Die neue Deklaration von Helsinki, verabschiedet in Fortaleza 2013

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AKTUELLES 1 3 Online publiziert: 10. April 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 Prof. Dr. Dr. U. Wiesing () Institut für Ethik und Geschichte der Medizin, Universität Tübingen, Gartenstr. 47, 72074 Tübingen, Deutschland E-Mail: [email protected] Dr. R. Parsa-Parsi Dezernat für internationale Angelegenheiten, Bundesärztekammer, Herbert-Lewin-Pl. 1, 10119 Berlin, Deutschland Die neue Deklaration von Helsinki, verabschiedet in Fortaleza 2013 Urban Wiesing · Ramin Parsa-Parsi Ethik Med (2014) 26:161–166 DOI 10.1007/s00481-014-0299-3 Die Deklaration von Helsinki gilt als eines der bedeutendsten Dokumente für die Regu- lierung von Forschung am Menschen. Die 18. Generalversammlung des Weltärztebundes (World Medical Association, WMA) verabschiedete sie erstmals im Jahre 1964 in Helsinki, Finnland. Sie gilt als „living document“ und unterläuft wie alle WMA-Papiere regelmäßige Überarbeitungen. Mit den insgesamt sieben Revisionen und zwei Klarstellungen in den ver- gangenen 50 Jahren stellte der WMA sicher, dass die normativen Vorgaben der Deklaration an die stetigen Veränderungen in Wissenschaft und Ethik angepasst werden. Am 19. Okto- ber 2013 hat die 64. WMA Generalversammlung im brasilianischen Fortaleza erneut eine revidierte Fassung der Deklaration verabschiedet [11]. Der Revisionsprozess wie auch die Änderungen im Vergleich zur Vorgängerversion seien hier dargestellt und erläutert. Der Revisionsprozess Seinen Anfang fand der Revisionsprozess kurz nach der Entscheidung über die vorletzte Fassung im Jahr 2008 auf der 59. Generalversammlung des WMA in Seoul. Eine eigens eingesetzte Arbeitsgruppe befasste sich zunächst mit dem weiterhin kontroversen Placebo- paragraphen. Nach zwei internationalen Expertenkonferenzen in den Jahren 2010 und 2011 waren sich die Teilnehmer einig, dass es in bestimmen Fällen überzeugende wissenschaft- liche Argumente gebe, eine neue Therapie auch bei vorhandener Standardtherapie gegen ein Placebo zu testen, insbesondere wenn der Nutzen der Standardtherapie nur marginal oder

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Aktuelles

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Online publiziert: 10. April 2014© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

Prof. Dr. Dr. U. Wiesing ()Institut für Ethik und Geschichte der Medizin, Universität Tübingen,Gartenstr. 47, 72074 Tübingen, DeutschlandE-Mail: [email protected]

Dr. R. Parsa-ParsiDezernat für internationale Angelegenheiten, Bundesärztekammer,Herbert-Lewin-Pl. 1, 10119 Berlin, Deutschland

Die neue Deklaration von Helsinki, verabschiedet in Fortaleza 2013

Urban Wiesing · Ramin Parsa-Parsi

Ethik Med (2014) 26:161–166DOI 10.1007/s00481-014-0299-3

Die Deklaration von Helsinki gilt als eines der bedeutendsten Dokumente für die Regu-lierung von Forschung am Menschen. Die 18. Generalversammlung des Weltärztebundes (World Medical Association, WMA) verabschiedete sie erstmals im Jahre 1964 in Helsinki, Finnland. Sie gilt als „living document“ und unterläuft wie alle WMA-Papiere regelmäßige Überarbeitungen. Mit den insgesamt sieben Revisionen und zwei Klarstellungen in den ver-gangenen 50 Jahren stellte der WMA sicher, dass die normativen Vorgaben der Deklaration an die stetigen Veränderungen in Wissenschaft und Ethik angepasst werden. Am 19. Okto-ber 2013 hat die 64. WMA Generalversammlung im brasilianischen Fortaleza erneut eine revidierte Fassung der Deklaration verabschiedet [11]. Der Revisionsprozess wie auch die Änderungen im Vergleich zur Vorgängerversion seien hier dargestellt und erläutert.

Der Revisionsprozess

Seinen Anfang fand der Revisionsprozess kurz nach der Entscheidung über die vorletzte Fassung im Jahr 2008 auf der 59. Generalversammlung des WMA in Seoul. Eine eigens eingesetzte Arbeitsgruppe befasste sich zunächst mit dem weiterhin kontroversen Placebo-paragraphen. Nach zwei internationalen Expertenkonferenzen in den Jahren 2010 und 2011 waren sich die Teilnehmer einig, dass es in bestimmen Fällen überzeugende wissenschaft-liche Argumente gebe, eine neue Therapie auch bei vorhandener Standardtherapie gegen ein Placebo zu testen, insbesondere wenn der Nutzen der Standardtherapie nur marginal oder

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schwer zu messen sei. Es bliebe dann zu klären, welche Risiken dafür eingegangen werden dürfen, und zwar in Kohärenz mit den sonstigen Vorgaben der Deklaration, die begrenzte Risiken einzugehen bei einem bestimmten zu erwartenden Erkenntnisgewinn durchaus zulässt. Die Arbeitsgruppe war sich schließlich mehrheitlich einig, dass die Regelungen zum Gebrauch von Placebos in der Version von 2008 in ethischer Hinsicht am ehesten akzeptabel sind. Gleichzeitig empfahl die Arbeitsgruppe jedoch, die gesamte Deklaration einer Revision zu unterziehen. Die Bundesärztekammer hatte bereits die Arbeitsgruppe zum Thema Placebo geleitet und behielt diese Funktion für die Komplettrevision. Neben Deutschland nahmen in der Arbeitsgruppe die Ärzteverbände aus Japan, Brasilien, Uru-guay, Dänemark und den USA teil. Weitere Berater und Beobachter kamen aus Südafrika, Kanada, Norwegen und Finnland.

Von Anfang an strebte die Arbeitsgruppe im Rahmen eines transparenten Revisionspro-zesses eine möglichst große Beteiligung aller WMA-Mitgliedsverbände, internationalen Organisationen und relevanten Interessengruppen an [10]. Auf Konferenzen in Rotterdam, Kapstadt und Tokio diskutierten internationale Experten aus den verschiedensten wissen-schaftlichen Disziplinen die Themen und Paragraphen, die einer Überarbeitung bedurften. Im April 2013 legte die Arbeitsgruppe einen ersten Entwurf einer revidierten Version der Deklaration dem WMA-Vorstand vor. Dieser beschloss, das Papier für zwei Monate (von Mitte April bis Mitte Juni 2013) für eine Konsultation im Internet der Öffentlichkeit frei-zugeben [12]. Während dieser Zeit gingen insgesamt 129 Eingaben aus 36 verschiedenen Ländern bzw. Regionen ein. Die Auswertung der Kommentare führte zu einem zweiten Entwurf, der im August des Jahres abschließend auf einer Konferenz in Washington erörtert wurde. Der gesamte Beratungsprozess war damit umfangreicher als bei allen Revisionen zuvor, ebenso die Zahl der Kommentare und Eingaben.

Direkt im Anschluss an das Meeting in Washington verständigte sich die Arbeitsgruppe auf eine vorläufige Endfassung der Deklaration, die allen WMA-Mitgliedern zur Kommen-tierung und dem Ethikausschuss des WMA vorgelegt wurde. Mit großer Mehrheit nahm die 64. Generalversammlung den Vorschlag mit nur einer Änderung an.

Bereits während des Revisionsprozesses kritisierte u. a. E. Emanuel, dass die Fre-quenz der Revisionen zu hoch sei, die Deklaration seltener revidiert werden und sie sich auf wenige, unveränderliche Prinzipien konzentrieren sollte [2, 6]. Die Arbeitsgruppe, der Präsident des WMA und die Generalversammlung verstanden die Deklaration jedoch als „living document“, das geänderten Bedingungen, z. B. der Globalisierung der Forschung, angepasst werden muss [9, 10].

Prinzipien der Revision

Die erneute Revision der Deklaration von Helsinki war von klaren Vorgaben begleitet. Die Arbeitsgruppe war sich darüber einig, dass sich die Deklaration von anderen Richtlinien in ihrem Charakter und Format weiterhin unterscheiden und unverändert bleiben müsse. Daher war auch eines der Ziele, dass sich ihr Umfang nur unwesentlich vergrößert. Es sollte ein Dokument von ethischen Prinzipien bleiben und nicht zu einem detaillierten Handbuch mutieren. Zudem sollte kein Paragraph ohne triftigen Grund verändert werden.

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Das Mandat des WMA und die Adressaten der Deklaration

Seit der Version von 2008 wendet sich die Deklaration, im Einklang mit dem Mandat des WMA, explizit in erster Linie an Ärzte. Gleichwohl regt der Weltärztebund andere an der medizinischen Forschung am Menschen Beteiligte an, die Grundsätze der Deklaration zu übernehmen. Dies ist kritisiert worden, weil es nicht die Realität der Forschung wider-spiegele und zu inneren Widersprüchen führe, wenn an anderer Stelle in der Deklaration Ethik-Kommissionen, Editoren und Regierungen angesprochen würden [2, 6, 7]. Die Arbeitsgruppe sah sich zwar an das Mandat des WMA gebunden, betrachtete es aber den-noch als wichtig und angebracht, wenn in der Deklaration auch auf die Verpflichtungen anderer Berufsgruppen hingewiesen wird [9]. Auch dem ist die Generalversammlung letzt-lich im § 2 gefolgt: “Consistent with the mandate of the WMA, the Declaration is addressed primarily to physicians. The WMA encourages others who are involved in medical research involving human subjects to adopt these principles.”

Eine neue Struktur

Auffällig an der Version 2013 ist vor allem eine neue Struktur des Dokumentes. Die 2008er Version erwähnte bestimmte Themen wie Risiko-Nutzen-Abschätzung, vulnerable Gruppen oder Infomed Consent an verschiedenen Stellen. Die neue Version bündelt diese Themen und hat Zwischenüberschriften eingeführt. Die Änderungen sollen vor allem die Lesbarkeit verbessern. Für die neue Version sind überdies zahlreiche sprachliche Präzisierungen vor-genommen worden. Zudem wurde stets überlegt, ob ein „must“ oder „should“ angemessen sei, um den Grad der Verpflichtung zu unterscheiden.

Die wichtigsten Änderungen

Im Revisionsprozess kam es stets zu der Frage, ob bestimmte vulnerable Gruppen genannt oder gar eine Liste der vulnerablen Gruppen in der Deklaration aufgestellt werden sollte. Beides erwies sich als unklug. Die explizite Nennung bestimmter vulnerabler Gruppen führt nur dazu, dass sich andere, nicht genannte, benachteiligt fühlen. Eine Liste aller vulnerablen Gruppen wäre zu lang und liefe überdies Gefahr, unvollständig zu sein. Stattdessen führt die neue Version eine allgemeine Definition von vulnerablen Gruppen an: “Some groups and individuals are particularly vulnerable and may have an increased likelihood of being wron-ged or of incurring additional harm (§ 19).” Der nachfolgende Paragraph legt die Bedin-gungen für Forschung an vulnerablen Gruppen fest: 1) muss die Forschung die Bedürfnisse dieser vulnerablen Gruppe adressieren, 2) muss die Forschung an genau dieser vulnerablen Gruppe die einzige Möglichkeit sein, die gewünschten Forschungsergebnisse zu erlangen, 3) müssen die „knowledges, practices or interventions“, die aus der Forschung resultieren, für die vulnerable Gruppe angemessen verfügbar sein.

Während des Revisionsprozesses wurde zusätzlich zur überarbeiteten Terminologie und zur neuen zweiten Bedingung als 4) Bedingung gefordert, dass eine Erwägung von weiteren Vorteilen nicht ausgeschlossen sei, sofern die ersten drei Bedingungen erfüllt sind. Hier ver-suchte die Arbeitsgruppe, neben dem reasonable availablility approach zusätzlich den fair

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benefit approach einzuführen, sofern die oben genannten ersten drei Bedingungen erfüllt sind. Nach kontroverser Diskussion, in der insbesondere afrikanische Länder Bedenken erhoben, wurde diese 4. Bedingung auf der Generalversammlung fallen gelassen. Kritiker sehen darin einen Verlust [6].

Bei der Frage, welche Leistungen für Teilnehmer nach einer Studie bereitgestellt wer-den sollen, wurde in der öffentlichen Diskussion häufig kritisiert, dass die 2008er Version im Vergleich zur 2004er Version weniger präzise sei und die Ansprüche der Teilnehmer reduziere [5]. Die jetzige Version reagiert mit § 34 darauf, indem sie einerseits die Ver-antwortlichen benennt und klarstellt, dass die Teilnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Maßnahmen haben, die in der klinischen Studie als nützlich identifiziert wurden: “In advance of a clinical trial, sponsors, researchers and host country governments should make provisions for post-trial access for all participants who still need an intervention identified as beneficial in the trial.” Es verbleiben auch hier weiterhin Fragen der konkreten Ausgestal-tung dieser Norm. Man muss jedoch darauf hinweisen, dass eine Deklaration die praktische Umsetzung ihrer Vorgaben nicht in allen Details regeln kann.

Die Version von 2013 Fortaleza stellt zudem neue Forderungen an die Ethikkommissio-nen auf: Sie müssen „duly qualified“ sein und transparent arbeiten (§ 23).

Zwei Änderungen dürften von besonderer Tragweite sein. So fordert erstmals der § 15 eine Kompensation für Teilnehmer, die durch eine Studie geschädigt wurden: “Appropriate compensation and treatment for subjects who are harmed as a result of participating in research must be ensured.” Dies ist in den meisten wohlhabenden Ländern, zum Beispiel in Deutschland im Arzneimittelgesetz, über eine abzuschließende Versicherung geregelt, für viele Länder aber ein noch anzustrebender Standard. Diese Regelung erhöht den Schutz für Teilnehmer an der Forschung. Überdies fordert der § 35 erstmals, dass alle Studien am Men-schen registriert werden müssen, nicht nur wie bisher klinische Studien. “Every research study involving human subjects must be registered in a publicly accessible database before recruitment of the first subject.” Dies dürfte eine deutliche Erweiterung der Registrierung bedeuten, für die aber gute Gründe sprechen. Das gewichtige Argument, durch Registrie-rung unnötige Forschung und damit unnötiges Risiko für Teilnehmer zu vermeiden, gilt gleichermaßen für nicht-klinische Studien.

Erstmals greift die neue Version das Thema der Biobanken auf. § 32 legt fest, dass die Prinzipien, die auch sonst für die Sammlung von Materialien oder Daten gelten, in gleicher Weise für Biobanken gelten. Die Probanden müssen für „collection, storage and/or reuse“ ihr informiertes Einverständnis geben. Der § 32 sieht weiterhin als Ausnahme vor, dass auf das informierte Einverständnis verzichtet werden kann, sofern dessen Einholung unmöglich oder nicht praktikabel ist. In diesen Situationen bedarf es der Zustimmung einer Ethikkommission.

Im neuen § 32 ist der Satzteil gestrichen worden, dass „threat to the validity of the research“ eine hinreichende Bedingung dafür sei, auf das informierte Einverständnis ver-zichten zu können. Diese Streichung steht im Einklang mit der übrigen Deklaration, die auch sonst keine Ausnahme von der Bedingung des Informed Consent erlaubt, nur weil die wissenschaftliche Validität der Forschung gefährdet wäre. Der § 32 lautet nun: “For medi-cal research using identifiable human material or data, such as research on material or data contained in biobanks or similar repositories, physicians must seek informed consent for its collection, storage and/or reuse. There may be exceptional situations where consent would be impossible or impracticable to obtain for such research. In such situations the research may be done only after consideration and approval of a research ethics committee.”

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Der § 36 ergänzt neben der Pflicht zur Publikation die Pflicht zur „dissemination“: “Researchers, authors, sponsors, editors and publishers all have ethical obligations with regard to the publication and dissemination of the results of research.” Diese Ergänzung geht auf die Klage insbesondere von ärmeren Ländern zurück, die Ergebnisse von For-schung, die bei ihnen durchgeführt wurde, würden zuweilen in einer Weise publiziert, dass die Betroffenen keinen Zugang zu den Informationen hätten. Bestimmte Fachjournale seien nicht überall zugänglich. Die neue Ergänzung soll helfen, auch diesen Gruppen die Ergeb-nisse der Forschung zugänglich zu machen.

Placebokontrollen

Die Regelung von Placebokontrollen war spätestens seit der Version von 2000 umstritten. Sie hatte festgelegt, dass ein Placebo als Vergleichsgruppe nur genutzt werden darf, sofern keine Standardtherapie vorhanden ist. Als Ausnahmen ergänzt die 2008er Regelung, dass aus wichtigen wissenschaftlichen Gründen und sofern die Probanden keinem Risiko von ernsthaften und irreversiblen Schäden ausgesetzt sind, auch gegen Placebo kontrolliert werden darf, wenn eine Standardtherapie vorhanden ist. Die neue Version bleibt bei die-sem ethischen Grundsatz, spricht das Problem jedoch in systematischerer Weise an: Die Regelung gilt nun nicht nur für eine Placebokontrolle, sondern für eine Kontrolle mit jeder Maßnahme, die schlechter ist als die beste geprüfte, z. B. mit dem zweit- oder drittbesten Standard:

The benefits, risks, burdens and effectiveness of a new intervention must be tested against those of the best proven intervention(s), except in the following circumstances:Where no proven intervention exists, the use of placebo, or no intervention, is accep-table; orWhere for compelling and scientifically sound methodological reasons the use of any intervention less effective than the best proven one, the use of placebo, or no inter-vention is necessary to determine the efficacy or safety of an interventionand the patients who receive any intervention less effective than the best proven one, placebo, or no intervention will not be subject to additional risks of serious or irrever-sible harm as a result of not receiving the best proven intervention.Extreme care must be taken to avoid abuse of this option.

Der ethische Konflikt ist in allen Fällen identisch: Wie viel Risiko darf man einem Teilneh-mer an klinischer Forschung zumuten, weil er nicht die Standardtherapie erhält, um wissen-schaftliches Wissen zu erlangen? Wie nicht anders zu erwarten, blieb dieses Thema sowohl im Revisionsprozess als auch auf der Generalversammlung umstritten [1, 3–6].

Die Deklaration im Zeitalter der Globalisierung

Die neue Version unterstreicht, dass die bisherigen grundlegenden ethischen Prinzipien der Deklaration auch weiterhin Bestand haben. Nach umfänglichen Diskussionen und Bera-tungen konnten diese im Sinne des Schutzes der Studienteilnehmer ausgebaut werden. Für Forscher in Deutschland ändert sich durch die neue Revision der Deklaration von Helsinki

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nur wenig; die deutlichste Änderung dürfte die Pflicht zur Registrierung aller Forschung am Menschen, nicht nur der klinischen, sein. Jedoch sind einige Änderungen für Forschung in weniger wohlhabenden Ländern von weit reichenden Konsequenzen. Dies gilt insbesondere für die nun vorgesehene Kompensation wie auch für den Umgang mit vulnerablen Gruppen [8]. In einem Zeitalter, in dem die Forschung globalisiert ist, sind diese Regelungen von besonderer Bedeutung. Die Deklaration von Helsinki hat einen weltweiten Anspruch und ist in vielen Ländern eine der wenigen verfügbaren Vorgaben für die Forschung am Menschen. Darüber hinaus ist die pharmazeutische Industrie heute in der Lage, ihre Forschungsvor-haben auf der ganzen Welt durchzuführen; allein deshalb kommt einer solchen Richtlinie besondere Bedeutung zu.

Literatur

1. Eggertson L (2012) Helsinki doctrine under review. CMAJ 184(16):E827–828 2. Emanuel EJ (2013) Reconsidering the Declaration of Helsinki. Lancet 381(9877):1532–1533 3. Emanuel EJ (2013) Reconsidering the Declaration of Helsinki – author’s reply. Lancet

382(9900):1247–1248 4. Garattini S (2013) Reconsidering the Declaration of Helsinki. Lancet 382(9900):1247 5. Macklin R (2012) Revising the Declaration of Helsinki: a work in progress. Indian J Med Ethics

9(4):224–226 6. Millum J, Wendler D, Emanuel EJ (2013) The 50th anniversary of the Declaration of Helsinki: progress

but many remaining challenges. JAMA 310(20):2143–2144 7. Morris K (2013) Revising the Declaration of Helsinki. Lancet 381(9881):1889–1890 8. Ndebele P (2013) The Declaration of Helsinki, 50 years later. JAMA 310(20):2145–2146 9. Parsa-Parsi R, Blackmer J, Ehni H-J, Janbu T, Kloiber O, Wiesing U (2013) Reconsidering the Decla-

ration of Helsinki. Lancet 382(9900):1246–124710. Wilson CB (2013) An updated Declaration of Helsinki will provide more protection. Nat Med 19(6):66411. World Medical Association (WMA) (2013) Declaration of Helsinki: ethical principles for medical

research involving human subjects. JAMA 310(20):2191–219412. World Medical Association (WMA) (2013) DoH Public Consultation 2013. http://www.wma.net/en/

20activities/10ethics/10helsinki/15publicconsult/index.html. Zugegriffen: 15. Jan. 2014