Die Hypostase der Archonten. Ein gnostischer Text

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D I E H Y P O S T A S ED E R A R C H O N T E N

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Gnostische Hintergründe zum aktuellen Geschehen:

ERLEUCHTUNGSPSYCHOLOGIE

Hypostase der Archonten

Der unter dem Titel „Hypostase der Archonten“ bekannte Text ist Teil der Nag-Hammadi-Schriften, einer 1945 in Ägypten gefundenen Sammlung vorwiegend gnostischer Texte. Dort erscheint er als vierte Schrift des Kodex II (NHC II,4). Der jüdische Hintergrund ist aufgrund deutlicher Parallelen zum Alten Testament klar erkennbar. Ein ägyptischer Einfluss wird wegen der Beschreibung von Herrschern mit Tierköpfen vermutet. Eine Parallele zur Apokalypse des Adam besteht in der Erwähnung eines „königslosen Geschlechts“ im Zusammenhang mit einem Erlöser bzw. Offenbarer. Eine Besonderheit der im Text wiedergegebenen Schöpfungsgeschichte ist die Erwähnung von Norea als Tochter Adam und Evas. Ein großer Teil des Textes besteht aus einer Offenbarung des Engels Eleleth an Norea.

Inhalt

Am Anfang steht ein Prolog, in dem auf den „großen Apostel“ verwiesen wird, der über die Mächte der Finsternis sagt: „Unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Mächte der Welt und die Geistwesen des Bösen.“. Mit dem großen Apostel ist offenbar Paulus gemeint, wodurch der Text sich von vorneherein in einen christlichen Kontext stellt. Dem Prolog folgt ein einleitender Abschnitt über den Fall des höchsten Archonten, der als unwissend und überheblich bezeichnet wird. Da dieser sagt „es gibt keinen Gott außer mir“, habe er sich gegen den Gott des Alls versündigt und wird deshalb Samael, Gott der Blinden, genannt. Es folgt eine kurze und in einigen Elementen mit dem biblischen Buch Genesis übereinstimmende Schöpfungsgeschichte: Die Archonten erschaffen Adam (die Menschen) nach ihrem Abbild um ihnen zu dienen. Adam lebt im Paradies, anfänglich ist seine Erkenntnis höher als die seiner Schöpfer (Archonten), denn er besaß das Wissen aller Archonten. Dies stellten sie fest, nachdem sie Adam geprüft hatten, indem er den Tieren ihre Namen geben sollte, was er auch tat. Die Archonten erschaffen hiernach Eva aus der Rippe Adams. Die Schlange verführt Eva, vom Baum der Erkenntnis zu essen und Adam davon zu geben. Adam und Eva werden aus dem Paradies vertrieben. Kain wird geboren, hiernach Abel. Nach dem Brudermord von Kain an Abel wird Seth als dritter Sohn Adam und Evas geboren und hiernach deren erste Tochter „Norea“. Die Menschen vermehren sich und die Archonten beschließen eine Sintflut. Noah wird mit dem Bau der Arche beauftragt, lässt Norea jedoch nicht in die Arche hinein, weshalb sie diese mit ihrem Hauch verbrennt. Noah erbaut dann eine zweite Arche, während Norea von den Archonten bedrängt wird. Sie bittet den Gott des Alls um Hilfe, und der Engel Eleleth erscheint ihr in weißem Gewand und mit goldenem Antlitz. Er versichert Norea, dass ihre Seele und auch die ihrer Kinder aus dem unvergänglichen Licht kommt und die Archonten der Finsternis daher keine Macht über sie besitzen. Norea fragt Eleleth, wie die dunklen Mächte entstanden sind, und dieser beschreibt ein komplexe Kosmogonie. Die Unvergänglichkeit ist zuoberst in den grenzenlosen Äonen. Ein Vorhang trennt die oberen von den unteren Äonen, wobei die Trennlinie zwischen dem siebenten und achten Himmel liegt. Als positive Mächte erscheinen Sophia und ihre Tochter Zoe. Zu den dunklen Mächten zählen Samael, der als mannweibliches Wesen mit Löwengestalt beschrieben wird, sowie Saklas (Jaldabaoth), der in die Unterwelt verbannt wurde, und Sabaoth. Letzterer bekehrte sich aber zu Zoe und Sophia und wurde von diesen als Herrscher über den siebten Himmel, also unmittelbar oberhalb der Mächte des Chaos, eingesetzt. Eleleth verkündet Norea des Weiteren, dass sich der Same der Wahrheit bald offenbaren wird. Aus einem „königslosen Geschlecht“ wird ein Erlöser gesendet, der die Menschen belehren und mit ewigem Leben salben wird. Dann werden die Menschen den wahren Vater des Alls, den heiligen Geist und den Sohn, der über allem ist, erkennen. Mit diesem an christliche Motive erinnernden Heilsversprechen endet der Text.

Textausgabe• Bentley Layton: The Hypostasis of the Archons. Critical edition and Translation. In: Bentley Layton

(Hrsg.), Nag Hammadi Codex II, 2–7: Together with XIII,2*, BRIT. LIB. OR.4926(1), and P. OXY. 1, 654, 655. Vol. I. Gospel according to Thomas, Gospel according to Philip, Hypostasis of the Archons, and Indexes. NHS XX. (The Coptic Gnostic Library, ed. J. M. Robinson). Brill, Leiden 1989. S. 234-259, 321-336

• Bernard Barc: L’Hypostase des archontes. Traité gnostique sur l’origine de l’homme, du monde et des archontes (NH II,4). BCNH 5. Presses de l'Université Laval (Québec) 1980, ISBN 2-7637-6889-X

• Peter Nagel: Das Wesen der Archonten aus Codex II der gnostischen Bibliothek von Nag Hammadi. Koptischer Text, deutsche Übersetzung und griechische Rückübersetzung. Konkordanz und Indizes. Wissenschaftliche Beiträge der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 1970,6.

Übersetzung• Ursula Ulrike Kaiser: Die Hypostase der Archonten (NHC II,4). In: Hans-Martin Schenke u.a. (Hrsg.):

Nag Hammadi deutsch. de Gruyter, Berlin/New York 2001/2003. Bd. 2. S. 215-233. • Gerd Lüdemann, Martina Janßen: Die Bibel der Häretiker. Radius, Stuttgart 1997. S. 173-183

Sekundärliteratur

• Ingvild Saelid Gilhus: The nature of the archons. A study in the soteriology of a gnostic treatise from Nag Hammadi (CGII,4). Studies in oriental religions Bd. 12. Harrassowitz, Wiesbaden 1985, ISBN 3-447-02518-2

• Ursula Ulrike Kaiser: Die Hypostase der Archonten (Nag-Hammadi-Codex II,4). Neu herausgegeben, übersetzt und erklärt. Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur 156. de Gruyter, Berlin u.a. 2006, ISBN 978-3-11-019071-7.

• Martin Krause: Zur Hypostase der Archonten in Codex II von Nag Hammadi. In: Enchoria 2 (1972). S. 1-20.

• Hans-Martin Schenke: Das sethianische System nach Nag-Hammadi-Handschriften. In: Peter Nagel (Hrsg.): Studia coptica. Berliner byzantinistische Arbeiten 45. Akademie, Berlin 1974. S. 165-172

HYPOSTASE DER ARCHONTEN

Das Wesen der Archonten (NHC II,4)Roald Zellweger

Einleitung

( 86.20) Über das Wesen der Mächte, (geschrieben) im Geiste des Vaters der Wahrheit. Der große Apostel sagte uns über die Mächte der Finsternis: ,,Unser Kampf richtet sich nicht gegen Fleisch und [Blut], sondern geht gegen die Mächte der Welt (25) und die Geister der Bosheit.`` [Ich habe] (euch) diese gesandt, weil du nach dem Wesen [der] Mächte fragst.

Über die Archonten

Ihr Oberster aber ist blind. [Wegen seiner] Kraft und seiner Unwissenheit [und seiner] Überheblichkeit sagte er in seiner (30) [Kraft]: ,,Ich bin Gott; es gibt keinen [außer mir].`` Als er das gesagt hatte, sündigte er gegen [das All]. Und diese Rede gelangte hinauf zur ( 87.1) Unvergänglichkeit. Siehe, eine Stimme kam aber heraus aus der Unvergänglichkeit, und sie sprach: ,,Du irrst dich, Samael!``, -- das heißt: ,der Gott der Blinden`.

Seine Gedanken waren blind. Er warf (5) seine Kraft -- das ist das Lästerwort, das er gesagt hatte -- heraus. Sie folgte ihm hinab bis ins Chaos und zur Tiefe, zu seiner Mutter, auf Veranlassung der Pistis Sophia. Und sie (sc. Pistis Sophia) setzte seine Kinder ein, einen jeden entsprechend seiner Kraft, nach dem Vorbild (10) der Äonen, das sich oben befindet; denn aus dem Verborgenen (pl.) fanden sie das Offenbare (pl.).

Über Adam

Die Unvergänglichkeit blickte herab auf die Regionen des Wassers. Ihr Abbild erschien auf den Wassern, und die Mächte der Finsternis entflammten aus Liebe zu ihr. (15) Sie waren jedoch wegen ihrer Schwäche nicht in der Lage, jenes Abbild, das sich ihnen in den Wassern offenbart hatte, zu fassen. Denn die Seelischen können die Geistigen nicht fassen; sie stammen nämlich von unten, es (sc. das Abbild) aber stammt (20) von oben.

Daher blickte die Unvergänglichkeit auf die Regionen herab, damit sie nach dem Willen des Vaters das All mit dem Licht vereinige. Die Archonten berieten sich. Sie sagten: ,,Kommt, (25) laßt uns einen Menschen schaffen aus Staub von der Erde!`` Sie bildeten ihr Geschöpf als ein ganz und gar irdisches. Die Archonten nun [...] Körper [...], den sie haben [...] weiblich [...] ist, mit den Gesichtern von Tieren. Sie nahmen [Staub] (30) von der Erde. Sie bildeten [ihren Menschen] nach ihrem Körper und nach [dem Bild] des Gottes, das sich [ihnen] in den Wassern gezeigt hatte.

Sie sprachen: ,,[Kommt, laßt uns] es in unserem Gebilde fassen, [so daß] (35) es sein Ebenbild sehe [...] ( 88.1) und wir es in unserem Gebilde festhalten`, wobei sie die Kraft Gottes in ihrer Kraftlosigkeit nicht erkannten. Und er hauchte in sein Gesicht, und der Mensch wurde seelisch (5) (und blieb) auf der Erde viele Tage. Nun konnten sie ihn infolge ihrer Kraftlosigkeit nicht aufrichten. Wie die Wirbelwinde harrten sie aus, um jenem Abbild, welches sich ihnen in den Wassern offenbart hatte, aufzulauern. Aber sie kannten nicht (10) die Beschaffenheit seiner Kraft. Dies alles aber geschah nach dem Willen des Vaters des Alls. Danach sah der Geist den seelischen Menschen auf der Erde. Und der Geist kam aus der stählernen Erde. Er kam herab. Er wohnte in (15) ihm. Jener Mensch wurde eine lebende Seele. Er (sc. der Demiurg) nannte ihn Adam, denn man fand ihn, wie er sich auf der Erde bewegte. Eine Stimme kam aus der Unvergänglichkeit als Hilfe für Adam. Und die Archonten versammelten (20) alle Tiere der Erde und alle Vögel des Himmels. Sie brachten sie zu Adam, um zu sehen, wie Adam sie nennen würde, und damit er jedem einzelnen unter den Vögeln und allen Tieren einen Namen gebe. Sie nahmen Adam (25) [und] setzten ihn in das Paradies, damit er [es] bearbeite und es bewache.

Und die Archonten gaben ihm Anweisung, und sie sagten: ,,Von [allen] Bäumen, die im Paradies sind, sollst du essen. [Von] dem Baum der Erkenntnis des Guten (30) und des Bösen aber iß nicht, und [rühre] ihn auch nicht an, denn an dem Tage, wo ihr [von] ihm essen werdet, werdet ihr des Todes sterben!`` Sie [...] dies, wissen nicht, was [sie] ihm [gesagt haben]. Aber nach dem Willen des Vaters ( 89.1) haben sie es in dieser Weise gesagt, damit er essen möge und damit Adam sie *nicht* sehe wie einer, der gänzlich stofflich ist.

Über Eva

Die Archonten hielten miteinander Rat und sprachen: ,,Kommt, laßt uns bringen (5) einen tiefen Schlaf über Adam.`` Und er schlief ein. Der tiefe Schlaf aber ist die Unwissenheit, die sie über ihn gebracht haben. Und er schlief. Sie ließen seine Rippe in der Art einer lebenden Frau in Erscheinung treten. Und sie füllten seine Rippe mit Fleisch auf (10) an ihrer Stelle. Und Adam wurde ganz und gar seelisch.

Und die geistige Frau kam zu ihm und sprach mit ihm. Sie sagte: ,,Erhebe dich, Adam!`` Und als er sie sah, sprach er: ,,Du bist es, die mir das Leben gab. (15) Du wirst die ,Mutter der Lebenden` genannt werden. Denn sie ist meine Mutter, sie ist der Arzt und die Frau und die, die geboren hat.``

Die Mächte aber kamen zu ihrem Adam. Als sie aber seine ebenbildliche Gefährtin sahen, wie sie mit ihm redete (20), gerieten sie in eine große Verwirrung, und sie entflammten in Liebe zu ihr und sprachen untereinander: ,,Kommt, laßt uns unseren Samen in sie aussäen!`` Sie verfolgten sie, doch sie lachte über sie wegen ihres Unverstandes (pl.) (25) und ihrer Blindheit. Und sie wurde zu einem Baum in ihren Händen. Sie legte ihren Schatten, [ein Abbild] von ihr, unter sie. Und sie verunreinigten [ihn] mit Befleckung. Und sie verunreinigten das Siegel ihrer Stimme --, damit (30) sie sich selbst mit ihrem Gebilde und [ihrem] Abbild verurteilten.

Über den Baum der Erkenntnis

Aber das weibliche geistige Prinzip kam [in] die Schlange, die Unterweiserin. Und sie be[lehrte sie], indem sie sprach: ,,Was hat er euch [gesagt]? Etwa: ,Von jedem Baum im Paradies (35) darfst du essen, [von dem Baum] ( 90.1) der Erkenntnis des Schlechten und des Guten aber iß nicht`?``. Die fleischliche Frau sagte: ,,Er sagte nicht nur ,Eßt nicht`, sondern auch ,Berührt ihn nicht, denn an dem Tag, an dem ihr (5) von ihm essen werdet, werdet ihr des Todes sterben.```. Und die Schlange, die Unterweiserin, sprach: ,,Ihr werdet nicht des Todes sterben, denn er hat euch dies aus Neid gesagt. Vielmehr werden sich euch eure Augen öffnen, und ihr werdet wie Götter werden, weil ihr erkennt (10) das Schlechte und das Gute.`` Und die Unterweiserin wurde aus der Schlange genommen. Und sie ließ sie allein zurück, wobei sie ganz aus Erde bestand. Und die fleischliche Frau nahm von dem Baume und aß; und sie gab auch ihrem Ehemann. Und (15) die Seelischen aßen. Und ihre Schlechtigkeit wurde offenbar in ihrer Unkenntnis. Und sie erkannten, daß sie von dem Geistigen entblößt waren. Sie nahmen Feigenblätter und banden sie um ihre Lenden.

Verfluchungen

Da kam der große Archon (20), er sagte: ,,Adam! Wo bist du?`` Er wußte nämlich nicht, was geschehen war. Und Adam sprach: ,,Ich hörte deine Stimme, ich fürchtete mich, weil ich nackt war. Und ich versteckte mich.`` Der Archon sagte: ,,Weshalb hast du dich versteckt, es sei denn, (25) daß du gegessen hast von dem Baum, von dem ich dir befohlen habe: ,Von ihm allein iß nicht!`, und du hast (doch) gegessen?``. Adam sagte: ,,Die Frau, die du mir gegeben hast, [sie gab] mir, und ich habe gegessen.`` Und der selbstgefällige (30) Archon verfluchte die Frau. Die Frau sprach: ,,[Die Schlange] hat mich in die Irre geführt, ich aß.`` [Sie (sc. die Archonten) wandten sich zur] Schlange. Sie verfluchten ihren Schatten, [...] machtlos, weil sie nicht wußten, [daß] sie (nur) [ihr] Gebilde ist. Von jenem Tag an ( 91.1) geriet die Schlange unter den Fluch der Mächte, bis der vollkommene Mensch kam. Jener Fluch kam über die Schlange. Sie wandten sich zu ihrem Adam, sie ergriffen ihn, sie warfen ihn aus dem Paradies zusammen mit (5) seiner Frau; denn es gibt keinen Segen bei ihnen, weil auch sie unter dem Fluch sind. Sie warfen aber die Menschen in große Zerstreuungen und Mühen des Lebens, damit ihre Menschen (10) zu solchen würden, die sich mit dem Leben beschäftigen und keine Muße hätten, sich dem heiligen Geist zu unterstellen.

Die Kinder der Eva

Danach nun gebar sie Kain, ihren Sohn. Kain aber bearbeitete das Land. Wiederum erkannte er seine Frau, wieder wurde sie schwanger, sie gebar Abel. Abel aber (15) war ein Hirte , ein Schafshirte. Kain aber brachte Früchte seines Feldes dar, Abel aber brachte ein Opfer von seinen Lämmern dar. Gott beachtete die Opfergaben Abels, dagegen nahm er die Opfergaben (20) Kains nicht an. Und der fleischliche Kain verfolgte seinen Bruder Abel. Und Gott (sc. der Demiurg) sprach zu Kain; ,,Wo ist dein Bruder Abel?``. Er antwortete und sprach: ,,Bin ich etwa der Hüter meines Bruders?`` Gott sprach zu (25) Kain: ,,Siehe, die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir (herauf). Du hast gesündigt mit deinem Mund. Das wird sich gegen dich wenden. Jeder, [der] Kain töten wird, wird auslösen [sieben] Vergeltungen. Du aber wirst seufzend und (30) zitternd auf der Erde sein.``

Adam aber [erkannte] sein Ebenbild Eva. Sie wurde schwanger, sie gebar [Seth] dem Adam. Und sie sagte: ,,Ich habe [einen anderen] Menschen durch Gott geboren anstelle [von Abel].`` Wieder wurde Eva schwanger, sie gebar [die Norea]. (35) Und sie sagte: ,,Er zeugte [mir] eine [Jungfrau] ( 92.1) als Hilfe [für] viele Geschlechter der Menschen.`` Sie ist die Jungfrau, welche die Kräfte nicht befleckt haben. Dann begannen die Menschen, sich zu vermehren und sich auszubreiten.

Die Sintflut

Die Archonten hielten Rat (5) miteinander und sprachen: ,,Kommt, laßt uns eine Sintflut mit den Händen machen und alles Fleisch, (angefangen) vom Menschen bis zum Vieh, austilgen!`` Als der Archon der Kräfte aber von ihrem Beschluß erfuhr, sprach er zu Noah: (10) ,,Baue dir eine Arche aus Holz, das nicht morsch ist, und verbirg dich in ihr, du und deine Kinder, zusammen mit dem Vieh und den Vögeln des Himmels, von den Kleinen bis zu den Großen, und setze sie auf den Berg Sir!``

*N*orea aber kam (15) zu ihm, weil sie sich in die Arche einschiffen wollte. Und als er sie nicht ließ, hauchte sie in die Arche hinein und verbrannte sie. Er baute die Arche wieder zum zweiten Male auf.

Die Bedrängung der Norea durch die Archonten

Die Archonten gingen auf sie zu, weil sie sie verführen wollten. (20) Ihr Oberster unter ihnen sprach: ,,Deine Mutter Eva ist zu uns gekommen.`` Norea aber wandte sich zu ihnen und sagte: ,,Ihr seid die Archonten der Finsternis, ihr seid verflucht. Auch habt ihr meine Mutter nicht erkannt, sondern ihr habt euer weibliches Ebenbild (25) erkannt. Denn ich stamme nicht von euch ab, sondern ich komme von den oberen Regionen.`` Der selbstgefällige Archon wandte sich in seiner Kraft, [und] sein Gesicht glich (einem) schwarzen [...]. Er bedrängte sie, (und) er [sagte]: ,,(30) Du sollst uns dienen, [wie] es auch deine Mutter Eva [getan hat]. Denn mir wurde gegeben [...].``

Norea aber wandte sich mit der Kraft um. [... Sie] rief mit lauter Stimme [und sprach zu] dem Heiligen, dem Gott des Alls: ,,( 93.1) Hilf mir gegen die Archonten der Ungerechtigkeit und rette mich aus ihren Händen -- sogleich.`` Der *große* Engel kam aus den Himmeln herab und sprach zu ihr: ,,Warum schreist du hinauf (5) zu Gott? Weshalb bedrängst du den heiligen Geist?``

Norea sagte: ,,Wer bist du?`` Die Archonten der Ungerechtigkeit hatten sich von ihr zurückgezogen.

Die Erscheinung Eleleths

Er sagte: ,,Ich bin Eleleth, die Weisheit, der große Engel, der (10) vor (dem Angesicht) des heiligen Geistes steht. Ich wurde ausgesandt, um mit dir zu sprechen und dich aus der Hand der Gesetzlosen zu retten. Und ich werde dich über deine Wurzel belehren.``

Die Kraft jenes Engels aber werde ich nicht beschreiben können -- sein Aussehen war wie (15) geläutertes Gold, und sein Gewand glich dem Schnee --, denn mein

Mund wird es nicht ertragen können, daß ich seine Kraft und das Aussehen seines Gesichtes beschreibe. Es sprach zu mir Eleleth, der große Engel: ,,Ich bin``, sagte er, ,,die Weisheit. (20) Ich bin einer von den vier Erleuchtern, die vor dem großen, unsichtbaren Geiste stehen. Denkst du, daß diese Archonten gegen dich Macht haben? Niemand von ihnen wird gegen die Wurzel (25) der Wahrheit etwas ausrichten können. Denn ihretwegen hat er sich in den letzten Zeiten offenbart. Und sie werden über diese Mächte herrschen. Und diese Mächte werden dich und jenes Geschlecht nicht beflecken können. Denn eure Wohnung befindet sich in der Unvergänglichkeit, (30) dem Ort, an dem der jungfräuliche Geist ist, der über den Mächten des Chaos und ihrer Welt ist.``

Die erste Frage Norea: Über die Kosmogonie

Ich aber sprach: ,,Herr, belehre mich über die [Kraft] dieser Mächte, [wie] sie entstanden sind (35) und welcher Abstammung sie sind [und] aus ( 94.1) welcher Materie und wer sie und ihre Kraft geschaffen hat!``

Und der große Engel Eleleth, die Verständigkeit, sprach zu mir: ,,Oben in den grenzenlosen Äonen (5) existiert die Unvergänglichkeit. Die Sophia, die Pistis genannt wird, wollte allein ohne ihren Paargenossen ein Werk vollbringen. Und ihr Werk wurde zu einem Himmelsabbild. Es existiert ein Vorhang zwischen denen, die oben sind, (10) und den Äonen, die unten sind. Und ein Schatten entstand unterhalb des Vorhangs. Und jener Schatten wurde zur Materie. Und jener Schatten wurde in eine Teilregion geworfen; das, was sie erschaffen hatte, wurde (15) zu einem Werk der Materie, einer Fehlgeburt vergleichbar. Es empfing den Typos durch den Schatten. Es wurde zu einem selbstgefälligen Tier von Löwengestalt. Es ist mannweiblich, wie ich schon gesagt habe, denn es ist aus der Materie hervorgegangen. Es öffnete seine (20) Augen. Es sah eine große, grenzenlose Materie. Und es wurde eitel und sprach: ,Ich bin Gott, und es gibt keinen anderen außer mir.`

Als es dies gesagt hatte, sündigte es gegen das All. Eine Stimme aber kam aus der Höhe der absoluten Macht, (25) indem sie sprach: ,Du irrst dich, Samael` -- das heißt ,der Gott der Blinden.` Und es sagte: ,Wenn ein anderer vor mir existiert, so möge er sich vor mir offenbaren.` Und sogleich streckte die Sophia ihren Finger aus. (30) Sie brachte das Licht in die Materie und folgte ihm bis hinab in die Gegenden des Chaos. Und sie kehrte wieder zurück, [hinauf] zu ihrem Lichte. Wiederum die Finsternis [...] Materie.

Der Archon, der mannweiblich ist, (35) schuf sich einen großen Äon, ( 95.1) eine grenzenlose Größe. Er gedachte aber, sich Söhne zu schaffen. Er schuf sich sieben mannweibliche Söhne und ihren Vater. Und er sprach zu seinen Söhnen: ,(5) Ich bin

der Gott des Alls`. Und Zoe (= Leben), die Tochter der Pistis Sophia, rief aus und sagte zu ihm: ,Du irrst dich, Saklas`, dessen Übersetzung Jaldabaoth ist. Sie hauchte in sein Gesicht hinein, und ihr Hauch wurde (10) ihr zu einem feurigen Engel. Und jener Engel fesselte Jaldabaoth. Er warf ihn hinab in den Tartaros unterhalb der Unterwelt.

Als sein Sohn Sabaoth aber die Kraft (15) jenes Engels sah, tat er Buße. Er verurteilte seinen Vater und seine Mutter, die Materie. Er verabscheute sie. Er pries aber die Sophia und ihre Tochter Zoe.

Und Sophia und Zoe entführten ihn nach oben (20) und setzten ihn über den siebten Himmel ein, unterhalb des Vorhangs zwischen oben und unten. Und sie nannten ihn den ,Gott der Kräfte Sabaoth`, denn er ist oberhalb der Kräfte (25) des Chaos, weil die Sophia ihn eingesetzt hat.

Als diese Dinge aber geschehen waren, schuf er sich einen großen, viergesichtigen Cherubim--Wagen und unzählbar viele Engel, damit sie (ihm) dienten, (30) dazu Harfen und Zithern. Und Sophia nahm ihre Tochter Zoe. Sie ließ sie rechts von ihm Platz nehmen, damit sie ihn belehre über die, die [in] dem achten (Himmel) sind. Und den Engel des [Zorns] (35) stellte sie links von ihm. [Seit] jenem Tag nannte man [seine Rechte] ( 96.1) ,Leben`. Und die Linke wurde zum Symbol der Ungerechtigkeit der Eigenmächtigkeit der oberen Region, die vor ihnen entstanden waren.

Als aber Jaldabaoth ihn sah, wie er in dieser (5) großen Herrlichkeit und dieser Höhe war, beneidete er ihn. Und der Neid wurde ein mannweibliches Werk, und dieses war der Ursprung des Neides. Und der Neid erzeugte den Tod. Der Tod aber erzeugte seine Söhne. Er setzte jeden (10) einzelnen von ihnen über seinen Himmel. Alle Himmel des Chaos füllten sich mit ihren Mengen. Das alles aber war nach dem Willen des Vaters des Alls entstanden, nach dem Typos aller Oberen, damit sich die Zahl des Chaos vollende.

(15) Siehe, ich habe dich belehrt über den Typos der Archonten und die Materie, in der es (das Gepräge) erzeugt wurde, und ihren Vater und ihre Welt.``

Die zweite Frage Noreas: Über das Geschlecht der Norea

Ich aber sagte: ,,Herr, gehöre etwa auch ich zu ihrer Materie?``

(Eleleth sagte:) ,,Du, zusammen mit deinen Kindern, gehörst (20) zum Vater, der von Anfang an existiert. Ihre Seelen kamen von oben aus dem unvergänglichen Licht. Deswegen werden die Mächte sich ihnen nicht nähern können, wegen des Geistes der Wahrheit, der in ihnen wohnt. (25) Alle aber, die diesen Weg erkannt

haben, sind unsterblich inmitten der sterblichen Menschen. Aber jener Same wird sich nicht jetzt offenbaren, sondern nach drei Geschlechtern wird er sich offenbaren. (30) Und er hat sie befreit von der Fessel der Irrtums der Mächte.``

Die dritte Frage Eleleths: Über das Kommen des wahren Menschen

Ich aber sprach: ,,Herr, wie lange noch?``

Er sagte zu mir: ,,Wenn der wahre Mensch in einem Gebilde offenbart (die Existenz des) (35) [Geistes der] Wahrheit, den der Vater gesandt hat.

( 97.1) Dann wird er sie über alles belehren. Und er wird sie salben mit der Salbung des ewigen Lebens, die ihm von dem königslosen Geschlecht gegeben wurde.(5) Dann werden sie das blinde Denken von sich werfen. Und sie werden den Tod der Mächte zu Boden treten. Und sie werden hinaufgehen in das grenzenlose Licht, wo dieser Samen sich befindet.

(10) Dann werden die Mächte ihre Zeiten verlassen. Und ihre Engel werden ihren Untergang beweinen. Und ihre Dämonen werden ihren Tod betrauern.Dann werden alle Kinder des Lichtes die Wahrheit (15) zusammen mit ihrer Wurzel wahrhaftig erkennen und den Vater des Alls und den heiligen Geist. Sie werden alle mit einer einzigen Stimme sagen: ,Gerecht ist die Wahrheit des Vaters, und der Sohn ist über allem und durch alles (20) bis in alle Ewigkeit. Heilig, heilig, heilig. Amen.```