Die Ranzenkontrolle Staatssicherheit Fotostory

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Geschichte/Sozialkunde Weber A. 10e 2009/10 Fotostory: Die Ranzenkontrolle

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Stasi-Stücke - Fotostory für den Geschichtsunterricht; Titel: "Die Ranzenkontrolle"

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Geschichte/Sozialkunde Weber A. 10e 2009/10

Fotostory:

Die Ranzenkontrolle

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Guten Tag, Herr Fischer,ich begrüße Siein der Stasi-Unterlagen-Behörde. Mein Nameist Weber.

Guten Tag, Frau Weber.

Nehmen Sie bitte Platz. Das hier sind die Akten, fast 700 Seiten, in denen die Stasi Informationen über Sie und ihre Eltern gesammelt hat. Es geht um die Ausreise Ihrer Familie.

1. Szene In der Stasi-Unterlagen-Behörde. Frau Weber, eine Mitarbeiterin der Stasi-Unterlagen-Behörde, und der erwachsene Robert. Auf dem Tisch liegen zwei Akten.

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700 Seiten? Na klar, wir hatten ja auch einiges mitmachen müssen. Ich bin jetzt aber doch neugierig, was da drin steht.

Lesen Sie in Ruhe. Am Schluss können wir nochmal darüber sprechen.

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Robert, wir haben hin und wieder darüber gesprochen,dass wir uns in der DDR nicht wohl fühlen. Wir haben hier zwar alles, was man zum Leben braucht. Aber die materielle Seite ist nicht alles.

Wohin dürfen wir denn überhaupt? Ich würde so gern mal nach London.

2. Szene Mutter und Vater im Wohnzimmer. Robert (14 Jahre) kommt dazu.

Du bist inzwischen alt genug und du erlebst es auch in der Schule, wie man in der DDR politisch bevormundet wird. Als wir Onkel Jürgen zu seiner Silberhochzeit in Kassel besuchen wollten, durften wir nicht fahren.

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Die fehlende Reisefreiheit ist für uns auch ein wichtiger Grund. Aber unsere größte Sorge gilt deiner beruflichen Zukunft. Wir fürchten, dass du das Abitur nicht machen darfst, weil du nicht an der Jugendweihe teilgenommen hast und nicht in der FDJ bist.

Deshalb müssen wir uns Gedanken machen, wie's weiter gehen soll. Könntest du dir vorstellen, mit uns in den Westen auszureisen?

In den Westen? Geil! ....Aber das geht doch

nicht,oder?

Mit einem sogenannten Ausreiseantrag besteht eventuell die Möglichkeit.

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Ja, aber ... dann … Ich habe hier doch meine Freunde. Die kann ich doch noch besuchen?

Nee, dann will ich nicht. Ich will hier bleiben!

Ich denke nicht, Robert. Das ist eine schwere Entscheidung. Ja, wir werden alle als Außenseiter abgestempelt. Und dann, wenn wir wirklich ausreisen dürfen, müssen wir unsere Freunde und Verwandten zurücklassen.

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Robert, denke in Ruhe darüber nach. Wir unterhalten uns in einigen Tagen noch einmal darüber.

Das könnt ihr vergessen. Geht ihr doch. Ich bleibe hier.

Robert geht wütend ab.

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Mutter geht Robert nach, spricht leise mit ihm. Beide kommen zurück.

Ich habe es mir überlegt, das mit der Ausreise. Ich komme mit euch.

Ich wusste, dass du vernünftig bist. Gegen deinen Willen wären wir nicht ausgereist.

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3. Szene Zwei hauptamtliche Mitarbeiter der Staatssicherheit im Büro.

Wer ist es diesmal, Genosse Guck?

Schon wieder eine Familie mit Ausreiseantrag! Das Ansehen der DDR nimmt immer mehr Schaden.

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Die Familie Fischer. Die Genossen vom Rat des Kreises haben versucht die Eltern umzustimmen, ohne Erfolg. Sie beharren weiterhin auf der Ausreise.

Die werden doch nicht heimlich in den Westen abhauen wollen! Das müssen wir verhindern!

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Welche Maßnahmen schlägst du vor, Genosse Horch?

Wie üblich: Einsatz von IM, Postkontrolle, verdecktes Fotografieren, Telefonüberwachung.

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Genosse Horch, bei denen reicht das nicht. Die sind sehr vorsichtig. Wir müssen hören, was die zu Hause reden.

Richtig, in die Wohnung muss 'ne Wanze. Wir brauchen einen Nachschlüssel.

Der Junge hat doch bestimmt einen Schlüssel. An den müssen wir rankommen.

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4. Szene In der Wohnung der Schuldirektorin.

Ja sicher. Kommen Sie rein!

Genossin Will, Guten Abend. Ich hoffe, Sie haben einen Moment Zeit für mich.

Sagen Sie, der Robert Fischer besucht doch ihre Schule. Wie ist der denn so?

Robert ist ein sehr guter Schüler. Nur in letzter Zeit tritt er politisch immer öfter negativ in Erscheinung.

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Ich bin heute zu Ihnen gekommen, weil wir für eine Maßnahme Roberts Wohnungsschlüssel brauchen. Sehen Sie Möglichkeiten, uns zu unterstützen?

Man könnte eine Spind-Kontrolle durchführen. Oder was ich vielleicht als noch geeigneter ansehe, eine Durchsuchung von Roberts Ranzen beim Sportunterricht.

Selbstverständlich helfe ich Ihnen.

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Gute Idee mit dem Sportunterricht. Aber achten Sie darauf, dass Sie nicht beobachtet werden. Rufen Sie mich an, wenn Ergebnisse vorliegen. Verwenden Sie folgende Losung: Ich habe heute im Sportunterricht hospitiert.

Das mache ich gern für Sie.

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5. Szene Direktorin durchsucht Roberts Sachen während des Sportunterrichts.

Robert müsste doch einen Schlüssel haben.

Das gibt’s doch nicht!

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5. Szene Direktorin durchsucht Roberts Sachen während des Sportunterrichts.

Ich habe heute im Sportunterricht hospitiert.

… Negativ.

…und erstattet der Staatssicherheit Bericht.

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6. Szene Genosse Guck betritt das Büro.

Genosse Guck, was machst du schon hier? Du solltest doch heute Nachmittag das Objekt „Fischer“ beobachten. Konntest du irgendwas Relevantes feststellen?

Ach, überhaupt nichts. Die sind bloß einkaufen gegangen. Ich musste die Beobachtung wegen der schlechten Sicht abbrechen.

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Und was nun, Genosse Horch?

Dann werden wir …

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Die Sekretärin tritt ein und übergibt Genosse Horch ein Schreiben.

Geht wieder.

Hier, vom Dienststellenleiter.

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Vorschlag zur Übersiedlung aus politisch-operativen Gründen gemäß Dienstanweisung 2/83.… Familie Fischer.

Warum das jetzt?

Genosse Horch liest das Schreiben.

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Genosse Horch liest betont aus dem Schreiben vor:

Es konnten politisch-operativ bedeutsame Hinweise erarbeitet werden, dass F. einen Hungerstreik mit entsprechender Publizierung in den BRD-Medien plant. Im Falle einer Nichtgenehmigung der Übersiedlung der Fischers ist mit der Realisierung von feindlich-negativen Handlungen zu rechnen in deren Folge das außenpolitische Ansehen der DDR geschädigt werden könnte. Durch eine Übersiedlung könnten die geplanten feindlich-negativen Handlungen vorbeugend verhindert werden.

Dann können wir die Akte ja schließen.

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Gleichzeitig schließt auch Robert in der Stasi-Unterlagen-Behörde seine Akte.

Genosse Guck klappt die Akte zu. Horch und Guck gehen ab.

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Sind Sie fertig?

7. Szene Frau Weber setzt sich wieder zu Robert.

Da stehen Sachen drin … Das hätte ich nie gedacht. Einsatz von IM, Postkontrolle, Telefonüberwachung, verdecktes Fotografieren. Und dann das mit dem Ranzen! Dass unsere Direktorin da mitgemacht hat.

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Ihre Direktorin war keine inoffizielle Mitarbeiterin. Man nannte das POZW – Politisch Operatives Zusammenwirken aller gesellschaftlichen Kräfte.

Und das ging bis zur Ranzenkontrolle?!

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Das hat sie vermutlich aufgrund ihrer Überzeugung getan.

Genützt hat das alles nichts. Sie mussten meine Familie doch gehen lassen, weil meine Eltern sich nicht einschüchtern ließen.

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Ich bin froh, dass es die Möglichkeit gibt, in die Stasi-Akten zu schauen. Ich hätte sonst nie erfahren, was damals alles gelaufen ist. Nun kann ich das Kapitel für mich abschließen.

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ENDE