Die Kinder vom Zauberberg - krankenpflege-journal.com · allergische Rhinitis sowie allergisches...
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Die Kinder vom Zauberberg
„Das wächst sich aus!“
Mythen und Realitäten des kindlichen Asthma bronchiale
Dr. H.J. Mansfeld, Chefarzt Allergieklinik
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„Der Heuschnupfen gilt als aristokratische Krankheit.
Unter den Ungebildeten sieht man ihn – wenn überhaupt –äusserst selten.“
Charles Blackley,
Englischer Arzt, 1873
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Immer mehr Kinder haben Asthma!
0 4 8 12 16 20 %
1995
1995
2000
2000
6 - 7 jährige
13 - 14 jährige mit asthmatischen Atembeschwerden
17,5 %
14,1 %
9,6 %
12,8 %
International Study of Asthma and Allergies in Childhood (ISAAC), 2001
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Asthma bronchiale ist mit 8 – 14 % die häufigste und wichtigste chronische Erkrankung des Kindes- und Jugendalters30 % der Kinder und Jugendlichen sind manifest erkrankte oder hochgradig gefährdete AtopikerManifestation allergischer Erkrankungen erfolgt im Kindes- und Jugendalter doppelt so häufig wie im ErwachsenenalterAsthma bronchiale im Kindesalter ist in 50-70 % der Beginn des progredienten und sich chronifizierenden obstruktiven Atemwegsleidens des Erwachsenen. Es besteht eine hohes Risiko zunehmender und irreversibler Einschränkungen körperlicher, schulischer und beruflicher Leistungsfähigkeit und späterer Lebensqualität.
Epidemiologie: Zunahme allergischer Erkrankungen
Atopische Erkrankungen wie Asthma bronchiale, allergische Rhinitis („Heuschnupfen“) sowie atopische Dermatitis (Neurodermitis, „atopisches Ekzem“) sind an Häufigkeit weltweit zunehmende Erkrankungen:
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Atopie
Definition:
„Familiär auftretende Überempfindlichkeit von Haut- und Schleimhäuten gegenüber aerogenen und nutritiven Allergenen, assoziiert mit erhöhter IgE- Bildung und veränderter immunologischer Reaktivität“.
Häufigkeit genetisch determinierter Atopie bei Kindern
25 % - 30 %25 % - 30 %
Potentielle Asthmatiker – Rhinitiker - Neurodermitiker
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Verlauf atopischer ErkrankungenIn
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Asthma bronchiale Verlauf und Prognose
• Prognose generell unsicher• Günstige Prognose („Spontanheilung“) in ca. 30 %• Wechselnde Symptomatik bzw. Progredienz in ca. 70
% („chronisch-obstruktives Atemwegsleiden“)
• The asthma deteriorates over time without proper management• The asthma deteriorates over time without proper management
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Definition
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Schleimhautödem
B-Spasmus
Schleimpfropf im
Lungenbläschen
Lungenbläschen ÜbermässigeSchleimbildung
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Bronchialschleimhautinflammation –
Charakterisiert durch variable Atemwegsobstruktion und bronchiale Hyperreagibilität
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Was ist zu tun?
PräventionFrühdiagnostikProphylaxeTherapie
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Therapiekonzepte
Asthma beginnt in einem sehr frühen Stadium des Lebens. Abweichungen bei der Entwicklung des Immunsystems, welche zur Entzündung der Atemwege führen, werden wahrscheinlich bereits im Mutterleib bzw. im Säuglingsalter eingeleitet. Aus diesem Grund sollten primäre Präventiv- und Behandlungsinterventionen idealerweise bald nach der Geburt oder vielleicht sogar noch während der Schwangerschaft unternommen werden.
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AUSLÖSUNGAUSLÖSUNG DISPOSITIONDISPOSITION
Asthma bronchialeGenese
ENTZÜNDUNGENTZÜNDUNG
BRONCHIALE HYPERREAGIBILITÄTBRONCHIALE HYPERREAGIBILITÄT
SYMPTOMESYMPTOME
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Faktoren, die die Sensibilisierung beeinflussen
Frühkindliche Allergenexposition sowie Passivrauchen können die Entstehung von Asthma bei Kindern begünstigen. Ansonsten sind kausale Beziehungen zwischen Schadstoffexposition und Pathogenese von Atemwegserkrankungen z.Zt. nicht belegbar.
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Atopiekrankheiten und ihre Prävention
Atopie-Disposition (Genotyp)Atopie-Disposition (Genotyp)
Neurodermitis Asthma Heuschnupfen
SensibilisierungSensibilisierung
Allergische EntzündungAllergische Entzündung
Allergische ErkrankungAllergische Erkrankung
Primäre Prävention
Sekundäre Prävention
Tertiäre Prävention
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Empfehlungen zur Allergieprävention
Primäre Allergieprävention – Diese Empfehllungen gelten für Risikokinder bezüglich Allergieentwicklung aus Familien mit allergischer Manifestation bei Verwandten I. Grades (Vater, Mutter, Geschwister)
Hausstaubarme Einrichtung anstrebenHausstaubmilbensanierung
Keine behaarten oder gefiederten Haustiere anschaffenHaustiere
Auch nach der Geburt für rauchfreie Umgebung sorgenRauchen
Als Ersatz von Muttermilch, falls nicht ausreichend vorhanden oder Stillen nicht möglich während den ersten 6 Lebensmonaten
Hypoallergene Milchpräparate
Späte Einführung von Beikost nach dem 6. Monat, Meiden von allergenen Nahrungsmitteln (Kuhmilch, Eier, Fisch, Nüsse, Soja) bis nach dem 12. Monat
Beikost
Ausgewogene Ernährung, keine diätetischen Massnahmen notwendigErnährungsrichtlinien für die stillende Mutter
4-6 Monate ausschliesslich Stillen, falls möglichStillen
Verzicht auf RauchenWährend der Schwangerschaft
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Alimentäre Allergieprävention
„Erhöhtes Allergierisiko“ definiert über familiäre Allergiebelastung
Beste Prävention ist 6-monatiges ausschliessliches Stillen
Diät der Mutter weder in Schwangerschaft noch Stillzeit sinnvoll – ausser bei Nahrungsmittelallergie der Mutter
Beikost ab 6. Lebensmonat – notfalls nach 4 Monaten mit geringem Sensibilisierungspotential (z.B. Reis, Karotte, Kartoffel, Birne, Äpfel)
Im 1. Jahr Verzicht auf allergenaggressive Nahrungsmittel wie Ei, Fisch, Nüsse, Zitrus, Soja
Bei nicht oder teilgestillten Säuglingen ausschliessliche Verwendung von Hydrolysatnahrungen (EHF oder PHF) evidenzbasiert. Stärke der Hydrolyse unwichtig
Keine Ergebnisse oder Sinnhaftigkeit von Hydrolysatnahrung nach dem 6. Lebensmonat
Bedeutung von Probiotika (Lactobacillus) für Atopieprävention noch unsichern. Bauer 2004
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Prävention und FrühinterventionOptionen – Illusionen
Allergenkarenz Hausstaubmilbe (Dpt)
Wichtiges Allergen bei atopischen Kindern für perenniale allergische Rhinitis sowie allergisches Asthma bronchialePräventive Wirkung für klinische Symptomatik gesichertSenkung des Sensibilisierungsrisikos bei atopischen Kindern wahrscheinlich Standardisierter Massnahmenkatalog (u. a. Encasing)
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Prävention und FrühinterventionOptionen – Illusionen
Haustiere ab- oder anschaffen?
Haustiere in 30 % aller HaushalteKeine Anschaffung von Felltieren als Präventionsmassnahme zu empfehlenKein höheres Allergierisiko durch frühe HundehaltungKatzenhaltung gilt als Risikofaktor – somit Meidung in RisikopopulationenBei bestehender allergischer Rhinitis unsichere DatenlageBei bestehendem Asthma und Sensibilisierung gegen Tierepithelien Abschaffung von Haustieren zu empfehlen
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Empfehlungen zur Allergieprävention
Sekundäre Allergieprävention – Bei Patienten, die sensibilisiert sind oder bereits an allergischen Symptomen leiden; diese Massnahmen vermindern das Risiko, das Allergenspektrum auszudehnen und weitere allergische Krankheiten zu erwerben.
Vermeiden von Berufen mit grossem Risiko für Atopiker, um allergische Symptome am Arbeitsplatz oder das Erwerben weiterer Allergien zu verhindern.
Berufswahl
Schulung
SIT (Spezifische Immuntherapie)
Reduktion der Milbenzahl im häuslichen Milieu. Falls Sensibilisierung auf Hausstaubmilben nachgewiesen, Verwendung eines milbendichten Matratzenüberzuges
Hausstaubsanierung
Keine behaarten oder gefiederten Haustiere anschaffenHaustiere
Tabakrauchfrei Umgebung schaffenRauchen
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Prävention durch spezifische Immuntherapie
SIT / SLIT
One airway – one disease
- Während Pollensaison kein Anstieg BHR
- Abnahme bzw. Verhinderung von Neusensibilisierungen
- kann Entstehung von AB („Etagenwechsel“) verhindern
- bei AR und AB evidenzbasiert
- Symptomabnahme Lebensqualitätszunahme
- Kostenersparnis
- einzige Behandlung mit Potential, den Krankheitsverlauf kausal zu beeinflussen
PAT 2002Walter 2001
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Tertiäre Allergieprävention –
Therapeutische Asthmakontrolle
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Infektinduzierte Obstruktion
beim Kleinkind
Asthma bronchiale beginnt mit Husten und Dyspnoeim Kindesalter –
Aber nicht jedes hustende und giemende Kind hat bzw. bekommt Asthma
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Rezidivierende obstruktive Bronchitis
Bronchialschleimhautinflammation –Charakterisiert durch variable Atemwegsobstruktion und bronchiale Hyperreagibilität
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Infektinduzierte Obstruktion beim Kleinkind
ROB transient / passager
• Keine atopische Diathese
• Typisches Manifestationsalter 1. – 4. L.Jahr bei altersphysiologischer Enge der Atemwegsperipherie
• Im Intervall normale Lungenfunktion, keine BHR, keine eosinophileSchleimhautinflammation
• Günstige Prognose
• Bedarfsorientierte symptomatische Therapie (Sekretolyse, Broncholyse)
• Langfristige ICS-Therapie nicht indiziert
• Bedarfsorientierte Applikation von ICS kann Intensität, Dauer und Obstruktion infektinduzierter Episoden häufig beeinflussen
• Bedarfsorientierte Applikation Montelukast fraglich effizient
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Infektinduzierte Obstruktion beim Kleinkind
Alter beim ersten Auftreten von AsthmaIn
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Infektinduzierte Obstruktion beim Kleinkind
• Atopische Familien- und Eigenanamnese• Im Intervall eingeschränkte Lungenfunktion und bronchiale
Hyperreagibilität• Häufig – jedoch altersbedingt noch nicht zwingend –
erhöhtes Gesamt-IgE, aerogene bzw. nutritive Sensibilisierungen• Beginn als häufig progredientes allergisches Asthma bronchiale• Indikation früher therapeutischer Intervention mit ICS• Effekt intermittierender Gabe von Leukotrien-Antagonisten
unsicher
ROB rezidivierend ABA
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Phänotypen obstruktiver Atemwegs-Erkrankungen im Kleinkindesalter
1Mt 1 2 3 4 5 6 Jahre
Häu
figke
it
Infekt induziertobstruktive Bronchitis (episodisch / transient)
Allergisches Asthma bronchiale
(rezidivierend / chronisch)
Late onsetAsthma bronchiale
SAPP Guidelines, Paediatrica 2004; Vol 15, Nr.1
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Infektinduzierte Obstruktion beim Kleinkind
Therapieziele
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Asthmatherapie in Deutschland
„Weissbuch Allergie“ 2004
Einschränkungen: 85 %Normale Lebensqualität
Arbeitsunfähigkeit: 18 %Normale Berufstätigkeit
Inhalierbare Steroide: 26 %Antientzündliche Basistherapie
Verschreibung/OTC: 78 %Wenig Bedarfsmedikation
Notfalltherapie: 30 %Keine Notfälle
Tagsüber: 56 %Nachts: 41 %
Minimale (keine) Symptome
WirklichkeitAnspruch
„Weissbuch Allergie 2004“
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Asthma bronchiale bei Kindern – Optionen und Illusionen therapeutischer Frühintervention
Asthmakontrolle in Prozent bei Kindern unter 5 Jahren (hellblau) und über 5 Jahre (dunkelblau) sowie Durchschnittswerte für alle Kinder (rot) gemäss der Schweizer Studie 2006
Wildhaber 2007
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Allergisches Asthma bronchiale
In der allergischen und der entzündlichen Phase kann der Verlauf der Erkrankung durch eine adäquate Therapie noch aufgehalten werden.
Spontanverlauf und therapeutische Intervention
(Bousquet 2000)
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Antiasthmatika (Bedarfs- und Langzeitmedikamente)
Retardiertes Theophyllin
Langwirksame ß2-AdrenergikaSytemische Glucocorticosteroide
AntileukotrieneWässriges Theophyllin
Inhalative Glucocorticosteroide (ICS)Anticholinergika
Cromone (DNCG, Nedrocromil)Kurz- u. langwirksame (Formoterol) ß2-Adrenergika
Langzeitmedikamente(Controller)Bedarfsmedikamente (Reliver)
Berdel 2005
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0
2
4
6
8
10
<2 2-3 3-5 >5
FEV1[∆ %]
Dauer des Asthma [Jahr] vor Beginn der Steroidtherapie
Frühzeitiger Einsatz inhalativer Steroide bei Kindern
Agertoft L, Pedersen S. Respir Med 1994; 88: 373-381
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Infektinduzierte Obstruktion beim Kleinkind Frühkindliches Asthma bronchiale
• Verhinderung von Lungenfunktionsverlusten• Reduzierung bronchialer Hyperreagibilität• Weniger Applikation Beta-2-Sympathikomimetika• Symptomfreie Intervalle• Altersentsprechende körperliche Leistungsfähigkeit• Bessere Asthmakontrolle
Höhere Lebensqualität
Effekte früher therapeutischer Intervention mit ICS
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