Die Physik der Synchronizität

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    Die Physik der Synchronizitt

    Der folgende Artikel erschien ursprnglich im Science Digestund inspirierte irgendeinenBurschen, der sich hinter einem Pseudonym versteckte, zu einer hitzigen Widerlegung.(Ich habe vergessen, ob er sich Dr. Crypton oder Dr. Matrix nannte, aber es war etwasin der Art.) Dieser aufgeregte, eifrige und emotionale Bursche fhlte sich von meinenIdeen stark angegriffen - oder von meiner Popularisierung der Ideen einigerprominenter Physiker - und behauptete deswegen, ich sei irrational. Wenn ich michrecht erinnere, sagte er, ich wrde "in Ehrfurcht" vor "unergrndlichen Gtternkriechen" oder etwas hnliches. Ich berlasse es dem Leser zu entscheiden, ob hierunergrndliche Gtter angerufen werden oder ob dieser Polemiker nur ein weiteresBeispiel fr die hysterische Aufgeregtheit ist, die Rationalisten befllt, wenn man ihreDogmen untergrbt.

    Synchrone Ereignisse haben fhrende Wissenschaftler seit Langem fasziniert. Sind dieseunerwarteten Vorkommnisse

    BLOSSER ZUFALL?

    ber hundert Jahre lang haben verschiedene ketzerische Wissenschaftler das sogenannte Paranormale untersucht: Seltsame Ereignisse, die auf auersinnlicheWahrnehmung, Vorhersehung oder Telekinese zurckgefhrt werden. Und bei jedemSchritt auf diesem Pfad wurde diese Forschung von Kritikern angegriffen, die diepositiven Ergebnisse zum "bloen Zufall" oder (schlimmer noch) "schieren Zufall"erklrten. Nun scheint es mglich zu sein, dass Zufall wissenschaftlich eine grere Rollespielt - und unser wissenschaftliches Paradigma viel radikaler verndern knnte - alsTelepathie. Zufall knnte welterschtternder sein als Telekinese. Es hat Zuflle gegeben,die so dramatisch waren, so symbolisch oder so hoch unwahrscheinlich, dass sie sowohlLaien als auch Wissenschaftlern ber Generationen hinweg Gefhle des Unbehagensbereitet haben.

    Knnten solche Dinge allein durch Zufall geschehen? Es muss, so scheint es einigen,diesen bizarren Juxtapositionen der Ereignisse in Raum und Zeit eine Logik zugrundeliegen. Paul Kammerer, der deutsche Biologe, der einer der letzten Lamarck'schen

    Evolutionisten war, gehrte zu denen, die die Logik des Zufalls ernsthaft untersuchten.(Kammerer beging Selbstmord kurz nachdem man entdeckte, dass eins seinerentscheidenden Experimente zur Sttzung der Lamarck'schen Evolution ein Schwindelwar. Einstein war jedoch von Kammerers Arbeit am Zufall beeindruckt und nannte sie"originell und in keiner Weise absurd.") Zu anderen interessierten Wissenschaftlerngehrten Carl Gustav Jung, Schler Freuds und einer der grten Psychologen desJahrhunderts, der das Unbewusste mit einem Blick fr das Mystische kartografierte; undWolfgang Pauli, der Physik-Nobelpreistrger und Entdecker des Neutrinos, der, mit denWorten Arthur Koestlers in The Roots of Coincidence, "die Prinzipien nichtkausalerEreignisse von der Mikrophysik (wo ihre Berechtigung anerkannt war) auf dieMakrophysik (wo sie es nicht war)" erweitert hat.

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    Lasst uns einige Flle untersuchen, wobei wir schrittweise von den blo etwas seltsamenzu den zunehmend bizarren fortschreiten.

    1. Die englische Romanautorin Dame Rebecca West schrieb eine Geschichte, in der einMdchen einen Igel in ihrem Garten findet. Als West diesen Abschnitt schrieb, wurde sievon Dienern unterbrochen, die ihr mitteilten, dass sie soeben einen Igel in ihrem Gartengefunden hatten.

    2. Als Norman Mailer seinen Roman Barbary Shorebegann, tauchte darin kein russischerSpion auf. Whrend er daran arbeitete, wurde der Russische Spion zu einer Nebenfigur.

    Als seine Arbeit weiter fortschritt, wurde aus dem Spion die Hauptfigur. Nachdem er denRoman beendet hatte, verhaftete die Einwanderungsbehrde einen Mann, der einen

    Stock unter Mailer im gleichen Gebude wohnte. Es war Colonel Rudolf Abel, der zudieser Zeit als Topspion der Russen genannt wurde.

    DEN CODE KNACKEN?

    3. Whrend die Alliierten die Normandie-Invasion am 6. Juni 1944 planten, wurden diefolgenden Code-Worte benutzt (und sie gehrten zu den bestgehteten Geheimnissendes Krieges): Utah und Omaha waren die Strnde, an denen die amerikanischenTruppen landen wrden; Mulberry, der knstliche Hafen, der nach der Landung benutztwerden sollte; Neptune, der Plan fr die Marineoperationen; Overlord, die gesamteInvasion. Am 3. Mai 1944 erschien das erste Code-Wort, Utah, als Antwort imKreuzwortrtsel des London Daily Telegraph. Am 23. Mai erschien Omaha in einer

    Antwort auf ein Telegraph-Rtsel. Am 31. Mai tauchte Mulberryauf. Am 2. Juni, vierTage vor der Invasion, erschienen Neptuneund Overlord.

    Der Britische Geheimdienst untersuchte diese Angelegenheit ausgiebig. Sie fandenheraus, dass der Mann, der die Kreuzwortrtsel erfunden hatte, der Spionage unschuldigwar, kein Wissen von der Invasion hatte und genauso verwirrt war wie sie. Urteil: bloerZufall.

    4. Als Hart Crane in Brooklyn Heights lebte, entschied er sich, ein Gedicht ber die

    Brooklyn Bridge zu schreiben, die er aus seinem Fenster sehen konnte. Es ist dasGedicht, fr das er bekannt ist. Nur ein Jahr spter entdeckte Crane, dass die Adresse,an der er gewohnt hatte, whrend er The Bridge schrieb, die Adresse ist, an derWashington Roebling, Chefingenieur der Brcke, gewohnt hatte.

    5. Eines Tages im Jahre 1909 hatten Sigmund Freud und Carl Jung in FreudsArbeitszimmer einen Streit ber auersinnliche Wahrnehmung. Es ist erwhnenswert,dass Freud zu dieser Zeit Jungs Held war, praktisch sein Ersatzvater. Als der Streit hitzigwurde barsten die Emotionen. Pltzlich hrte man, ohne erkennbare Ursache, einExplosionsgerusch aus Freuds Bcherregal.

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    "Da", meinte Jung, "das ist ein Beispiel fr ein sogenanntes katalytisches Phnomen.""Ach, komm'!" rief Freud aus. "Das ist schierer Bldsinn.""Ist es nicht", antwortete Jung, von einer unheimlichen Gewissheit beflgelt, die er sichnicht erklren konnte. "Sie irren sich, Herr Professor. Und um meinen Standpunkt zubeweisen, sage ich nun voraus, dass es noch einen lauten Knall geben wird!"

    Boom! Es geschah genauso wie Jung vorhersagte. Freud war entsetzt und Jung wurdevon einem unerklrlichen Schuldgefhl ergriffen.

    6. Fortsetzung von oben: Im Jahr 1972 las Dr. Robert Harvie, Psychologe an derUniversitt von London, Jungs Erfahrungsbericht einem Freund laut vor. Als Harvie andie Stelle mit der zweiten Explosion in Freuds Bcherregal kam, fiel auf unerklrlicheWeise mit lautem Knall eine Lampe um.

    7. Zweite Fortsetzung: Margaret Green aus London fuhr mit dem Zug und las dabei Arthur Koestlers The Roots of Coincidence. Als sie zu Koestlers Bericht ber Freudslautes Bcherregal kam, zerbrach pltzlich das Fenster, so als htte jemand einen Steindagegen geworfen. Man beachte, dass selbst wenn es einen Steinwerfer gegeben htte,es doch unheimlich ist, dass er sein Wurfgeschoss genau zu diesem Zeitpunktschleuderte, als wolle er beweisen, dass die "Wurzeln des Zufalls" berall seien.

    8. Ich diskutierte die Harvie und Green Fortsetzungen des Jung-Freud-Vorfalls mitmeiner Frau in einem Restaurant. Ich fand es amsant, dass ich darber schon oftdiskutiert und geschrieben hatte, ohne irgendeine Explosion auszulsen. In diesem

    Augenblick verschttete meine Frau ihr Wasser. Der Kellner eilte herbei, um den Tischabzuwischen - und stie versehentlich mein Wasser um.

    UNERWARTETE GEGENWART

    9. Jung hatte einen Patienten, der ihm von einem Traum erzhlte, in dem eingyptischer Pillendreher [A.d.. "scarab beetle"] auftauchte. Das war fr Jung vongroem Interesse, da er glaubte, dass Trume hufig Bilder des kollektivenUnbewussten enthielten, und der Pillendreher war den alten gyptern heilig. In diesem

    Augenblick schlug etwas gegen die Scheibe und erregte Jungs Aufmerksamkeit. Es war

    ein Pillendreher, eine Spezies, die ziemlich selten in Zrich war, wo Jung lebte.

    10. Jung hatte spter selbst einen Traum ber Liverpool, England, den er fr so wichtighielt, dass er ihn ausgiebig analysierte und darber schrieb. (Er entschied, dassLiverpool ein Wortspiel mit "pool of life" sei und Wiedergeburt bedeutete.) Jahre spteranalysierte Peter O'Halligan vom World Coincidence Zentrum in Berkeley den Traumnoch sorgfltiger und stellte fest, dass die Details nur zu einer Straenkreuzung inLiverpool passten. An diesem Ort befand sich das Caf, in dem die Beatles zum erstenMal aufgetreten waren. Und am gleichen Ort stand spter das Science Fiction Theatervon Liverpool, wo mein StckIlluminatusaufgefhrt wurde. Ein groer Teil des Stcksspielt an Bord eines gelben U-Boots, durch einen Song der Beatles inspiriert. Und Jung

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    selbst ist eine Figur in dem Stck.

    11. Der Romanautor William Burroughs hatte, whrend er 1958 in Tangier lebte, eineUnterhaltung mit einem gewissen Captain Clark, der erwhnte, dass er seit 23 Jahrenohne Unfall gesegelt war. An diesem Tag hatte Captain Clark seinen ersten ernsthaftenUnfall. Am Abend, whrend er darber nachdachte, schaltete Burroughs das Radio einund hrte eine Meldung ber ein Flugzeugunglck. Die Flugnummer lautete 23 und derPilot hie ebenfalls Captain Clark.

    12. Fortsetzung: Spter entschloss sich Burroughs, ein Drehbuch ber Dutch Schulz zuschreiben, den Gangster aus den Zeiten der Prohibition. Whrend er Nachforschungendarber anstellte, stie er wieder und wieder auf die Zahl 23. Schultz hatte einen Mordan einem Rivalen in Auftrag gegeben, Vincent "Mad Dog" Coll, und Coll wurde in

    Manhattan auf der Twenty-Third Street erschossen als er 23 Jahre alt war. Schulz selbstwurde am 23. Oktober 1935 erschossen.

    13. Die Premiere von meinem Stck Illuminatusan der Liverpooler Strae, die auf somerkwrdige Weise mit den Jung-Kfer-Beatles Zufllen verbunden war, fand am 23.November statt. Der Britische Stckeschreiber Heathcote Williams hatte einenGastauftritt als Statist. Spter sprachen Williams und ich ber andere Autoren, die wirkannten, und Burroughs und die 23 Zuflle, die er gesammelt hatte, wurden erwhnt(von denen nur wenige oben angefhrt sind.) Williams erzhlte mir, dass dieses Themazur Sprache kam als er Burroughs traf, denn Williams hatte erwhnt, dass er zu der Zeit23 Jahre alt war. Als Williams in jener Nacht zu seiner Wohnung zurckkehrte (er warkrzlich umgezogen), bemerkte er zum ersten Mal, dass das Gebude auf der anderenStraenseite die Nummer 23 war.

    14. Nachdem Koestlers Roots of Coincidence verffentlicht wurde, schrieb ProfessorHans Zeisel von der Juristischen Fakultt der Universitt von Chicago Koestler ber eineganze Kette von 23igern, die sein Leben begleitet hatten. Er wohnte an derRossaurerlaende 23 in Wien, er hatte eine Anwaltskanzlei in der Gonzagagasse 23, seineMutter wohnte in der Alserstrae 23. Einmal bekam Zeisels Mutter einen Roman, DieLiebe der Jeanne Ney, und nahm ihn mit nach Monte Carlo. In dem Buch gewinnt eineFigur eine Menge Geld, indem sie beim Roulette auf die 23 setzt. Zeisels Mutter

    entschied sich, beim Roulette auf die 23 zu setzen. Die Dreiundzwanzig kam beimzweiten Versuch.

    15. Dieser ganze Bereich, als wre er nicht schon bizarr genug, nahm nach einemberhmten Experiment von Robert Harvie und dem Biologen Sir Alister Hardy nochexotischere Zge an; sie versuchten, die Wirklichkeit von Telepathie so vollends zudemonstrieren, dass auch der letzte Zweifler berwltigt wrde. Das Experiment wurde1967 in London durchgefhrt und beinhaltete 110 Versuche mit jeweils 20 Probanden.Harvie und Hardy erzielten groartige Ergebnisse, indem sie jede mglicheSchutzmanahme ergriffen, um die gebotene Strenge zu gewhrleisten. Die Probanden,die versuchten, vorgegebene Karten zu erraten oder "telepathisch" zu lesen, erzielten

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    mehr Treffer als man allein durch Zufall htte erwarten knnen.

    Zur Kontrolle ordneten Harvie und Hardy anschlieend die Antwortbgen zufllig an.Das heit, anstatt einfach die Antworten von 20 Leuten zu vergleichen, die versuchten,eine verdeckte, vorgegebene Karte zu "sehen", wie im Experiment selbst, bildetenHarvie und Hardy Gruppen aus 20 Antwortbgen von verschiedenen Leuten inverschiedenen Versuchen. Das, so hofften sie, wrde beweisen, dass nicht allein Zufallfr die Ergebnisse der Telepathie-Versuche verantwortlich war.

    SCHOCKIERENDE KORRELATIONEN

    Was auftauchte war noch schockierender als das, was bei den anfnglichenExperimenten herauskam. Wieder fand man Korrelationen, die ber Zufall hinausgingen

    - Korrelationen, die weit jenseits dessen lagen, was man aufgrund derWahrscheinlichkeitstheorie erwarten konnte.

    Was wir hier haben ist von einem orthodoxen Standpunkt schlimmer als Telepathie.Zuflliges Anordnen htte zu weniger Korrelationen fhren sollen gema der

    Anwendung des zweiten Gesetzes der Thermodynamik, das besagt, dass beiZufallsprozessen Unordnung stets zunimmt. Hier fhrte die zufllige Anordnung zuhherer Ordnung statt zu geringerer.

    Hardy und Harvie konnten nur darauf hinweisen, dass Wahrscheinlichkeit und Zufalleiner erneuten Untersuchung bedurften.

    Tatschlich hatte diese erneute Untersuchung bereits 1919 in einem Buch namens TheLaw of Seriesvon Dr. Paul Kammerer begonnen. Als Biologe hatte Kammerer nicht nurseltsame Zuflle studiert, sondern eine Systematik von ihnen entwickelt. Zum Beispielging sein Schwager zu einem Konzert, bei dem er Platz Nummer 9 und GarderobenzettelNummer 9 hatte. Das allein wre in Kammerers Terminologie eine "Folge ersterOrdnung". Am nchsten Tag ging jedoch der Schwager zu einem anderen Konzert undbekam Platz 21 und Garderobenzettel 21. Das machte es zu einer "Folge zweiterOrdnung".

    Kammerer fuhr fort und listete Beispiele von Folgen dritter und vierter Ordnung usw.auf. Er lieferte auch eine Morphologie, die Krfte (Anzahl der Parallelen eines Zufalls)und eine Typologie (Zuflle von Zahlen, Namen, Ereignissen) umfasste.

    Er folgerte, dass Zufall ein akausales Naturprinzip darstellt im Unterschied zu denkausalen Prinzipien, die die Wissenschaft bisher untersucht hatte. Er verglich dasakausale Zufallsprinzip (wir werden es der Krze halber AZUP nennen) mit derGravitation und bemerkte, dass Gravitation auf Masse wirkt, whrend AZUP auf Formund Funktion wirkt. Mit Worten, die einige derzeitige Spekulationen der Quantenphysikvorausahnten, folgerte er, "Somit gelangen wir zu dem Bild eines Weltmosaiks ... das,trotz stetigen Mischens und stetiger Neuanordnungen, auch dafr sorgt, Gleich und

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    Gleich zusammen zu bringen."

    Jung arbeitete spter einmal mit dem Physiknobelpreistrger Wolfgang Pauli zusammenund entwickelte eine Theorie der Zuflle, die sie Synchronizittnannten. Pauli fhlte sichzu dem Thema hingezogen, weil er selbst von unheilvollen Zufllen verfolgt wurde, dieseine Physikerkollegen scherzhaft den "Pauli Effekt" nannten. Als theoretischer Physikerverbrachte Pauli im Unterschied zu Experimentalphysikern nicht viel Zeit in Laboren.Dennoch geschah es - fter als durch bloen Zufall erklrbar - dass, wenn immer Paulisich in einem Labor aufhielt, etwas zerschmetterte oder beschdigt wurde. Es lag nichtdaran, dass er ungeschickt war; diese Unflle ereigneten sich fr gewhnlich viele Metervon ihm entfernt.

    ZWEI VERBINDUNGEN

    Jung und Pauli schlugen vor, dass es zwei Arten verbindender Prinzipien in der Naturgibt. Das erste verbindende Prinzip ist die normale Kausalitt, die Wissenschaft frgewhnlich untersucht. Kausalitt ist linear in der Zeit strukturiert: Wenn A Bverursacht, muss sich A zeitlich vor B ereignen. Das andere verbindende Prinzip istakausal, wie Kammerer glaubte (obwohl weder Jung noch Pauli sein Buch gelesen zuhaben scheinen). Das AZUP (akausales Zufallsprinzip) nannten Jung und PauliSynchronizitt, weil sie vermuteten, dass es im rechten Winkel zur Kausalitt lag undrumlich, nicht zeitlich, strukturiert war. Das heit, die Synchronizitten (vomGriechischen syn, zusammen, und chronos, Zeit) geschehen gleichzeitig.

    Die Beziehung zwischen synchronen Ereignissen ist Jung zufolge hauptschlichpsychologisch. Die Logik ist mit anderen Worten die Logik der Tiefenschichten derPsyche, die Jung (und Freud) in Trumen und Mythen gefunden hatten.

    Barbara Honegger, eine fhrende Studentin auf diesem Gebiet, hat einengrundlegenden Fehler in der Jung-Pauli-Theorie aufgezeigt. AZUPs sind keineswegs nursynchron. Sie sind oft Tage oder Jahre voneinander getrennt.

    Der schottische Physiker John Bell gab 1964 neuen Aufschluss ber AZUP. BellsTheorem besagt, dass, wenn die Quantenphysik zutrifft, sich Teilchen, die einmal

    Kontakt zueinander hatten, weiter beeinflussen, unabhngig davon, wie weit sie sichvoneinander entfernen. Dieser Einfluss wirkt laut Bell unmittelbar, auch wenn sich dieTeilchen an entgegengesetzten Enden des Universums befinden.

    Das beschert Physikern ein fieses Problem, denn Bells Schlussfolgerung widersprichtdirekt Einsteins spezieller Relativitt, die besagt, dass jeder Einfluss zwischen Teilcheneiner Energiebertragung bedarf und Energie sich nicht unmittelbar bewegen kann.Energie bewegt sich nur mit Lichtgeschwindigkeit oder langsamer. Bells Theorem liefertauf Quantenebene einen mglichen Mechanismus fr das akausale Zusammenspieloffensichtlich unverbundener Ereignisse. Ob er jenseits der seltsamen Welt subatomarerTeilchen angewendet werden kann, ist eine Frage, auf die es bislang keine sichere

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    Antwort gibt.

    Vier Experimente haben Bells Mathematik besttigt; zwei haben sie in Zweifel gezogen;die Forschung geht weiter. Unterdessen haben einige Physiker begonnen, darbernachzudenken, wie man Bell mit Einstein in Einklang bringen knnte, sollten beide rechthaben. Dr. Evan Harris Walker hat nahe gelegt, dass der "Einfluss" bei Bells Verbindungkeine Energie beinhaltet und deshalb Einstein nicht widerspricht. Der Einfluss, so schlgtWalker vor, sei Bewusstsein selbst.

    Dr. Jack Sarfatti bietet eine andere Interpretation an. Er meint, das Medium bei Bells Vernetzung sei nicht Bewusstsein sondern Information. Nun ist Information in derKommunikationstheorie sehr abstrakt: Sie ist das negative Reziprok der Entropie, wasungefhr bedeutet, dass sie das Gegenteil von Unordnung ist. Sie ist nahezu das, was

    wir alltagssprachlich System oder Organisation nennen. Information, so schlgt Sarfattivor, ist nicht an die gleichen Gesetze gebunden wie Energie und den Einstein'schenGrenzen nicht unterworfen.

    Das wrde sehr viele der AZUPs erklren, die von Jung, Kammerer, Koestler undanderen gesammelt wurden; es knnte sogar das Hardy-Harvie-Experiment erklren, beidem das zufllige Anordnen zu mehr Ordnung anstatt zu mehr Unordnung fhrte. Undes rckt all die Daten der Parapsychologie in ein neues Licht: An Stelle von einzelnenparanormalen Fhigkeiten, wie ESP, Prkognition und Telekinese, knnte es nur ein

    AZUP geben - akausales Zufallsprinzip -, das uns in vielen Formen erscheint, denen wirdiese Namen geben.

    Einen anderen Blickwinkel auf das Problem liefert Dr. David Bohms Theorie derverborgenen Variable, die er aus einer Idee Einsteins entwickelte. Laut Bohm gibt esunter der Quantenebene eine Subquantenwelt verborgener Variablen. Das ist eineMetapher. Bohm meint nicht unter im gewhnlichen Sinn, sondern er meint im logischenSinn, dass die Raum-Zeit-Welt, die man in der Physik beobachtet, ein Epiphnomen ist,ein Phnomen, das durch ein anderes Phnomen verursacht wird. Zugrundeliegend istein raumloses, zeitloses Reich, aus dem die Ereignisse der gewhnlichen Realitthervorgehen. Bohm benutzt seine Theorie, um die berchtigte Unbestimmtheit desQuantenreiches (in dem gewhnliche Kausalitt zusammenbricht) zu erklren oder zu

    transzendieren, aber sie knnte auch die akausalen Zuflle erklren, die wir hierbesprechen.

    Ob wir Bells Interpretation der Quantenmechanik nehmen oder Bohms, es scheint alsgelangten wir in eine Welt, in der alle Dinge eng miteinander verknpft sind, ganzgleich, wie weit voneinander entfernt oder scheinbar getrennt sie in gewhnlichemRaum und gewhnlicher Zeit erscheinen. Das mag wie Buddhismus oder anderemystische Lehren klingen, aber andere Quantentheoretiker sind auf anderen Wegen zuhnlichen Schlussfolgerungen gekommen. Nobelpreistrger Erwin Schrdinger stelltebereits 1945 fest, dass die einzige vernnftige Erklrung der Quantenwellenmechaniklautet, dass "Das Bewusstsein ... etwas ist, das wir uns nicht in der Mehrzahl vorstellen

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