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Die Leitung kappen So sorgen Führungskräfte für das richtige Maß an Erreichbarkeit und Ruhephasen Das Magazin für Führungskräfte Ausgabe 1/2019 UNTERSCHÄTZTE GEFAHR In vielen Büros beeinträchtigt Lärm die Gesundheit – das ist zu beachten 8 VERKANNTES RISIKO Diese Haftungsrisiken im Arbeitsschutz sollten Führungskräfte kennen 14 VIRTUELLE WELTEN Wie Simulationen Arbeitsplätze sicherer machen 16

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Die Leitung kappen

So sorgen Führungskräfte für das richtige Maß an

Erreichbarkeit und Ruhephasen

Das Magazin für Führungskräfte Ausgabe 1/2019

UNTERSCHÄTZTE GEFAHR

In vielen Büros beeinträchtigt Lärm die Gesundheit – das ist zu beachten 8

VERKANNTES RISIKO

Diese Haftungsrisiken im Arbeitsschutz sollten Führungskräfte kennen 14

VIRTUELLE WELTEN

Wie Simulationen Arbeitsplätze sicherer machen 16

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I M P R E S S U M, 2. Jahrgang, erscheint zweimonatlich, Entgelt für den Bezug der Zeitschrift im Mitgliedsbeitrag enthalten // Internetadresse: topeins.dguv.de //

Herausgegeben von: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV), Vorsitzende des Vorstandes: Manfred Wirsch, Volker Enkerts, Hauptgeschäftsführung: Prof. Dr. Joachim Breuer, Glinkastraße 40, 10117 Berlin, Tel.: 030 13001-0, Fax: 030 13001-9876, E-Mail: [email protected], Internet: www.dguv.de, Umsatzsteuer-Identifikationsnummer: DE123382489, Vereinsregister-Nr. VR 751 B beim Amtsgericht Charlottenburg // Redaktionsbeirat: Jens Ackermann, Renate Bantz, Gregor Doepke, Julia Fohmann, Karsta Herrmann-Kurz, Prof. Dr. Frauke Jahn, Dirk Lauterbach, Ralf Michaelis, Ina Neitzner, Michael Quabach, Rike Schmickler-Bouvet, Manfred Sterzl, Dr. Ronald Unger, Dr. Martin Weber, Dr. Thorsten Wiethege, Christiane Witek, Dr. Monika Zaghow, Holger Zingsheim, Klaus Zweiling // Leserservice: [email protected]. Bitte geben Sie bei Adressände-rungen, Abbestellungen etc. möglichst Ihre Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse an. // Verlag: CW Haarfeld GmbH, Luxemburger Str. 449, 50939 Köln, www.cwh.de // Chefredaktion: Stefan Boltz (verantwortlich), Kathrin Baltscheit (Stellvertretung), DGUV // Redaktion: Kai Stiehl (Redaktionsleiter), Markus Fischer, Lena Markmann, Manuela Müller, Maren Zeidler // Druck: Print- und Medienproduktion Hamburg GmbH, Moorfleeter Deich 312 a, 22113 Hamburg // Grafisches Konzept: CW Haarfeld GmbH // Titelbild dieser Ausgabe: Thomas Walloch // Stand dieser Ausgabe: 23.01.2019 // Die nächste Ausgabe erscheint am 04.04.2019.

I N H A LT

– machen Sie Sicherheit und Gesundheit zu Ihrem Tagesordnungspunkt Nummer eins.

Die Arbeitswelt der Zukunft wird anders aus-sehen als heute. Sie wird (noch) digitaler, flexibler und vernetzter. Doch wird sie auch besser sein? Werden die Menschen selbst-bestimmter und gesünder arbeiten?

Das sogenannte „Arbeiten 4.0“ ist Trend, Verheißung und Herausforderung gleicher-maßen. betrachtet kritische As-pekte der Arbeit der Zukunft in einer neuen Serie. Zum Start geht es um das allgegen-wärtige Thema Erreichbarkeit. Dank Smart-phone und Laptop sind mehr und mehr Beschäft igte auch außerhalb ihrer Arbeits-zeit erreichbar. Studien haben ergeben, dass eine hohe Erreichbarkeit psychische Krankheiten begünstigen kann, zumindest löst sie jedoch Stress aus. Führungskräfte haben hier eine besondere Vorbildfunktion: Ihr Verhalten im Umgang mit E-Mails, mit Erreichbarkeit generell, setzt oft die Messlatte für die Beschäftigten. Dafür müssen Führungskräfte eine klare Haltung zur Erreichbarkeit entwickeln und diese dann auch umsetzen – durch Regeln, Gespräche und durch das eigene Verhalten.

Wie Führungskräfte vorbildlich handeln können und welche Möglichkeiten es gibt, Erreichbarkeit zu dosieren, erfahren Sie in unserer -Titelgeschichte ab Seite 4.

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L Ä R M I M G R O S S R A U M B Ü R O

Warum der Geräuschpegel im Büro so gefährlich sein

kann und welche Lösungen es gibt

E M P F O H L E N ZU M . . . Seite 9

R ECH T L I CH E U P DAT ESSeite 1 3

H A FT U N G: DA S V E R K A N N T E R I SI KO

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I M B L I CK: SI T Z E N A L S G ES U N D H E I TS G E FA H R

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H AU SM E I ST E R I N CO N N Y KO M M E N T I E RT:

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AU F D E N P U N K TG E B R ACH T: SI N D D I G I TA L E

A R B E I TSP L ÄT Z E B ES O N D E R S E I N ZU R I CH T E N?

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G E F A H R E R K A N N T , G E F A H R G E B A N N T

Arbeitsmedizinische Vorsorge ist nicht nur Pflicht. Beschäftigte, Führungskräfte und Betriebe profitieren

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Beschäftigte sollten den täg lichen Sitzmarathon häufiger unterbrechen. Lange körperliche Inakti-vität, die jeder zweite Arbeitsplatz in Deutschland

mit sich bringt, ist ungesund – so viel steht fest. Wie Be-triebe und Führungskräfte am besten gegensteuern kön-nen, ist dagegen noch nicht klar. Was die beste Herange-hensweise ist, wird durchaus kontrovers diskutiert: Sind höhenverstellbare Schreibtische für alle Beschäftigten sinnvoll? Machen Ergometer am Arbeitsplatz wirklich fitter oder lenken sie von der Arbeit ab? Und reicht nicht auch der regelmäßige Gang zur Kaffeeküche oder ein Fas-zientraining am Feierabend? Antworten auf diese Fragen gibt die Übersichtsstudie der Bundesanstalt für Arbeits-medizin und Arbeitsforschung namens „Interventionen am Arbeitsplatz, die zur Veränderung des Sitzverhaltens anregen“. Auch aktuelle Forschungsergebnisse der ge-setzlichen Unfallversicherung zeigen die Ausmaße der Bewegungsarmut am Arbeitsplatz und geben Hilfestel-lung (Tipps für Bewegung bei der Arbeit s. a. Seite 21).

baua.de > „Interventionen zum Sitzverhalten“

dguv.de > Webcode d1159619

E in Zusammenstoß mit der U-Bahn auf dem Heimweg ist kein Wege-

unfall, wenn dabei telefoniert wird. So entschied zumindest das Sozialgericht Frankfurt am Main. Eine Hotelfachangestellte hatte auf dem Weg vom Arbeitsplatz nach Hause mit dem Handy tele-foniert, als sie einen unbeschrankten Bahnübergang überquerte und sowohl das Rotlicht als auch die heran-nahende Bahn übersah. Sie erlitt schwere Kopfverlet-zungen, die eine monatelange stationäre Behandlung nach sich zogen. Videoaufzeichnungen und Zeugen-aussagen ergaben, dass die Frau zum Zeitpunkt des Unfalls mit dem Handy telefonierte. Daraufhin lehnte es die zuständige Berufsgenossenschaft (BG) ab, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die Hotelan-gestellte legte Klage ein. Das Sozialgericht Frankfurt gab der BG Recht und wies die Klage ab: Zwar sei die Klägerin auf dem Weg nach Hause gewesen, der nicht versicherte Vorgang des Telefonierens habe aber überwogen und die Frau vom Verkehrsgeschehen ab-gelenkt. Dies habe maßgeblich zum Unfall geführt.

dejureorg.de > Aktenzeichen S 8 U 207/16

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F ührungskräfte haben Vorbildfunktion. Eine Untersuchung der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie zu Muskel- und Skeletterkrankungen (MSE) ergab, dass die Betriebsbesich-

tigung und Beratung von Aufsichtspersonal der Unfallversicherungs-träger in Betrieben mit Arbeitsschutzmängeln zu Verbesserungen in allen MSE-relevanten Bereichen führt. In einem Zeitraum von fünf Jahren wurden 13.000-mal Betriebe besucht. Weitere Erkenntnis der Studie: Für eine erfolgreiche Prävention von MSE kommt es sowohl auf die Verhältnisse und Strukturen im Betrieb als auch auf das individuelle Verhalten der Beschäftigten an. Eine besondere Rolle kommt dabei den Führungskräften zu: Le-ben sie ein positives Präventionsverhalten vor, erzielen Unternehmen in allen MSE-rele-vanten Bereichen deutlich bessere Ergebnisse.

gdabewegt.de > Presse

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SE R I E A R B E I T E N 4.0

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Die Arbeitswelt der Zukunft wird anders aussehen als heute. Sie wird (noch) digita-ler, flexibler und vernetzter. Doch wird sie auch besser sein? Werden die Menschen selbstbestimmter und gesünder arbeiten? Arbeit ist von Anbeginn konstantem Wandel unterzogen. Doch eine Entwicklung hat sie in den letzten Jahren besonders geprägt und verändert: die Digitalisierung. Einst machte die Dampfmaschine aus in der Landwirtschaft Tätigen Industrieschaffende; heute werden Beschäftigte durch Robotik, IT- und Kommunikationstechnologie ersetzt. Der Begriff „Arbeiten 4.0“ legt den Fokus – anders als der Begriff „Industrie 4.0“ – auf die neuen Arbeitsverhältnisse und Arbeits-formen, auch außerhalb der Industrie. Diese neuen Arten von Arbeit bergen Chan-cen und Risiken für die Beschäftigten und stellen gleichzeitig das soziale Sicherungs-system auf die Probe.

betrachtet im Jahr 2019 das Thema Arbeiten 4.0 genauer – in jeder Ausgabe wird ein anderer Aspekt der neuen Arbeits-welt vorgestellt: „Erreichbarkeit“, „flexibles Arbeiten“, „neue Technologie“, „Führen auf Distanz“, „Demografischer Wandel“ sowie „Zeit- und Leistungsdruck“. Im Jahresver-lauf werden nicht nur die Vor- und Nachteile beleuchtet. Vielmehr rücken die Ideen in den Blickpunkt, wie Führungskräfte mit den neuen Entwicklungen umgehen können.

Start der Serie„Arbeiten 4.0“ On-/ Off-

Beziehung

SerieArbeiten 4.0

Teil 1/6

T H E M A

Erreichbarkeit

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Beim Index „Gute Arbeit“ 2018 des Deutschen Gewerkschaftsbundes gaben 23 Prozent der Befragten an, von ihnen werde oft oder sehr oft

erwartet, dass sie außerhalb der Arbeits-zeit ständig erreichbar seien. Doch ständige Erreichbarkeit gibt es gar nicht, sagt Profes-sor Dr. Dirk Winde muth, Leiter des Instituts für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG). Viel-mehr gehe es um eine entgrenzte Arbeitszeit, wenn nach Feierabend tatsächlich berufliche Mails, Nachrichten oder Anrufe beantwortet werden. Ohne Zweifel gibt es Berufe mit der Notwendigkeit, auch außerhalb der regulären Arbeitszeit verfügbar zu sein. Aber wo dies nicht vertraglich niedergelegt ist, besteht dazu keine Verpflichtung. „Beim Thema Erreichbarkeit muss man trennen zwischen einem gefühlten Zwang und den tatsächlichen Anforderungen“, erklärt Windemuth. „Allein die Vorstellung, dass eine Art ‚Stand-by‘ von ihnen erwartet wird, sorgt bei Beschäftigten für Anspannung.“

Digitale Kommunikation weicht Grenzen aufSowohl Berufliches schwappt in die Freizeit über als auch Privates in die Arbeitszeit. Dank der vielen Kanäle – von Telefon über E-Mail bis hin zu Messenger-Diensten – jonglieren Beschäftigte den ganzen Tag lang einen Mix aus Job- und Privatangelegenheiten. „Diese Flexibilisierung eröffnet Freiheiten“, erklärt Dr. Susanne Roscher, Leiterin des Bereichs Arbeitspsychologie der Verwaltungs-Berufs-genossenschaft (VBG). „Die Vermischung kann jedoch zur psychischen Belastung werden.“ Folgerichtig ist heute nicht mehr von „Work-Life-Balance“ die Rede, sondern von „Work-Life-Blending“.

Ständiger Rollenwechsel braucht EnergieEin Forscherteam analysierte die Smart-phone-Nutzung von 63 Personen in einer Tagebuchstudie. Fazit: Wer häufig beruflich motiviert zum Handy greift, nimmt Anforde-rungen am nächsten Tag als deutlich be-lastender wahr. Denn es kostet viel Energie, zwischen den Sphären Berufstätigkeit und Privatleben hin- und herzuwechseln. Die Stu-die des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung zeigt einmal mehr, dass es belastend ist, nach Feierabend mobil erreichbar zu bleiben. Auch eine Metastudie der Universität Freiburg für die „Initiative Neue Qualität der Arbeit“ legt negative Folgen für die Psyche nahe und zeigt: Wo Erwartungen an Erreichbarkeit geklärt und konkrete Maßnahmen umgesetzt werden, gibt es weniger Erschöpfung.

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Wie wäre es mit echtem Feierabend? Ohne Blicke aufs Smartphone und ohne E-Mails als Bettlektüre? Bevor Arbeitsplätze digital wurden, war dies in den meisten Berufen Normalität. Heute erfordert Arbeiten 4.0 eine klare Haltung zur Erreichbarkeit – wie können Füh-rungskräfte diese Haltung entwickeln und durchsetzen?

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Weniger Belastung durch Erreichbarkeit

Individuelle Maßnahmen Diensthandy und dienstliches E-Mail-Konto

aktiv an- und ausschalten Zeiten für die eigene Erreichbarkeit klären

Teammaßnahmen Eigene Erwartungshaltung zur Erreichbarkeit

besprechen und verbindliche Regeln aufstellen

Betriebliche Maßnahmen Stellvertreterregelungen treffen Rahmenbedingungen setzen, unter anderem

allgemeine Zeiten der Erreichbarkeit definie-ren, Pausen respektieren, Notfallpläne und Erreichbarkeitsleitfaden erstellen

Expertenwissen verbreiten, Ansprechpartner-listen erstellen, Schulungsbedarf klären

E-Mail-Kultur mit klaren Regeln zu Betreff, Versand, Dringlichkeit einführen

Standardvorgehen bei Krankmeldungen ent-wickeln

Erreichbarkeit auch an Dritte, z. B. Kund-schaft, klar kommunizieren.

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Die meisten Unternehmen setzen gar keine LeitplankenDer Umgang von Unternehmen mit Er-reichbarkeit hat sich mit der Ausweitung digitaler Kommunikation entwickelt – nun taucht das Thema auch bei Gefähr-dungsbeurteilungen oder Mitarbeiter-befragungen auf. Auch die am stärksten betroffene Gruppe hinterfragt den Um-gang mit der wachsenden Informations-flut: das Management. Jana Biemelt von der Medical School Hamburg (MSH), die gemeinsam mit der VBG eine Studie zur Erreichbarkeit durchführt, berichtet: „Es gibt Führungskräfte, die teilweise nachts herausgeklingelt werden. Andere haben in ihrem Bereich klare Regeln etabliert und eigene Erwartungen kommuniziert, so dass sie nur in absoluten Notfällen kontak-tiert werden.“ Hier geht es um das Zuteilen von Kompetenzen. Wenn nur eine einzige Person ein Problem lösen kann, ist das weder für sie selbst noch für das Unterneh-men gesund. Biemelt: „Irgendwann muss ein Ausgleich kommen. Ansonsten droht eine emotionale Erschöpfung.“

Sollten die Beschäftigten also ihren Feier-abend wieder ernst nehmen? Dafür gibt es ein klares „Ja“ von allen, die sich mit den gesundheitlichen Auswirkungen von er-weiterter Erreichbarkeit befassen. „Es gibt Maßnahmen auf der persönlichen Ebene wie eine klare Abgrenzung der eigenen Kommunikation“, erklärt Roscher. „Aber das gelingt nur so weit, wie es das betrieb-liche Umfeld zulässt.“

Pauschale Lösungen gibt es nichtDie Ansätze zum Umgang mit Erreich-barkeit kann man nicht verallgemeinern, es gibt aber Stellschrauben, die durch betriebliche Regelungen präzisiert werden können. Was wünschenswert und mach-

bar ist, unterscheidet sich von Betrieb zu Betrieb, sogar von Team zu Team. Das häufige Totschlagargument, die Kund-schaft erwarte ständige Erreichbarkeit, hält einer Überprüfung oft nicht stand (siehe auch Interview). „Vielmehr kommen Fragen der Arbeitsorganisation auf den Tisch“, berichtet Roscher aus den Work-shops der Studie. „Weil sie ihre Aufgaben am Arbeitsplatz nicht erledigen können, nehmen Beschäftigte die Arbeit mit nach Hause.“ Dann ist Erreichbarkeit nur ein Indikator für chronische Überlastung, die organisatorisch gelöst werden muss.Beim Arbeiten 4.0 gilt wie bisher: Vor-gesetzte haben Vorbildfunktion. Wo die Priorität gesunder Betriebe liegt, bringt Windemuth auf den Punkt: „Wer seine Aufmerksamkeit vor allem seinem Smart-phone widmet, gilt längst nicht mehr als Vorbild.“

AUTORIN: Miriam Becker

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Weitere Informationen zum Thema

Zur aktuellen Studie der VBG unter

vbg.de/mitdenken4null iga.Report 23 „Auswirkungen ständi-ger Erreichbarkeit und Präventions-möglichkeiten“

iga-info.de > „iga.report 23“ Ergebnisbroschüre der „Initiative Neue Qualität der Arbeit“ und der Universität Freiburg zum Umgang mit ständiger Erreichbarkeit

erreichbarkeit.eu > Produkte

Erreichbarkeit: Vorgesetzte haben

Vorbildfunktion

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Warum ist Erreichbarkeit bei Ihnen ein Thema?Wir organisieren an die 1.000 Projekte für Betriebliches Gesundheitsmanagement mit bundesweiten Veranstaltungen in Betrieben. Zwangsläufig sind unsere 20 Beschäftigten und einige Freie nicht nur während der üb-lichen Arbeitszeiten unterwegs. Oder die Kunden haben spät abends noch Anliegen.

Wenn am nächsten Tag eine Veranstaltung an-steht, müssen Sie ja erreichbar sein ...?Unser Büro ist von 8 bis 17 Uhr garantiert be-setzt und es gibt eine Notfall-Hotline. Intern stellt das ein Rotationsplan sicher. Wer nicht eingeteilt ist, kann flexibel kommen und gehen. Wir nutzen die positiven Seiten der Di-gitalisierung, indem wir mobile Endgeräte zur Verfügung stellen und viele Freiheiten gewäh-ren. Das ist unseren Beschäftigten wichtig.

Die andere Seite der Medaille?Die meisten haben berichtet, dass sie spät am Feierabend noch einmal E-Mails und Anrufe checken. Deshalb haben wir an der Studie der VBG teilgenommen und Leitlinien zur Erreichbarkeit erarbeitet, unter anderem den rotierenden Telefondienst eingeführt und Zuständigkeiten innerhalb der Projekte breiter verteilt. Meine Beschäftigten wissen zudem, dass ich keine Erreichbarkeit im Urlaub er-warte.

Und wie hat die Kundschaft reagiert?Die meisten kennen das Problem selbst und reagieren auf unseren konstruktiven Ansatz positiv. Viele Angelegenheiten können tat-sächlich bis zum nächsten Tag warten. Und im Notfall sind wir ja erreichbar. Aber es wird nicht mehr unüberlegt um 20:30 Uhr zum Telefon gegriffen.

„Wer seine Aufmerksamkeit vor

allem seinem Smartphone widmet,

gilt schon längst nicht mehr als

Vorbild.“Prof. Dr. Dirk Windemuth, IAG

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4 Fragen

Robin Freitag ist geschäftsführender Ge-sellschafter der aktiVital GmbH, Hamburg, und nahm mit seinem Betrieb an der Stu-die von VBG und MSH teil.

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Können Collaboration-Plattformen dazu beitragen?Sehr wahrscheinlich können sie das, aber es kommt eben darauf an, wie man sie nutzt.

Denken Sie, dass es in der Zukunft möglicherweise völlig neue Jobs geben könnte, die sich explizit auf das Management des Informationsflusses fokussieren?Kürzlich hielt ich einen Vortrag vor Beschäftigten einer Bibliothek und wies darauf hin, dass eine ihrer Rollen in den kommenden Jahren darin bestehen wird, Studentinnen und Studenten zu vermitteln, wie man sich am besten durch die Informationsflut navigiert. Sie müssen sie dabei unterstützen, die wichtigen Aspekte in der Fülle von Informationen ausfindig zu machen. Diese Fertigkeiten zu haben und sie zu vermitteln, wird immer wichtiger.

Gibt es eine Universallösung, mit der man sich der hohen Informationsflut entledigen könnte?Das Problem ist zu komplex für eine allumfas-sende Einzellösung. Dennoch empfehle ich Unternehmen, sich dieses Problems aus einer erweiterten, kulturellen und Verhaltensperspek-tive anzunehmen, um so die dort zu findenden grundsätzlichen Ursachen zu adressieren.

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Praxisleitfaden zum Download

Der Praxisleitfaden „Solutions for Information Overload“ bietet sehr konkrete Tipps zum Umgang mit der Informationsflut und einige Praxis-beispiele. Den kostenlosen Download gibt es unter

nathanzeldes.com

Herr Zeldes, wenn Sie die vergangenen zehn Forschungsjahre zur Informationsüberlastung betrachten, haben Sie dann den Eindruck, dass man das Problem im Griff hat?Nathan Zeldes: Nicht im Geringsten. Wenn ich an die Firmen denke, die darunter leiden, sehe ich deutlich, dass das Problem hochaktuell ist und dass die Informationsflut nach wie vor einen hohen Preis an Produktivität und auch an Lebens-qualität von jedem Einzelnen fordert.

Was sind Ihrer Ansicht nach die typischen Ursachen, weshalb Beschäftigte von

Informationsüberlastung betroffen sind?Die Belegschaft ist nicht nur damit konfrontiert. Sie ist auch Hauptverursacher des Problems und wird dahin getrieben: Der Grund für immer mehr Informationen liegt irgendwo in undurch-sichtigen Schichten der Unternehmenskultur, in denen Misstrauen, ein Überwettbewerb, zu viel „Rette-deinen-Hintern“-Mentalität und so weiter grassieren. Menschen sind einfach so. Oft geht es auch darum, dass sich niemand traut, den ersten Schritt zu tun und den Mailverkehr zu reduzieren.

Mittlerweile gibt es neben den E-Mail- Programmen viele Messenger-Dienste. Die könnten doch eine Art Heilmittel sein. Die Verbreitung neuer Werkzeuge alternativ zur E-Mail könnte durchaus zur Entlastung und zumehr Produktivität beitragen. Allerdings nur,wenn Menschen diese Werkzeuge optimal ein-setzen. Jedoch bin ich nicht so optimistisch,dass das klappt, wenn ich mir ansehe, wie wirim Umgang mit E-Mails versagt haben. Es fehlenausta rier te Verhaltensnormen in der Kommuni-kation über E-Mail, andere Medien und Meetings.Die Kommunikationswerkzeuge entwickeln sichviel schneller als der entsprechende Umgang mitihnen. Hier wäre ein Redesign der Unternehmens-kultur dringend nötig.

Ein hoher Verlustan Lebensqualität

Nathan Zeldes hat sich als internationaler Experte für den „Information Overload“ einen Namen gemacht. Für ihn liegt die Ursache der unproduk- tiven Informationsflut in der heutigen Unternehmens- und Arbeitskultur.

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... Studieren:

Atlas der Unfallschwerpunkte Wo passie-ren die meisten Verkehrsunfälle? Wo ist der Weg zur Arbeit besonders gefährlich, welche Kreuzungen oder Autobahnab-schnitte sind besonders unfallträchtig? Ein interaktiver Unfallatlas der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder zeigt, in welchen Straßenabschnitten sich in den letzten beiden Jahren Unfälle mit Personen-schäden ereignet haben. Dies ist nicht nur aus statistischen Gründen interessant, durch eine Visualisierung werden oft Ge-fahrenstellen deutlicher und entsprechende Maßnahmen können ergriffen werden. Auch die Verkehrsteilnehmenden können ihr Ver-halten anpassen, indem sie zum Beispiel an unfallträchtigen Punkten besonders aufmerksam sind. Da noch nicht in allen Bundesländern die Unfälle mit Geokoordi-naten aufgenommen werden, enthält der Atlas derzeit nur die Unfalldaten aus neun Bundesländern. Sobald entsprechende Daten für weitere Bundesländer vorliegen, wird der Atlas erweitert.

unfallatlas.statistikportal.de

... Anhören:

Neuer Podcast Innere Kündigung ist oft mit gravierenden Folgen verbunden. Betroffene Beschäftigte können langfristig gesundheit-liche Probleme entwickeln, Unternehmen verlieren an Produktivität. Durch innere Kündigung entstehen der deutschen Wirt-schaft nach einer Studie des Beratungs-unternehmens Gallup Kosten in Höhe von rund 100 Milliarden Euro jährlich. Mit einem neuen Podcast informiert die Initiative Arbeit und Gesundheit (iga) über die Ursa-chen und Folgen der inneren Kündigung. Der Podcast richtet sich an Beschäftigte und Führungskräfte und umfasst drei Folgen von jeweils 20 Minuten: In „Der Mensch“ geht es darum, was innere Kündigung eigent-lich bedeutet. In „Das Unternehmen“ wird gezeigt, welche Auswirkungen die innere Kündigung auf Unternehmen hat, und „Die Wege heraus“ erläutert Gegenmaßnahmen und Lösungen. Der Podcast kann kostenlos heruntergeladen werden.

iga-info.de > „innere Kündigung“

LEXIKON

Ersthelferinnen und ErsthelferBei einem Notfall ist generell jeder Mensch zur Ersten Hilfe verpflichtet – auch am Arbeitsplatz. Betriebe ab zwei Beschäftigten haben laut Sozialgesetzbuch VII die Pflicht, eine oder mehrere Personen zu Ersthelferin-nen und Ersthelfern zu schulen. Im Notfall können sie zunächst die Weichen zur Rettung stellen und lebensrettende Maßnahmen anwenden. Dazu haben sie freiwillig einen eintägigen Erste-Hilfe-Lehrgang absolviert, der nicht länger als zwei Jahre zurückliegen

darf. Bei mehr als 20 Beschäftigten in Ver-waltungen und Handelsbetrieben sind es fünf Prozent, die eine Ausbildung benötigen. In sonstigen Betrieben und an Hochschulen müssen zehn Prozent der Anwesenden, in Ki-tas eine Person pro Gruppe qualifiziert sein. Die Unfallversicherungsträger lassen pro Jahr über 2 Millionen Versicherte in Erster Hilfe aus- und fortbilden und sie übernehmen die Lehrgangsgebühren. Weitere Infos unter:

dguv.de > Webcode „d96268“

Empfohlenzum ...

... Bewerben:

91/2019

Mitmachen beim Film- und Medienfesti-val der kommmitmensch-Kampagne. Ein Film bewirkt oft mehr als ein Text oder eine Präsentation. Gerade wenn Menschen über-zeugt werden sollen, sich sicher und gesund zu verhalten, macht etwas Humor oder eine Prise Gefühl die Botschaft deutlich nachhal-tiger als trockene Information. Das komm-mitmensch Film- und Medienfestival würdigt deshalb Filme und Medienbeiträge rund um Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Während der Messe A+A, die im November in Düsseldorf stattfindet, schafft das Festival ein Forum für Unternehmen und Filmschaf-fende. Betriebe, Azubis, Filmemacherinnen und -macher sind aufgerufen, ihre Beiträge einzureichen und sich online zu bewerben. Es gibt attraktive Preise in vier Kategorien zu gewinnen. Ausgezeichnet und prämiert werden die Gewinnerinnen und Gewinner am 8.11.2019 in Düsseldorf im Messekino. Weitere Informationen zu Bewerbungsfris-ten, -unterlagen und Wettbewerbskatego-rien finden Sie hier:

kommmitmensch.de

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10 1/2019

L Ä R MS CH U T Z I M B Ü R O

Gesundheitsschädlicher Lärm am Arbeitsplatz wird meist mit Maschinen-hallen in Verbindung gebracht. Zu Unrecht: Auch im Büro beeinträchtigt Lärm die Gesundheit und Produktivität der Beschäftigten. Doch Führungs-kräfte können gegensteuern – zeigt, wie.

Nummer 1Störfaktor

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111/2019

ten, belästigenden oder störenden, die Leistungsfähig-keit und Gesundheit beeinträchtigenden Geräusche sind Lärm. An Büroarbeitsplätzen kommt es so gut wie nie zu Lärmeinwirkungen, die das Gehör schädigen können. Es geht hier um extra-aurale, nicht das Ohr betreffende Lärmwirkungen mit gravierenden Folgen.

Lärm senkt das Wohlbefinden und die ProduktivitätBei andauernder Lärmeinwirkung kommt es zu phy-sischen wie psychischen Regulationsmechanismen – insbesondere bei geistigen Tätigkeiten, die eine hohe Konzentration und Aufmerksamkeit erfordern. Der Körper reagiert mit erhöhter Ausschüttung von Stress-hormonen, der Verengung von Blutgefäßen oder der Verspannung der Muskeln. Die körperlichen Sympto-me reichen von Kopfschmerzen und Magen-Darm-Pro-blemen über Herz-Rhythmus-Störungen bis hin zu Erkrankungen des Skelett- und Muskelapparats. Zu den psychischen Reaktionen zählen Anspannung, Nervosität oder Resignation bis hin zur Depression. Neben vermehrten Fehlzeiten sorgen die geminderte Konzentration, die erhöhte Fehlerhäufigkeit und eine gestörte Kommunikation für sinkende Produktivität – nicht nur bei den einzelnen Beschäftigten, auch im gesamten Betrieb.

Die wenigsten Büros sind raumakustisch gut geplant und gesetzeskonform ausgestattetGrundsätzlich sollten Bürogebäude und -einrich-tungen so beschaffen sein, dass die Nachhallzeiten gering sind. Schallharte Oberflächen wie bodentiefe Glasfronten, Betondecken, Marmorböden oder Stahl-möbel sind eher ungeeignet. In Bürogebäuden sind sie dennoch häufig anzutreffen. Richtig eingesetzt schaffen schallabsorbierende Produkte wie Akustik-decken, Teppichböden, Wandpaneele, Lamellen-stores oder Schallschutzbilder wirksam Abhilfe – sie können sogar dekorativ sein. Die derzeit in Überar-beitung befindliche DGUV Information 215-443 sowie das Lärmschutzarbeitsblatt IFA-LSI-01-200 geben einen guten Überblick über verfügbare Produkte und Materialien. Neben Bezugsquellen bieten sie prak-tische Hilfen und technische Daten zur akustischen Ausstattung von Büros (siehe Infobox auf Seite 12).

Bilder moderner Bürolandschaften zeigen oft ehemalige Fabrikhallen mit rotem Ziegelmau-erwerk, riesigen Sprossenfenstern, nackten Betonböden, darauf Tischböcke mit langen

weißen Arbeitsplatten, auf denen sich ein Flachbild-schirm an den nächsten reiht. Das Open Plan Office – schlicht Großraumbüro – liegt voll im Trend. Es sollagiles Arbeiten und eine offene Kommunikation unterden Beschäftigten ermöglichen. Doch das Gegenteilist der Fall, wie die amerikanischen WissenschaftlerEthan Bernstein und Stephen Turban in einer empi-rischen Studie herausfanden. Die direkte Kommuni-

kation nahm in den untersuchten Großraumbüros um

70 Prozent ab. Stattdes-sen kommunizierten die Beschäftigten lieber elektronisch. Das bestätigt auch

Dr. Florian Schelle vom Institut für Arbeits-

schutz der DGUV (IFA): „Es werden immer dieselben Feh-

ler gemacht“, zieht der Forscher kritisch Bilanz. Das IFA hat im Jahr

2017 in 13 Unternehmen untersucht, ob bestehende Regelwerke für den Lärm-

schutz in der Branche Bürobetriebe angemes-sen und wirksam sind. Nicht nur bei der Studie

– auch bei der täglichen Arbeit des IFA – stellt Schelleimmer wieder fest, dass die Raumakustik in Bürosunzureichend ist. In den Lärmschutz wird meist ausKostengründen zu wenig investiert. Diese Rechnunggeht nicht auf.

Büroangestellte fühlen sich häufig durch Lärm gestört Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits-medizin hat 2012 gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung eine Repräsentativbefragung unter 20.036 Erwerbstätigen durchgeführt. Dabei gaben 13,6 Prozent der befragten Männer und 12,6 Prozent der Frauen an, unter Lärm am Arbeitsplatz zu leiden. Was Lärm ist, hängt weniger vom Schalldruckpegel als von der menschlichen Bewertung ab: Alle unerwünsch- >Fo

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Lärmbelastung regelmäßig in der Gefährdungs- beurteilung überprüfen„Arbeitgebende sind verpflichtet, den Beschäftigten konzentrationsgerechte Räume zur Verfügung zu stellen“, betont Dr. Schelle die Verantwortung der Betriebe. Dies geschieht am besten durch eine regel-mäßige fachkundige Bewertung der Lärmbelastung in der Gefährdungsbeurteilung (GB). Nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes ist in der GB unter anderem die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte hin-sichtlich möglicher Gefährdungen zu überprüfen. Mit Erscheinen der ASR A3.7 „Lärm“ im Mai 2018 existie-ren nun auch konkrete und bindende Vorgaben zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm. Somit sind z. B. Messungen der Nachhallzeit durchzuführen und Beurteilungspegel zu bestimmen. Zudem sind die Auswirkungen extra-auraler Lärmein-wirkungen auf die Psyche zu berücksichtigen: etwa die beeinträchtigende Wirkung von Gesprächen und Laufgeräuschen in Mehrplatzbüros.

Grundlegend sollte die lärmarme Gestaltung von Arbeitsstätten schon bei der Planung berücksichtigt werden. Dennoch erweist sich nach durchgeführter GB häufig, dass die bauliche Ausstattung bestehender Arbeitsstätten nicht ausreicht. Umbauten und andere ergänzende technische Maßnahmen sind dann gesetz-lich vorgeschrieben. Erst danach kommen organisato-rische Abhilfe und Persönliche Schutzausrüstungen wie Gehörschutzstöpsel ins Spiel. Das Tragen von Kopfhörern bzw. das Hören leiser Musik zum Ausblen-den von Gesprächen sollte eine Ausnahme sein.

Das bringt Ruhe in Teamarbeitsflächen und MehrpersonenbürosDas IFA gibt Empfehlungen für am Lärmschutz inter-essierte Führungskräfte: Das ideale Mehrpersonenbüro gibt es nicht. Deshalb

ist es ratsam, Fachleute für Planung und Akustik zu konsultieren – kostenlose Beratung und Messungen bieten die Unfallversicherungsträger.

Akustikdecke (siehe Infokasten) und Teppich als Grundausstattung einplanen.

Schallschirme sind erst wirksam, wenn die übrige Um-gebung ausreichend absorbierend gestaltet ist.

Beschäftigte bereits in der Planungsphase einbezie-hen, das bietet höhere Akzeptanz der Belegschaft für Teamarbeitsflächen.

Steigerung der Zufriedenheit und höhere Bindung ans Unternehmen.

Kommunikations- und Verhaltensregeln für alle Beschäftigten erarbeiten und festlegen.

Ruhearbeits- und Besprechungsräume anbieten. Auf Tätigkeiten basierende Zonen planen und

akustisch voneinander abschirmen. Drucker und laute Geräte in separaten Räumen

aufstellen / „Durchgangsverkehr“ vermeiden.

AUTORIN: Manuela Müller

Weitere Informationen

Rechtliche Vorgaben zu Lärm am Arbeitsplatz

dguv.de > Webcode „d117392“

Bezugsquellenverzeichnis IFA-LSI 01-200

dguv.de > Webcode „d1181784“

Hilfen für die akustische Gestaltung von Büros

dguv.de/publikationen > „215-443“

0 20 40 60 80 100 120 140

dB(A)

L Ä R MS CH U T Z I M B Ü R O

Unterhaltungen liegen über dem für konzentrierte Tätigkeiten vorgegebenen Schallpegel von 55 dB(A).

Blätter- rauschen

Drucker normale Unterhaltung

starker Straßen- verkehr

Flugzeug

Hör-schwelle

Schmerz-schwelle

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R ECH T L I CH E U P DAT ES

Sofern nicht ausdrücklich anders vermerkt, sind die hier vorge-stellten Publikationen über die Datenbank der DGUV zu beziehen: dguv.de/publikationen Die Suche nach Stichwörtern sowie den im Text genannten Nummern garantiert ein leichtes Auffinden.

>Regeln, Vorschriften,

Informationen Grundsätze&

Z U R Ü C K G E Z O G E N

Die DGUV Information 206-010 „Psychische Belastungen am Arbeits- und Ausbildungs-platz – ein Handbuch“ wurde zurückgezogen. Die Inhalte zum Themenkomplex psychische Belastung in der Arbeitswelt finden sich in den weiteren Publikationen des Fachbereichs „Psyche und Gesundheit in der Arbeitswelt“ der DGUV Publikationen. Die Inhalte aus dem Bereich Ausbildung finden sich zudem im Internetauftritt „Jugend will sich erleben“.

N E U Welche Risiken entstehen im Umgang mit Gefahrstoffen? Wie sind diese Risiken in der Gefährdungsbeurteilung zu bewerten? Antwor-ten auf diese Fragen darf nur geben, wer über umfassende Fachkenntnis verfügt und dazu entsprechende Schulungen absolviert hat. Der neue DGUV Grundsatz 313-003 „Grundanfor-derungen an spezifische Fortbildungsmaß-nahmen als Bestandteil der Fachkunde zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“ regelt die Anforderungen und den Umfang solcher Schulungen. Die Gefährdungsbeurteilung ist das zentrale Element für die Definition von Schutzmaßnahmen. Sie darf nur von fachkun-digen Personen durchgeführt werden. Der neue Grundsatz regelt einerseits, welche Kenntnisse für welche Aufgaben vorzuweisen und welche Schulungen dafür zu belegen sind. Zum anderen legt er fest welche Voraussetzungen bei den gesetzlich vorgeschriebenen Fortbildungen einzuhalten sind. Neben den Anforderungen an die Fachkunde werden darin auch die Anforde-rungen an den Aufbau und Umfang der Schu-lungen sowie den Nachweis der Teilnahme definiert. Der Grundsatz 313-003 ist seit Novem-ber 2018 als PDF verfügbar – die Druckversion kann ab Januar 2019 bestellt werden.

N E U Im Oktober ist die DGUV Information 215-121 „Gestaltung barrierefreier Tagungen, Seminare und sonstiger Veranstaltungen“ erschienen. Sie beschreibt die bei der Planung, Vorbereitung, Durchführung und Nachberei-tung von Veranstaltungen zu berücksichtigen-den Anforderungen an die Barrierefreiheit. Praktisch: Eine Checkliste mit konkreten Vorschl ägen erleichtert diese Aufgaben. Die PDF-Version ist bereits als Download verfügbar.

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H A FT BA R K E I T

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Arbeitsschutz geht alle an – vor allem aber Führungskräfte. Manche Pflichten lassen sich zwar delegieren. Ganz aus der Verantwortung, das heißt Haftung, werden Vorgesetzte jedoch nie entlassen.

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Manche fühlen sich gar nicht zuständig, andere wähnen sich stets halb im Gefäng-nis. Ohnehin ist die Aufgabe

Arbeitsschutz nicht immer beliebt, weiß Oliver Heise, Leiter des Aufsichtsdienstes der Unfallkasse Hessen: „Bei Führungs-kräfteseminaren höre ich oft: ‚Ich stehe doch sowieso immer mit einem Bein im Gefängnis.‘ Ich kontere dann mit dem Hinweis, dass zum Glück auch Gefangene während der Arbeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen.“ Fakt ist: Die Unternehmensleitung kann sich der Gesamtverantwortung nicht völlig entziehen. Sie ist selbst dann, wenn sie den Arbeitsschutz an andere Personen delegiert hat, für dessen Organisation, die Auswahl des Personals sowie die Aufsicht zuständig. Somit ist die Geschäftsführung dafür verantwortlich, dass die Arbeits-schutzvorschriften eingehalten werden. In der Praxis kommt es jedoch eher selten vor, dass sich die oberste Führungsebene vom ordnungsgemäßen Zustand eines Arbeitsplatzes überzeugt. Daher sind der Arbeitsschutz und damit verbundene Haftungsfragen kaskadenartig organisiert. Eine Verteilung auf mehrere Führungsebe-nen ist sinnvoll, da die Fachkräfte vor Ort den besten Überblick über potenzielle Ge-fahren und nötige Optimierungen haben.

Auf die Formulierung kommt es anEigenständige Pflichten rund um Sicher-heit und Gesundheit können sich für Führungskräfte zum Beispiel aus ihrer Stellung im Betrieb, aus dem Arbeitsver-trag oder der Delegation ergeben. Sie sind je nach Führungsebene, Verantwortung und Befugnissen unterschiedlich. Die Geschäftsführung kann Führungskräfte zudem mit der Wahrnehmung zusätzlicher Pflichten des Arbeitsschutzes in eigener Verantwortung beauftragen. „Dabei ist es wichtig, dass die übertragenen Aufgaben konkret formuliert sind“, sagt Oliver Heise. Die Zielperson müsse die Aufgabe verste-hen können und die Erfüllung kontrollier-bar sein. Gleiches gilt, wenn Vorgesetzte die ihnen übertragenen Pflichten weiter-delegieren. Das ist möglich, wenn sie dazu bevollmächtigt sind. Die systematische

Erfüllung ist schriftlich zu dokumentieren. Nur so lässt sich die Einhaltung nachwei-sen. Beschäftigte sitzen mit im Boot: Sie müssen etwa alle der Arbeitssicherheit dienenden Maßnahmen unterstützen.

Wo lauern Gefahren?Der Gefährdungsbeurteilung kommt eine besondere Rolle zu. Die Geschäftsführung muss ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind, diese umsetzen – und die Beschäftigten ausrei-chend und angemessen über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit unterweisen. Auch die Beurteilung kann von der Organisationsleitung auf zuverläs-sige und fachkundige Personen übertragen werden, doch entlässt sie dies nicht aus der Haftung. „Nur wenn ich die Gefähr-dungsbeurteilung für den Bereich meiner Zuständigkeit kenne, bin ich in der Lage, die mir übertragenen Pflichten wirklich zu erfüllen“, hebt Oliver Heise hervor.

Hilfreich ist ein Organisationsmodell, das die Aufgaben des Arbeitsschutzes sowie die dafür Zuständigen klar benennt und vorhandene Lücken schließt. Kommt es dennoch zum Unfall, wird untersucht, wer seine Pflichten verletzt hat. Behörden und Unfallversicherungsträger können auf Geldbußen oder die Durchführung einer Arbeitsschutzmaßnahme auf Kosten einer Organisation drängen. Unternehmen und Beschäftigte haften bei Personenschä-den zwar nur, wenn sie diese vorsätzlich herbeigeführt haben. Die Unfallversi-cherungsträger können Betriebe und Führungskräfte aber in Regress nehmen. Um Forderungen zu begründen, reicht Oliver Heise zufolge schon der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit aus. Ein „Tun durch Unterlassen“ kann ebenfalls bestraft wer-den – etwa, wenn Mängel wahrgenommen, aber geduldet werden. Auch arbeitsrechtli-che Konsequenzen wie Abmahnungen und Kündigungen und selbst strafrechtliche Folgen sind möglich. Zu einer Gefängnis-strafe kann es somit tatsächlich kommen, wenn z. B. fehlende Schutzmaßnahmen zu einer fahrlässigen Tötung geführt haben.

AUTOR: David Schahinian

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Ist erledigtSelbst wenn Arbeits-

schutz delegiert wird – Führungskräfte müssen sicherstellen,

dass er eingehalten wird.

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AU S W I SSE N S CH A FT U N D F O R S CH U N G

16 1/2019

Das Wetter ist heute bewölkt und die Schiffe fahren im Minutentakt in die Schleuse. Was auf den ersten Blick wirkt wie ein Computer-spiel, ist eine simulierte Schiffsschleuse – mit

allen Details, auf einem gebogenen, raumhohen Bild-schirm in einem Labor in St. Augustin bei Bonn. Hier, am Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA), forschen Fach-leute mithilfe virtueller Umgebungen – und wie diese das Arbeiten in der echten Welt sicherer und gesünder machen können.

Maschine und Arbeitsplatz zugleich„Virtuelle Simulationen bieten sich an für die Risi-kobeurteilung von Maschinen und die Gefährdungs-beurteilung von Arbeitsplätzen“, sagt Dr. Peter Nickel vom Fachbereich Unfallverhütung und Produktsicher-heit, der am IFA das Thema Mensch-System-Interakti-on und Virtuelle Realität (VR) betreut. Das trifft auch bei großen und aufwändigen Bauwerken zu – wie Schiffsschleusen.

Aktuell arbeitet das IFA an einem Projekt der Unfall-versicherung Bund und Bahn sowie der Berufsge-nossenschaft Verkehr mit: Verschiedene Beteiligte untersuchen, wie eine standardisierte Schiffsschleuse aussehen sollte und wie man mit Hilfe von VR bereits im Vorfeld den Arbeitsschutz umfangreicher in die Planung integrieren kann. Hintergrund: In nächs-ter Zeit werden zahlreiche Schleusen an deutschen Wasserstraßen neu gebaut. Die Bauwerke sind zum Teil über 100 Jahre alt und nicht mehr zeitgemäß. Um Sicherheit und Gesundheit bei Arbeiten auf solch

großen Anlagen zu beurteilen, gibt es mehrere Mög-lichkeiten: Begehungen vor Ort, der Nachbau im Labor oder eine virtuelle Simulation.

Bei einer Anlage, die noch nicht gebaut ist, entfällt die erste Option. „Und der Nachbau im Labor ist meist zeitintensiv und nicht immer praktikabel“, so Nickel. Auch wenn die Untersuchung in der Realität zu gefährlich wäre, etwa aufgrund von großer Höhe oder Enge, kann eine VR-Simulation angeraten sein. „VR ist aber erstmal nur ein Werkzeug“, betont Nickel. „Wichti-ger sind die Ziele, Aufgaben und Inhalte.“

Praxisbezug von Anfang anUm die Simulationen mit Inhalt zu füllen, braucht es die richtigen Fachleute. Bei dem Projekt zu Schiffs-schleusen sind das unter anderem Zuständige aus verschiedenen Dezernaten der Generaldirektion Wasserstraßen- und Schifffahrt sowie der Unfallversi-cherungsträger und des IFA. „Das sind alles Fachleute mit großem Praxisbezug“, sagt Nickel. Denn das IFA betreibt angewandte Forschung. „Wir wollen praxis-taugliche Lösungen entwickeln, Unternehmen oder Verwaltungen sollen ja später damit arbeiten oder die Ergebnisse direkt umsetzen können“, so Nickel weiter. Und deshalb wird erstmal gesammelt: Welche Planungsdaten können schon genutzt werden? Welche Arbeiten werden von wem, wann und wie in verschie-denen Lebensphasen der Anlage oder der Maschine durchgeführt? Welche Arbeitsschutzbeurteilungen sind von wem, wann und warum erforderlich? 150 Sze-narien entwarf das Projektteam allein für die Risiko- und Gefährdungsbeurteilungen von Schiffsschleusen.

Der Arbeitsschutz 4.0 ist virtuell: Im Labor werden Anlagen und Arbeits-plätze oft schon vor der Konstruktion simuliert. Potenziell gefährliche Pro-dukte oder Prozesse können in der virtuellen Realität untersucht und da-nach modifiziert werden. Teure Fehlkonstruktionen werden so verhindert.

Virtuelle Welt,

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Das reicht von Tauchgängen in der Kammer bis zu Kranarbeiten. Die Abläufe der Arbeitsschutzbeurtei-lungen und diese Szenarien bestimmten dann die Entwicklung der virtuellen Welten.

Ist die Simulation in VR fertig, können die Szenarien erprobt und Risiken und Gefährdungen beurteilt wer-den. „Die nächste Frage lautet dann: Welche konstruk-tiven Maßnahmen müssen ergriffen werden, damit eine Gefährdung vermieden werden kann?“, erklärt Nickel. Mit Hilfe der Simulationen in VR wurden viele Varian-ten der standardisierten Schiffsschleuse entwickelt; die Planungen für den Ersatz sind im Gange. Arbeits-schutzbeurteilungen werden dann später auch an den gebauten Schiffsschleusen stattfinden – für den Arbeitsschutz notwendige Veränderungen wird es aber viel weniger geben.

AUTORIN: Maren Zeidler

1/2019

Weitere Informationen

Mehr Infos zum Labor gibt es auf der Website des IFA

dguv.de/ifa > Webcode „d108396“

Das Projekt „Arbeitsschutz bei der Standardisierung von Schiffsschleusen mithilfe virtueller Realität“

dguv.de/ifa > Webcode „dp98689“

VR im Arbeitsschutz

Das VR-Labor am IFA ist speziell auf den Arbeitsschutz ausgerichtet und deshalb für alle Unfallversicherungsträger und ihre Mitgliedsbetriebe interessant und nützlich. Nachhaltige Prävention wird durch die Anwendung von VR gefördert. Im VR-Labor werden Produkte und Pro-zesse simuliert, die in der Realität (noch) nicht existieren – Fehlentwick-

lungen können so vermieden werden –, unerwünscht sind, weil sie eine Ge-

fährdung darstellen, aber in VR ohne Gefahr untersucht werden können,

zu aufwändig zu untersuchen sind, beschädigt sind, etwa bei Unfallunter-

suchungen oder Fehleranalysen, ihren Zustand oder ihre Qualität

schnell verändern, beispielsweise bei Verschleiß oder Abnutzung.

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A R B E I TSM E D I Z I N

18 1/2019

Gefahr

Gefahrerkannt,

gebannt„Arbeitsmedizinische Vorsorge? Das muss doch nicht sein. Und überhaupt – wer blickt bei Pflicht-, Wunsch- und Angebotsvor-sorge eigentlich durch?“ verschafft den Überblick und erklärt zudem, warum neben den Beschäftigten auch Führungs-kräfte und Betriebe von den Vorsorgeuntersuchungen profitieren.

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191/2019

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Die Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen der Beschäftigten sind für Unternehmen von hohem Wert. Fallen Arbeitskräfte aufgrund einer Erkrankung vorübergehend oder gar

dauerhaft aus, ist das neben dem persönlichen Leid ein großer Verlust und stört, betriebswirtschaftlich gesehen, die Abläufe empfindlich. Es müssen Vertre-tungsregelungen getroffen, Aufgaben umverteilt, im Extremfall sogar Aufträge abgelehnt oder verschoben werden. Mit arbeitsmedizinischer Vorsorge (AMV) kön-nen Führungskräfte berufsbedingten Erkrankungen vorbeugen und die Arbeits- und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten langfristig erhalten.

Pflicht oder freie Wahl – die Tätigkeit entscheidetBei besonders gefährdenden Tätigkeiten müssen Arbeitgebende eine Pflichtvorsorge veranlassen – und zwar noch bevor die Beschäftigten eine entspre-chende Stelle antreten. Faktisch ist diese Vorsorge damit für Beschäftigte verpflichtend. Wann sie statt-zufinden hat, gibt die Arbeitsmedizinische Regel unter dem Punkt 2.1 „Fristen für die Veranlassung/das Angebot arbeitsmedizinischer Vorsorge“ vor. Veranlas-sen Betriebe diese nicht oder nicht rechtzeitig, droht ein Bußgeld. „Die erste Vorsorge muss innerhalb von drei Monaten vor Aufnahme der neuen Tätigkeit erfolgen und wird regelmäßig wiederholt“, erklärt Dr. med. Juliane Steinmann, Fachärztin für Arbeits -medizin und Aufsichtsperson bei der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen. „Zeigt sich dabei zum Beispiel, dass eine Pflegekraft gegen die getragenen Handschu-he eine Allergie entwickelt hat, wird nach der Un-tersuchung zum Beispiel veranlasst, dass ihr andere Handschuhe zur Verfügung gestellt werden.“

Anders als bei der Pflichtvorsorge besteht bei der Angebotsvorsorge die Wahl. Sie kann wahrgenom-men werden, muss aber nicht. „Arbeitet eine Person beispielsweise im Bereich der Altenpflege und die

Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass sie durch Heben und Tragen starken Belastungen der Wirbelsäule ausgesetzt ist, hat sie in der Regel alle drei Jahre An-spruch auf eine Angebotsvorsorge“, so Dr. Steinmann.

Mit der Wunschvorsorge haben Beschäftigte das Recht, einen Vorsorgetermin wahrzunehmen. Etwa dann, wenn geklärt werden soll, ob ein gesundheitli-ches Problem in Zusammenhang mit der Tätigkeit steht.

Vorsorge ist keine EignungsuntersuchungNicht zu verwechseln ist die arbeitsmedizinische Vor-sorge mit einer Eignungsuntersuchung. Letztere hat das Ziel festzustellen, ob jemand die nötigen gesund-heitlichen Voraussetzungen für eine bestimmte Tätig-keit mitbringt. Medizinisches Fachpersonal erfüllt hier eine Gutachterfunktion. Bei der AMV hingegen geht es um den individuellen Schutz der Beschäftigten vor Gesundheitsschäden.

Rechtliche GrundlagenDie Anlässe einer arbeitsmedizinischen Vorsorge er-geben sich aus der Gefährdungsbeurteilung und sind in der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge geregelt. Deren Anhang listet auf, welche besonders gefährdenden Tätigkeiten eine Pflicht- oder Angebots-vorsorge bedingen. Dazu zählen unter anderem Tätigkeiten mit bestimmten Gefahrstoffen,

wie Asbest oder Benzol, Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen,

wie Hepatitis A- oder B-Viren sowie Tätigkeiten mit physikalischen Einwirkungen wie

Hitze, Lärm und Muskel- und Skelett-Belastung.

Weiter konkretisiert wird die Verordnung zur arbeits-medizinischen Vorsorge durch Arbeitsmedizinische Regeln. Darin werden unter anderem die bereits genannten Vorsorgearten Pflicht-, Angebots- und Wunschvorsorge definiert.

„Wer nicht jeden Tag etwas für die Gesundheit sorgt, muss eines Tages sehr viel für

die Krankheit opfern.“Sebastian Kneipp

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AMV stärkt den betrieblichen GesundheitsschutzZeigt sich im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vor-sorge, dass die bestehenden Arbeitsschutzmaßnah-men nicht ausreichen, müssen die Untersuchenden das den Betrieben mitteilen. Diese sind dann ver-pflichtet, die Gefährdungsbeurteilung zu überprüfen und die erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen zu ergreifen. Eine rege in Anspruch genommene arbeits-medizinische Vorsorge wirkt sich somit nicht nur auf die Gesundheit der jeweiligen Beschäftigten positiv aus. Der gesamte Betrieb profitiert davon.

AUTORIN: Yvonne Millar

Weitere Informationen

„Arbeitsmedizinische Vorsorge nach der Verordnung zur arbeitsme-dizinischen Vorsorge (ArbMedVV)

gesetze-im-internet.de > „ArbMedVV“

Die DGUV Informationen bie-ten für jede Branche bzw. jeden Belastungsfaktor die passenden „Handlungsanleitungen für die ar-beitsmedizinische Vorsorge“ (DGUV Information 240-011 bis 240-460)

publikationen.dguv.de Die Arbeitsmedizinischen Regeln konkretisieren die Anforderungen der ArbMedVV. Sie stehen im Inter-net zum Download bereit.

baua.de > „AMR“

20 1/2019

> Vorsorge durchführen und dokumentierenDie Teilnahme ihrer Beschäftigten an der arbeits-medizinischen Vorsorge müssen Betriebe in einer Vorsorgekartei dokumentieren. Dazu erhalten sie eine Vorsorgebescheinigung, die darüber Auskunft gibt, wann und aus welchem Anlass ein Vorsorgetermin stattgefunden hat. Die Bescheinigung enthält jedoch keine Angaben zu Ergebnissen oder Befunden. Es gilt auch hier die ärztliche Schweigepflicht.

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist zu ermitteln, für welche Beschäftigten eine arbeitsme-dizinische Vorsorge vorgeschrieben oder welchen Beschäftigten eine arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten ist. „In der Regel ist es die Aufgabe der Personalabteilung, die arbeitsmedizinische Vorsorge zu organisieren“, erklärt die Expertin. „Im Rahmen der Pflichtenübertragung von der Geschäftsleitung auf Führungskräfte kann sie auch in deren Verantwor-tungsbereich fallen.“

Arbeitsmedizinische Vorsorge als FührungsaufgabeUnabhängig davon, wer die AMV organisiert, profi-tieren Führungskräfte davon, wenn auch sie ein Auge darauf haben. Sie können Beschäftigte zum Beispiel darin bestärken, die Angebots- und Wunschvorsorge wahrzunehmen.

Durchgeführt wird die arbeitsmedizinische Vorsorge meist von Betriebsärztinnen oder Betriebsärzten. Sie informieren Beschäftigte zu den Wechselwirkungen zwischen ihrer Arbeit und ihrer Gesundheit. Von Vorteil können auch körperliche und klinische Unter-suchungen sein. Diese werden jedoch nur mit Einver-ständnis der jeweiligen Person durchgeführt.

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Quelle: DKV-Report 2018

vbg.de > „Dein Rücken“

Stunden sitzen die Deutschen durchschnittlich am Tag.

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FERNSEHEN112

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Verteilung der Sitzzeiten (in Minuten)

Langes, häufiges Sitzen ist nicht nur ungesund – es macht zudem müde und unproduktiv. Wer sich bei der Arbeit mehr bewegen will, braucht nicht gleich den Job zu wechseln. Hier sind sieben Tipps, die Sie als Führungskraft ganz einfach in Ihre tägliche Routine integrieren können:

  Lagern Sie wichtige Utensilien entfernt vom Arbeitsplatz. Dann laufen Sie häufiger.

Nutzen Sie eine App oder einen Zettel, der Sie an regelmäßige Bewegung erinnert.

  Stehen Sie jede Stunde einmal auf, um sich kräftig zu strecken und in alle Richtungen zu räkeln.

  Stehtische oder höhenverstellbare Schreibtische ermöglichen es, abwechselnd stehend oder sitzend zu arbeiten.

Halten Sie Ihre Meetings auch im Stehen ab.

  Weniger telefonieren oder E-Mails senden, mehr Laufen: Führen Sie Gespräche häufiger persönlich.

  Nutzen Sie einen Schrittzähler: Empfohlen werden 8.000 bis 10.000 Schritte am Tag.

Tipps gegen das Dauersitzen

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Sitzen –

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Wie ist Ihr Betriebsklima?ONLINE-

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PRIMA KLIMA!

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Bestseller-Autorin Constanze Kleis schlüpft für in die Rolle von Hausmeisterin Conny.Sie betrachtet alltägliche Dinge der Arbeitswelt aus einem ganz speziellen Blickwinkel ...

22 1/2019

A lle reden vom Wetter. Ich auch. Gerade wehte nämlich eine aus-gewachsene Kaltfront an mir vor-bei. Sie kam allerdings nicht aus

Island, sondern aus dem Konferenzraum und sie konnte sprechen. Herr Krause, der Neue aus der IT, sagte nämlich: „Sie haben wohl so gar nichts zu tun?! Bevor Sie hier weiter untätig herumstehen, könnten Sie sich nützlich machen und mir einen Kaffee holen.“ Es war eindrücklich zu spüren, wie die gefühlte Temperatur sofort in Berei-che absackte, in denen selbst Pinguine Probleme mit dem Überleben hätten. Ja, auch Firmen haben ein Klima und das ist mindestens so sensibel wie Veronica Fer-res. Schon ein einziges Sturmtief in Gestalt eines cholerisch-herrischen Kollegen kann eine an sich milde Wetterlage in einen Eissturm verwandeln, in dem Teamgeist, Fairness und Respekt wie Fischstäbchen in kürzester Zeit zu Permafrost schockge-froren sind. Was ein Mangel an Lob und konstruktivem Feedback anrichtet, wenn Führungskräfte den Dieter Bohlen geben und Kritik als öffentliches Auspeitschen inszenieren, illustrieren Bilder der Ataca-ma-Wüste, des trockensten Orts der Welt,

wo es nie regnet und nichts wächst. Und wenn eine Tratschtante wie Frau Müller mal wieder über Kolleginnen herzieht – O-Ton: „Wenn die weiter so isst, braucht sie bald eine eigene Postleitzahl!“, – ist förmlich zu spüren, wie die Atmosphä-re von einem dichten Wolkenband aus Häme eingetrübt wird. Umgekehrt können Wertschätzung, Vertrauen, Freundlichkeit für ein derart mentales Azorenhoch sorgen, dass Badeanzug und Sonnenbrille als pas-sende Arbeitskleidung erscheinen – so hell strahlt die Arbeitszufriedenheitssonne auf ein fröhlich werkelndes Team. Zum Glück bin ich Hausmeisterin und also Expertin für Temperaturregulierung, nicht nur an Heizungen. Ich weiß auch, wie man an der innerbetrieblichen Klimaanlage dreht. Des-halb habe ich Herrn Krause zwar keinen Kaffee gebracht, ihm aber unter der Hand einen neuen Schreibtischstuhl besorgt, der besser zu seinen Bandscheibenproblemen passt und Frau Müller nicht erzählt, dass ihm gerade die Ehefrau abhandengekom-men ist, wie er mir mit neu erwachter Zu-traulichkeit anvertraute. Am Ende bin ich ja nicht nur Hausmeisterin, sondern auch Wettergott. Trotzdem dürfen Sie natürlich weiterhin ‚Du’ und ‚Conny’ zu mir sagen. Aber fragen sie mich nie, wirklich nie, ob ich nichts zu tun habe. Es sei denn, Sie möchten erleben, wie auch in Mitteleuropa und in geschlossenen Räumen ein Tropen-sturm entsteht.

AUTORIN: Constanze Kleis

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5/2018

Von aktiver Beteiligung profitieren alleMotivierte Beschäftigte, zufriedene Führungskräfte, ein produktives Unternehmen: Durch ernstgemeinte Beteili-gung der Beschäftigten ge- winnen alle. Wie man zu einer echten und wertschätzenden Beteiligung im Betrieb kommt, darüber informiert in der nächsten Ausgabe. Besonders im Fokus: die Gefährdungsbeurteilung zu psychischen Belastungen. Hier zahlt sich eine umfassende Beteiligung der Beschäftigten bereits im Prozess besonders gut aus.

Arbeitszeit- modelle für alleLängst ist die 40-Stunden- Woche, 9 to 5, nicht mehr die Regel. Und gerade bei jüngeren Beschäftigten setzt sich immer mehr der Wunsch nach variab-lem Arbeiten durch: flexible Stunden, mobile Lösungen, Teilzeit auch ohne Kinder. Wie Führungskräfte hier die passen-den Angebote machen können, um Beschäftigte an den Betrieb zu binden, zeigt in der kommenden Ausgabe im zwei-ten Teil der Serie „Arbeiten 4.0“.

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Auf den Punkt gebracht

2/2019

Erfordern digitale Arbeitsplätze besondere Arbeitsschutzbestimmungen?

Flexibles, mobiles und digitales Arbei-ten führt laut diverser Studien dazu,

dass Beschäftigte ihre Aufgaben auch nach Feierabend und am Wochenende erledigen.

Die digitale IT- und Kommunikationstechnik macht es möglich, rund um die Uhr erreichbar und tätig zu sein.

Neben zahlreichen datenschutzrechtlichen Fra-gen ist eine der größten Herausforderungen di-gitaler Arbeitsplätze, die Belegschaft von ihnen fernzuhalten. Daher sollten Unternehmen dafür Sorge tragen, dass ihre Beschäftigten nicht rund um die Uhr arbeiten und dass der Arbeitsschutz eingehalten wird. Das gilt insbesondere für die Ruhe- und Pausenzeiten.

Ständige Erreichbarkeit versus ErholungWeil es mittlerweile von überall und jederzeit möglich ist, E-Mails zu beantworten, Projekt- oder Terminpläne zu erstellen und abzustim-

men, entspricht die Tätigkeit außerhalb der Arbeitszeit für viele Beschäftigte dem Stan-

dard. Die fehlende Trennung zwischen dem Berufs- und Privatleben kann

langfristig jedoch schaden – und zwar beiden Seiten: Aufgrund

der ständigen Arbeitsbe-lastung kommt es zu

krankheitsbedingten Fehlzeiten. Betriebe müssen diesen Ausfall auf-fangen.

Sinnvoll sind faire und transparenteRegelungenMöchte eine Geschäftsführung böse Überra-schungen vermeiden, sollte sie klare und faire Vereinbarungen treffen – am besten in einer Be-triebsvereinbarung. Unternehmen sollten die Arbeitszeiten hinsichtlich Präsenz und Erreich-barkeit klar definieren, damit die Belegschaft nicht rund um die Uhr kontaktiert wird. Auch sollte festgelegt werden, wer für die Arbeitsmit-tel sorgt. Verfügen Beschäftigte zu Hause über einen voll eingerichteten Arbeitsplatz, sollte dieser vom Betrieb eingerichtet werden.

Allzu oft wird in diesem Kontext vergessen, dass digitale Arbeitsplätze auch positive Aspekte ha-ben. Bieten Unternehmen flexible Arbeitsplätze, öffnen sie nicht nur Bewerbenden, die Kinder oder Angehörige zu versorgen haben, mehr Handlungsspielraum: Beschäftigte können ihr privates und das berufliche Leben besser miteinander vereinbaren. Im so-genannten „War for Talents“ kann die Digitalisierung Arbeitskräfte ans Unternehmen binden.

Was sein muss und was

sein darf – Sabine Hockling,

Sachbuchautorin und Wirtschafts-

journalistin (stern, Woche, Zeit online),

bringt es auf den Punkt.

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Vorbilder gesucht!Der Deutsche Arbeitsschutzpreis 2019Wir prämieren wegweisende Lösungen rund um Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Jetzt neu in den Kategorien Strategisch, Betrieblich, Kulturell, Persönlich und Newcomer. Weitere Informationen und das Online-Bewerbungsformular finden Sie unter www.deutscher-arbeitsschutzpreis.de.

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