Die Kirche St. Nicolai - Wolfsburg/Hattorf · Die Kirche St. Nicolai - Wolfsburg/Hattorf Etwas...

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2010 vor der Renovierung Die Kirche St. Nicolai - Wolfsburg/Hattorf Etwas abseits im Ort liegt die Hattorfer Kirche auf einem Hügel oberhalb des Schuntertals. Im Sommer nimmt man von ihr nur den Turm mit dem spitzen Zeltdach zwischen den Baumkronen wahr. In ihren Anfängen war sie eine Filialkirche von Heiligendorf und hat den heiligen Nikolaus als Schutzheiligen. Er gilt auch als Beschützer der Kaufleute, was im Zusammenhang mit der an Hattorf vorbeiführenden alten Heer- und Handelsstraße, dem Karrenweg, erklärbar ist. Er ist aber auch der Schutzheilige der Fischer, was in Anbetracht der fischrei- chen Schunter von Bedeutung gewesen sein könnte. In einer Urkunde aus dem Jahre 1277 wird der demnach länger bestehenden Kirche in "Hattorp" vom Bischof Volrad zu Halberstadt, in dessen Bistum das hie- sige Gebiet fiel, die Eigenständigkeit gegenüber Heiligendorf mit Zu- stimmung seines Vertreters, des Archidiakonen aus Ochsendorf, bestä- tigt. Für die Hattorfer war dies 1977 ein Anlass, die 700-Jahrfeier entspre- chend zu begehen. Hattorf ist jedoch viel älter. Ein neu datiertes Güter- verzeichnisses des Stiftes St. Cyriakus in Braunschweig von 1197 führte zwanzig Jahre später zur 800-Jahrfeier. Hattorf wurde möglicherweise schon um das Jahr 500 entlang eines Handelsweges an der Schunter gegründet. Professor Udolph jedenfalls ist dieser Meinung, da entlang der Schunter viele Ortsnamen auf –dorf enden: Flechtorf, Heiligendorf, Glentorf, Neindorf. Nach der Reformation wurde die Pfarre von Hattorf dem Landesherrn in Braunschweig zugeordnet, dieser ließ sie 1535 mit Mörse vereinigen. Im Jahre 2004 wurde diese Vereinigung aufgelöst und wieder eine pfarr- amtliche Verbindung mit der Kirchengemeinde Heiligendorf eingegan- gen. Der erste Eindruck, den der Besucher von dem Rechteckbau aus Bruch- steinen, Findlingen und teilweise akkuraten Werksteinkanten mit sei- nem eingezogenen Westturm erhält, ist die glatt abschließende Wand des Chorbereiches mit dem Walmdach darüber. Der Weg zum Eingang führt an den Fenstern der Südseite zu dem fast 12 Meter hohen quadra- tischen Kirchturm mit einem vierseitigen Zeltdach. 2

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2010 vor der Renovierung

Die Kirche St. Nicolai - Wolfsburg/Hattorf

Etwas abseits im Ort liegt die Hattorfer Kirche auf einem Hügel oberhalb

des Schuntertals. Im Sommer nimmt man von ihr nur den Turm mit

dem spitzen Zeltdach zwischen den Baumkronen wahr.

In ihren Anfängen war sie eine Filialkirche von Heiligendorf und hat den

heiligen Nikolaus als Schutzheiligen. Er gilt auch als Beschützer der

Kaufleute, was im Zusammenhang mit der an Hattorf vorbeiführenden

alten Heer- und Handelsstraße, dem Karrenweg, erklärbar ist. Er ist

aber auch der Schutzheilige der Fischer, was in Anbetracht der fischrei-

chen Schunter von Bedeutung gewesen sein könnte. In einer Urkunde

aus dem Jahre 1277 wird der demnach länger bestehenden Kirche in

"Hattorp" vom Bischof Volrad zu Halberstadt, in dessen Bistum das hie-

sige Gebiet fiel, die Eigenständigkeit gegenüber Heiligendorf mit Zu-

stimmung seines Vertreters, des Archidiakonen aus Ochsendorf, bestä-

tigt.

Für die Hattorfer war dies 1977 ein Anlass, die 700-Jahrfeier entspre-

chend zu begehen. Hattorf ist jedoch viel älter. Ein neu datiertes Güter-

verzeichnisses des Stiftes St. Cyriakus in Braunschweig von 1197 führte

zwanzig Jahre später zur 800-Jahrfeier.

Hattorf wurde möglicherweise schon um das Jahr 500 entlang eines

Handelsweges an der Schunter gegründet. Professor Udolph jedenfalls

ist dieser Meinung, da entlang der Schunter viele Ortsnamen auf –dorf

enden: Flechtorf, Heiligendorf, Glentorf, Neindorf.

Nach der Reformation wurde die Pfarre von Hattorf dem Landesherrn in

Braunschweig zugeordnet, dieser ließ sie 1535 mit Mörse vereinigen. Im

Jahre 2004 wurde diese Vereinigung aufgelöst und wieder eine pfarr-

amtliche Verbindung mit der Kirchengemeinde Heiligendorf eingegan-

gen.

Der erste Eindruck, den der Besucher von dem Rechteckbau aus Bruch-

steinen, Findlingen und teilweise akkuraten Werksteinkanten mit sei-

nem eingezogenen Westturm erhält, ist die glatt abschließende Wand

des Chorbereiches mit dem Walmdach darüber. Der Weg zum Eingang

führt an den Fenstern der Südseite zu dem fast 12 Meter hohen quadra-

tischen Kirchturm mit einem vierseitigen Zeltdach.

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Dort befindet sich auf der

Achse des 6,5 x 21,9 m gro-

ßen Kirchenschiffes ein paa-

rig gesetztes spitzbogiges

Fenster.

Der darüber liegende Vier-

pass oder auch Fensterrose

wurde erst bei der Renovie-

rung 1974 entdeckt. Beides

sind Zeugen des gotischen

Mittelalters, so auch der alte

Ausguss im rechten steiner-

nen Bereich der Chor Verlän-

gerung unterhalb des kleinen

Fensters.

Er stammt von einer Piscina,

einem in die Wand eingelas-

senen Steinbecken zum Säe-

bern der liturgischen Geräte

in der dahinter liegenden

Sakristei.

Der Weg zum Kirchenein-

gang führt an der fen-

sterreichen Südseite mit der

spitzbogigen, aus Sandstei-

nen gefassten Pforte vorbei.

Aus dem Langhaus wächst

der knapp 12 m hohe qua-

dratische Turm, den ein vier-

seitiges Zeltdach krönt.

Dort ist in der Spitze zum Kirchenschiff hin eine kleine überdachte Glo-

cke angebracht. Vor dem Turm bildet ein kleiner, hölzerner Windfang

den offiziellen Eingang zur Kirche. Geht man noch weiter um den Turm

herum, so fällt auf der Nordseite ein weit herab reichendes Schleppdach

auf. Es überdeckt eine in der Verlängerung der ehemaligen Sakristei

längs zum Kirchenschiff leicht erhöhte Räumlichkeit, die ehemalige

herrschaftliche Prieche, darunter ist eine Gruft.

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Der Vorraum und die Grabsteine

Die Kirche betritt man über eine

ausgetretene Grabplatte, deren

Engel in den Ecken man bei tief-

stehender Sonne gut erkennen

kann.

Im Vorraum bzw. Windfang be-

finden sich an den Wänden drei

Grabplatten.

Eine wird oft übersehen, da sie

von der Eingangstür verdeckt

wird.

Der Text dieses Grabsteines ist

schwer lesbar. Oben befindet

sich ein Oval mit einem stark

abgeriebenen Pferderelief, das

an ein Niedersachsenross erin-

nert.

Die Umschrift lautet:

Durch diesen Handel viel er-

worben. Doch seelig auch da-

bey gestorben.

Darunter folgt:

Unter diesem Stein Rúhet

Herr CASPAR BEHRENS

sonst LANDSMANN genant

welcher Ao. 1629 zu Bühusen

im Hohtenwehen belegen von

Christl. Eltern gebohren und

Ao.1702 den 23 Sbr auf der

Reise nacher Leipzig alhie zu

hartorf seelich gestorben sei-

nes alters im 75 Jahr

Leichentext Joh Kap. XI, V. 11

Der Heiland sprach zu seinen

Jüngern Lazarus unser Freund

schläft.

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Die links befindliche Grabplatte stammt von Arnold Heinrich Mavors,

gestorben 1711.

Die Inschrift ist besonders lang, in den oberen Ecken sind Engelsköpfe

und unten Blumenstengel.

Sie beginnt: Es hat hier nach dem Willen seines Gottes die irdische Hülle

niedergeleget Hr. ARNOLD HENRICH MAVORS gebohren in EINBECK ao.

1662 d. 8 Jan........

Rechts die älteste Grabplatte des am 10. August 1604 im Alter von

21 Jahren verstorbenen Ludolf von Marenholtz hat in jeder Ecke ein

Wappen mit den Bezeichnungen: DV MARENHOLT DV MENSINGER

DV SCHVLENBURG DV OLLERSHVSEN

In der Mitte steht ein Bibelspruch (Hiob 19,25 nach Luther):

Ich weis das mein Erlöser lebet und er wird mich hernach aus der Erden

auferwecken und werde hernach mit dieser meiner Haut umgeben wer-

den und werde in meinem Fleisch Gott sehen.

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Der Kirchenraum, Kanzel und Taufstein

Die Eingangstür in der Turmmauer führt den Besucher ins Kircheninnere

unter einer von vier Holzpfeilern gestützten Empore hindurch, die sich

noch im Turmbereich befindet. Das rechteckige Schiff verlängert sich

mit gleicher Breite in den optisch angesetzten Chorbereich. Die beiden

großen Fenster der Südseite, zwischen denen ein Renaissance-Epitaph

angebracht ist, lassen viel Licht herein. Die Kanzel trennt das Kirchen-

schiff vom Chor. Auf der linken Seite des Schiffes befindet sich hinter

einer Brüstung mit niedrigen Bögen die ehemalige Gutsprieche der Fa-

milie des Hofmarschalls von der Wense. Zwischen den beiden Bögen

hängt ein barockes Epitaph zu seinem Gedächtnis. Eine flache Holzde-

cke aus ochsenblutfarbigen Bohlen schließt das Schiff nach oben hin ab.

Das Holzepitaph an der Süd-

seite aus dem Jahre 1608

von der Familie von Mahren-

holtz, ist ein Werk der We-

serrenaissance.

Den Hintergrund beherrscht

der Altar mit dem Orgelpros-

pekt.

Neben einer kleinen Pforte

mit einem mittelalterlichen

Türschloss an der Südseite

befindet sich die taubenblaue

Renaissance-Kanzel aus dem

Jahre 1607. Die Seitenwände

der Kanzel tragen die Wap-

pen von vier früheren Guts-

herren – von der Schulen-

burg, von Marenholtz,

Minsinger von Frondeck und

Oldershausen.

Am Sockel befindet sich ein

Hinweis des Restaurators

Droste von 1929, der die

Kirche nach alten Vorlagen

neu ausgemalt hat.

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Der sechseckige, farbenfrohe

Taufstein ist aus einem

Steinblock gehauen und

steht mitten im Raum. Er ist

110 cm hoch und hat einen

Durchmesser von ca. 65 cm

und trägt ebenfalls die vier

Wappen der Gutsbesitzer

Familien. Die Inschrift lautet:

Diesen Taufstein // mit der

Decken ha // die E. v. ehr u

viel tu // gendreiche Fraw

Sophia G: M: V: F: Jurgen //

u. m. s. gelassene Wittwe =

Gott zu ehren // ihren lieben

Kinder // und ganz ge-

schlecht // zu christlich ge-

dechnis setzen und verfer //

tigen lassen. ANNO 1618.

Eine Taufschale aus Messing

für den Taufstein kam 1644

dazu. Auf dem Boden ist der

Gekreuzigte zwischen Maria

und Johannes ziseliert. Der

Lendenschurz mit vier Glöck-

chen erinnert an den wahren

Hohepriester Jesus Christus,

der sich selbst zum Opfer

gab. Die Umschrift lautet:

ANNA HOMANS WESSEL

WENDTHAVSEN . WITWE

GESE WENDTHVSEN . S.

TOCHTER JOHANN 3. ES SEI

DEN DAS IEMAND GEBOH-

REN WERDE AVS WASSER

UND GEIST KANN ER NICHT

IN DAS REICH GOTTES

KOMME. HARTTORF 1644.

Inschrift zwischen den Profil Leisten:

Lehret alle Völcker und Teüffet sie im

namen des Vaters

Eingeritzt am Boden:

IOHANNES BOLSCHEN AEDIVO ANNO

1691

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Die Orgel

In der Mitte des Raumes hinter dem Taufstein ist der Altar, ein schlich-

ter Tisch mit einem Kruzifix aus Bronze (um 1900). Dahinter blickt man

auf den Orgelprospekt. Das Gehäuse mit Knorpelwerk ist reich ge-

schnitzt mit zwei Wappen (links das derer von der Wense). Gestiftet

wurde die Orgel 1681 vom Marschall Georg Friedrich von der Wense,

1908 wurde ein neues pneumatisches Orgelwerk in den alten Prospekt

eingesetzt, gefördert vom Kaliwerk „Einigkeit“ in Ehmen.

Am zweiten Advent 1976 wurde die neue Orgel, wiederum im alten

Prospekt, eingeweiht und damit rechtzeitig zur 700-Jahrfeier Hattorfs

fertig gestellt.

von der Wense:

Halte was du hast

Lyde Myde Stryde

(Leute meidet Streit)

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Unterhalb der Orgel in Augenhöhe befindet sich das Bild der Abend-

mahlsszene, früher Teil der Predella eines Altars. Dieses Bild wurde auch

1976 gereinigt und retuschiert. Seitlich des Bildes befinden sich die Ein-

setzungsworte:

PSALM 111,4 Er hat gedechtniß gestiftet seiner wunder

der gnedige und barmherzige HERR

Unser Herr Jesus

Christus in der nacht, da er ver-

raten ward, nam er das Briot, dan-

ckte und brachs und gabs seinen jün-

gern du sprach, nemet hin esset das ist

mein leib, der für euch gegeben wirt

solches thut / zu meinem / gedechtniß

Deß gleichen nam / er auch den Kelch nach dem

Abendmahl danckte, gabs ihnen

und sprach: Trincket alle drauß, / dieser Kelch ist da newe Test-

ment in meinem Blut, das vor / euch vergossen wirt zur verge-

bung der Sünden, solches thut so

oft ihrs trincket zu meinem gedechtnuß

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Epitaph der Familie von Marenholtz gestiftet 1608

Der Quedlinburger Bildhauer und Maler Georg Steiger schuf es im Re-

naissance-Stil. Es zeigt Kreuzigung, Kreuzabnahme und Auferstehung.

Die knienden Figuren stellen Mitglieder der Familie Marenholtz dar: Otto

und Sophie, geb. Minsinger von Frondeck, links Ludolf. Wilhelm Joachim

und rechts Margareta, Agnes Catharina und Lucia (verdeckt).

Die Inschrift lautet: Dieses im Jahre 1608 von dem Letzten derer von

Marenholtz auf Hattorf erbgesessen, zum Gedächtniß an seine Familie

errichtete Epitaph, hat im Jahre 1897 der Freiherr Gerhard von Maren-

holtz wieder herstellen lassen.

Während der Restaurierung im Jahre 2011 war die sonst weitgehend

verdeckte Ansicht einer unbekannten Stadt zu sehen (Abb. links).

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Epitaph des Generals Georg Joachim von der Wense

Das barocke Epitaph zeigt rechts die griechische Göttin Pallas Athene

mit Schild und Gorgonenhaupt und links den Kriegsgott Mars. Oben

rechts macht ein Engel Seifenblasen, als Symbol für die Vergänglichkeit

des Lebens. Die Inschrift lautet:

Epitaphium/ des in dieser Hochadelsgruft/ ruhenden Groszen Krieges

Helden/ Herr Georg Joachim/ von der Wense/ Königl. Preuszischen Ge-

neral Majors/ und Obristen über ein regiment Dragonner/

Auff Hattorf Moerse und Dedenhausen/ Erbherns/ Welcher aus dem

Hochadel: Geschlechte derer von der Wense/ Anno 1666 d 6. Xbr. Alhier

Gebohren/ der schon Ao. 1682 nach Ungarn in Keyserl: Ao 1690/

Darauff in Churbrand Von Königl. Presz. dienst getreten/

worinnen Er in die 43 Jahre eine Ehren Charge nach der anderen beklei-

det/ Bisz er Ao 1717 von Ihro Könogl. Majest. zum general Major dekla-

riert worden/ Daruff Ao. 1725 den 3. August zu Köslin im Pommern in

seinen Erlöser Jesu Christo Seelig entschlafen/

Alhier aber 1726 den 17. Febr; in seine Ruhekammer eingesenket wor-

den/ seines Alters 58 Jahre 8 Monath 3 Tage:

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Wand- und Deckenmalerei

Die ursprüngliche Ausmalung der Decke stellte die Himmelfahrt Christi

dar und stammte aus dem Jahre 1731 und wurde vom Küster Wilkens

veranlasst: Diese Kirche haben gottliebenden Herzens zur Ehre Gottes

ausmalen lassen Bernhard Heinrich Wilken und dessen Ehefrau Elisabeth

geb. Papen. 1880 wurden Wand und Decke übermalt.

Der Chorbereich, das Sanktuarium, der vor der Reformation nur für den

Priester bestimmt war, ist mit einem Rundbogen auf der ganzen Breite

des Langhauses überwölbt. Florale Ornamente, die 1929 der Kirchenma-

ler Droste von der noch teilweise vorhandenen Bemalung übernahm,

schmücken den Chor aus und symbolisieren das Paradies

Auf der linken Seite werden die vier Evangelisten in die Blumen und

Ranken miteinbezogen. Oben, beiderseits des Rundbogens zur Flachde-

cke hin, sind in den Zwickeln Disteln gemalt. Mit ihren Stacheln sollen

sie an die Passion Christi erinnern, jedoch auch vor der Gottlosigkeit

warnen, die sich der Tugend bemächtigt (Hiob 31).

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Die Gutsprieche und die Gruft

An der Nordseite der Kirche

befindet sich unter einem

Schleppdach in der Flucht der

Sakristei die Gutsprieche der

Familie von der Wense aus

dem 18. Jahrhundert. Sie ist

durch zwei flachbogige Öff-

nungen mit dem Kirchenschiff

verbunden.

Die rechteckigen Fenster der

Prieche enthalten noch die

alten Gläser mit einer breiten

Bleieinfassung.

Die Prieche hatte früher einen

eigenen Eingang von außen,

der 1955 zugemauert wurde,

nachdem ein Zugang vom Kir-

chenschiff aus geschaffen wor-

den war.

Schon damals soll die Gruft

kurze Zeit geöffnet worden

sein.

Bei den großen Reno-

vierungsarbeiten 1974

wurde die Gruft wie-

derum geöffnet.

In der Gruft befanden

sich zwei einfache

vollständig zerfallene

Holzsärge, des Gene-

ralmajors Georg Fried-

rich von der Wense

(Text zum Epitaph

Seite 11) und seiner

Frau.

Er starb 1666 in Pommern, seine sterblichen Überreste wurden etwa

50 Jahre später nach Hattorf überführt.

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Die Sakristei und der Kirchenschatz

Hinten auf der linken Seite befindet sich hinter einer gotischen Tür aus

einer 7 cm starken Eichenholzbohle mit einem alten Riegelschloss eine

kleine Sakristei mit einem parabolischen Gewölbe. Sie diente mit dem

Waschbecken (Piscina) früher der Aufbewahrung und dem Säubern der

Abendmahlsgerätschaften, heute ist es ein Abstellraum. Die Abend-

mahlsgerätschaften werden an einem anderen Ort sicher aufbewahrt.

Piscina

Kelchlöffel (Silber) 1882

Hostiendose (Silber), 17.Jh.,

Doppelwappen v. d. Wense

Klingelbeutel (Messing)

19. Jahrhundert

Taufschale (versilbert) um 1900

Patene (Silber, vergoldet) 1702

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Kelch 17. Jh.

Doppelwappen

von der Wense:

I.F.V.D.W.*C.E.V.A.

Abendmahlskanne

(Silber)

20. Jahrhundert

Abendmahlskanne

(Zinn) , Inschrift:

Hermann Bendler

Hattorf d. 1. Apr. 1872

Kelch

(Silber, vergoldet)

Wappen: Johan Ernst

Lohse Maier Anno

1702

2 Leuchter

16. Jahrhundert

Rotguss

Leuchter

16. Jahrhundert

(Rotguss)

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Glockenturm und Wetterfahne

Die Turmuhr der Hattorfer Kirche versieht ihren Dienst unverändert seit

1881. Die Wetterfahne zeigt das Jahr 1964, als das Kirchendach durch

Herrn Possiel repariert wurde. Uhrmacher Kippel aus Königslutter repa-

rierte die Kugel, die 12 Durchschüsse, vermutlich durch die Besatzungs-

truppen nach dem 2. Weltkrieg, aufwies, und vergoldete sie neu. Die

Kugel enthielt Zeitungen und Dokumente aus den Jahren 1881 und

1936, eine Zeitung von 1964 wurde hinzugefügt.

Über die kleine Uhrschlagglocke (b´´) ist nichts weiter bekannt.

Die große alte Glocke (g´) aus dem

Jahre 1707 überstand beide Weltkrie-

ge unversehrt. Sie wurde aus Bronze

gegossen. Sie trägt eine zehnzeilige

Inschrift:

BEY GLORWÜRDIGSTEN

DES

DURCHLAUGSTIGEN HERRN HERRN GEORG

HERTZOGES Z. B. V.L.D.H.R.T.R.

ALS

ARNOLD HEINRICH MAVORS PASTOR

IST DIESE GLOCKE

ANNO MDCCVI GEGOSSEN

VON

CHRISTIAN LUDWIG MEYER

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Erst 1960 wurde für beide

Glocken ein elektrischer

Antrieb eingebaut, obwohl

die Kirche schon 1917 eine

elektrische Beleuchtung

erhielt.

Im ersten Weltkriege wur-

de die kleinere Glocke für

Kriegszwecke einge-

schmolzen und 1926 durch

eine neue ersetzt. Auch

diese musste im zweiten

Weltkrieg wieder abgege-

ben werden.

1953 wurde diese kleine

Glocke wieder durch eine

neue Glocke (b´) ersetzt.

Sie trägt die folgende In-

schrift:

1953

ACHT JAHRE NACH DEM GROßEN

KRIEGE

Die Läutemaschine wurde

1997 erneuert. Die alte

Läutemaschine, die sich

noch im Turm befindet,

hat ein beeindruckendes

Räderwerk.

Der phantastische Ausblick

vom Turmfenster über

Hattorf und den Heinen-

kamp bleibt leider den

meisten Besuchern ver-

wehrt.

Inschrift der großen Glocke

Die kleine Glocke

Die alte Läutemaschine

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Kirchberg und Lindenberg

Treppe zum Junkerhof und der

Kirchbergstraße

Kirche mit Ehrenmal

(gezeichnet von Adolf Knigge 1943)

Gemeindehaus (Walter Döring 1987)

Der Kirchberg und der Lin-

denberg sind die Keimzelle

des Dorfes. Professor Dr. Jür-

gen Udolph ist der Meinung,

dass die Dörfer mit der En-

dung Dorf, wie bei Flechtorf,

Hattorf, Heiligendorf, Glentorf

und Neindorf, an einer alten

Handelsstraße lagen und um

das Jahr 500 gegründet wur-

den.

Eine Treppe mit einem schö-

nen Geländer führt vom Kirch-

berg zum Junkerhof, sie er-

setzt seit etwa 1940 eine älte-

re.

Der Platz vor der Kirche war

bis zum Ende des zweiten

Weltkrieges der Hattorfer

Friedhof mit dem Ehrenmal.

Nach Kriegsende wurde das

Ehrenmal zum neuen Friedhof

auf dem Buchenberg umge-

setzt.

Das heutige Gemeindehaus

war noch bis in die 1950er-

Jahre Schulhaus.

2006 erhielt das Gemeinde-

haus einen Anbau und zum

Jahresende 2010 wurde davor

ein kleines Theaterrund (Kir-

chenforum) gebaut, das für

Veranstaltungen unter freiem

Himmel genutzt wird.

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Auf dem Platz zwischen Kirche

und Gemeindehaus findet jähr-

lich das Kirchbergfest mit ei-

nem Gottesdienst im Freien

statt. Seit 2011 steht dafür

auch das neue Kirchenforum

zur Verfügung.

Am ersten Advent wird hier

und vor der Heimatstube der

jährliche Hattorfer Weihnachts-

markt veranstaltet.

Das ehemalige Pfarrhaus wur-

de nach der Pensionierung des

letzten Hattorfer Pastors, Rai-

ner Jürging, an die Gärtnerei

Dieterichs verkauft. Seitdem

wird die Hattorfer Gemeinde

wieder von Heiligendorf aus

betreut.

Zu dem Pfarrhaus gehört auch

die alte Pfarrscheune, die mit

dem Pfarrwitwenhaus ein

denkmalsgeschütztes Ensem-

ble bildet.

Auch das Pfarrwitwenhaus war

eine Zeitlang in den 1950er-

Jahren Schulgebäude. Später

zog dort die Post ein, bevor

dort neben der städtischen

Sprechstelle im Jahre 2002 der

Kulturverein Hattorf von 1997

e.V. mit der Heimatstube ein-

zog. Dort befindet sich jetzt ein

kleines Heimatmuseum.

Am Steintisch soll früher der

Gemeinderat getagt haben.

Daneben steht eine sogenann-

te 1000jährige Eiche, auf der

um 1950 noch Störche brüte-

ten.

Blick vom Kirchturm: links ehemaliges

Pfarrhaus, rechts das Gemeindehaus

und davor das Kirchenforum.

Das ehemalige Pfarrhaus

Pfarrwitwenhaus mit Heimatstube,

Sprechstelle und Steintisch.

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Verlorene Kunstschätze

Wilhelm Joachim

von Marenholz 1618

Georg

von Marenholz

1605

Johann Ernst

Lohse

1702

Die zwei schönsten Grabplatten der Hattorfer Kirche schmücken heute

den Innenhof des Schlosses in Gifhorn.

Sie haben eine erstaunliche Reise hinter sich, die von Hattorf über Groß

Steimke, das Schloss Groß Schwülper, Gut Warxbüttel, das Warmbütte-

ler Holz und endlich nach Gifhorn führte. Versuche, diese beiden Kunst-

schätze nach Hattorf zurück zu holen, schlugen Ende des 20. Jahrhun-

derts fehl.

Eine dritte Grabplatte befand sich bis zur Jahrtausendwende an einer

Hauswand in Lehre und wurde später nach dem Tode des Eigentümers

von den Erben an einen Trödler verkauft, damit verliert sich die Spur.

Nun ist die Grabplatte wohl für Hattorf endgültig verloren.

Von dieser Grabplatte ist nur eine Zeichnung von Adolf Knigge aus dem

Jahre 1935 bekannt, die den Major Johann Ernst Lohse zeigt, der als

Bauernjunge hinter dem Pfluge von Werbern aufgegriffen wurde und es

durch seine Tapferkeit bis zum Major gebracht hat und 1702 starb.

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Grundriss der Hattorfer Kirche

Nach Unterlagen des Kirchenkreises Wolfsburg, gezeichnet von U. Claus

Text: Ulrich Claus unter Verwendung alter Flyer der Kirchengemeinde

Stand 2011

Farbfotos: Ulrich Claus und Günter Krause

Schwarz-Weiß-Fotos: Kirchenkreisamt Wolfsburg

Verwendete Literatur:

Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover – 4. Kreis Gifhorn

Selbstverlag der Provinzialverwaltung, Hannover 1931

Helga Jürges: 700 Jahre Hattorf - Chronik des Ortes Hattorf

Neubearbeitung von Ulrich Claus für den Kulturverein Hattorf e.V.

W. Backhausen: Zur Geschichte der Hattorfer Kirche und Pfarre

von 1899, Neubearbeitung nach einem Manuskript von 1937 von Ulrich

Claus für den Kulturverein Hattorf von 1997 e.V.

Texte zur Geschichte Wolfsburg, Band 13 – Dorfentwicklung in Wolfs-

burg - ein Beginn: Hattorf; Stadtarchiv Wolfsburg 1984

(nur noch erhältlich beim Kulturverein Hattorf)

Inventarverzeichnis des Kirchenkreises Wolfsburg

23

1976

2012

24