Die Liszt-Orgel in Denstedt Bei Weimar (Www.lisztorgel.de)

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  • Die Liszt-Orgel in Denstedt bei WeimarEs ist als ein besonderer Glcksumstand zu bezeichnen, in der unmittelbaren NheWeimars ber eine Orgel zu verfgen, die von Franz Liszt gespielt und geschtzt wurde. Sieist im Originalzustand erhalten und befindet sich im 5 km von der Klassikerstadt entferntenDorf Denstedt.

    Das zweimanualige Instrument mit 19 Registern wurde 1859/60 von den GebrdernPeternell aus Seligenthal (bei Schmalkalden) errichtet. Die Disposition stammt vomWeimarer Stadtorganisten Johann Gottlob Tpfer (1791-1870), der als wichtigsterOrgelbautheoretiker des 19. Jahrhunderts gilt. Dieser verfasste auch den Abnahmeberichtmit einer Charakterisierung der einzelnen Stimmen.

    Darin heit es: "Die so vortrefflich ausgefhrte Disposition bietet eine solcheMannigfaltigkeit schner Toneffekte dar, dass ein denkender und geschickter Orgelspielernie in Verlegenheit sein kann, zu seinen Vortrgen passende Registermischungen zufinden. Das volle Werk spricht mit einer Kraft und Prcision an, welche nichts zu wnschenbrig lsst. Temperatur und Stimmung fand ich rein. Bei der Untersuchung des Pfeifenwerksim Innern der Orgel ergab sich, dass alle Stimmen contraktmig hergestellt und sehrsorgfltig abgestimmt worden sind. Die dazu verwendeten Materialien sind ohne Tadel unddie Arbeit nett und reinlich. Es ist erfreulich, eine so sorgsam hergestellte Orgel zu sehen."

    Dieses Gutachten wurde 1861 in Nr. 6 der "Urania" abgedruckt, als in dieser "Musik-Zeitschrift fr Alle, welche das Wohl der Kirche besonders zu frdern haben" (Verlag von G.W. Krner, Erfurt) ein Artikel ber die Gebrder Peternell erschien. Auch in einer"Biographischen Skizze" zu J. G. Tpfers goldenem Amtsjubilum als Seminarmusiklehrer1867 wurde es Beispiel fr ein Abnahmeprotokoll in vollem Wortlaut zitiert. DerOrgelbautheoretiker schtzte die Firma und setzte sie auch bei Reparaturarbeiten an derWeimarer Stadtkirchenorgel ein.

    Franz Liszt fhrte in Denstedt zusammen mit seinem "legendarischen Kantor" AlexanderWilhelm Gottschalg (1827-1908) aus dem nahen Tiefurt "Orgelconferenzen" durch undveranstaltete in der Dorfkirche zwei "Privatkonzerte". Dies geht unter anderem aus einemBrief hervor, den der Komponist am 30. Juli 1860 an den Organisten richtete, und wird inGottschalgs "Erinnerungsblttern" ber "Dr. Franz Liszt und seine Beziehungen zu Tiefurt"erwhnt ("Neue Zeitschrift fr Musik" 1903, Nr. 1 und Nr. 2, Leipzig).

    Liszt und Gottschalg fhrten ihre "lndlichen Orgelexperimente" in Denstedt durch, weil dort"eine gute Orgel zu finden war". Liszt hatte bereits Instrumente der Firma Peternell kennengelernt, so z. B. in der Collegien- und in der Stadtkirche in Jena, wo er bei zahlreichenKirchenkonzerten mitwirkte. Gottschalg pries die Orgelbauer als "Silbermann des 19.Jahrhunderts".

    Bei den "Orgelconferenzen" befassten sich die Musiker nicht nur mit Neuschpfungen,sondern auch mit historischen Musikwerken. Im Blickpunkt des Interesses standen dabeiKompositionen von Johann Sebastian Bach. Prof. Burghard Schloemann (Herford) hat inseiner 1985 verffentlichten Urtextausgabe von Liszts "Drei Bach-Bearbeitungen" (BWV 38,BWV 1017 und BWV 21) den Nachweis erbracht, dass diese mit der Denstedter Orgel inunmittelbarem Zusammenhang stehen. (Breitkopf & Hrtel, Wiesbaden, Nr. 8472).

    Auch nach Liszts Weggang von Weimar 1861 gab es in Denstedt ein reges Konzertleben.Aus der "Urania" erfahren wir z. B., dass am 27. Mai 1863 "die rhmlichst bekannteSngerin Emilie Genast aus Weimar" zusammen mit Gottschalg ein Konzert veranstaltete.Der Rezensent lobt "die ganz vortreffliche Orgel der Gebrder Peternell" und bemerktabschlieend, dass "das sehr gewhlte Publikum aus der nahen Residenzstadt inausgezeichneter Weise" erbaut wurde. Liszt schreibt am 18. Juni 1863 aus Rom an Dr.Franz Brendel in Leipzig: "Die heutige Post bringt mir einige recht gemthliche Zeilenmeines braven Cantor Gottschalg in Tieffurt. Er benachrichtigt mich von einem Konzert in

  • meines braven Cantor Gottschalg in Tieffurt. Er benachrichtigt mich von einem Konzert inDenstedt, wo mehrere Piecen von mir aufgefhrt wurden ..."

    Im gleichen Jahr konzertierten die Schler des Weimarer Lehrerseminars zusammen mitGottschalg und Stadtkantor Zech in Denstedt. Wiederum erwhnt die "Urania" die "sehrschne Peternellsche Orgel".

    ber 100 Jahre lag das Instrument im Dornrschenschlaf. Seit dem 22. Oktober 1981 findenhier regelmig Konzerte statt. Das Programm der "Denstedter Orgelmusiken" (Leitung:Michael von Hintzenstern) umfasst jhrlich 12 bis 15 Veranstaltungen. Im Mittelpunkt stehenWerke von Franz Liszt und seinen (Thringer) Zeitgenossen.Die Orgel konnte nach einer 1993 erfolgten Generalreparatur zum Liszt-Jahr 2011 von derWerkstatt fr Orgelbau Christoph Rhle (Moritzburg) restauriert werden. Seit 2012 verfgtsie ber eine Winddrossel zur Erzeugung experimenteller Klnge. Zu den ersten Sponsoren gehrte 1985 der Violinvirtuose Sir Yehudi Menuhin.

    Ganz im Sinne der "Zukunftsmusik" wird in der Kirche auch das Werk KarlheinzStockhausens gepflegt, der hier 1992 sichtlich bewegt die Auffhrung seiner KompositionUNBEGRENZT erlebte. Bereits 1988 wurden bei den "1. Tagen Neuer Musik" 22 seinerKompositionen an drei Tagen von Markus Stockhausen (Trompete) und dem "Ensemble frIntuitive Musik Weimar" aufgefhrt - darunter sechs DDR-Erstauffhrungen!

    Die Liszt-Orgel in Denstedt bei Weimar