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Die Propaganda-Sprache im sowjetischen Plakat Präsentation der Diplomarbeit von Heike Pibernig 29.4.2005 Betreuer: Univ. Prof. Dr. Branko Tošović

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Die Propaganda-Sprache im sowjetischen Plakat

Präsentation der Diplomarbeitvon Heike Pibernig

29.4.2005

Betreuer: Univ. Prof. Dr. Branko Tošović

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„Propaganda“ und „Agitation“ in der Sowjetunion

• „Der Propagandist bringt viele Ideen an eine oder mehrere Personen, der Agitator jedoch nur eine oder ein paar Ideen, aber dafür an eine ganze Masse.“ (G. Plechanov)

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Die Rolle des Plakats in der Sowjetunion„наглядная агитация“

• Das Plakat ist ein Teil der Propaganda, der gemeinsam mit anderen Erscheinungsformen (Flugblätter, Transparente etc.) danach strebt, die Masse optisch zu beeinflussen.

• Das Plakat hat die Aufgabe, auch den Medienflüchtling zu erreichen. Ihm soll auch gegen seinen Willen das Plakat mit Bild, Symbol und Parole ins Augen springen („Allgegenwart und Unentrinnbarkeit“).

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Die Rolle des Plakats in der Sowjetunion„наглядная агитация“

Charakteristische Merkmale des Plakats

• Aktives, emotionelles Ansprechen des Massenpublikums• Schnelles operatives Reagieren auf gesellschaftliche und

politische Ereignisse• Leidenschaft in der Agitation

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Die Rolle des Plakats in der Sowjetunion„наглядная агитация“

Charakteristische Merkmale des Plakats

• Äußerste Klarheit, Treffsicherheit und Knappheit der Gestaltung

• Ein Plakat muss auf große Entfernung ein Blickfang sein und die Aufmerksam auf sich lenken.

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Die Rolle des Plakats in der Sowjetunion„наглядная агитация“

• Das Plakat wurde immer mehr zum Mittel der Beeinflussung, indem man es vor allem in Krisensituationen (Krieg, Revolution) dazu benutzte, die Masse gegen den äußeren, aber auch gegen den inneren Feind zu mobilisieren.

• „Каждый, кто срывает этот плакат или заклеивает его афишей, совершает контрреволюцонное дело.“

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Kombinationsmöglichkeiten von Text und Bild: Plakattypen

(Plakate: www.russianposter.ru)

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Kombinationsmöglichkeiten von Text und Bild: Plakattypen

(Plakate: www.russianposter.ru)

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Die wichtigsten Themen der sowjetischen Plakatpropaganda: der Führer

• Identifikationsmöglichkeit• Bedürfnis der Bevölkerung nach Verehrung eines Führers• Omnipräsenz• Popularität des jeweiligen Führers heben

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Die wichtigsten Themen der sowjetischen Plakatpropaganda: der Feind

• Bildliche Darstellung des Feindbildes: Karikatur, Tiermetapher (Schlange, Hydra, Drache)

• Die bildliche und sprachliche Teilung der Welt in Freund und Feind, Gut und Böse („Gut-Böse-Dichotomie“) ist kennzeichnend für das Konstrukt des Feindbildes.

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Die wichtigsten Themen der sowjetischen Plakatpropaganda: der Held

• Der Rotarmist, Bauer und Arbeiter sind die Erbauer des neuen Lebens und Besieger des Feindes.

• Häufig werden sie gemeinsam dargestellt, aber auch einzeln, als heldenhafter Kämpfer an der Kriegsfront, als athletischer Arbeiter an der Arbeitsfront, oder als Kämpfer gegen die „Ausbeuterklasse“ (Kulak), „Parasiten“ und „Schädlinge“.

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Die Parole

• Die Botschaft des Plakats in Worten gefasst, wird allgemein als „Parole“ („Losung“; лозунг) bezeichnet.

Charakteristika:• Einprägsam und knapp gehalten• Aktuelle Themen, aber auch periodischer Einsatz in Form

von Redeklischees, die den Sowjetbürger durch das ganze Leben begleiten, wie: „vereinigt euch“, „seid bereit“, „für...gegen...“, „nieder mit...“, „es lebe...“

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Die Parole

Verschiedene Formen:

• „Feiertagsparolen“ wie: 1-е Мая. Да вставствует празник трудящихся всех стран!

• „Klassiker- oder Führerzitate“ wie: Жить стало лучше товарищи. Жить стало веселее. А когда весело живется, работа спорится.“ (Stalin)

• Einzelwort-Parolen wie: „Помоги“ „Отомсти!“

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Die Parole

Verschiedene Satztypen:

• Die Feststellung: Allgemeingültigkeit der Aussage, Formen wie „X ist“, „XY sind“

• Oft mit positiven oder negativen Bewertungen kombiniert wie: Фашизм – это голод, фашизм – это террор, фашизм – это война!

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Die Parole

Verschiedene Satztypen:

• Der Befehlssatz: Добей врага! oder mittels смерть...! (смерть мировому империализму!, долой (долой церковные праздники!) oder все на (все на борьбу с фашизмом!)

• Der Fragesatz: Казак, ты с кем? С ними или с нами?

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„Miranda“ und „Antimiranda“

• Miranda sind Symbole, die „bewundert werden sollen“, positive Gefühle in der Kommunikationsgemeinschaft wecken sollen. Im Plakat werden Miranda sowohl in Wort, als auch in Bild der Öffentlichkeit vor Augen geführt.

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„Miranda“ und „Antimiranda“

• Funktionen: Verankerung eines Gemeinschaftswissens, einer gemeinschaftlichen Geschichts- und Weltperspektive, Orientierungspunkte für die Gesellschaft

• Wichtige Miranda: z.B революция, свобода, родина, пролетарии, Ленин...

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„Miranda“ und „Antimiranda“

• Antimiranda sollen negative Gefühle wecken.• Wichtige Antimiranda: Wörter wie буржуй, имреиализм,

фашизм, кулак, поп, пан, белогвардеец, aber auch Eigennamen wie Врангель, Гитлер...

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„Persuasive Sprache“

• Sprache kann auf eine Weise verwendet werden, sodass sie das Verhalten beeinflusst, aufgrund bestimmter Signifikationsmodi, die sprachlichen Zeichen zukommen können.

• 3 Arten des Zeichengebrauchs: der informative, der valuative und der inzitive Zeichengebrauch

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„Persuasive Sprache“

• 1. Der informative Zeichengebrauch verwendet Designatoren, die Fakten feststellen und die Situation im Sinne des Zeichengebers definieren („Überzeugungs-kraft“).

• 2. Der valuative Zeichengebrauch verwendet Appreziatoren, die positive oder negative Bewertungen vermitteln.

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„Persuasive Sprache“

• 3. Der inzitive Zeichengebrauch verwendet Präskriptoren, Zeichen für imperativische oder auf andere Weise auffordernde Rede („Überredungskraft“).

• Beispiel: Фашизм – злейший враг женщин. Все на борьбу с фашизмом! oder Враг хочет захватить Москву – сердце советской России. Враг должен быть уничтожен. Вперёд товарищи!

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Die Aufwertung der eigenen Seite

• Stets positive Bewertung der eigenen Gruppe, Taten, Praktiken, Zielen, Institutionen und Personen

• Die „Wir-Gruppe“: mit Verwendung von мы, наш/-а/-и und Verben in der 1.Person Pl. soll ein Gruppen-bewusstsein und Zusammengehörigkeitsgefühl erzeugt werden.

• Наше дело правое, победа будет за нами oder Да здравствует т. Сталин, наш вождь, учитель и лучший друг красной армии.

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Die Abwertung des Gegners

• Der „Feind“ wird stets mit negativen Benennungen versehen, die auch den Charakter eines Schimpfwortes haben können (z.B. гадина, нечисть).

• „Diffamierung durch Assoziation“: z.B. паразит wird assoziiert mit Ungeziefer und daher erhält das Wort den Charakter eines „Tötungsappells“ (Ungeziefer = schädlich = muss getötet werden).

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Analysebeispiel„Беспощадно разгромим и уничтожим врага!“

• Geschichtlicher Hintergrund

• Intention• Gestaltung (Aufbau)• Verbale Ebene• Visuelle Ebene• Aufmerksamkeitspotential• Interpretation der

Rezeptionwww.russianposter.ru

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Analysebeispiel„Беспощадно разгромим и уничтожим врага!“

• Geschichtlicher Hintergrund: Plakat von 1941; das Jahr in dem der Nichtangriffspakt von Deutschland gebrochen wurde.

• Intention: Stärkung des Zusammenhalts und Schaffung von Zuversicht, dass dem Feind widerstanden werden kann und besiegt werden kann.

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Analysebeispiel„Беспощадно разгромим и уничтожим врага!“

• Gestaltung (Aufbau): Plakattyp 4, in der rechten oberen Ecke der Repräsentant der guten Seite, in der unteren linken Ecke der Repräsentant der feindlichen Seite. Links oben ist die Parole angeführt.

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Analysebeispiel„Беспощадно разгромим и уничтожим врага!“

• Verbale Ebene: zwei Bereiche, 1) Беспощадно разгромим и уничтожим врага! mit stark appellativem Charakter durch die Verben, Abwertung durch das Wort враг (Opposition von мы – враг entsteht) und 2) договор о ненападении между СССР и Германией als zusätzliche Info, um die Gesamtaussage zu präzisieren.

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Analysebeispiel„Беспощадно разгромим и уничтожим врага!“

• Visuelle Ebene: Überlegenheit der eigenen Seite bildlich durch höhere Stellung (herabsehen) und Größe dargestellt. Der Feind (Hitler) ist karikiert (abstoßende Physiognomie, tierähnlich durch seine Krallen), seine Hinterlistigkeit aufgedeckt (Maske).

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Analysebeispiel„Беспощадно разгромим и уничтожим врага!“

• Aufmerksamkeitspotential ergibt sich aus dem farblichen Kontrast (rot – schwarz) und der Knappheit des Textes, als auch des Bildes (keine Ablenkung).

• Interpretation der Rezeption: Elemente des Plakats sind so angelegt, dass der Blick des Betrachters von einem Element zum anderen schweift.