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SWR2 Feature Die Kunstrasenstrategie Die Macht rechter Think Tanks in den USA Von Julia Hertäg Sendung: Mittwoch, 8. Mai 2019 Redaktion: Wolfram Wessels Regie: Felicitas Ott Produktion: SWR 2019 SWR2 Feature können Sie auch im SWR2 Webradio unter www.SWR2.de und auf Mobilgeräten in der SWR2 App hören oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/feature.xml Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de Die neue SWR2 App für Android und iOS Hören Sie das SWR2 Programm, wann und wo Sie wollen. Jederzeit live oder zeitversetzt, online oder offline. Alle Sendung stehen sieben Tage lang zum Nachhören bereit. Nutzen Sie die neuen Funktionen der SWR2 App: abonnieren, offline hören, stöbern, meistgehört, Themenbereiche, Empfehlungen, Entdeckungen … Kostenlos herunterladen: www.swr2.de/app

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SWR2 Feature

Die Kunstrasenstrategie

Die Macht rechter Think Tanks in den USA

Von Julia Hertäg

Sendung: Mittwoch, 8. Mai 2019

Redaktion: Wolfram Wessels

Regie: Felicitas Ott

Produktion: SWR 2019

SWR2 Feature können Sie auch im SWR2 Webradio unter www.SWR2.de und auf Mobilgeräten in der SWR2 App hören – oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/feature.xml

Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.

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INTRO / O-TON BESUCHER LEELANAU BRIDGE WALK: … this is the greatest country on earth and it gives us all an opportunity to make the best of ourselves. There seem to be people who complain about this country. That’s silly! You’re unhappy? Well, if you’re unhappy, please don’t be unhappy, go somewhere else!

ATMO MUNSON NURSES PROTEST: Contract now! Contract now!...Nurses united will never be defeated...

O-TON MICHELLE KAMINSKI: [...] So, organizing a new union is very very difficult in the United States.

O-TON GOVERNOR SNYDER: First of all: Worker choice. The freedom to choose. And the concept of more and

better jobs for our state. I think it was a good thing to sign this legislation and move forward.

O-TON DAVID HECKER: [...]attacks on educators have been unbelievable, over the last 8 years of the Republican control of state governement [...]

O-TON BETSY DEVOS: Let’s honor America’s grassroots entrepreneurial history and spirit and embrace the changes that doing so promises.

O-TON DAVID CRIM: If they damage or eliminate collective bargaining, pass right to work laws, the unions become weaker, the corporations become stronger, wage gap grows between the rich and the poor.

ATMO MUNSON NURSES PROTEST This is what democracy looks like...

ANSAGE: Die Kunstrasenstrategie Die Macht rechter Think Tanks in den USA Von Julia Hertäg

O-TON DON RIEGLE:

[…] people with tremendous personal wealth, who have strong philosophic views, who want to push a point of view that is their point of view, can through a variety of means have a very large impact on who gets elected.

ÜBERSETZER 2: Leute, die ungeheuer wohlhabend sind, die eine extreme Weltsicht haben, und die ihren Standpunkt massiv vertreten, können auf verschiedenen Wegen großen Einfluss auf Wahlen ausüben.

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SPRECHERIN: Don Riegle ist Politiker im Ruhestand aus Michigan. 18 Jahre lang war er Mitglied des US Senats – zuerst als Republikaner, dann als Demokrat. Er hat beobachten können, wie sich die politische Kultur in den USA veränderte.

O-TON DON RIEGLE: [...] there is a fight going on, as to whether or not we can restore a genuine democracy in America, that’s what’s really what’s happening here. And I think, people around the world probably have a very hard time understanding America can suddenly seem so different than it was even at the time when Barack Obama was elected.

ÜBERSETZER 2: Es wird darum gekämpft, ob es uns gelingt, in Amerika wieder eine echte Demokratie

herzustellen, oder nicht. Darum geht es eigentlich. Und ich nehme an, den Menschen anderswo auf der Welt fällt es schwer zu begreifen, wie Amerika sich nach Obama so verändern konnte.

SPRECHERIN: Seit einem Urteil des Obersten Gerichtshofs im Fall Citizens United im Jahr 2010 dürfen Unternehmen und Privatpersonen unbegrenzt Geld für politische Zwecke spenden – ohne offen zu legen, von wem das Geld stammt. Zwischen den Wahlkämpfen von 2008 und 2012 stiegen die Spenden an politische Organisationen um 600%. Die riesigen Summen, die in die Politik fließen, wirken sich nicht nur auf die Wahlkämpfe aus. Die kapitalstarken Akteure haben längst andere Strategien entwickelt, politische Entwicklungen in ihrem Sinne zu beeinflussen. Sogenannte Think Tanks spielen dabei eine wichtige Rolle. Die meisten arbeiten daran, die marktliberale Agenda der Konzerne salonfähig zu machen, und die Umsetzung entsprechender Gesetze voranzutreiben. In jedem Bundesstaat gibt es inzwischen mindestens einen solchen Think Tank, der auf bundesstaatlicher Ebene agiert. Sie alle sind vernetzt über das State Policy Network. Gerne geben sich diese Organisationen den Anschein einer Graswurzelbewegung – doch mittlerweile hat sich für sie der Begriff „astro turf” eingeprägt – auf Deutsch: Kunstrasen.

ATMO: AUTOFAHRT MIT NAVIGATIONSANSAGE MACKINAC BRIDGE

SPRECHERIN: Das Mackinac Center für Public Policy in Michigan ist einer der größten Think Tanks

Stimmen Durcheinander: O-TON MICHELLE KAMINSKI: ...the Mackinac Center, you know, it’s got a pretty neutral name, uhm, but… O-TON DAVID HECKER: …the Mackinac Center as you know is a far-right quote-unquote think tank, I don’t think much thinking goes on… O-TON RICH BLOCK: It creates a show, a cover, it you will, of being academic, but it’s not. O-TON DAVID CRIM:

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It is not a think tank. It is not a neutral… you know, sort of academic group studying issues.

SPRECHERIN: Midland ist ein aufgeräumtes 40.000 Einwohner-Städtchen in der Mitte des Bundesstaates Michigan. Hauptarbeitgeber ist die Dow Chemical Company, seit einer Fusion 2017 Dow-Dupont – die Firma, die im Vietnamkrieg das Napalm für Brandbomben lieferte, und die in den 80ern durch die Katastrophe in einer Chemiefabrik im indischen Bhopal Schlagzeilen machte. Seit ihrer Gründung hat sie hier ihren Hauptsitz; das Stadion, die Bibliothek, und ein Park sind nach der Dow-Familie benannt. Aus den Unterlagen der US Steuerbehörde geht hervor, dass Dow von Anfang an zu den Sponsoren des Mackinac Center gehörte. Dort einen Interview-Termin zu bekommen war überraschend einfach, der Empfang ist freundlich. Offenbar sieht man keinen Grund, der Reporterin aus Deutschland gegenüber skeptisch zu sein.

O-TON MICHAEL VAN BEEK: The Mackinac Center is a 501c3 nonprofit. We are entirely privately funded and managed, and we do policy research on a wide variety of issues: Education, labor, fiscal issues, environment, criminal justice reform, and some other issues in addition to those 5 major ones.

ÜBERSETZER 1: Das Mackinac Center ist eine Non-Profit Organisation. Wir werden komplett privat finanziert und gemanagt, und wir recherchieren zu einer breiten Palette an politischen Themen: Zu Bildung, Gewerkschaften, Steuerthemen, Umweltthemen, zur Justizreform, und einigen anderen Themen neben diesen 5.

SPRECHERIN: Michael van Beek ist Director of Research im Mackinac Center. Er reagiert amüsiert auf die Nachfrage, warum der Think Tank sich rein privat finanzieren muss.

O-TON MICHAEL VAN BEEK: Well, a lot of the work that we do is critically analyzing what the government policy is, and so we joke that they wouldn’t be interested in funding the kind of work that is critical of the government itself, so…

ÜBERSETZER 1: Ein Großteil von dem, was wir machen, ist eine kritische Analyse der Regierungspolitik. Deshalb witzeln wir, dass sie bestimmt kein Interesse haben, unsere regierungskritische Arbeit zu fördern.

SPRECHERIN: In der Tat veröffentlicht das Mackinac Center zahlreiche Studien und Papiere zu den genannten Themen. Auf der Webseite behauptet es, die hochwertigste und zuverlässigste Forschung zu Michigan-Thema zu liefern. Doch werden die Veröffentlichungen des Mackinac Centers nicht in einer Peer-Review geprüft, wie in der akademischen Wissenschaft üblich. Eine Untersuchung des Great Lake Center

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for Education, die alle Veröffentlichungen zu Bildungsthemen zwischen 1990 und 2001 auf die Erfüllung wissenschaftlicher Standards prüfte, kam zu dem Ergebnis, dass nur sehr wenige der Studien im Peer-Review-Verfahren bestehen könnten. Das hindert die Presse nicht daran, Mackinac regelmäßig als Quelle zu zitieren. Seit seiner Gründung 1987 ist die Organisation stark gewachsen, zurzeit beschäftigt sie rund 35 feste Mitarbeiter. Neben der Forschung betreibt sie seit 2007 auch eine News-Abteilung, in der ihre Themen aufbereitet werden: Michigan Capitol Confidential, kurz: CapCon. Und das Mackinac Center hat noch ein drittes Betätigungsfeld: O-TON MICHAEL VAN BEEK: …we have a litigation center, so we represent clients pro bono and we help them rectify wrongs that they have experienced as a result of some government action…

ÜBERSETZER 1:

Wir haben auch eine Rechtsabteilung, wir vertreten Klienten kostenlos und helfen ihnen, Unrecht zu bereinigen, das ihnen durch Regierungshandeln widerfahren ist.

SPRECHERIN: Solche Vorbehalte gegenüber der Regierung haben in den Vereinigten Staaten eine lange Tradition. Daran knüpft das Mackinac Center in seiner Rhetorik an. Die Regierung in Washington wird als bürokratisch und ineffizient dargestellt. Stattdessen wird eine Politik des Small Government gefordert: Gemeint ist eine Politik, in der die großen Konzerne möglichst viele Freiheiten haben und möglichst wenig Steuern zahlen.

ATMO: AUTOFAHRT MIT NAVIGATIONSANSAGE

SPRECHERIN: 45 Meilen nördlich von Detroit, der Stadt, die für den Niedergang der Autoindustrie steht, und den Verfall von Gesellschaften im postindustriellen Zeitalter, liegt die Armada School inmitten von Maisfeldern, dazwischen schnurgerade, wenig befahrene Straßen.

ATMO KLASSENZIMMER JOSHUA KHON: What’s really funny about this assignment: I always want you guys to be so creative. But when I limit your options, then you guys come up with all these ideas... SPRECHERIN: Joshua Khon gibt seit 20 Jahren Kunstunterricht an der Schule und wandte sich 2012 an das Mackinac Center, weil er Unterstützung in einem Rechtsstreit suchte. Und er hat sich bereit erklärt, von dem Gerichtsprozess zu erzählen. Joshua Khon ist ein schmaler, zurückhaltender Typ, er wirkt nicht so, wie man sich einen Wutbürger vorstellt.

O-TON JOSHUA KHON: […] What basically led up to it was just basically me and my wife just kind of looking at the union and some of the things that they were doing, some of the people that they were supporting, and I didn’t fully agree with the things that they were doing and

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the people that they were supporting, and I didn’t think it was fair that my money should go towards something that I don’t fully support. […] Well, the next year, after I opted out, I got a bill in the mail from the union, telling me that I owed them money, and I couldn’t understand why I owed them money because I wasn’t a member anymore. Well, as it turns out, I’m not allowed to just not be a member. [...] And this was written into law apparently and I didn’t realize this. So, I had to pay about 650 Dollars a year to not be a member. And I had to do that or I’d be fired, because it’s part of our teacher contract that I be a union member, or I’d be a fee payer.

ÜBERSETZER 2: Was dazu geführt hat, war, dass meine Frau und ich nicht voll hinter dem standen, was die Gewerkschaft tat, auch nicht hinter den Leuten, die von der Gewerkschaft unterstützt wurden. Und ich fand es nicht richtig, dass ich Geld an eine Organisation bezahlen sollte, die ich nicht unterstützen wollte. Im dem Jahr nach meinem Austritt

bekam ich eine Rechnung von der Gewerkschaft – sie behauptete, ich würde ihr Geld schulden. Das fand ich unverständlich, ich war ja kein Mitglied mehr. Wie sich herausgestellt hat, konnte ich meine Mitgliedschaft nicht einfach kündigen. Und das war anscheinend im Gesetz verankert. Also musste ich jährlich ungefähr 650 Dollar bezahlen, auch ohne Mitglied zu sein. Sonst wäre ich entlassen worden, weil im Schulvertrag steht, dass ich Gewerkschaftsmitglied sein müsste, oder zahlendes Nichtmitglied.

SPRECHERIN: Was für Joshua Khon überraschend war, mag auch Europäer verwundern. Es hat mit einer grundsätzlich anderen Rechtsgrundlage zu tun, auf der die Gewerkschaften hier agieren. Und die wurde in Michigan gelegt.

ATMO FLINT SITDOWN STRIKE

O-TON MICHELLE KAMINSKI: Michigan has been a traditional stronghold of the labor movement in the United States, [...] one of the most important events, the Flint sit-down strike which happened in the winter of 1936 and 1937 led to the recognition of the UAW by general motors as the exclusive bargaining agent and it was followed by a rapid success in organizing and a rapid increase in the number of workers who joined the unions in Michigan and around the United States. As a strong manufacturing state, Michigan has always been a pretty strong union state, and in fact, at some point, more than 50 percent of the workers in the state of Michigan were organized.

ÜBERSETZERIN 1: Michigan war traditionell eine Hochburg der Arbeiterbewegung in den USA. Eines der wichtigsten Ereignisse, der Flint Sit-Down-Streik, hat sich im Winter 1936/37 hier abgespielt. Der führte dazu, dass General Motors die United Auto Workers als exklusiven Verhandlungspartner anerkannte. Danach organisierten sich sehr schnell immer mehr Arbeiter in den USA erfolgreich. Als ein starker Industrie-Staat hatte Michigan immer auch starke Gewerkschaften, auf dem Höhepunkt waren über 50% der Arbeiter organisiert.

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SPRECHERIN: Michelle Kaminski ist Professorin für Geschichte der Arbeit an der Michigan State University in Lansing, Michigans Regierungssitz 90 Meilen westlich von Detroit. Richard Block, Jurist und Experte für Arbeitsrecht, erklärt die rechtlichen Entwicklungen in den USA.

O-TON RICH BLOCK: In 1935, when legislation was passed to permit private sector employees to unionize – the National Labor Relations Act - it permitted what we call the closed shop, which means that an employee had to be a member of a union in order to get a job.

ÜBERSETZER 1: 1935 wurde der National Labor Relations Act verabschiedet. Dieses Gesetz erlaubte, dass im privaten Sektor sogenannte closed shops eingerichtet wurden – was

bedeutete, dass ein Arbeiter Mitglied der Gewerkschaft werden musste, um einen Job zu bekommen.

SPRECHERIN: Damals war Franklin D. Roosevelt Präsident, der die Wirtschafts- und Sozialreformen des New Deal durchsetzte – mit denen die Vereinigten Staaten die Wirtschaftskrise der späten 20er und 30er Jahre überwinden konnten.

O-TON RICH BLOCK: When that law was amended in 1947, it created what’s called the union shop. Which meant, an employee need not be a member of the union to get the job, once the employee had the job, an employer and a union could agree that that employee must become a member of the union. So, the employer could hire whomever he wanted, but if the employer and the union agreed to what we call a union shop, then the employee must become a member of the union.

ÜBERSETZER 1: Als das Gesetz 1947 novelliert wurde, entstanden sogenannte union shops: Das hieß, ein Angestellter musste nicht in der Gewerkschaft sein, um einen Job zu bekommen. Aber in dem Moment, in dem er angestellt wurde, musste er Mitglied werden. Der Arbeitgeber konnte also einstellen, wen er wollte, aber danach musste der Arbeiter der Gewerkschaft beitreten. SPRECHERIN: Gewerkschaften wurden damit zu exklusiven Verhandlungspartnern von Unternehmern. O-TON MICHELLE KAMINSKI: …linked to that issue of the exclusive bargaining agent, the union actually has a legal obligation, because they essentially have a monopoly on that particular set of workers and their workplace issues, they have a legal obligation called the duty of fair representation, to represent those employees equally and without discrimination, so you can’t discriminate employees based on race or gender or age or political leanings or saying nasty things about the union […]

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ÜBERSETZERIN 1: Mit dem exklusiven Verhandlungsrecht, das ein Monopol darstellt, ist die Gewerkschaft aber auch gesetzlich verpflichtet, diese bestimmte Gruppe von Arbeitern und ihre Arbeitsrechte zu vertreten. Das nennt man die Pflicht zur fairen Repräsentation. Sie muss also alle gleich vertreten, darf niemanden aufgrund von Ethnie, Geschlecht oder politischer Meinung diskriminieren, oder weil er schlecht über die Gewerkschaft spricht.

O-TON RICH BLOCK: The rationale then for requiring a union membership was that because the union must represent them, the employee should pay for it. Ok? In other words, it becomes more or less like a tax. And as a tax, even if you don’t want the union to represent you, if the majority of the employees in that unit select a union, everybody represents them. It’s like a government system.

ÜBERSETZER 1: Dass die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft Pflicht war, wurde damit begründet, dass die Gewerkschaft verpflichtet war, alle Angestellten zu repräsentieren. Also sollten auch alle bezahlen. Mit anderen Worten, der Mitgliedsbeitrag wurde fast zu einer Art Steuer. Selbst wenn du nicht von der Gewerkschaft vertreten werden willst, musst du bezahlen, wenn die Mehrheit für einen union shop gestimmt hat.

SPRECHERIN: Wie Joshua Khon argumentieren viele gegen den sogenannten Fair Share – den Pflichtanteil, den auch Nichtmitglieder den Gewerkschaften für ihre Dienste bezahlen müssen.

SPRECHERIN: Er wandte sich schließlich an das Mackinac Center.

O-TON JOSHUA KHON: [...] so I called the Mackinac Center and I was just stunned, because they knew the answers to every single question that I put forth.

ÜBERSETZER 2: Also rief ich im Mackinac Center an, und ich war völlig erstaunt, denn sie konnten jede einzelne Frage beantworten.

SPRECHERIN: Das Gewerkschaftsrecht zu ändern war nach eigenen Angaben schon seit den 90er Jahren Teil der Agenda des Mackinac Center – und 2012 stand es offenbar ziemlich weit oben. Wenige Monate später wurde in Michigan tatsächlich ein entsprechendes Gesetz verabschiedet.

O-TON MICHAEL VAN BEEK: So, in late 2012 Michigan adopted right to work legislation, which basically gives individual union members the ability to decide whether they want to associate, finance a union.

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ÜBERSETZER 1: Ende 2012 hat Michigan ein Right to Work-Gesetz eingeführt. Das gibt Gewerkschaftsmitgliedern das Recht zu entscheiden, ob sie sich der Gewerkschaft anschließen wollen, ob sie sie finanzieren wollen.

SPRECHERIN: Right to Work – das Recht zu arbeiten. Klingt wie: Recht auf Arbeit. Arbeit für alle. Beinahe nach Sozialismus. O-TON RICH BLOCK: [That law,] the Taft Hartly Act, or Labor National Relations Act, also had a provision that permitted states, each individual state, to enact what was called a right to work law, which permitted, which meant that, if the state enacted such a law, any union

management agreement in that state could not require an employee to be a member of the union in order to be employed there. And that, the popular term for that became right to work. It does not mean a right to a job. It means the right of a person who has a job to work without being a member of a union.

ÜBERSETZER 1: Der Taft Hartly Act, auch National Labor Relations Act genannt, enthielt eine Klausel, die es einzelnen Bundesstaaten erlaubte, ein sogenanntes Right to Work-Gesetz zu erlassen. So ein Gesetz bewirkte, dass ein Angestellter im jeweiligen Bundesstaat nicht gezwungen werden konnte, in die Gewerkschaft einzutreten. Es bedeutet nicht ein Recht auf einen Job. Es bezeichnet das Recht einer Person, in einem Job zu arbeiten, ohne Mitglied der Gewerkschaft zu sein.

SPRECHERIN: Mehrere Staaten, die meisten im Süden der USA, verabschiedeten solche Gesetze bereits in den 40er Jahren. In Michigan, einer Hochburg der Labor-Bewegung, war ein solches Gesetz zunächst undenkbar.

O-TON MICHELLE KAMINSKI: […] things were kind of stable for a long time. In 2001 Oklahoma became a right to work state. And around 2010 we started to see this big attack in the midwest: Indiana became right to work, Michigan became right to work, Wisconsin became right to work, there was an attempt in Missouri that was just overturned by a ballot initiative.

ÜBERSETZERIN1: Lange Zeit war dieser Zustand stabil. 2001 wurde Oklahoma ein Right to Work-Bundesstaat. Danach, etwa 2010, konnten wir den großen Angriff im Mittleren Westen beobachten: Indiana, Michigan, Wisconsin wurden zu Staaten, in denen Right to Work galt. Der Versuch in Missouri wurde mit einem Referendum abgeschmettert.

O-TON GOVERNOR SNYDER: So, both the public sector and the private sector bill have been signed, so we are moving forward on the topic of workplace fairness and equality.

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ÜBERSETZER 1: Die Gesetze für den privaten als auch für den öffentlichen Sektor sind unterschrieben. Wir kommen also voran, was Fairness und Gleichheit am Arbeitsplatz angeht.

ATMO: PROTEST CAPITOL IN LANSING

O-TON MICHELLE KAMINSKI: You may know that story that the governor said: right to work is not on my agenda, not on my agenda, not on my agenda, he said that for 2 years, and then one day he said: If you put a right to work bill on my desk I’ll sign it. So, there was huge uproar on the part of the labor movement, but it was essentially a done deal at that point.

ÜBERSETZERIN 1: Vielleicht kennen Sie die Geschichte, dass der Gouverneur gesagt hat: Right to Work ist nicht auf meiner Agenda… das hat er zwei Jahre lang gesagt, und eines Tages sagte er plötzlich: Wenn ihr mir ein Right to Work-Gesetz auf den Tisch legt, unterschreibe ich. Es gab großen Protest von der Arbeiterbewegung, aber da war der Deal schon durch.

SPRECHERIN: Zehntausende versammelten sich im Dezember 2012 vor dem Capitol in Lansing, um gegen das Gesetz zu protestieren.

O-TON DEMONSTRANT LANSING: I’m here to protest the Right-to-Work-for-less-Bill, it will destroy our economy over long term, it’s a blatant attempt to break unions, and I don’t like free loaders. Free loaders in the workplace, getting all the rights and benefits and time off and grievance procedure for free, that I have to pay for in my union.

ÜBERSETZER 2: Ich bin hier, um gegen das Recht-auf-Arbeit-für-weniger zu protestieren, das wird langfristig unsere Wirtschaft zerstören. Das ist ein unverschämter Versuch, die Gewerkschaften kaputt zu machen. Ich mag keine Schwarzfahrer. Schwarzfahrer am Arbeitsplatz kriegen alle Rechte und Vorteile und Urlaubstage und Vertretung umsonst, für die ich meine Gewerkschaft bezahlen muss.

SPRECHERIN: Ein Demonstrant in einem Video des Guardian. Doch während draußen die Stimmung immer mehr aufheizte, wurde das Gesetz in großer Eile und hinter verschlossenen Türen verabschiedet. Offensichtlich wurde hier politischer Druck ausgeübt. Doch dazu später mehr. Die Argumente, die der Gouverneur in der Pressekonferenz für das neue Gesetz vorbrachte, waren genau die, die das Mackinac Center in Pressemitteilungen, auf seinem Blog und auf dem Newskanal CapCon verbreitete:

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O-TON GOVERNOR SNYDER: […] as I believe, it’s about more and better jobs for Michiganders. If you look at Indiana, the evidence is very strong. They’ve seen a tremendous increase in the economic activity and companies coming to Indiana that previously didn’t look to the state.

ÜBERSETZER 1: Es geht um mehr und bessere Jobs in Michigan. Wenn ich nach Indiana schaue, ist die Beweislage stark. Wir haben einen enormen Wirtschaftsaufschwung gesehen, es sind Firmen gekommen, die den Bundesstaat zuvor nicht in Betracht gezogen hatten.

O-TON MICHELLE KAMINSKI: […] politicians said that this would bring more jobs to Oklahoma, that that was why they were doing it. And there is evidence to contradict that. For one thing, there has

been data collected about why employers choose different locations for new workplaces in the United States, and they’ve been doing this survey for like 25 years, and right to work has never been one of the top 10 items. […] ÜBERSETZERIN 1: Politiker haben mehr Jobs versprochen, damit haben sie das begründet. Aber es gibt Hinweise, die dem widersprechen. Zum einen gibt es Studien darüber, warum Arbeitgeber unterschiedliche Standorte in den USA wählen. Diese Studie läuft seit 25 Jahren, und Right to Work war nie unter den Top 10 der Gründe.

SPRECHERIN: Neben dem Argument des Wirtschaftswachstums wird aber noch ein anderes angeführt:

O-TON GOVERNOR SNYDER: To put it in a simple sense, I view this as an opportunity to stand up for Michigan’s workers. To be pro worker. To really say here’s an opportunity to give workers choice, the freedom to choose.

ÜBERSETZER 1: Um es klar zu sagen: Ich sehe dies als Gelegenheit, für die Arbeiter in Michigan einzutreten. Für die Arbeiter zu sein. Zu sagen: Hier gibt es eine Gelegenheit, den Arbeitern die freie Wahl zu geben.

SPRECHERIN: Nach dieser Logik treten also nicht die Gewerkschaften für die Rechte der Arbeiter ein, sondern diejenigen, die sich dafür einsetzen, dass Arbeitnehmer keine Gewerkschaftsbeiträge bezahlen müssen. Die Freiheit des Einzelnen muss verteidigt werden gegen die gierige Macht der Gewerkschaft.

ATMO PROTEST CAPITOL IN LANSING

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SPRECHERIN: Der Protest bleibt wirkungslos: Im März 2013 tritt das Gesetz in Kraft, und Michigan wird zum 24. Right to Work-Bundesstaat der Vereinigten Staaten. Doch das Engagement des Mackinac Center endete damit nicht.

O-TON MICHAEL VAN BEEK: …we quickly realized at the Mackinac Center that the policy doesn’t execute itself, it doesn’t implement itself, and the unions typically have a self-interest to not inform, and actually create obstacles in the way of members, to keep them from exercising their rights to disassociate from the union, and so they would do things, like, right before the law goes into effect, they would negotiate long term contracts that would keep the old policy in place and prevent teachers from opting out. [...] ÜBERSETZER 1: Wir merkten schnell, dass die neuen Gesetze sich nicht von alleine umsetzten, und

die Gewerkschaften haben ein Interesse daran, nicht zu informieren, sie legen ihren Mitgliedern gar Hindernisse in den Weg, damit sie ihr Recht nicht ausüben, und aus der Gewerkschaft austreten. Sie verhandelten zum Beispiel langfristige Verträge, kurz bevor das Gesetz in Kraft trat, damit die Lehrer nicht austreten konnten.

SPRECHERIN: Das tat auch die lokale Gewerkschaft der Armada School – sie schloss mit der Schulverwaltung einen neuen Vertrag über 10 Jahre ab, und Joshua Khon wurde aufgefordert, weiterhin seine Beiträge zu bezahlen.

O-TON JOSHUA KHON: […] when it came down to it, and I realized I couldn’t get out of paying my fee, and I presented it to the lawyers at Mackinac, they jumped on it, they didn’t hesitate, they wanted to take the opportunity to help me out, and I’m really thankful to them. They took my case basically for free, they did all the work without charging me anything […]

ÜBERSETZER 2: Als mir klar wurde, dass ich nicht drumherum kam, meine Beiträge zu bezahlen, und ich mich damit an die Anwälte vom Mackinac Center wandte, stürzten die sich darauf. Sie haben nicht gezögert, mir zu helfen, und dafür bin ich wirklich dankbar. Sie haben meinen Fall kostenlos übernommen, sie haben die ganze Arbeit gemacht, ohne dass ich bezahlen musste.

O-TON MICHELLE KAMINSKI: Well, after right to work passed, they sent all this material to all kinds of teachers and other people, saying, here is how you can quit your union. So, why is it, that it’s so interesting to them, why is it so important to the Mackinac Center that an individual teacher quit the union, that they would actually go out and advertise to get teachers to do that?

ÜBERSETZERIN 1: Nachdem das Right to Work-Gesetz verabschiedet war, verschickten sie Material an Lehrer und alle möglichen Leute, mit dem Inhalt: So könnt ihr eure Mitgliedschaft

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kündigen. Aber warum haben sie so ein großes Interesse daran, dass Lehrer aus der Gewerkschaft austreten? SPRECHERIN: Um zu verstehen, worauf das Engagement des Mackinac-Centers abzielt, würde es sicher helfen zu wissen, wer diesen Think Tank finanziert. Wer sind die anderen Sponsoren neben der Dow Chemical Company? Und welche Interessen verfolgen sie?

O-TON MICHAEL VAN BEEK: So, we have thousands of different funders, from individuals to foundations to businesses, and we preserve their right to privacy and don’t disclose who they are and allow them to make their decision […]

ÜBERSETZER 2: Also, wir haben viele unterschiedliche Spender, Einzelpersonen, Stiftungen, Unternehmen, und wir schützen deren Recht auf Verschwiegenheit. Wir geben nicht bekannt, wer das ist. Sie sollen das, selbst entscheiden.

SPRECHERIN: Und warum wollen die Spender nicht genannt werden?

O-TON MICHAEL VAN BEEK: Publicly? Uhm, I don’t know? I don’t think there is a single reason why…[...] But there might be some donors who don’t want that. But, yeah, I don’t know the exact the exact reason…I guess you’d have to ask them.

ÜBERSETZER: Öffentlich? Also, ich weiß nicht? Ich glaube, es gibt keinen bestimmten Grund. … da müssten Sie die selbst fragen.

SPRECHERIN: Nur, wen soll ich fragen, wenn die Spender nicht bekannt gegeben werden? Immerhin einige Spender lassen sich durch die Steuerformulare des Internal Revenue Service – der US Steuerbehörde – identifizieren. Von ihnen war zwischen 2001 und 2010 die Dow Foundation mit über 3 Millionen Dollar der größte Sponsor, gefolgt von einer langen Reihe konservativer Stiftungen. Darüber hinaus hat das Mackinac Center große Summen über den Donors Trust und den Donors Capital Fund erhalten. Beide Fonds nehmen Spenden von Einzelpersonen und Stiftungen entgegen, und verteilen diese im Auftrag der Spender weiter – ohne deren Namen zu nennen. Hauptspender beider Fonds sind die Koch-Brüder, die Multi-Milliardäre, die tatkräftig ihre republikanische Agenda verfolgen. Bei meinen Recherchen nennen sämtliche Gesprächspartner aber noch einen weiteren Namen:

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Stimmen durcheinander:

O-TON RICH BLOCK: We think it’s the Koch brothers, we think it’s the DeVos, but we don’t know for sure. O-TON DAVID CRIM: Across the country, the Koch brothers is a major funder… and of course, here in Michigan, we have the DeVoses. O-TON MICHELLE KAMINSKI: ...what really pushed it forward in Michigan, was one family, the DeVos family…. O-TON DON RIEGLE: ...the DeVos family is probably the single biggest contributors of Republican money in the 10s of millions... O-TON DAVID HECKER: ...the overwhelming majority of what you don’t know are Koch brothers, the DeVos family...

SPRECHERIN: Die konservative Familie DeVos aus Grand Rapids, Michigan, hat mit dem Unternehmen Amway ein riesiges Vermögen angehäuft. Amway verkauft Haushaltsprodukte und Kosmetik über ein Direktverkaufssystem, das darauf basiert, dass jeder Verkäufer weitere Verkäufer rekrutiert, und jeder Neueinsteiger in teure Fortbildungen investiert. Die versprochenen Gewinne bleiben meist aus, die Mehrheit der Verkäufer bleibt im Minus. Als Amway Ende der 70er Jahre verklagt wurde, weil sein Geschäftsmodell einem illegalen Pyramidensystem entspreche, wies die US Handelskommission die Klage zurück. Amway musste lediglich eine Strafe wegen unrealistischer Gewinnversprechen bezahlen.

ATMO: ARTPRIZE MICHAELA OBERLANDER: You see in the painting, on the left hand side, there is a young woman cringing away from Harvey Weinstein. She is shrinking away from him, he’s got his hand in a possessive way on her…

SPRECHERIN: In Grand Rapids, der Heimatstadt von Dick und Betsy DeVos, findet seit 2008 im September der ArtPrize statt. 2018 stellten über 1400 Künstler an rund 165 Ausstellungsorten über 1260 Kunstwerke aus. Hauptsponsor des Großevents ist Amway. Mehrere Stiftungen der DeVos-Familie helfen ebenfalls bei der Finanzierung.

O-TON TEILNEHMERIN ARTPRIZE: I follow Rick DeVos on Twitter. He’s the guy who came up with the concept for this. I think it’s fantastic that he is parlaying his family’s money from the Amway Corporation into supporting the arts, and it’s made Grand Rapids a much better community […]

ÜBERSETZERIN 2: Ich folge Rick DeVos auf Twitter. Er hat sich das Konzept ausgedacht. Ich finde es fantastisch, dass er das Geld von Amway für die Kunst einsetzt. Das macht aus Grand Rapids eine viel schönere Stadt.

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O-TON BESUCHERIN ARTPRIZE: I grew up in Grand Rapids, […] it’s where everybody would come shopping, and then it just died out, I think with the malls, it totally changed our city […] You know, there was no reason to come here. And now, I think the DeVos family gives so many people reasons to come, not just with Artprize, but, you know, the restaurants, and entertainment, and the bars…

ÜBERSETZERIN 1: Ich bin in Grand Rapids aufgewachsen. Alle kamen früher zum Shoppen hierher… und dann ist sie einfach ausgestorben, wegen der Malls… das hat die Stadt total verändert. Es gab keinen Grund mehr, hierher zu kommen. Und jetzt schafft die DeVos-Familie so viele Anlässe, wiederzukommen. Nicht nur ArtPrize, auch die Restaurants, die Unterhaltung, die Bars…

SPRECHERIN: Und das politische Engagement der DeVos Familie? Ich frage einen Besucher vor der Halle.

O-TON BESUCHER ARTPRIZE: To tell you the truth, I don’t care about their politics. They seem to be focused on the community regardless of people’s politics. That’s kind of the way I am, too.

ÜBERSETZER 2: Um ehrlich zu sein, ist mir ihre Politik egal. Sie konzentrieren sich auf die Gemeinschaft, unabhängig von politischen Einstellungen. Das finde ich auch richtig so...

O-TON MICHELLE KAMINSKI: […] Betsy DeVos is now secretary of education under Donald Trump, and her husband Dick DeVos had run for governor in Michigan and lost very very badly. But he really wanted Michigan to be a right to work state, and he told the Republican office holders in the State Senate and the State House, that if they didn’t vote with him, he would basically throw them out of office by running someone against them in the Republican Party and ensuring that they would lose. And putting the money behind it. And because he had done that to other Republicans before, people kind of believed it. […] the labor movement thought that they had enough allies in the Senate, the State Senate, that this would not come to a vote, but the DeVos political machine got to him and he said: I’m sorry, you know, I’ll lose my career if I support you.

ÜBERSETZERIN 1: Betsy DeVos ist jetzt Bildungsministerin unter Donald Trump, und ihr Mann Dick DeVos hat als Gouverneur kandidiert, und haushoch verloren. Aber er wollte unbedingt, dass Michigan ein Right to Work-Staat wird, also sagte er den Republikanern im Senat und im Repräsentantenhaus von Michigan: Wenn sie nicht dafür stimmten, würde er sie aus dem Amt befördern. Bei der nächsten Wahl würde er Gegenkandidaten bei den Republikanern aufstellen lassen und dafür sorgen, dass sie ihnen unterliegen. Er würde das finanzieren. Und weil er das bei anderen Republikanern schon praktiziert hatte, waren die Leute bereit, das zu glauben. Die

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Arbeiter-Bewegung dachte, sie hätte genug Verbündete im Senat von Michigan, so dass das Gesetz nicht durchgehen würde. Aber die politische Maschine der DeVos-Familie arbeitete erfolgreich, und dann hieß es: Sorry, aber wenn ich euch unterstütze, ist meine Karriere am Ende.

SPRECHERIN: In einer sogenannten Lame Duck Session, wie die wenig motivierten Sitzungen des Senats zwischen zwei Legislaturperioden genannt werden, wurde das Right to Work-Gesetz verabschiedet. Was erhoffen sich die DeVos-Familie und die anderen Spender des Mackinac Center von der Einführung der Right to Work-Gesetze? Warum liegen sie ihnen so am Herzen?

O-TON MICHELLE KAMINSKI:

The thing about right to work, although it’s phrased in terms of the individual freedom, which has a real appeal across the American electorate, it’s really about weakening unions, it’s entirely about taking away the financial resources that support unions, encouraging more and more people to drop out, in the hope eventually unions will disappear.

ÜBERSETZERIN 1: Obwohl Right to Work so formuliert ist, als ginge es hier um individuelle Freiheit, was in den USA immer eine große Wirkung hat, geht es eigentlich darum, die Gewerkschaften zu schwächen. Es geht allein darum, ihnen die finanziellen Ressourcen zu entziehen, und die Leute zum Austritt zu ermutigen – in der Hoffnung, dass die Gewerkschaften irgendwann verschwinden.

SPRECHERIN: Was Michelle Kaminski sagt, ist mehr als eine Vermutung. Bereits 2011 schrieb ein Mitarbeiter des Mackinac Center in einer publik gewordenen Email an einen Abgeordneten: „Unser Ziel ist es, kollektives Verhandeln im öffentlichen Sektor in Michigan zu verbieten, das heißt: Keine MEA mehr.“ MEA ist die Lehrer-Gewerkschaft „Michigan Education Association“. Warum die Gewerkschaften den Konservativen ein Dorn im Auge sind und ihre Politik darauf abzielt, sie zu schwächen, hat mehrere Aspekte: Einer liegt auf der Hand. Sie sorgen für höhere Löhne, weshalb sich Unternehmen und Gewerkschaften überall auf der Welt als politische Gegner gegenüberstehen. Weniger offensichtlich ist, warum ausgerechnet die Gewerkschaften des öffentlichen Sektors im Kreuzfeuer marktliberaler Politik stehen. David Crim, der Sprecher der Michigan Education Association, eine der beiden großen Lehrergewerkschafen in Michigan.

O-TON DAVID CRIM: […] with the decline of the auto industry and the number of auto workers and union members, the MEA, the teachers and education employee union, has become the strongest union here in Michigan. Politically that was a problem for the corporations and the Republicans who are supported by those corporations. So, passing right to work 6 years ago, they thought for sure would destroy this union, and the political opposition that we present to the Republicans.

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ÜBERSETZER 1: Mit dem Rückgang der Autoindustrie und der Zahl der Arbeiter und Gewerkschaftsmitglieder, wurde die MEA, die Gewerkschaft für Lehrer und Erzieher, die stärkste Gewerkschaft hier in Michigan. Politisch war das ein Problem für die Unternehmen und die Republikaner, die von den Unternehmen unterstützt werden. Und als vor 6 Jahren das Right to Work-Gesetz kam, dachten sie, das würde die Gewerkschaften und damit unsere Opposition gegen die Republikaner zerstören.

ATMO: AUTOFAHRT MIT NAVIGATIONSANSAGE DETROIT

ATMO: RED FOR ED WALK We’re just out trying to get people to vote in November for Gretchen Whitmer… Vote? Yes!

I’m going to vote. Awesome, fantastic! [...] Don’t forget, Jeremy Moss, your neighbor is running…[...] Would you be interested in volunteering, making some calls? No…

SPRECHERIN: In Southfield, einem Stadtteil von Detroit, haben sich Mitglieder der Michigan Education Association verabredet, um sich auf den Wahlkampf 2018 vorzubereiten. Sie gehen von Tür zu Tür. Gordon Lafer ist Professor für politische Ökonomie an der University of Oregon. In seinem Buch „The One Percent Solution. How Corporations Are Remaking America One State at a Time“ untersucht er, wie die Interessen einiger Mega-Konzerne die politische Agenda in den Vereinigten Staaten bestimmen. Ich erreichte ihn in Portland, Oregon nur telefonisch:

O-TON GORDON LAFER: [...] the labor movement, and very importantly, the public sector labor movement is the main political opposition to the corporate lobbies, even though the labor movement is a lot smaller and weaker than it was decades ago. So, some of it is to get them out of the way as political opposition. Some of it is because they think, more or less correctly, that the labor unions, the public sector labor unions donate money to the democrats, and the corporate interests tend to be allied with the Republicans, so they just want to get money away from their political opposition. In other cases, because they want to privatize services, and their companies tend to make a lot of money privatizing public services, and the public employee unions are the biggest defenders of public services.

ÜBERSETZER 1: Die Gewerkschaftsbewegung im öffentlichen Sektor ist die größte politische Opposition gegen die Konzern-Lobbies, auch wenn sie viel kleiner und schwächer ist als vor einigen Jahrzehnten. Also geht es darum, diese Opposition aus dem Weg zu räumen. Aber auch, weil die Gewerkschaften Geld an die Demokraten spenden, während die Unternehmensinteressen meist von den Republikanern vertreten werden – sie wollen also der Opposition den Geldhahn abdrehen. Auf der anderen Seite wollen sie Dienstleistungen privatisieren, denn mit der Privatisierung

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öffentlicher Dienste verdienen Unternehmen sehr viel Geld. Und die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes sind die größten Verteidiger öffentlicher Dienstleistungen.

SPRECHERIN: Sagt Gordon Lafer. Dass das Right to Work Gesetz sich letzten Endes auf den politischen Einfluss der Gewerkschaften auswirkt, daraus macht auch Ben DeGrow, der Director of Education Policy am Mackinac Center, keinen Hehl:

O-TON BEN DEGROW: Between 2012 and 2016 the teachers’ unions ability to spend on politics, or the amount of money they are spending on politics has declined by about half. So, not sure how much of that is entirely attributed to the right to work, but to some extend it has to be, because their revenues decrease, as the number of people who were involuntarily paying fees to the union decline, so do the revenues.

ÜBERSETZER 2: Zwischen 2012 und 2016 sind die Möglichkeiten der Gewerkschaften, in Politik zu investieren, etwa um die Hälfte zurückgegangen. Ich bin nicht sicher, ob das nur auf das Right to Work zurück geht, aber zumindest teilweise muss es so sein, denn ihre Einnahmen schrumpfen, die Anzahl derer, die gezwungenermaßen Beiträge bezahlen, geht zurück, und damit auch ihre Einnahmen.

ATMO RED FOR ED WALK Hi! How are you? […] I am Ken Ferguson. Pleased to meet you. Nice to meet you. Thanks for coming out today, and can I interest you in a shirt? Especially if you’re walking around doing some canvassing, we’d love to… A large I guess. Ok, they’re wearing a little bit small, so, large is good. Here we go. It’s your gift for today.

O-TON CASSENIA So, good news is: We have an awesome slate of candidates this year. […] Bad news is that Donald Trump and the Republicans are still in power, and we’ve lost the possibility to vote straight ticket. So, it’s really important that we tell people that they’re gonna, to go out and vote and go out and vote for Democrats.

ÜBERSETZERIN 2: Die gute Nachricht: Wir haben eine fantastische Liste mit Kandidaten. Die schlechte Nachricht: Donald Trump und die Republikaner sind immer noch an der Macht, und wir können nicht mehr nur mit einem Kreuz für die Demokraten stimmen. Deshalb ist es wirklich wichtig die Leute aufzufordern wählen zu gehen, und die Demokraten zu wählen.

O-TON DEBORAH SCALES I have been an instrumental music teacher fortunate to have been able to teach instrumental music for my entire 35-year career of being an instructor, cause often

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times those positions are cut or reduced, and the students need the fine arts to ensure that they have a complete, well-rounded education. As a child, my family moved to Detroit when I was 11 years old of age for a better educational opportunity, and it was fabulous at that time. I had a choice between 2 languages in Junior High School, I had a choice between French or Spanish, I chose Spanish, nowadays it’s a rarity, I can’t speak for other school districts, but it’s a rarity in the Detroit district to have a foreign language available to students in all the schools in middle school.

ÜBERSETZERIN 1: Ich war Musiklehrerin, ich hatte das Glück, während meiner ganzen 35-jährigen Laufbahn Instrumental-Unterricht zu geben. Denn diese Stellen werden oft eingespart. Aber die Schüler brauchen auch die künstlerischen Fächer, damit sie eine komplette, abgerundete Schulbildung erhalten. Meine Familie zog nach Detroit als ich 11 Jahre alt war, um bessere Chancen für uns Kinder zu bekommen, und

damals war es wunderbar. Ich hatte die Wahl zwischen 2 Sprachen in der Junior Highschool. Ich konnte zwischen Französisch und Spanisch wählen und entschied mich für Spanisch – heute ist es eine Seltenheit im Bezirk Detroit, dass überhaupt Fremdsprachen angeboten werden.

O-TON DAVID HECKER Throughout the country… I’ll just talk about Michigan, the attacks on educators have been unbelievable. Over the last 8 years of the Republican control of State Government, certain subjects of bargaining we can no longer bargain. We can no longer bargain discipline and discharge, we can no longer bargain teacher evaluations. For teachers seniority really means very little now. Teacher tenure has been, is still there, but totally, totally undermined. Paying dues in the K12 system, there is no longer a payroll deduction of dues, we have to do it otherwise, through a bank account, or through a credit card, writing a personal check.

ÜBERSETZER 2: Reden wir über Michigan. Die Angriffe auf das Lehrpersonal sind unglaublich. In den letzten 8 Jahren, in denen die Republikaner an der Regierung sind… Bestimmte Belange dürfen wir nicht mehr aushandeln. Wir dürfen über Strafmaßnahmen und Entlassungen nicht mehr verhandeln, ebenso wenig über die Evaluation der Lehrer. Berufserfahrung spielt kaum noch eine Rolle. Die Möglichkeit der Festanstellung wurde ausgehöhlt. Wir können die Beiträge nicht mehr direkt vom Gehalt abziehen, wir brauchen eine Überweisung oder Kreditkartenzahlung, oder einen Scheck.

SPRECHERIN: David Hecker, Präsident der zweiten großen Lehrergewerkschaft im Bundesstaat, des Michigan-Ablegers der American Federation of Teachers. Doch der Einfluss der Lehrergewerkschaften wirkt sich nicht nur auf die Arbeitsverträge aus. Es geht auch um ihre Stimme in der Bildungspolitik. Ben DeGrow vom Mackinac Center erklärt den Zusammenhang zwischen Right to Work und Bildungspolitik so:

O-TON BEN DEGROW …the things that we know about outcomes of unionization are, they tend to make the cost of education more expensive, people call that the rent-seeking theory of union

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impacts. So, they argue for policies that pay individual teachers more, or make class sizes smaller, which necessitates hiring more teachers. They tend to make the cost of education more expensive. But most research tends to show that … does not add value or outcome for students’ learning.

ÜBERSETZER 1: ... wir wissen, dass Gewerkschaften die Kosten für Bildung in die Höhe treiben. Sie argumentieren für eine Politik, die Lehrer besser bezahlt, für reduzierte Klassengrößen, wozu man mehr Lehrer einstellen müsste. Aber ein Großteil der Forschung zeigt, dass sich die Qualität der Bildung dadurch nicht verbessert. SPRECHERIN: Die Gewerkschaften sollen also geschwächt werden zugunsten eines kostengünstigeren Bildungssystems - ohne qualitative Verluste?

O-TON BETSY DEVOS Just the other week, the American Federation for Teachers tweeted at me. Can you please put it up on the screen?… I think you should see this. „Betsy DeVos says: Public should invest in individual students. NO, we should invest in a system of great public schools for all kids.“ I couldn’t believe it when I read it. But you have to admire their candor. They’ve made it clear that they care more about a system that was created in the 1800s, than they care about individual students. They are saying that education is not an investment in individual students. And they are totally wrong. [Applaus…]

ÜBERSETZERIN 2: Erst letzte Woche hat die American Federation of Teachers über mich getweetet… „Betsy DeVos sagt: Öffentliche Schulen sollten in individuelle Schüler investieren. NEIN, wir sollten in ein System investieren, das allen Kids hervorragende öffentliche Schulen bietet.” Ich konnte es kaum glauben. Man muss ihre Offenherzigkeit bewundern. Sie sagen frei heraus, dass ihnen ein System, das aus dem 19.Jahrhundert stammt, wichtiger ist, als individuelle Schüler. Sie sagen, dass Bildung keine Investition in individuelle Schüler ist. Und da liegen sie vollkommen falsch.

SPRECHERIN: Betsy DeVos in einer Rede vor der Lobby-Organisation ALEC im Juli 2017 in Denver. Die andere, die „richtige“ Agenda, die Betsy DeVos den von ihr sogenannten „Verteidigern des Status Quo“ entgegenstellt, und die auch vom Mackinac Center propagiert wird, geht auf Ideen des Ökonomen Milton Friedman zurück. Der glaubte bereits in den 50er Jahren auch im Bildungssektor an die heilsame Kraft des Marktes. Durch die Privatisierung der Bildung sollte Wettbewerb entstehen und die Qualität verbessert werden. Dazu schlug Friedman zwei Instrumente vor: Voucher-Programme und die schrittweise Ersetzung der öffentlichen Schulen durch Charter-Schulen. Sogenannte Voucher – also Gutscheine – können von den Schülern bzw. Ihren Eltern eingelöst werden, um die Gebühr einer Schule ihrer Wahl zu bezahlen – gegebenenfalls anteilig, wenn die Schulgebühr höher ist als der Wert des Vouchers. Dabei soll es keine Rolle spielen, ob es eine öffentliche oder private Schule ist, auch Heimunterricht, und sogar Online-Unterrichtsprogramme sind

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zulässig. Charter-Schulen wiederum sind privat gemanagte Schulen, die aber nicht mit Vouchern, sondern direkt durch staatliche Gelder finanziert werden. In beiden Fällen sind die Gelder an die einzelnen Schüler gebunden.

O-TON GORDON LAFER: ...what there is very strong evidence is that the cost of that is year after year of cuts and services to the 70% of students who remain in public schools, because they are bleeding the public system to fund this continual expansion of private schools paid for by public dollars. So they keep having bigger class sizes, they cut the number of nurses, they cut the number of social workers, they cut the sports, they cut all kinds of programs in the public schools.

ÜBERSETZER 1: Es gibt sehr starke Belege dafür, dass dies Jahr um Jahr auf Kosten von 70% der

Schüler geschieht, die an öffentlichen Schulen verbleiben müssen, denn das öffentliche System wird ausgeblutet, zugunsten einer Expansion privater Schulen, die durch Steuergelder finanziert werden. Das führt zu größeren Klassen, weniger Hilfslehrern, weniger Sozialarbeitern, Sportunterricht wird gekürzt und alle anderen Angebote an öffentlichen Schulen auch.

SPRECHERIN: Verlässt ein Schüler eine öffentliche Schule, um an eine private zu wechseln, fallen damit auch die Zuschüsse für sie weg. Sinkende Schülerzahlen führen deshalb zu spürbaren finanziellen Einbußen.

O-TON GORDON LAFER: This ends up being a huge transfer of public money to private schools, both religious and secular schools, and there is no, it bankrupts over time the public school system, with no evidence whatsoever that it improves education.

ÜBERSETZER 1: Das führt zu einem gewaltigen Transfer von öffentlichem Geld zu privaten Schulen, sowohl religiösen als auch säkularen. Und dieser Transfer treibt mit der Zeit das öffentliche Schulsystem in den Bankrott, ohne irgendwelche Belege, dass dadurch die Bildung verbessert würde.

SPRECHERIN: Weil sie den Transfer von Steuergeldern an private Unternehmen durchschauen, sind viele Amerikaner gegen Voucher. Deshalb wurde das Konzept als „School Choice“ umgelabelt – das soll suggerieren, das Eltern die Wahl haben.

SPRECHERIN: Um die Leistungsfähigkeit von öffentlichen Schulen zu messen, werden immer mehr standardisierte Tests und Lehrer-Evaluationen eingesetzt

SPRECHERIN: Die Testergebnisse öffentlicher Schulen sollen als Begründung dafür herhalten, dass öffentliche Schulen geschlossen und durch private ersetzt werden müssen. Private

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Schulen und Charterschulen wiederum sind nicht zur Durchführung solcher Tests verpflichtet.

SPRECHERIN: Die politischen Bemühungen, öffentliche Schulen durch Charter-Schulen zu ersetzen, sind nicht neu. Bereits unter der Clinton-Regierung wurde 1994 das nationale Charter Schools Program - kurz CSP - ins Leben gerufen. Dieses belohnte Bundesstaaten, die die Gründung von Charter-Schulen förderten, mit staatlichen Zuschüssen. Auch die Obama-Regierung bot denjenigen Staaten finanzielle Anreize, die öffentliche Schulen mit schlechten Testergebnissen in Charter-Schulen umwandelten.

O-TON GORDON LAFER: The corporate lobbies mostly line up with the Republican party, and that’s the party

that has been kind of carrying their agenda, but it’s not because they are cheerleaders for the Republican party, they really don’t care about parties, they care about their agenda.

ÜBERSETZER 1: Die Unternehmenslobby ist meist auf einer Linie mit den Republikanern, denn das ist die Partei, die ihre Agenda trägt, aber das heißt nicht, dass sie Cheerleader der Republikaner sind. Parteien sind ihnen egal, es kommt nur auf ihre Agenda an.

SPRECHERIN: Inzwischen gibt es über 6500 Charter-Schulen in den USA, in die insgesamt über 20 Billionen Dollar Steuergelder jährlich fließen, davon 1 Milliarde in Michigan. Zahlreiche Studien in unterschiedlichen Bundesstaaten konnten bis jetzt nicht belegen, dass die Unterrichtsqualität an Charterschulen höher ist als an öffentlichen. Das Mackinac Center hält jedoch an seiner Position fest, und argumentiert weiterhin gegen eine stärkere Regulierung. Auch am Widerspruch zwischen der Philosophie des freien Marktes einerseits und der massiven staatlichen Subventionierung der privaten Schulen andererseits, scheint sich niemand zu stören. Schon bevor sie ihr Amt als Bildungsministerin antrat, setzte sich Betsy DeVos jahrzehntelang für die Bildungsreform in Michigan ein. Sie hat dazu beigetragen, dass die School Choice-Agenda hier besonders erfolgreich war. Seit 2016 arbeitet DeVos in ihrem Amt als Bildungsministerin daran, die Choice-Agenda weiter voranzutreiben: Während 2018 das Budget für die Bildung insgesamt stark gekürzt wurde, sollten 517 Millionen Dollar ausgegeben werden, um Charterschulen und Voucher-Programme zu fördern.

O-TON GORDON LAFER: I think what really makes sense of it unfortunately, is a drive to completely destroy the public schooling, to privatize public schooling and to put us back to where we were 100 years ago, where the children of rich people will get high quality education in small classes with experienced teachers who get to know them personally. And everybody else will get a dumb-down stripped-down version of education by inexperienced high-turnover teachers, or by digital applications and no teachers.

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ÜBERSETZER 1: Was hinter alledem steckt, ist der Versuch, das öffentliche Bildungssystem komplett zu zerstören, und uns wieder dorthin zu versetzen, wo wir vor 100 Jahren waren, wo die Kinder reicher Leute hochwertige Bildung in kleinen Klassen von Lehrern erhielten, die sie persönlich kannten. Und alle anderen werden eine anspruchslose, minimale Version von Bildung bekommen, mit unerfahrenen, wechselnden Lehrern, oder durch digitale Anwendungen, ganz ohne Lehrer.

SPRECHERIN: Interessant ist auch, an wen sich Betsy DeVos in dieser Ansprache im Juli 2017 wandte:

O-TON BETSY DEVOS: It’s really good to be here at ALEC, with so many friends and quality leaders who are

shaping policy across all of our 50 states.

ÜBERSETZERIN 2: Es ist toll, hier bei ALEC zu sein, mit so vielen Freunden und hervorragenden Führern, die die Politik in allen unseren 50 Staaten prägen.

SPRECHERIN: ALEC steht für American Legislative Exchange Council. ALEC bezeichnet sich selbst als die größte überparteiliche Organisation von Abgeordneten, die sich für eine Begrenzung der Regierungsmacht, den freien Markt, und den Föderalismus einsetzen, wie es auf ihrer Homepage heißt. Eine konservative, neoliberale Lobby-Organisation, die nebenbei auch gegen Klimaschutz agiert. Auch sie ist durch Spenden finanziert. Erst als 2010 hunderte von Dokumenten geleakt wurden, bekam die Öffentlichkeit einen Einblick in die Dimension ihrer Aktivitäten: In 9 Task Forces, die hinter verschlossenen Türen zu verschiedenen Politik-Bereichen tagen, werden Gesetzesentwürfe erarbeitet, sogenannte Model Bills. Diese können dann von den Abgeordneten in ihrem jeweiligen Bundesstaat eingebracht und verabschiedet werden. Unter den Mitgliedern von ALEC sind nach eigenen Angaben aktuell 8 aktive Gouverneure, außerdem 20 Prozent der Kongress-Abgeordneten und rund 300 gewählte Amtsträger aus den Bundesstaaten. Um „School Choice” zu realisieren, muss Betsy DeVos nicht die Bevölkerung überzeugen – lediglich den Gouverneur und die Abgeordneten. Und viele von Ihnen sind Mitglieder von ALEC. Der sehr effektive Lobby-Mechanismus von ALEC hatte einen großen Anteil daran, dass Right to Work-Gesetze innerhalb weniger Jahre in 6 Staaten durchgesetzt wurden. Dabei hat die Organisation dafür gesorgt, dass es schwer durchschau bleibt, wer mit ihrer Hilfe Einfluss ausübt. ALEC rühmt sich damit, in 6 Staaten Gesetze verhindert zu haben, die vorschreiben, dass die Namen der Spender von Non-Profit-Organisationen veröffentlicht werden müssen. Wie das Mackinac Center wird auch ALEC in erster Linie durch Spenden von Unternehmen, Stiftungen oder Wirtschaftsverbänden finanziert. ALEC kooperiert auch mit den Think Tanks aus dem State Policy Network – die Modell-Gesetze, die in den ALEC Task Forces erarbeitet werden, werden von den Think Tanks beworben. Lobbyarbeit zu betreiben, bestreitet das Mackinac Center jedoch – es beharrt auf seinem Status als gemeinnützige Non-Profit-Organisation. Weil die von Steuern befreit sind. Dabei gibt es schon lange Hinweise – geleakte Emails und Aufnahmen von Telefonaten – dass die Mitarbeiter

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des Think Tanks direkt mit Abgeordneten in Kontakt stehen, um für die Durchsetzung ihrer Gesetzentwürfe zu werben. Die Lehrergewerkschaft MEA versucht derweil, sich dem Mackinac Center vor Gericht entgegenzustellen:

O-TON DAVID CRIM: In our country, if you're a church, a think tank, other sort of non-profit organization, active in promoting common sort of good, then you're tax-exempt. The Mackinac Center moved beyond anything that a traditional think tank would, into political activities. As such, we don't feel they should have a tax exempt status, and we're still litigating to terminate their tax exempt status, based on the political activities.

ÜBERSETZER: In unserem Land ist man als Kirche, Think Tank oder sonstige gemeinnützige Non-Profit-Organisation von Steuern befreit. Das Mackinac Center hat aber längst die

Grenzen überschritten, in denen ein traditioneller Think Tank arbeitet, und ist politisch aktiv. Deshalb finden wir nicht, dass es den steuerfreien Status behalten sollte, und wir gehen deshalb gerichtlich dagegen vor, wegen der politischen Aktivitäten.

O-TON DON RIEGLE: The basic heartbeat, as I see it coming out with their policy ideas, is that it wants to protect the economic interests of very wealthy people in the society who benefit greatly from the way society is working. And that wouldn’t trouble me if I looked across the society and I saw living standards rising, I saw healthcare in place, I sick people being able to get the cure they need. I saw kids being able to go to college and not end up with a hundred or 200 thousand of student debts that they can’t really afford to have and so forth. If I saw the society as a whole thriving and prospering, then I would say, you know, the ideas are good ones, because they have broad effects, they have broad official effect. What I see instead is something quite different than that. I see their policies having actually quite a narrow effect, they’re beneficial to the people who support the group.

ÜBERSETZER 2: Der Grundton, den ich in den politischen Ideen des Mackinac Center erkenne, ist, dass es die ökonomischen Interessen der sehr Reichen vertritt, die stark davon profitieren, wie unsere Gesellschaft funktioniert. Und das würde mich nicht stören, wenn ich auf diese Gesellschaft blicken würde und sehen könnte, dass der Lebensstandard steigt, dass es eine Gesundheitsversorgung gibt, dass Kranke bekommen was sie brauchen. Wenn Kinder aufs College gehen könnten, ohne auf ein oder zweihunderttausend Dollar Schulden sitzen zu bleiben usw. Wenn die Gesellschaft als Ganzes gedeihen würde, würde ich sagen, das sind gute Ideen, denn sie haben eine breite Wirkung. Aber ich sehe etwas ganz anderes. Ich sehe, dass diese Politik sich nur ganz speziell auswirkt, sie nutzt denjenigen, die den Think Tank unterstützen.

SPRECHERIN: Im Juni 2018 hatte die Right to Work Offensive nach einer Reihe von erfolglosen Vorstößen und Gerichtsverfahren auch auf nationaler Ebene Erfolg. Mark Janus, ein Sozialarbeiter und öffentlicher Angestellter, klagte vor dem Supreme Court gegen

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seine Gewerkschaft, weil er die Pflichtbeiträge nicht bezahlen wollte – und bekam Recht. Damit war auch das Verfahren von Joshua Khon hinfällig. Er muss nun keine Beiträge mehr an die Gewerkschaft bezahlen. ATMO MUNSON NURSES PROTEST What do we want: Contract! When do we want it: Now!...

SPRECHERIN: Wir wollen Verträge! - Jetzt! fordern Demonstranten in Michigan.

O-TON MICHELLE KAMINSKI: Well, in recent years it has been very common and easier for employers to break labor laws, and to do it without any consequences. So, organizing a new union is very very difficult in the United States. And it’s illegal to fire an employee for trying to

form a union, but in one out of five organizing drives, somebody is fired. It’s illegal to threaten to close a plant, if the union is voted in, but that happens in about half of organizing drives, and so, private sector employers in particular use a lot of intimidation factors that create a lot of fear and make it difficult for workers to vote to join a union.

ÜBERSETZERIN 1: In den letzten Jahren ist es immer einfacher für Arbeitgeber geworden, ohne Konsequenzen gegen Arbeiterrechte zu verstoßen. Eine neue Gewerkschaft zu gründen ist dagegen sehr schwierig geworden in den USA. Es ist zwar illegal, jemanden zu feuern, wenn er es versucht, aber in einem von 5 Fällen wird derjenige entlassen. Es ist illegal, mit der Schließung eines Standortes zu drohen, wenn die Angestellten für eine Gewerkschaft im Betrieb sind, trotzdem passiert es in der Hälfte der Fälle. Besonders Arbeitgeber in der Privatwirtschaft versuchen einzuschüchtern, um Angst zu schüren, und es den Arbeitern schwer zu machen, sich in einer Gewerkschaft zu engagieren.

ATMO: MUNSON NURSES PROTEST This is what democracy looks like… We are the union, the mighty mighty union…

SPRECHERIN: Dennoch: In Traverse City, einem Städtchen im konservativen Norden von Michigan, ist im September 2018 etwas Ungewöhnliches im Gange: Mehrere Hundert Menschen haben sich auf dem Rasen in der Nähe des Munson Krankenhauses versammelt. Dagmar Cunningham, eine Deutsche, lebt seit 26 Jahren in Michigan, seit 24 Jahren arbeitet sie als Krankenschwester in der Munson Klinik.

O-TON DAGMAR CUNNINGHAM: Wir sind das Zentrum hier für einen Umkreis von 2-300 Kilometern. Und, sie haben seit 10 Jahren, mit dem Vorwand des wirtschaftlichen Downturns, haben sie die Pensionen weggenommen, die Versicherung ist miserabel, und immer so stückchenweise die Benefits abgeschnitten. Die Kollegen haben die Michigan Nurses Association, das ist unsere Gewerkschaft, eingerufen, haben angefangen mit 8 Leuten in nem Biergarten, 8 Monate später sind wir reingewählt worden mit 1000 Leuten. Dann haben wir unser organization

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bargaining team, Verhandlungsteam, gewählt. Seit Dezember sind wir in Verhandlungen mit dem Krankenhaus, das ist der erste Arbeitsvertrag, den dieses Krankenhaus überhaupt in seiner Existenz je erstellt hat. Natürlich sind die nicht begeistert, die Krankenhausverwaltung. Das ist Corporate America, die versuchen uns kleinzukriegen. [...] Wir verhandeln seit Dezember und kommen überhaupt nicht vorwärts. Und da haben wir die Taktik verändert, und haben die Gemeinde eingeschlossen. Und seit das stattfindet, tut sich was am Verhandlungstisch.

ATMO: MUNSON NURSES PROTEST Nurses United will never be defeated...

SPRECHERIN: Auf der Demo sind auch die Gewerkschaften der Feuerwehr, der Post und der

Tischler vertreten. Sie haben sich solidarisiert. Die Gewerkschaftsgründung des Pflegepersonals ist die größte erfolgreiche Initiative zur gewerkschaftlichen Organisation in Michigan seit der Einführung von Right to Work.

O-TON MICHELLE KAMINSKI: If you ask people in the United States: Would you like to have a union in your workplace, the numbers are surprisingly high, and so, in one national sample, it depends a little bit about how it’s worded, but… in the most pro-union-way, half of workers in general said they would like to have a union if they could, and only 11 percent of the workforce is unionized in the United States.

ÜBERSETZERIN 1: Wenn man die Leute in den Vereinigten Staaten fragt: Würden Sie gerne eine Gewerkschaft an ihrem Arbeitsplatz haben, sind die Zahlen erstaunlich hoch. Es hängt etwas davon ab, wie die Frage formuliert ist, aber etwa die Hälfte der Arbeiter sagen, sie hätten prinzipiell gerne eine Gewerkschaft. Aber nur 11 Prozent der Arbeitskräfte sind in den Vereinigten Staaten gewerkschaftlich organisiert.

ATMO REDE DAVID HECKER RED FOR ED: ...next time you come, you bring somebody else with you, so we knock on 3200 doors...

O-TON DAVID HECKER: But what you also feel, as a result of not just right to work, but a result of, you know, systematic attacks on organized labor, …systematic attacks on public education, is, you’ve seen this in strikes, in Arizona, in West Virginia, in Oklahoma, you know, people are just fed up. Beyond education workers, people are just fed up. And people are, you know, what do we need to do to change this?

ÜBERSETZER 2: Man merkt, die Leute haben die Nase voll. Nicht unbedingt wegen des Right to Work Gesetzes, sondern wegen der systematischen Angriffe auf Arbeiter-Organisationen, der systematischen Angriffe auf das öffentliche Bildungssystem… man sieht das bei Streiks in Arizona, in West Virginia, in Oklahoma. Die Leute haben einfach die Nase

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voll. Nicht nur im Bildungssektor. Die Leute fragen: Was müssen wir tun, um das zu ändern?

SPRECHERIN: Die Erkenntnis, dass die Demokratie von den Interessen der Reichen und Mächtigen gekapert worden ist, hat ironischerweise zur Wahl von Präsident Donald Trump geführt, einem Mann, der durch dubiose Geschäfte reich geworden ist und dessen Reichtum zu seinem Markenzeichen wurde. Notwendig wären Gesetze, die den Lobbyismus einschränken. Ein erster Schritt wäre, das Urteil aus dem Citzens United-Prozess zurückzunehmen, das es Unternehmen erlaubt, unbegrenzt und anonym Geld für Politik zu spenden. Doch mit einer konservativen Mehrheit im Supreme Court ist ein solches Urteil zurzeit nicht zu erwarten.

ATMO: GRETCHEN WHITHMER VICTORY SPEECH

SPRECHERIN: Am 6. November 2018 wurde auch in Michigan gewählt. Seither ist Gretchen Whitmer, eine Demokratin, Gouverneurin. Das Pendel im Swing State ist zurück geschwungen. Whitmer hatte 2012 die Proteste gegen Right to Work unterstützt, und ihr Büro für die Organisatoren der Demos geöffnet. Sie hat angekündigt, das Gesetz in Michigan wieder abzuschaffen. Doch nach dem Urteil des Obersten Gerichts im Fall Janus würde die Abschaffung des Right to Work-Gesetzes in Michigan nur noch für den privaten Sektor gelten. Also nicht für öffentliche Schulen.

ATMO GRETCHEN WHITHMER VICTORY SPEECH: ...Thank you, Michigan, let’s build some bridges!

ABSAGE: Die Kunstrasenstrategie Die Macht rechter Think Tanks in den USA von Julia Hertäg Es sprachen: Marti Beyer, Matthias Leja, Christiane Roßbach, Sebastian Schäfer, Kathrin Hildebrand Ton und Technik: Karl-Heinz Runde und Sabine Klunzinger Regie: Felicitas Ott Redaktion: Wolfram Wessels Eine Produktion des Südwestrundfunks 2019