Die Luxemburg - Debatte

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Die Luxemburg - Debatte Von Marx’ Tableaux économiques zur marxistischen Makroökonomie

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Die Luxemburg - Debatte. Von Marx’ Tableaux économiques zur marxistischen Makroökonomie. Worum ging / geht es?. Marx‘ Analyse des Gesamtprozesses - in Etappen (von Band I bis III) Wie wurde Marx‘ Analyse des Gesamtprozesses / Akkumulations-prozesses gelesen ? - PowerPoint PPT Presentation

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Die Luxemburg - Debatte

Von Marx’ Tableaux économiqueszur marxistischen Makroökonomie

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Worum ging / geht es? Marx‘ Analyse des Gesamtprozesses

- in Etappen (von Band I bis III) Wie wurde Marx‘ Analyse des

Gesamtprozesses / Akkumulations-prozesses gelesen ?

Was sollte erklärt werden: Entwicklung des Kapitalismus in Russland / weltweit; jüngste Phase der kapitalistischen Entwicklung

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Marx‘ Manuskripte und Engels‘ Redaktion 1857/58 erster Versuch 1861 – 63 zweiter Versuch (Marx‘ erste eigene Tableaux

économiques) 1865 erster Entwurf von Kapital, Band II (erster Versuch

einer Analyse der Zirkulation des gesellschaftlichen Gesamtkapitals)

1868 – 70 Manuskript II – zweiter Entwurf (zweiter Versuch der Analyse der Gesamtzirkulation)

1877 – 81 Manuskript VIII – dritter Entwurf (erster Versuch der Analyse der Akkumulation des gesellschaftlichen Gesamtkapitals)

1885 Engels‘ Redaktion der Marxschen Manuskripte erscheint als „Das Kapital. Zweiter Band“

Engels verhüllt den Entwurf- und Forschungscharakter der Manuskripte nicht, korrigiert die Rechenfehler, aber verzichtet auf Ergänzung, Fortschreiben der Marxschen Manuskripte

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Was in den Marxschen Manuskripten steckt Marx experimentiert / probiertaus verschiedene Modelle (Sektoren) verschiedene Darstellungsweise (graphisch /

algebraisch / Zahlenbeispiele) offene Probleme: * vermittelnde Geldzirkulation (woher kommt das Geld, um den Mehrwert zu versilbern?) * wie verändert sich die Struktur des gesellschaftlichen Gesamtprodukts im Prozess der Kapitalakkumulation? * wie verändert sich die Struktur des gesell- schaftlichen Gesamtkapitals?

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Marx‘ Abstraktionen reiner Kapitalismus – industrielles Kapital Austausch zu Werten zwei ökonomische Klassen gleicher Jahresumschlag des Kapitals gleiche Profitraten / kein Profitratenausgleich geschlossene kapitalistische Ökonomie (kein Aussenhandel / Weltmarkt) kein Handel kein Kredit, keine Banken kein Staat

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Schlussfolgerung Auf der Abstraktionsebene der Marxschen

Reproduktionsschemata kann weder eine vollständige Akkumulationstheorie noch eine Krisentheorie noch eine „Zusammenbruchstheorie“ entwickelt und begründet werden!

Wo aber? Auf der „Ebene des Gesamtprozesses“ (Konkurrenz, Kredit, Handel, Grundrente, Weltmarkt)

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Die Debatte um die Entwicklung des Kapitalismus in Russland Frage: Kann Russland industrialisieren? Kann die russische (Staats)industrie ohne auswärtige

Märkte überleben? Kann die russische (Staats)industrie mit der

westeuropäischen Industrie konkurrieren? Kann Russland einen hinreichend grossen Binnenmarkt

entwickeln? Daher heisst die Debatte auch die Debatte um die Theorie

der Märkte Teilnehmer: Narodniki versus Legale Marxisten (und der

junge Lenin) Theoretisch: Debatte um die Möglichkeit gleichgewichtiger

(harmonischer) Kapitalakkumulation, die Unvermeidlichkeit von Krisen aus „Nachfragemangel“ (Unterkonsumtion)

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Michail Tugan-Baranowskys Provokation Tugan Baranowsky‘s Studie über die Theorie und

Geschichte der Handelskrisen in Grossbritannien (deutsch 1901)

Das zentrale Problem der Debatte ist nur lösbar mit Hilfe der Marxschen Reproduk-tionsschemata

Tugans These: die kapitalistische Akkumulation schafft sich selbst einen ständig wachsenden Absatzmarkt (für Produktionsmittel)

Krisen entstehen aus „Disproportionalitäten“ in der Verteilung der Investitionen

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Kritik an Tugan-Baranowsky Kautsky Louis B. Boudin Otto Bauer Rudolf Hilferding kritisiert wird Tugans Zahlenschema: kann der Kapitalismus bei steigender

organischer Zusammensetzung des Kapitals unendlich wachsen?

Tugan verwechselt die Definition von Gleichgewichtsbedingungen mit ihrer Realisierung

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Verückt gewordener Marxismus? Tugans These von 1905: Kapitalistische Grossindustrie mit einem einzigen (1) Arbeiter

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W. I. Lenin (1893, 1897, 1899) über die „Theorie der Märkte“ Das Gesamtprodukt kann realisiert werden

(in einer rein kapitalistischen Ökonomie) Ebenso kann der Mehrwert realisiert

werden Die Abteilung Produktionsmittel muss

schneller wachsen als die Abteilung Konsumgüter

Also hat Tugan nicht ganz unrecht: Expansion des inneren Marktes durch Industrialisierung (Mechanisierung etc) ist möglich auch ohne proportionale Erweiterung des Massenkonsums

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Rudolf Hilferding, Das Finanzkapital 1910 Was beweisen die Marxschen

Reproduktionsschemata? versus „Unterkonsumtion“ / versus

„Zusammenbruch“ Kann die kapitalistische Produktion

„ins Unendliche“ ausgedehnt werden? Disproportionalitäten

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Rosa Luxemburgs Theorie der Akkumulation des Kapitals (1913) Luxemburgs Absicht Luxemburgs Kritik der Marxschen

Reproduktionsschemata Wo liegt der Fehler? Die These vom „unabsetzbaren

Warenrest“ (= dem Mehrprodukt / Mehrwert) – oder „woher kommt die zusätzliche Nachfrage“?

Das ungelöste Problem der Geldzirkulation / Geldakkumulation

Hat Marx vom technischen Fortschritt (falsch) abstrahiert?

Notwendigkeit „dritter Personen“ Luxemburgs Erklärung der Notwendigkeit des

Imperialismus

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Wo und wann entsteht ein unabsetzbarer Warenüberschuss? Wenn die organische Zusammen-

setzung des Kapitals in beiden Abteilungen steigt!

Richtige Einsicht: Technischer Fortschritt erzeugt Ungleichgewichte / Disproportionalitäten

Aber: was geschieht, wenn die kapitalistische Ökonomie zugleich wächst?

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Wie wird Luxemburgs Marx-Kritik aufgenommen? Frage: Stimmen Marx‘ Schemata? Frage: Ist Luxemburgs Kritik richtig? Frage: Ist Luxemburgs Lösung des behaupteten

Problems richtig? Frage: Braucht die kapitalistische Akkumulation

Kolonien / Imperialismus? Kann der Mehrwert im „nichtkapitalisti-schen Milieu“ realisiert werden?

Goldproduktion als besondere Abteilung? Rüstungsproduktion als „externer Markt“? Gibt es eine objektive „Grenze der kapitalistischen

Entwicklung“?

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Otto Bauers Kritik (1913) gleichgewichtiges Wachstum ist möglich –

auch ohne nicht-kapitalistische Räume (Weltmarkt /Kolonien) und zwar auch bei technischem Fortschritt

Bevölkerungswachstum (als Bedingung und Grenze der kapitalistischen Entwicklung)

Industrielles Wachstum (steigende organische Zusammensetzung des Kapitals / aber: konstante Mehrwertrate)

Mehrwert“übertragung“ zwischen beiden Abteilungen (Kredit)

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Bedeutung der Bauerschen Kritik Ein Schritt in der Entwicklung der

Bauerschen Krisentheorie Erster Versuch einer makroökonomi-

schen dynamischen Analyse Bauer will sehr wohl die „Grenze der

Akkumulation“ aufzeigen Bauers Schemata / Modelle werden

übernommen: von Grossmann 1929, von Sweezy 1942

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Bauers Kritik - Schwächen Annahmen: wachsende Bevölkerung exogen

vorgegeben / die Akkumulation folgt dem Bevölkerungswachstum (Vollbeschäftigung unterstellt)

Anpassungsmechanismus bei „Unterakkumulation“ bzw. „Überakkumulation“

Technischer Fortschritt und Rationalisierung (arbeitssparend) bei ökonomischem Wachstum

Konstanz der Mehrwertrate? gleiche (aber im Zeitverlauf steigende)

Akkumulationsquoten in beiden Abteilungen ? Grenze dieses Wachstums (siehe Grossmann)

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Nikolai Bucharins Kritik (1925) ein abstraktes Modell einer

abstrakten kapitalistischen Gesellschaft

Bedingungen des dynamischen Gleichgewichts in einer wachsenden kapitalistischen Ökonomie

Bucharins algebraische Lösung (kein Zahlenschema):

V1 + K1 + Av1 = C2 + Ac2

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Kritik an Bucharin Bucharins allgemeine

Gleichgewichtsformel für die „erweiterte Reproduktion“ (mit Akkumulation und wachsendem Konsum) ist richtig

Bucharins abgeleitete Formeln sind falsch Auch der individuelle Konsum der

Kapitalisten muss wachsen (erweiterte Formel: V1 + K1 + ΔK1 + Av1 = C2 + Ac2

Bucharin begründet einen Nachfragemangel seitens der Arbeiter (unabsetzbarer Konsumgüterrest) als wichtigste „Disproportionalität“

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Streit um die Akkumulations- und Krisentheorie Fritz Sternbergs Reformulierung der

Luxemburgschen Akkumulations-theorie

Der „Konsumtionsrest der Abteilung II“ – ungleiche c/v, ungleiche m/a in beiden Abteilungen

Realisierung des „Konsumtionsrests“ nur durch Waren- / Kapitalexporte

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Dynamisierungder Reproduktionsschemata Nikolai Bucharin (1925) Otto Benedikt (1929) Otto Bauer (1931ff) Werner Alexander (1932) sowjetische Debatte der 1920er Jahre

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Otto Benedikt (1929) allgemeine (algebraische) Darstellung Annahmen: steigende c/v, steigende m/v, variable und

verschiedene a/m Relationen zwischen diesen variablen Grössen 3 – sektorales Modell (Lohngüter / Luxusgüter) wachsende Komplexität der Proportionalitätsbedingungen –

daher wird die Wahrscheinlichkeit „störungsfreier“ Akkumulation immer kleiner

weiterer Untersuchungsschritt: Unter welchen Bedingungen nehmen die (wahrscheinlichen) Störungen des Akkumulationsprozesses den kleinsten / den grössten Umfang an?

Selbst bei „Regulierung“/ Planung des technischen Fortschritts sind Störungen nicht zu vermeiden

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Henryk Grossmann (Hauptwerk 1929) Otto Bauers Schema als Grundlage Beweis eines „Zusammenbruchs“ - aus „Mehrwertmangel“ * im 35. Jahr nach Beginn des Ak- kumulationsprozesses ist weder Akkumulation noch Konsumtion der Kapitalisten mehr möglich!

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Grossmanns „Gesetz“ Krisen und Zusammenbruch können

nur auf der Ebene des „Gesamtprozesses“ erklärt werden

Reproduktionsschemata – Wertmodell – ist nur eine Etappe / ein Produktionspreismodell ist notwendig

„Zusammenbruch“ als Tendenz – mit vielen „Gegentendenzen“

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Kritik der Grossmannschen Mehrwertmangeltheorie Ständig steigende organische Zusammensetzung

des Kapitals – bei konstanter Mehrwertrate? daher wachsende Sparquote / relativ, später auch

absolut abnehmender Konsumtionsfonds der Kapitalisten

Steigendes c/v bei konstantem m/v führt zu fallender Profitrate

daher: Unterakkumulation / Unterbeschäftigung Aber: was geschieht bei steigender Mehrwertrate? /

was geschieht, wenn die Akkumulationsrate von c abnimmt, langsamer steigt?

Aber: was geschieht, wenn C „entwertet“ wird?

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Grossmanns Eigenart er konstruiert (wie Otto Bauer 1931ff) eine

Erklärung des Gesamtprozesses der Akkumulation, die über die Reproduktionsschemata weit hinausgeht

mit Kredit, mit Finanzmärkten und Spekulation

mit internationalem Handel und Kapitalexport

mit Goldproduktion mit Ausgleich der Profitraten (nicht

ausgeführt, nur gefordert)

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Die Fortsetzung der Debatte in den 1930er Jahren Zwei Ereignisse: ** die grosse Weltwirtschaftskrise 1929 – 1936 (1940/41) ** Keynesianismus (avant la lettre), New Deal, dirigierte Wirtschaft

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Otto Bauers Analyse von 1931ff Grundlage der Krisenerklärung ist die

Theorie der Akkumulation Ansätze zu einer allgemeinen Analyse

(losgelöst von einzelnen Zahlenbeispielen) Wie entstehen „Disproportionalitäten“ im

Zyklus? Steigen / beschleunigtes Steigen der

Mehrwertrate führt in die Kris Der „Disproportionalitätsfaktor“ Zwei Arten von Krisen – Krisen des

Konsums und Krisen des Profits

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Werner Alexanders Beitrag zur Akkumulationstheorie „einfache“ und „beschleunigte“

Akkumulation Steigende c/v, steigende m/v und

ungleiche Akkumulationsquoten versus Sternbergs These vom

„unabsetzbaren Konsumrest“ Schema gleichgewichtig wachsender

kapitalistischer Ökonomie – ohne Mehrwertübertragung zwischen den Abteilungen

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Michal Kalecki Analyse der effektiven Nachfrage

bereits bei Marx Unterscheidung zwischen

Investition / Akkumulation bereits bei Marx

Rosa Luxemburg sieht einige ungelöste Probleme bei Marx

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Paul M. Sweezy (1942 – 1949) Sweezy folgt dem Bauerschen Modell von

1936 (nimmt den wachsenden Konsum der Kapitalisten auf)

Transfer von Kapital und Arbeitskräften zwischen den Abteilungen muss möglich sein

wachsende Akkumulations- und Investitionsquote

Sweezys Selbstkorrektur: die Akkumulationstheorie (die Überproduktion / Unterkonsumtion erklären soll) muss in einem sektoralen Modell entwickelt werden

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Keynesianismus und Kreislaufanalyse In den 1940er Jahren wird Marx von

diversen Keynesianern als Vorläufer entdeckt

Joan Robinsons „Akkumulation des Kapitals“

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Planwirtschaft und Marxsche Reproduktionstheorie 1920 – 1928: Blütezeit der

marxistischen Politischen Ökonomie in der Sowjetunion

planwirtschaftliche Versuche (Gosplan)

Diskussion einer Wachstumstheorie: Wie ist sozialistische Akkumulation möglich?

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Reproduktionsschemata als Grundlage für volkswirtschaftliche Gesamtrechnung mehrsektorale volkswirtschaftliche Bilanz

(Produktion und Verteilung erste Bilanz für 1923/24 Weiterentwicklung zur Input / Output

Rechnung (Leontief) Debatte abgebrochen – die SU beginnt die

Politik der beschleunigten Industrialisierung 1928ff ohne adäquates Instrumentarium

makro-ökonomischer Gesamtplanung

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Industrialisierung in der Sowjetunion: Preobrashenkys „Neue Ökonomik“ (1926) Preobrashenskys Antwort: „ursprüngliche

sozialistische Akkumulation“(auf Kosten des Massenkonsums)

Preobrashenskys Modell: 3 Sektoren (Staatssektor, kapitalistischer Sektor, Sektor der Kleinproduzenten) mit jeweils 2 Abteilungen

Analyse der Bedingungen der gleichgewichtigen erweiterten Reproduktion des Staatssektors (insgesamt 7)

Hauptfrage: Was sind die Quellen der Akkumulation für die Industrialisierung im Staatssektor?

Antwort: Abschöpfung des Mehrprodukts im Agrarsektor (Kapitalisten und Kleinproduzenten)