Die Immunologie der Lebermikrosomen -...

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. nissen gerecht. Sie berücksichtigt auch, daß die Emp- findlichkeit während der 3. Häutung am höchsten ist und dann rasch abklingt. Bemerkenswert ist, daß die endogene Tagesrhyth- mik zwei verschiedene Arten der Lichtempfindlich- keit steuert, deren Effekte entgegengesetzt sind. Da sich die beiden Systeme überlagern, kann selbst über die Grenze der wirksamen Spektralbereiche nichts Genaues gesagt werden, von einem Aktionsspektrum ganz zu schweigen. Jedoch dürfen wir sagen, daß es ein für die photoperiodische Reaktion wichtiges Pig- mentsystem mit dominierender Absorption im Vio- lett-Blau gibt, ein anderes mit dominierender Ab- sorption im Gelb-Rot. Absorption im Violett-System bedingt Diapaus e-Förderung, wenn das Licht im ersten Halbzyklus geboten wird, Diapause-Hemmung, wenn es im 2. Halbzyklus geboten wird (unter dem 1. Halbzyklus wird der verstanden, der durch den normalen Licht-Dunkelwechsel so gesteuert wird, daß er ungefähr mit Beginn der Lichtperiode einsetzt). Absorption im Gelb-Rot-System bedingt umgekehrt Diapause-//emm«ng, wenn das Licht im 1. Halb- zyklus, Diapaus e-Förderung, wenn es im 2. Halb- zyklus geboten wird. Die Reaktion auf Weißlicht ist eine Resultante des Lichteinflusses auf die beiden Systeme, wobei aber die Violett-Reaktion normaler- weise dominiert. Der Nachweis des Vorhandenseins von zwei ver- schiedenen Pigmentsystemen für die photoperiodi- sche Reizaufnahme, von denen offenbar nur eines an die Augen gebunden ist, läßt es jetzt weniger erstaunlich erscheinen, daß nach einigen Autoren die photoperiodische Reizaufnahme bei Insekten über die Augen erfolgt, sie nach anderen Autoren (für andere Objekte) aber auch ohne Lichtabsorption in den Augen möglich ist (vgl. die Angaben bei LEES 7 ). Die Immunologie der Lebermikrosomen I. Die Eigenschaften des quantitativen Präzipitinsystems Von PETER K. VOGT * Max-Planck-Institut für Virusforschung, Tübingen (Z. Naturforschg. 15 b, 213—217 [1960] ; eingegangen am 9. Januar 1960) Microsomal suspensions prepared to consist predominantly of fragments of the endoplasmic reti- culum are sufficiently stable at neutral PH for use in the H e i d e l b e r g e r Kendall quanti- tative precipitin test. This test characterizes the microsomes as antigens with several determining groups. The antibody binding capacity of an average microsomal vesicle, 100 mju in diameter, varies from 20 to 200 antibody molecules according to different antisera and different microsomal prepara- tions. The presence of tissue specific antigens in the microsomal fraction is unequivocally demon- strable by the quantitative precipitin test. Tissue specific and non tissue specific microsomes can to a certain extend be precipitated independently. Die Kenntnis subzellulärer Strukturen ist im letz- ten Jahrzehnt durch biochemische und morphologi- sche Untersuchungen sehr erweitert worden. Durch die Lokalisation von Enzymen in Zentrifugenfrak- tionen aus Zellhomogenaten konnten bestimmte Stoffwechselfunktionen bestimmten Zellorganellen zugeordnet werden 1 . Die Elektronenmikroskopie brachte Aufklärung über den Feinbau der isolierten * Mit Unterstützung der Studienstiftung des deutschen Volkes. 1 C. DE DUVE U. J. BERTHET, Int. Rev. Cytol. III, 225 [1954] ; C. DE DUVE, B . C . PRESSMAN, R. GIANETTO, R. WATTIAUX U. F. APPELMANS, Biochem. J. 60, 604 [1955]; G . H . HOGE- BOOM, E. L. KUFF U. W . SCHNEIDER, Int. Rev. Cytol. VI, 425 [1957]. 2 G. E. PALADE, J. Biophys. Biochem. Cytol. 2, Suppl. 85 [1956]; F. S. SJÖSTRAND, Int. Rev. Cytol. V, 456 [1956]; C. OBERLING, Int. Rev. Cytol. VIII, 1 [1959]. Zellorganelle und ihre Herleitung von den entspre- chenden Gebilden der intakten Zelle 2 . Immunologische Methoden haben beim Studium subzellulärer Strukturen vergleichsweise selten An- wendung gefunden. Der Nachweis von gewebespezi- fischen Antigenen in Cytoplasmapartikeln 3 und das Studium ihres Verhaltens während der Carcino- genese 4 gehören zu den wichtigen Beiträgen der 3 J. FURTH U. E. A. KABAT, J. exp. Medicine 74, 247 [1941] ; W. HENLE, L. CHAMBERS U. V. GROUPE, J. exp. Medicine 74, 495 [1941]. 4 E. WEILER, Z. Naturforschg. IIB, 31 [1956]; Brit. J. Can- cer 10, 553 [1956]; Brit. 1. Cancer 10, 560 [1956] ; L. A. ZILBER, G. I. ABELJEW, S. A. AWENIROWA, N. W. ENGELHARDT u. S. L. WAIDAKOWA, Dokl. Akad. Nauk SSSR 124, 937 [1959],

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

nissen gerecht. Sie berücksichtigt auch, daß die Emp-findlichkeit während der 3. Häutung am höchsten ist und dann rasch abklingt.

Bemerkenswert ist, daß die endogene Tagesrhyth-mik zwei verschiedene Arten der Lichtempfindlich-keit steuert, deren Effekte entgegengesetzt sind. Da sich die beiden Systeme überlagern, kann selbst über die Grenze der wirksamen Spektralbereiche nichts Genaues gesagt werden, von einem Aktionsspektrum ganz zu schweigen. Jedoch dürfen wir sagen, daß es ein für die photoperiodische Reaktion wichtiges Pig-mentsystem mit dominierender Absorption im Vio-lett-Blau gibt, ein anderes mit dominierender Ab-sorption im Gelb-Rot. Absorption im Violett-System bedingt Diapaus e-Förderung, wenn das Licht im ersten Halbzyklus geboten wird, Diapause-Hemmung, wenn es im 2. Halbzyklus geboten wird (unter dem 1. Halbzyklus wird der verstanden, der durch den

normalen Licht-Dunkelwechsel so gesteuert wird, daß er ungefähr mit Beginn der Lichtperiode einsetzt). Absorption im Gelb-Rot-System bedingt umgekehrt Diapause-//emm«ng, wenn das Licht im 1. Halb-zyklus, Diapaus e-Förderung, wenn es im 2. Halb-zyklus geboten wird. Die Reaktion auf Weißlicht ist eine Resultante des Lichteinflusses auf die beiden Systeme, wobei aber die Violett-Reaktion normaler-weise dominiert.

Der Nachweis des Vorhandenseins von zwei ver-schiedenen Pigmentsystemen für die photoperiodi-sche Reizaufnahme, von denen offenbar nur eines an die Augen gebunden ist, läßt es jetzt weniger erstaunlich erscheinen, daß nach einigen Autoren die photoperiodische Reizaufnahme bei Insekten über die Augen erfolgt, sie nach anderen Autoren (für andere Objekte) aber auch ohne Lichtabsorption in den Augen möglich ist (vgl. die Angaben bei L E E S 7 ) .

Die Immunologie der Lebermikrosomen I. Die Eigenschaften des quantitativen Präzipitinsystems

V o n P E T E R K . V O G T *

Max-Planck-Institut für Virusforschung, Tübingen ( Z . Natur forschg . 15 b, 2 1 3 — 2 1 7 [ 1 9 6 0 ] ; e i n g e g a n g e n am 9. Januar 1960)

Microsomal suspensions prepared to consist predominantly of fragments of the endoplasmic reti-culum are sufficiently stable at neutral PH for use in the H e i d e l b e r g e r K e n d a l l quanti-tative precipitin test. This test characterizes the microsomes as antigens with several determining groups. The antibody binding capacity of an average microsomal vesicle, 100 mju in diameter, varies from 20 to 200 antibody molecules according to different antisera and different microsomal prepara-tions. The presence of tissue specific antigens in the microsomal fraction is unequivocally demon-strable by the quantitative precipitin test. Tissue specific and non tissue specific microsomes can to a certain extend be precipitated independently.

Die Kenntnis subzellulärer Strukturen ist im letz-ten Jahrzehnt durch biochemische und morphologi-sche Untersuchungen sehr erweitert worden. Durch die Lokalisation von Enzymen in Zentrifugenfrak-tionen aus Zellhomogenaten konnten bestimmte Stoffwechselfunktionen bestimmten Zellorganellen zugeordnet werden1. Die Elektronenmikroskopie brachte Aufklärung über den Feinbau der isolierten

* Mit Unterstützung der S t u d i e n s t i f t u n g d e s d e u t s c h e n V o l k e s .

1 C. DE DUVE U. J. BERTHET , Int. Rev. Cytol. III, 225 [1954] ; C . DE DUVE , B . C . PRESSMAN , R . GIANETTO , R . WATTIAUX U.

F. APPELMANS, Biochem. J. 6 0 , 604 [1955]; G . H . HOGE-

BOOM, E . L . KUFF U. W . SCHNEIDER, Int. Rev. Cytol. VI, 425 [1957].

2 G . E . PALADE, J . Biophys. Biochem. Cytol. 2 , Suppl. 85 [1956]; F. S. SJÖSTRAND, Int. Rev. Cytol. V, 456 [1956]; C. OBERLING, Int. Rev. Cytol. VIII, 1 [1959].

Zellorganelle und ihre Herleitung von den entspre-chenden Gebilden der intakten Zelle 2.

Immunologische Methoden haben beim Studium subzellulärer Strukturen vergleichsweise selten An-wendung gefunden. Der Nachweis von gewebespezi-fischen Antigenen in Cytoplasmapartikeln 3 und das Studium ihres Verhaltens während der Carcino-genese4 gehören zu den wichtigen Beiträgen der

3 J . FURTH U. E . A . KABAT, J . exp. Medicine 7 4 , 247 [1941] ; W . HENLE, L . CHAMBERS U. V. GROUPE, J . exp. Medicine 7 4 ,

495 [1941]. 4 E . W E I L E R , Z . Naturforschg. I I B , 31 [1956]; Brit. J. Can-

cer 10, 553 [1956]; Brit. 1. Cancer 10, 560 [1956] ; L. A. ZILBER, G . I . ABELJEW , S . A . AWENIROWA , N . W . ENGELHARDT

u. S. L . W A I D A K O W A , Dokl. Akad. Nauk SSSR 1 2 4 , 937 [1959],

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Immunologie auf diesem Gebiet. Die Grundlage für diese Untersuchungen bildeten die Komplementbin-dung, die Färbung von Gewebeschnitten mit fluores-zierendem Antikörper, die Präzipitation in Agar und der anaphylaktische Schock bei Meerschweinchen. Allen diesen Techniken ist in quantitativer Hinsicht die Präzipitinmethode von H e i d e l b e r g e r und K e n d a l l weit überlegen. W E I L E R machte zuerst die Beobachtung, daß auch Mikrosomen trotz ihrer partikulären Natur als Antigene für die Präzipitin-methode verwendet werden können 5. In dieser Mit-teilung sollen die Eigenschaften des Präzipitin-systems Mikrosomen und homologer Antikörper ein-gehend beschrieben werden.

Material und Methoden

1. P r ä p a r a t i o n der Mikrosomen. Frisch gewonnenes, mit der Schere zerkleinertes Lebergewebe von Ratten (Stamm BDI Druckrey) wurde in der Kälte mit einem Ten Broeck Gewebemörser (lichte Weite 0,3 mm) im dreifachen Volumen 0,25-m. Saccharose 0,01-m. Phosphatpuffer PH 7,2 zwei Min. lang homo-genisiert. Das Homogenat wurde mit phosphatgepuffer-ter Saccharose zu einer 10-proz. Suspension verdünnt. Es folgte die Sedimentation der ganzen Zellen, Zell-kerne, Mitochondrien, Lysosomen und der größeren Mikrosomen bei einem p;-Wert von 4,6-IO8 für die Zeit von 25 Minuten6. Die Mikrosomen sedimentieren aus dem auf diese Weise erhaltenen Überstand bei PI=25-108, 30 Minuten. Die kleinste, unter diesen Bedingungen angereicherte Partikel hatte 200 Sved-berg Einheiten. Die Zentrifugendaten entsprechen den-jenigen von P A L A D E und S I E K E V I T Z 7. Die so dargestell-ten Mikrosomen-Fraktionen können als vornehmlich vom endoplasmatischen Reticulum hergeleitet betrachtet werden. Diese Präparations-Methode verzichtet auf die-jenigen Mikrosomenvesikel, die in Größe und Sedimen-tations-Verhalten mit den Lysosomen vergleichbar und daher von diesen schwer zu trennen sind. Die Beschrän-kung auf Partikel von <C 150 mju Durchmesser setzt ferner das Ausmaß an spontaner Sedimentation wäh-rend des Präzipitintests auf weniger als 5% des Anti-gens herab. Die Mikrosomen konnten ohne Einbuße an immunologischer Aktivität bei —20 °C mindestens zwei Monate lang aufbewahrt werden.

2. P r ä p a r a t i o n der Ant iseren . Zur Ge-winnung von Antiseren wurden Kaninchen immunisiert: intravenöse Injektion von 700 bis 1000 /ug Protein-Stickstoff-Antigen (Mikrosomen) jeden zweiten Tag, im ganzen 10-mal. Zusätzlich mit der ersten und der letzten Injektion wurde die doppelte Menge intraperitoneal gegeben. Die Blutentnahme erfolgte zwischen dem 5. und 7. Tag nach der letzten Injektion durch Herzpunk-

9 P. GIEBLER, Z . Naturforschg. 13 b, 2 3 8 [ 1 9 5 8 ] . 7 G . E . PALADE U. P . SIEKEVITZ, J . Biophys. Biochem. Cytol.

2 , 1 7 1 [ 1 9 5 6 ] .

tion. Einmalige intramuskuläre Injektion von 1 mg Pro-tein-Stickstoff-Antigen pro kg Tiergewicht in F R E U N D S

„incomplete adjuvant" 8 ergab vergleichbare oder höhere Titer. Die Seren wurden, falls nicht anders angegeben, bei — 20 °C aufbewahrt.

3. D u r c h f ü h r u n g des P r ä z i p i t i n t e s t s . Die Mikrosomen-Suspensionen sind bei pH-Werten unter 6 instabil; bei PH 5 tritt Präzipitation ein. Die zur Ver-dünnung von Antiserum und Antigen verwendete 9-proz. NaCl Lösung wurde deshalb mit 0,01-m. Phosphatpuffer auf PH 7,2 gehalten. Frisch hergestellte Mikrosomen-Fraktionen konnten direkt für den Präzipitintest ver-wendet werden, ohne daß unspezifische Fällung eintrat. Waren jedoch die Mikrosomen einige Zeit bei — 20 °C aufbewahrt worden, so mußten die durch das Einfrieren und Auftauen entstandenen Partikelaggregate vor der Verwendung des Präparats abzentrifugiert werden (30 Min. 3000 U/min). Nach Inkubation bei 4 °C über Nacht wurden die Immunpräzipitate ausgeschleudert (20 Min. 3000 U/min) und 2-mal mit kalter, phosphat-gepufferter NaCl-Lösung gewaschen.

4. P r o t e i n b e s t i m m u n g . Die Immunpräzipi-tate wurden in 0,1-m. NaOH aufgelöst (1 Tag bei Raum-temperatur) . Ein Aliquot wurde für die Proteinbestim-mung nach L O W R Y 9 verwendet. Die NaOH-Konzentration der Reagenzien wurde für die mit der Substanz zugege-bene NaOH korrigiert.

5. A b s o r p t i o n der A n t i s e r e n mit hete-ro logem Ant igen . Die Absorption der Antiseren mit heterologem Antigen wurde in der gleichen Weise durchgeführt wie von W E I L E R 4 beschrieben, nur daß die Inkubation bei 37 °C weggelassen wurde.

Ergebnisse

1. M i k r o s o m e n und h o m o l o g e s A n t i s e r u m

In einer Reihe von Ansätzen wurden zu konstan-ten Mengen Antiserum zunehmende Mengen von Lebermikrosomen als Antigen pipettiert. Die ent-standenen Präzipitate, aufgetragen gegen das zuge-gebene Antigen bilden eine typische Präzipitinkurve (Abb. 1). Kontrollen mit Normalserum und Antigen ergaben geringe unspezifische Sedimente von maxi-mal 10 /ug Stickstoff.

Um das System genauer zu charakterisieren, wurde folgender Versuch durchgeführt: Eine Präzipitin-kurve wurde bestimmt mit einer größeren Serum-menge pro Ansatz, so daß bei niedrigen Antigen-Konzentrationen beträchtliche Mengen Antikörper im Überstand blieben. Nach dem Abzentrifugieren der Niederschläge wurden die Überstände in zwei

8 J . E . SALK U. A . M . LAURENT, J . exp. Medicine 9 5 , 4 2 9

[ 1 9 5 2 ] .

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gleiche Teile geteilt. Der eine erhielt 1 ml Antiserum, der andere 50 /.ig Protein-N-Antigen. Die so erhal-tenen sekundären Präzipitinkurven II und III sind, berechnet für jeweils den gesamten Überstand, zu-sammen mit der ersten Kurve in Abb. 2 dargestellt. Aus dem Verlauf von Kurve II (Test auf nicht-prä-

| 300

cg 200

•9-I

0 700 200 300 <400 Antigen (Ratten Lebermikrosomen) fig N Protein

Abb. 1. Präzipitinkurve von Mikrosomen und homologem Antiserum.

i WO

I $ 300

£ 200

•S § «S; wo

0 100 200 300 100 500 Antigen (fig N Protein) —

Abb. 2. Lebermikrosomen und homologes Antiserum. Test auf Antiserum und Antigen im Uberstand. I. = Präzipitin-Kurve mit Antiserum 29 0,9 ml. II. = Überstand von 1 + 1 ml

Antiserum 29. III. = Überstand von 1 + 50 /ug Protein N Lebermikrosomen.

zipitiertes Antigen) ergibt sich, daß nur in einem Anfangsbereich der primären Präzipitinkurve bis etwa 60 jug N-Protein-Antigen alles Antigen aus-gefällt wurde. Bevor der Äquivalenzpunkt erreicht war und eine Hemmung durch Antigenüberschuß eintrat, verblieben bereits beträchtliche Mengen Anti-gen im Überstand. Am Aquivalenzpunkt wurde durch das zusätzliche Antiserum ein sekundäres Prä-zipitat von der Größe des ersten erhalten. Freies Antiserum wurde im Überstand der ersten beiden Ansätze nachgewiesen. Es existiert somit ein Bereich, in dem sowohl Antigen als audi Antiserum im Über-stand bleiben. Daher ist auf die Beteiligung mehre-rer, z. T. unabhängig voneinander fällbarer Antigen-Antikörper-Systeme an der Reaktion zu schließen.

Auch im Gebiet der Präzipitations-Hemmung bei hohen Antigen-Konzentrationen ergab die erneute Zugabe von Antigen signifikante Fällungen. Ver-mutlich werden hierbei kleinere Antigen-Antikörper-komplexe zu sedimentierenden Aggregaten zusam-mengefügt.

Addiert man Kurve I und II, so entsteht eine Gerade: für die angegebenen Antigen-Konzentratio-nen sind ihr die mit Antiserumüberschuß maximal fällbaren Proteinmengen zu entnehmen (Abb. 3).

700

•f"eoo

%500

Ts

1

300

200

100 0 100 200 300 100 500

Antigen (pg N Protein) —

Abb. 3. Antikörperbindung von Lebermikrosomen.

Antiserum No.

fxg gebunde-ner Anti-

körper pro ijLg Protein

Moleküle Antikörper pro Mikro-somenteil-

chen lOOrnji. 0

Mikrosomen präparation

No.

29 0.45 61 I 41 0.15 22 I 12 0.35 50 I 29 1.55 225 II 12 0.72 104 II

Tab. 1. Antikörper-Bindungskapazität von Mikrosomen bei Antikörper-Überschuß.

Die Steigung der Geraden beträgt 1,45. Das bedeu-tet, daß 1 mg Antigen 0,45 mg Antikörper zu binden vermag. Setzt man den Durchmesser eines Mikro-somenteilchens gleich 100 mpi, sein spezifisches Ge-wicht gleich 1,25 und das Mol.-Gew. des Antikörpers gleich 1,6 • 105, so erhält man eine Bindungskapazi-tät von 61 Antikörper-Molekülen pro Mikrosomen-teilchen. Die Prüfung anderer Antiseren ergab Anti-

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körper-Bindungskapazitäten zwischen 0,15 und 0,45 mg pro mg Antigen. Audi verschiedene Mikro-somen-Präparationen besaßen unterschiedliche Bin-dungskapazitäten (Tab. 1).

2. G e w e b e s p e z i f i t ä t der M i k r o s o m e n

In Abb. 4 sind die Präzipitinkurven eines Leber-mikrosomen-Antiserums mit (a) Lebermikrosomen und (b) Nierenmikrosomen als Antigen wiedergege-ben. Das Serum präzipitierte, bezogen auf die gleiche Menge zugegebenes Antigen, mehr Lebermikroso-

als das homologe. Hieraus läßt sich folgendes ab-leiten:

1. Mikrosomen-Antiseren fällen nur eine be-stimmte Fraktion von Mikrosomen des heterologen Organs.

2. Nur ein Teil der im Serum vorhandenen Anti-körper vermag mit dem heterologen Antigen zu rea-gieren.

Die Präzipitin-Reaktion mit den Mikrosomen des heterologen Organs läßt sich durch Absorption der Antiseren mit diesen Antigenen beseitigen (Abb. 6). Für diesen Zweck haben sich bei Lebermikrosomen-Antiseren Nierenmikrosomen als geeignet erwiesen. Durch sie werden neben den Antikörpern gegen Niere auch die gegen Serum, Lunge, Milz und Hoden absorbiert5.

Werden heterolog absorbierte Lebermikrosomen-Antiseren mit Fluorescein markiert, so färben sie nur die Parenchymzellen der Leber 4. Sie sind daher

Abb. 4. Reaktion von Lebermikrosomen-Antiserum mit homologem und heterologem Antigen.

300

£200

•§.100 I

Lebermikros Antiserum

10 ml

omen-H absorb.

/^Antigen-.

Antigen: Nierenmikros •omen

100 200 300 Antigen (fig N Protein) •

WO

Abb. 6. Präzipitinkurve eines gewebespezifischen Lebermikrosomen-Antiserums.

gewebespezifisch. Antiseren von fünfzehn Kaninchen wurden nach erschöpfender heterologer Absorption mit der Präzipitinmethode studiert. Sie zeigten sämt-lich gewebespezifische Reaktion.

Abb. 5. Reaktion von Nierenmikrosomen-Antiserum mit homologem und heterologem Antigen.

men als Nierenmikrosomen. Dieser quantitative Unterschied in der Reaktionsstärke mit homologem und heterologem Antigen wurde auch bei Antiseren gegen Nierenmikrosomen festgestellt (Abb. 5). Außerdem erreichte das heterologe Antigen den Aquivalenzpunkt bei niedrigeren Konzentrationen

3. Die F ä l l b a r k e i t der M i k r o s o m e n f r a k t i o n durch

v e r s c h i e d e n e A n t i s e r e n

Gleiche Mengen Protein-N-Lebermikrosomen wur-den in getrennten Ansätzen zu den folgenden Anti-seren pipettiert: nicht heterolog absorbiertes ( = nati-ves) Lebermikrosomen-Antiserum, gewebespezifi-sches Lebermikrosomen-Antiserum und Nieren-mikrosomen-Antiserum. Letzteres enthält keine

5 E . WEILER . Dissertation. Tübingen 1 9 5 2 .

100 200 300 100 500 Antigen ([ig N Protein) -

't WO

J 300

£ 200

1 • N wo

—Mikrosomen-Antiserum 29 0,7 ml

Antigen: Nierenmikrosomen

Antigen: jLebermikrosomen

0 100 200 300 WO 500 Antigen (jig N Protein) —*-

1 1 Nierenmikrosomen -Antiserum 26 ~ 07 r'

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leberspezifischen Antikörper. Nach Abzentrifugieren der Präzipitate wurden die Überstände in zwei gleiche Teile geteilt. Der eine erhielt erneut das in dem entsprechenden Ansatz bereits verwendete Anti-serum, der andere bekam natives Lebermikrosomen-Antiserum. Es entstanden sekundäre Präzipitate, die in Tab. 2 den primären gegenübergestellt sind.

Aus dem Aus dem gesamten gesamten Überstand

Überstand ist fällbar 1. Präzi- ist fällbar bei Zu-pitat [i.g bei Zu- gäbe von

Protein N gäbe des Leber-selben mikro-

Antise- somen-rums Antiserum

No. 29

nicht heterolog absorb. Lebermikrc somen Antiserum No. 29 Lebermikrosomen Antiserum gewebespezifisch No. 30 A Lebermikrosomen Antiserum gewebespezifisch No. 40 A Nierenmikrosomen Antiserum No. 12 Nierenmikrosomen Antiserum No. 26

Tab. 2. Die Fällbarkeit von Lebermikrosomen mit verschiedenen Antiseren

Das leberspezifische Antiserum und das Nieren-antiserum vermögen nicht die gesamte Mikrosomen-fraktion der Leber zu fällen. In ersterem Fall fehlen den im Uberstand verbleibenden Mikrosomenparti-

9 O . H . LOWRY, N . J . ROSENBROUGH, A . L . F A R R U. R . J . R A N -

DALL, J . biol. Chemistry 1 9 3 , 256 [1951]. 1 0 W. I. GELSTEIN , 2. Vsjesojusny Onkol. Konf., Leningrad

1 9 5 8 , p . 7 1 ; G . I . ABELJEW, S . A . A W E N I R O W A , N . W . ENGEL-

keln gewebespezifische Antigene, in letzterem Fall solche, die mit Niere kreuzreagieren. Das Ergebnis zeigt, daß sich die Mikrosomen in verschiedene immunologische Gruppen aufteilen lassen, die teil-weise unabhängig voneinander fällbar sind.

Diskussion

Der quantitative Präzipitintest ist für eine genaue immunologische Analyse der Mikrosomenfraktion geeignet. Die Bestimmung der Antikörper-Bindungs-fähigkeit der Mikrosomenpartikel ergibt Werte, die einer Oberflächenbesetzung von 8% entsprechen. Bei extremem Antikörper-Überschuß dürfte diese Zahl beträchtlich höher liegen. Das Vorkommen gewebe-spezifischer Antigene in der Mikrosomenfraktion ist mit der Präzipitinmethode eindeutig nachweisbar. Gewebespezifität von cytoplasmatischen Antigenen der Leber ist neuerdings auch mit der Präzipitation in Agar und durch anaphylaktischen Schock bei Meerschweinchen demonstriert worden 10. Im Gegen-satz zu diesen Ergebnissen scheint der Nachweis gewebespezifischer Antigene mit der Komplement-bindung bisweilen nicht zu gelingen n . Dem Gewinn an Empfindlichkeit bei dieser Methode steht häufig der Verlust an Spezifität und Genauigkeit gegenüber. Das wird hier durch die Beobachtung unterstrichen, daß Normalseren von Kaninchen eine Komplement-bindung mit Nierenpartikeln zeigen, die sich schwer absorbieren läßt und vermutlich nicht auf Antikör-per zurückzuführen ist. Immunologisch lassen sich die Mikrosomenpartikel als Komplexe mehrerer, ver-schiedener Antigene auffassen. Gewebespezifische und nicht gewebespezifische Antigene kommen häu-fig nicht in den gleichen Teilchen vor und liefern so die Basis für die Unterscheidung zweier immunolo-gischer Typen von Mikrosomen.

HARDT, S . L . W A I D A K O W A U. G . I . STEPANTSCHENOK-RUDNIK,

Dokl. Akad. Nauk S S S R 1 2 1 , 1328 [1959]. 1 1 P . E . HUGHES, C . J . LOUIS, I . K . DINEEN U. W . G . SPECTOR,

Nature [London] 180,289 [1957].

100 [ig Protein N Lebermikrosomen

- f Antiserum:

D- 202 55 51

119 140

141 19 143

128 11

147 15

77

76