Die Nürnberger Astronomische Gesellschaft e. V. dankt der ... · nördlich der Ekliptik auf dem...

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INHALT Zum Geleit | Frau Prof. Dr. Lehner Zum Geleit | Dr. Matthias Everding Vorwort Einleitung 1. Astronomische und historische Grundlagen von Sternkarten 1.1 Wie teilt man den Himmel in zwei Hälften? 1.2 Welcher Sternkatalog soll verwendet werden? 1.3 Für welches Jahr soll die Sternkarte gelten? 1.4 Wie viele Leuchtkraftklassen der Sterne sollen dargestellt werden? 1.5 Welche Projektionsart wird verwendet? 1.6 Himmels- oder Globenansicht? 2. Die Vorläufer der Sternkarten von Albrecht Dürer 2.1 Mittelalterliche ikonographische Traditionen bei der Ausgestaltung der Sternbilder 2.2 Die Wiener Karten von 1435 2.3 Die Nürnberger Karten von 1503 3. Die Dürerkarten von 1515 3.1 Die Sternkarten von Albrecht Dürer von 1515 3.2 Die Karten von 1435, 1503 und 1515: Astronomische Gesichtspunkte 3.3 Die Karten von 1435, 1503 und 1515: Die Benennung der Sternbilder 3.4 Die Karten von 1435, 1503 und 1515: Ikonographische Gesichtspunkte 3.4.1 Wolkenbänder 3.4.2 Anmerkungen zu den einzelnen Sternbildern 3.5 Zusammenfassung 4. Karten und Globen, die die Sternkarten von Dürer zum Vorbild haben 4.1 Die Himmelsgloben von Johannes Schöner (1517) 4.2 Die Globen aus Brixen (1522) 4.3 Die Astrolabien von Lucas Cranach (1529) und Leonhard Thurneysser (um 1575) 4.3.1 Das Astrolabium von Lucas Cranach (1529) 4.3.2 Das Astrolabium von Leonhard Thurneysser (um 1575) 4.4 Die Karte des Südhimmels von Eufrosino della Volpaia (1530) 4.5 Die Sternkarte von Peter Apian (1536/1540) 4.5.1 Die Karte von 1533 4.5.2 Die Karte von 1536/1540 4.6 Die Globen und Karten des Caspar Vopelius (1532) 4.6.1 Der handbemalte Himmelsglobus von 1532 4.6.2 Die Hyginus-Ausgabe von 1534 4.6.3 Der bedruckte Himmelsglobus von 1536 4.6.4 Die Weltkarte von 1545 4.7 Die Sternkarten von Johannes Noviomagus (1537) 7 8 9 11 13 13 16 19 22 24 26 28 28 35 40 62 62 73 86 90 91 92 110 113 114 117 118 118 120 120 121 121 124 128 128 128 132 133 138 IMPRESSUM Gestaltung und Reproduktion: Meike Krombholz (Michael Imhof Verlag) Druck: Druckerei Rindt GmbH & Co. KG © 2015 Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG Stettiner Straße 25, D-36100 Petersberg Tel. 0661/2919166-0; Fax 0661/2919166-9 www.imhof-verlag.com Printed in EU ISBN 978-3-7319-0212-6 Die Nürnberger Astronomische Gesellschaft e. V. dankt der Zukunftsstiftung der Sparkasse Nürnberg für die großzügige finanzielle Unterstützung, ohne die dieses Buchprojekt nicht realisierbar gewesen wäre.

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INHALT

Zum Geleit | Frau Prof. Dr. Lehner

Zum Geleit | Dr. Matthias Everding

Vorwort

Einleitung

1. Astronomische und historische Grundlagen von Sternkarten

1.1 Wie teilt man den Himmel in zwei Hälften?

1.2 Welcher Sternkatalog soll verwendet werden?

1.3 Für welches Jahr soll die Sternkarte gelten?

1.4 Wie viele Leuchtkraftklassen der Sterne sollen dargestellt werden?

1.5 Welche Projektionsart wird verwendet?

1.6 Himmels- oder Globenansicht?

2. Die Vorläufer der Sternkarten von Albrecht Dürer

2.1 Mittelalterliche ikonographische Traditionen bei der Ausgestaltung der Sternbilder

2.2 Die Wiener Karten von 1435

2.3 Die Nürnberger Karten von 1503

3. Die Dürerkarten von 1515

3.1 Die Sternkarten von Albrecht Dürer von 1515

3.2 Die Karten von 1435, 1503 und 1515: Astronomische Gesichtspunkte

3.3 Die Karten von 1435, 1503 und 1515: Die Benennung der Sternbilder

3.4 Die Karten von 1435, 1503 und 1515: Ikonographische Gesichtspunkte

3.4.1 Wolkenbänder

3.4.2 Anmerkungen zu den einzelnen Sternbildern

3.5 Zusammenfassung

4. Karten und Globen, die die Sternkarten von Dürer zum Vorbild haben

4.1 Die Himmelsgloben von Johannes Schöner (1517)

4.2 Die Globen aus Brixen (1522)

4.3 Die Astrolabien von Lucas Cranach (1529) und Leonhard Thurneysser (um 1575)

4.3.1 Das Astrolabium von Lucas Cranach (1529)

4.3.2 Das Astrolabium von Leonhard Thurneysser (um 1575)

4.4 Die Karte des Südhimmels von Eufrosino della Volpaia (1530)

4.5 Die Sternkarte von Peter Apian (1536/1540)

4.5.1 Die Karte von 1533

4.5.2 Die Karte von 1536/1540

4.6 Die Globen und Karten des Caspar Vopelius (1532)

4.6.1 Der handbemalte Himmelsglobus von 1532

4.6.2 Die Hyginus-Ausgabe von 1534

4.6.3 Der bedruckte Himmelsglobus von 1536

4.6.4 Die Weltkarte von 1545

4.7 Die Sternkarten von Johannes Noviomagus (1537)

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IMPRESSUM

Gestaltung und Reproduktion: Meike Krombholz (Michael Imhof Verlag)

Druck: Druckerei Rindt GmbH & Co. KG

© 2015 Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG

Stettiner Straße 25, D-36100 Petersberg

Tel. 0661/2919166-0; Fax 0661/2919166-9

www.imhof-verlag.com

Printed in EU

ISBN 978-3-7319-0212-6

Die Nürnberger Astronomische Gesellschaft e. V. dankt der Zukunftsstiftung der Sparkasse Nürnberg für die großzügige finanzielle Unterstützung, ohne die dieses Buchprojekt nicht realisierbar gewesen wäre.

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Ewig alt und ewig jung ist die Debatte um die Bedeu-

tung der Natur- und Geisteswissenschaften, wobei

die einen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen

von den anderen behaupten, dass sie nur auswendig

lernen und die anderen von den einen, dass sie immer

lange schlafen können. Ob dieser Zwist zu schlichten

ist, mag dahingestellt bleiben. Sicher allerdings ist,

dass die geistige Elite der Freien Reichsstadt Nürnberg

sich da leichter tat, denn Trivium (Rhetorik, Gramma-

tik und Logik) und Quadrivium (Arithmetik, Geome-

trie, Musik und Astronomie), beides Teile der septem

artes liberales, der sieben Freien Künste, umfasste

eben natur- und geisteswissenschaftliche Fächer und

stellte die Basis jeder akademischen Bildung dar. Im

Mittelalter war dieser Bildungskanon Voraussetzung

für die Zulassung zu Medizin, Jurisprudenz und Theo-

logie. Deshalb hat es sicher niemanden gewundert,

dass die im Jahre 1515 erschienenen Sternkarten von

Albrecht Dürer mit Unterstützung eines Theologen

entstanden sind. Die beiden Holzschnitte waren als

eine naturwissenschaftliche Publikation ersten Ran-

ges in Nürnberg veröffentlicht worden. Mit diesen

ersten gedruckten Sternkarten überhaupt erwies Dü-

rer sich als humanistischer Künstler, der auf der Höhe

der geistigen Bewegung seiner Zeit mit Natur- und

Geisteswissenschaftlern zusammenarbeitete. In Nürn-

berg, seit Regiomontan ein Zentrum mathematisch-

astronomischer und geografischer Forschung, war der

Boden mehr als fruchtbar für diese außergewöhnliche

Publikation. So wird, trotz der heutigen Trennung von

Geistes- und Naturwissenschaften, mit der vorliegen-

den Untersuchung zu Dürers Sternkarten nicht nur

ein wichtiger Beitrag zur wissenschaftlichen Dürerfor-

schung geleistet, sondern auch die Stadtgeschichte

um weitere Aspekte fortgeschrieben.

Diese systematische Untersuchung der Karten unter

astronomischen und geschichtlichen Aspekten knüpft

gewissermaßen an die Tradition des Kulturreferats an,

zum 500. „Geburtstag“ herausragende Werke des

großen Künstlers in den Mittelpunkt des Interesses zu

stellen. Dafür sei herzlich gedankt.

Prof. Dr. Julia Lehner,

Kulturreferentin der Stadt Nürnberg

ZUM GELEIT

4.8 Himmelsgloben in der Bildtradition von Dürer (1533–1585)

4.9 Die Sternkarten von Johannes Honter (1532/1541)

4.10 Deckengemälde (1565/75)

4.10.1 Das Deckengemälde im Palazzo Besta in Teglio (1565/75)

4.10.2 Das Deckengemälde im Sala del Mappamondo der Villa Farnese in Caprarola

4.10.3 Das Deckengemälde im Sala Bologna im Vatikan

4.11 Die Sternkarten von Isibrand Middochius (1558)

4.12 Sternbilddarstellungen in Kometenschriften (1572/77)

4.12.1 Der Neue Stern von 1572

4.12.2 Der große Komet von 1577

4.13 Die Sternkarten von Giovanni Antonio Rusconi (1590)

4.14 Die Sternkarten von Zacharias Bornmann (1596)

4.15 Exkurs: Spiegelung von Himmelskarten

4.16 Ausblick

Anmerkungen

Literatur

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166173

als Zierde deiner ganzen Generation, der du einen zu

deinen Sitten passenden Ruf hast,

der mit Beliebtheit, Wohlwollen und Güte verbunden

ist

Die angesprochenen rot leuchtenden Schilde sind das

Wappen der Stadt Nürnberg sowie das von Heinfo-

gel, bei dem spiegelbildlich zum Stab in der Mitte je

ein Stern angebracht ist. Name und Wappen finden

2. DIE VORLÄUFER DER STERNKARTEN VON ALBRECHT DÜRER | 41

des ptolemäischen Verzeichnisses die Nummer 9 bis

12. Dieser Fehler findet sich auch im Sternverzeichnis

des Codex 5415.143 Beim Schützen sind die Längen

der Sterne 4 und 5 falsch, gravierender ist aber die

Abweichung in der Breite von Stern 5: Er müsste

nördlich der Ekliptik auf dem Bogen liegen, nicht wie

hier südlich zwischen Bogen und Sehne. Im Sternver-

zeichnis sind die Längen korrekt verzeichnet, Stern 5

hat aber auch hier eine südliche statt einer nördlichen

Breite. Katalog und Wiener Karte sind damit eng ver-

wandt, doch siehe Näheres dazu in Kapitel 3.2.

Es gibt weitere Abweichungen von geringerer Bedeu-

tung: Bei der Schlange fehlt Stern 18 am Ende des

Schwanzes. Der linke Fuß des rechten Zwillings ist

nicht mehr auf dem Blatt enthalten, hier fehlt eben-

falls Stern 18. Beim Stier, den Zwillingen und dem Lö-

wen fehlen ein paar Sterne außerhalb des eigentli-

chen Bildes. Skorpion 10 und 11 sind vertauscht. Am

Ende des Drachenschwanzes folgt auf Stern 28 und

29 zweimal die 31. Bei den Zwillingen wurde Stern

13 nicht beschriftet, beim Wolf Nummer 18 und 19.

Die beiden bei Ptolemäus außerhalb der Wasser-

schlange gelisteten Sterne stehen hier innerhalb des

Bildes. Letzteres trifft in ähnlicher Form auch bei der

Waage zu.

Stern 8 des Kleinen Bären, der nicht zum eigentlichen

Bild gehört, ist im Gegensatz zu den beiden Folge-

karten vorhanden. Die Milchstraße ist eingezeichnet.

Auf der Nordkarte sind die Südliche Krone unterhalb

des Schützen sowie der Altar unterhalb des Stachels

des Skorpions angedeutet. Beide Bilder gehören zum

Südhimmel. Die Randbereiche sind nicht ausge-

schmückt.

Mit den Wiener Karten wurden erstmals konse-

quent alle Figuren in Globenansicht dargestellt,144

was sich so im Mittelalter nicht findet. Vor allem aber

wurde versucht, die Sterne exakt einzuzeichnen,

was gerade auf viele Zeichnungen der Aratea nicht

zutrifft. Somit scheinen erstmals im Europa der an-

gehenden Neuzeit astronomische und künstlerische

Leistung zusammengefunden zu haben.145 Zudem

wurde mit diesen Karten die Ekliptik als Begren-

zungskreis des nördlichen bzw. südlichen Himmels

etabliert.

2.3 Die Nürnberger Karten von 1503

Die Karten von 1503 waren Jahrhunderte lang ver-

schollen. Ende der achtziger Jahre des 19. Jahrhun-

derts tauchten sie in Österreich wieder auf. 1943 be-

fanden sie sich in Hamburger Privatbesitz, wo sie von

Voss beschrieben wurden. 1964 gelangten die Blät-

ter auf einer Auktion in den Kunsthandel von New

York, im Jahr darauf wurden sie von der BASF ange-

kauft und dem Germanischen Nationalmuseum in

Nürnberg geschenkt.146 Die Karten sind auf Quadra-

te aus Pergament mit einer Kantenlänge von je ca.

66,5 cm gemalt.147

Über dem südlichen Himmel findet sich die Jahres-

zahl „ANNO DO. MDIII“ (1503). Auch Herstellungs-

ort und beteiligte Personen sind verzeichnet: Links

oben hält ein Mann mit einer Feder am Hut148 das

rot leuchtende Wappen Nürnbergs in Händen, das al-

lerdings spiegelverkehrt dargestellt ist.149 Letzteres

gilt auch für das Titelblatt von Heinfogels Sphera ma-

terialis von 1516 sowie für den „Nürnberger Wap-

pendreiverein“,150 der 1502 den Vier Büchern über

die Liebe (Quatuor libri amorum) von Conrad Celtis

bei gebunden wurde. Dieses gehäufte Auftreten

macht ein reines Versehen unwahrscheinlich, ein

Sinn dahinter ist freilich nicht zu erkennen.

Rechts oben finden sich vier Conrad Heinfogel ge-

widmete Zeilen:

CLARA TVIS RVTILANT ARMIS CEV LVMINA BINA

SEC DECUS EXIMIAE FVLGES VIRTVTIS HONOSQVE

TOCIVS GENERIS HEIMFOGEL MORIBVS APTVM

NOMEN HABENS CVNCTIS GRATVS BONVSQVE BE-

NIGNVS

So wie hell rot deine Schilde wie zwei Lichter glänzen,

so glänzt du, Heinfogel, durch herausragende Tüch-

tigkeit und Ehrerbietung

40 |

Der Fuhrmann in der Darstellung derSternkarte von 1435 mit nur 12 statt14 Sternen.

rechte Seite:

oben: Karte des nördlichen Himmels,1503 (GNM Nürnberg: Inv. Nr. Hz5576).

unten: Lobgedicht auf Heinfogel mitseinem Wappen.

Bei zwei weiteren Varianten wurde der Randschmuck

komplett geändert. Darauf ist jeweils das Porträt Dü-

rers im Profil zu sehen, umschrieben mit:

Aetatis suae LVI Imago Alberti Dureri

Bildnis Albrecht Dürers im Alter von 56 Jahren

Dürer ist Jahrgang 1471, somit wurde er 1527 56 Jah-

re alt. Diese Jahreszahl findet sich auf dem Wappen

Dürers, das in Spiegelschrift umschrieben ist mit:

Inclyta Virtus MDXXVII

Mit weit berühmter Tugend 1527

3. DIE DÜRERKARTEN VON 1515 | 63

In diesem Kapitel werden zunächst die Dürerkarten

selbst vorgestellt: Welche Druckvarianten gab es,

wem sind sie gewidmet, welche Fehler sind diesen

Karten eigentümlich? In Kapitel 3.2 und 3.4 werden

die Karten von 1435, 1503 und 1515 unter astrono-

mischen bzw. ikonographischen Gesichtspunkten

verglichen, worüber die Entstehungsgeschichte trans-

parent werden sollte. Ergänzend beschäftigt sich Ka-

pitel 3.3 mit der Namensgebung für die Sternbilder.

3.1 Die Sternkarten von Albrecht Dürer von 1515

Von den Sternkarten Dürers haben sich die Holzstö-

cke erhalten: Sie befinden sich in der Sammlung Der-

schau des Kupferstichkabinetts der Staatlichen Mu-

seen Berlin / Preußischer Kulturbesitz.271 Drucke der

Karten finden sich weltweit in zahlreichen Museen

und Sammlungen. Die Karten selbst sind Holzschnit-

te der Größe 43 x 43 cm, dazu kommen oben ca. 2,5

cm für den Kopftitel.272

Von der Karte des nördlichen Himmels gibt es vier

Druckvarianten. Nicht näher berücksichtigt wird im

Folgenden die Version, die zu Füßen der Jungfrau

am unteren Rand das bekannte Monogramm von

Dürer zeigt, auch fehlt die Überschrift.273 Dabei

dürfte es sich um einen späteren Nachdruck han-

deln.

Die Unterschiede der drei weiteren Varianten sind ge-

ringfügig: Einmal werden die Grade auf der Ekliptik

gleichmäßig durch leere Kästchen dargestellt,274 in

den beiden anderen Versionen sind die zu Stier,

Jungfrau und Steinbock gehörigen Abschnitte ab-

wechselnd schwarz-weiß markiert.275 Sie kennzeich-

nen damit ein Trigon: In der Astrologie unterteilt man

die zwölf Tierkreiszeichen in vier Klassen, die jeweils

ein gleichseitiges Dreieck bilden und auf kolorierten

Versionen der Karten auch mit der gleichen Farbe

markiert wurden: Widder, Löwe und Schütze sind die

feurigen Zeichen, Stier, Jungfrau und Steinbock die

irdischen, Zwillinge, Waage und Wassermann die

luftigen, schließlich bilden Krebs, Skorpion und Fische

die wässrigen Zeichen.

Große Konjunktionen, d.h. Zusammentreffen von Ju-

piter und Saturn am Himmel erfolgen in einem Ab-

stand von etwa 20 Jahren in einem Winkelabstand

von ca. 120°. Drei aufeinanderfolgende große Kon-

junktionen beschreiben somit fast ein gleichseitiges

Dreieck. Sie bleiben für ca. 200 Jahre in den feurigen,

irdischen, luftigen bzw. wässrigen Zeichen. Dem wur-

de in der Astrologie große Bedeutung beigemessen.

Allerdings erfolgten sie zu Dürers Zeiten in den wäss-

rigen Zeichen, also Krebs, Skorpion und Fische.

Die Markierung der irdischen Zeichen muss daher ei-

nen anderen Grund haben: Wie Dürer selbst auf dem

Philosophia-Holzschnitt darstellte, entsprechen den

vier Elementen die vier Temperamente:276 Den Cho-

lerikern das Feuer, den Sanguinikern die Luft, den

Phlegmatikern das Wasser und schließlich der Melan-

cholie die Erde. Dürer zählte sich zu den Melancho-

likern, was eine mögliche Erklärung für die Markie-

rung gerade dieser Zeichen bietet.277

In den meisten Versionen, in der die irdischen Zeichen

markiert sind, gibt es einen Fehler im Fuhrmann:

Stern 14, „der kleine über dem linken Fuß“,278 fin-

det sich zweimal: Der erste an korrekter Stelle, der

zweite im rechten Kniegelenk. Nur auf den Karten

des Germanischen Nationalmuseums ist der Fuhr-

mann korrekt dargestellt, doch die irdischen Zeichen

sind markiert. Wahrscheinlich hat man also zunächst

den Fehler korrigiert, wobei aber das zweimalige Auf-

tauchen von Stern 18 im Steinbock nicht beseitigt

wurde. Danach hat man auch die undurchsichtige

Markierung der irdischen Zeichen entfernt.

Beim südlichen Himmel sind vier zusätzliche Varian-

ten aufzuzählen: Wieder befindet sich im Britischen

Museum in London eine an der Ekliptik beschnitte-

ne Karte, auf der sich unterhalb des südlichen Fi-

sches das Monogramm Dürers findet.279 Auch hier

dürfte es sich um einen späteren Nachdruck han-

deln.

62 |

3. DIE DÜRERKARTEN VON 1515

Dürerkarte des nördlichen Himmels,1515 (SUB Göttingen: 2 Astr. II, 325Rara).

rer nicht erfunden, aber für einige Sternbilder popu-

lär gemacht hat. Im zweiten, wesentlich umfangrei-

cheren Teil werden die einzelnen Sternbilder der drei

Karten nebeneinander gestellt.

3.4.1 Wolkenbänder

Wolkenbänder wurden in der mittelalterlichen Ma-

lerei vielfach verwendet, waren aber auch im frühen

Buchdruck ein beliebtes Stilmittel:375 1491 brachte

Anton Koberger den Schatzbehalter oder Schrein der

waren Reichtuemer des Heils unnd ewyger Seligkeit

des Franziskanerpaters Stephan Fridolin376 heraus.

Darin ist der gekreuzigte Jesus von einem Wolken-

band umhüllt.377 Dies gilt auch für den Herrgott auf

dem Titelblatt der Schedelschen Weltchronik. Bei

der Beschreibung der Erschaffung der Welt auf den

folgenden Seiten ragt die Hand Gottes aus einem

Wolkenband heraus.

1503 ist der gesamte Südhimmel von einem Wolken-

band umrahmt, auf der Karte des nördlichen Him-

mels stehen die Planetengötter auf Wolken. Auch

Dürer benutzte Wolkenbänder: Bei ihm stehen die

vier auf der Karte des Nordhimmels dargestellten As-

tronomen auf Wolken, wie ähnlich schon die vier

Köpfe in den Zwickeln der Philosophia von 1502, die

3. DIE DÜRERKARTEN VON 1515 | 91

Um das Bild zu vervollständigen wurden in obige Ta-

belle auch Hyginus aufgenommen sowie die beiden

ersten Druckausgaben des Almagest. Selbstverständ-

lich hatten diese gedruckten Ausgaben keinen Ein-

fluss auf die Karten von 1515 oder gar die vorheri-

gen, sie lassen aber doch die Vermutung zu, dass

man sich 1503 bezüglich der Namensgebung am

Sternkatalog des Almagests orientierte. In der Aus-

gabe von 1528 finden sich dann schon einige neue-

re Namen wie Pegasus, das Pferd.

Dürers Bezeichnungen Aquila für den Adler, Ophi-

uchus für den Schlangenträger, Lyra für die Leier, Pe-

gasus für das Große Pferd sowie Crater für den Be-

cher haben sich bis heute erhalten. Der Schwan

heißt offiziell allerdings Cygnus, nicht Avis, der Fuhr-

man Auriga, die Schlange Serpens, das Dreieck Tri-

angulum und der Wolf Lupus.

3.4 Die Sternkarten von 1435, 1503 und 1515: Ikonographische Gesichtspunkte

In diesem Kapitel werden die Karten von Dürer un-

ter ikonographischen Gesichtspunkten mit den Kar-

ten von 1435 und 1503 verglichen, wobei typische

Merkmale herausgearbeitet werden sollen. Dies sind

zum einen die verwendeten Wolkenbänder, die Dü-

90 |

Der gekreuzigte Jesus im Schatzbehaltervon Stephan Fridolin, 1491 (WLB Stutt-gart: Inc.fol.14507 (HB, 2), Bl. 31v).

Das Titelblatt der Schedelschen Welt-chronik (WIKIsource: http://de.wiki-source.org/wiki/Datei:Nuremberg_chronicles_-_f_1v.png).

Die Wolkenbänder bei Großem und Kleinem Pferd.

Die Wolkenbänder beim Stier.

Die Wolkenbänder beim Schiff.

Pegasus aus der Hyginus-Ausgabe von 1482 (Bl. c1r, United StatesNaval Observatory).

Der Stier aus der Hyginus-Ausgabe von 1482 (Bl. c2v, United StatesNaval Observatory).