir das Studium feinerer histologiseher Ver~inderungen sehr wenig giinstig. Aber selbst wenn die besehriebenen Veritnderungen wirklieh in dieser ]ntensit~t bestanden habon, ist der Fall fiir die Frage einer umgrenzten Lokalisation nur sehr mit Reserve zu ver- werten, da aueh der iibrige Okzipitallappen offenbar reeht sehwer vergndert, und eine seharfe Grenze nieht zu finden war.

Ein weiterer hierher gehSriger Fall wurde yon Cramer(14) be- sehrieben. Es handelte sieh um einen 60j~hrigen Geisteskranken, der seit 10 Jahren auf einem Auge blind war. Der Autor thnd .'tosser einer VersehmiLlerung der RiMe beiderseits eine Verkleinerung aller ~Rindenzellen und eine Rarifikation der Zellen unterhalb des Gen-

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narischen Streifens in der IV. Sehicht, wo aueh L e o n o w a eine Alteration gefunden hatte. Schon B erger hat darauf aufraerksaal ge- macht, dass diese Befunde nicht einwandsfrei genug sind, da es sich um ein geisteskrankes Individuum handelte, wo nach den Angaben Niss l s Zellver~nderungen in der Rinde die Regel sind.

Ferner berichtet B e r g e r ( l l ) tiber die Untersuchung dreier ein- schl'ggiger Fglle. Bet zwei derselben, darunter ether mit einseitiger Erblindung, fanden sieh nur geringe, innerhalb der physiologisehen Breite gelegene Abweichungen, und nur bet einem seit 20 Jahren auf beiden Augen erblindeten Manne fimden sich deutlichere Unter- schiede gegenfiber dem Verg]eichspr~parat. Die Zellen aller Rinden- schichten waren deutlich verkleinert~ und zwar ,,schienen die dem Stratum zonale zun:~tchst gelegenen Elemente am stgrksten be- teiligt zu sein". Messungen der Rindenbreite ergaben keine Ver- schmglerung derselben, vergleichende Zellzghlungen zeigten niedrigere Zellzahlen bet dem doppelseitig Blinden. Im Gegensatz zu den Er- gebnissen C r a m e r s hebt der Autor ausdrtieklieh hervor, dass die t~berwiegende Degeneration ether bestimmten Zeltsclfieht nicht fest- gestellt werden konnte, es schienen sogar die oberen Sehiehten starker beteiligt zu sein, als die tieferen. Einen Vergleich seiner Befunde mit denen H e n s e h e n s zieht der Autor nicht. Untersucht wurde nur ein kleines Stiickchen aus der oberen Lippe der Fissura catcarina etwsL 2 em vom Okzipitalpol.

Die eingehendsten, bisher publizierten, 3 Jahre in Anspruch nehmenden Untersuchnngen fiber die in t~ede stehende Frage ver- danken wir Bo l ton (1), der~ wie oben bereits angeffihrt, den Begriff des Kalkarinatypus mit seiner seharfen Grenze und seiner Ausdeh- hung und Lage im Okzipitallappen schon vor B r o d m a n n exakt pr~t- zisiert hat,, und der dieses Rindengebiet - - wohl etwas vorzeitig - - als ,Visuo sensory cortex" der umgebenden Okzipitalrinde als ,,Visuo psychic cortex" gegenfiber stellt. Seinen Studien Iiegt die Bearbeitung yon 6 F~lten zugrunde, die in den unten stehenden Tabellen des N~heren charakterisiert sind, wobei ich den Fall yon Anophthalmus hier ausser acht lassen mSchte~ da ich in ether spgteren Publikati6n fiber derartige EntwicklungsstSrungen hierzu Stellung nehmen werde.

Beziiglieh der rgumlichen Ausdehnung des Rindenfeldes mit dem KMkarinatypus bet normalen Gehirnen und solchen mit l~nger be- stehender Blindheit kommt B o l t o n zu dem Resultat: The area is much decreased in extent, but not in distribution, in eases of long standing blindness.

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Dieses Ergebnis zweifelte sehon B r o d m a n n an auf Grund der grossen Variabilitgt der Grenzen des Kalkarinafeldes bei den yon ibm untersuchten vier Gehirnen, yon denen allerdings nur eines vom Er- waehsenen stammt. Meine eigenen Untersuehungen an zehn normalen Gehirnen yon Erwachsenen ergeben nun, wie schon oben erwiihnt, derartige individuelle Sehwankungen in der Anordnung der Grenzen des Kalkarinatypus, dass es mit unseren heutigen Itilfsmitteln wenig aussichtsvoll erscheint~ eine relativ geringfiigige Einschriinkung des Rindenfeldes mit Sieherheit zu konst~tieren. Und um eine solehe kSnnte es sich naeh den Zeiehnungen Bo l tons nur handeln, nur eine solche Mire naeh meinen unten zu erSrternden Rindenbefunden einer relativ reeht geringen Degeneration einzelner Sehichten, bzw. einer ¥erkleinerung der zelligen Elemente in einem der F~lle t~berhaupt denkbar. Wir kSnnen niernals wissen, wie die Grenzen vor der Er- bIindung waren, wir kSnnen nicht einmal bei Ausschaltung eines Okzipitallappens dutch Tmktuslgsion einen Vergleieh aus der GestM- tung der anderen Hemisphi~re ziehen; da, wie ieh wiederholt konsta- tierte, erhebliche Untersehiede zwisehen beiden aueh am normalen Gehirn bestehen kSnnen, ganz ~fl,gesehen yon der ftir nfich nicht zweifelhat~en (10) Xuppelung beidcr Sehzenl;ren beziiglich des maku- 15ten Gebietes dnreh quere l,[ommissuren zentrMwiirts yon den pri- m:dren Zentren, wodureh eine vSllige Aussdmlt.ung eines Okzipital-

I . ' " ' ) lappens infolge Traktuslasl(n unmSg]ieh wird. Ieh sehe reich somit ge- nStigt, die SchlussIblgermlg B . l t o n s beziiglieh der EinsehrSnkm~g des KalkarinaIi~ldes bei l~tnger bestdmnder Blindheit :ds durehans nieht bewiesen zu bezeiehnen.

Der ,'mdere. uns hier interessierende Tell der Arbeit Bol tons besehSftigt sieh mit zweitbllos ganz ~msserordentlieh mtihsmnen, nfikro- metrisehen Messungen der Breite der einze]uen Sehiehten in den in Betraeht lmmmenden llindenbezirken. Der Autor unterseheidet nm' fiinf Sehiehten, die sieh zu der oben gegebenen Einteilung Brod- nl a n n s tblgendermassen verh'flten :

1. OberflSehliehe Sehieht der Nervenf'tsern ---~ 1. "2. Schieht kleiner Pyramidenzellen = I I und III . :4 a. A_ussere KSrnerschieht ~ IVa. 3b. Mittlere Nervenfasersehieht oder Oennari ~ IVb. 3c. Innere KSrnersehicht = IVc. 4. Innere Nervenfasersehieht = V. 5. Sehieht der polymorphen Zellen = V i a und b. Die Resultate Bol tons geben die beiden naehstehenden Ta-

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bellen (Fig. 4 und 5) naeh Durchschnittswertea berechnet in ansehau- licher Weise wieder. Die einzelnen Werte stellen das prozentarische Verh~ltnis der Schiehtenbreiten zu denjenigen bei einem normalen, 65 Jahre Mten Gehirn dar.

LAYERS. I I 2 i ~ 4, 5 PercenLa,~e of ! Genera, l Oet, oJla. CASES. % 1 % I ~o ~ % C~se I .

14.~ 4t~,4 10"8 ~ ' J /5,7 I . . . . . No rm~ t , A~e 65~trs,

~1 2 5~,8 I0O

15 .~ 41.8 i1.1 11.5 15.6 H ~ Cht in.~snit{/. A~e t8 yrs.

55 t 5~Z 93"5

t5.4 ,~,5" t l '9 9.8 [ /6-o Chr i n ~ J t ( l , /ol, Jnd f r o m

55.9 J~7 I 93.6 i n l a n d s . A~eP.t~jr.~.

/5.~ 4/.5 9.0 Yo~ /~,3 Chr, in,~nit~l, w i t h old- - r - ' - ~t~z~din~ /N, indne~. A~e,T~ErJ

..... ~.? ~ . ~ I ,o.~ , , . ~ , ~ . ,

V I ~i 5 "It ........ z3J.7 ~ 8,~<) Norm~t . . . . . . . A2eSmonCh$ .

Fig. 4.

Die Schlussfolgerungen seiner Messungen ~tsst B o l t o n in fol- gendea Leits~tzen zusammen:

General De ~a, ils.

Norme.5. A~e e5 ~r~,

Chr. in~anit~t. A~e 18gr~.

Norm=t. A~e 3 mo~th~.

Chr.in~nlt~¢, blind from infancy/. A2e ZZyrS,

Chr, ins~mt~, with otd- st~dm~ b~indn~ A~eSo~tr~

A~oFhth~Lrnos, A~e I ruth,

Fig. 5.

1. In the area of special lamination (Calcarinatypus) in cases of old-standing optic atrophy the line of Gennar i is decreased nearly 50 per cent. in thicknes% ~nd the outer granule layer more than 10 per cent.

2. In the visuo-psychie region surrounding the are~ of special lamination, old-standing optic atrophy causes no modification of the lamination.

Die histologische Lokalisation des Sehzentrums. 277

3. The majority of the layers of tile cortex do not vary appre- ciably in thickness as a result of age or chronic insanity, but there is an almost exact correspondence between the thickness of the con- jointed 1st and 2nd layers of the cortex (outer layer of nerve fibres and pyramidal layer) and the degree of amentia or dementia existing in the patients.

Diesen Resultaten gegeniiber ist folgendes hervorzuheben: Bei mikrometrischen Messungen ist die Fehlerquelle nicht aus-

zusehalten, dass die Auswahl selbst zahlreichster Stellen dem subjek- tiven Ermessen fiberlassen bleibt. Und wie gross gerade hier die Fehlerquelle sein muss~ beweist ein Blick auf die Tafeln, Fig. 6 zeigt bei schwacher YergrSsserung, wie ausserordentlich verschieden die Gesamtbreite der Rinde mit dem Kalkarinatypus in den einzelnen Partien ist, und in Fig. 7 sieht man bei st~irkerer Vergr5sserung sehr deutlich, dass kaum einmal auch nur in 1 cm Breitenausdehnung sich absolut gleiehe Verh:~[ltnisse vorfinden, sowohl was die Gesamtbreite der t~inde betrifl~, als aueh~ was mindestens ebenso wiehtig ist, das prozentuale VerhSltnis der einzelnen Schichten zu derselben. Es i~hlt also jeder Wegweiser, welehe Stelien man nun wiihten sell, und da- mit nmss das Resultat der M essungen jeder sieheren Basis entbehren. Dass man .icdenthlls nirgends in Verlegenheit kemmt, zu allen ]_lin- de~fl)reiten normaler Gehirm~ amtloge und in der ~3esamtbrcite iden- tisehc Stellen aueh an pathologisehen Gehirnen aut2ufinden, beweist eine {)bersieht tiber racine T'deln.

Es mtisste sich hSehstens um ganz grebe Differenzen lmndeln, win j~z :inch Bol ton eine ]leduktion des Genm~ri auf die HSIfte seiner Normalbreite geNnden haben will. Derartige grosse Unter- sehiede miissten einem aber aueh ohne Messung auffallen, wenn mint einigermassen zahlreiehe Bilder betraehtet. Trotzdem habe ieh es nieht unterlassen, ebenfalts dureh sehr vide Messungen die Angaben Bol- tons naehzuprafi~n. ]eh kann diese]ben nicht bestStigen. Weder land ieh eine naehweisbare lleduktion in tier Oesamtbreite der Rinde, noeh eine solehe der einzelnen 8ehiehten. Naeh den unten zu sehil- dernden positiven Beflmden kSnnte es sieh aueh hSchstens um sehr geri~ge Differenzen handeln, uud solche lassen sich eben aus den an- gegebenen Griinden nicht mit Sieherheit bewcisen.

Dazu kommt ferner, dass die einzelnen Sehiehten sieh nieht mit Iinearer Selfiirt5 voneinander abgrenzen, sondern mehr allmghlieh in- einmlder tibergehen, so dass die Bestimnmng tier gemmen Breite selbst bei den versehiedensten VergrSsserungen racist auf sehr erheb-

278 G. Lenz

liche Schwierigkeiten stSsst, ja meines Erachtens unmSglich ist. Je- denfalls ist es mir, wie das Bol ton rut, niemals gelungen, die Breite einer Schicht bis auf den Bruehteil der 5. Dezimale eines Millimeters genau anzugeben (siehe besonders die starken VergrSsserungen).

Schliesslich ist noch hervorzuheben, dass das VergleichsmateriM Bol tons sehr klein ist. Die F~lle II, I I I und IV sind wegen gleieh- zeitig.bestehender ,,chronic insanity" an und far sich nicht ganz ein- wandsfrei, die normalen F~lle I (65 Jahre alt) und V (3 Monate att) entsprechen bezfiglich des Alters recht wenig strengeren Anfor- derungen an Vergleichsobjekte gegeniiber F~illen im Alter yon 27 und 38 Jahren.

Ich komme somit zu dem Resultat, dass die Ergebnisse Bol- tons bezfiglich der Vergnderungen bei Gehirnen mit l~inger bestehen- der Bhndheit in mehrfacher Beziehung anfechtbar sind, und dass sie mit meinen eigenen Befunden nicht fibereinstimmen.

Ein Gesamtiiberblick fiber die bisherige Literatur ergibt somit, dass die Frag% ob bei peripherer Erblindung in sp~terer Zeit inner- halb des zentralen Endigungsgebietes der Sehfasern im Hinterhaupts- lappen, eines Gebietes, dessen exakte Lokalisation und Umgrenzung noch nicht in jeder Hinsicht gen•gend gekl~irt ist, Vergnderungen degenerativer Natur auftreten, oder ob dies nicht der Fall ist, noch als keineswegs gelSst zu beh'achten ist.

Wenn die bisherigen Untersuchungen an pathologischem Mate- rim so erheblich differente Resultate zeitigten, so liegt dies einmal an dem gar zu geringen normalen Material, das zum Vergleich heran- gezogen wurde. Des weiteren bestand eine derartige Variation tier Schichteneinteilung, indem beinahe jeder Autor eine eigene neue Be- nennung der zahlreiehen Rindenschichten gab, dass namentlich dann, wenn man die Schwierigkeiten bei deren Abgrenzung bedenkt, sin Vergleieh der verschiedenen ]~efunde oft genug iiberhaupt kaum mSg- lich ist. Und dazu kommt dann noch schliesslich, dass diese zum grSssten Teil in Form reiner Beschreibung wiedergegeben wurden, wghrend die dokumentarische Niedeflegung der an und fiir sich schon so komplizierten Befunde in Form einwandsfreier Abbildungen nirgends auch nur bescheidene Anspriiche zu befriedigen vermag. Als notwen- dige Folge daraus miissen dann naturgemgss aueh wieder die aller- grSssten Schwierigkeiten beim VergIeieh der verschiedenen, beschrie- benen Vergnderungen resultieren.

Seitdem wir nun dutch die verdienstvollen Arbeiten Bol tons

Die histologische Lokalisation des Sehzentrums. 279

und Br o d m a n n se ine so einfache und ausserordentlich fibersichfliche Schichteneinteilung zur Verfiigung haben, und seitdem uns beziiglich der Registrierung der Befunde durch die Fortschritte der Mikropho- tographie ein so tiberaus wertvolles, ja unentbehrliches ttilfsmittel zur Verfiigung steht, schien es mir an der Zeit zu sein, namentlich an der Hand eines grossen Vergleichsmaterials die in Rede stehende Frage, unbeeinflusst durch die iilteren differenten Ergebniss% einer neuen, eingehenden Bearbeitung zu unterziehen, fiber deren erste Er- gebnisse ieh bereits auf dem Heidelberger Kongress 1910 (15) be- richter habe, deren Bestiitigung an einem grSsseren Material mir je- doch als wiinschenswert erschien.

Ganz besonderen Wert lege ich dabei auf die doknmentarische Niederlegung meiner Befunde in mSglichst zahlreiehen Abbildungen, wie sie uns in so einwands/~eier Form gerade auch bei der Eigenart des Materials nur die m oderne Mikrophotographie zu liefern vermag. Auf den Vergteich mit dem Normalen kommt hier alles an, ein solcher ist hier aber bei der reh~tiven Geringfiigigkeit der Ver:Snderungen und bei der Notwendigkeit, grSssere Rindenpartien, nicht einzelne aus- gesuehte Stellen, vergleiehsweise zu beurteilen, setbst bei gleichzeitiger Verwendm~g mehrerer Mikroskope, wie jeder Naehuntersucher sieh schnell iiberzeugen wird, ganz ausserordentlich ~,mhwierig. Gtmz wesent- IM~ erleichtert wird jedoeh die Beurteihmg durch den direkten Ver- gleieh miiglichst zahlreicher, ans den verschiedensten Gegenden stammen- den Mikrophotographien, yon denen ich fiir den vor]iegenden Zweck fiber 500 angefertigt babe, yon denen ieh jedoeh naturgemSss bier nur einen kh,inen Bruehteil wiedergeben kann. Naeh diesem Prinzip sind die T.ifeln [ V - - X I X hergestetlt, auf deren jeder sich immer ein normales ¥'ergleichsbild befindet. Siimtliehe korrespondierenden .Bilder wurden selbstverstSndlieh unter absolut gleiehen Bedingungen der VergrSsserung, ]~eleueht, mg usw. hergestellt, so dass ein in jeder P, eziehung exakter und einwandsfreier Vergleieh ohne weiteres mSg- lieh ist.

Beztiglieh der Herstellung der Bilder w:~tre noeh hervorzuheben. dass die Mikrophotographie so zartblauer PrSparat% wie sie die NisslfSrbmlg tief'erg a, uf reeht erhebliehe Sehwierigkeiten stSsst uml besondere Anforderungen an die Teehnik stellt. Ganz ausserordent- lieh sehStzenswerte Dienste leistete nfir in dieser tIinsieht die grosse mikrophotographisehe Einriehtung yon Z eiss (Jan' 0 mit einer Nern st- sehen Projektionslampe und dieVerwendung eines yon der gleiehen Pirma stammenden Satzes yon ,,Planaren". Die T~deln starker VergrSsse-

'¢. Graefe ' s Archiv fdr Ophthalmologie. XCI. 2. 1 9

2S0 G. Lenz

rung ( X - - X I V und X V I I I - - X I X ) sind so hergestellt, dass yon der Rinde, die fUr eine einzige Aufnahme zu breit wiire, zwei Auf- nahmen gemaeht und dann zusammengesetzt wurden. Randunsehiirfen, die sieh besonders aueh an der Zusammenstosslinie bemerkbar maehen, lassen sich dabei nicht vermeiden, l~[ehr als zwei Aufnahmen wiirden aber die Reproduktion noch mehr ersehweren. I)brigens sollen diese Bilder aueh nieht so feine Veriinderungen der Zellen, als vielmehr deren allgemein e Form und Lagerung zeigen, und dieser Zweek diirfte zur Geniige erreieht sein.

Den vorllegenden Untersuchungen liegt die Bearbeitung yon 14 Gehirnen zugrunde.

Als Vergleiehsobjekte dienten yon diesen zehn normale Gehirne yon geistesgesunden Menschen mit normalen Augen aus den Lebens- altern yon 23, 29, 30, 33, 42, 45, 50, 57, 65 und 74 Jahren.

D i e h i e r b e i g e w o n n e n e n E r g e b n i s s e f i i r die n o r m a l e G e s t a l t u n g de r F i s s u r a e a l e a r i n a und i h r e r U m g e b u n g wur - den b e r e i t s in den o b i g e n A u s f i i h r u n g e n e r S r t e r t .

V e r g l e i c h s m a t e r i a l :

Geschlecht Alter Todesursache

Normal I Normal II Normal III Normal IV Normal V Normal VI Normal VII Normal VIII Normal IX Normal X

Mann Mann Frabl Mann Frau IMann Mann Frau

Mann Frau

57 G5 42 29 74 23 20 45 33 50

Imngentuberkulose Magenkarzinom Phlegmone des Arms. Septicaemie Nephritis chronica Herzschwliche Lungentuberkulose Lungentuberkulose ¥itium cordis. Embolia pulm. Schwere Verletzung des ]3rustkorbes Pneumonie

F~lle yon per ipherer Erblindung. 1. Max A. 19 Jahre alt. Seit 12 Jahren erblindet iniblge perforierter

Hornhautgeschwiire. Kein Lichtschein. Beiderseits Phthisis bulbi, Leucoma totale. Todesursache: Lungentuberkulose.

2. Emit U. 32 Jahre alt. 8 Jahre vor dem Tode Suicid, Schuss dureh beide Optici in ihrem zentralsten Tell, komptetto Optikusatrophi% Pupillen viiltig lichtstarr. Mitunter wird eine Spur ganz unsieheren Lichtscheines an- gegeben. Kurze Zeit vor dem Tode lift Patient an epileptisehen AnfNlen und starb auc:n in einem solchen. Keinertei StSrungen der Intelligenz. Ieh mSchte vorweg hervorheben~ (lass sich bei der Untersuehung des ttirnes keinerlei Veriinderungen fanden: wie wir sie bei sehwerer Epilepsie mit geistiger VerblSdung anzutreffen pflegen, und die die nachfolgenden Befunde als nieht vSllig einwandsfrei erscheinen Iassen kCinnten.

3. Eugen E. 48 Jahre air. Im 9. Lebensjahr durch totale Amotio

Die histologische Lokalis~tion des Sehzentrums. 281

retinae, wie sie auch sonnt in der Familie wiederholt vorkam, beiderseits viillig erblindet. Kein Lichtschein. Beiderseits bandfSrmige Hornhautdegenera- tion. Ansbildung in der Blindenanstalt. Hohe geistige Begabung. Promovierte zum Dr. phil. 6 Jahre vor dem Tode periproktitiseher Abszess, wahrschein- lieh auf tuberkuliiser Grandlage, yon dem zwei sezernierende Fisteln zurtiek- blieben. 3 Tage vor dem Tode neue Infiltration in der Mastdarmgegend mit hefligsten Schmerzen. Temperaturerhiihung auf 38~4 °. Delirien, sehr elen- der Puis, Exitus.

4. J o h a n n a S. 61 Jahre alt. Seit 19 Jahren erblindet~ ohne Lieht- sehein. Dan reehte Auge ging schon in frtiher Jugend infblge einer Ver- letzung zugrunde, vNlig versehrumpfter, klein haselnussgrosser Bulbus. Links vor 19 Jahren Hornhautgeschwiir mit Perforation und vNliger Erblindung. Bulbus phthisisch, Leueoma totaIe, alte Zyklitis. Amotio retinae totalis. Todesursaehe: Lungentuberkulose.

S~imtliehe Gehirne wurden~ bis auf einzelne dfinne Seheiben, die ftir andere F~rbemethoden herausgesehnitten und dementsprechend vorbehandelt wurden, in 98 °/oigen Alkohol fixiert und in Paraffin eingebettet. Da fiir einen exakten Vergleich~ speziell ftir die Feststellung einer eventuell vorhandenen Rarifikation einzelner Zel]elemente absolut gleiche Schnittdicke unbedingtes Erfordernis ist, wurde gerade auch hierauf das allergrSsste Gewicht gelegt. Die Sehnitte wurden ansschliesslich auf einem grossen Mikrotom mit Doppel- zylinderfiihrung (yon Sar to r ius , GSttingen), das sich besonders durch seine Stabilit~it und dadurch badingtes sehr gleiehmSssiges Arbeiten vorziiglieh be- wShrt hat~ serienweise hergestellt. Als geeignetste Schnittdieke ergab sich bet den Vorstndien sine solche yon 15 Mikren. Diekere Sehnitte liethrn keine einwandsfrei distinkte und gleiehm~issige F~irbung, so dass namentlieh das feinere Zellstudium ersehwert wird, bet dtinneren Sehnitten tritt die Sehidltenabgrenzung nieht mit geutigender Deutlichkeit hervor. Die Sehnitt- dicke yon 15 Mikren wurde deshalb ftir alle Vergleiehsbilder strong inne gehalten.

Die FSrhung erfolg'te nach der Methode Nissls mit Toluidinblau. Ausserdem kamen zur Anwendung die Fiirbnng der Nervenfhsern naeh Pal, der Neurofibritlen naeh B ie l s chowsky nnd der Neuroglia naeh versehie- denen Methaden. Die vorliegende Arbeit besehrankt sieh jede, eh zun~iehst auf die Veriinderungen des Rindenaufbaues~ wie sie nns die Nisslsehe F~trbung zeigt. Das spezielle Verhalten des Fasersystems nnd der (Ilia sell in ether sp~tteren Darstellung besehrieben werden.

Wenn wir nun die naeh den oben geschilderten Gesichtspunkten gewonnenen Pr?iparate und Bitder vergleiehen wo]len, so miissen wir dabei immer bedenken, dass ein in jeder Beziehm)g exakter Vergleieh nnr mSglieh w?ire, wenn wit wiissten, weleher ]tinde~fl)ezirk genau einem bestimmten Retinalbezirk entsprieht; nut so kSnnte man in jedem Gehirn die Nnktionell analogen Stellen auffinden, und fernere Vorbedingung wgre, dass man dann diese Stellen in unseren Pr~pa- raten in jedem Fall unter absolut gleiehen Verh~ltnissen der Sehnitt- riehtung zur Untersuehung bekSme. ]3eides ist jedoeh zurzeit unmSg-

19"

282 G. Lenz

lich. So miissen wir uns also auf das Aufsuchen allgemein durch- gangiger Differenzen beschrKnken.

Aber selbst hierbei begegnen uns sofort erhebliche Schwierigkeiten, weil die Gesamtbreite der Rinde ebenso wie auch die der einzelnen Schichten in ihrem prozentualen Verhaltnis zur ersteren und, damit wieder in engem Zusammenhang stehend, das ganze Strukturbild ausserordentlich wechselt. Tells handelt es sich hier um wirldiche Differenzen, besonders tr~gt abet auch die Schnittrichtung Schuld daran, die die in den verschiedensten Ebenen gelegenen Rindenab- schnitte unter allen mSglichen Winkeln trifft. Einen absoluten Wert ftir die Normalbreite kennen wir zudem nicht.

Die Variabilitat ist so gross, dass es, wie ich schon oben bei der Besprechung der Befunde B o l t o n s eingehend auseinandersetzte, nicht mSglich ist, selbst dutch zahlreichste vergleichende Messungen Unterschiede der Rinden- und Schichtenbreite zwischen normalen und pathologischen Gehirnen mit Sicherheit nachzuweisen.

Wir mtissen also einen andern Weg einschlagen, und da er- scheint am aussichtsreichsten das Studium des zytoarchitektonischen Aufbaues der Rinde. Zwar begegnen wir hier denselben Schwierig- keiten, doch kSnnen wir bier derselben noch am ehesten Herr werden, wenn wir hauptsiichlich Stellen vergleichen, die in ihrer Breite und in ihrem ganzen Aufbau, in dem Verlauf der Elemente usw. den Eindruck der mSglichsten Gleichwertigkeit der 5usseren Bedingungen machen, unter denen sie sich pr~sentieren. Dieser Modus ist meines Erachtens erlaubt, da wir nach allgemein giiltigen Differenzen fahn- den, und unter der Bedingung~ dass die Stellen aus im wesentlichen iibereinstimmenden Bezirken des Kalkarinagebietes stammen. Am iiber- sichtlichsten und erwiinschtesten sind naturgem~ss Bilder, wo die frontale Schnittebene mSglichst senkrecht ein Rindensttick getroffen hat, das in mSglichst grosser Ausdehnung in einer und derselben Ebene, am besten naturgem'~ss der horizontalen gelegen ist. Am ehesten gewinnt man derartige ideale Schnitte aus mSglichst gestreckten Bezirken tier Innen- wand der Fissur. Da jedoch die Erfahrung lehrt, class bei Beschr~tn- kung auf derartige ideMe Stellen infolge des Windungsgewirres und bei der so variablen Oberflachenkonfiguration auch innerhalb der Fissura calcarina selbst die Ausbeute zu gering ist - - bei manchem Gehirn bekommt man keinen einzigen derartigen Schnitt - - , so bleibt nichts anderes iibrig~ als auch auf andere kompliziertere Schnittrich- tungen zuriickzugreifen, wenn sie nur die oben geforderte Bedingung tier Gleichwertigkeit el¢iillen.

Die histologische Lokalisation des Sehzentrums. 283

Hierbei spielt naturgemiiss das Moment ann~ihemd iibereinstim- mender Rindenbreite eine besondere Rolle, und da w~re nun der Ein- wand mSglich, dass bei den pathologischen Schnitten die herangezogene~ wirklich gefundene t~indenbreite prim~ir nicht vorhanden war, sondern Endergebnis einer krankhaften l=teduktion ist. Das w~re natiirlich eine Pehlerquelle. Dass sie jedoch eine derartige Bedeutung erlangen kSnnte, dass sie imstande wSre, die Sicherheit des Endresultates zu schmiilern, halte ich nach dem Ergebnis meiner tlindenmessungen fiir ausgeschlossen, und besonders ist aueh zu bedenken, class mit aller- grSsster Wahrscheinlichkeit bei irgendwie wesentlicher Reduktion der Rindenbreite andere, nachweisbare Differenzen im zytoarchitektonischen Aufbau den Fehler falscher EinsehStzung der Breite reieMich kom- pensieren wiirden.

Wir sehen somit, dass sieh der vergleichenden Untersuehung mancherlei Sehwierigkeiten entgegenstellen. Trotzdem seheint mir der Weg, den ich eingeschlagen hab% in erster Linie gleichwertige Rin- denpartien einander gegenfiberzustellen; zurzeit als der allein praktiseh gangbt~re, da man sonst kaum zu iiberzeugenden Resultaten gehmgen kann. Naeh diesem Grundsatz sind die Tafeln zusammengestellt. Auf jeder derselben findet sich ein Normalbild und ein oder zwei diesem mSglichst mmloge pathologische Bilder. Auf jed~r Tafel ist ferner verzeiehne~, ob die StelJen aus dem vor&.ren, mitth.ren ~der hinteren I)rittel der Kalkarina, bzw. dem benachbm'ten Okzipitaltypus stammen. Beziiglieh des Lebensalters wurde immer ein Normalfall gewShlt~ der den pathologisehen nach MSgliehkeit entsprieht~ d~bei abet aueh bc- sonderer Wert darauf gelegt, Normalbilder yon recht vielen versehie- denen ~'~illen heranzuziehen. Die schwaehe VergrSsserung wurde be- vorzugt, weil sie bessere [)bersieht gewShrt, viel grSssere Ilindenbe- zirke gteiehzeitig darstellt und so am besten dem Einwand begegnet, dass nur einzelne sehmale Stellen zum Vergleieh besonders ausgesueht wurden. Das reiehe dokmnentarisehe Abbildungsmaterial maeht es jedem Naehuntersueher, der mit dem yon mir gew~ihlten Vergleiehs- modus nieht einverstanden ~st, mSglieh, eine Beurteilung naeh anderen, eigenen Prinzipien durehzufiihren.

Bevor wir nun auf den zytoarehitektonisehen Aufbau eingehen, muss ich noeh mit einem Wort des allgemeinen Verhaltens der ein- zelnen Bausteine, der Zellelemente gedenken, wobei ieh nur zwei EigensehaRen kurz erSrtern will, die fUr das folgende Bedeutung haben, w:~[l:-end die feineren Zellveri~nderungen als solehe Gegenstand einer spiiteren Darstellnng sein sollen. Namentlieh bei Betraehtung

284= G. Lenz

der Bilder st~rkerer Vergr6sseruag fi~llt auf, dass auch unter normalen Verh~ltnissen die Form besonders der Pyramidenzellen recht variabel ist. Bald erscheinen sie mehr rundlich (z. B. Fig. 28 und 34), bald sind sie sehr ]anggestreckt (z. B. Fig. 32), oder sie nehmen eine Mittelsteltung ein. Man muss dieses Verhalten, bei dem wohl auch die Priiparation eme gewisse Rolle spielen mag, kennea, um sich bei pathologisehen Bildern vor fatschen Schlussfolgerungen zu htiten.

Dann ist auch bei den verschiedenen F~llen die GrSsse s~imt- licher Zellen der gauzen Rinde recht variabel. Auch diese Tatsache ist von Bedeutung bei der Beurteilung, ob bei den Gehirnea mit Erblindung eine Verkleinerung aller Rindenelemente auftritt, wie sie Cramer und B e r g e r (siehe oben) beschreiben. Bei dreien meiner Fi~lle konnte ich keinen sieheren Unterschied feststellen, so dass es sich hierbei nicht urn ein konstantes, spezifisches Symptom handeln kanm Nur bei dem Fall S. hatte ich den Eindruck, dass bier eine gewisse Kteinheit aller Zellen durehgehend so ausgesprochen ist (siehe z.B. die Fig. 15 und 24), dass ich sie ftir pathologisch hulten mSchte. In dieser Ansicht werde ich durch die Tatsache best~rkt, dass bei demselben Fall innerhalb des Okzipitaltypus ein GrSssenunterschied gegen~ber dem Normalbild nicht hervortritt.

Im einzelnen verhalten sich nun die versehiedenen Schichten folgendermassen.

[. L a m i n a zonalis: Kein nachweisbarer Unterschied zwischen pathologischem und Normalbild, weder in der Breite, noch in der Zell- formation.

II. und I IL L a m i n a gram ext. Lain. pyr.: Beide Schichten gehen so ineinander tiber, dass sie, namentliCh auch in Hinsicht auf die zu er5rternden pathologischen Verh~ltnisse, am besten gemeinsam besprochen werden.

Die schmale Lamina gran. ext. hebt sich bei schwacher Ver- grSsserung deutlicher ab, als bei starker, da man so ein bedeutend grSsseres Rindensttick gleichzeitig tibersieht. Ferner tritt sie, wie schon oben erwiihnt, beim fStalen Gehirn klarer hervor, als beim erwachsenen. Doch ist sie auch hier~ wenn auch yon Fall zu Fall versehieden, fast immer als selbst~[ndige Schicht sicher crkennbar, z.B. in den ]~Sg. 8 und 11 (beide yore 45j~hr. Gehirn), f~rner in den Fig. i4 (50j~hr.), Fig. 17 (23j~thr.), weniger deutlich in Fig. 20 (42j~hr.) und ]~Sg. 23 (57 j~hr.).

Diese Elbersicht zeigt zugleich, dass (]as Alter dabei keine aus- ~chlaggebende Rolle spielt.

Die histologisehe Lokalisation des Sehzentrums. 285

Jedenfalls bewirkt diese Schieht, um so deutlieher, je besser sie ausgepr~tgt ist, einen sehr exakten, mit,mter fast linearen Abschluss der tieferen gegen die oberste zellarme Sehieht. Aber auch dann. wenn sie nicht sehr zellreich ist, ist die C~renzlinie eine immerhin reeht prSzise.

Bei pathologisehen Prgparaten ist diese Abgrenzung zweifetlos aueh tiberall mit yeller Deutlichkeit erkennbar, doeh besteht wenig- stens bei der tibergrossen Mehrzahl der Sehnitte yon a l len unter- suehten Fiillen ein Untersehied gegenfLber dem normalen Bild inso- t?rn, als die Sehieht~ wenn sie iiberhaupt vorhanden ist, in ihrer Kontinuitiit nieht so gteiehmgssig, vielf.mh unterbroehen erseheint {Fig. 12, 15), ja dass sie oft iiberhaupt kaum mehr aufzufinden ist (Fig. 16, 19). Die Folge ist, dass die Abgrenzung gegen die oberste Sehieht nieht so exakt herausgearbeitet ist, nieht so kontrastreieh wirkt.

Es handelt sieh dabei um quantitative Untersehiede, in die man sich erst hineinsehen muss, und die, wie bei den so varinblen nor- malen Bildern in der Natur der Saehe tiegt, nieht auf jedem Schnitt gteieh deutlich sein kSnnen; Untersehiede. die aber doeh in -diet1 Fiillen mit eim,r solchen K(mstanz wiederkehren im Vergleich zu der naeh meinen Erthhrungen doeh sehr vie] selteneren und dann durch- aus noeh nieht hx jedem Sehnitt vorhandenea mangelhathm Ausbil- clung der Sehieht beim INormalen, dass sic kaum rot(lets ats patho- logisch gedeutet werdeu kSnnen. Die Difli.,renz wird i~brigens m,ch deutliehcr, weml man bei tier Betraehtung :ulcl'~ (lie darunter liegende Sehicht l l I , L'ml. pyr. hinzunimmt.

Die Elemente dieser Sehieht haben wohl eine versehiedene GrSsse und Form, es iiberwiegeu jedoeh :m Zahl ganz erheblieh die Pyra- midenzellen, deren DurehsehnittsgrSsse nach otxm hin athnShlieh, nicht sehr erheblieh abnimmt. Sie zeigen in ihrer Gcsamtheit die Tendenz einer vertikal gerichteten Anordnung, vielfaeh in sehSner Reihenform. Dieses Bild iiberdeekt die iibrigen~ meist kleineren, weniger zahl- reiehen und keine besondere Anor&mng atti\reisenden Elemente der- -trt, dass, als besonderes in die Augen fallendes Charaktet~stiknm dieser Schicht, eine erhebliehe t?leiehm:&sigkeit des g,'mzen Aussehens resultiert, die sowohl bei sehwacher, als aueh bei stSrkerer Vvr- grSsserung (Tat: X - - X I V ) deutlich iu die Erseheinnng tritt.

Vergleichen wit hiermit das Bild, wie es sieh t~ei 15nger be.. stehender Blindheit darbietet, so finden wir hier bei allen untersuchte,J Fatten eine anffallende Abweiehung im Sinne einer StSrung dieser Oleiehmiissigkeit. Das sieh normaliter in einem sehr einheitlichen,

286 G. Lenz

ziemlich dunklen Farbenton pr~sentierende Band dieser Schicht zeigt, besonders deutlieh bei sehwacher VergrSsserung sichtbar, ein mehr ungleichm~ssiges, manchmal direkt fleckiges Aussehen. Hellere Partien wechseln mit solchen ab, die in ihrer F~rbung etwa dem normalen Bride gleiehkommen und dadureh als dunklere Inseln imponieren. Bei n~herem Zusehen kann man leicht sehon bei sehwaeher, noch deut- lieher aber bei starker VergrSsserung konstatieren, dass sich an den dunkleren Stellen Pyramidenzellen in normaler oder ann~hernd nor- maler Z'thl, Form, GrSsse und Farbe vorfinden, w~hrend die heller erseheinenden Partien dadureh eharakterisiert sind, dass hier die Py- ramidenzellen mehr oder weniger an Zahl vermindert siad, bis zum vollstgndigen Fehlen derselben, und class sie nieht selten blasser, schattenhaft erseheinen.

Die Alteration ist durehgehends intensiver in den obersten, der Lain. gran. ext. zun~chst gelegenen Partien der Schieht. Dadurch, dass hier gerade die grSsseren Pyramidenzellen in erster Linie fehlen, w~hrend yon den kleineren noeh relaltiv mehr vorhanden sind, wird das Bild der sehon normaliter bestehenden GrSssenabnahme der Ele- mente jetzt ausserordentlich viel auffallender. Doeh such die Zahl der kleineren Pyramiden ist vielfaeh deutlich geringer, als der Norm entsprieht, und so bekommt in den obersten Partien, wo nun ausser- dem noeh die Lichtung der Lam. gran. ext. hinzukommt, die Pyra- midensehicht einsch]iesslieh der ~usseren KSrnersehicht vielfach ein direkt ausgefranztes Aussehen, immer aber leidet die Prfignanz der Abgrenzungslinie gegen die Lam. zon. in mehr oder weniger erheb- liehem Grade (vgl. die Tafeln).

Die fibrigen Elemente der Schicht lassen keine sicheren Ver~n- derungen erkennen.

IVa. Lain. g ram int. superfie.

IVb. Lain. in term. (Gennari) Keine naehweisbaren, kon- IVe. Lain. gran. int. pro£ stantenUntersehiedegegen- V. Lam. gang l iona r i s fiber dem normalen Bilde.

Via. Lam. t r i a n g u l a r i s VIb. Lain. fus i formis Als Resultat dieser vergleichenden Untersuchung ergibt sich so-

mit, dass wir sichere Unterschiede im cytoarchitektonischen Aufbaa der Kalkarina yore NormM~ichtigen und Blinden nur in zwei Sehiehten finden kSnnen, und zwar in der Lain. gram ext. und der Lain. pyr., Unterschiede, die aber die prinzipielle Bedeutung haben, dass sic in analoger Weise in a l len untersuchten Ffillen wiederkehren.

Die histologische Lokalisation des Sehzentrmns. 287

Sie s ind d e s h a l b meines E r ~ c h t e n s als spez i f i sche , pa- t ho log i sche Ve r i i nde rungen au fzu fa s sen , b e d i n g t durch die l ange b e s t e h e n d e B l i n d h e i t , da andere Ursaehen fiir ihr Auf- treten nicht vor]iegen. Sie bestehen in e iner a u s g e s p r o c h e n e n , naeh oben bin a n I n t e a s i t E t z u n e h m e n d e n R a r i f i k a t i o n in der Lam. pyr. und der Lam. gram ext.

Bei dieser Beurteilung ist die grosse Variabilit~t der normalen Bilder roll and ganz beriicksichtigt; sie setzt nur voraus, dass maa sich dabei nicht auf einige wenige, ausgesuchte kurze Streeken be- schrgnkt, sondern den Gesamtiiberblick iiber ausgedehnte Rinden- bezirke im Auge behiilt, wozu meine zahlreiehen Bilder wohl geniigende Gelegenheit bieten. Unerl~sslich diirfte auch ein gewisses Siehhinein- sehen in die den meisten Lesern wohl weniger gel~ufigen Bilder sein.

Ob in den tieferen Schichten tats~chlich keinerlei Abweichungen yon der Norm bestehen, mSehte ieh, vorl~iufig wenigsten% nieht mit Sieherheit behaupten. Wenn ~mch gelegentlich f'SrbeHsehe Abwei- chungen und solehe in der GrSsse der Zellen zu bestehen sehienen, so waren sie (,mit Ausnahmen des Fal]es S., siehe oben) nieht auf- tMlend und vor allem nieht konstant genug, um sie Ms sieher pattm- logisch zu bezeiehnen. Noeh ~,iel weniger sicher erschien mir der Naehweis einer eventuelle~ ~arifikation der Eleme~de, besonders aueh uieht im Gennm'i (IVb), wo v. L e o n o w a bei Anophthahnus und C r a m e r bei einem erblindeten Geisteskranken siehere Ver'Snderungen gefunden haben wollen (siehe oben).

Ein 5hnliehes Bild, wie die meinigen, scheint nur B e r g e r bei einem seiner drei FSlle gesehen zu haben, wo er eine Verkleinerm~g der Zellen aller Rindensdfichten fand, und wo ihm ,die dem Stratum zonale zunSchst gelegenen Elemente am stSrksten beteiligt zu sein sehienen". Er untersuehte jedoeh nm' ein kleines St~'tekehen aus der oberen Lippe der Fissnra ealearina.

{'Jbrigens ist die Beantwortung der Frage, ob aueh die tieferen Schiehten Ver:inderungen aut\veisen, fiir den vorliegenden, rein loka- lisatorisehen Zweek dieser Arbeit ohne Belang, wie sieh aueh aus den sp~tteren ErSrternngen ergeben wird. Es geniigt der Naehweis, dass iiberhanpt bei lgnger bestehender Erblindung in einem Rinden- gebiet des Okzipitallappens spezifisehe pathologisehe VerSnderungen auftreten, dass dies im Bezirk des Katkarinatypus, and zwar, wie ieh vervollsti~ndigend hinzufiigen mSehte, in dessen g a n z e r A n s d e h n u n g, tatshehlieh der Fall ist, diesen Naehweis glaube ieh, dureh maine Untersuehungen einwandst?ei erbraeht zu haben.

288 G. Lenz

Aus demselben Grunde ist auch die ErSrterung der Frage nach den feineren histologischen Vorg~'mgen in den ZelIen ftir das Resul- tat dieser Arbeit nich~ ausschlaggebend und kann infolgedessen bier fortbleiben; tie toll zudem Gegenstand einer besonderen Darstel- lung sein.

Von Wichtigkeit were jedoch noch, zu untersnchen, ob die ge- fundenen Vergnderungen im einzelnen Fall in den versehiedenen Ab- schnitten des Kalkarinatypus verschiedene Intensitgtsgrade aufweisen. Diese Frage ist nieht ganz leicht zu beantworten. Einmal kann es sich in Rtieksicht auf die grosse Variabitit~t der normalen Bilder und bei der Art der Alteration nur um sehgtzbare, nieht messbare Werte handeln, um Differenzen~ die tatsgchlich keineswegs sehr gross und deshalb leicht zu finden sind; sonst wgren die friiheren Untersucher ja nicht zu so verschiedenen Resultaten gekommen. Als ersehweren- des Moment kommt ferner hinzu, dass selbst bei demselben Fall es oft schwierig ist, direkt vergleichbare Rindenabtchnitte ant alien Par- tien zu erhalten. Und sehliesslieh ist auch noch zu beriicksiehtigen, dass nach meiner Erfahrung die Entwiektung des Katkarinatypus nieht iiberall die gleiche Wertigkeit aufweist, dieselbe ist in den hintereu Partien in ihrer charakteristischen Eigenart sch~ner, ausgepritgter, wi~hrend sie weiter vorn, namenflich, wenn man in die Gegend der Fissura hippocampi hineinkommt, vielfach einen mehr diirftigen Ein- druck maeht (z. B. Tar. IX). Aus allen diesen Griinden wird eine vergleichsweise Beurteihng reeht schwierig.

Im ganzen hatte ich jedoeh den Eindruck, dass, nattirlich ohne scharfe Grenze, in der hinteren HMfte die Abweichungen yore nor- malen Bilde einen hSheren Grad erreichten, als weiter vorn. Beide Momente, htihere Entwicklung und schwerere Alteration in der dem Okzipitalpol zun:~tchst gelegenen Partie, vielleicht aueh noch .die viel gr~ssere Fliichenausdehnung dieses Bezirkes, kSnnten darauf hinweisen, dass sich in dieser Gegend die Vertretung des hoehwertigsten und deshalb, wie man in Analogie zu anderen Erfahrungstatsachen sehliessen kann, empfindlichsten Netzhautbezirkes, der Makula und ihrer n~heren Umgebnng befindet. Zu dem gleiehen Retultat, Lokatisation der Ma- kula in den hinteren Absehnitt der Kalkarina, kam ieh im Gegen- satz zu anderen Autoren schon ti~iiher auf einera anderen Weg, auf Grund kliniseh-anatomiseher Analyse yon Fiillen mit Hemianopsie [Lenz (10)]. Darin nun~ dass meine obigen histologisehen Befunde in gleiehem Sinne spreehen, kann ieh somit wohl eine willkommene Sttitze meiner Ansehauung erblieken~

Die histologische Lokalisation des Sehzentrums. .'289

Schliesslich hat eine prinzipielle Bedeutung die Frage, ob die Intensit~t der pathologischen Alteration parallel geht der zeitlichen Dauer der Blindheit. Selbstverst~ndtieh m[issen wir hierbei ~uf die- selben Sehwierigkeiten der Beurtdlung stossen, wie sie eben ausein- andergesetzt wurden, i~ auf noeh gr5ssere, da es sieh um den Ver- gleich verschiedener F~lle handelt, die man zudem vorher nieht ill normalem Zustande gesehen hat. Bei einem Ges~mtfiberblick aller meiner Bilder und PrSparate - - einzelne Stetlen, namentlich die sehmalen starker VergrSsserung kSnnen natfirlich nicht entseheidend s e i n - hatte ieh den Eindruck, dass sieh die st~rksten VerSnde- rungen bei dem Fall U. (8 Jahre blind) linden. Bei den dann folgen- den Fhllen E. (39 Jahre blind) und S. (ein Auge in friJher Kindheit erblindet, das zweite 19 Jahre vet dem Tode) kann man sehr im Zweifel sein, welchen man voranstellen sell, da die Kleinheit aller Elemente bei Fall S. den Vergleieh sehr erheblich erschwert. An letzter Stelle steht Fall A. (12 Jahre blind).

WShrend die letzteren drei FSlle im ganzen die erwartete Reihen- tblge entspreehend der Dauer der Blindheit time ha!ten, nintmt Fall U anseheinend eine Sondersteltung ein. Beim Versueh einer Erkl~irun,:' dieses auffSlligen Verlmltens denkt man naturgemSss zun~ehst daran, wie die Erblindung zustatlde gekommen ist, und hierbei kommt j'~ aueh dem l~dl U. ebent?~lls eme Sonderstellung zu, insotbrn, als hi.'_'r die Erbl[ndung .Folge einer I)m'chtrenmm~; des zentralstmt Teiles dee Optici ist; wi~hrend in allen anderen F:/ilIen die Urs:tclm tier Blimt- heit in den [tulbi se]bst gelegm~ ist.

Wit kSnnel~ ~)un zu der vorlieg~,mle~ Frage kaum Stelhmg: nehmen, ohne gleiellzeitig nfit einem Wort auf den mSgliehen Ent- stehungsmodus der besehriebenen I{imleaveritnderungen einzugehem Wtirde es sieh dabei einfimh um eine iu der Kontinuititt der optisehen Bahn auIgteigende Atrophic handelm die schliesslieh auch die Rinde erreieht hat, so w:,ire das besoudere Verhatten des Fal!es U. leieht zu erklSren. Der Oft. der ]3:&ion liegt bier d~,r Sehrinde viel nigher, als in den andern Fiillen. und so miisstu bier die aufsteigemle Atrephie relativ viel friiher eintreffen nnd in dem gleiehen, ja wolff sogm' noeh ktirzeren Zeitraum der ]4lindheit sehwerere Rindenveriinderungen zur Folge haben, uls in einem Parallelfall mit Erblindung auf Grund einer Butbuserkra.ttkung. 8o oinfach seheinen mir aber die VerhStt- nisse nieht zu tiegeu+

Eine Atrophie i:~ der Kontinuitiit der Sehbahn iiber die primitren Optiknszentren hinweg dauert ~'iele Jahre, jedenf:dls ganz erheblieh

290 G. Lenz

mehr als acht Jahre~ wie wir aus den wenigen F~llen wissen, wo, umgekehrt wie hier, nach L~,sion der Sehsph~re, bzw. des zentralsten Tells der Sehstrahlung schliesslich anatomisch eine bis in den Opti- kus absteigende Atrophie gefunden wurde; zu einer einwandsfreien, ophthalmoskopischen Abblassung der Papille kam es dztbei [iberhaupt kaum jemals. Bei dem Fall U. habe ich zudem~ wenigstens auf einer Seite, die SehstraMung faseranatomisch mit Palf~rbung untersucht. Von einer deutlichen Atrophie des Fasersystems konnte hier nichts konstatiert werden. Ob eventuelI einzelne Fasern ausgefallen sind, 15sst sich ja ausserordentlich schwer entscheiden. Sotlte das wirklich der Fall sein, so steht jedenfalls der Beflmd in keinem Verh~ltnis zu den ausgesprochenen Rindenver~nderungen. Und wenn es sich schliesslich wirklich bei dem ganzen Prozess um eine aufsteigende Atrophie han- deln wfirde~ so mfisste man die ersten und schwersten Rindenver~nde- rungen in den tiefsten Schichten erwarten. Hier aber ist es gerade umgekehrt der Fall.

Aus allen diesen Grfinden muss man wohl nach einer andern ErklSrung suchen, und da bleibt kaum etwas anderes iibrig, als eine gewisse Inaktivit~tsatrophie anzunehmen, bedingt durch die aufgehobene Zufuhr visueller Reize. Netzhaut und Sehrinde scheinen auch darin in einem innigen, gewissermassen trophischen l~onnex miteinander zu stehen, dass die intakte Beschaffenheit der ersteren Vorbedingung fiir den normalen Bestand der letzteren ist.

Bei dem Fall U. wurde nun infolge v511iger Durchtrennung der Optici dieser Konnex sofort im ersten Augenblick der Erblindung voll- stSndig ausgeschaltet. Bei allen andern F~lten ist nach der Natnr des der Erblindung zugrunde liegenden Prozesses der vSllige anato- mische Untergang Mler Retinalelemente Ms ein mehr aIlm~hlicher anzusehen im Sinne einer relativ langsamen Atrophie derselben. Die vollst~ndige Aufhebung des erwShnten Konnexes zwischen Netzhaut und Sehrinde wird dadurch zeitlich hinausgeschoben, und daraus w[irde ein gewisser Ausgleich bezfiglich der zeitlichen Dauer der Auf- hebung jeglicher Beziehungen zwischen Fall U. und den andern F~llen, besonders E. nnd S. resultieren. Bei einer derartigen Auf- fassung des Entstehungsmodus der Hirnrindenver~nderungen wiirde uns das im ersten Augenblick auffallende Sonderverhalten des Falles U. verst~ndlich werden.

Ob eventuell noch andere Momente hierbei mit im Spiele sind, vermag ich nicht zu sagen. Eine endgiiltige und absolut einwandsfreie Entscheidung beziiglich der Frage~ ob die Intensit~t der Rindenver-

Die histologisehe Lokalisation des Sehzentrums. 291

~nderung allein abh~ngig ist yon der zeitlichen Dauer der Blindheit und derselben streng parallel geht, oder ob noch andere Ursachen, besonders aueh die Art der Erblindung hierbei eine Rolle spielen, w~re ja nur mSglich durch die vergleichende Untersuchung verschie- dener Serien yon Gehirnen~ deren jede mgglichst zahlreiche FKlle mit gleicher Erblindungsursache, aber versehiedener Blindheitsdauer um- fassen miisste.

Fiir den vorliegenden Zweek dieser Arbeit geniigt jedoch vor- erst die in den obigen Ausfiihrungen erbrachte Feststellung der Tat- saehe, dass bei peripherer Erblindung in dem ganzen Gebiet des Kalkarinatypus nach einer gewissen Zeit, jedenfalls schon naeh acht Jahren wohl charakterisierbare Vergnderungen seines Zellanfbaues nachweisbar sind, dass also dieses Gebiet eine innige Beziehung zur elementaren Sinnesfunktion des Sehens haben muss.

Damit ist aber noch nicht die Frage entschieden, ob nur dem Kalkarinagebiet diese hohe Bedeutung zukommt, oder ob daran auch andere Gebiete des Okzipitallappens beteiligt sind. Nut im ersteren Falle w~[re es nach den oben (S. 271) aufgestellten Forderungen mSglieh, dieses Gebiet nun als Sehzentrum im dort erSrternden Sinne anzuspreehen.

H e n s c h e n (12) !hnd attch im (~ebiet des Okzil~it~dtylms bei einem Falle mit 46 Jahrc best,.;hender Blindheit die ltinde, wenn auch in geringerem Grade beteiligt (siehe oben), iBolto n (1) konnte dem ~.~,,'o,,'e--.. iibcr keine Abweiehungen der Sehiehtenbreite yon der Norm konsta- ti~:ren, und B e r g e r ( 1 ] ) hat anseheinend nut die Innen/tSche tier Ka! karina untersueht.

]eh selbsg habe nun in zahlreiehen PrSparaten und Photographien derselhen (Tag X V - - X I X t an der Rinde des Okzipitallappens tiber den Kalk:trin'ttypus hi~mus nirgends ein sieheres Abweiehen veto nor- maten Zellbilde auNnden kSlmen. SpezielI gilt dies aueh fiir die iiusseren Zellsehiehten, nnd besonders mSehte ieh aueh ftir den Fall S. betonen, dass die im Gebiet des Kalkarinatypus gefundene Kleinheit aller Elemente hier im Okzil~itattypus nieht zu konstatieren ist (T:ff X V und XIX); es ist deshalb aueh wohl der umgekehrte Se]fluss statthaft, dass diese im ersteren Gebiet als p~thologisch be- zeielmet werden darf. Die oben e ingehend b e s e h r i e b e n e n Rin- d e n v e r S n d e r u n g e n b e s e h r g n k e n sieh somi t in meinen FS l l en t ibera l l au f den sehar f umgrenz ten Bez i rk der K a l k ' t r i n a - form ation.

Diese Feststeltung hat sine prinzipielle Bedeutung. Sie beweist,

292 G. Lenz

class nur alas Gebiet des Kalkarinatypus eine direkte Beziehung zum elementaren Sehakt hat. Da wir nun aus physiologisehen Gr[inden eine strenge Projektion der Netzhaut auf das Endigungsgebiet der Sehbahn in der Hirnrinde fordern miissen, das demnaeh auch r~um- lieh scharf umgrenzt sein muss, und das wit als elementares Sehzen- trum bezeichnen, so sind wir jetzt nach obigem Ergebnis zu dem Sehluss bereehtigt, dass w i r in d e m R i n d e n g e b i e t d e s K a l - k a r i n a t y p u s , d a s e b e n s o v i e d u r e h s e i n e z y t o a r c h i - t e k t o n i s c b e E i g e n a r t , s o e b e n f a l l s d u r e h s e i n e e x a k t e B e g r e n z u n g c h a r a k t e r i s i e r t i s t , d a s g e s u e h t e e l e - m e n t a r e S e h z e n t r u m v o r u n s h a b e n .

Beztiglich der inneren Organisation desselben w~re noch die Frage zu erSrtern~ ob die erhobenen Befunde uns etwa Aufschluss geben kSnnen tiber die speziellere Funktion der einzelnen Zellsehiehten. ob etwa gewisse Zellen in engerer, direkterer Beziehung zu dem Seh- akt stehen, als wieder andere. Auff~llig ist zum mindesten, dass ge- rade die Pyramidenzellen der III . Sehieht die auff~lligsten Ver~nde- rungen zeigen. Die LSsung des Problems wird dadurch kompliziert, dass wahrscheinlieh wohl nach einer gewissen Zeit Elemente mit be- teiligt werden, die andern, mehr verbindenden Zweeken dienen. Dass deshalb auch, diesen folgend, tier Prozess der Atrophie auch welter fiber das Kalkarinagebiet hinaus fortsehreiten kann, wenn nur geniigend Zeit zur Verfiigung steht, erscheint mir nicht ganz ausgesehlossen, und in diesem Sinne ist vielleicht der Fall H e n s c h e n s mit 46 Jahre bestehender Blindheit (siehe oben) zu deuten. Allerdings ist die Unter- suchungstechnik bei diesem nieht ganz einwandsfrei.

Ich selbst konnte jedenfalls gtfickticherweise meine Befunde in einem so friihen Stadium erheben, wo die Ver~nderungen in reiner Weise noch auf das eigentliche visuelle Gebiet beschr~inkt waren. Wenn man die Zellen herausbekommen will, die die Projektion der Sinneselemente der Netzhaut reprgsentieren, also gewissermassen die kortikale Retina, so mfisste man bald nach der Erblindung und dann in verschiedenen Stadien untersuchen. Es kSnnte dann einen frtihesten Zeitpunkt geben, wo nur eben erst die voranssichtlich empfindlichsten, spezifischen Zellen Veranderungen aufweisen, w~ihrend die verbindenden Elemente noch intakt sind. Dazu bedarf es natiirlich noeh zahlreich- ster Untersuehungen, besonders auch mit dokumentanseher Nieder- leg~ng der Befunde in Form yon Mikrophotographiem

Die histologische Lokalisation des Sehzentrums. 293

Z u m Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht , meinem hoeh-

verehr ten Chef, t I e r r n Geheimra t Prof. U h t h o f f , fiir die stere, ]iebens-

wiirdige FSrderung, die er diesen S tud ien zuteil werden liess, meinen

ergebensten D a n k abzustat ten.

L i t e r a t u r v e r z e i c h n i S .

1) B o l t o n , The Exakt ttisto]ogical Localisation of the Visual Area of the Human Cerebral Cortex. Phil. Transact. B. Yol. CXCIII. p. 165. 1900.

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3) Vogt, Zur anatomischen Gliederung des Cortex cerebri. Journ. f. Psychol. u. Neurol. Bd. II, 4. S. 160.

4) M e yn e r t, Der Bau der Grosshirnrinde. Vierteljahrssehr. f. Psychiatrie. 1878. 5) y Caj al.: Studien fiber die Hirnrinde des Menschen. Heft 1. Die Sehrinde. 1900. 6) B e tz , Uber die feinere Struktur der Gehirnrinde des Menschen. Zentralbl.

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13) - - {))er die sekundSren Yer~h~(lerungen der optisehen Bahn in einem Fall yon doppelseitiger Bulbusatropbie. Ebenda. 1890. Erster Tell. S. 1.

14) Cramer , Beitrag zur Kenntnis der optischen Kreuzung im Chiasma. Ana- tomische Hefte. Bd. X. S, 41t3o

15) L e n z , Untersuchungen iib(~r das Sehzentrnm. XXXVI. Vers. d. ophth. Ges. Heidelberg 1910.

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