Die Natur als Vorbild

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die natur als vorbild die natur als vorbild Die Geschichte der Hauptkläranlage Wien (1965–2005)

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Die Geschichte der Hauptkläranlage Wien (1965-2005)

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die natur als vorbilddie natur als vorbildDie Geschichte der

Hauptkläranlage Wien

(1965–2005)

ISBN: 3-901983-53-8

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Leopold LukschanderlFranz Klager

Herausgeber: Dipl.-Ing. Peter Bortenschlager, Entsorgungsbetriebe Simmering GesmbH

Die Geschichte der Hauptkläranlage Wien (1965–2005)

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Die Donau und Wien sind untrennbar miteinander verbunden. Der Donauwalzer ist unsereheimliche Hymne, die Donauinsel gleichzeitig Schutz vor Hochwasser und eines der belieb-testen Freizeitparadiese der Wiener. Diese besondere Verbundenheit der Stadt mit demStrom bedeutet gleichzeitig aber auch eine besondere Verantwortung. Mit der Erweiterungder Hauptkläranlage hat sich Wien dieser Verantwortung gestellt. Wien gehört zu den we-nigen Großstädten der Welt, welche das Problem der Abwasserreinigung und der Entsor-gung des Klärschlamms auf höchstem technischem Niveau umweltfreundlich gelöst haben.Die Wiener Anlagen, die die Einhaltung der strengsten Auflagen garantieren, sind rich-tungsweisende Umweltprojekte und finden auch international große Beachtung.

Die Einbindung der bestehenden Anlage in die Ausbaustufe stellte eine besondere Heraus-forderung dar, die das engagierte Projektteam aus Wissenschaftern und Abwasserexpertenmit einer für Wien maßgeschneiderten Lösung bewältigt hat. Das Ergebnis kann sich mehrals sehen lassen. Die Donau verlässt unsere Stadt in derselben Qualität, in der sie nach Wienkommt.

Davon profitieren nicht nur die Wienerinnen und Wiener, sondern auch die Bewohnerinnenund Bewohner der unterhalb Wiens liegenden Städte und Regionen. Umweltschutz kannsich nicht auf enge, durch politische oder andere Grenzen bestimmte Bereiche beschränken,sondern muss auf breiter Basis betrieben werden. Wien geht mit gutem Beispiel voran undsetzt mit der Erweiterung der Hauptkläranlage ein deutliches Zeichen.

The Danube River and Vienna are inextricably linked with each other. The Danube Waltz isour secret anthem; and the ‘Donauinsel’, the island amidst the Danube, protects theadjoining areas from floods and is also one of the most popular recreation grounds for citydwellers. This intimate relationship between city and watercourse, however, requires aspecial commitment. Vienna has made this clear commitment by upgrading its MainWastewater Treatment Plant. Vienna is among only few major cities worldwide that havechosen an eco-friendly, high-tech approach to solve the difficult situation of wastewatertreatment and sewage sludge disposal. Our city’s technical facilities, which meet even themost stringent quality standards, set the trend in environmental protection and havemeanwhile earned a worldwide reputation.

The incorporation of the existing plant components into the newly extended facilitypresented a major challenge to the project team. But through their commitment, this groupof experienced scientists and wastewater engineers has mastered the challenge with acustomised solution that is perfectly tuned to our city’s specific needs. The result isoverwhelming: upon leaving Vienna, the waters of the Danube River have the same qualityas upstream of the city area.

The Viennese population is not the only one that benefits from this achievement; thepopulations living in the cities and regions downstream of Vienna also gain from it. Ratherthan taking place within a narrow space confined by political or other boundaries,environmental protection measures must have a broad impact. Through its wastewater plantextension project, Vienna sets a fine example and leads the way along the route tosustainability.

[ vorwort ]

Wien hat die Probleme der Abwasserreinigung auf höchstem technischem Niveau

umweltfreundlich gelöst. / Vienna has chosen an eco-friendly state-of-the-art

approach to solve the difficult situation of wastewater treatment.

Dr. Michael HäuplBürgermeister der Stadt Wien Mayor of the City of Vienna

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Vienna invests in the future – to ensure that our children will be blessed with clean water.The extension of Vienna’s Main Wastewater Treatment Plant is part of a large-scaleenvironmental project intended to dramatically improve the quality of Vienna’s watercoursesand vitally enhance the quality of living for the Viennese population.

Water protection and modern wastewater management are closely aligned; a characteristicfeature of the total concept is its holistic approach. The project comprises a number ofaspects covering source reduction measures to cut down on wastewater and sewageproduction in industrial establishments and private households, the promotion of naturalrainwater infiltration techniques, as well as comprehensive measures in infrastructuraldevelopment. The construction of new sewage collectors beneath the Wien andLiesingbach rivers, for instance, shall prevent the future discharge of contaminated waterinto these watercourses. At the same time, the sewer system also serves as a huge reservoirwhere the water is banked up during storm water events. A sophisticated electronic controland pumping system – the Viennese sewer network control system – regulates the slow anddosed transport of the banked-up water to the upgraded Main Wastewater Treatment Plantin Simmering. Here is where all of Vienna’s effluents flow together to be treated according tothe state of the art through an enhanced biological purification system.

The implementation of this monumental eco-project, the total investment of which willapproximate one billion euros, is a genuine milestone for the ecological quality of Vienna’swatercourses. At the heart of this project lies the Wastewater Treatment Plant in Simmering,the most technically advanced in Europe, which ensures that in Vienna things remain as‘clear’ also in the future.

Wien investiert in die Zukunft – damit unsere Kinder saubere Gewässer vorfinden. Die Er-weiterung der Hauptkläranlage Wien ist Teil eines großen Umweltprojektes, das die Qualitätder Wiener Flüsse und damit die Lebensqualität der Wienerinnen und Wiener signifikant ver-bessert.

Gewässerschutz und modernes Abwassermanagement gehen dabei Hand in Hand, charak-teristisch für das Gesamtkonzept ist ein ganzheitlicher Ansatz. Abwasservermeidung in Be-trieben und privaten Haushalten oder die Förderung von natürlichen Versickerungsmöglich-keiten für Regenwasser zählen ebenso zum Projekt wie umfangreiche Maßnahmen im Infra-strukturbereich: Der Bau neuer Sammelkanäle unter dem Wienfluss und dem Liesingbachverhindert, dass künftig verunreinigtes Wasser in die Flüsse gelangt. Gleichzeitig wird das Ka-nalsystem bei Regenfällen als gigantischer Speicher für das Wasser genutzt, um es spätermittels eines aufwändigen elektronischen Steuer- und Pumpsystems – der Wiener Kanalnetz-steuerung – langsam und kontrolliert zur erweiterten Hauptkläranlage in Simmering zu lei-ten. Hier werden sämtliche in Wien anfallenden Abwässer unter Anwendung der neuestenTechnik biologisch mit einer erhöhten Reinigungsleistung behandelt.

Die Umsetzung dieses gewaltigen Umweltprojektes, dessen Gesamtkosten sich auf rund eine Milliarde Euro belaufen, ist ein echter ökologischer Meilenstein für Wiens Flüsse. SeinHerzstück ist die modernste Kläranlage Europas in Simmering. Damit in Wien auch weiterhin„Alles klar“ ist.

Ein gewaltiges Umweltprojekt, ein echter Meilenstein für Wiens Flüsse. /

A monumental eco-project, a genuine milestone for Vienna’s watercourses.

Mag. Ulli SimaWiener UmweltstadträtinVienna City Councillor for Environment

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[ 002 ] Vorwort Dr. Michael HäuplWien hat die Probleme der Abwasserreinigung auf höchstem technischem Niveau umweltfreundlich gelöst.

[ 003 ] Vorwort Mag. Ulli SimaEin gewaltiges Umweltprojekt, ein echter Meilenstein für Wiens Flüsse.

[ 006 ] Kapitel I: Wasser, Abwasser, KanäleEin steter Kreislauf, ohne Anfang und Ende. Wasser ist Leben. Wien ist anders. Wiedergeburt der römischen Idee nach 1.000 Jahren. Vorreiterrolle in Europa.Kanäle sind wichtig, aber das reicht nicht.

[ 018 ] Kapitel II: Damit die Donau sauber bleibtKanalisation stößt an biologische Grenzen. Zwei Millionen randvoll gefüllte Badewannensind täglich zu reinigen. Die fünf „Hauptschlagadern“ des Wiener Kanalnetzes. Das modernste Kanalsystem Europas. Wienerwaldbäche „huckepack“ im Kanal. Nachhaltiges Abwassermanagement.

[ 034 ] Kapitel III: Die Hauptkläranlage – der BeginnNicht Verdünnung, sondern Reinigung. In der Rechenanlage „strandet“ jeglicher Unrat der Großstadt. Mikroorganismen „veratmen“ Kohlenstoffverbindungen. Klares Wasser zurück in den Donaukanal. Wien verbrennt die gesamte Klärschlamm-menge. Hocheffizientes Entwässerungsverfahren.

[ 054 ] Kapitel IV: Das Jahrhundertprojekt20 Varianten wurden untersucht. Entscheidende Modernisierung desWasserrechtsgesetzes. Wahlweise Bypass- oder Hybridbetrieb. Die konstruktive Umsetzung der Erweiterung. Das „pulsierende Herz“ der HKA. 48.000 „Teller“ sorgen für reichlich Sauerstoff. 15-mal Platz für 13,2 Millionen Liter Wasser. Vorrichtungenfür Rücklaufschlamm und Rückführwasser. Jahresenergiebedarf einer Stadt. Erweiterte Infrastruktur. Neue Ära der Abwasserreinigung.

[ 096 ] Kapitel V: Technische und andere HighlightsCodewort „Weiße Wanne“. Vorausschauendes Denken, aber keine Krisen.Ohne „kräftigen Atem“ läuft nichts. Optimales Lüftungskonzept – weltweiter Spitzenwert.Kniffelige Umstellung des Prozessleitsystems. Eine der weltweit größten Leittechnikanlagen.Fairness und technische Kompetenz.

[ 112 ] Kapitel VI: Wie man eine Kläranlage „verkauft“Werbelinie und Kampagnen. Road-Show „EbS on Tour“.

[ 118 ] Nachwort Dipl.-Ing. Peter Bortenschlager„Wir werden auch die kommenden zehn Jahre zielorientiert nutzen!“

[ 119 ] Literaturverzeichnis

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Wasser ist Leben. Ein steter Kreislauf, ohne Anfang undEnde. / Water is life. A perpetual cycle without beginning and end.6

Die Kanalisation in Wien stieß bald an ihre biologischenGrenzen./ Vienna's sewer system soon approached

its biological limits.18

Trillionen von Mikroorganismen reinigen dasAbwasser. / The wastewater is purified by

trillions of microorganisms.69

Membranbelüfter im Belebungsbecken derzweiten Stufe. / Membrane aerators in asecond-stage aeration tank.70

Sechs Schneckenpumpen heben das Abwasser um fünfMeter. / Six screw pumps 'lift' the wastewater byfive metres.34

Belebungsbecken der ersten Stufe. / First-stage aeration tank.42

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Foreword by Dr. Michael Häupl [ 002 ]Vienna has chosen an eco-friendly state-of-the-art approach to solve the difficult situation of wastewater treatment.

Foreword by Mag. Ulli Sima [ 003 ]A monumental eco-project, a genuine milestone for Vienna’s watercourses.

Chapter I: Water, wastewater, sewer systems [ 006 ]A perpetual flow without beginning and end. Water is life. Vienna is different. Rebirth of the Roman concept after 1000 years. Pioneers in Europe. Sewers are important, but they are not enough.

Chapter II: Assuring that the Danube stays clean [ 018 ]The sewer system pushes to its biological limits. Two million bathtubs full a day need cleaning. The five ‘arteries’ of the Viennese sewer system. The most technically advanced sewer system in Europe. Vienna Woods rivers flow ‘piggyback’ in the sewer. Sustainable wastewater management.

Chapter III: The Main Wastewater Treatment Plant: how it began [ 034 ]Purification instead of dilution. The screening chamber traps all sorts of urban rubbish. Microorganisms ‘breathe off’ carbon compounds. Pure water is released backinto the Danube Canal. Vienna burns all its sewage sludge. Highly efficient dewatering technique.

Chapter IV: The centenary project [ 054 ]Assessing 20 plant extension options. Crucial amendments to water conservation law. Switching between by-pass and hybrid mode. The constructive aspects of plant extension. The ‘pulsating heart’ of the Main Wastewater Treatment Plant. 48,000 ‘discs’ ensure sufficient oxygen supply. 15 tanks holding 13.2 million litres of water each. Installations for return sludge and recirculated water. Annual energy demand of a city. Expanding the infrastructure. New Era of Wastewater Treatment.

Chapter V: Technical & other highlights [ 096 ]Code word ‘white tanking’. Foresight planning. Problems, but no crisis. It takes a ‘strong breath’ to do the job. Optimum aeration concept: peak performance worldwide. Conversion of process control system was a challenge. One of the world’s largest process control facilities. Fairness and technical competence.

Chapter VI: How to “sell” a wastewater treatment plant [ 112 ]Marketing concept and PR campaigns. Road show ‘EbS on Tour’.

Afterword by Dipl.-Ing. Peter Bortenschlager [ 118 ]“We will do our best to also achieve the targets set out for the next ten years!”

Reference Literature [ 119 ]

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gen dasified by anisms.

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Das fertige „Jahrhundertprojekt“ im Sommer 2005. / The 'centenary project' after its completion in summer 2005.88

modelled on nature

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Wasser, Abwasser, Kanäle

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Ein steter Kreislauf, ohne Anfang und Ende. Wasser ist Leben.

Wien ist anders. Wiedergeburt der römischen Idee nach

1.000 Jahren. Vorreiterrolle in Europa. Kanäle sind wichtig,

aber das reicht nicht.

A perpetual flow without beginning and end. Water is life.

Vienna is different. Rebirth of the Roman concept after

1000 years. Pioneers in Europe. Sewers are important,

but they are not enough.

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Unter den neun Planeten des Sonnensystems hat die Erde dengrößten Vorrat an flüssigem Wasser. / Of all the nine planets in oursolar system, the earth has the largest amount of flowing water.

Water, wastewater, sewer systems

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Unter den neun Planeten des Sonnensystems hat die Erde dengrößten Vorrat an flüssigem Wasser. Er beträgt 1,36 MilliardenKubikkilometer. Würde man diese Menge über Europa ausgießen,so wäre das Land unter einem Ozean von über 130 Kilometer Tiefebegraben.

Etwa 390.000 Kubikkilometer Wasser steigen jährlich in die Luftauf. Der bei weitem größere Teil davon – ungefähr 330.000Kubikkilometer – kommt aus dem Meer. 60.000 Kubikkilometerjedoch verdunsten über Land, Seen, Flüssen und feuchtemErdreich und werden von den Blättern der Pflanzen ausgeschwitzt.

Vom Wasser, das in die Atmosphäre aufsteigt, fällt das meiste –295.000 Kubikkilometer – direkt ins Meer zurück. Für dieLandfläche der Erde bleiben nur 95.000 Kubikkilometer übrig.Davon fließen 35.000 Kubikkilometer innerhalb von Tagen oderhöchstens von einigen Wochen in den Flüssen wieder ins Meer.60.000 Kubikkilometer werden vom Boden aufgesaugt und ste-hen dem pflanzlichen und tierischen Leben zur Verfügung. ImGesamtkreislauf der Erde herrscht Gleichgewicht zwischenVerdunstung und Niederschlägen – für einzelne Regionen giltdiese Regel nicht. Denn regional zeigen sich gewaltigeUnterschiede in der Verdunstungsgeschwindigkeit und derNiederschlagsmenge.

Damit der stete Kreislauf ohne Anfang und Ende – Verdunstungund Niederschlag – im Gang bleibt, müssen in jedem Augenblickdurchschnittlich 12.900 Kubikkilometer Wasser in Form vonWasserdampf oder Tröpfchen auf die gesamte Erdatmosphäre ver-teilt sein. Das scheint zwar viel, im Verhältnis zur Ausdehnung derAtmosphäre ist es jedoch wenig. Wenn alle 12.900 KubikkilometerWasser in der Atmosphäre plötzlich als Regen fallen würden, wäredie Erde kaum zweieinhalb Zentimeter hoch mit Wasser bedeckt.Die Umwälzung geht übrigens ziemlich rasch vonstatten:Durchschnittlich alle zwölf Tage regnet das gesamte Wasser ausder Luft auf die Erde und wird wieder ersetzt.

Die Erkenntnis, dass das Wasser global zirkuliert, ist übrigensLeonardo da Vinci (1452–1519) – vielleicht aber schon Heraklit(um 550–480 v. Chr.) – zu verdanken.

Of all the nine planets in our solar system, the earth has thelargest amount of flowing water: 1.36 billion cubic kilometres. Ifthis amount of water were to be poured out over Europe, theland would be buried underneath an ocean of 130 kilometresin depth.

Some 390,000 cubic kilometres of water are dispersed in the airevery year. The largest proportion by far – approximately330,000 cubic kilometres – comes from the sea. Yet 60,000cubic kilometres evaporate from land, lakes, rivers and dampground and are released by the leaves of plants.

Most of the water that rises into the atmosphere – 295,000cubic kilometres – falls directly back into the sea; only 95,000cubic kilometres remain for the landmass. Rivers carry 35,000cubic kilometres of this amount back into the sea within days orat best weeks. 60,000 cubic kilometres are absorbed by the soil,being made available to plants and animals. When we look atthe overall global water cycle, there is a balance betweenevaporation and precipitation. However, this is not the case forindividual regions: the speed of evaporation and the amount ofprecipitation vary enormously by regions.

To ensure that the perpetual cycle of evaporation andprecipitation is kept in motion, at every instant 12,900 cubickilometres of water on average need to be circulated aroundthe earth’s atmosphere in the form of water vapour or drops ofwater. Although this seems a lot, it is relatively little in relation tothe dimension over which the atmosphere extends. If all12,900 cubic kilometres of water in the atmosphere were topour down on us as rain at once, the earth would be coveredin water up to little more than two and a half centimetres. Theturnover is, by the way, rapid: it takes about twelve days onaverage for all the water in the atmosphere to rain down onthe earth and be renewed.

Leonardo da Vinci (1452 - 1519), or perhaps even Heraklit (~ 550 - 480 BC), were the first to discover that water is subjectto a global cycle.

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330.000 Kubikkilometer Wasser verdunsten jährlich aus den Meeren. /330,000 cubic kilometres of water evaporate from the oceans every year.

Wasserplanet Erde: Die Vorräte betragen rund 1,36 Milliarden Kubikkilometer. / Water planet Earth:water resources amount to 1.36 billion cubic kilometres.

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Foto links: Vom Wasser, das in die Atmosphäre aufsteigt, fällt das meiste wie-der zurück ins Meer. Foto oben: Durchschnittlich alle zwölf Tage regnet dasgesamte Wasser aus der Luft auf die Erde und wird wieder ersetzt. / Most ofthe water vapour that rises into the atmosphere returns to the oceans as rain; It takes twelve days on average for all the water in the atmosphere to rain downon the earth and be renewed.

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Wasser ist Leben

„Wasser als Lebenselixier“ ist mehr als eine poetische Phrase. Das Leben ist wirklich im Wasserentstanden. Dort begann der lange Weg der Entwicklung, der von den primitiven Tierenund Pflanzen, die eigentlich nichts anderes als Wasser sind, bis zum Menschen reicht. Dennder gesunde menschliche Körper besteht zu 65 Prozent aus Wasser. Die Flüssigkeit ist in allenGeweben enthalten, sie füllt Zellularlücken und Hohlräume in den Knochen und durchfließt90.000 Kilometer Arterien und Venen. Wasser in den Zellen macht 41 Prozent desKörpergewichtes aus, das Blutplasma liefert vier Prozent. Die Flüssigkeit, die in denHohlräumen vorhanden ist, etwa in den Eingeweiden oder in den Augenäpfeln, umfasstfünf Prozent.

Der menschliche Körper bekommt das für ihn notwendigeWasser aus den verschiedensten Quellen. Nur etwa 47Prozent nehmen wir durch Trinken zu uns. Allein 14Prozent des täglichen Wasserbedarfs des Körpers werdenvon ihm selbst hergestellt, und zwar als Nebenprodukt deschemischen Prozesses der Zellatmung. Weitere 39 Prozentbeschafft sich der Körper aus der „festen Nahrung“.Durchschnittlich hat der Mensch etwa 45 Liter Wasser inseinem Körper. Er muss täglich mehr als 2,5 Liter ersetzen.Trinken bringt etwa 1,5 Liter, der Wassergehalt derNahrung einen weiteren Liter. Ein Viertelliter wird beimStoffwechsel aus der „trockenen Nahrung“ gewonnen.Im Körper gibt es übrigens kein stehendes Wasser. GroßeMengen Körperwasser zirkulieren und werden immerwieder aufs Neue verwendet. Etwa 2,5 Liter werden täg-lich, vor allem als Harn, über die Nieren ausgeschieden.Ein weiterer Liter geht täglich durch Atmen und Schwitzenverloren.

Das Gleichgewicht des Wassers im Körper muss sehrgenau eingehalten werden – eine Abweichung von nurein bis zwei Prozent macht sich sofort als Durst oderSchmerz bemerkbar. Die Kontrollzentrale dafür ist derHypothalamus, ein Teil des Zwischenhirns, der direkt überder Wirbelsäule liegt. Den Wasserhaushalt hält derHypothalamus durch die Absonderung eines Hormonsaufrecht, das die Nierentätigkeit regelt und die Nerven inder Kehle anregt. Gefährlich kann sowohl ein Zuviel alsauch ein Zuwenig an Wasser werden.

Water is life

Referring to water as an “elixir of life” is more than simply a poetic expression. Life was,indeed, created in water. Here is where the long journey of evolution began, ranging fromthe primitive forms of life, which in fact consist of nothing but water, to the complexity ofman. After all, 65 percent of a healthy human body is made up of water. The fluid iscontained in all body tissues, fills cellular gaps and bone cavities, and covers a distance of90,000 kilometres through the body’s blood vessels, arteries and veins. Water inside thecells accounts for 41 percent of the body weight, blood plasma supplies four percent, andfive percent of the fluid is found in the corporal cavities, such as in the bowels or eyeballs.

The human body derives the water which is essentialfor its survival from various different sources. It takes upabout 47 percent by drinking. As much as 14 percentof the daily water demand is supplied by the bodyitself, being by-produced during the chemical processof vesicular breathing. Another 39 percent is taken upthrough “solid” food.On average, the human body contains about 45 litresof water. More than 2.5 litres need to be replaceddaily. 1.5 litres are supplied by drinking; the watercontained in the food contributes another litre. Onequarter of a litre is derived from “dry” food throughmetabolic processes.It needs to be noted that there is no stagnant waterinside the body. Large amounts of water circulatethrough the body, being constantly renewed. Some2.5 litres a day are eliminated through the kidneys,mostly in the form of urine. Another litre a day is lostthrough breathing and sweating.

The amount of water inside the human body needs tobe accurately balanced; deviations of a mere one totwo percent immediately manifest themselves as thirstor pain. The main control centre responsible for theseprocesses is the hypothalamus, a part of the midbrain,which is directly located above the spinal cord. Thehypothalamus maintains the water balance bysecreting a hormone which controls renal activity andstimulates the nerves of the mouth and throat. Eithertoo little or too much water can be dangerous.

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Nur etwa 47 Prozent der lebensnotwendigenWassermenge trinkt der Mensch. / Man derivesmerely 47 percent of the water essential for hissurvival from drinking.

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Reinstes Trinkwasser – hier die Kläfferquelle – für den großen Durst derMillionenstadt Wien. / Pure drinking water to quench the thirst of city dwellersin Vienna: the 'Kläfferquelle' (picture) is one of the springs.

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Wien ist anders

Wien ist anders.Während weltweit fast alle Großstädte unter Wasserknappheit und schlechter Wasserqualitätzu leiden haben, steht der Stadt an der „schönen blauen Donau“ ausreichend frisches undklares Trinkwasser zur Verfügung. Wobei dafür die Donau aber nur zu einem geringenProzentsatz „verantwortlich“ ist. Denn rund 95 Prozent des Wiener Wassers kommen seit1873 bzw. 1910 aus den niederösterreichisch-steirischen Kalkalpen. Das Einzugsgebiet derQuellen, das in etwa doppelt so groß ist wie Wien selbst, steht seit 1965 unter besonderemSchutz. Und nur in Ausnahmefällen, wie zum Beispiel langen Hitzeperioden oder beiReparaturarbeiten, wird zusätzlich auf Grundwasser aus den Wasserwerken Lobau undMoosbrunn und zu einem geringen Teil auch auf Oberflächenwasser aus derWientalwasserleitung zurückgegriffen.

Der Tagesbedarf der Millionenstadt Wien ist gewaltig: Er liegt bei rund 400.000Kubikmetern, wobei sich Haushalte und Industrie diese gewaltige Menge zu jeweils rund 50 Prozent teilen. An Spitzentagen steigt der Bedarf sogar bis auf 580.000 Kubikmeter.Die hohen Ansprüche, die man in Wien an die Trinkwasserqualität stellt, haben übrigensTradition. Denn schon die alten Römer, die am Ufer der Donau ihr Lager namens„Vindobona" errichteten, verzichteten weitgehend auf das Donauwasser und holten sichdas kühle Nass mittels eines Steinkanals aus dem Wienerwald: immerhin täglich fast 5.000Kubikmeter.

Vienna is different

Vienna is different. While nearly all large cities in the world must suffer from a water shortage and poor waterquality, the city on the Blue Danube abounds in fresh and clear drinking water. Yet only asmall proportion of this water comes from the Danube River itself; since the years 1873 and1910, about 95 percent of Vienna’s water reserves have been derived from the limestonemountains of Lower Austria and Styria, the so-called “Kalkalpen”. The catchment area of thespring water, which is about double the size of Vienna, has been under special protectionsince 1965. Only in exceptional cases, such as after long periods of drought or duringmaintenance operations, the water supply is stocked up by groundwater from thewaterworks at Lobau and Moosbrunn and, to a lesser part, also by surface water from theWiental water supply system.

As a metropolitan city, Vienna has an enormous daily water demand totalling some400,000 cubic metres, with households and industrial establishments each accounting for50 percent of this huge amount. At peaks, the daily water demand may even rise to580,000 cubic metres.The high quality standards for drinking water in Vienna have a long tradition. Already theRomans, who set up their military base “Vindobona” on the banks of the Danube River,largely refused to take the water from the river and instead built a stone channel to derivetheir water supply – nearly 5,000 cubic metres daily - from the Vienna Woods.

Wasserspeicher sichern die Trinkwasserversorgung. Der Tagesbedarfder Stadt Wien liegt im Schnitt bei rund 400.000 Kubikmetern. /Water reservoirs secure the city's drinking water supply. Vienna has anaverage daily water demand of 400,000 cubic metres.

Rund 95 Prozent des Wiener Wassers kommen über Hochquellenleitungenaus den niederösterreichisch-steirischen Kalkalpen. / 95 percent ofVienna's water reserves are derived from the limestone mountains of LowerAustria and Styria through spring water pipelines.

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Diese Technologie geriet im Mittelalter wieder in Vergessenheit. Und für verschmutzteHausbrunnen machte man damals Brunnengeister, Basilisken und Hexen verantwortlich.Insgesamt war die hygienische Situation zu dieser Zeit eine einzige Katastrophe. Denn dasWien des 16. Jahrhunderts kannte noch keine Kanäle. Der Dreck, der einfach vor die Türgeleert wurde, versickerte und verseuchte das Grund- und damit das Brunnenwasser.

Wirkliche Entspannung brachte erst der Bau der I. Hochquellenleitung, die im Jahr 1873 inBetrieb ging. In freiem Gefälle liefert sie aus dem mehr als 100 Kilometer entfernten Rax-Schneeberg-Gebiet täglich rund 180.000 Kubikmeter oder jährlich an die 63 MillionenKubikmeter reinstes Quellwasser; das sind etwa 43 Prozent des Wiener Wasserbedarfes.1910 wurde schließlich die II. Wiener Hochquellenleitung feierlich eröffnet. Sie liefert ausden steirischen Wildalpen pro Tag 210.000 Kubikmeter; das sind jährlich etwa 50,4 Prozentdes gesamten Wiener Bedarfes.

Wiedergeburt der römischen Idee nach 1.000 Jahren

Das durch die Hochquellenleitungen gewonnene Trinkwasser konnte sich allerdings nurdann positiv auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirken, wenn auch eine ordentlicheEntsorgung der Abwässer gewährleistet war. Ansonsten bestand stets die Gefahr, dass sichbei Überschwemmungen mit dem Abwasser Krankheitskeime unkontrolliert im Stadtgebietverteilten.

Der Vorläufer der Wiener Kanalisation geht übrigens ebenfalls auf die Römer zurück unddatiert etwa ab dem Jahr 100 n. Chr., als im Militärlager Vindobona ein auch heute nochmodern anmutendes Kanalnetz errichtet und in der Folge zu einem tragfähigenAbwassernetz ausgebaut wurde. Die Kanäle wurden aus Bruchsteinen mit Kalkmörtelgemauert, die Kanalsohle bestand aus Dachziegeln, die Abdeckungen aus Steinplatten undfür kleinere Kanäle wurden bereits Rohre aus gebranntem Ton verwendet. Sie hatten dieForm von Kegelstutzen und wurden beim Verlegen ineinander gesteckt. DieStraßenentwässerung erfolgte über gelochte Steinplatten – die Vorgänger der Gullys – in dieKanäle.

Mit dem Ende der römischen Herrschaft im Wiener Raum im frühen 5. Jahrhundert gerietdie römische Kanaltechnologie allerdings für rund 1.000 Jahre in Vergessenheit. Erst imSpätmittelalter wurden zur Ableitung von häuslichen und gewerblichen Abwässern unter-irdische, gemauerte Leitungen, so genannte „Möhrungen“, errichtet. Sie mündeten vorerstaber nur in das nächste offene Gerinne.

This technology fell into oblivion during the Middle Ages, and contaminated wells wereincreasingly blamed on evil water spirits, basilisks and crafty witches. The sanitary conditionsduring that time were a downright disaster. In 16th century Vienna, public sewers were stillunknown. The filth that was simply dumped on the doorstep permeated into the ground,contaminating the groundwater and thus also the wells.

A major improvement in this situation finally came about in 1873, when construction workfor the First Spring Water Pipeline was completed and the new water supply system startedoperation. This pipeline supplies the Viennese population with a daily amount of 180,000cubic metres - or an annual amount of 63 million cubic metres - of purest spring water. Thewater flows in a natural gradient from the mountain area of Rax-Schneeberg located at adistance of 100 kilometres from the city; it accounts for 43 percent of the Viennese waterdemand.In 1910, finally also the Second Spring Water Pipeline was inaugurated. It supplies the citywith 210,000 cubic metres of spring water from the limestone mountains of Styria, the so-called “Wildalpen”, totalling 50.4 percent of Vienna’s overall yearly water demand.

[ kapitel I ]

Rekonstruierter römischerKanal / Reconstructed Roman sewer

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Mit der nach der im Jahr 1683 beendeten Türkenbelagerung Wiens einsetzenden verstärk-ten Bautätigkeit begann auch der Ausbau des Kanalisationssystems. Neu errichtete Gebäudebekamen zumeist einen Abwasserabzug mit einem Anschluss an einen Straßenkanal.Allerdings gab es noch in vielen älteren Häusern und Klöstern Senkgruben, deren Räumungviele Probleme bereitete. 1706 ordnete ein berühmt gewordener Erlass an, dass dieseSenkgruben nur in den Wintermonaten geleert werden dürfen. Der Erlass forderte dieSenkgrubenbesitzer aber auch auf, sie aufzulassen und ihren „Unrath im Wege gewölbter,an das städtische System angeschlossener Kanäle abzuführen“.

Bereits unter Maximilian I. war die der Stadtordnung zugehörige Bau-, Feuerlösch-, Straßen-und Sanitätswesenverordnung, der „Innere Rat“ (Stadtrat), mit der Obsorge für dieAbwasserfragen betraut. Später kam dies unter Leopold I. dem damals errichteten„Wienerischen Baurat“ zu, welcher 1706 bereits unter der Bezeichnung „Stadt-Bauamt“ fun-gierte. Diesem waren die gemauerten Abzugskanäle vorschriftsmäßig zugeordnet.

Die Herstellung der ersten unterirdischen Abwasserkanäle im Wien der Neuzeit wurde durch die günstigen Niveauunterschiede des Wiener Stadtgebietes wesentlich erleichtertund gefördert. In den ersten Entwicklungsstadien der Kanalisation wurden die Straßen- undHausabzüge direkt in den Donaukanal sowie in die damals noch offenen Gerinne desWienflusses, des Alsbaches und des Ottakringer Baches eingeleitet.

[ 14 ]

Rebirth of the Roman concept after 1000 years

The drinking water derived from the two spring water pipelines could, however, only have a positive effect on

public health on condition that a sanitary disposal of sewage and wastewater was also guaranteed. Otherwise

there was the constant threat that in the event of flooding, the city’s sewage would disseminate pathogenic

micro-organisms all over the city area.

Interestingly, the forerunner of the Viennese sewer system also dates back to ancient times;around the year A.D. 100, the Romans in the military camp of Vindobona built a sewer,even comparable with today’s modern standards, which they subsequently extended into afull-fledged wastewater system. The sewer walls were made out of quarry stones cementedup with mortar, the sewer bottom consisted of roof tiles, and the covering was made ofstone plates. For the smaller sewers already burnt-clay pipes were used. They were conicallyshaped and fit into each other during pipe-laying. Water from the streets was drained offinto the sewers through stone plates with holes in them – the precursors of our modernditches.

In the early 5th century, when Roman supremacy in the Greater Vienna area ended, theRoman sewer technology finally fell into oblivion and was to remain forgotten for the next1,000 years. Only in the Late Middle Ages, people began to build underground drains linedwith stonewalls for carrying off domestic and industrial wastewaters; however, at first thesewere still directly discharged into the nearest watercourse.

Heavy building activities, which set in after the end of the Turkish siege in 1683, also led tothe expansion of the public sewer system. Most of the newly erected buildings wereequipped with a domestic sewage drain connecting to the mains. But many of the olderbuildings and monasteries still had cesspits, the removal of which caused many problems. Afamous decree issued in 1706 laid down that emptying of these cesspits was only allowedduring the winter months. Cesspit owners were furthermore urged to close their cesspitsdown and discharge their “filth” through domestic drains connected to the public mains.

Already under the reign of Maximilian I, the city council, the so-called “Innere Rat”, wasresponsible for wastewater and sewage matters by way of a legal ordinance concerningurban development, fire brigades, road construction and public health. In later times, underthe reign of Leopold I, these matters were placed under the authority of the newly founded“Wienerische Baurat”, a council which in 1706 already executed its functions under the title“Stadt-Bauamt”, being in charge of the wall-lined sewers by legal order.

The construction of the first underground sewers in modern-age Vienna was considerablyalleviated and fostered by the favourable differences in level of the Viennese city area. In thefirst developmental stages of sewer construction, the sewage coming from the domesticsewers and street drains was directly discharged into the Danube Canal as well as the stillopen watercourses of the Wien River, the Alsbach and the Ottakringer Bach.

Römischer Kanaldeckelaus Vindobona / Ancient Roman manholecover from Vindobona

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Page 17: Die Natur als Vorbild

Vorreiterrolle in Europa

Im 18. Jahrhundert übernahm Wien zumersten Mal eine Vorreiterrolle im europäischenKanalisationswesen. 1739 war es nämlich dieeinzige europäische Stadt, die innerhalb derStadtmauern nahezu vollständig kanalisiertwar. Andere Städte der gleichen Größen-ordnung begannen mit diesem Vorhabenerst Jahrzehnte später.

Trotzdem traten immer wieder tödlicheSeuchen auf, denn die Bewohner derPeripherie Wiens warfen ihre Abfälle nochimmer in die offenen Wienerwaldbäche,nutzten diese aber andererseits wieder zumWaschen und die nahe gelegenen Brunnen-stuben zur Entnahme von Trinkwasser. In denVorstädten machte der Ausbau des Kanal-netzes nur langsam Fortschritte.Unter der Regentschaft von Joseph II. wurdedie Kanalisierung dann wieder intensiviert.1792 nennt eine Kommission als einzigeAbhilfe die Herstellung von Sammelkanälenan den Ufern des Wienflusses, um den es amallerärgsten bestellt ist.

Die gegen Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts einsetzende rascheEntwicklung der permanent wachsenden Vorstädte hatte auch eine beträchtlicheAusdehnung des Kanalnetzes zur Folge. Dadurch verbesserten sich zwar die sanitärenVerhältnisse in den neu gebauten Häusern, der Zustand der die Stadt durchziehenden offe-nen Wasserläufe, die für die Kanäle noch immer als Vorfluter dienten, verschlimmerte sichaber umso mehr.

Im Februar 1830 verursachte ein Eisstoß der Donau ein Jahrhundert-Hochwasser. Dabeiwurde ein Großteil der Stadt für mehrere Tage überflutet und das Grundwasser hochgradigverseucht. In der Folge brach eine gewaltige Cholera-Epidemie aus. In kurzer Zeit wurde dieStadt von zwei schweren Katastrophenschüben heimgesucht, die insgesamt 4.000 Tote for-derten. Zum ersten Mal wurde nun vermutet, dass die Erreger der Cholera über dasAbwasser wieder in den Trinkwasserkreislauf geraten und so zur Verbreitung der Seuche bei-tragen.

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Pioneers in Europe

In the 18th century, Vienna became a pioneer in sewer technology among the European cities.In 1739, it was the only European city with a (almost) fully developed sewer system within thecity walls. It took several decades before other cities of the same size followed Vienna’s example.

But deadly plagues still kept occurring on the scene; the people living at the city’s outskirtsstill dumped their rubbish into the open watercourses of the Vienna Woods, whilst using thesame water for washing and fetching their drinking water from the wells nearby. Theexpansion of the sewer system in the suburbs made only little progress.Under the reign of Joseph II, sewer construction activities were again intensified. In a writtenpassage dating back to 1792, a commission is quoted which then concluded that the onlyremedy was to build sewage collectors alongside the embankments of the Wien River,which was said to be the hardest hit of all.

Überschwemmung in Wien, 1830. Ursache einer ge-waltigen Cholera-Epidemie. / The Great Vienna Floodof 1830 caused a devastating cholera epidemic.

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Page 18: Die Natur als Vorbild

Noch während der Cholera-Epidemie wurde im Herbst 1831 mit dem Bau des Sammel-kanals am Rechten Wienfluss begonnen – der Volksmund nannte ihn prompt „Cholera-Kanal“. Nach Fertigstellung des 4.873 Meter langen Sammlers zwischen dem Donaukanalund dem Linienwall wurde der Stadt per kaiserlichem Dekret der Bau weiterer Kanäle auf-getragen. So entstanden der Linke Wienflusssammelkanal (1836–1839), die Einwölbungdes Ottakringer Baches (1837–1840) und die Einwölbung des Alsbaches (1840–1843).Weiters ließ die Gemeinde 1848 den Währinger Bach von seiner Einmündung in denAlsbach bis zum Linienwall einwölben. Damit verfügte die Stadt schon um 1850 über eingut funktionierendes Kanalsystem.Übrigens: Ein Großteil der Kanäle ist auch heute noch in Gebrauch.

Kanäle sind wichtig, aber das reicht nicht

Nach der Schleifung des Linienwalls im Jahr 1890 wurde auch der Ausbau der Kanäle inten-siv vorangetrieben. Durch die weitere Einwölbung von Bächen entstanden zahlreicheSammelkanäle. 1892 wurde die Regulierung des Donaukanals beschlossen und damit derBau von Sammelkanälen an beiden Ufern.

Eines der größten Probleme war der Wienfluss, der bis ins späte 19. Jahrhundert unbegra-digt blieb und bei Hochwasser regelmäßig Überschwemmungen verursachte. Pläne fürseine Regulierung gab es immer wieder, sie wurden allerdings nicht realisiert. Die Kapazitätder „Cholera-Kanäle“ erwies sich übrigens schon bald nach ihrer Errichtung als unzurei-chend, bei starkem Regen liefen sie schnell über.

[ kapitel I ]

The rapid development in the mushrooming suburbs, which took place towards the end ofthe 18th and beginning of the 19th century, had a considerable expansion of the publicsewer system in its wake. While this resulted in an improvement of the sanitary conditions inthe newly built houses, the situation of the open watercourses meandering through the city,which were still used to take up the filthy waters from the domestic drains, dramaticallyworsened.

In February 1830, an ice melt of the Danube River triggered a horrendous centennial flood,immersing large parts of the city in water for several days and causing heavy contaminationof the groundwater. Consequently, an enormous cholera epidemic broke out. Within only ashort time, the city was haunted by two severe catastrophes, which in all took a toll of4,000 deaths. For the first time it was assumed that the pathogenic agent causing choleramight infiltrate the drinking water cycle through the wastewater, thus being instrumental inspreading the disease.

In the autumn of 1831, when the cholera epidemic was still in full swing, building activitiesto construct the sewage collector alongside the right embankment of the Wien River werelaunched; the collector soon became commonly known as the “cholera sewer”. Aftercompletion of the 4,873-metre-long collector extending between the Danube Canal and the“Linienwall”, Vienna’s outer fortification, the city authorities received an imperial order tobuild additional sewers. This gave rise to the construction of the second sewage collectoralongside the left Wien River embankment from 1836 -1839, and also two furtherwatercourses - the Ottakringer Bach (1837-1840) and the Alsbach (1840-1843) – receivedvaulted stoneworks. In 1848, the city council also commissioned the vaulting of another

watercourse, the Währingerbach, from the Linienwall to where it flowsinto the Alsbach. By 1850, the city could thus boast a properlyfunctioning sewer system.It is worth noting that the large majority of Vienna’s sewers are still inuse today.

Sewers are important, but they are not enough

After the demolition of the Linienwall in 1890, the city’s sewer systemwas further expanded. In the course of several river regulation projectsalso numerous sewage collectors were built. In 1892, a river regulationproject for the Danube Canal was launched, involving the constructionof sewage collectors on either embankment.

Unregulierter Wienfluss / Wien River prior to river regulation

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Letztlich wurde der Wienfluss im Zuge des Baus der Stadtbahn in den Jahren 1895–1906„gebändigt“. Er erhielt an der westlichen Stadtgrenze große Wehranlagen und Staubecken,seine Sohle wurde vertieft, die Ufer wurden mit Mauern begrenzt und die rechte Mauerwurde zur Trasse der Stadtbahn ausgebaut. Die einschneidendste Veränderung aber war,dass der Wienfluss zwischen Naschmarkt und Stadtpark auf einer Länge von 2,3 Kilometernmit einem Tunnelgewölbe überbaut wurde und seither samt seinen Sammelkanälen unter-irdisch fließt.

Im Jahr 1904 wurden der Stadt Wien größere Gebiete am linken Donauufer eingemeindet,deren Großteil bereits kanalisiert war. Zu diesem Zeitpunkt verfügte Wien bereits über einbestens funktionierendes Kanalsystem. Das Gesamtnetz der Straßenkanäle betrug 757 unddie Gesamtlänge der Hauskanäle 1.162 Kilometer. In der Zwischenkriegszeit stagnierte dannder Ausbau aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage. Im Zweiten Weltkrieg erlitt dasWiener Kanalnetz insgesamt 1.765 Einzelschäden. Es blieb aber trotzdem funktionstüchtig –und das war einer der Gründe dafür, dass Wien in dieser schweren Zeit von Seuchen ver-schont blieb.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Kanalnetz wieder zügig ausgebaut. Um 1980umfasste es bereits 1.614 Kilometer Straßenkanäle und 3.705 Kilometer Hauskanäle.

Das war zweifellos eine beachtliche Leistung. Aber damit, dass die Abwässer in Kanälen ver-schwinden, ist es nicht getan.

One of the most pressing problems was the Wien River, which remainedunregulated until the late 19th century; whenever a flood event occurred, theWien would overflow its banks. Repeatedly plans aiming at a regulation of theriver bed were drafted, but they all failed to be put into practice. After

construction of the “cholera sewers”, it soon became evident that their capacity, too, wasinadequate; heavy rainfalls quickly caused them to overflow.

The Wien River was eventually “tamed” in the wake of construction activities for the city’spublic railway system, the “Stadtbahn”, between 1895 and 1906. Large dams and banked-up basins were built into the river near the city limits in the west, the river bed wasdeepened, the banks were fortified with walls, and the right-side wall was further developedto harbour the railing tracks of the Stadtbahn. However, the most groundbreakingmodification was the vaulting of the Wien River over a length of 2.3 kilometres, extendingfrom the Naschmarkt to the Stadtpark. The Wien River and its sewage collectors have beenflowing underground, being arched by this tunnel, ever since.

In 1904, large areas alongside the left Danube embankment became incorporated into thecity, most of them already being endowed with sewers. At the time, Vienna could alreadyboast a perfectly functioning sewer system. The total system of main sewers comprised 757kilometres, the side sewers had a total length of 1,162 kilometres. Sewer system expansionstagnated in the inter-war period due to the economic crisis. During the Second World War,the Viennese sewer system was badly damaged, incurring 1,765 individual damage casereports. Yet it continued functioning, which was one of the reasons why Vienna was sparedof epidemics during those difficult times.

After the Second World War, the public sewer system was rebuilt and further extendedwithout delay. Around 1980, it already covered 1,614 kilometres of main sewers and 3,705kilometres of side sewers.

This was undoubtedly a remarkable performance. But simply ensuring that sewage andwastewater disappears into an underground sewer system is not enough.

Nach der Schleifung des Linienwalls 1890 wurde der Ausbau der Kanäle zügigvorangetrieben. / After the demolition of the 'Linienwall' in 1890, the city's sewersystem expanded rapidly.

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Page 20: Die Natur als Vorbild

Damit die Donau sauber bleibt

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Das bestens funktionierende Wiener Kanalnetz war mit der Zunahme der Schmutzfrachten baldüberfordert. / Vienna's well functioning sewer systemsoon failed to cope with the increasing effluent loads.

Assuring that the Danube stays clean

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Page 21: Die Natur als Vorbild

Die – beachtliche – Story der Wiener Kanalisation stieß allerdings mit dem Wachsen derBundeshauptstadt sehr bald an ihre biologischen Grenzen. Je größer die Schmutzfrachtenwurden, desto mehr litt das biologische Gleichgewicht in den Vorflutern – und das warenin erster Linie der Wienfluss, der Donaukanal und die Donau. Bald war klar, dass es nichtausreichte, den flüssigen Abfall kontrolliert im Untergrund „verschwinden“ zu lassen: DasSchmutzwasser musste – sollten die als Vorfluter benutzten natürlichen Gewässer nicht zur„cloaca maxima“ verkommen – gereinigt werden.

Immerhin wies zum Beispiel der Liesingbach in den Neunzigerjahren des vergangenenJahrhunderts schon an der Landesgrenze von Wien Güteklasse II–III auf, nach Einleitung dergeklärten Abwässer aus der Kläranlage Blumental sogar Klasse IV. Der Wienfluss wurdedamals auf nahezu der gesamten Fließstrecke in Wien ebenfalls mit Güteklasse II–III bewer-tet, kurz vor der Einmündung in den Donaukanal mit Güteklasse III. Der Donaukanal wiesGüteklasse II bis II–III auf, die Donau zeigte oberhalb von Wien Güteklasse II, unterhalb derGroßstadt nur noch eher selten diese Güteklasse.

Ein Fluss ist ein offenes Biotop, da ein beachtlicher Teil des Energieflusses auf organischenStoffen beruht, die von anderen Ökosystemen (Land, See etc.) stammen. Plankton und ver-wesende Pflanzenteile werden fortgeschwemmt, wodurch sich für manche Tiere dasNahrungsangebot ständig ändert.

Im Fluss stellen Algen und höhere Wasserpflanzen die Produzenten dar. Sie sind nicht nurNahrungsgrundlage für die Pflanzen fressenden Lebewesen und stehen damit am Beginnder Nahrungskette, sie erzeugen auch den für das Leben wichtigen Sauerstoff.

Belastet wird das offene Biotop Fluss in erster Linie durch den Menschen. Vor allem in denBallungsräumen werden große Abwassermengen eingeleitet, die sauerstoffarm und nähr-stoffreich, oft aber auch giftig sind. Bei erhöhter Zufuhr von organischem Material – alsoNährstoffanreicherung durch Industrieabwässer, Hausabflüsse, Dünger von Feldern,Waschmittelrückstände etc. – beginnen Wasserpflanzen übermäßig zu wachsen, und die

The - remarkable - development of Vienna’s sewer system soon approached its biologicallimits as the federal capital expanded. The growing amounts of sewage also increased theburden on the biological balance in the receiving waters – and these were primarily theWien River, the Danube Canal, and the Danube River. It soon became clear that it was notenough to make the filthy waters “disappear” underground: the effluents had to be cleanedif they were not to turn the natural receiving waters into a “cloaca maxima”.

In the nineteen nineties, the Liesingbach, for example, had quality class II-III even beforereaching Vienna’s city limits, and was as bad as class IV after receiving the purified effluentsof the Blumental sewage treatment plant. The Wien River was then rated class II-III for muchof its flow section through Vienna and even class III shortly before flowing into the DanubeCanal. The Danube Canal itself had quality class II and II-III, and the Danube River had class IIupstream of Vienna, which it very rarely achieved downstream of the city.

A river is an open biotope as a considerable proportion of its flow of energy is based onorganic substances which it derives from other eco-systems (land, lakes, etc.). Plankton androtting vegetation is swept away, so that some animals have a constantly changing supplyof different nutrients.

Algae and higher aquatic plants are the producers in a river system. They not only rank atthe top of the food chain for being fed upon by the herbivores, but they also produce theoxygen essential for the survival of living species.

As an open biotope, a river is primarily burdened by man. Especially the watercourses in thedensely populated areas must take up large amounts of wastewater and sewage, which arepoor in oxygen and high in nutrient salts, but often also toxic. Increased inlet of organicsubstances – which also means nutrient enrichment through industrial wastewater,domestic sewage, agricultural fertilisers, detergent residues, etc. – results in excessivegrowth of aquatic plants and rapid bacterial growth. This bears a great risk: in case ofmassive bacterial growth, these bacteria consume so much oxygen through breathing that

[ kapitel II ]

[ 19 ]

Kanalisation stößt an biologische Grenzen. Zwei Millionen

randvoll gefüllte Badewannen sind täglich zu reinigen.

Die fünf „Hauptschlagadern“ des Wiener Kanalnetzes.

Das modernste Kanalsystem Europas. Wienerwaldbäche

„huckepack“ im Kanal. Nachhaltiges Abwassermanagement.

The sewer system pushes to its biological limits. Two million

bathtubs full a day need cleaning. The five “arteries” of the

Viennese sewer system. The most technically advanced sewer

system in Europe. Vienna Woods rivers flow “piggyback” in the

sewer. Sustainable wastewater management.

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Page 22: Die Natur als Vorbild

Bakterien vermehren sich rasch. Darin liegt eine große Gefahr. Kommt es nämlich zu einerstarken Vermehrung der Bakterien, verbrauchen diese durch Atmung so viel Sauerstoff, dasszuerst jene Tiere, die viel Sauerstoff benötigen (z.B. Fische oder Krebse), zugrunde gehen,zuletzt die Bakterien selbst. Dann ist das Gewässer tot, man spricht auch vom „Umkippen“des Gewässers.

Zur Beschreibung der Qualität eines Gewässers hat man insgesamt vier Güteklassen ein-geführt.• Güteklasse I: Wasser nährstoffarm, Besiedelung relativ dünn. Großer Artenreichtum (vor

allem Insektenlarven), aber nur wenige Individuen. Es dominieren forellenartige Fische.Das Wasser ist sehr sauerstoffreich.

• Güteklasse II: Wasser mäßig verunreinigt. Größerer Nährstoffreichtum bewirkt eine stär-kere Entwicklung von Algen, höheren Wasserpflanzen und Tieren. Außer Insektenlarvenfinden sich Kleinkrebse, Muscheln und Schnecken. Gewässer dieser Güteklasse bieten fürdie meisten Fische günstige Lebensbedingungen.

• Güteklasse III: Zunehmende Belastung durch abbaubare organische Stoffe führt mitunterzu Sauerstoffmangel. Die Artenzahl nimmt ab, dagegen entwickeln sich Organismen mitgeringem Sauerstoffbedarf massenhaft. Noch gedeihen Fischarten, sie sind aber in ihremBestand gefährdet. Im Sediment sind bereits Fäulnisvorgänge nachweisbar.

• Güteklasse IV: Außerordentlich starke Verunreinigung. Sauerstoff ist nur in geringenMengen vorhanden oder fehlt überhaupt. Bakterien und Pilze treten im Wasser treibendsowie auch als dichter Bewuchs auf. Algen und Tiere fehlen fast ausnahmslos.

Zwei Millionen randvoll gefüllte Badewannen sind täglich zu reinigen

Mit der Umsetzung des Wasserrechtsgesetzes 1959 wurde der Schutz der Gewässer vorVerschmutzung durch den Menschen auch in Wien aktiv vorangetrieben. Einen wesent-lichen Anteil an der folgenden Entwicklung hatte Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Wilhelm von derEmde, der 1964 an die Technische Universität Wien berufen wurde und als „Vater der gro-ßen Fortschritte“ im Bereich der Abwasserbeseitigung gilt.

Ein erster Versuch war die in den Jahren 1947 bis 1951 in Inzersdorf-Gelbe Heide errichte-te städtische Kläranlage für die Gebiete von Hetzendorf und Altmannsdorf. 1969 folgtedann in Inzersdorf-Blumental die erste vollbiologische Kläranlage. Sie ist für die Behandlungder Abwässer von rund 150.000 Einwohnern ausgerichtet und machte es möglich, dieAbwässer der angeschlossenen Siedlungen nach der Reinigung wieder in die Liesing ablei-ten zu können.

animals relying on an ample oxygen supply (e.g. fish or crustaceans) die first; finally, also thebacteria themselves cease. Then the body of water is dead, it has become “eutrophic” oreven “hyper eutrophic”.

To describe the quality of a body of water, four quality classes have been established:• Quality class I: water is low in nutrients, scarcely populated, high biodiversity (in particular

larvae of insects), but only few individuals; trout-like fish dominate. Water is rich inoxygen.

• Quality class II: Water is moderately contaminated. High nutrient content fosters growthof algae, higher aquatic plants and animals. The larvae of insects, but also smallcrustaceans, mussels and snails are found. Water bodies with this quality class providefavourable living conditions for most fish.

• Quality class III: Increased loads of biodegradable substances may lead to oxygendepletion. Biodiversity declines, massive growth of organisms with a low oxygendemand. Fish species can still survive, but their numbers are endangered.Putrefaction processes in the sediment begin to show.

• Quality class IV: Water is heavily contaminated. Only little or no available oxygen. Bacteriaand fungi occur floating on the water surface and coagulate into dense plumes. Algaeand animals are almost nonexistent.

Two million bathtubs full a day need cleaning

The enforcement of the 1959 Water Conservation Act marked a positive developmenttowards the protection of water bodies from contamination caused by man, which alsoaffected Vienna. Much of the following development is owed to Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.Wilhelm von der Emde, who in 1964 was offered a chair at the Vienna Technical Universityand was renowned as the “father of major progress” in the field of wastewater disposal.

As a first step, an urban sewage treatment facility for the areas of Hetzendorf andAltmannsdorf was built in Inzersdorf-Gelbe Heide in the years 1947 – 1951. This wasfollowed by the first fully biological sewage treatment plant built in Inzersdorf-Blumental in1969. Being designed to process sewage for 150,000 population equivalents, it hadsufficient capacity to allow the sewage arising from the adjacent settlements to berechanneled into the Liesing after purification. The Blumental plant remained in operationfor wastewater treatment until 2005 and has since then been exclusively used forpurification of rainwater; the generated sewage is now channelled to and purified at theMain Wastewater Treatment Plant in Simmering.

Around the time when the Blumental sewage treatment plant started operation, Vienna’sMain Wastewater Treatment Plant entered its planning phase. The project was finally

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[ kapitel II ]

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Zur Schmutzwasserreinigung blieb „Blumental“ bis 2005 in Betrieb, seit diesem Zeitpunktwird die Anlage nur mehr als Regenwasserkläranlage verwendet, die anfallendenAbwassermengen werden nun zur Hauptkläranlage Wien in Simmering abgeleitet und dortgereinigt.

Etwa zur Zeit der Inbetriebnahme der Kläranlage Blumental wurde auch mit der Planungder Hauptkläranlage Wien begonnen. Das Projekt fand schließlich Aufnahme in dasAbwasserentsorgungskonzept „WABAS 80“, das auch wichtige Kanalbauvorhaben umfasste.In Betrieb genommen wurde die für eine Ausbaubelastung von 2,5 MillionenEinwohnerwerten ausgelegte Hauptkläranlage im Jahr 1980. Seit damals wurde – zumin-dest bei Trockenwetter – das gesamte Abwasser der Stadt, immerhin an die 500.000Kubikmeter pro Tag (das entspricht dem Inhalt von rund zwei Millionen randvoll gefülltenBadewannen), einer mechanisch-biologischen Reinigung unterzogen, der dabei entstehen-de Klärschlamm verbrannt und die Asche auf Deponien gebracht.

„WABAS 80, das ,Wiener Abwasserbeseitigungssystem’, bewegt sich in einer Größen-ordnung, wie es eine Stadt nur einmal in einem Jahrhundert durchführt“, schrieb im Mai1978 der damals Amtsführende Stadtrat Heinz Nittel (Geschäftsgruppe StädtischeDienstleistungen und Konsumentenschutz). Die Entscheidung, das WABAS 80-System zuschaffen, setzte eine hohe politische Verantwortung voraus. Nittel: „Die politischenKörperschaften der Stadt haben sie nach reiflicher Überlegung auf sich genommen, dennsie erfüllen damit nicht nur eine internationale Verpflichtung des Umweltschutzes bzw. derGewässerreinhaltung, sondern den Wienern auch einen lang gehegten Wunsch: damit dieDonau wieder blau wird ...“Erklärtes Ziel von WABAS 80 war es, sämtliche im Stadtgebiet anfallenden Abwässer (mitAusnahme jener, die bereits in der Kläranlage Blumental gereinigt wurden) derHauptkläranlage in Simmering zuzuführen und dort zu reinigen. Dazu waren neben demBau der Kläranlage selbst u. a. die Verlängerung der damals bestehenden Hauptsammel-kanäle, die Errichtung eines neuen Sammelkanals am linken Donauufer sowie der Bau vonPumpanlagen und Dükern zur Querung der Donau und des Donaukanals notwendig.

Die fünf „Hauptschlagadern“ des Wiener Kanalnetzes

Um alle Abwässer Wiens der Kläranlage zuleiten zu können, war die Errichtung großerSammelkanäle notwendig. Die fünf „Hauptschlagadern“ des Wiener Kanalnetzes sind derRechte und der Linke Hauptsammelkanal entlang des Donaukanals, der Linke Donau-Sammelkanal, der Rechte und der Linke Wienfluss-Sammelkanal (dieser historische „Cholera-Kanal“ zählt als eine „Ader“) sowie der Liesingtal-Sammelkanal.

incorporated in the wastewater management programme „WABAS 80“, which also includedsome important sewer construction projects. The Main Wastewater Treatment Plant,designed to cope with 2.5 million population equivalents, started operation in 1980. Sincethen, at least during dry periods, the plant has been used to treat the city’s entirewastewater stream, amounting to 500,000 cubic metres a day (as much as two millionbathtubs filled to the brim can hold). The effluents undergo a mechanical-biologicalpurification process, whose by-product - sewage sludge - is incinerated and its ashes takento the landfill.

„WABAS 80“, Vienna’s wastewater management system, assumes a dimension which a cityreaches only once in 100 years“, wrote the incumbent City Councillor Heinz Nittel (in chargeof public services and consumer protection) in May 1978. The decision to launch WABAS 80involved a great deal of political responsibility. To quote Nittel: “The city’s political bodieshave taken on this responsibility after thorough consideration; they are aware that in doingso they not only live up to the international standards of environmental protection andwater conservation, but also make a long-cherished wish of the Viennese population cometrue: the Danube should become blue again...”.A declared goal of WABAS 80 was to channel all effluents from the entire city area (exceptfor those already treated in the Blumental sewage treatment plant) to the Main WastewaterTreatment Plant in Simmering for purification. Apart from building the wastewater treatmentplant proper, this included extending the existing main collectors, constructing a newsewage collector on the left Danube River banks, and installing pumping stations andsiphon systems for crossing the Danube River and the Danube Canal.

The five “arteries” of the Viennese sewer system

To be able to channel the effluents from the entire city area to the wastewater treatmentplant, large collecting sewers had to be built. The five “arteries” of the Viennese sewersystem comprise the Right and Left Main Collectors alongside the Danube Canal, the LeftDanube River Collector, the Left and Right Wien River Collectors (these historical “cholerasewers” count as one “artery”), and the Liesingtal Collector.

The Right Main Collector (and its adjoining Relief Sewer) begins at the Main WastewaterTreatment Plant and principally follows the course of the right Danube Canal embankmentup to Heiligenstadt. With a total length of 15.6 kilometres, it takes up the sewage from the1st, 3rd, 9th, 11th and 19th city districts. The Relief Sewer, which was additionally builtparallel to the Right Main Collector, has the following purposes:

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Bauarbeiten am RechtenHauptsammelkanal bei derVerbindungsbahnbrücke amDonaukanal (1993) /Construction work at the RightMain Collector near one of theDanube Canal bridges (1993)

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Der fertige Rechte Hauptsammelkanal (1994) / The Right Main Collector after its completion (1994)

Foto oben: Baustelle am Donaukanal im Bereich Dampfschiffstraße. Foto unten: Baustelle RechterHauptsammelkanal bei der Franzensbrücke. / Construction site at the Danube Canal nearDampfschiffstraße; Right Main Collector construction site near Franzensbrücke

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Der Rechte Hauptsammelkanal (ebenso sein Entlastungskanal) beginnt bei der Hauptklär-anlage Wien und führt im Prinzip entlang des rechtsufrigen Donaukanals bis nachHeiligenstadt. Die Gesamtlänge beträgt 15,6 Kilometer, entsorgt werden die Bezirke 1, 3, 9,11 und 19. Warum parallel zum Rechten Hauptsammelkanal zusätzlich ein Entlastungskanalgebaut werden musste, hat folgende Gründe:• Er dient der Ableitung von Trockenwassermengen bei Reinigungs- und Revisionsarbeiten.• Er erhöht das Gesamtabfuhrvermögen auf etwa das Doppelte.• Er übernimmt als Durchlaufspeicher die Aufgabe eines Regenrückhaltebeckens, wodurch

eine bessere Ausnutzung der Hauptkläranlage bei extremen Starkregen möglich wird.Damit ist es möglich geworden, die Schmutzwasseraustritte in den Donaukanal von mehrals zehn Prozent auf ein Hundertstel – das sind 0,1 Prozent – zu verringern.

Der Linke Hauptsammelkanal ist 9,9 Kilometer lang und entsorgt die Bezirke 2 und 20. Erverläuft am linken Ufer des Donaukanals und unterquert diesen kurz vor der Einmündungin die Hauptkläranlage Wien.

Das schwache Gefälle macht es notwendig, beide Hauptsammelkanäle links und rechts desDonaukanals regelmäßig mechanisch zu reinigen. Dazu mussten die Kanäle früherabschnittsweise stillgelegt werden. Die Abwässer wurden dann in den Donaukanal abge-leitet, der dadurch erheblich belastet wurde. Dieses Problem hat man in der Zwischenzeitdurch so genannte „Verbindungsleitungen“ gelöst, über die der Rechte und der LinkeHauptsammelkanal miteinander verbunden sind.

An der Unterseite von insgesamt drei Donaukanalbrücken – der Friedens-, Schweden- undFranzensbrücke – hat man derartige Verbindungsleitungen verlegt. Mit Hilfe unterirdischerPumpstationen und Druckleitungen werden Abwässer, die bei Reinigungs- und Revisions-

Verbindungsleitungen unter drei Donaukanalbrücken verhindern bei Wartungsarbeiten in den beiden Hauptsammelkanälen eine Belastung des Donaukanals. / 'Connecting pipes' on the underside of three Danube Canal bridges prevent effluent discharge into the Danube Canal duringmaintenance operations in the two Main Collectors.

• it takes up the water flow in dry periods during maintenance and cleaning operations inthe Main Collector;

• it doubles the total drainage capacity;• as a throughflow storage system it assumes the function of a storm water retention basin,

which helps to make better use of the treatment capacity of the Main WastewaterTreatment Plant during heavy rainfalls.

This has helped to reduce effluent spills into the Danube Canal from more than ten percentto one hundredth (0.1 percent).

The Left Main Collector is 9.9 kilometres long and takes up the sewage from the 2nd and20th city districts; it follows the course of the left Danube Canal embankment and crossesbeneath the Canal shortly before flowing into the Main Wastewater Treatment Plant.

Due to the low gradient, the two Main Collectors along the left and right side of theDanube Canal need to be mechanically cleansed periodically. In former times, thesecleansing operations could only be performed if the sewers were closed down temporarilyby sections. The effluents were then discharged into the Danube Canal, which consequentlywas heavily burdened. This problem has meanwhile been resolved by the installation of“connecting pipes” which link the Right and Left Main Collector.

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Page 27: Die Natur als Vorbild

[ 25 ]

[ kapitel II ]

Grob- und Feinnetz des Wiener Kanalsystems /Vienna's complex sewer network

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arbeiten entstehen, über den Donaukanal geführt. Dadurch gelangen etwa 80 Prozent derbisherigen Belastungen nicht mehr in den Donaukanal, sondern fließen direkt in dieHauptkläranlage.

Der rund 10,5 Kilometer lange Linke Donau-Sammelkanal wurde im Zuge des verbessertenHochwasserschutzes errichtet. Er liegt unter der für den Hochwasserschutz notwendigenVerbreiterung des linksufrigen Dammes und nimmt die Abwässer von insgesamt fünfSammelkanälen auf, die früher in die Donau mündeten. Da in die Neue Donau keineRegenentlastung erfolgt, muss der Linke Donau-Sammelkanal auch das gesamteNiederschlagswasser des Einzugsgebietes nördlich der Donau aufnehmen. Der LinkeDonau-Sammelkanal unterfährt die Neue Donau oberhalb der Steinspornbrücke, dieAbwässer gelangen dann vom Pumpwerk auf der Donauinsel in den Donaudüker und inweiterer Folge in den Rechten Donau-Sammelkanal und in die Hauptkläranlage Wien.

Die beiden Wienfluss-Sammelkanäle sind die ältesten Sammelkanäle Wiens und die wich-tigsten Zubringer des Rechten Hauptsammelkanals. Der Linke Wienfluss-Sammler ist rund 15Kilometer lang, mündet bei der Stubenbrücke in den Rechten Wienfluss-Sammler und ver-fügt bei der Marxerbrücke über einen Regenauslass in den Wienfluss. Der 12,5 Kilometerlange Rechte Wienfluss-Sammler beginnt beim Lainzer Tiergarten und verfügt über einenRegenüberlauf in den Donaukanal. Beide Kanäle nehmen alle Schmutz- und Regenwässeraus dem Einzugsgebiet auf. In den Wienfluss münden insgesamt 63 Regenüberläufe desMischwasserkanalsystems, wodurch die Wasserqualität des Flusses erheblich beeinträchtigtwird. Aus diesem Grund hat man 1997 mit dem Bau des Wiental-Kanals begonnen.

[ 26 ]

Foto links: Historische Überfallkammer unter der Friedrichstraße zum Wienfluss. Foto oben: AlteSohlesicherung der Überfallkammer. / Historical stormwater overflow channel into the Wien Riverunderneath Friedrichstraße; Sewer bottom of the overflow channel

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Page 29: Die Natur als Vorbild

Such “connecting pipes” were installed on the underside of three bridges across the DanubeCanal: Friedensbrücke, Schwedenbrücke, and Franzensbrücke. The effluents and washwaterresulting from cleansing and maintenance operations are channelled across the DanubeCanal by means of underground pumping stations and pressure mains, so that some 80percent of the former wastewater load is no longer discharged into the Danube Canal butflows directly into the Main Wastewater Treatment Plant.

The 10.5-kilometre-long Left Danube River Collector was constructed in the framework of aflood protection programme. Running beneath the section of the left embankment that waswidened for retaining the backwater, it takes up the effluents from in all five sewagecollectors which were previously discharged into the Danube River. Since there is no stormwater outlet into the Danube, the Left Danube River Collector must also take up the stormwater from the catchment area north of the Danube. The Left Danube River Collectorcrosses underneath the Danube upstream of Steinspornbrücke, the wastewater is thentransported from the pump works on the Donauinsel into the “Danube siphon” andsubsequently into the Right Danube River Collector, from where it finally flows to the MainWastewater Treatment Plant.

The two Wien River Collectors are Vienna’s oldest sewage collectors and the most importantdelivery sewers connected to the Right Main Collector. The Left Wien River Collector extendsover a length of 15 kilometres, joins the Right Wien River Collector at Stubenbrücke, and hasa storm water outlet into theWien River at Marxerbrücke.The 12.5-kilometre-long RightWien River Collector begins atthe Lainz Zoo and has astorm water spillway into theDanube Canal. Both sewerstake up all wastewater andstorm water from thepertaining catchment area.As many as 63 storm waterspillways discharge thecombined sewage into theWien River, so that the river’swater quality is significantlyimpaired. To remedy thissituation, building activitiesfor the Wiental Sewer werelaunched in 1997.

Galerie in der Überfallkammer /Gallery of the overflow channel

[ kapitel II ]

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Page 30: Die Natur als Vorbild

The most technically advanced sewer system in Europe

The Wiental Sewer, which is constructed at a depth of 30 metres directly beneath theriverbed, has an inner diameter of 7.5 metres and a length of 2.6 kilometres; it is the mosttechnically advanced sewer system in Europe. From 2006, the combined sewage will nolonger be discharged into the Wien River but drained off through the new sewer, whichowing to its huge capacity (110,000 cubic metres) also serves as an important intermediatestorage tank. The new sewer carries the effluents to the Danube Canal, where they flowinto the Right Main Collector/Relief Sewer near “Urania”, and further on to the MainWastewater Treatment Plant. After the conclusion of this sewer construction project in spring2006, the Wien River will be the purest urban river.

The effluents from the city districts in the south are channelled through the two 20.5-kilometre-long collectors along either side of the Liesingbach to the Blumental sewagetreatment plant. The wastewater and combined sewage downstream of the sewagetreatment plant flow to the Main Wastewater Treatment Plant. The Lower Austrian

Das modernste Kanalsystem Europas

Mit dem Wiental-Kanal, der in 30 Meter Tiefe mit einemInnendurchmesser von 7,5 Metern und einer Längevon 2,6 Kilometern direkt unter dem Bett des Wien-flusses errichtet wird, verfügt Wien über das modernsteKanalsystem Europas. Ab 2006 werden die Misch-wässer nicht mehr in den Vorfluter Wienfluss entlassen,sondern gelangen über den neuen Kanal – der auf-grund seines Volumens von 110.000 Kubikmeternzugleich als wichtiger Zwischenspeicher fungiert –nach der Einmündung in den Rechten Hauptsammel-kanal-Entlastungskanal bei der Urania zur Haupt-kläranlage. Nach Abschluss der Bauarbeiten im Früh-jahr 2006 wird der Wienfluss der sauberste Stadtflusssein. Fo

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„Hart“ verbauter Liesingbach vorBeginn der Kanalbau- undRevitalisierungsarbeiten /Liesingbach prior to sewer construction and revitalisation: straightened and lined with concrete

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Page 31: Die Natur als Vorbild

communities bordering on the cityarea are partly also connected tothe Viennese sewer system.

The surface runoff in the 10th and23rd city districts drains into thestorm water sewers that flow intothe Liesingbach; so along with therainwater also filth and toxic substances from the streets enter the Liesingbach. The effluentspurified in the Blumental sewage treatment plant are, too, discharged into the Liesingbach,resulting in a substantial deterioration of its water quality. The situation will dramaticallyimprove after completion of the new Liesingtal sewer, which will channel storm water aswell as wastewater directly to the Main Wastewater Treatment Plant in Simmering. And theLiesing, whose riverbed has become a “desert of concrete”, will be reconverted into anecologically intact body of water.

Vienna’s sewer system currently comprises some 2,300 kilometres of street sewers and5,400 kilometres of building sewers. With 99 percent of the Viennese households beingconnected to the public sewer system, the Austrian federal capital ranks among the topcities worldwide. About 78 percent of the sewers are man-accessible sewers, the remainderare sewer pipes.

[ 29 ]

Die Schmutzwässer der südlichen Stadtbezirke werden über die den Liesingbach an beidenUfern begleitenden, etwa 20,5 Kilometer langen Sammelkanäle der Kläranlage Blumentalzugeleitet. Die flussab der Kläranlage anfallenden Schmutz- bzw. Mischwässer fließen in dieHauptkläranlage Wien. Zusätzlich sind noch Teile von angrenzenden Gemeinden in Nieder-österreich an das Wiener Kanalsystem angeschlossen.

Da im 10. und 23. Bezirk die Oberflächenentwässerung über die Regenwasserkanäle, die inden Liesingbach münden, erfolgt, gelangen mit dem Regenwasser auch Schmutz- undSchadstoffe von den Straßen in den Liesingbach. Zudem wird das in der KläranlageBlumental gereinigte Wasser in den Bach geleitet, was die Wasserqualität erheblich beein-trächtigt. Das wird nach Fertigstellung des Liesingtal-Kanal-Projektes schlagartig besser wer-den. Denn der neue Kanal leitet sowohl Regen- als auch Schmutzwässer direkt zur Hauptkläranlage in Simmering. Darüber hinaus wird die Liesing von einem zur„Betonwüste“ verkommenen Bachbett wieder in ein ökologisch funktionsfähiges Gewässerumgewandelt.

Fotos links: Situation vor dem Kanalbau und der Revitalisierung des Liesingbaches(Herbst 2002) und nachher (Sommer 2003) im Bereich von Kledering / Liesingbachnear Kledering before the sewer and river engineering project (autumn 2002) and afterits completion (summer 2003)

[ kapitel II ]

Foto links: Bagger bei der Gestaltung des neuen Bachbettes / Dredger atwork shaping the new river bed

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Page 32: Die Natur als Vorbild

Das Wiener Kanalnetz umfasst derzeit ein Ausmaß von rund 2.300 Kilometern Straßen- und 5.400Kilometern Hauskanäle. Mit einem Anschlussgrad der Wiener Haushalte von 99 Prozent erreicht dieBundeshauptstadt international einen absoluten Spitzenwert. Etwa 78 Prozent der Kanäle sindbegehbar, der Rest Rohrkanäle.

In Anbetracht der Tatsache, dass ein Teil der Wiener Kanäle bereits mehr als 100 Jahre alt ist, sind lau-fend Instandsetzungsarbeiten notwendig. Grundsätzlich wird darauf geachtet, die Kanäle ohnegroße Aufgrabungsarbeiten „unterirdisch“ zu sanieren. Dabei kommt zum Beispiel eineKanalprofilfräse zum Einsatz, die den alten Kanal aufweitet. Dann werden neue Fertigteile aus hoch-wertigen Materialien unter Beibehaltung des Kanalquerschnitts eingebracht.

Trotz des hohen Anschlussgrades der Haushalte an das Kanalnetz gibt es in Randzonen undKleingartensiedlungen noch immer Gebiete, wo die Abwässer in Senkgruben entsorgt werden. ImJahr 2003 gab es noch 8.116 Senkgruben und 46 Hauskläranlagen, vor allem in den Bezirken 10,21 und 22. Der Kanalbau in den Kleingärten wird von der Stadtverwaltung zügig vorangetrieben. Der Verlauf des Wiental-Kanals /

Course of the Wiental Sewer

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Page 33: Die Natur als Vorbild

The fact that some parts of the Viennese sewer system are more than 100 years old makesregular maintenance and repair indispensable. Wastewater engineers generally seek to use“trenchless technologies” for underground sewer rehabilitation. One of the techniques usesa profile milling cutter for widening the diameter of the old sewer. New replacement partsmade of high-quality materials are subsequently introduced while maintaining the originalsewer section.

The majority of households is meanwhile connected to the public sewer system, but insome borderline districts and allotment gardens the sewage is still disposed of in cesspits. In2003, still 8,116 cesspits and 46 individual sewage treatment plants were in use, mostly inthe 10th, 21st and 22nd city districts. The City Council is also seeking to speed up sewerconstruction in the allotment gardens.

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Fotos von links nach rechts: Wiental-Kanal-Baustelle im Wiener Stadtpark; das gewaltigeSchneiderad der Tunnelvortriebsmaschine zum Bau des Wiental-Kanals; die Tunnelvortriebs-maschine wird in Position gebracht; Blick vom Boden des Arbeitsschachtes nach oben. / WientalSewer construction site at Vienna's Stadtpark; The huge cutter head of the tunnelling machine duringconstruction work in the Wiental Sewer; Putting the tunnelling machine into position; View up from thebottom of the work pit

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Page 34: Die Natur als Vorbild

Wienerwaldbäche „huckepack“ im Kanal

Durch die städtische Entwicklung Wiens wurden in früheren Zeiten zahlreiche Bäche einge-haust und in das Kanalsystem eingegliedert. Damit wird aber das an sich saubere, nurgering belastete Wasser dieser Bäche in der Hauptkläranlage zusammen mit dem übrigenAbwasser gereinigt. Nun sollen diese Bachwässer schon bei der Einleitung gefasst unddurch eigene Rohrleitungen – an der Decke der bestehenden Kanäle montiert – direkt demDonaukanal oder dem Wienfluss zugeführt werden. Damit können die Wassermengen derHauptkläranlage um etwa 4,7 Millionen Kubikmeter pro Jahr reduziert werden und dem-entsprechend Kosten für die Abwasserreinigung gespart werden.

Den Hochwasserschutz für Wien noch effizienter macht das neue Pumpwerk in Simmering.Durch die rasche Ableitung des Regenwassers werden vor allem der 11. und der 3. Bezirkbei starken Regenfällen schneller entwässert, die Gefahr von Überschwemmungen wirdminimiert. Das Pumpwerk bei der Ostbahnbrücke an der Simmeringer Lände ist ein multi-funktionelles Bauwerk, das• den bestehenden Rechten Hauptsammelkanal entlastet,• das Aufstauen des Rechten Hauptsammelkanals und des Rechten Hauptsammelkanal-

Entlastungskanals als Speicherkanal ermöglicht,• als Hochwasserpumpwerk für die tief liegenden Gebiete Erdberger Mais und Sim-

meringer Haide fungiert.

Nachhaltiges Abwassermanagement

Wiens klassische Abwasserentsorgung hat sich in den letzten Jahren zum nachhaltigenAbwassermanagement entwickelt. Vermeiden und Vorsorgen sind die beiden oberstenPrinzipien, Abwasserentsorgung und Gewässerschutz sind gleichwertige Partner.

Beim Abwassermanagement der Stadt Wien kommen viele neue Technologien in den unter-schiedlichsten Bereichen zum Einsatz – von der computergesteuerten Kanalnetzsteuerungbis zu neuen Methoden bei der Kanalentlüftung.

Die Stadt Wien verfügt über ein natürlich belüftetes Kanalnetz. Die für Wien typischenKanalgitter ermöglichen das Einströmen von frischer Luft in das Kanalsystem. Diese Methodebirgt bei ungünstigen Wetterverhältnissen aber das Risiko von Geruchsbelästigungen.Abhängig von der jeweiligen Ausgangssituation wurde von der MA 30 – Wien Kanal in denProblembereichen des 21. und 22. Bezirks durch Dosierung von Calciumnitrat oderKanalentlüftung Abhilfe geschaffen. Alle Anlagen laufen vollautomatisch und ökonomischunter Einsatz modernster Mess-, Steuerungs- und Regeltechnik.

Vienna Woods rivers flow “piggyback” in the sewer

In the course of Vienna’s urban development, numerous watercourses were encased andtherefore incorporated into the sewer system. This means that their uncontaminated watersend up in the Main Wastewater Treatment Plant together with the sewage. These watersshall now be captured at their inlets and directly taken to the Danube Canal or the WienRiver through separate pipes, which are mounted to the ceilings of the existing sewers. Thishelps to reduce the volume to be treated in the Main Wastewater Treatment Plant by 4.7 million cubic metres a year, leading to a considerable cutdown on wastewater treatmentcosts.

The new pumping station in Simmering further adds to the efficiency of Vienna’s floodwaterprotection measures. It facilitates an accelerated storm water runoff after heavy rainfallsespecially in the 11th and 3rd city districts, thus keeping the risk of flooding minimal. Thepumping station next to Ostbahnbrücke at Simmeringer Lände is a multi-functional facilitywhich• serves as overflow for the Right Main Collector,• helps to bank up the water flow in the Right Main Collector and its Relief Sewer for use as

a storage reservoir,• serves as a floodwater pumping station for the low-lying areas of Erdberger Mais and

Simmeringer Haide.

[ 32 ]

[ kapitel II ]

Mitarbeiter der MA 30 arbeiten amComputer mit KANIS. / MA 30 staff usingthe computer software KANIS

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Page 35: Die Natur als Vorbild

Ein interessantes Beispiel ist die Kanal-entlüftung an der Alten Donau, bei derdie bis zu zehn Meter hohen Entlüftungs-schlote so konzipiert wurden, dass sieeinerseits effektiv arbeiten und anderer-seits durch Integration in die Straßen-beleuchtung keine optische Beeinträch-tigung bewirken. Die natürliche Sog-wirkung der Kamine durch eingebauteVentilatoren wird übrigens nur bei un-günstigen Wetterbedingungen unter-stützt. Dann ist auf „einleuchtendeWeise“ Schluss mit lästigen Gerüchen.

Eine Möglichkeit, unter den derzeitigenBedingungen trotz großer Regenwasser-mengen die Kläranlagen nicht überdi-mensionieren zu müssen, bietet dieKanalnetzbewirtschaftung auf der Basishydrodynamischer Netzberechnung.Dabei werden Kanalnetz und Kläranlageals Einheit betrachtet und mit moderns-ter Umwelttechnologie optimal aufeinan-der abgestimmt. So kann zum BeispielMischwasser – also Abwasser und Re-

genwasser – bei kleineren und mittleren Regengüssen im Kanalnetz vorerst aufgestautund nur langsam an die Kläranlage abgegeben werden. Vorteil: Man kann die Kapazitätder Kläranlage deutlich verringern – in Wien um 25 Prozent von 24 Kubikmetern proSekunde auf 18 Kubikmeter.

Das Wiener Kanalsystem wird übrigens mit Hilfe des geografischen InformationssystemsKANIS verwaltet. Basis dafür ist ein digitaler Kanalkataster, dessen Lage- und Sachdaten ineiner EDV-Programmstruktur miteinander verbunden sind. Der Kataster umfasst alle Lage-daten des Netzes vom Einstiegsschacht bis zum Profilwechsel. Den Lagedaten sind zu-sätzlich Daten wie zum Beispiel Größe, Zustand oder Sanierung zugeordnet. Die Vorteiledieses Systems ergeben sich aus der einheitlichen Verwaltung des gesamten Netzes.

Sustainable wastewater management

In recent years, wastewater treatment technology in Vienna has progressed from the traditionalmethod of sewage and wastewater disposal to sustainable wastewater management.Prevention and precaution range on top of the hierarchy, wastewater management and waterconservation are equal partners.

The Vienna City Council is using a wide array of new wastewater treatment technologies inmany different areas, ranging from real time control of the sewer network to innovative sewerventilation techniques.

Vienna has a naturally aerated sewer system. The characteristic grids with which the manholesare covered ensure a constant breeze of fresh air into the sewer system. This aeration method,however, has the drawback that in unfavourable weather conditions there is a risk of odouremission. Depending on the dimension of the problem, the council department for sewageand wastewater (MA 30) remedied the situation in the heavily affected areas of the 21st and22nd city districts by using calcium nitrate or sewer ventilation. All units are fully automatedand economical using state-of-the-art measurement and control engineering.An interesting example is the sewer ventilation system for the Old Danube. The ten-metre-highexhaust stacks were designed to ensure maximum efficiency; and they are no visual nuisanceas they are integrated in the street lighting system. The natural draught of the stacks issupported by built-in fans only in adverse weather conditions. And then odour nuisance is nolonger a problem.

Sewer management based on a hydrodynamic network calculation system provides a soundpossibility to avoid the oversizing of wastewater treatment plants under current conditionsirrespective of massive storm water flows. The sewer system and the wastewater treatmentplant are regarded as an entity, being optimally attuned to each other by means of state-of-the-art environmental technology. After smaller and medium rainfalls, for example, the combinedsewage (sewage and storm water) may be banked up temporarily inside the sewer system andis only gradually released into the Wastewater Treatment Plant. This has the advantage that theplant’s wastewater treatment capacity can be drastically reduced – in Vienna by 25 percent,from 24 to 18 cubic metres per second.

The Viennese sewer system is administered by using the geographical information systemKANIS. The system is based on a digital sewer register where geographical and technical dataare combined with each other through an IT infrastructure. The register comprises all location-related data of the sewer system, ranging from manholes to changes in pipe diameter. Thegeographical data is additionally linked to parameters related to location, size, condition, orrepair status. This system has the advantage that it allows a uniform administration of the entiresewer system.

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[ kapitel II ]

Klassischer Eiprofil-Kanal / Classical egg-shaped sewer section

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Page 36: Die Natur als Vorbild

Die Hauptkläranlage – der Beginn

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Hauptkläranlage Wien: Sechs eingehausteSchneckenpumpen heben das Abwasser um etwafünf Meter an. / Vienna's Main WastewaterTreatment Plant: six encased screw pumps 'lift' thewastewater by about five metres

The Main Wastewater Treatment Plant: how it began

034_053_3_Kapitel 26.09.2005 10:38 Uhr Seite 34

Page 37: Die Natur als Vorbild

Damit die Donau, eine der größten und bedeutendsten Wasser-straßen Europas, nach Verlassen des Wiener Stadtgebietes wiederdie gleiche Wassergüteklasse aufweist wie oberhalb der Millionen-stadt, begann man Ende der Sechzigerjahre des vergangenenJahrhunderts mit den Planungen für eine große, zentrale Kläran-lage.Die ersten Überlegungen wurden in den Jahren 1962 und 1963angestellt, als durch Prof. Liebemann (München) gemeinsam mitverschiedenen Dienststellen der Stadt Wien eingehende Untersu-chungen über die Wassergüte der Donau und über Menge undBeschaffenheit des Wiener Abwassers durchgeführt wurden. In ei-nem Gutachten wurde damals festgestellt, dass die Wiener Abwäs-ser zumindest einer mechanischen Reinigung unterzogen werdenmüssen.

Als Standort für eine Kläranlage bot sich der Bezirk Simmering an –der tiefste Punkt der Stadt. Das Abwasser kann so ohne Zwischen-schaltung von Pumpwerken im freien Gefälle einer Reinigung zu-geführt werden.

Und noch ein weiterer „taktischer“ Vorteil ist mit dem Standort ver-bunden: Die Kläranlage wurde genau gegenüber den „Entsor-gungsbetrieben Simmering (EbS)“ – jetzt Verbrennungsanlage derFernwärme Wien – geplant. Der bei der Abwasserreinigung an-fallende Klärschlamm kann dort problemlos mitverbrannt werden.

To ensure that the waters of the Danube River, one of thelargest and most prominent watercourses in Europe, leave theVienna city area with the same quality they have before theyreach the metropolis, the City Council started planning a large,centralised sewage treatment plant in the late sixties of the lastcentury.The first steps in this direction were taken in the years 1962and 1963, when Prof. Liebemann from Munich, together withvarious city council departments, performed a series of detailedtests to analyse the water quality of the Danube River andevaluate the quantity and properties of Vienna’s wastewater. Anexpertise revealed that the Viennese effluents at least requiredmechanical purification.

The city district of Simmering was found to be the best place forsiting a facility, being the district at the lowest sea level. Thenatural gradient allows to introduce the wastewater to apurification process without the need for intermediate pumpingstations.

The site had yet another “strategic” advantage: the wastewatertreatment plant was planned exactly opposite “Ent-sorgungsbetriebe Simmering (EbS)”, which now is the WTEincinerator of the district heating utilities. Here the sewagesludge arising from wastewater treatment can be easily co-incinerated.

[ kapitel III ]

[ 35 ]

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Purification instead of dilution. The

screening chamber traps all sorts of urban

rubbish. Micro-organisms “breathe off”

carbon compounds. Pure water is released

back into the Danube Canal. Vienna burns

all its sewage sludge. Highly efficient

dewatering technique.

Nicht Verdünnung, sondern Reinigung. In der

Rechenanlage „strandet“ jeglicher Unrat der

Großstadt. Mikroorganismen „veratmen“

Kohlenstoffverbindungen. Klares Wasser zurück

in den Donaukanal. Wien verbrennt die

gesamte Klärschlammmenge.

Hocheffizientes Entwässerungsverfahren.

Bürgermeister Leopold Gratz eröffnet am 30. Juni1980 die Hauptkläranlage Wien. / Mayor LeopoldGratz inaugurates the Main Wastewater Treatment Plant on 30 June 1980

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Page 38: Die Natur als Vorbild

The Viennese Main Wastewater Treatment Plant, which together with the sewage sludgeincineration plants of EbS started operation in 1980 and thus celebrated its 25th anniversaryin 2005, was a much admired project in Europe already in its initial construction phase.According to the original plan, only the effluents collected from the city districts extendingbehind the right Danube River banks were to be treated in the Simmering facility. The areaextending to the left of the Danube River was to be serviced separately by another sewagetreatment plant yet to be erected. But in the end, all parties agreed that is was better tochannel the effluents from the area on the left side of the Danube over to the right sidethrough a 567-metre-long “Danube siphon” and have them purified in the Simmering facilityas well. This option proved to be the more practical one for two reasons: the naturalwetlands of Lobau with their groundwater works would remain unaffected, and enlargingthe Main Wastewater Treatment Plant would not result in additional expenses regardingpersonnel, measuring and control systems.

[ 36 ]

Die Hauptkläranlage Wien – die im Juni 1980 gleichzeitig mit den Klärschlammverbren-nungsanlagen der EbS in Betrieb genommen wurde und somit 2005 ihr 25-Jahre-Jubiläumfeiern konnte – war übrigens bereits zu Baubeginn europaweit ein viel beachtetes Projekt.Ursprünglich war geplant, am Standort Simmering nur die Abwässer des rechts der Donauliegenden Stadtgebietes zu reinigen. Für das Areal am linken Donauufer sollte eine eigeneKläranlage errichtet werden. Man einigte sich aber schließlich darauf, die links der Donauanfallenden Abwässer durch den 567 Meter langen „Donaudüker“ auf die rechte Seite zubringen und ebenfalls am Standort Simmering zu reinigen. Diese Lösung erwies sich als diezweckmäßigere, weil das Naturschutzgebiet Lobau mit dem Grundwasserwerk nicht beein-trächtigt wurde und die Vergrößerung der Hauptkläranlage gegenüber zwei Anlagen kei-nen Mehrbedarf an Personal, Mess- und Steuereinrichtungen erforderte.

Die erste Ausbaustufe der Hauptkläranlage Wien (Bildmitte). Rechts das Erweiterungsareal, imVordergrund die Verbrennungsanlage. / First development stage of Vienna's Main WastewaterTreatment Plant (centre), the area of expansion (right) and the incineration plant (front)

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Page 39: Die Natur als Vorbild

Nicht Verdünnung, sondern Reinigung

Zum Zeitpunkt der wasserrechtlichen Genehmigung im Februar 1969 wurde die Hauptklär-anlage Wien für eine mechanisch-biologische Teilreinigung ausgelegt. Die mechanische Rei-nigungsstufe kann 24 Kubikmeter Abwasser pro Sekunde bewältigen. Die biologische Reini-gungsstufe wurde dagegen nur für einen Trockenwetterzufluss von rund acht Kubikmeternpro Sekunde bemessen, ihre hydraulische Aufnahmefähigkeit war mit zwölf Kubikmeternpro Sekunde begrenzt.

Der Gedanke war, die relativ große Wasserführung und die damit verbundene Verdünnungdes gereinigten Abwassers in der Donau zu nützen. Der Niedrigwasserabfluss der Donauliegt in den Sommermonaten bei rund 770 Kubikmetern pro Sekunde, die Schneeschmelzeim Frühjahr lässt die Wassermassen aber bis auf etwa 1.900 Kubikmeter pro Sekunde an-schwellen. Im Vergleich dazu hätten die rund sieben Kubikmeter, die aus der Kläranlage proSekunde abfließen sollten, nur relativ wenig Wirkung gezeigt.

Trotzdem wurden die Überlegungen zur Teilbiologie bald verworfen – nicht die Verdün-nung, sondern die Entfernung der Schmutzfrachten aus dem Abwasser war das Ziel. Aus-gelegt hatten die Techniker die Hauptkläranlage für 2,5 Millionen Einwohnergleichwerte(EGW) und den Abbau von mindestens 70 Prozent der anfallenden Schmutzbelastung. Tat-sächlich wurden aber bald 85 Prozent Reinigungsleistung erzielt.

Bei Trockenwetter beträgt der mittlere Abwasserzufluss zur Kläranlage etwa 7.000 Liter proSekunde. Allerdings kommt diese Menge nicht konstant an. Denn in den Nachtstunden fälltnur relativ wenig Abwasser an – der Zufluss verringert sich auf rund 2.000 Liter pro Sekun-de. In den Morgenstunden verändert sich das relativ schnell: Etwa gegen 10 Uhr vormit-tags – die Verzögerung resultiert aus den langen Fließstrecken im Kanalsystem – erreicht derAbwasserzufluss mit ungefähr 9.000 Litern pro Sekunde seine Tagesspitze. Das hält meist et-wa zwei Stunden lang an, dann verringert sich der Zufluss wieder. Am Abend gibt es eine,wenn auch weniger stark ausgeprägte Zuflussspitze, verursacht von den Wiener Haushal-ten. Über den Tag verteilt strömen etwa 500.000 Kubikmeter durch die Hauptkläranlage. Eine gewaltige Menge, die auch internationale Besucher immer wieder erstaunt.

Wenn es kräftig regnet, hat die Wiener Hauptkläranlage aber noch viel gewaltigere Abwas-sermengen zu bewältigen. Denn wenn sich Schmutz- und Regenwasser vermischen, sokönnen sehr wohl auch schon einmal 1,500.000 Kubikmeter Abwasser pro Tag zu bewälti-gen sein. Aber auch das schafft die Wiener Hauptkläranlage, denn sie ist auch für derartigeExtremereignisse ausgelegt.

Purification instead of dilution

In February 1969, at the time the license for plant operation was obtained by law (waterconservation law), the Viennese Main Wastewater Treatment Plant was designed for amechanical-biological partial treatment. The mechanical treatment phase was able toprocess 24 cubic metres of wastewater per second. The biological treatment phase,however, was only designed for a dry weather flow rate of approximately eight cubic metresper second, its hydraulic capacity being limited to twelve cubic metres per second.

The idea was to take advantage of the relatively large volume of water of the Danube Riverto adequately dilute the purified wastewater. The average low water flow of the DanubeRiver amounts to 770 cubic metres per second in summer, while the melting snow in springcauses the water flow to increase to 1,900 cubic metres per second. The estimateddischarge of seven cubic metres per second from the wastewater treatment plant, incomparison, would have had only a minimal impact.

Nevertheless, the concept of a partial biological treatment was soon abandoned – after all,the aim was not to dilute the wastewater but to rid it of pollutants. The technical expertshad designed the Main Wastewater Treatment Plant for a capacity equating to 2.5 millionpopulation equivalents and a minimum 70 percent reduction of the pollutant load. But soona purification efficiency of as much as 85 percent was achieved.

In dry periods, the average effluent flow into the wastewater treatment plant amounts to7,000 litres per second. However, this flow rate is not constant. In the night hours only littlewastewater is produced, and the flow rate consequently decreases to 2,000 litres persecond. This quickly changes in the morning hours; at around 10 a.m. – the delay resultsfrom the long distance the wastewater covers to make its way through the sewer system –the effluent input reaches its daily peak, resulting in a flow rate of 9,000 litres per second.The flow rate usually remains that high for about two hours, then slackens again. There isanother - yet less pronounced - peak in the evening hours, which is mainly produced by theViennese households. Some 500,000 cubic metres of sewage flow through the wastewatertreatment plant in the course of the day - an enormous amount, which also tends to strikeinternational visitors as a surprise.

During heavy rainfalls, Vienna’s Main Wastewater Treatment Plant has to cope with an evenlarger amount of wastewater. When domestic sewage and storm water are combined, aflow of 1,500,000 cubic metres a day is not a rare event. But even that is not a problem forthe Main Wastewater Treatment Plant as it is designed to cope with extreme storm waterevents and large amounts of wastewater.

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[ kapitel III ]

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Im Schotterfang wird das ankommende Abwasservon Grobstoffen befreit. / In the grit chamber larger

objects are removed from the wastewater.

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In der Rechenanlage „strandet“ jeglicher Unrat der Großstadt

Das durch die Kanäle ankommende Abwasser wird zunächst im Schotterfang von Grobstof-fen wie Schotter und Kies befreit. Er dient vor allem als Schutz der folgenden Schnecken-pumpen und Rechen vor Beschädigungen. Etwa einmal pro Woche werden die Feststoffeaus dem Schotterfang ausgebaggert.

Anschließend wird das Abwasser aus dem Pumpensumpf mittels sechs Schneckenpumpenmit einer Leistung von je vier Kubikmetern pro Sekunde um etwa fünf Meter angehobenund kann so die gesamte Anlage in etwa fünf Stunden im Freispiegelgefälle durchfließen. Jenach Abwasserzufluss sind nur eine oder alle sechs Schneckenpumpen in Betrieb.Jeder Pumpe ist in der Einlaufgruppe ein eigenes Gerinne zugeordnet.

Im Rechenhaus erfolgt dann die erste mechanische Reinigung mittels eines Feinrechens miteiner Spaltweite von sechs Millimetern. Das anfallende Rechengut (Schwimm- und Schweb-stoffe) kann über eine eigene Förderanlage den Rechengutpressen zugeführt werden.

The screening chamber traps all sorts of urban rubbish

The wastewater delivered by the sewer lines is first rid of the large and heavy objects, suchas gravel and grit, in the grit chamber. The latter is an installation for protecting thedownstream screw pumps and screens from damage. The solid matter trapped inside thegrit chamber is extracted about once a week.

Six screw pumps with a capacity of four cubic metres per second each “lift” the wastewaterfrom the pump pit up by about five metres, so it can flow through all sections of the plantby gravity in about five hours. Depending on the flow rate, either one or all six screwpumps may be in operation. A separate trough is ascribed to each pump at the inlet.

The first mechanical purification process takes place inside the screening chamber, where afine bar screen with a gap width of six millimetres rids the effluents of floating andsuspended particles. A special conveyor transports these screenings to the respective balepresses.

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[ kapitel III ]

Die sechs Schneckenpumpen haben eine Leistung von jeweils maximal4,5 Kubikmeter pro Sekunde. / The six screw pumps have a maximumcapacity of 4.5 cubic metres per second each

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In der Rechenanlage findet man einen „bunten Querschnitt“ durch den Unrat, den eineGroßstadt ihrem Kanalsystem zumutet. Hier „stranden“ u. a. Küchenabfälle, Zigarettenkip-pen, Sanitärabfälle, Glasscherben, Nylonstrümpfe und Verpackungsmaterial. Und manchmalsogar lebende Tiere, wie etwa Wasserschildkröten. Alles Stoffe (von Tieren gar nicht zu re-den), die selbstverständlich nicht ins Abwasser gehören. Denn ihre Entfernung über auto-matische Räumvorrichtungen erfordert einen verhältnismäßig hohen maschinellen Auf-wand. Darüber hinaus sind diese Anlagenteile einem erhöhten Verschleiß ausgesetzt. Unddann entstehen noch zusätzlich Energiekosten durch den Betrieb der einzelnen Aggregateund Räumvorrichtungen.

People in a large city burden their sewer system with a concoction of materials that gettrapped in the screening chamber. Here we find kitchen scraps, cigarette butts, sanitarywaste, glass smithereens, nylon stockings, and packaging materials - sometimes even livinganimals, such as turtles. Needless to say all these materials and objects (let alone theanimals) do not belong in the wastewater. Their removal by means of automated devices,such as plates, bars and baffles, requires a relatively high expenditure in machinery. Thesetechnical components are, moreover, subject to increased wear and tear. Added to this isthe cost of energy resulting from the operation of the various machine parts and removaldevices.

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Im Rechenhaus erfolgt der zweite Schrittder mechanischen Reinigung des Ab-wassers. / In the screening chamber thewastewater undergoes the second step ofmechanical cleaning

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The screening chamber is followed by a 50-metre-long and 3.6-metre-deep sand trap with a total capacity of 4,320 cubicmetres. The sand, which is allowed to settle, is dewatered andcombusted together with the screenings.

The still turbid wastewater is now transported through aconnecting channel into eight rectangular basins for primarysedimentation (each 74 metres long, 16 metres wide and 3metres deep). In these eight clarifiers, which have a total capacityof 28,800 cubic metres, the flow moves very slowly; additionalsolids settle to the bottom and floating particles are retained byspecial “skirts”. The primary sludge is forced into sludge troughsby means of removal devices from where it is transportedthrough pipes to the consolidation tanks. In the primary clarifiersup to 30 percent of the pollutant load is removed. This way,between 90 and 120 tonnes of solid particles are eliminatedfrom the wastewater every day.

Dem Rechenhaus nachgeordnet ist ein 50 Meter langer und 3,6 Meter tieferSandfang mit einem Gesamtvolumen von 4.320 Kubikmetern. Der abgesetzteSand wird entwässert und ebenso wie das Rechengut verbrannt.

Die noch immer deutlich trüben Abwässer gelangen nun über ein Verbin-dungsgerinne in acht rechteckige Vorklärbecken (je 74 Meter lang, 16 Meterbreit und 3 Meter tief). Das Gesamtvolumen der acht Vorklärbecken beträgt28.800 Kubikmeter. Hier können sich durch Verminderung der Fließgeschwin-digkeit weitere Schmutzstoffe absetzen, Schwimmstoffe werden durch Tauch-wände zurückgehalten. Mit Hilfe eigener Räumer kann der Vorklär- oder Pri-märschlamm in Schlammrinnen geschoben und dann über Rohrleitungen zuden Eindickern geleitet werden. In den Vorklärbecken können bereits bis zu 30 Prozent der Schmutzstoffe entfernt werden. Jeden Tag werden auf diese

Weise etwa 90 bis 120Tonnen an Feststoffenaus dem Abwasserentfernt.

[ kapitel III ]

Die Vorklärbecken der ersten Ausbaustufe /Primary clarifiers of the firstplant development stage

Fotos links: Die acht rechteckigen Vorklärbecken haben ein Gesamtvolumen von 28.800 Kubikmetern. Pumpen transportieren den abgesetzten Schlamm zu den Eindickern. /The eight rectangular-shaped primary clarifiers have a total capacity of 28,800 cubic metres. The sludge that settles is pumped into the consolidation tanks.

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Mikroorganismen „veratmen“ Kohlenstoffverbindungen

Nach der Vorklärung fließen die nunmehr mechanisch gereinigten Abwässer bis zu einermaximalen Menge von 12 Kubikmetern pro Sekunde in die Belebungsbecken. Der dieseAbwassermenge übersteigende Teil – also weitere 12 Kubikmeter pro Sekunde – wird durchbesondere Vorkehrungen im Mittelgerinne direkt in den Auslaufkanal der Anlage geleitet.

In den vier Belebungsbecken (je 84 Meter lang, 48 Meter breit und 2,6 Meter tief) wird mitHilfe von acht Kreiselbelüftern pro Becken und Milliarden von Mikroorganismen die biologi-sche Reinigung eingeleitet. Die Mikroorganismen entfernen die Kohlenstoffverbindungenim Abwasser auf zwei Wegen: durch die Mineralisierung, das ist die Oxidation oder auch„Veratmung“ des Kohlenstoffs zu Kohlendioxid, und die Speicherung des Kohlenstoffs in deneigenen Zellen. Durch die ständige Speicherung entstehen durch Zellwachstum und Ver-mehrung immer neue Mikroorganismen, die den Reinigungsprozess „am Laufen“ halten.

Das Gesamtvolumen der vier Belebungsbecken beträgt 42.000 Kubikmeter. Ein Belüfter, voneinem Elektromotor mit einer Leistung von 225 Kilowatt angetrieben, kann übrigens demAbwasser maximal 180 Kilo Sauerstoff pro Stunde zuführen. Eine Menge, die von den Mikro-organismen auch tatsächlich verbraucht wird.

Die Menge des Abwassers hängt von der Zahl der Einwohner und von den angeschlosse-nen Industrie- und Gewerbebetrieben ab. Die Wiener Hauptkläranlage wurde ursprünglichfür 2,5 Millionen Einwohnergleichwerte (EGW) ausgelegt.

[ kapitel III ]

In den vier Belebungsbeckender ersten Stufe wird mit Hilfevon acht Kreiselbelüftern proBecken und Trillionen vonMikroorganismen die biologi-sche Reinigung eingeleitet. /Each of the four first-stage aeration tanks is furnished witheight centrifugal aerators andtrillions of microorganisms toinitiate biological cleaning

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Der Einwohnergleichwert (EGW) als Maß für die abzubauendeSchmutzfracht entspricht der von einem Einwohner täglich mitdem Abwasser abgegebenen Schmutzmenge. Sie wird als BSB5

gemessen.Ein EGW entspricht einem BSB5 von 60 Gramm pro Tag. Sokann auch das Abwasser aus Gewerbe und Industrie hinsicht-lich der Schmutzfracht gut mit kommunalem Abwasser ver-glichen werden.

1996 wurde noch eine Phosphatfällanlage in Betrieb genom-men. Die Elimination des Phosphors – täglich 6,2 Tonnen – er-folgt teilweise biologisch durch Anreicherung von Phosphor imBelebtschlamm, überwiegend aber chemisch durch Zugabevon Eisensalzen, z. B. Eisen(III)chlorid („Fällung“), im Zulauf zuden Nachklärbecken. Die zugegebene Menge des Fällungsmit-tels – wöchentlich etwa 200 Tonnen – wird über eine konti-nuierliche Messung der Phosphatkonzentration im Zulauf be-stimmt.

Micro-organisms “breathe off” carbon compounds

After primary sedimentation, the mechanically cleaned effluents flow into theaeration tanks up to a maximum amount of 12 cubic metres per second.Special installations in the middle reaches serve to channel the surplus amount– i.e. another 12 cubic metres per second – directly into the outlet ditch of theplant.

The effluents are subjected to biological treatment in the four aeration tanks(each 84 metres long, 48 metres wide and 2.6 metres deep), which areequipped with eight centrifugal aerators each and harbour billions of micro-organisms. The micro-organisms eliminate the carbon compounds in thewastewater in two ways: they mineralise the carbon, which means they oxidiseit or “breathe it off” as carbon dioxide, and they store the carbon inside theirown cells. This continuous storage results in the growth of cells and theirreproduction, so that more and more micro-organisms are produced whichkeep the purification process “going”.

Die Belebungsbecken der erstenStufe / First-stage aeration tanks

Vorklär-, Belebungs- undNachklärbecken (v. r. n. l.) der ersten

Ausbaustufe / Primary clarifiers, aeration tanks and secondary

clarifiers (from right to left) in the firststage of development

[ kapitel III ]

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Nachklärbecken der ersten Stufe / First-stage secondary clarifiers

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The four aeration tanks have a total capacity of 42,000 cubic metres. A fan, driven by a 225kW-rated electro-engine, is capable of blowing 180 kg of oxygen per hour maximum intothe wastewater – an amount which the micro-organisms are actually able to “digest”.

How much sewage and wastewater is produced depends on the number of inhabitantsand industrial and commercial establishments connected to the sewer system. The MainWastewater Treatment Plant was originally designed for 2.5 million population equivalents.

The population equivalent as a measure for the pollutant load to be removed correspondsto the daily amount of pollutants produced by one single resident and disposed of throughthe sewage. It is measured as BOD5.One population equivalent corresponds to a BOD5 of 60 grams per day. This is a propermethod to compare the pollutant load of commercial and industrial effluents with that ofmunicipal sewage.

A phosphate precipitator additionally started operation in 1996. Phosphate removal – 6.2tonnes daily – partly takes place through a biological process, where phosphorus is enrichedin the activated sludge, but mostly through a chemical process by addition of iron salts suchas ferrous (III) chloride (“precipitation”) to the inflow into the secondary clarifier. How muchof the chemical precipitant is added – about 200 tonnes a week – is determined bycontinuous measuring of the phosphate concentration in the inflow.

In a next step, the wastewater from the aeration tanks flows into 16 secondarysedimentation basins (each 74 metres long, 24 metres wide and 2.3 metres deep). In thesecondary sedimentation basins, which have a total capacity of 64,500 cubic metres, theflocculent sludge is separated from the purified effluent. Once the activated sludge hassettled, it is transported into so-called sludge hoppers by means of special removal devices.Screw pumps with a capacity of 2 x 4 cubic metres per second release part of the sludgeback into the aeration basins in the form of return sludge to keep the decomposition processalive. The excess sludge is sent through pipes to the consolidation tank, where it is thickenedtogether with the sludge derived from primary sedimentation.

The four sludge consolidation tanks, having the shape of round basins, have a capacity of13,500 cubic metres. The arising primary and excess sludges – ranging between 4,000 and7,000 cubic metres daily - are thickened by gravitational force until they have a dry mattercontent of about four percent; then the sludge is dewatered by means of centrifuges andfinally incinerated in fluidised bed furnaces at a temperature of 850 °C. This amounts to 600tonnes daily. The screw pumps, the grit chamber, the consolidation tank and the sludgetroughs are roofed in to avoid odour emission. The various plant units are ventilated byusing biofilters, a measure which has proved highly successful even in adverse weatherconditions.

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Gesamtüberblick über die Becken der ersten Ausbaustufe / Total overviewof tanks of the first plant development stage

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Im nächsten Schritt gelangt das Abwasser aus den Belebungs- in die insgesamt 16 Nachklär-becken (je 74 Meter lang, 24 Meter breit und 2,3 Meter tief). In den Nachklärbecken mit ei-nem Gesamtvolumen von 64.500 Kubikmetern erfolgt die Trennung der Schlammflockenvom gereinigten Abwasser. Der abgesetzte Belebtschlamm wird mit Räumern in so genann-te Schlammtrichter gefördert. Rücklaufschlamm-Schneckenpumpen mit einer Kapazität vonzwei mal vier Kubikmetern pro Sekunde transportieren ihn zum Teil zurück in die Belebungs-becken, um den Abbauprozess intakt zu halten. Der überschüssige Schlamm wird überRohrleitungen zu den Eindickern transportiert, wo er zusammen mit dem Vorklärschlammeingedickt wird.

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Die vier Schlammeindicker – ausgeführt als Rundbecken – weisen eine Kapazität von 13.500Kubikmetern auf. Nach der Eindickung mit Hilfe der Schwerkraft von 4.000 bis 7.000 Kubik-metern pro Tag Primär- und Überschussschlamm auf einen Trockensubstanzgehalt von etwavier Prozent wird der Schlamm in Zentrifugen entwässert und anschließend in Wirbelschicht-öfen bei 850 Grad Celsius verbrannt. Das sind pro Tag rund 600 Tonnen. Um Geruchsbe-lästigungen zu vermeiden, hat man Schneckenpumpen, Sandfang und Eindicker sowie dieSchlammrinnen abgedeckt. Die Entlüftung der Anlagen erfolgt über Biofilter. Diese Maß-nahme hat sich sogar bei ungünstigen meteorologischen Situationen als äußerst wirksam er-wiesen.

Über Zahnschwellen rinnt das gereinigte Abwasser aus den Nachklärbecken in den Ablaufkanalder Anlage. / The purified effluents leave the secondary clarifiers and flow over dentated sills into theoutlet channel of the plant

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Nachklärbecken der ersten Stufe /First-stage secondary clarifiers

Foto links: Über den Auslaufkanal gelangt das gereinigte Abwasser zum Auslaufpumpwerk. Foto oben: Schlammräumer in den Nachklärbecken. / The purified effluents flow through the outlet channel to the outlet pumping station; Sludge scrapers in the secondary clarifiers

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Klares Wasser zurück in den Donaukanal

Das nunmehr vollständig gereinigte und klare Abwasser gelangt schließlich über so ge-nannte Zahnschwellen aus den Nachklärbecken in den Ablaufkanal der Anlage. Dieser Ka-nal ist bis zum Auslaufpumpwerk ein 8,9 Meter breites und 2,8 Meter tiefes offenes Gerinne,vom Auslaufpumpwerk bis zur Mündung in den Donaukanal ein geschlossenes Kastenprofil.Da die Ausmündung bei Donauhochwasser unter Einstau liegt, muss das gereinigte Ab-wasser mittels dreier Pumpen mit einer Leistung von je acht Kubikmetern pro Sekunde hoch-gepumpt werden.

Wien verbrennt die gesamte Klärschlammmenge

Wien ist weltweit die einzige Stadt, die ihren gesamten Klärschlamm thermisch verwertet.Möglich macht es die Schlammverbrennungsanlage, die sozusagen „auf der anderen Seiteder Straße“ liegt. Schon 1971 hatte der Magistrat der Stadt Wien mit einem Privatunterneh-men ein Übereinkommen über die Errichtung von Sonderabfallbeseitigungsanlagen abge-schlossen. Später zeigte sich, dass ein Verbundbetrieb der Sonderabfall- und der Klär-schlammbeseitigung die wirtschaftlichste Lösung darstellte. 1976 wurde die Entsorgungsbe-triebe Simmering Ges.m.b.H. & Co KG (EbS) als gemeinwirtschaftliches Unternehmen, andem die Stadt Wien mehrheitlich beteiligt war, gegründet. Mit der EbS wurde noch im sel-ben Jahr ein Übereinkommen über die Beseitigung des in der Hauptkläranlage anfallendenSchlammes abgeschlossen.

Pure water is released back into the Danube Canal

The fully cleansed and clarified wastewater from the secondary clarifier passes over dentatedsills and finally flows into the outlet channel of the plant. The latter is 8.9 metres wide and2.8 metres deep and runs in the form of an open drain down to the outlet pump works,and from there in an enclosed section to its confluence with the Danube Canal. Since theoutlet is below water level when the Danube has a high water flow, three pumps with anoutput of eight cubic metres per second each serve to pump the purified effluents up.

Vienna burns all its sewage sludge

Vienna is the only city worldwide where all arising sewage sludge is thermally recovered.This becomes possible through the sludge incineration plant lying opposite, literally “justaround the corner”. Already back in 1971, the Vienna City Council concluded an agreementwith a private contractor to build treatment plants for hazardous waste. At a later date it became clear that the most economical solution was to run the hazardous waste andsewage sludge disposal facility as a network enterprise. In 1976, Entsorgungsbe-triebe Simmering Ges.m.b.H. & Co KG (EbS) was founded as a socio-economic enterprise inwhich the Vienna City Council had a majority interest. In the same year, an agreement with EbS was made for the disposal of the sewage sludge arising from wastewatertreatment.

Der Überschussschlamm wirdmit dem Vorklärschlamm inden Eindickern (Bild) einge-dickt, in Zentrifugen ent-wässert und anschließend in Wirbelschichtöfen (imHintergrund) verbrannt. /Excess and primary sedimentation sludges are thickened in the consolidationtanks (picture), dewatered bycentrifuges and finally incinerated in fluidised bed furnaces (background)

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Schlammeindicker aus der Vogelperspektive. Links oben die Verbrennungsanlage, rechts Büro-,Sozial- und Werkstättengebäude. / Consolidation tanks (bird's-eye view), incineration plant (upperleft) and office buildings, communal area and repair shop (right)

[ kapitel III ]

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“Any type of wastewater treatment is, bio-technically speaking, only as good as thepertaining technique for sewage sludge disposal”, said Prof. Wilhelm von der Emde, arenowned Viennese wastewater expert. It is largely to be owed to his expertise that theVienna City Council was courageous enough to face the truth about sewage sludge andabstained from using the sludge produced in Vienna for land application. The decision toburn the sewage sludge marked a trend at the time. We mustn’t forget that even in 1990 inmany large cities a sewage sludge incineration facility simply didn’t exist, and the sludge waseither landfilled or placed on the fields.

The plant, which started operation in 1980, was designed to cope with a permanent loadof 3,800 cubic metres of raw sludge a day with an average dry matter content of 5.5percent and a throughput of 100,000 tonnes of hazardous waste per year. Sludgeconditioning took place by means of polyelectrolytes, sludge dewatering by using decantingcentrifuges; one third of the sludge dewatered to 25 percent dry matter content was placedon grinding driers and further reduced to reach a water content of five percent. Thedewatered sludge and the dried sludge were finally mixed and co-incinerated in the twofluidised bed furnaces.

„Jede Abwasseraufbereitung ist biotechnisch nur so gut wie die dazugehörige Klärschlamm-entsorgung“, wusste der „Wiener Abwasser-Papst“ Prof. Wilhelm von der Emde. Und er warmaßgeblich daran beteiligt, dass Wien den mutigen Entschluss fasste, der „Klärschlamm-Wahrheit“ ins Auge zu schauen und damit die landwirtschaftliche Nutzung des Wiener Klär-schlammes auszuschließen. Mit der Entscheidung, den Klärschlamm zu verbrennen, wurdefür die damalige Zeit eine richtungsweisende Entscheidung getroffen. Man darf nicht ver-gessen, dass noch im Jahr 1990 viele Großstädte über keine Klärschlammverbrennung ver-fügten und sich mit Deponien und Ausbringung ins Grünland behalfen.

Die Anlage, die im Jahr 1980 in Betrieb ging, war für eine Dauerlast von 3.800 KubikmeterFrischschlamm pro Tag mit einem mittleren TS-Gehalt von 5,5 Prozent und für den Durch-satz von 100.000 Tonnen Sonderabfall pro Jahr ausgelegt. Die Konditionierung desSchlamms erfolgte mit Polyelektrolyten, die Entwässerung in Dekantern; ein Drittel des aufetwa 25 Prozent TS-Gehalt entwässerten Schlamms wurde auf Mahltrocknern auf etwa fünfProzent Wassergehalt getrocknet. Der entwässerte und der getrocknete Schlamm wurdenschließlich nach Mischung gemeinsam in den beiden Wirbelschichtöfen verbrannt.

1980 erfolgte gleichzeitig mit der Inbetriebnahme der Hauptkläranlage die Inbe-triebnahme der Sonderabfall- und Klärschlammbehandlung bzw. -verbrennung.1986 übernahm die EbS die Betriebsführung der Wiener Hauptkläranlage. Die EbSwar damit auch für die wirtschaftliche und technische Leitung einer modernenGroßanlage zur Reinigung des gesamten Wiener Abwassers zuständig.

Hocheffizientes Entwässerungsverfahren

In den Jahren 1986 bis 1990 entwickelte die EbS darüber hinaus in Zusammenar-beit mit den Herstellern von Schlammentwässerungs-Aggregaten und chemischenAdditiven eine eigene Technologie für die Behandlung des Klärschlamms. Sie reichtvon der Vorbereitung unter Zugabe eines Flockungsmittels über die vorsichtige Er-wärmung bis zur Entwässerung mittels Zentrifugen. Den wesentlichsten Verfah-rensschritt in der Entwässerung stellt das Zentrifugieren dar: Durch die Abtrennungdes Wassers kann das Schlammvolumen auf etwa ein Zehntel reduziert werden.Dieses hocheffiziente Schlammentwässerungs-Verfahren erwies sich als so effektivund richtungsweisend, dass es sogar von den US-Bundesstaaten New York undConnecticut übernommen wurde.

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Beim Zentrifugieren kann das Schlammvolumen durch die Abtrennung des Wassers auf etwa ein Zehntel reduziert werden. / Water is separated from the sludge

by centrifugal force, reducing the sludge to a tenth of its original volume.

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In Wirbelschichtöfen wird der entwässerte Klärschlamm verbrannt. / The dewateredsewage sludge is incinerated in fluidised bed furnaces.

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Das abgetrennte Wasser, das bei der Eindickung und der Zentrifugenentwässerung anfällt,wird wieder in die Kläranlage zurückgeleitet. Der entwässerte Schlamm wird – wie bereits er-wähnt – verbrannt. Aus der dabei erzeugten Abhitze wird nicht nur Strom, sondern auchFernwärme produziert, die die Stadt Wien für Heizzwecke nützt. Dieses wirtschaftlich undtechnisch effiziente Konzept macht die Donaumetropole international zum Vorbild.

Übrigens: Damit sauberes Wasser nicht auf Kosten der guten Luft geht, wird bei der Ver-brennung des Klärschlamms auch penibel auf die Reinigung der Abgase geachtet. Die Ab-gasreinigung besteht aus Elektrofiltern, einer vierstufigen Gaswäsche und einem modernenAktivkohlefilter. Die Rauchgasreinigungsanlage wurde 1987 errichtet, 1992 wurden zur

In 1980, the Main Wastewater Treatment Plant and thetreatment/incineration facility for hazardous waste and sewagesludge concurrently started operation. In 1986, the MainWastewater Treatment Plant was taken over by EbS. EbS wasnow in charge of the management and technical operations ofa large state-of-the-art treatment facility, in which Vienna’s entiresewage and wastewater flow is processed.

Highly efficient dewatering technique

In the years between 1986 and 1990, EbS, in collaboration withmanufacturers of sludge dewatering units and chemicaladditives, developed its own unique sewage sludge treatmenttechnology. In the framework of this process, the sludge is firstconditioned by adding flocculants, is then carefully warmed upand finally dewatered by means of centrifuges. Centrifugation isthe most essential process step in sludge dewatering; byseparating the water from the sludge, its volume can be

reduced to about one tenth. This highly efficient sludge dewatering method proved sosuccessful and innovative that it was even adopted by plant operators in the US States ofNew York and Connecticut.

The water that is separated from the sludge during thickening and centrifugation is releasedback into the plant’s purification process. The dewatered sludge is, as mentioned before,incinerated. The by-produced waste heat serves for the generation of electricity and districtheat, which are fed into the grid. With this economically and technically advanced concept,Vienna has become a role model among large cities worldwide.

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[ kapitel III ]

Elektrofilter, Gaswäsche und Aktivkohlefilter reinigen diebei der Klärschlammverbrennung entstehenden Abgase. /The flue gas resulting from sewage sludge incineration ispurified by means of electro-filters, wet scrubbers and activated coke filters.

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To ensure that water purification does not result in excessive air pollution, the sewagesludge incineration process is combined with an excellent flue gas purification systemcomprising electrofilters, a four-stage wet scrubber and a state-of-the-art activated coke filter.The flue gas purification unit was built in 1987 and upgraded with activated coke filters forsecondary treatment in 1992. The remaining concentration of dioxins and furans amountsto 0.003 nanograms, which is merely three hundredth of the legally permissible limit setforth in the Austrian Clean Air Act.

In the same year, the sewage sludge incineration plant was retrofitted with a third fluidisedbed furnace; in 1998, the sewage sludge dewatering unit was upgraded and enlarged. Thesystem is now equipped with 22 centrifuges, which dewater the sludge down to a drymatter content of 35 to 39 percent.

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Nachreinigung Aktivkohlefilter eingebaut. Die verbleibende Konzentration an Dioxinen undFuranen mit 0,003 Nanogramm entspricht einem Dreihundertstel des Grenzwertes nachdem österreichischen Luftreinhaltegesetz.

Ebenfalls 1992 wurde für die Klärschlammverbrennung ein dritter Wirbelschichtofen in Be-trieb genommen, die Klärschlammentwässerung wurde 1998 erweitert und ausgebaut. Ins-gesamt stehen nun 22 Zentrifugen zur Verfügung, die einen Trockensubstanzgehalt desentwässerten Schlammes von 35 bis 39 Prozent ermöglichen.

[ kapitel III ]

Die nach der Reinigung der Abluft verbleibende Konzentration an Dioxinen und Furanen ent-spricht einem Dreihundertstel des Grenzwertes nach dem österreichischen Luftreinhaltegesetz. /

Flue gas cleaning brings dioxin and furan concentrations down to merely three hundredth of the emission limit set out in the Austrian Clean Air Act.

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Page 56: Die Natur als Vorbild

Das Jahrhundertprojekt

Gesamtansicht der Hauptkläranlage Wien imJahr 2005 / Total view of the Main WastewaterTreatment Plant (2005)

The centenary project

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Page 57: Die Natur als Vorbild

Obwohl die Hauptkläranlage Wien als zentraler Bestandteil des „Wiener Abwasserbeseiti-gungs-Anlagensystems WABAS 80“ seit 30. Juni 1980 hervorragende Arbeit leistete, erhöh-ten sich die Ansprüche an den Umweltschutz, vor allem an die Gewässerreinhaltung. Zu-sätzliche Maßnahmen waren zu überlegen.

Unter anderem wurde im Zuge der Projektierungen für das Donaukraftwerk Hainburg –das aus politischen Überlegungen dann nicht realisiert wurde – 1984 in einem Gutachtenvon Univ.-Prof. Wilhelm von der Emde festgestellt, dass mit Rücksicht auf die zukünftigeWassergüte im Stauraum Hainburg der bei Regenwetter biologisch zu reinigende Abwasser-zufluss von 12 auf 24 Kubikmeter pro Sekunde erhöht werden sollte. Nur damit wäre – soder Wissenschafter – gewährleistet, dass ein großer Teil des Mischwassers, vor allem bei Re-gen geringerer Intensität, ausreichend gereinigt wird.

20 Varianten wurden untersucht

Bereits bei der Errichtung der Hauptkläranlage Wien, deren Verfahrenstechnik Anfang derSiebzigerjahre entwickelt wurde, hat man entsprechende Erweiterungsmöglichkeiten vorge-sehen. Die ersten von der MA 30 – Wien Kanal beauftragten Variantenstudien der TU Wiendazu wurden bereits 1984 vorgelegt. Insgesamt hat man 20 verschiedene Varianten unter-sucht. Zur Ausführung vorgeschlagen wurde die Variante 14 A mit neu zu errichtenden Be-lebungsbecken und Nachklärbecken, Einrichtungen für einen 2-Stufen-Betrieb bei Trocken-wetter und 1-Stufen-Parallelbetrieb bei Regenwetter. Mit diesem Konzept sollte eine weitge-hende Entfernung der Kohlenstoffverbindungen (BSB5, CSB, TOC) erreicht werden sowie beizweistufiger Betriebsweise eine weitgehende Nitrifikation möglich sein.

The Main Wastewater Treatment Plant is a central element of Vienna’s wastewater disposalfacility system “WABAS 80”, and has been performing excellently ever since its inaugurationon 30 June 1980. Yet environmental protection standards, especially in water conservation,have steadily increased and created the need to take additional measures.

An expert finding was drawn up by Univ.-Prof. Wilhelm von der Emde during the projectplanning phase for the Danube hydropower station in Hainburg in 1984 (a projecteventually abandoned for political reasons), which suggested that the plant’s biologicalpurification efficiency should be increased from 12 to 24 cubic metres per second duringstorm water events in order to preserve the future water quality in the impounded riversection near Hainburg. This measure was believed to ensure adequate cleaning of a largeproportion of the combined sewage, especially during low-intensity rainfalls.

Assessing 20 plant extension options

Already at the time when the Main Wastewater Treatment Plant was built and equippedwith process technology developed back in the early seventies, provisions were made toallow for a future plant upgrade. Experts from Vienna Technical University, beingcommissioned by the City Sewer Department (MA 30) to develop a variety of alternativeplant extension concepts, submitted their first proposals already back in 1984. A total of 20different concepts were assessed. Option 14 A, which was finally selected, included theconstruction of new aeration tanks and secondary clarifiers as well as technical installationsto facilitate a two-stage operation during dry weather flow and a one-stage paralleloperation during storm water events. This concept was intended to accomplish a large-scale removal of carbon compounds (BOD5, COD, TOC) and optimum nitrification duringtwo-stage operation.

[ kapitel IV ]

[ 55 ]

20 Varianten wurden untersucht. Entscheidende Modernisierung

des Wasserrechtsgesetzes. Wahlweise Bypass- oder Hybrid-Betrieb.

Die konstruktive Umsetzung der Erweiterung. Das „pulsierende

Herz“ der Hauptkläranlage. 48.000 „Teller“ sorgen für reichlich

Sauerstoff. 15-mal Platz für 13,2 Millionen Liter Wasser.

Vorrichtungen für Rücklaufschlamm und Rückführwasser.

Jahresenergiebedarf einer Stadt. Erweiterte Infrastruktur.

Neue Ära der Abwasserreinigung.

Assessing 20 plant extension options. Crucial amendments to

water conservation law. Switching between by-pass and hybrid

mode. The constructive aspects of plant extension. The

“pulsating heart” of the Main Wastewater Treatment Plant.

48,000 “discs” ensure sufficient oxygen supply. 15 tanks holding

13.2 million litres of water each. Installations for return sludge

and recirculated water. Annual energy demand of a city.

Expanding the infrastructure. New Era of Wastewater Treatment.

Foto

: EbS

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Im Herbst 1985 wurde von einem Firmenkonsortium, das von der StadtWien mit der Planung und mit dem Ausbau bzw. der Erweiterung derHauptkläranlage Wien und der Entsorgungsbetriebe Simmering (EbS)beauftragt worden war, ein neues zweistufiges Erweiterungskonzeptentwickelt. Dabei war vorgesehen, eine neue biologische Stufe zu er-richten, die mit Reinsauerstoff als erste Stufe betrieben wird und derdie bestehende Anlage als zweite Stufe nachgeschaltet wird.

Die Unterschiedlichkeit der vorliegenden Konzepte führte schließlichdazu, dass 1986 auf dem Gelände der Hauptkläranlage eine Ver-suchsanlage errichtet wurde, um damit alle denkbaren Betriebswei-sen und Verfahrenskonzepte unter möglichst realen Bedingungenuntersuchen zu können. Diese Anlage war bis März 1988 in Betrieb.Vor allem die Nitrifikation konnte damit genau untersucht werden.Aufbauend auf den Ergebnissen des Versuchsbetriebes und unter Be-rücksichtigung der Studie aus dem Jahr 1984 wurde dann im Mai1988 von der TU Wien ein Vorprojekt für eine zweite Ausbaustufeder Hauptkläranlage Wien vorgelegt. Dabei wurden drei Variantender Nitrifikation diskutiert, man entschied sich letztlich aber für die inder bereits erwähnten Variante 14 A festgelegte Lösung.

Massive Algenentwicklung in der Ostsee und im Frühsommer 1988auch in der Nordsee – verbunden mit einem dramatischen Fischster-ben – führten in Dänemark und vor allem in der BundesrepublikDeutschland zu massiven Forderungen nach einer Stickstoff- undPhosphorentfernung bei der Abwasserreinigung. Grundsätzlich wird in den Binnenmeeren das Algenwachstum meistdurch das Stickstoffangebot begrenzt. Das entscheidend Neue an die-ser Entwicklung war die Tatsache, dass nunmehr nicht die Güte desFließgewässers, welches das gereinigte Abwasser aufnahm, den Maß-stab für Abwasser-Reinigungsmaßnahmen darstellte, sondern die Gü-te der Binnenmeere wie Ost- und Nordsee, Schwarzes Meer undMittelmeer.Dieser Entwicklung folgend verfasste die Internationale Arbeitsge-meinschaft Donauforschung im Herbst 1988 ein Memorandum, indem zum Schutz des Schwarzen Meeres vor Eutrophierung – alsoÜberdüngung – eine Begrenzung der Stickstoffemissionen bei allenKläranlagen nach dem Stand der Technik gefordert wurde.In einer Überarbeitung des Vorprojektes zur Erweiterung der Haupt-kläranlage Wien vom November 1989 wurde der künftig zu erwar-tenden Forderung nach Stickstoffentfernung übrigens bereits Rech-nung getragen.

The Vienna City Council awarded a contract to a company syndicatefor planning and reconstructing/extending the Main WastewaterTreatment Plant and ‘Entsorgungsbetriebe Simmering’ (EbS), and so inautumn 1985 a new two-stage plant extension concept wasdeveloped. The basic idea was to add a new biological purificationstage, designing it as a first stage using pure oxygen, and convert theexisting plant components into a downstream second stage.

Due to the great variety of different technical concepts, a pilot plantwas finally erected on the premises of the Main WastewaterTreatment Plant in 1986, in which all possible process options werepractically tested under real-life conditions. This plant, whichremained in operation until March 1988, was particularly useful fordetailed testing of the nitrification stage. Based on the results derivedfrom pilot operation, and combining them with the technicalexpertise of 1984, experts from the Vienna Technical University finallysubmitted a preliminary project proposal for the extension of the MainWastewater Treatment Plant in May 1988. Three nitrificationtechniques were discussed, but Option 14 A was finally considered tobe the most appropriate solution.

Massive algae blooms in the Baltic Sea, which in early summer 1988also reached the North Sea, resulted in a mass die-off of fish. Thisdevelopment triggered massive protests in Denmark and especially inthe German Federal Republic, urging for wastewater treatmenttechniques involving nitrogen and phosphorus removal. In inland seas, algae growth is in principle largely restricted bynitrogen supply. The novelty in this development, however, was thatthe determining factor for wastewater treatment measures to beadopted was not the quality of the flowing waters into which thepurified effluents are discharged, but the quality of the inland seas,such as the Baltic and North Seas, the Black Sea and theMediterranean.Following this trend, in autumn 1988 the International DanubeResearch Working Group produced a memorandum requestingmandatory nitrogen emission limits for all wastewater treatmentplants in keeping with the state of the art, to protect the Black Seafrom eutrophication. In a revised version of the preliminary projectproposal for extension of the Main Wastewater Treatment Plantpresented in November 1989, the expected future requirement ofnitrogen removal was already taken into consideration.

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: EbS

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[ kapitel IV ]

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Übersicht der Hauptkläranlage 1985 /Overview of the Main WastewaterTreatment Plant (1985)

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Page 60: Die Natur als Vorbild

Entscheidende Modernisierung des Wasserrechtsgesetzes

1990 wurde das Wasserrechtsgesetz (WRG) novelliert und damit das WRG 1959 grundle-gend umgestaltet. Im April 1991 wurden vom Bundesministerium für Land- und Forstwirt-schaft die Allgemeine Verordnung über die Begrenzung von Abwasseremissionen in Fließ-gewässer und öffentliche Kanalisationen (AAEV 91) und die Verordnung über die Begren-zung von Abwasseremissionen aus Abwasserreinigungsanlagen für Siedlungsgebiete (1. AEV für kommunales Abwasser) erlassen. Aufbauend auf diesen Grundlagen wurde vonder Umwelttechnik Wien (UTW) im Jahr 1992 ein Konzept einer zweistufigen Anlage ent-wickelt, bei der ein Teilstrom des vorgeklärten Abwassers der zweiten Belebungsstufe zuge-führt und bei Trockenwetter ein Teilstrom von geklärtem Abwasser in die erste Stufe zurück-geführt wird. Das belüftete Volumen der zweiten Stufe (210.000 Kubikmeter) war variabelzwischen 45 Prozent (94.000 Kubikmeter) und 75 Prozent (156.000 Kubikmeter) geplant.Die Dimensionierung der Nachklärbecken sah eine Oberfläche von 49.300 Quadratmeternund ein Volumen von 180.000 Kubikmetern vor. Dieses Konzept wurde auf der Versuchs-anlage am Gelände der Hauptkläranlage erfolgreich getestet und brachte eine Bestätigung,dass alle Emissionsanforderungen erfüllt werden konnten.

Das Projekt wurde bei der Wasserrechtsbehörde eingereicht und im April 1994 wasser-rechtlich bewilligt. Zwei Jahre später erfolgte nach dem Beitritt Österreichs zur EU eine No-vellierung der Abwasseremissionsverordnungen. Im April 1996 bzw. Mai 1996 wurden diegeänderten Verordnungen in Kraft gesetzt.

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[ kapitel IV ]

Crucial amendments to water conservation law

Through the amendment to the Water Conservation Act in 1990, the original version of thelaw of 1959 was essentially revised. In April 1991, the Federal Ministry of Agriculture andForestry issued two further legal instruments: a general ordinance introducing mandatorylimits for wastewater discharge into running waters and public sewers (AAEV 91) and anordinance introducing mandatory limits for effluent discharge from urban wastewatertreatment plants (“1st urban wastewater ordinance”). Based on this legal framework, in1992 Umwelttechnik Wien (UTW) developed a concept for a two-stage process, where apartial flow of the pre-clarified effluents is channelled into the second aeration stage and indry periods a partial flow of the purified effluents is cycled back to the first stage. Theaerated effluent volume of the second stage (210,000 cubic metres) was planned to varybetween 45 percent (94,000 cubic metres) and 75 percent (156,000 cubic metres). Thesecondary clarifiers were dimensioned for a surface area of 49,300 square metres and avolume of 180,000 cubic metres. This concept was successfully tested in the pilot plant setup on the premises of the Main Wastewater Treatment Plant, thus showing that all emissioncriteria could be fulfilled. Fo

tos:

EbS

Das Ergebnis von fünf Jahren Arbeit: Aus dem noch grafisch dar-gestellten Erweiterungsteil der Hauptkläranlage (Sommer 1999) ist die real existierende Anlage (Frühjahr 2005) geworden. / Result of fiveyears' work: the graphically depicted expansion area of the MainWastewater Treatment Plant (summer 1999) has developed into the realplant (spring 2005)

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Übersichtsplan der erweitertenHauptkläranlage Wien. Die untere Hälftezeigt die Zubauten. / Layout of Vienna's expanded Main Wastewater Treatment Plant; the lower part of the picture shows subsequentlyadded buildings and constructions

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Page 63: Die Natur als Vorbild

In der 1. AEV für kommunales Abwasser sind Emissionsbegrenzungen festgelegt, wobei so-wohl Mindestwirkungsgrade als auch maximale Ablaufkonzentrationen definiert sind. DerMindestwirkungsgrad der Abwasserreinigung wurde für Kläranlagen größer als 1.000 EGWfür den BSB5 (Biologischer Sauerstoffbedarf) mit 95 Prozent und für die Parameter CSB (Che-mischer Sauerstoffbedarf) und TOC (Total Organic Carbon = Gesamtkohlenstoff) mit 85 Pro-zent festgelegt. Bei der Stickstoffelimination gilt für Anlagen größer als 5.000 EGW ein Wertvon 70 Prozent als arithmetisches Mittel aller im Laufe eines Untersuchungsjahres bei Ab-wassertemperaturen größer als 12 Grad Celsius gemessenen Wirkungsgrade.

Die maximal zulässigen Ablaufkonzentrationen bei Anlagen größer als 50.000 EGW wurdenfolgendermaßen festgelegt:

BSB5 15 mg/lCSB 75 mg/lTOC 25 mg/lNH4-N 5 mg/l bei einer Abwassertemperatur

höher als 8 Grad CelsiusGesamt-P 1 mg/l als arithmetisches Mittel aller Messwerte eines

Untersuchungsjahres, wobei kein Messwert den Emissionswert um mehr als 100 Prozent überschreiten darf

Die Novellierung der Abwasseremissionsverordnungen und geänderte Entwicklungsprog-nosen der Stadt Wien machten nochmals eine Umplanung bzw. Neuplanung der Erweite-rungsstufe der Hauptkläranlage Wien notwendig. Es wurde eine Variantenuntersuchungdurchgeführt, an der sich fünf Bewerber mit unterschiedlichen Vorschlägen beteiligten.Nach eingehender Bewertung wurde schließlich entschieden, dass eine zweistufige Belebt-schlammanlage zum Ausbau der Hauptkläranlage zur Ausführung gelangen sollte. Die Um-welttechnik Wien (UTW) erstellte 1997 einen entsprechenden Vorentwurf, 1999 wurde dasProjekt dann in der vorgeschlagenen Form wasserrechtlich bewilligt.

Die Erweiterung der Hauptkläranlage Wien stellte mit Errichtungskosten in der Höhe von225 Millionen Euro das komplexeste Öko-Bauvorhaben dar, das bisher in Österreich ver-wirklicht wurde. Eine Investition in dieser Größenordnung ist aber keine Selbstverständlich-keit, wie ein Vergleich mit anderen europäischen Großstädten verdeutlicht. So haben lautEU-Kommission (Bericht 2004 über den Stand 2002) 150 Großstädte in der EuropäischenUnion keine oder nur unzureichende Kläranlagen. Diese Zahl ist in der Zwischenzeit – be-dingt durch die EU-Erweiterung im Osten – eher nach oben zu revidieren. Brüssel, Mailandund Porto verfügten nach dem letzten vorliegenden Bericht überhaupt über keine Abwas-serreinigung. In der Zwischenzeit wird aber sowohl in Brüssel als auch in Mailand heftig ge-baut, Teile der Abwasserreinigung sind bereits in Betrieb. Endgültig gelöst konnten die Pro-bleme bisher aber sicher noch nicht werden.

The project proposal was submitted to the Water Agency for approval and finally authorisedin April 1994. Two years later, after Austria’s entry into the EU, the two wastewater emissionordinances were amended and came into force in their revised version in April and May1996, respectively.The “1st urban wastewater ordinance” lays down mandatory emission limits, definingminimum efficiency rates as well as maximum flow concentrations. For wastewatertreatment plants serving agglomerations of more than 1,000 population equivalents, theminimum treatment efficiency rate for BOD5 (biological oxygen demand) is 95% and forCOD (chemical oxygen demand) and TOC (total organic carbon) 85%. For plants largerthan 5,000 population equivalents, minimum nitrogen reduction is 70 %, corresponding tothe arithmetic mean of all efficiency rates assessed throughout an evaluation year at effluenttemperatures exceeding 12 °C.

Maximum permissible flow concentrations in plants larger than 50,000 populationequivalents were defined as follows:

BOD5 15 mg/lCOD 75 mg/lTOC 25 mg/lNH4-N 5 mg/l (effluent temperature > 8 °C)Total P 1 mg/l (arithmetic mean of all values measured throughout an evaluation year,

none of the individual values measured may exceed the emission limit by morethan 100 percent)

The amendments to the wastewater emission ordinances and changes in the forecastdevelopment for Vienna once more made it necessary to revise the plant extension concept.Alternative proposals from five bidders were assessed. After a thorough assessment ofavailable options, the authorities finally decided to revamp the Main Wastewater TreatmentPlant with a two-stage activated sludge process. Umwelttechnik Wien (UTW) submitted apreliminary draft in 1997 and regulatory approval of the proposed concept was finallyobtained in 1999.

The extension of the Main Wastewater Treatment Plant resulted in an investment of EUR225 million, being the most complex eco-building project ever implemented in Austria. Aninvestment of this magnitude yet should not be taken for granted, as a comparativeoverview of other European cities reveals. According to a European Commission survey(2004 report on the situation in 2002), 150 major European cities have no, or onlyinsufficient, sewage treatment facilities. In the wake of the EU east enlargement, this figurehas meanwhile further increased. The latest report revealed that Brussels, Milan and Portohad no sewage treatment system whatsoever. Wastewater treatment plants are meanwhileunder construction in Brussels and Milan, and parts of the purification system have alreadystarted operation. But an ultimate solution to the existing problems has not been found yet.

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Wahlweise Bypass- oder Hybrid-Betrieb

Für die Erweiterung der Hauptkläranlage waren grundsätzlich einige Randbedingungen zubeachten:• die Integration der bestehenden Kläranlage in das Verfahrenskonzept,• die Übernahme von 18 Kubikmeter Mischwasserzufluss pro Sekunde und• eine stabile Nitrifikation in der zweiten Stufe und eine hohe Denitrifikationsleistung in der

Belebung.

Das letztlich gewählte zweistufige Verfahren, bei dem ein Teilstrom des vorgeklärten Abwas-sers direkt der zweiten Belebungsstufe zugeführt wird, hat den Vorteil, dass dadurch derzweiten Stufe leicht abbaubarer Kohlenstoff für die Denitrifikation zugeführt wird und gleich-zeitig die hydraulische Beschickung der ersten Stufe so weit gesenkt wird, dass nitrathaltigesAbwasser bei Trockenwetterzufluss in die erste Stufe zur Denitrifikation zurückgeführt wer-den kann. Bei diesem „Bypass-Betrieb“ werden bei Trockenwetter der ersten Stufe in Abhän-gigkeit von der Kläranlagenbelastung und der Temperatur zwischen 2,0 und 8,5 Kubikmeterpro Sekunde während der Tagesspitze zugeführt. Der restliche Zufluss gelangt direkt in diezweite Stufe. Gleichzeitig führt man einen Teilstrom von etwa 2,5 bis 8,0 Kubikmetern proSekunde des nitrathaltigen Abwassers aus dem Ablauf der zweiten Stufe zur Denitrifikation indie erste Stufe zurück.Zur Ausnutzung der Denitrifikationskapazität bei hoher Abwassertemperatur ist die Rezirkula-tion von nitrathaltigem Belebtschlamm aus der Kaskade 3 der Belebungsbecken in die vor-geschaltete Denitrifikationszone (Kaskade 1) derselben Stufe vorgesehen.

Switching between by-pass and hybrid mode

For the extension of the Main Wastewater Treatment Plant a number of basic criteria had tobe fulfilled:• incorporation of existing plant components in the new concept• new plant must be able to cope with a combined sewage flow of 18 cubic metres per

second• stable nitrification in the second stage and high denitrification efficiency in the aeration

phase

The two-stage process finally chosen consists in channelling a partial flow of the pre-clarifiedwastewater directly into the second aeration stage; this has the advantage that the secondstage is provided with easily degradable carbon for denitrification, and the hydraulic load inthe first stage is sufficiently reduced to allow that during a dry weather flow nitrate-containing effluents are cycled back to the first stage for denitrification. In this “by-pass”process, the dry weather flow entering the first stage during daily peaks ranges between2.0 and 8.5 cubic metres per second, depending on plant load and temperature. Theremaining inflow is directly channeled into the second stage. At the same time, a partial flowof 2.5 to 8.0 cubic metres per second of nitrate-containing effluent from the second-stageoutlet is cycled back to the first stage for denitrification.To optimally use the denitrification capacity when effluent temperature is high, nitrate-containing activated sludge from the third cascade of the aeration tanks is recirculated to thedenitrification zone of the first cascade in the same tanks.

Fließschema für den „Bypass-Betrieb“/ Flow chart for the 'by-pass mode'

Fließschema für den „Hybrid-Betrieb“ / Flow chart for the 'hybrid mode'

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Bei Trockenwetterzufluss besteht auch die Möglichkeit, den gesamten Ablauf der Vorklärungüber die vorhandene Belebung zu führen, wodurch die erste Stufe höher belastet wird. DerZulauf zum Belebungsbecken 1 liegt zwischen 2,5 Kubikmetern pro Sekunde im Nachtmini-mum und 9,6 Kubikmetern pro Sekunde zur Tagesspitze bei Bemessungslast. Zusätzlich wirddie erste Stufe mit einem Teilstrom von etwa 1,4 bis 8,0 Kubikmeter pro Sekunde nitrathalti-gen Wassers aus dem Ablauf der zweiten Stufe beschickt.Eine Überführung von vorgeklärtem Abwasser erfolgt bei dieser als „Hybrid-Betrieb“ bezeich-neten Betriebsweise nicht. Allerdings wird durch die Einleitung von hochaktivem, mit fri-schem Substrat beladenem Belebtschlamm aus der ersten Stufe in die Denitrifikationszonender zweiten Stufe der erhöhte Sauerstoffbedarf des Schlammes zur Denitrifikation genutzt.Bei Mischwasserzufluss stellt die mögliche hydraulische Beschickung der Zwischenklärungmit maximal 12 Kubikmetern pro Sekunde eine Randbedingung dar. Eine höhere hydrauli-sche Beschickung würde zu starkem Schlammabtrieb und dadurch zu Veränderungen derPopulationen der Mikroorganismen in der zweiten biologischen Stufe und damit zu Beein-trächtigungen der Nitrifikation führen.

Die Rückführung von nitrathaltigem Wasser aus dem Ablauf der zweiten in die erste Stufewird bei Mischwasserzufluss eingestellt. Die erste Stufe wird bis zu einem Zufluss von 12 Ku-bikmetern pro Sekunde belastet. Zusätzlich ankommendes Mischwasser wird an der erstenbiologischen Stufe vorbei direkt zur zweiten biologischen Stufe geleitet.

Für die Realisierung von Großprojekten bestehen generell mehrere Möglichkeiten der Auf-tragsvergabe.Die EbS hat sich nach Abstimmung mit allen Projektbeteiligten an der Erweiterung derHauptkläranlage Wien für die Vergabe an mehrere Auftragnehmer entschieden. Gegenüberder Vergabe an einen Generalunternehmer ergaben sich wesentliche Vorteile – vor allembei den Kosten und der Qualität.Die Gliederung der Vergabeeinheiten erfolgte so, dass funktionelle Einheiten zusammenge-fasst wurden, um eine einheitliche Haftung und Gewährleistung in den Bereichen Bau,Elektrotechnik und Maschinenbau sicherzustellen. Im Bereich der Bauleistungen wurdendrei Vergabeeinheiten definiert, wobei dafür vor allem terminliche Gründe ausschlagge-bend waren. Bei der Maschinentechnik wurde auf die Schaffung funktioneller Einheiten ge-achtet. Die maschinelle Ausrüstung der gesamten Belebungsbecken inklusive Belüftungs-system und Umwälzeinrichtungen wurde zum Beispiel als eine Vergabeeinheit aufgelegt.Gleiches galt für die Nachklärbecken mit Räumer, Ein- und Ablaufkonstruktion und die ge-samte maschinentechnische Infrastruktur. Nur besondere maschinelle Ausrüstungsteile, dieweltweit nur von wenigen Herstellern geliefert werden – wie beispielsweise Turboverdichteroder Propellertauchmotorpumpen – wurden separat ausgeschrieben. Insgesamt wurdenzehn Vergabeeinheiten definiert. Im Bereich der Elektrotechnik wurde das gesamte PaketHoch- und Niederspannungsanlagen mit der kompletten zugehörigen Prozessleittechnikund verfahrenstechnischen Automation in einer Vergabeeinheit ausgeschrieben. WeitereVergabeeinheiten betrafen die Energieeinspeisung, Elektrotechnik, betriebliche Hochbau-ten sowie die Analysen- und Messtechnik.

During a dry weather flow, it is also possible to channel the entire flow from preliminaryclarification into the aeration tanks, thus increasing the load on the first stage. Thewastewater flowing into the first aeration tank ranges between 2.5 cubic metres per second(night-flow minimum) and 9.6 cubic metres per second (daily peaks). In addition, the firststage receives a partial flow of 1.4 – 8.0 cubic metres per second of nitrate-containing waterfrom the outlet of the second stage.In this “hybrid process”, by-passing of pre-clarified wastewater into the second stage doesnot take place. But by feeding “freshly loaded” activated sludge from the first stage into thedenitrification zones of the second stage, the increased oxygen demand of the sludge isused for denitrification. During a combined sewage flow, the intermediate sedimentationstage may take up a maximum load of 12 cubic metres per second. A higher load wouldresult in extensive sludge discharge, thus changing the population of microorganisms inthe second biological treatment stage and impairing the nitrification process.

When combined sewage flows into the plant, the recirculation of nitrate-containing effluentsfrom the outlet of the second stage back to the first stage is stopped. The first stage ismaximally loaded with 12 cubic metres per second. Any additional combined sewage inexcess of this amount by-passes the first biological purification stage and directly flows intothe second biological purification stage.

In case of large-scale projects, contracts may generally be awarded in various ways. EbS, inagreement with all parties involved in the plant extension project, decided to awardcontracts to several companies. This was much more advantageous than choosing ageneral contractor – especially with respect to cost and quality. The contracts were awarded by grouping them into functional entities, thus ensuringuniform liability and warranty in the fields of building and construction, electricalengineering and mechanical engineering. In building and construction, three contractplacement entities were defined, mostly for time commitment reasons. In mechanicalengineering, focus was laid on establishing functional entities. The machinery andequipment of all aeration tanks including aerators and mixers, for example, were gatheredinto one contracting entity. The same applied to the secondary clarification tanks withscrapers, inlet and outlet structures as well as the entire machinery infrastructure. Separatetenders were issued only for special machines or equipment parts which are available fromonly few suppliers worldwide – such as turbo-compressors or submersible propeller pumps.In all, ten contract placement entities were defined. In electrical engineering, the entirepackage of high-voltage and low-voltage facilities including all process control engineeringand process automation steps were gathered in one contracting entity. Further contractingentities were related to energy supply, electrical engineering for building construction aswell as analysis and measurement techniques.

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Zwischenpumpwerk, Grundriss des Kellers / Intermediate pumping station,layout of the cellar

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Die konstruktive Umsetzung der Erweiterung

Der Baubeginn zur Erweiterung der Hauptkläranlage Wien erfolgte am 17. Jänner 2000.Die wichtigsten Daten des Projektes: Das biologische Reinigungsvolumen der Kläranlagewird von 100.000 auf fast 500.000 Kubikmeter verfünffacht. Das Abwasser wird viermallänger als bisher, nämlich 20 statt fünf Stunden, in der Anlage bleiben. Dadurch wird derbiologische Reinigungsgrad von 86 auf über 95 Prozent gesteigert, die Stickstoffeliminationwird mehr als 70 Prozent erreichen.

Die Verbindung der neuen zweiten Stufe der Hauptkläranlage mit der bestehenden erstenStufe erfolgte aus dem vorhandenen Ablaufgerinne als gedeckt ausgeführtes Doppelgerin-ne. Der Ablauf der ersten Belebungsstufe und der Rücklaufschlamm aus der zweiten Stufewerden dem neuen Zwischenpumpwerk zugeleitet, in dem 14 riesige Propellertauchmotor-pumpen untergebracht sind. Der Baukomplex beherbergt neben einem betriebstechnischenauch einen hydraulischen Teil mit zwei Straßen, der sich in drei Ebenen gliedert. Die beidenunteren beherbergen die Unterwasserkammern für den Zulauf und den Rücklaufschlammsamt dazugehörigen Pumpen, die obere Ebene die Schachtmündungen der Pumpen mitden zugehörigen Rückstauklappen sowie die Oberwasserkammer.

The constructive aspects of plant extension

Plant extension activities at the Main Wastewater Treatment Plant started on 17 January2000. Here are the key data of the project:The biological purification volume of the plant is quintupled from 100,000 to nearly500,000 cubic metres. The wastewater remains four times longer in the plant than before,i.e. 20 hours instead of five hours. This enhances the biological purification efficiency from86 to over 95 percent, and nitrogen removal efficiency to more than 70 percent.

The new second stage of the Main Wastewater Treatment Plant was linked to the existingfirst stage via the available outlet installation, which was redesigned as an encased double-trough construction. The effluent leaving the first aeration stage and the return sludge fromthe second stage are channeled into the new intermediate pumping station, which houses14 gigantic submersible propeller pumps. The building complex comprises a processengineering section as well as a hydraulic section with two lines, being subdivided in threelevels. The two lower levels comprise the tailwater chambers for the effluent inflow andreturn sludge with the pertaining pumps; the upper level incorporates the shaft openings ofthe pumps with the pertaining backwater gates as well as the headwater chamber.

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Foto links: Das neue Zwischenpumpwerk. Foto oben:Zwischenpumpwerk aus der Vogelperspektive. / Thenew intermediate pumping station; Intermediate pumpingstation (bird's-eye view)

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Im unteren Teil des zweigeteilten Abwasserpumpwerkes sind insgesamt acht frequenzum-formergesteuerte Propellertauchmotorpumpen untergebracht, denen das Abwasser überEinlaufkammern mit hydraulisch ausgeformten Leitwänden zufließt und die das Abwasserzur ebenfalls zweigeteilten Oberwasserkammer auf das Anlagenniveau der Erweiterungs-stufe heben.

Die Oberwasserkammer des Zwischenpumpwerkes mündet in ein zweiteiliges Zulaufgerin-ne, welches das Abwasser dem 200 Meter entfernten Mischerbauwerk zuführt. Das 55 Me-ter lange, 14 Meter breite und vier Meter tiefe unterirdische Bauwerk beinhaltet eine Misch-kammer, in der in einem Abstand von zehn Metern zwei statische Mischelemente angeord-net sind. Das erste Mischelement sorgt für eine horizontale, das zweite für eine vorwiegendvertikale Vermischung und erfüllt damit die für die Realisierung des Einschlammsystems ver-fahrenstechnisch wichtige Funktion der sorgfältigen Durchmischung des Abwassers mit demRücklaufschlamm.

Foto links: Einige der insgesamt 14 riesigenPropellertauchmotorpumpen vor dem Einbau in dasZwischenpumpwerk. Foto unten: Mischelemente in derMischkammer. / Some of the 14 huge submersible propeller pumps shortly before being installed in the intermediate pumping station; Mixers inside the mixingchamber

The lower part of the two-compartment wastewater pumping station houses eightsubmersible propeller pumps controlled by frequency converters, which receive thewastewater through inlet chambers with hydraulically designed guide walls and which liftthe effluents up to the two-compartment headwater chamber at the level of the extendedplant section.

The headwater chamber of the intermediate pumping station opens into a twin-trough feedchannel which transports the effluents to the mixing unit at a distance of 200 metres. Thisunderground structure (55 metres long, 14 metres wide and four metres deep) includes amixing chamber with two static mixers positioned at ten metres distance from each other.The first mixer provides horizontal mixing, the second mixer primarily vertical mixing, thusfacilitating thorough blending of the effluents with the return sludge.

After the sludge has passed through the second mixer, excess sludge is withdrawn in thesecond stage. Excess sludge from the second stage is usually fed into the northern andsouthern lines of the first stage.

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Nach dem zweiten Mischelement erfolgt die geregelte Überschussschlammentnahme derzweiten Stufe. Der Überschussschlamm der zweiten Stufe wird in der Regel den Anlagen-straßen Nord und Süd der ersten Stufe zugeleitet.

Zur Verhinderung von nachträglichen Entmischungsvorgängen im Abwasser-/Schlammge-misch vor der Verteilung auf die 15 Belebungsbeckenlinien wurde unmittelbar nach demMischer ein Verteilbauwerk errichtet. Es handelt sich dabei um ein unterirdisches Schacht-bauwerk von 44 Meter Länge, 12 Meter Breite und 8,4 Meter Höhe, in dessen unterer Ebe-ne drei Zulaufgerinne in vertikale Steigschächte münden, welche die 15 Rohrleitungen zuden Belebungsbecken speisen. In der darüber liegenden Messkammer erfolgt mittels Mess-und Regelstrecken die Verteilung des homogenen Abwasser-/Schlammgemisches auf die15 Belebungsbecken.

To prevent subsequent “demixing” of the wastewater/sludge mixture before its distributionamong the 15 aeration tanks, a distribution tank was installed directly downstream of themixer. This underground structure is 44 metres long, 12 metres wide and 8.4 metres high.At its lower level, three feed channels discharge into vertical shafts, through which themixture is fed into the 15 pipes transporting it to the aeration tanks. The gauging chamberlocated above is equipped with measuring and control instruments by which thehomogeneous wastewater/sludge mixture is evenly distributed into the 15 aeration tanks.

[ kapitel IV ]

Im Verteilbauwerk werden insgesamt 15 Rohr-leitungen zu den Belebungsbecken gespeist. /From the distribution tank the effluents are channelled into 15 pipes leading to the aeration tanks

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Das „pulsierende Herz“ der Hauptkläranlage

In den Belebungsbecken der biologischen Stufe – Gesamtvolumen 171.000 Kubikmeter –schlägt das „pulsierende Herz“ der Hauptkläranlage. Denn hier reinigen Trillionen(1,000.000.000.000.000.000) von Mikroorganismen das Wiener Abwasser analog zu demin der Natur ablaufenden Selbstreinigungsprozess – nur viel schneller. Die Natur dient dem-nach als Vorbild – so wie das im gesamten Abwasserentsorgungs- und Gewässerschutzpro-jekt der Fall ist.

Mikroorganismen benötigen für ihren Stoffwechsel organische Abwasserinhaltsstoffe(Schmutzpartikel) sowie ausreichend Sauerstoff, welcher über Belüftungseinrichtungen in

The “pulsating heart” of the Main Wastewater Treatment Plant

The aeration tanks of the biological purification stage, with their total capacity of 171,000cubic metres, represent the “pulsating heart” of the Main Wastewater Treatment Plant. Inthese tanks, trillions (1,000,000,000,000,000,000) of microorganisms clean the urbanwastewater in analogy to the process of self-purification which occurs in natural waterbodies – only much faster. Thus nature serves as a role model, and this principle is pursuedthroughout all phases of Vienna’s wastewater disposal and water protection project.

What the microorganisms need for their metabolism is organic matter (pollutant particles)from the wastewater and sufficient oxygen, which is blown into the aeration tanks through

Foto links: Konstruktionszeichnung eines Bele-bungsbeckens. Fotos klein: Im Labor der Haupt-kläranlage werden ständig Biologie und Chemiedes Abwassers kontrolliert. / Engineering drawingof an aeration tank; The biological and chemicalcomposition of the wastewater is continuouslymonitored in an on-site laboratory

[ kapitel IV ]

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die Belebungsbecken eingespeist wird. Bakterien, Abwasserinhaltsstoffe und Luft werdendabei so intensiv durchmischt, dass optimale Bedingungen für den Abbau von Kohlenstoff-und Stickstoffverbindungen im Abwasser entstehen.

Im Zuge der Erweiterung der Hauptkläranlage Wien wurden insgesamt 15 verfahrenstech-nisch gleichwertige Belebungsbeckenlinien errichtet, die in drei Blöcken zu je fünf Beckenzusammengefasst sind. Jedes einzelne Belebungsbecken besteht wiederum aus vier Kaska-den (Becken), die nacheinander durchflossen werden. Die Auslegung der Belebungsbeckenstellte eine ingenieurtechnische Herausforderung dar, müssen doch für die Nitrifikation (Um-wandlung von Ammoniumstickstoff zu Nitratverbindungen) sauerstoffreiche Zonen und fürdie Denitrifikation (Abbau der Stickoxidverbindungen unter Freisetzung von gasförmigemStickstoff) sauerstoffarme Zonen geschaffen werden. Gleichzeitig muss auch leicht abbauba-rer Kohlenstoff in den sauerstoffarmen Zonen an die Bakterien herangeführt werden.

Das in der Kläranlage mechanisch vorgereinigte Abwasser enthält noch immer einen, wennauch mit freiem Auge meist kaum erkennbaren „Cocktail“ aus Kohlehydraten, Essensresten,Fetten und Harnstoff. Wahre Delikatessen für die hoch spezialisierten Mikroorganismen, diesich rund um die Uhr auf die reich-lich vorhandene Nahrung stürzen.

Auf Grund der vielfältigen Zu-sammensetzung an Inhaltsstoffensiedeln sich auch im Abwasser dievielfältigsten Mikroorganismen an.Jede Bakterienart ist auf bestimmteAbwasserinhaltsstoffe spezialisiert.Die Zusammensetzung dieser „Ar-mee der Winzlinge“ ist daher nichtin jeder Kläranlage gleich. Analogzur typischen Abwasserzusammen-setzung einer Stadt ergibt die Zu-sammensetzung der Bakterien-stämme eine Art „Fingerabdruck“.

special aerators. Bacteria, effluent components and oxygen are thoroughly mixed so as torender ideal conditions for an optimal breakdown of carbon and nitrogen compounds inthe wastewater.

In the course of the plant extension project, 15 equally designed aeration tank lines wereinstalled, which are aligned in three sections of five tanks each. Each individual aeration tankcomprises four subsequent cascades (tanks) through which the wastewater is channelled.The design of the aeration tanks presented a major engineering challenge, as oxygen-richzones are needed for nitrification (conversion of ammonia nitrogen into nitrate compounds)and hypoxic zones are required for denitrification (degradation of nitrous oxide compoundsand concurrent release of gaseous nitrogen). At the same time, easily degradable carbonmust be provided to the bacteria in the hypoxic zones.

The mechanically pre-clarified wastewater still contains plenty of carbohydrates, food scraps,fats and urea, which may not be detectable by the human eye. This “cocktail” is a realdelicacy for the highly specialised microorganisms which are busy day and night devouringthe abundant supply of “food”.

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Trillionen von Mikroorganismen reini-gen in den Belebungsbecken dasAbwasser. / Trillions of microorganismsin the aeration tanks clean the wastewater

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Ändert sich die Zusammensetzung des zufließenden Abwassers, dann ist die Biologie einerKläranlage in der Regel flexibel genug, sich den neuen Bedingungen anzupassen. Diese Fä-higkeit bietet eine gewisse Sicherheit gegenüber stoßweisen Belastungen, die so „aufgefan-gen“ werden können.

In jedem der insgesamt 15 Belebungsbecken muss das Abwasser vier Kaskaden durchflie-ßen. In der Kaskade 1, dem Denitrifikationsbecken, wird es nicht belüftet, sondern mittelszweier vertikaler Rührwerke durchmischt. Hier läuft der Prozess der Denitrifikation ab, wobeider Sauerstoff des in den folgenden Kaskaden 2 und 3 gebildeten Nitrates (NO3) von spe-ziellen Mikroorganismen in deren Stoffwechsel veratmet wird. Der dabei entweichende, gas-förmige Stickstoff wird so wieder dem Stickstoffkreislauf der Atmosphäre zugeführt.

Aus der Kaskade 1 fließt das Abwasser in die Kaskade 2 und wird durch unter Wasser be-findliche Propellerrührwerke – insgesamt 120 – in eine Umlaufströmung versetzt. DieseRührwerke haben die Aufgabe, den Austausch von belüftetem und unbelüftetem Abwasser

The great diversity of ingredients naturally attracts a multitude of different microorganismssettling in the wastewater. Each type of bacteria specialises in the breakdown of very specificwastewater components. Therefore, the composition of microorganisms is not the same inevery wastewater treatment plant. Similar to the typical composition of a city’s sewage, thecomposition of bacterial colonies serves as a kind of “fingerprint”.

The biological stage of a sewage treatment plant is usually flexible enough to adjust tochanges in the composition of the affluent wastewater. This ability offers some kind ofprotection against pollutant loads coming in flushes, which may be “absorbed”.

In each of the 15 aeration tanks, the wastewater passes through four cascades. In the firstcascade, which acts as denitrification tank, the wastewater is not aerated but mixed bymeans of two vertical mixers. Here is where the denitrification process takes place; theoxygen of the nitrate (NO3) which forms in the second and third cascades is metabolised(“breathed off”) by specific microorganisms. The released nitrogen gas is thus reintroducedto the nitrogen cycle of the atmosphere.

The wastewater flows from the first into the second cascade, where some 120 submergedaerators/mixers impart a rotation to the water. The task of these aerators/mixers is to blendthe aerated and unaerated effluents and prevent the settling of the sludge. To ensure an

evenly distributed effluent throughflow, the walls andespecially the deflection areas were designed tosupport a favourable flow configuration and wereequipped with several curved baffle plates.

On its way through the nitrification tanks (second andthird cascades), the wastewater passes over individualaeration zones arranged near the bottom of the tank,where compressed air is blown in depending on howmuch oxygen is required. Nitrification takes place inthese aerated zones, where bacteria convert theammonia nitrogen contained in the wastewater intonitrate. In the non-aerated zones, the wastewater ispartly denitrified.

Foto oben: Belüfterfeld. Im Hintergrund die gekrümmtenLeitwände des strömungsgünstig konstruiertenUmlenkbereiches. Foto unten: Umlenkbereich einesBelebungsbeckens mit Membranbelüftern. / Aerationzones. Background: curved baffle plates of the deflectionarea designed to support a favourable flow configuration;Deflection area of an aeration tank with membrane aerators

Zwei vertikale Rührwerkedurchmischen das Abwasser inder Kaskade 1 des Belebungs-beckens. Daneben werden dieBelüfterfelder montiert. / Inthe first cascade of the aerationtank the wastewater getsmixed by two vertical mixers.Aeration zones are installednext to this area

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zu gewährleisten sowie das Entstehen von Schlammablagerungen zu verhindern. Damitdie Durchlaufbedingungen möglichst gleichmäßig sind, wurden die Wände und vor allemdie Umlenkbereiche strömungsgünstig konstruiert und mit mehreren gekrümmten Leitwän-den versehen.

Auf seinem Weg durch die Nitrifikationsbecken (Kaskade 2 und 3) überfließt das Abwassereinzelne am Beckenboden angeordnete Belüfterfelder, die je nach Sauerstoffbedarf mehroder weniger Druckluft abgeben. In diesen belüfteten Bereichen erfolgt der Prozess der Nitrifikation, wobei der im Abwasser vorhandene Ammoniumstickstoff mit Hilfe von Bakte-rien in Nitrat umgewandelt wird. In den nicht belüfteten Bereichen wird zum Teil auch de-nitrifiziert.

Die folgende Kaskade 3 ist ähnlich aufgebaut wie die Kaskade 2. Hier haben die Technikerzusätzlich eine sensorüberwachte Rezirkulationspumpe installiert, mit der nitratreiches Ab-wasser in die Kaskade 1 zurückgepumpt werden kann. Das Abwasser-Schlammgemisch ge-langt anschließend über ein Überlaufwehr in die Kaskade 4, die als Entgasungsbeckendient. Dazu wird grobblasige Druckluft eingebracht, die den Stickstoff (N2) und gelöstesCO2 austreibt. Eventuell vorhandener Schwimmschlamm steigt hoch und wird über einenAbsenkschieber vom Belebtschlamm getrennt, bevor dieser das Belebungsbecken über einAbflussrohr in Richtung Nachklärbecken verlässt.

The third cascade has a design similar to that of the second cascade, but is additionallyequipped with a sensor-controlled return pump which is used for pumping nitrate-richeffluents back into the first cascade. The effluent-sludge mixture flows via an overflow weirinto the fourth cascade, which acts as a degassing tank. Large-bubbled oxygen is blown in,forcing out nitrogen (N2) and dissolved CO2. Any floating sludge rises and is separated fromthe activated sludge by a slide plate; the activated sludge then flows from the aeration tankthrough an outlet pipe into the secondary clarifiers.

Foto rechts: Belebungsbecken im Versuchsbetrieb. Foto unten:Belebungsbecken im Luftbild. / Right picture: Aeration tank during the

test run Bottom picture: Aerial view of the aeration tanks

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Die Belebungsbecken sind 6,5 Meter tief (Wassertiefe ca. 5,5 Meter), 33,4 Meter breit und 79,1 Meter lang. Zur Gewährleistung einer wirt-schaftlichen Druckluftversorgung war über alle 15 Becken ein Boden-niveau von plus/minus zwei Zentimetern einzuhalten. Aufgrund der gro-ßen Abmessungen der Becken wurde die Bodenplatte in zwei Teilen her-gestellt, d. h. jedes Becken ist in der Mitte mit einer Dehnfuge ausgestat-tet, die sich je nach Jahreszeit um etwa zwei Zentimeter vergrößert oderverkleinert. Für die Bewehrung eines Belebungsbeckens wurden etwa450 Tonnen Stahl verwendet. Im Bereich der Bodenplatte, der Becken-wände und des Versorgungskollektors verwendete man hochwertigen,vorgespannten Beton, der alle Dichtheitsprüfungen auf Anhieb bestan-den hat.

Foto links und oben: Belebungsbecken der zweiten Stufe im Bau (2002) /Second-stage aeration tanks during construction (2002)

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Die Belebungsbecken der zweiten Stufe während der Bauarbeiten im Herbst 2003 /Second-stage aeration tanks during construction work in autumn 2003

The aeration tanks are 6.5 metres deep (water depth ~ 5.5 metres), 33.4 metres wide and 79.1 metres long. To ensure optimum airdiffusion, maximum floor level variations of +/- two centimetres across all15 tanks had to be observed. On account of the huge tank dimensions,the tank floor had to be manufactured in two parts, i.e. each tank has anexpansion joint in the middle which tends to widen or shrink byapproximately two centimetres depending on seasonal temperaturefluctuations. 450 tonnes of steel were used for reinforcement of oneaeration tank. High-quality prestressed concrete was used for the tankfloor, tank walls and supply collector, which fulfils all leakage test criteria.

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48.000 „Teller“ sorgen für reichlich Sauerstoff

Jedes Belebungsbecken ist mit rund 20 Schiebern, Schützen,Wehren, Klappen und Dammtafeln ausgerüstet, die alle aufDichtheit geprüft wurden. Jede Kaskade 1 ist mit zwei Hyper-boloid-Rührwerken zur kostengünstigen Beckendurchmi-schung ausgestattet. In den Kaskaden 2 und 3 sorgen je vierPropellerrührwerke dafür, dass am Boden keine Feststoffe lie-gen bleiben.

Herzstück der Anlage sind aber die nahe dem Beckenbodenangeordneten rund 48.000 Stück Membranbelüfter ausKunststoff, durch die bis zu 180.000 Kubikmeter Druckluft proStunde in die Kaskaden 2 und 3 eingeblasen werden. Zur Ge-währleistung einer gleichmäßigen Luftverteilung über die ge-samten Belüfterfelder ist die Verrohrung auf einem höhenver-stellbaren Stützsystem aus rostfreiem Stahl montiert. Die maxi-mal zulässige Höhendifferenz der Belüfteroberkanten in denKaskaden beträgt plus/minus zehn Millimeter.Die einzelnen Tellerbelüfter werden mit bis zu fünf Kubikme-tern pro Stunde versorgt. Die Luft dringt dabei durch einefeinporige Membrane mit etwa 270 Millimeter Durchmesserin viele kleine Bläschen zerlegt ins Abwasser. Die Luftbläschengeben auf ihrem Weg nach oben Sauerstoff ab, den dieMikroorganismen für den Abbau von organischen Kohlen-und Stickstoffverbindungen benötigen. In der Hauptkläranla-ge wird bis zu einem Drittel des Sauerstoffgehaltes der einge-blasenen Druckluft an das Abwasser-Schlamm-Gemisch – alsoden Belebtschlamm – abgegeben. Das bedeutet, dass beimVerlassen des Belebungsbeckens eine Luftblase statt 21 nurmehr 14 bis 17 Prozent Sauerstoffgehalt aufweist.

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Hauptluftverteiler im Verdichtergebäude /Main distributor of the compressor unit

Rund 48.000 Membranbelüfter bringen pro Stunde bis zu180.000 Kubikmeter Druckluft in die Belebungsbecken. /48,000 membrane aerators blow up to 180,000 cubic metres ofcompressed air per hour into the aeration tanks

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48,000 “discs” ensure sufficient oxygen supply

Each aeration tank is equipped with some 20 weirs, sluice, flood and bulkhead gates, which have allbeen tested for leakage. Each first cascade is furnished with two hyperbolic mixers, providing aninexpensive blending of the tank contents. The second and third cascades have four propellers each,which prevent the settling of solids at the tank bottom.

The ‘heart’ of the plant are the 48,000 plastic membrane aerators arranged near the bottom of the tank,supplying the second and third cascades with 180,000 cubic metres of compressed air per hour. Toensure that the oxygen is evenly distributed across the aeration zones, the aeration pipes are mountedto a stainless-steel support system which can be adjusted in height. The upper edge of the aerators inthe cascades may only differ by +/- 10 millimetres maximum in height.

[ kapitel IV ]

Foto oben: Insgesamt fünf Turboverdichter –die größten Einzelaggregate in ÖsterreichsKläranlagen – erzeugen gewaltige Druckluft-mengen. Foto unten: Außenansicht desVerdichtergebäudes. / The five turbo-compres-sors (the largest individual units of their kind inuse in Austrian wastewater treatment plants)produce enormous amounts of compressed air;Exterior of the compressor unit

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Für Transport und Verteilung der Druckluftzu den Belebungsbecken ist ein leistungs-

fähiges Leitungsnetz erforderlich. / A highly efficient piping system is required

for the supply and distribution of compressed air among the aeration tanks

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Page 78: Die Natur als Vorbild

Bei der Konstruktion der Belebungsbecken wurde nicht nur auf hohe Flexibilitätund ein optimal anpassbares Instandhaltungs- und Wartungsprogramm sowie ei-nen möglichst niedrigen Stromverbrauch Wert gelegt, besonders sorgfältig wur-de auch auf die Sicherheit des Bedien- und Wartungspersonals geachtet. Sowurden in den Belebungsbecken, in denen die Gefahr des Ertrinkens infolgeder durch die Belüftung geringeren Dichte des Wassers gegeben ist, zusätzlichzu Haltestangen und Sicherheitsseilen etwa 4,5 Kilometer Geländer und an die2.500 Meter Steigleitern montiert.

Die Druckluft stammt übrigens von den Turboverdichtern aus dem Verdichterge-bäude. Sie wird über drei Edelstahl-Rohrleitungen zu den Belebungsbecken ge-drückt. Je nach Sauerstoffbedarf werden zwei bis sieben Belüfterfelder je Bele-bungsbecken mit Luft versorgt. Im Hinblick auf eine lange Lebensdauer wurdebei der Materialauswahl großer Wert auf eine Ausführung in Edelstahl gelegt. DieBelüfterelemente selbst und die Verrohrung am Beckenboden sind aus säurebe-ständigem Kunststoff hergestellt.

Foto links: Belebungsbecken im Vollbetrieb; Foto unten: Belebungs- (li.) und Nachklärbecken (re.) /Aeration tanks in full operation; Aeration tanks (left) andsecondary clarifiers (right)

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[ kapitel IV ]

The individual disc aerators receive up tofive cubic metres of air per hour, which isdiffused into the wastewater in tinybubbles through a microporousmembrane of 270 mm in diameter. As thebubbles rise they give off oxygen, whichthe microorganisms need for breakingdown the organic carbon and nitrogencompounds. Up to a third of the oxygencontent of compressed air blown into thetreatment plant is given off into thewastewater/sludge mixture, the so-calledactivated sludge. This implies that theoxygen content of an air bubble, originally21 %, has diminished to 14 - 17 % by thetime the bubble leaves the aeration tank.

The design of the aeration tanks ensures high flexibility, an optimally adjustablemaintenance system and low electricity consumption. Another vital concern was to ensureutmost safety for operating and maintenance personnel. The aeration tanks, where the riskof drowning is higher due to the lower water density resulting from aeration, are furnishedwith numerous safety poles and ropes, as well as 4.5 kilometres of side railing and 2,500metres of ladders.

The compressed air is derived from the turbo-compressors in the compressor unit, andforced into the aeration tanks through three stainless-steel pipes. Depending on how muchoxygen is needed, two to seven aeration zones in each aeration tank are supplied with air.The pipes are made of stainless steel to guarantee maximum service life. The aerators properand the pipes near the bottom of the tank are made of acid-resistant plastics.

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Luftleitungen zu den Belebungsbecken / Air supplypipes leading to the aeration tanks

Belebungsbecken der zweiten Stufe / Second-stage aeration tanks

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Die 15 riesigen kreisrunden Nachklärbecken imJahr 2004 / The 15 huge circular secondary clarifiers back in 2004

[ kapitel IV ]

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15-mal Platz für 13,2 Millionen Liter Wasser

Sie zählen zweifellos zu den markantesten Bauwerken der neuen Hauptkläranlage: die 15 runden Nachklärbecken. In ihnen wird der Klärschlamm vom gereinigten Abwasser ge-trennt. Die Konstruktion dieser Nachklärbecken – jedes einzelne fasst übrigens 13,2 Millio-nen Liter, was weltweit einzigartig ist – stellte für das Planungsteam eine besondere Heraus-forderung dar. Ging es doch darum, das klare Wasser an der Oberfläche abzuziehen, ohnedabei die sich absetzenden Schlammflocken aufzuwirbeln. Mit Hilfe von detaillierten Simula-tionen, genauesten strömungstechnischen Berechnungen und viel Know-how und Erfah-rung konnte schließlich eine optimale Lösung gefunden werden.

Die gewaltigen Rundbecken beeindrucken mit ihren Ausmaßen: Ihr Innendurchmesser be-trägt 64 Meter, die mittlere Wassertiefe etwa 4,1 Meter. Die tiefste Stelle am Trichterbodenkommt sogar auf 9,3 Meter. Die zentralen Trichter mussten übrigens vier Meter tief insGrundwasser gesetzt werden. Die Bodenplatten mit einem Durchmesser von 66 Meternwurden fugenlos betoniert und fallen zur Mitte hin auf zehn Meter Länge einen Meter ab.Sie sind 60 Zentimeter stark und wurden aus 330 Tonnen Bewehrungsstahl, 40 TonnenSpannstahl sowie mehr als 2.000 Kubikmeter hochwertigem Beton – der innerhalb von 12 bis 14 Stunden in einem Stück eingebaut werden musste – gefertigt.

15 tanks holding 13.2 million litres of each

The 15 circular secondary clarifiers are undoubtedly the most prominentstructures of the new Main Wastewater Treatment Plant. They serve to separatethe sewage sludge from the purified wastewater. The design of thesesecondary clarifiers – each of them holding 13.2 million litres, a capacityunparalleled worldwide – presented a particular challenge to the planningteam. After all, the purified water from the surface had to be withdrawnwithout stirring up the sludge flakes settling at the bottom. With the aid ofdetailed simulation models, computational fluid dynamics and a great deal ofknow-how and experience, finally an optimal solution was devised.

Konstruktionszeichnung eines Nachklärbeckens /Engineering drawing of a secondary clarifier

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Nachklärbecken mit Räumerbrücke, Boden-räumschilden und Schwimmschlammschnecke /Secondary clarifier with scraper bridge, bottom scrapers and blades and scum collector

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Für die kreisrunde Außenwand wurden Maßabweichungen von nur plus/minus dreiZentimetern im Durchmesser und nur plus/minus zwei Zentimetern in der Höhe zuge-lassen – und auch erreicht.

Aus dem Belebungsbecken führt ein Zulaufrohr mit 1,4 Meter Innendurchmesser unterder Bodenplatte des Nachklärbeckens in dessen Zentrum. Das Endstück des Zuflussesbildet ein Edelstahlrohr, das hochsteigt und in Form eines Auslauftrichters im geschlos-senen Mittelbauwerk des Nachklärbeckens endet. Der Klär- bzw. Belebtschlamm wirdvon dort nach unten gelenkt und fließt gleichmäßig – und frei von Turbulenzen –durch Leitbleche ins Beckeninnere, wo er in der Folge langsam zu Boden sinkt.

Eine langsam umlaufende Räumerbrücke aus Edelstahl (Gewicht: 22 Tonnen, Ge-schwindigkeit: drei bis fünf Zentimeter pro Sekunde, Dauer einer Umdrehung: 67 bis112 Minuten) transportiert mittels Bodenräumschilden den abgesetzten Schlamm amBeckenboden. Die Bodenräumschilde, die die Form einer logarithmischen Spirale auf-weisen, fördern dabei den Schlamm in einen Trichter unter dem zentralen Mittelbau-werk. Von dort wird der Schlamm über ein Stahlbetonrohr mit einem Innendurchmes-ser von 0,9 Meter in das Rücklaufschlammgerinne abgezogen.

Das geklärte Abwasser verlässt über 54 Tauchrohre das Becken. Sie sind knapp unterder Wasseroberfläche installiert. Damit kann auch Wind das Abfließen des Wassersnicht behindern. Außerdem wird durch diese Bauweise gewährleistet, dass keinSchwimmschlamm von der Beckenoberfläche ins Klarwasser gelangt. Die Tauchrohresind acht Meter lang und enden in der abgedeckten Ablaufrinne, von der das geklärteWasser schließlich über ein Ablaufrohr (1,2 Meter Durchmesser) ins Kläranlagenablauf-gerinne gelangt.Eine Schwimmschlammschnecke sorgt gemeinsam mit einer Pumpe dafür, dassSchwimmschlamm, der sich im Nachklärbecken bilden kann und zur Oberflächesteigt, entfernt wird. Die Schnecke ist am Räumer befestigt und schwimmt auf derWasseroberfläche.

[ kapitel IV ]

Foto links: Das zentrale Mittelbauwerk des Nach-klärbeckens. Foto rechts: Die neuen Nachklär-becken der Hauptkläranlage im Vollbetrieb. /Central structure of the secondary clarifier; Thenew secondary clarifiers of the Main WastewaterTreatment Plant in full operation

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The huge circular tanks have atruly impressive dimension:their inside diameter is 64metres and their mean waterdepth 4.1 metres. Near thehopper bottom even 9.3metres of depth are achieved.The central hoppers had to beimmersed four metres belowgroundwater level. Thebottom plates, 66 metres indiameter, were cementedwithout joints and have aninward gradient of one metreover ten metres length. They are 60 centimetres strong and were manufactured from 330 tonnes of reinforced steel, 40 tonnes of prestressed steel, and more than 2,000 cubicmetres of high-quality concrete (which had to be applied in one coat within 12 to 14hours).

Maximum permissible deviations for the circular outside wall were +/- three centimetres indiameter and only +/- two centimetres in height; and these criteria were actually fulfilled.

A feed pipe with an inside diameter of 1.4 metres originates in the aeration tank and runsunderneath the bottom of the secondary clarifier to its centre. The end piece of the pipe ismade of refined steel, rising and taking on the shape of a discharge hopper which opensinto the enclosed centre of the secondary clarifier. The sewage or activated sludge isdirected downwards and, being guided by baffle plates, flows evenly and turbulence-freeinto the tank interior, where it slowly settles to the bottom.

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Foto oben: Über insgesamt 54 Tauchrohre verlässt das gereinigte Abwasser das Nachklärbecken. Foto links: DieRäumerbrücke transportiert mittels Bodenräumschilden den abgesetzten Schlamm am Beckenboden. /The purified effluents leave the secondary clarifier through 54 submersed pipes; The scraper bridge is equipped withbottom scrapers which transport the sludge settling at the tank bottom

A slowly rotating scraper bridge of stainless steel (weight: 22 tonnes, speed: 3 – 5 cm/s,duration of one revolution: 67 - 112 minutes) transports the sludge settling at the tankbottom by means of bottom scrapers. The bottom scrape blades, being shaped likelogarithmic spirals, push the sludge into a hopper underneath the central structure, fromwhere the sludge is extracted through a reinforced-concrete pipe with an inside diameter of0.9 metres and fed into the return sludge trough.

The purified effluents leave the tank through 54 submersed pipes, which are installed justbeneath the water surface to avoid that wind impedes the water run-off. This design alsoensures that floating sludge flakes from the tank surface cannot enter the clear water. Thesubmerged pipes are eight metres long and discharge into the encased outlet channel,from where the purified water passes through an outlet pipe (1.2 metres in diameter) intothe central outlet channel of the Main Wastewater Treatment Plant.A scum collector and a screw pump ensure that floating sludge, which may form inside thesecondary clarifier and rise to the surface, is removed. The scum collector is attached to thescraper and floats on the water surface.

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Chronik der fünfjährigen Arbeiten an dem Jahrhundertprojekt „Hauptkläranlage Wien“Chroniological stages of the five-year plant extension project

Die Flugaufnahmen zeigen die Bauzustände im Mai 2000, im August 2000, im November 2001, im Juli 2002, im Februar 2003, im September 2004 und bei der Eröffnung im Sommer 2005. /Aerial views of work in progress: May 2000, August 2000, November 2001, July 2002, February 2003, September 2004, and finally the plant inauguration in summer 2005.

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Mai 2000 / May 2000

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August 2000 / August 2000

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November 2001 / November 2001

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Juli 2002 / July 2002

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Februar 2003 / February 2003

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September 2004 / September 2004

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Sommer 2005 /Summer 2005

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Vorrichtungen für Rücklaufschlamm und Rückführwasser

Nach einem Reinigungsaufenthalt von rund 20 Stunden kann nunmehr das geklärte Ab-wasser den Ablaufsammelgerinnen über Ablaufdüker zugeführt werden. Jeder der dreiNachklärbeckenblöcke besitzt ein eigenes, unterirdisches Ablaufsammelgerinne, das die Ab-flüsse von fünf Becken zum Kläranlagenauslauf und damit wieder in den Vorfluter, den Do-naukanal und anschließend die Donau, ausleitet.

Analog zu den Ablaufgerinnen verfügt jeder Beckenblock über ein eigenes Rücklauf-schlamm-Sammelgerinne, wobei der Rücklaufschlamm der einzelnen Becken aus dem zen-tralen Schlammtrichter über Rohrleitungen – die unter der Beckensohle verlegt wurden –abgezogen wird. Die Abzugsmenge kann dabei in den vor den Sammelgerinnen angeord-neten Messkammern gemessen und geregelt werden. Der Rücklaufschlamm wird über diedrei Sammelgerinne in das Rücklaufschlamm-Pumpwerk – es befindet sich im Gebäude desZwischenpumpwerkes – geleitet. Sechs frequenzumformergesteuerte Rücklaufschlamm-Pumpen mit einer Leistung von je 250 kW fördern den Schlamm, maximal 13,5 Kubikmeterpro Sekunde, in die Oberwasserkammer des Pumpwerkes, wo die Zusammenführung mitdem Zulauf aus der ersten Stufe erfolgt. Im Hinblick auf die Ausnutzung der Denitrifikations-kapazität in der ersten biologischen Stufe wird im Trockenwetterfall ein Teil des gereinigten,nitrathaltigen Abwassers aus der zweiten in die erste Stufe rückgeleitet.

Über das Rückführwasser-Entnahmebauwerk – ein in die Ablaufgerinne integrierter Schacht – wird ein Teil des Ablaufs in freiem Gefälle der unterirdisch angelegten Rückführ-messkammer zugeführt. Dort werden ausgehend von einer Abwasserverteilerkammer dievier Mess- und Regelstrecken der Rückführleitungen gespeist, die zu den einzelnen Bele-bungsbeckenblöcken der ersten Stufe führen. Die Rückführwassermenge kann zwischennull und acht Kubikmetern pro Sekunde stufenlos eingestellt und damit die erste Stufe mit ei-ner konstanten Wassermenge beschickt werden.

Installations for return sludge and recirculated water

After a purification time of about 20 hours, the purified effluents can be drained throughoutlet siphons into the collecting channels. Each of the three groups of secondary clarifiershas a separate underground collecting channel, which transports the effluents from the fivetanks to the central outlet channel of the Wastewater Treatment Plant, from where they aredischarged into the Danube Canal and finally into the Danube River.

In analogy to the discharge channels, each group of clarifiers has a separate collectingchannel for the return sludge; the return sludge from the individual tanks is gathered in acentral sludge hopper and extracted through pipes running underneath the bottom of thetank. In the gauging chambers preceding the collecting channels, the amount of sludge tobe withdrawn is measured and dosed. The return sludge is transported through the threecollecting channels into the return sludge pumping station (located in the same building asthe intermediate pumping station). Six frequency-converter-controlled pumps with a capacityof 250 kW each pump the return sludge – 13.5 cubic metres per second maximum – intothe headwater chamber of the pumping station, where it is combined with the affluentwater from the first stage.To optimally use the denitrification capacity in the first biological purification stage, aproportion of the purified nitrate-containing wastewater from the second stage is channeledback into the first stage during a dry weather flow.

Through a surge tank, a shaft-like structure which is integrated in the discharge channels, aproportion of the effluent flows by gravity to an underground gauging chamber. The wateris then distributed to the return pipes, which carry the water back to the respective aerationtank sections of the first stage. The amount of return water is continuously adjusted asrequired, ranging from 0 to 8 cubic metres per second, which ensures a constant supply ofreturn water to the first stage.

[ kapitel IV ]

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Jahresenergiebedarf einer Stadt

Wie in allen verfahrenstechnischen Prozessen ist die zuverlässige Funktion der Energiever-sorgung, Automation und Prozessleittechnik auch beim Betrieb von Abwasserreinigungsan-lagen Voraussetzung für einen sicheren Betrieb. Moderne Anlagen wie die HauptkläranlageWien müssen über eine zuverlässige Energieversorgung, einen entsprechenden Automati-sierungsgrad sowie eine lückenlose Überwachung der Prozesse verfügen. Die Erfahrung ei-nes ungeregelten Abwasserrückstaus ins Kanalnetz oder des Auslaufens ungeklärter Abwäs-ser in die Donau bleibt den Wienerinnen und Wienern mit Sicherheit erspart.In den Jahren 2000 bis 2004 erfolgten unter Aufrechterhaltung des Betriebes der beste-henden Hauptkläranlage • eine Erneuerung der alten 20 kV-Energieversorgung,• die Neuerrichtung von 20 kV/6 kV- und 400 V-Schaltanlagen,• die Energieversorgung für rund 2.000 Aggregate und• die Erneuerung und Erweiterung eines vorhandenen,

20 Jahre alten Automatisierungssystems und der Prozessleittechnik.

Der elektrische Energiebedarf stellt im Kläranlagenbetrieb einen wesentlichen Anteil der Be-triebskosten dar. Durch die räumliche Ausdehnung der Hauptkläranlage Wien – das Arealumfasst eine Fläche von rund 44 Hektar, das entspricht etwa 1/1000 der Fläche Wiens –kommt der wirtschaftlichen Energieverteilung eine wesentliche Rolle zu. Sie erfolgt übrigensaus dem öffentlichen 20 kV-Netz. Durch den hohen Energiebedarf und aus Gründen derVersorgungssicherheit war der Bau von zwei neuen 20 kV-Übergabestationen notwendig.

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Prozess-Datenrechner /Process computer

Foto oben: 400 V-Schaltanlage. Fotos von links nach rechts: 6 kV-Schaltanlage; Steuerschrank amNachklärbeckenräumer; Traforäume imVerdichtergebäude / 400 V switchboard; 6 kV switchboard; Control cabinet next to thescraper bridge of the secondary clarifier;Transformer station inside the compressor unit

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Annual energy demand of a city

Like in all fields related to engineering processes, energy supply, automation and processcontrol engineering must function seamlessly to ensure safe operation also in wastewatertreatment plants. In modern plants like Vienna’s Main Wastewater Treatment Plant, a reliableenergy supply, adequate automation and continuous process monitoring systems areessential plant features. Viennese residents can rest assured that there will be no such thingas uncontrolled backwater in the sewer system or untreated wastewater spillage into theDanube River.In the years between 2000 and 2004, the following revamping activities were undertakenwhile keeping the existing wastewater treatment plant in operation: • renovation of the old 20 kV power supply unit• new installation of 20/6kV and 400V switchboards• power supply for approx. 2,000 power generating units and• upgrade of the existing 20-year-old automation system and the process control

engineering system

Power consumption accounts for a large proportion of the costs of plant operation. Due tothe huge dimension of the plant premises – comprising an area of 44 hectares, which isabout 1/1000 of the surface of Vienna – the supply and distribution of electrical energymust be organised in an economically efficient manner. Electricity is derived from the public20 kV grid. To cover the high energy demand and ensure a safe power supply, two new 20kV interconnecting stations had to be installed.

Messgerät / Measuring device Foto

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[ kapitel IV ]

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Die Verteilung der elektrischen Energie erfolgt aufder 20 kV-Mittelspannungsebene über zwei 20 kV-Ringleitungen auf die Unterstationen, ausgehendvon der neu errichteten 20 kV-Hauptstation. Durchdie Ringstruktur können die einzelnen Unterstatio-nen bei einem Einfachfehler aus zwei Richtungenversorgt werden.

Der Gesamt-Leistungsbedarf beträgt bei Trockenwet-ter 10 bis 12 Megawatt (MW) und bei Mischwasser-ereignissen bis zu 18 MW. Der Jahresenergiebedarfvon etwa 100.000 Megawattstunden (MWh) entspricht übrigens dem Verbrauch einerösterreichischen Stadt mit rund 25.000 Haushalten. Zum Vergleich: In St. Pölten leben rund50.000 Menschen in 20.000 Haushalten.

Die 20 kV/6 kV/400 V-Schaltanlagen wurden mit Schutzeinrichtungen, Steuerungen undÜberwachungen in einer speziellen Schaltanlagenleittechnik ausgeführt. Sie ist mit einem re-dundanten Server und zehn redundanten Stationen mit über 10.000 Datenpunkten undüber 5.000 Alarmen vermutlich das größte je auf einer Kläranlage installierte System dieserArt.

Es wurden fünf 400 V-Schaltanlagen errichtet, von denen aus die Einzelverbraucher bzw.die Unterverteiler versorgt werden. Für die Versorgung von rund 2.000 Aggregaten wurdenan die 400 Stück 400 V-Schaltschränke – die der Länge nach aufgereiht rund 400 Metermessen würden – installiert. Die Leistungen der Aggregate reichen von wenigen Watt beiVentilen bis zu Pumpleistungen von 250 kW. Die Anspeisungen der Aggregate erfolgengroßteils über modulare Steckeinsatz- und Einschubtechnik. Das ermöglicht die Fehlerbehe-bung unter Spannung während des laufenden Kläranlagenbetriebes.

Insgesamt wurden im Bereich der Erweiterungsstufe der Hauptkläranlage Wien nicht weni-ger als 400 km Kabel – das entspricht der Strecke von Wien nach Innsbruck –, 30 km Kabel-tassen, 500 Brandmelder, 260 Ortsteuerstellen und 1.200 Beleuchtungskörper installiert.

The distribution of electrical energy starts inthe newly installed 20 kV main station. Fromhere, energy is distributed to the substationsvia two 20 kV loops. The loop structureensures that in case of a single faulty feed theindividual substations may be supplied fromboth sources.

Overall power consumption varies between10 and 12 MW during a dry weather flow

and may rise up to 18 MW during a combined sewage flow (storm water events). Theannual power demand of approx. 100,000 MWh equates to the power consumption of anAustrian town with 25,000 households. St. Pölten, by comparison, has 50,000 inhabitantsliving in 20,000 households.

The 20 kV/6 kV/400 V switchboards were equipped with protection, control andmonitoring installations in a special switchboard process control technology. Comprising aredundant server and ten redundant terminals with over 10,000 data points and more than5,000 alarms, it is presumably the largest system of its kind ever installed in a wastewatertreatment plant.

Five 400 V switchboards have been installed, which supply individual components and/orsub-distributors. For the supply of 2,000 generator units, some 400 switch cabinets (400 V)were installed; arranged in a line they would be 400 metres long. The capacity of thegenerator units ranges from a few watts in valves to 250 kW in pumps. Electricity is fed tothe generator units largely via plug-in modules. This allows repair operations under voltageto be performed while all wastewater treatment processes remain in operation.

In the area of the extended plant section, as many as 400 km of cables – covering thedistance between Vienna and Innsbruck -, 30 km of cable ducts, 500 fire detectors, 260local control modules and 1,200 lamps were installed.

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Topaktuelle Prozessleittechnik / State-of-the-art process control system

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Erweiterte Infrastruktur

Im Rahmen der Erweiterung der Hauptkläranlage Wien musste auch die Infrastruktur denneuen Gegebenheiten durch zusätzliche betriebliche Hochbauten angepasst werden. Sowurde ein neues Lager- und Werkstättengebäude errichtet, dessen Keller an das Kollektor-system angeschlossen ist. Das bestehende Betriebsgebäude blieb in seiner Funktion erhal-ten, während das Sozialgebäude erweitert wurde.Ebenfalls erweitert wurden die Garagen. Zur Schaffung einer besseren und übersichtliche-ren Eingangssituation gibt es nun ein neues Portiergebäude.

Expanding the infrastructure

Plant extensions also made it necessary to adjust the existing infrastructure to the newsituation, hence a number of additional buildings were required. A new building nowaccommodates store room and repair shop, its cellar being connected to the collectorsystem. The existing administrative/operational building remained unchanged, whereas thecommunal areas were extended. The car park was also enlarged. The reception area at theentrance gate was redesigned and upgraded by a new reception building.

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Foto oben: Eingang in das Verwaltungsgebäude. Foto links: Das neue Portiergebäude. / Entrance to theoffice building; The new reception building

Das erweiterte Sozialgebäude / The enlargedcommunal areas

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Page 96: Die Natur als Vorbild

Jeder Beckenblock – also West, Mitte und Ost – wurde im Zuge der Erweiterung mit einemeigenen Trafogebäude ausgestattet, in dem die Trafos und die Niederspannungsverteilungdieser Blöcke untergebracht sind. Verdichtergebäude, Belebungsbecken, Trafogebäude undZwischenpumpwerk sind durch ein Kollektorsystem verbunden, das im Wesentlichen unter-halb der Entgasungszonen der Belebungsbecken verläuft und mit dem Altbestand derHauptkläranlage verbunden ist.

Der Straßengrundriss wurde so gestaltet, dass man – so weit als möglich – betriebliche Ge-bäude und einzelne Beckengruppen in einem Ringsystem umfahren kann.

Each group of tanks – west, central and east – was equipped with a separate transformerstation, which houses the transformers and the low-voltage distribution units for therespective tanks. Compressor unit, aeration tanks, transformer station and intermediatepumping station are connected with each other through a collector system, which basicallyruns underneath the degassing zones of the aeration tanks and is linked with the existingplant components.

In the new layout, roads were arranged in a circular system around the on-site buildingsand individual tank sections where possible.

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Fotos links: Das Werkstätten- und Lagergebäude. Foto unten: Biotop auf demGelände der Wiener Hauptkläranlage. / Repair shop and store room; Biotopeon the premises of the Main Wastewater Treatment Plant

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Page 97: Die Natur als Vorbild

New Era of Wastewater Treatment

It goes without saying that the completion of such a “centenary project” deserves to be dulycelebrated. This is especially so given the fact that the project, as EbS CEO Dipl.-Ing. PeterBortenschlager proudly reports, was completed six months earlier than planned and thebudgeted costs were not exceeded.On 18 June 2005, the Vienna City Council and EbS invited the Viennese population togather on the premises of the newly upgraded facility and attend the inaugural ceremonyof “Europe’s most technically advanced wastewater treatment plant”, as Vienna’s mayor Dr. Michael Häupl put it. The event in Simmering attracted some 14,000 Viennese residents.Before the backdrop of a fun fair, Environment City Councillor Mag. Ulli Sima praised theplant extension project as an “ecological achievement setting the trend for futuregenerations” and marking a “new era of wastewater treatment”. Sima said: “The new plantis the centrepiece of Vienna’s wastewater disposal and water protection programme. Itscompletion takes us one big step closer to our declared goal, which is achieving a waterquality class 2 in all water bodies in Vienna”. Mayor Häupl, during whose term of office asEnvironment City Councillor this plant extension project was planned, was asked to push the“red button”, a symbolic gesture for the official opening of the new Wastewater TreatmentPlant. On 17 June, the day before the inaugural ceremony, a full-day scientific symposiumdedicated to the plant extension project with national and international speakers from thewater engineering sector was organised at Vienna Technical University. Some of the topicsdiscussed in the paper presentations related to the “highlights of planning and construction”of the new Wastewater Treatment Plant and its implications for Europe and the DanubeRegion.

Neue Ära der Abwasserreinigung

Die Fertigstellung eines „Jahrhundertprojektes“ muss natürlich gebührend gefeiert werden.Noch dazu, wenn es – wie EbS-Generaldirektor Dipl.-Ing. Peter Bortenschlager nicht ohneStolz vermerkt – sechs Monate früher als geplant abgeschlossen werden konnte und diebudgetierten Kosten eingehalten wurden.Und so luden die Stadt Wien und die EbS die Wiener Bevölkerung am 18. Juni 2005 ein,mit ihnen die Eröffnung der „modernsten Kläranlage Europas“ – so Wiens Bürgermeister Dr. Michael Häupl – auf dem Gelände der neuen Hauptkläranlage Wien entsprechend zufeiern. Rund 14.000 Wienerinnen und Wiener machten davon auch Gebrauch und kamennach Simmering. Vor dem Volksfest mit einem umfangreichen Unterhaltungsprogrammwürdigte Wiens Umweltstadträtin Mag. Ulli Sima „die neue Ära der Abwasserreinigung“ und„das richtungsweisende Umweltschutzprojekt für die Zukunft von Generationen“. Sima wei-ter: „Die Anlage ist das Herzstück des Wiener Abwasserentsorgungs- und Gewässerschutz-programmes, mit ihrer Eröffnung sind wir unserem Ziel, in Wien generell die Gewässergüte-klasse 2 zu erreichen, wieder einen guten Schritt näher gekommen.“Mit einem Druck auf den „roten Knopf“ nahm schließlich Bürgermeister Häupl, in dessen Zeitals Umweltstadtrat die Planung des Jahrhundertprojektes zurückreicht, die neue Hauptklär-anlage Wien offiziell in Betrieb.Dem Fest vorausgegangen war ein ganztägiges wissenschaftliches Symposium („Inbetrieb-nahme der Erweiterung der Hauptkläranlage von Wien“) an der Technischen UniversitätWien am 17. Juni. Wasserbauexperten aus dem In- und Ausland berichteten u. a. über„Highlights bei Planung und Errichtung der Erweiterungsstufe“ sowie über die „Bedeutungder Hauptkläranlage Wien mit Blick auf Europa und den Donauraum“.

Fotos von links nach rechts: Bürgermeister Michael Häupl und Umweltstadträtin Ulli Sima beim Eröffnungsfest am 18. Juni 2005. Das große Festzelt am Gelände der Hauptkläranlage. Rund 14.000Wienerinnen und Wiener kamen zur festlichen Eröffnung. In Doppeldecker-Bussen konnten die Besucher des Eröffnungsfestes die neue Hauptkläranlage bequem besichtigen. / Mayor Michael Häupl andEnvironment City Councillor Ulli Sima at the inaugural ceremony on 18 June 2005; The large marquee set up on the premises of the Main Wastewater Treatment Plant; About 14,000 Viennese residents attendedthe inaugural ceremony; Visitors were taken round the new Main Wastewater Treatment Plant in double-decker busses

[ kapitel IV ]

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Page 98: Die Natur als Vorbild

Technische & andere Highlights

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Codewort „Weiße Wanne“. Vorausschauendes Denken. Probleme,

aber keine Krisen. Ohne „kräftigen Atem“ läuft nichts. Optimales

Lüftungskonzept – weltweiter Spitzenwert. Kniffelige Umstellung

des Prozessleitsystems. Eine der weltweit größten

Leittechnikanlagen. Fairness und technische Kompetenz.

Code word “white tanking”. Foresight planning. Problems, but no

crisis. It takes a “strong breath” to do the job. Optimum aeration

concept: peak performance worldwide. Conversion of process

control system was a challenge. One of the world’s largest

process control facilities. Fairness and technical competence.

Sämtliche Becken wurdengemäß der Richtlinie „WeißeWanne“ gefertigt. / All tankswere manufactured in keeping withthe 'white tanking' guidance

Technical & other highlights

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Ein „Jahrhundertbauwerk“ bringt es mit sich, dass es auch Superlative vorzuweisen hat. Da-von gab es bei der Erweiterung der Hauptkläranlage Wien zweifellos jede Menge. EinigeBeispiele gefällig?

Auf einer Baufläche von rund 22 Hektar wurden im Laufe der fünfjährigen Bauarbeiten andie 500.000 Kubikmeter Bodenmaterial entfernt. Zur Hinterfüllung benötigte man anderer-seits rund 380.000 Kubikmeter.Es wurden zirka 150.000 Kubikmeter Beton verbaut. Für die Bewehrung waren an die20.000 Tonnen Eisen und Stahl erforderlich, die Menge an Spannstahl beläuft sich auf rund1.300 Tonnen. Die Kubatur des umbauten Raumes beträgt rund 700.000 Kubikmeter, dasentspricht in etwa 1.400 Einfamilienhäusern.

Besonderes Augenmerk wurde bei allen Aufträgen auf die Ausführungsqualität gelegt. AlleLeistungen der Auftragnehmer wurden vom Generalplaner – der Bauherr beauftragte mitdieser Aufgabe das Projektbüro Umwelttechnik Wien (UTW) der WTE Wassertechnik AustriaGmbH – präzise koordiniert und kontrolliert.

A “once-in-a-century” construction is bound to produce superlatives. And there wereundoubtedly many of them during the extension of the Main Wastewater Treatment Plant.Below are a few examples.

In the course of a five-year construction period, about 500,000 square metres of earthmaterial were excavated from a surface of 22 hectares. 380,000 cubic metres of thismaterial were reused as backfill. Approximately 150,000 cubic metres of concrete wereused. 20,000 tonnes of iron and steel and 1,300 tonnes of prestressed steel forreinforcements were required. The size of the built-up space is about 700,000 cubic metres,which corresponds to 1,400 single-family homes.

The quality of design, construction and performance played a crucial role in all contractsawarded for this project. All services rendered by the individual contractors were carefullycoordinated and monitored by the general planning agency. The awarding authority/ownerdelegated this task to Umwelttechnik Wien (UTW), a project management office of WTEWassertechnik Austria GmbH.

[ kapitel V ]

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Bewehrungsarbeiten an einem Nachklärbecken /Reinforcement work in a secondary clarifier

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Zur Qualitätssicherung war es notwendig, eine Vielzahl von Material-, Dichtheits-, Leistungs-und Funktionsprüfungen sowohl in den Unternehmen selbst als auch auf der Baustelledurchzuführen. Das galt sowohl für die maschinellen Ausrüstungen (z. B. Turboverdichter,Großpumpen, Armaturen und Rohrleitungen) als auch für alle Betonbauwerke.

Codewort „Weiße Wanne“

Sämtliche Becken und Gerinne wurden gemäß der Richtlinie „Weiße Wanne“ (herausgege-ben von der Österreichischen Vereinigung für Beton- und Bautechnik in Wien), dem „Ge-betbuch“ aller Betonbauer, gefertigt. Als „Weiße Wannen“ werden solche Bauwerke bezeich-net, bei denen die Stahlbetonkonstruktion neben der tragenden Funktion auch die Abdich-tungsfunktion gegenüber dem anstehenden Wasser übernimmt. In einem eigenen „Betonkonzept“ wurden insgesamt drei Betonrezepturen entwickelt. We-sentlich waren vor allem der Widerstand gegen starken chemischen Angriff, die Frostbestän-digkeit sowie Dichtheit bzw. Wasserundurchlässigkeit. Besonderes Augenmerk wurde aufdie Beschränkung der Rissbreiten gelegt. Dafür wurde einerseits der Gesamtwassergehaltdes Betons auf ein Mindestmaß beschränkt und andererseits alle Beckenbaubereiche mit ei-ner Teilvorspannung hergestellt.Übrigens: Alle Becken bestanden die Dichtheitsprüfung auf Anhieb.

Die Maßhaltigkeit und Qualität der großen Bauwerke – vor allem der gewaltigen Belebungs-und Nachklärbecken – sind hervorragend. So stellte zum Beispiel die Herstellung der zur Mit-te abfallenden Bodenplatten der 15 Nachklärbecken mit einem Außendurchmesser von

Foto oben: Bewehrung der Bodenplatte eines Nachklärbeckens. Bild rechts: Für alle Becken wurdeein eigenes „Betonkonzept“ entwickelt. / Top picture: Reinforcement in the bottom plate of a secondary clarifier Right picture: Special 'concrete formulas' were developed for all tanks

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Belebungs- und Nachklärbecken im Rohbau / Aerationtanks and secondary clarifiers prior to completion

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The quality assurance procedure comprised numerous material specificationtests, leak tests, performance and function checks both in themanufacturing facilities and on site. Machinery and equipment (e.g. turbo-compressors, large pumps, fittings and pipes) as well as all concretestructures had to undergo thorough testing.

Code word “white tanking”

All tanks, channels and troughs were manufactured in accordance with a“white tanking” guidance issued by the Austrian Society for Concrete andConstruction Technology in Vienna. This guidance is regarded as the “bible”of all concrete workers. The term “white tanking” (which translates into theGerman “Weisse Wanne”) relates to highly crack-resistant building structureswhere the reinforced concrete assumes a supporting function and also actsas a sealant making the structure impervious to outside water.According to a special “concept”, three concrete formulas were developed.The manufactured concrete had to fulfil three basic criteria: it had to beresistant to aggressive chemicals, resistant to frost, leakproof and/orimpermeable to water. Special attention was paid to keeping the crackwidths minimal. This was achieved in two ways: by keeping the total watercontent of the concrete to a minimum and by prestressing all tank areas.Needless to say, the leak test criteria were fulfilled in all tanks from the verybeginning.

The dimensional accuracy and quality of the large structures – in particularthe huge aeration and secondary sedimentation tanks – is outstanding. Amajor challenge presenting itself to the engineers was the construction ofthe inward declining bottom slabs of the 15 secondary sedimentationtanks, each with an outside diameter of 66 metres. 2,000 cubic metres ofhigh-quality concrete had to be applied in one coat within only 12 to 14hours. Despite this enormously difficult task, engineers have worked someticulously in these 15 circular tanks, whose inside diameter is 64 metres,that they have managed to keep maximum diameter deviations to merely+/- two centimetres.

Foto links: Die fertigen 15 Belebungs- und Nachklärbecken. Foto rechts: HöchsteMaßgenauigkeit zeichnen sowohl Belebungs- als auch Nachklärbecken aus. / Left picture:The 15 aeration tanks and secondary clarifiers after completion Right picture: Excellent dimensional accuracy was achieved in both aeration tanks and secondary clarifiers

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jeweils 66 Metern für die Bauingenieure eine große Herausforderung dar. Dabei mussten 2.000 Kubikmeterhochwertiger Beton innerhalb von 12 bis 14 Stunden ineinem Stück eingearbeitet werden. Trotz der schwieri-gen Aufgabe ist es gelungen, bei den 15 Rundbeckenmit 64 Metern Innendurchmesser so genau zu arbeiten,dass lediglich maximale Durchmesserabweichungen vonplus/minus zwei Zentimetern festgestellt wurden.

Die Maßabweichung für die Niveaugleichheit aller48.000 Membranbelüfter liegt trotz einer Einbauentfer-nung von über 550 Metern bei weniger als plus/minuseinem Zentimeter. Das ist wichtig, damit die in der ge-meinsamen Druckleitung zur Verfügung gestellte Luft inallen Belebungsbecken die gleichen Ausströmbedingun-gen findet. Und das ist wiederum für eine ökonomischeBereitstellung der erforderlichen Luftmengen notwendig.

Vorausschauendes Denken

Die Erweiterung der Hauptkläranlage Wien ist zweifelloseine „Einzelanfertigung“, die aber nicht allein wegen der Technik, sondern vor allem wegender Art der Abwicklung des Projektes Beachtung verdient.Das hat bereits damit begonnen, dass aus den besten Projektideen eine Zusammenfassunggemacht und eine neue, schlüssige Gesamtkonzeption für das abwassertechnische Verfah-ren und für die Bautechnik entwickelt wurde. Allein schon das war ungewöhnlich, ja außer-gewöhnlich.

Bauherr und Generalplaner führten nach der wasserrechtlichen Genehmigung die öffent-lichen Ausschreibungen durch und wickelten das Vergabeverfahren von der Angebotsprü-fung bis zur Auftragsvergabe ab. Da man auf einen Generalunternehmer verzichtete, fieldem Generalplaner die Aufgabe zu, über 15 Vergabeeinheiten zu organisieren bzw. zu ko-ordinieren und die örtliche Bauaufsicht, d. h. die gesamte Überwachung und die Kontrolleder Leistungserbringung, durchzuführen.Man hat dabei immer auf ein aktives, vorausschauendes Qualitätsdenken geachtet. Einegroße Aufgabe bestand auch darin, Sicherungen einzubauen, die es ermöglichen sollten,Probleme und Verzögerungen viel früher als sonst üblich zu erkennen und rasch entspre-chende Maßnahmen ergreifen zu können. Und das ist auch tatsächlich gelungen.So ist das Projekt auch ein Musterbeispiel für erfolgreiches Projektmanagement geworden.

The level difference across all 48,000 membraneaerators is less than +/-one centimetre, although theywere installed over a total distance of more than 550metres. This is important to ensure that the air blowninto the aeration tanks through the joint feed pipingfinds the same flow conditions throughout all tanks.This, in turn, is necessary for an economically efficientaeration.

Foresight planning

The extension of the Main Wastewater TreatmentPlant is undoubtedly a unique “customised” project,

which deserves admiration not only for being a technological masterpiece, but most of allfor the exceptional manner in which the project was organised. It began with the fact thatthe best project ideas were summarised and a new, conclusive wastewater technology andstructural engineering concept was developed. This in itself was unusual, if not to sayexceptional.

After obtaining regulatory approval from the Water Agency, the builder-owner/principal andthe general planning agency sent out the respective invitations to tender and organised thewhole tendering procedure ranging from the evaluation of tenders to the awarding ofcontracts. Since no general contractor was commissioned, it was the responsibility of thegeneral planning agency to organise and coordinate more than 15 contracting entities andact as building site supervisor, covering all aspects of building supervision and performancemonitoring.Much attention was paid to active planning, foresight and quality assurance. Another primeconcern was to establish a safety network which allows to identify problems and delaysmuch earlier than usual and to take immediate steps to remedy the situation. This ambitiousgoal has indeed been accomplished, and so the project has become a role model ofsuccessful project management.

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Die Maßabweichung für die Niveaugleichheit aller48.000 Membranbelüfter liegt bei weniger alsplus/minus einem Zentimeter. / The level differenceacross all 48,000 membrane aerators is less than +/-onecentimetre

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Probleme – aber keine Krisen

Naturgemäß gab es bei der Erweiterung der Hauptkläranlage jede Menge an Problemen –bei einer Baustelle dieser Größe, auf der zeitweise bis zu 250 Personen gleichzeitig arbeite-ten, nicht weiter überraschend –, aber keine Krisen. Eben weil die Verantwortlichen sichschon vorher überlegt hatten, was alles passieren könnte, und rechtzeitig Lösungsmecha-nismen festgelegt hatten.

Beim Bau der Belebungs- und der Nachklärbecken in offener Bauweise machte in den Jah-ren 2001und 2002 der hohe Grundwasserstand – bedingt durch Donaukanal und Donau –Probleme. Was in diesem Fall zu tun ist, wurde schon in der Ausschreibung festgelegt. Esbereitete daher kein wirkliches Problem, aus dem Maßnahmenkatalog die erforderlichenSchritte auszuwählen, um ungestört weiterbauen zu können. Kleiner Nachsatz: Glück ge-hört aber auch dazu. Ein noch höherer Grundwasserspiegel hätte die Bauarbeiten tatsäch-lich zum Stillstand gebracht. Neben der Auswechslung von nicht tragfähigen Böden kamendas Rütteldruckverfahren bzw. das Rüttelstopfverfahren zum Einsatz. Bei Ersterem werdengrobkörnige Böden in sich selbst verdichtet, beim Rüttelstopfverfahren werden in gemischt-und feinkörnigen, nicht verdichtungsfähigen Böden lastabtragende Säulen aus Kies oderSchotter eingebaut.

Vorausschauend war man auch bei der Ausführung der Belüftung in den Belebungsbecken.Während der Einsatz von Membranbelüftern an sich Stand der Technik ist, war die Art derAusführung Gegenstand von Tests in einem der insgesamt 15 Belebungsbecken.Nach einem halben Jahr war klar, dass sowohl die Anzahl der Belüfter als auch ihre Anord-nung zu modifizieren war. Ergebnis: Die geforderten Leistungsdaten konnten schließlich nichtnur erreicht, sondern sogar noch verbessert werden. Bei einem Luftvolumenstrom von 2.500Kubikmetern pro Stunde und Becken wurde der Garantiewert für den Sauerstoffertrag um et-wa 15 Prozent übertroffen und damit eine bestmögliche Aus-rüstung in allen 15 Belebungsbecken sichergestellt.

Ähnliches geschah auch bei den Nachklärbecken-Räumern.Die Größe des Projektes hat es ermöglicht, entsprechend aus-führliche Versuche zu fahren. Wer drei Jahre Zeit für den Bauvon 15 Nachklärbeckenräumern hat, kann ein halbes Jahr tes-ten – was bei kleineren Vorhaben kaum zu realisieren ist. Beider Planung der Räumeinrichtung wurde vor allem auf dasGewicht geachtet. Gemeinsam mit dem Lieferanten wurde ei-ne innovative Konstruktion in Form eines „Fachwerktunnels“mit nur 22 Tonnen Gesamtgewicht entworfen und gebaut.Dadurch entstand eine sehr stabile und biegefeste Brücke.

Problems, but no crisis

Naturally, numerous problems occurred during the plant extension project. On a buildingsite of this magnitude, where at times up to 250 workers were simultaneously doing theirjobs, this comes as no surprise. Yet a real crisis was never at hand. The people in chargewent into much premeditation about what things might happen, and so trouble-shootingstrategies were developed at an early stage.

In 2001 and 2002, the open-trench construction works for the aeration and secondarysedimentation tanks were hampered by the increased groundwater level resulting fromflood events affecting the Danube Canal and Danube River. Provisions were already madein the tendering documents as to what needs to be done in such a case. It was therefore aneasy matter to refer to the catalogue of measures and choose the necessary steps thatguarantee an undisturbed construction. Admittedly, it takes a bit of luck, too. If thegroundwater level had continued to rise, this would have caused the construction works tocome to a standstill. Apart from replacing soils with a low bearing capacity, technologiessuch as vibratory compaction and vibro-displacement or stone columns were used. In thefirst technique, coarse-grained soil in itself is compacted; the second technique consists infilling vertical columns of compacted gravel aggregate with a high bearing capacity intomixed and fine-grained, non-compactable soils.

Remarkable foresight was also shown in the design of the aeration system in the aerationtanks. The use of membrane aerators is meanwhile state of the art, yet their design in thisspecific case was found worthy of testing in one of the 15 aeration tanks. After a half-yearperiod of testing, it was clear that the number of aerators as well as their arrangement hadto be modified. As a result, the required performance data could not only be achieved, butwere even improved: with an air volume flow of 2,500 cubic metres per hour and tank the

guaranteed aeration efficiency was exceeded by some 15percent, thus ensuring an optimal aeration equipment in all 15aeration tanks.

A similar thing happened with the scrapers in the secondarysedimentation tanks. The dimension of this project has made itpossible to go into detailed testing. If the timeframe forinstalling scrapers in 15 secondary clarifiers is three years, thenhalf a year of testing is acceptable – something which is hardto accomplish in smaller projects. When designing the scraperbridge, much attention was attributed to the weight. Incollaboration with the manufacturer, an innovative “latticework”construction with a total weight of merely 22 tonnes wasdesigned and installed. The resulting bridge is very sturdy andhas a high flexional strength.

[ kapitel V ]

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Die innovative Konstruktion eines „Fachwerktunnels“ mitnur 22 Tonnen Gewicht / Innovative 'latticework' construction

with a total weight of merely 22 tonnes

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Page 106: Die Natur als Vorbild

Auch bei den Räumschilden wurde auf die Reduktion von Gewicht geachtet. Das gelangdurch Verwendung von Schildtafeln aus Polypropylen mit Edelstahlrahmen. Das geringeGewicht von Edelstahlbrücke und Räumschilden hat positive Auswirkungen auf den Betriebder Anlage: Sowohl bei der eingesetzten Energie als auch bei den Verschleißteilen (Antriebs-,Lauf- und Stützräder) konnte viel eingespart werden.

Die Betonfahrbahn, auf der der Räumer im Kreise läuft, ist beheizbar und mit abriebfestenPolymerbetonplatten abgedeckt. Dadurch wurde eine ebene und sehr verschleißfeste Fahr-bahn geschaffen, die extremen Temperaturen von minus 20 bis plus 60 Grad Celsius stand-hält.

Ohne „kräftigen Atem“ läuft nichts

Die Mikroorganismen, die „Putzbrigaden“ der Hauptkläranlage Wien, benötigen für ihre Rei-nigungstätigkeit jede Menge Sauerstoff. So müssen zum Beispiel allein in den neuen Bele-bungsbecken pro Stunde bis zu 180.000 Kubikmeter Luft zur Verfügung gestellt werden.Diese gewaltige Menge an Druckluft wird durch spezielle Luftverdichter erzeugt, die – wasihre Dimension betrifft – österreichweit einzigartig sind. Sie müssen die für die zweite Bele-bungsstufe erforderliche Luftmenge auf fünfeinhalb bis sieben Meter Wassersäule verdich-ten, was eine gewaltige Leistung darstellt. Die Luftverdichter sind deshalb auch mit Abstanddie größten Energieverbraucher der Kläranlage. Zum Vergleich: Jede einzelne der insge-samt fünf Verdichterlinien verbraucht im Jahr so viel Energie wie etwa 2.500 österreichischeHaushalte.

Da die Turboverdichter einen „Höllenlärm“ erzeugen – vergleichbar der Lärmentwicklung eines Flugzeuges –, sind sie in schallgedämmten Kabinen in einem eigenen Verdichterge-bäude untergebracht. Die zu verdichtende Luft wird vorerst in Rollband- und Taschenfilter-anlagen gereinigt, bevor sie zum Turboverdichter gelangt. Dort wird die Luft durch ein mit

In the design of the scrape blades, too, primary focus was on weight reduction. This wasachieved by using blades of polypropylene and combining them with a frame of refinedsteel. The low weight of the refined-steel bridge and the scrape blades has a positive impacton plant operation, saving costs for energy input and replacement parts (impeller andsupporting wheels).

The concrete “runway” on which the scraper revolves can be heated and is covered withnon-abrasive polymer concrete slabs. This creates a plain and wear-resistant runwaywithstanding even extreme temperatures ranging from minus 20 to plus 60 °C.

It takes a “strong breath” to do the job

The microorganisms, the “army of sweepers” in the Main Wastewater Treatment Plant, needenormous amounts of oxygen to do their job. Up to 180,000 cubic metres per hour mustbe placed at their disposal in the new aeration tanks alone. This enormous amount ofcompressed air is produced by special impeller aerators which, in terms of their size, areunique in Austria. Their task is to compress the amount of air required in the second aerationstage into a water column of 5.5 to 7 metres length - an enormous undertaking. The aircompressors therefore consume by far the largest amount of energy in the treatment plant.By comparison, each of the five compressor lines consumes as much energy per year as2,500 Austrian households.

Since the turbo-compressors produce a lot of noise – comparable to the noise emission ofan airplane -, they are housed in sound-absorbing cabins in a separate compressor building.The air to be compressed is first cleaned by automatic roll filters and pocket air filters before itis fed into the turbo-compressor. There, the air is accelerated to more than 200 metres persecond by means of an impeller rotating at 8,800 r.p.m. During this compression processthe air is heated by more than 60 °C up to 100 °C. Cooling systems have been installed toavoid that the temperature inside the compressor cabins and the pipework cellar increasesto over 40 °C.

The air from the compressor passes through a diffusor with pressure sound absorber into themain distributor, from where it is fed into the main air pipes running to the three aerationtank groups of the second stage. The air is finally blown into the 30 tanks via 48,000 discaerators.

Not only the turbo-compressors proper, but also the start-up and shut-down processes andthe installations protecting against excessive heat radiation and heat expansion inside thepiping system presented an enormous technical challenge to the engineers in charge ofplanning and construction.

[ kapitel V ]

Foto oben: Hier wird die benötigte Luftangesaugt. Foto rechts: Taschenfilter reini-

gen die Luft. / Intake for the required oxygen;Pocket air filters serve to clean the air

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Page 107: Die Natur als Vorbild

8.800 Umdrehungen pro Minute rotierendes Lauf-rad auf mehr als 200 Meter pro Sekunde beschleu-nigt. Bei diesem Verdichtungsvorgang wird dieLuft um über 60 Grad auf bis zu 100 Grad Celsiuserhitzt. Damit die Temperatur in den Verdichter-kabinen und im Rohrleitungskeller nicht auf über40 Grad Celsius ansteigt, wurden dort Rückkühlan-lagen installiert.

Die verdichtete Luft gelangt schließlich vom Ver-dichter über einen Diffusor mit Druckschalldämpferin den Hauptluftverteiler, von dem die Hauptluft-rohrleitungen zu den drei Blöcken der Belebungs-becken der zweiten Stufe gespeist werden. Dieseversorgen dann die 48.000 Tellerbelüfter in den 30Umlaufbecken.

Nicht nur die Turboverdichter an sich, sondernauch die Anfahr- und Abschaltvorgänge sowie die Maßnahmen gegen übermäßige Wärmeab-strahlung und Wärmedehnungen im Rohrleitungs-system waren für die beteiligten Planer und Errich-ter eine gewaltige ingenieurtechnische Heraus-forderung.

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Foto oben: Einer von insgesamt fünf Turbover-dichtern. Sie erzeugen gewaltige Druckluft-

mengen. Foto rechts: Hier wird die produzierteDruckluft verteilt. / One of five turbo-compressors,

which produce enormous amounts of compressed air; Here the compressed air gets distributed

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Page 108: Die Natur als Vorbild

Die für Reinwasser erreichten Sauerstoffwerte sind welt-weit die besten. / The plant's oxygen transfer rates in cleanwater are unparalleled worldwide

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Optimales Lüftungskonzept – weltweiter Spitzenwert

Sauerstoffzufuhr und Sauerstoffertrag sind bei einer Kläranlage Parameter, die für die Betriebskosten von großer Bedeutung sind. Die Sauerstoffzufuhr (Sauerstoffeintrag), ge-messen in Kilogramm O2 pro Stunde, beschreibt dabei die Menge an gelöstem Sauerstoff,die in ein mit Reinwasser gefülltes Becken eingetragen werden kann. Der Sauerstoff-ertrag gibt an, wie viele Kilogramm O2 mit einer kWh eingetragen werden können, und istdeshalb das Maß für den Stromverbrauch der Belüftungsanlage. Diese Kenngrößen sind

[ 106 ]

Optimum aeration concept: peak performance worldwide

Oxygen transfer and aeration efficiency are parametersthat have a vital impact on the costs of wastewatertreatment plant operation. The oxygen transfer rate,measured in kilogrammes O2 per hour, is defined as theamount of dissolved oxygen which can be introducedinto a tank filled with clear water. The aeration efficiencyindicates how many kilogrammes O2 per kWh can be

introduced, so the latter is a measure for the power consumption of an aeration unit. Theseparameters are dependent on a number of factors such as tank geometry, number anddistribution of aerators, air pipe lengths, pressure loss, etc.

Since the first configuration of aeration equipment failed to achieve the required oxygentransfer rates, as already mentioned before, a four-month optimisation phase followedduring which conditions for oxygen transfer were greatly improved by modifying thearrangement of the aerators and increasing the number of membrane aerators.

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Page 109: Die Natur als Vorbild

von vielen Faktoren abhängig wie z. B. Beckengeometrie, Anzahl und Verteilung der Belüfter, Luftleitungslängen, Druckverlusten etc.

Nachdem die geforderten Eintragswerte – wie bereits erwähnt – mit der ersten Konfigura-tion der Belüftungseinrichtungen nicht erreicht wurden, konnten im Rahmen einer viermo-natigen Optimierungsphase durch eine verbesserte Belüfteranordnung und durch eine hö-here Anzahl an Membranbelüftern wesentlich günstigere Bedingungen für den Sauerstoff-eintrag geschaffen werden.

Letztendlich gelang es der ausführenden Firma im Rahmen eines von einem unabhängigenIngenieurkonsulenten durchgeführten Leistungsnachweises nicht nur die geforderte Sauer-stoffzufuhr zu erreichen, sondern auch den garantierten Sauerstoffertrag von vier KilogrammO2 pro kWh klar zu übertreffen. Der erreichte Wert von 4,88 Kilogramm O2 pro kWh stellt inReinwasser weltweit einen Spitzenwert dar, denn bisher lagen die besten Messergebnissevon seriösen Überprüfungen bei 4,2 bis 4,3 Kilogramm O2 pro kWh. In Anbetracht der Grö-ße der Hauptkläranlage und ihrer Becken sowie der langen Luftleitungen bzw. der kompli-zierten Luftaufteilung ist dieses Ergebnis ganz be-sonders bemerkenswert.

Und das bedeuten diese Messergebnisse in der Praxis:Ausgehend von einem erforderlichen Sauerstoffein-trag von etwa 75 Millionen Kilogramm O2 pro Jahrund damit einem Strombedarf von ungefähr 15,6Millionen kWh ergibt sich durch den deutlich höherenSauerstoffertrag ein um rund 2,5 Millionen kWh gerin-gerer Stromverbrauch im Jahr – und somit auch gerin-gere jährliche Stromkosten. Der erreichte Sauerstoffer-trag lässt aber auch noch weitere Vorteile wie einengeringeren Verschleiß bei den Verdichtern, Filtern etc.erwarten.

[ 107 ]

A performance rating by an independent consultant engineering firm revealed that thecontracted-out manufacturer not only managed to achieve the required oxygen transferrate, but also clearly exceeded the guaranteed aeration efficiency of four kilogrammes O2

per kWh. The accomplished rate of 4.88 kilogrammes O2 per kWh in clear water is a peakvalue worldwide; so far the best measuring results achieved during acknowledgedinspections were 4.2 to 4.3 kilogrammes O2 per kWh. Considering the size of the MainWastewater Treatment Plant and its tanks, the length of the aeration pipes and thesophisticated air distribution system, this result is all the more remarkable.

Below are the practical implications of these measuring results:Based on a required oxygen transfer rate of 75 million kilogrammes O2 per year,approximately 15.6 million kWh of electricity are needed; but because the aeration efficiencyis substantially higher, the annual power consumption may be reduced by approximately2.5 million kWh – which also results in a proportional reduction of annual electricity costs.The favourable aeration efficiency is also expected to result in a number of additionalbenefits, such as reduced wear on compressors, filters, etc.

[ kapitel V ]

Die neue zentrale Schaltwarte der Hauptkläranlage Wien /The new central control room of the Main WastewaterTreatment Plant

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Page 110: Die Natur als Vorbild

Der Plan zeigt die Verteilung der Messstellen im gesamtenBereich der Kläranlage. / Plant layout with all measuringpoints and their location throughout the plant area

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Page 111: Die Natur als Vorbild

Kniffelige Umstellung des Prozessleitsystems

Als überaus wichtig und zweckmäßig erwies sich die Zusammenarbeit mit dem technisch äu-ßerst versierten Betriebspersonal der „alten“ Hauptkläranlage, das immerhin auf ein zwanzigjäh-riges Praxiswissen zurückblicken konnte. Die Kooperation klappte ganz hervorragend, die Fach-leute des bestehenden Betriebes waren immer in die Ausführungsplanung eingebunden undkonnten ihr Wissen, aber auch ihre Wünsche und Anforderungen in die Arbeit einfließen lassen.

Besonders „kniffelig“ gestaltete sich die Umstellung des Prozessleitsystems der „alten“ Haupt-kläranlage auf das neue System der Erweiterung. Dazu mussten einzelne Bedienstationenim neuen System abgebildet und zuerst im „Trockenlauf“ getestet werden. In der Folge wur-den dann beide Systeme kurzzeitig parallel gefahren und schließlich Anlage für Anlage – beilaufendem Betrieb – im neuen Prozessleitsystem aktiviert. Das ist dank sorgfältiger Planungund beeindruckendem Einsatz der Spezialisten-Teams sowohl der Kläranlage als auch derausführenden Firma bestens gelungen.

Eine der weltweit größten Leittechnikanlagen

Die insgesamt 28 Prozessstationen wurden in vielen Anlagenbereichen redundant, also indoppelter Ausführung oder mit einer Ersatzinstallation, ausgeführt. Bei einfachen Prozesssta-tionen wurde eine größtmögliche Verfügbarkeit durch eine redundante Anlagenbus-Ankop-pelung (eine zweifache Ausführung der Kommunikationsleitung) erreicht. Mit etwa 6.000 di-gitalen und analogen Ein- und Ausgängen im Altbestand der Hauptkläranlage und über1.500 Profibusteilnehmern im Bereich der Erweiterung wird die Anlage weitgehend vollau-tomatisch geregelt und gesteuert.

Der Prozess wird von einer zentralen Warte aus über zwei Bedienstationen gesteuert undbeobachtet. Die Flachbildschirme gestatten einen guten Einblick in das Prozessgeschehen.Mit Cursor und Maus besteht die Möglichkeit, über mehrere Bildschirme hinweg zu bedie-nen. Die frühere Übersichtstafel in Mosaiktechnik wurde durch eine Großbildschirmwand er-setzt, in der bildschirmkonforme Übersichtsbilder nahtlos zu einem Gesamtbild der Anlagezusammengefügt werden können. Die Großbildschirmwand wird als dynamisierte Anlagen-übersicht mit Bedienmöglichkeit als dritte autarke Bedienstation eingesetzt.

Mit rund 46.000 Ein-/Ausgabedatenpunkten (davon etwa 10.000 zum Signalaustausch mitder Schaltanlagenleittechnik, etwa 13.000 über dezentrale Ein-/Ausgaben und rund 23.000Datenpunkte von/an 1.500 Feldgeräte/n über Profibus) ergeben sich insgesamt an die80.000 Betriebs-, Warn- und Alarmmeldungen in der Prozessleittechnik. Damit wurde einesder größten Systeme für eine Kläranlage dieser Art – und das noch dazu während des lau-fenden Betriebes – realisiert.

Conversion of process control system was a challenge

Working with the staff of the “old” wastewater treatment plant, who can boast enormoustechnical know-how and twenty years of practical experience, was highly useful and ofgreat importance. Cooperation worked exceptionally well; experts from the existing facilitywere continuously involved in every stage of planning and execution, and encouraged toshare their knowledge, ideas and requests.

Converting the process control engineering system of the “old” plant into the newly extendedsystem was a fairly complicated undertaking. To accomplish this task, individual operatingunits had to be duplicated in the new system and were initially tested in a “dry run”. Thenboth systems were running parallel for a short period, until the old structure was finallyconverted into the new process control system and activated unit by unit while plantoperation continued. This difficult task was successfully solved thanks to the diligent planningand great commitment of both in-house specialists and experts from the contracting firm.

One of the world’s largest process control facilities

The plant has in all 28 control units, which in many places were designed as redundantstations, i.e. using a duplicate or stand-by installation. In the simple non-redundant processunits, optimum availability was accomplished by a redundant bus architecture (duplicationof the communication line). Some 6,000 digital and analog inputs and outputs in the oldwastewater treatment plant and more than 1,500 professional bus participants in theextended plant section ensure largely full automatic control.

The whole process is controlled and monitored from a central control room via twooperating terminals. The flat screens provide a good overview of plant operation. Cursorand mouse may operate across multiple screens (multihead mode). The previous flow chartmosaic has been replaced by a large screen, where screen-sized displays may be seamlesslyarranged to produce a total image of the plant. The large screen provides a dynamic plantoverview and may optionally be used as a third autonomous operating terminal.

Some 46,000 input/output data points (10,000 for exchanging signals with switchboardcontrol, 13,000 via decentralised inputs/outputs and 23,000 from/to field devices viaprofessional bus) result in 80,000 operating messages, alerts and alarms in the processcontrol system. These features make the new system one of the largest currently in use in awastewater treatment plant of this kind; and there was not even the need to shut down theplant for its installation.

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Page 112: Die Natur als Vorbild

Generell werden Prozessdaten über einen Zeitraum von einem Jahrpermanent aufgezeichnet. Zusätzlich werden die für die Protokolle be-nötigten Bilanzdaten in separaten Tabellen archiviert und zusammenge-fasst. Aufgrund der hohen Anzahl der Prozessvariablen und des damitverbundenen Rechenaufwandes für die Automatisierung und Visuali-sierung werden drei voneinander unabhängige Prozessdatenrechnereingesetzt.

Eine elegante Lösung zur Einbindung der Peripherie bietet das Feld-bus- oder Profibussystem, das für die Kommunikation der Automatisie-rungstechnik und der Feldebene entwickelt wurde. Sämtliche Datenwerden über eine Zwei-Draht-Leitung übertragen, wodurch der Verka-belungsaufwand gering gehalten werden konnte. Alle angeschlosse-nen Feldgeräte (ca. 1.700 Antriebe und 1.400 Messstellen) sind vonder Steuerwarte fernparametrierbar und elektronische Datenblätter er-möglichen den anlagenweiten Zugriff auf die zur Verfügung stehen-den technischen Daten. Integrierte Diagnosesysteme schaffen die Möglichkeit, Schäden etwa anArmaturen oder Aggregaten von den einzelnen Engineering-Stationenaus rasch zu erkennen und zu beheben. Durch die Feldbustechnik wirdeine bisher nicht mögliche Transparenz über sämtliche Prozesse undZustände geschaffen.

Fairness und technische Kompetenz

Dass es bei der Inbetriebnahme der Erweiterungsstufe der Hauptkläran-lage Probleme geben und Fehler auftreten würden, war schon vor Be-ginn dieser Projektphase klar. Denn viele Detailabstimmungen könnennur in natura durchgeführt werden. Es zeigte sich aber auch, dass manbei diesen Feinabstimmungen sehr viel über Grenzsituationen und ma-ximal zulässige Arbeitsbereiche für den späteren Regelbetrieb lernenkann.

Fairness gegenüber den Vertragspartnern des Bauherrn, technischeKompetenz und vorausschauendes Denken sowie die menschliche Leistung aller Beteiligten sind die herausragenden Parameter des „Jahr-hundertbauwerkes“ Erweiterung der Hauptkläranlage Wien. Und kurzvor der Inbetriebnahme konnte man (unberufen, toi, toi, toi!) noch zu-frieden feststellen: „Wir haben bisher an die 180 Millionen Euro ver-baut, und das ohne einen einzigen Rechtsanwaltbrief.“Auch das ist außergewöhnlich.

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Page 113: Die Natur als Vorbild

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In general, any process-related data is continuously recorded over a one-yearperiod. In addition, the assessment data required for the protocols arecompiled and kept on file in separate tables. On account of the largenumber of process variables and the resulting computational burden onautomation and visualisation, three independent computing units are in use.

An elegant solution to integrate the various field devices is the field bus orprofessional bus system, which was developed to enable automationtechnology and field level communication. Data is exclusively transmittedthrough a bi-wire line, thus keeping the amount of cabling to a minimum. Allconnected field devices (approximately 1,700 actuators and 1,400 sensors)may be remotely parameterised from the control room and electronicdatasheets allow data access from all over the plant. Integrated diagnosis systems provide the possibility to rapidly detect andremedy any occurring damage in fittings, units, etc. via individualengineering stations. Field bus technology provides unprecedentedtransparency of all plant processes and conditions.

Fairness and technical competence

Even before this project phase, it was clear that problems and faults werebound to occur during the commissioning and start of operation of theupgraded wastewater treatment plant. Many “fine-tunings” are, as a matterof fact, only possible during real operation. Yet it was also revealed that manylessons can be learned during such fine tunings with respect to operationalboundaries and maximum permissible plant parameters and theirimplications for a future regular operation.

Fair collaboration between on-site staff and building contractors, technicalcompetence, foresight planning and the outstanding performance of allthose involved – all these are essential aspects which have made theextension of the Vienna Main Wastewater Treatment Plant a “once-in-a-century” project. And even shortly before the plant started operation, theproject team - touch wood - proudly announced: “We have so far invested 180 million euros in plant reconstruction, andhaven’t needed a lawyer once”.This, too, is exceptional.

[ kapitel V ]

Beide Fotos: Detailaufnahmen der neuen zentralen Schaltwarte der Hauptklär-anlage Wien / Detailed views of the Wastewater Treatment Plant's new central control room

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Wie man eine Kläranlage „verkauft“

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Werbelinie und Kampagnen. Road-Show „EbS on Tour“. Marketing concept and PR campaigns. Road show “EbS on Tour”.

Infoscreen in der Wiener U-Bahn /Info screen in the Vienna Underground

How to “sell” a wastewater treatment plant

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Page 115: Die Natur als Vorbild

Mit dem Ausbau und der Erweiterung der Hauptkläranlage Wien änderten sich auch die bis-herige, eher traditionelle Werbelinie und die Präsentation der Hauptkläranlage in der Öf-fentlichkeit. Es stellte sich sehr schnell heraus, dass die Bezeichnung „EntsorgungsbetriebeSimmering – Abwasserreinigung“ für eine mediengerechte Aufbereitung viel zu sperrig war.Darüber hinaus war den Verantwortlichen klar, dass ein derartiges „Jahrhundertprojekt“auch einer speziellen begleitenden Öffentlichkeitsarbeit bedurfte. Sind doch bei Großprojek-ten dieser Art Konflikte nie ganz zu vermeiden. Der Aufbau eines entsprechenden Informa-tionssystems war daher das Gebot der Stunde.

[ kapitel VI ]

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Foto oben: Megaboard an der Wiener Urania. Foto rechts: Beworben wurde die Erweiterung derHauptkläranlage Wien auch an Bussen. / Top picture: Megaboard at the 'Urania'. Right picture: TheWastewater Treatment Plant expansion project was also displayed on city busses

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Page 116: Die Natur als Vorbild

As the extension of the Main Wastewater Treatment Plant progressed, the traditionalmarketing concept of the facility and the way in which it presented itself to the publicchanged. It soon became clear that the name of the company – “EntsorgungsbetriebeSimmering-wastewater treatment” – sounded quite cumbersome and was not really suitedfor a successful media campaign.The managers in charge also agreed that such a “once-in-a-century” project needs to bepromoted through a special communication concept, given the fact that with projects of thismagnitude conflicts can never be ruled out completely. A proper information andcommunication concept was urgently needed.

After conducting an opinion poll to find out how the Main Wastewater Treatment Plant isviewed by the general public, Entsorgungsbetriebe Simmering organised a contest; thewinner of the contest was the PR agency creating the slogan “Alles klar” (“all’s clear”). After aperiod of two years, the plant managers found it was time for something new and soanother contest was organised. This time, the slogan “H2O recycling” was selected.

From the very beginning, PR experts set out to design the advertising strategy for the newplant by focussing on the technical concept, the outstanding purification performance ofthe upgraded wastewater treatment plant, and the need to revise Vienna’s image in Europeby stressing that the city, apart from its innumerable cultural attractions, can also boast amasterpiece of environmental technology.

This message was promulgated through four different subjects, which occurred innewspaper ads, movie and TV commercials, the “Citylights”, on underground billboards aswell as mega-boards at Vienna’s “Urania” and “Mariahilferkirche”, one of the city’s churches,promoting the city’s new wastewater treatment facility among the general public.

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Foto links: Informationen via Citylight. Foto rechts:Ein Prost auf das „Jahrhundertbauwerk“. /Information through 'Citylight'; A toast to this 'once-in-a-century' project!

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Nach einer Meinungsumfrage zum Bildder Hauptkläranlage Wien in der Öffent-lichkeit veranstalteten die Entsorgungs-betriebe Simmering einen Wettbewerb,den die Agentur, die den Slogan „Allesklar“ kreiert hatte, gewann. Nach rundzwei Jahren wollte man dann etwasNeues – aus einem weiteren Wettbe-werb ging die Formel „H2O-Recycling“als Sieger hervor.

Von Anfang an haben sich die Öffent-lichkeitsarbeiter bei der Gestaltung derWerbelinie auf die technische Begrifflich-keit konzentriert, auf die hervorragendeReinigungsleistung der neuen, erweiter-ten Hauptkläranlage und auf die Not-wendigkeit, europaweit darauf hinzu-weisen, dass Wien neben unzähligenkulturellen Sehenswürdigkeiten auch einSpitzenprodukt der Umwelttechnik be-sitzt.

Diese Botschaft wurde mit vier verschie-denen Sujets, die als Inserate, Kino- undTV-Spots, citylights, in der U-Bahn-Werbung sowie als Megaboards an derWiener Urania und an der MariahilferKirche für die neue HauptkläranlageWien warben, in die Öffentlichkeit getra-gen.

[ kapitel VI ]

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Auch in den Wiener Kinos lief der Countdownfür die Hauptkläranlage. / The commercial forVienna's Main Wastewater Treatment Plant was

also shown in cinemas throughout the city.

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Page 118: Die Natur als Vorbild

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Road-Show „EbS on Tour“

Zur Vorbereitung der Eröffnung am 18. Juni 2005 wurde für die Wiener Bevölkerung zu-sätzlich die Road-Show „EbS on Tour“ entwickelt, die im Mai und Juni an 15 verschiedenenStandorten in der Bundeshauptstadt zu sehen war. Kernstück der Infoschau war ein fünf Meter langes und zwei Meter breites Modell der Hauptkläranlage, in dem der Prozess derAbwasserreinigung mit echtem Wasser simuliert wurde. Das interaktive Modell bot die Mög-lichkeit, die einzelnen Prozessschritte zu erleben und auch manuell auf sie einzuwirken. Da-mit wurde dem interessierten Publikum die Möglichkeit geboten, komplizierte Verfahrens-prozesse der mechanischen und biologischen Reinigungsstufen auf einfache Art und Weisenachzuvollziehen. Auf Infotafeln sowie durch fachlich geschultes Personal erhielt man Ant-worten auf alle Fragen zur Abwasserreinigung.Die Road-Show „EbS on Tour“ veranschaulichte auf einfachste Weise, warum Wien als eineder saubersten Städte der Welt und als Umweltmusterstadt gilt.

Road show “EbS on Tour“

In preparation of the plant’s inaugural ceremony on 18 June 2005, a road show entitled“EbS on Tour” was additionally developed, which in May and June came to 15 differentlocations of the federal capital to take the message out to the wider public. The mainattraction of this public information campaign was a five-metre-long and two-metre-widemodel of the wastewater treatment plant, in which the wastewater purification process was“reproduced” using real water. In this interactive model, people could follow the purificationprocess step by step and even had an opportunity to manually influence the process. Thismodel was an excellent way to explain to the interested public in a simplified manner, howthe sophisticated processes of mechanical and biological wastewater purification actuallywork. On-site information boards were set up and specially trained staff were on hand toanswer all kinds of questions related to wastewater treatment. The road show “EbS on Tour” proved an efficient and simple way of communicating to thepeople why Vienna has earned the reputation of being one of the cleanest cities in theworld and an “eco-model city”.

Die Road-Show „EbS on Tour“ war an insgesamt 15 Standorten in der Bundeshauptstadt zu sehen. /The road show 'EbS on Tour' visited 15 locations throughout the capital.

[ kapitel VI ]

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Gewässerreinigung und Gewässerschutz stehen in unmittelbarem Zusammenhang. Für die„Umweltmusterstadt Wien“ war es daher nur logisch, dafür gemeinsame Konzepte zu ent-wickeln. Gradmesser für den Erfolg der Abwasserentsorgung ist die ökologische Funktions-fähigkeit der städtischen Gewässer. Ein vorbildliches Gewässerschutz- und Abwasserkonzeptbeginnt deshalb an der Quelle: So muss beispielsweise der Versiegelungsgrad in der Stadtverringert, die Versickerung von Niederschlagswässern gefördert und das Fremdwasser imAbwasser reduziert werden.

Und noch eines ist wichtig: Kanalnetz und Kläranlage müssen als Einheit betrachtet werden.Denn nur das macht langfristig eine effiziente nachhaltige Abwasserwirtschaft möglich. DieStadt Wien hat mit dem Start des Projektes „Abwasserentsorgung und Gewässerschutz fürWien“ in den Jahren 1996/1997 genau diesen Weg eingeschlagen. Absolutes Zentrum desProjektes ist die erfolgreich abgeschlossene Erweiterung der Hauptkläranlage, die weltweitnicht nur als Musterbeispiel gilt, sondern auch vom System her einzigartig ist und in Fach-kreisen global gewaltiges Interesse – u. a. am Erwerb des Know-how – hervorgerufen hat.

Was das Gesamtprojekt – das im Jahr 2015 abgeschlossen werden soll – betrifft, halten wir2005 allerdings erst in der „Halbzeit“. Noch gibt es eine Menge zu tun, etwa den weiterenAusbau der Entlastungskanäle im Bereich von Donaukanal, Liesingbach und Wienfluss bisnach Purkersdorf.

In den vergangenen zehn Jahren ist es gelungen, das Projekt „Abwasserentsorgung undGewässerschutz für Wien“ plangemäß durchzuführen. Ich bin sicher, dass die Entsorgungs-betriebe Simmering (EbS) auch die kommenden zehn Jahre genauso zielorientiert nutzenwerden!

Water purification and water protection are closely related to each other. For Vienna,renowned to be an ‘eco-model city’, it was therefore a logical step to develop a jointstrategy for both. The success of a wastewater treatment concept needs to be measured bythe ecological functioning of our urban water bodies. An exemplary water protection andwastewater treatment concept must therefore start at the source. Some of the measures tobe adopted include reducing the degree of surface sealing in urban areas, promotingnatural rainwater infiltration schemes and reducing the influx of extraneous water into ourwastewater system.

Another essential aspect is that the sewer system and the sewage treatment plant must beregarded as a whole. This is the only way to establish an efficient, sustainable wastewatermanagement programme in the long term. ‘Wastewater Disposal and Water Protection forVienna’, a project which the Vienna City Council initiated in 1996/97, is a step in thisdirection. The very core of this project is the successfully concluded extension of the MainWastewater Treatment Plant which, apart from being a worldwide paragon, also excelsthrough its unique technology and has attracted enormous attention from experts allaround the world, all eager to acquire the respective know-how.

Considering that the conclusion of the total project is scheduled for 2015, then 2005 is only‘half-way through’. There are many more goals yet to be accomplished, such as thecontinuing upgrade of the relief sewers in the area of the Danube Canal and theLiesingbach and Wien rivers out to the city boundaries near Purkersdorf.

In the past ten years, we have indeed managed to perform all planned steps of thiswastewater disposal and water protection project for Vienna according to schedule. And Iam thoroughly convinced that our experts at Entsorgungsbetriebe Simmering (EbS) will alsoachieve the targets set out for the next ten years!

[ nachwort ]

„Wir werden auch die kommenden zehn Jahre zielorientiert nutzen!“ /

“We will do our best to also achieve the targets set out for the next ten years!”

Dipl.-Ing. Peter BortenschlagerGeneraldirektor Entsorgungsbetriebe SimmeringChief Executive Officer, Entsorgungsbetriebe Simmering

Foto

: EbS

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ISBN: 3-901983-53-8

Wien 2005

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1110 Wien, Leberstraße 122

die natur als vorbildDie Geschichte der Hauptkläranlage Wien (1965–2005)

Autoren: Leopold Lukschanderl, Dipl.-Ing. Franz Klager

Technische Fachberatung: Dipl.-Ing. Franz Klager (EbS)

Übersetzung: Mag. Sandra Schopf

Grafische Gestaltung: Repromedia, Wien

Lektorat: Dipl.-Ing. Gerlinde Hinterhölzl, Mag. Sandra Schopf

Druck: Berger Druck, Horn

[ impressum ]

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