Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die...

361
Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION der Universitt St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG) zur Erlangung der Würde eines Doktors der Rechtswissenschaft vorgelegt von Stefan Hafner von Zürich Genehmigt auf Antrag der Herren Prof.Dr. Jean Nicolas Druey und Prof.Dr. Vito Roberto Dissertation Nr. 3216 Weiensee Verlag, Berlin, 2007

Transcript of Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die...

Page 1: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten

- Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag

DISSERTATION

der Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-,

Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG) zur Erlangung der Würde eines Doktors der Rechtswissenschaft

vorgelegt von

Stefan Hafner

von

Zürich

Genehmigt auf Antrag der Herren

Prof.Dr. Jean Nicolas Druey

und

Prof.Dr. Vito Roberto

Dissertation Nr. 3216

Weißensee Verlag, Berlin, 2007

Page 2: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

Die Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation, ohne damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu nehmen.

St. Gallen, den 12. Juni 2006

Der Rektor:

Prof. Ernst Mohr, PhD

Page 3: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

Vorwort

Der erste Dank gebührt meinen Eltern, die mir neben vielem anderen meine Ausbildung ermöglicht haben. Weiter möchte ich allen Personen, die mich bei dieser Arbeit in irgendeiner Weise unterstützt haben, ganz herzlich danken!

Sodann möchte ich mich bei Herrn Prof.Dr. Druey für sein Interesse am Thema und für eine anregende und lehrreiche Assistenzzeit, die ich bei ihm verbringen durfte, bedanken. Für die Übernahme des Korreferats bedanke ich mich bei Herrn Prof.Dr. Roberto.

Dankbar bin ich auch meinen Kollegen Dr. Christoph Schmid und Dr. Adrian Margiotta für die kritische Durchsicht der Arbeit und die intensiven Gespräche, die zur Entstehung der Arbeit beigetragen haben.

Ein besonders herzliches Dankeschön geht aber an meine Frau Nadir und an meine Kinder, die mich in der Zeit der Entstehung dieser Arbeit immer unterstützt haben. Ihnen sei daher diese Arbeit gewidmet.

Adliswil, im März 2007 Stefan Hafner

Page 4: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION
Page 5: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- v -

Inhaltsübersicht

1 EINFÜHRUNG................................................................................................................ 1

1.1 ZIEL DER VORLIEGENDEN ARBEIT .................................................................................. 1

1.2 AUFBAU DER ARBEIT........................................................................................................... 1

1.3 GRUNDLAGEN........................................................................................................................ 3

2 RECHTSHISTORISCHE UNTERSUCHUNG DER INFORMATIONSPFLICHT �RECHENSCHAFT� IM AUFTRAGSRECHT........................................................ 18

2.1 RÖMISCHES RECHT............................................................................................................. 19

2.2 ALLGEMEINES LANDRECHT FÜR DIE PREUSSISCHEN STAATEN (ALR) ............... 24

2.3 CODE NAPOLÉON RESP. DER CODE CIVIL (CC) ........................................................... 30

2.4 ALLGEMEINES BÜRGERLICHES GESETZBUCH FÜR ÖSTERREICH (ABGB)........... 31

2.5 DRESDENER ENTWURF (DE) UND SEINE VORLÄUFER.............................................. 32

2.6 BÜRGERLICHES GESETZBUCH FÜR DAS DEUTSCHE REICH (BGB) ........................ 44

2.7 PRIVATRECHTLICHES GESETZBUCH FÜR DEN KANTON ZÜRICH (PGB) .............. 54

2.8 SCHWEIZERISCHES OBLIGATIONENRECHT ................................................................. 59

2.9 FAZIT ...................................................................................................................................... 77

3 RECHTSSYSTEMATISCHE UNTERSUCHUNG DER INFORMATIONSPFLICHT �RECHENSCHAFT� IM AUFTRAGSRECHT..... 79

3.1 VORBEMERKUNGEN .......................................................................................................... 79

3.2 DOKUMENTATIONSPFLICHT ALS GRUNDLAGE IM SCHWEIZERISCHEN AUFTRAGSRECHT ............................................................................................................... 81

3.3 ABLIEFERUNGSOBLIGATION IM SCHWEIZERISCHEN AUFTRAGSRECHT............ 98

3.4 DATENSCHUTZRECHTLICHE FRAGESTELLUNGEN IM SCHWEIZERISCHEN AUFTRAGSRECHT ............................................................................................................. 138

3.5 WEISUNGSRECHT UND INFORMATIONSRECHT GEMÄSS ART. 400 OR ............... 169

3.6 VERTRAUENSSITUATION UND INFORMATIONSRECHT GEMÄSS ART. 400 OR . 199

3.7 INTERESSENSITUATION UND INFORMATIONSRECHT GEMÄSS ART. 400 OR.... 208

4 FAZIT DER VORLIEGENDEN ARBEIT ............................................................... 304

4.1 ERKLÄRTES ZIEL............................................................................................................... 304

4.2 ERGEBNIS DER RECHTSGESCHICHTLICHEN DARSTELLUNG................................ 304

4.3 ERGEBNIS DER RECHTSSYSTEMATISCHEN DARSTELLUNG ................................. 305

4.4 ABRECHNUNGSPFLICHT ALS RECHENSCHAFTSPFLICHT ...................................... 312

Page 6: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- vi -

Inhaltsverzeichnis

VORWORT ................................................................................................................................ III

ZUSAMMENFASSUNG......................................................................................................... XVI

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ...........................................................................................XVII

LITERATURVERZEICHNIS .............................................................................................. XXIV

1 EINFÜHRUNG................................................................................................................ 1

1.1 ZIEL DER VORLIEGENDEN ARBEIT .................................................................................. 1

1.2 AUFBAU DER ARBEIT........................................................................................................... 1

1.3 GRUNDLAGEN........................................................................................................................ 3

1.3.1 WESEN UND TYPENMERKMALE DES AUFTRAGVERTRAGES ............................. 3

1.3.2 VERTRAGSEINTEILUNG UND EINFLUSS DER ENTGELTLICHKEITSFRAGE IM AUFTRAGSRECHT ........................................................................................................... 5

1.3.2.1 Vertragseinteilung....................................................................................................... 5

1.3.2.2 Einfluss der Frage der Entgeltlichkeit......................................................................... 6

1.3.3 HAUPTPFLICHT DES BEAUFTRAGTEN ...................................................................... 7

1.3.4 NEBENLEISTUNGS- UND NEBENPFLICHTEN DES BEAUFTRAGTEN .................. 9

1.3.5 ÜBERSICHT ÜBER DIE NEBENLEISTUNGS- UND NEBENPFLICHTEN DES BEAUFTRAGTEN ............................................................................................................. 9

1.3.5.1 Vorbemerkungen......................................................................................................... 9

1.3.5.2 Rechenschaftsablegung ............................................................................................. 10

1.3.5.3 Rechenschaftspflicht ................................................................................................. 11

1.3.5.4 Auskunftspflicht........................................................................................................ 11

1.3.5.5 Pflicht zur Rechnungslegung .................................................................................... 12

1.3.5.6 Pflicht zur Rechnungsstellung / Rechnung ............................................................... 13

1.3.5.7 Aufklärungspflicht .................................................................................................... 14

1.3.5.8 Benachrichtigungspflicht .......................................................................................... 15

1.3.6 FAZIT: EIGENE TERMINOLOGIE ................................................................................ 15

2 RECHTSHISTORISCHE UNTERSUCHUNG DER INFORMATIONSPFLICHT �RECHENSCHAFT� IM AUFTRAGSRECHT........................................................ 18

2.1 RÖMISCHES RECHT............................................................................................................. 19

2.1.1 DIGESTENSTELLEN ...................................................................................................... 19

2.1.1.1 D. 17.1.56.2 .............................................................................................................. 19

Page 7: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- vii -

2.1.1.2 D. 3.3.46.4 ................................................................................................................ 20

2.1.1.3 D. 2.13.9 pr. ............................................................................................................. 21

2.1.2 RECHTSLEHRE ZUM RÖMISCHEN RECHT............................................................... 22

2.1.3 FAZIT................................................................................................................................ 23

2.2 ALLGEMEINES LANDRECHT FÜR DIE PREUSSISCHEN STAATEN (ALR) ............... 24

2.2.1 KODIFIKATION .............................................................................................................. 24

2.2.2 LEHRMEINUNGEN ZUM ALR SOWIE DIE PANDEKTENLITERATUR ................. 25

2.2.3 JUDIKATUR ZUM ALR.................................................................................................. 27

2.2.3.1 Rechenschaft und Rechnungslegung ........................................................................ 27

2.2.3.2 Rechnungslegung und Belegungspflicht................................................................... 28

2.2.4 FAZIT................................................................................................................................ 29

2.3 CODE NAPOLÉON RESP. DER CODE CIVIL (CC) ........................................................... 30

2.4 ALLGEMEINES BÜRGERLICHES GESETZBUCH FÜR ÖSTERREICH (ABGB)........... 31

2.5 DRESDENER ENTWURF (DE) UND SEINE VORLÄUFER.............................................. 32

2.5.1 HESSISCHE ENTWÜRFE (1842-1853) .......................................................................... 32

2.5.1.1 Rechtsgeschichtliche Entwicklung............................................................................ 32

2.5.1.2 Konkrete Entwürfe zu einem Hessischen Gesetzbuch.............................................. 32

2.5.1.3 Fazit........................................................................................................................... 33

2.5.2 BAYERISCHE ENTWÜRFE (1808-1861/64) ................................................................. 33

2.5.2.1 Rechtsgeschichtliche Entwicklung............................................................................ 33

2.5.2.2 Konkrete Entwürfe zu einem Bayerischen Gesetzbuch ............................................ 34

2.5.2.3 Fazit........................................................................................................................... 35

2.5.3 SÄCHSISCHES BÜRGERLICHES GESETZBUCH (1863-1865).................................. 35

2.5.3.1 Rechtsgeschichtliche Entwicklung zum Gesetzbuch ................................................ 35

2.5.3.2 Rechtsprechung......................................................................................................... 37

2.5.3.3 Fazit........................................................................................................................... 38

2.5.4 DRESDENER ENTWURF (1866).................................................................................... 38

2.5.4.1 Personelle und kodifikatorische Einflüsse auf den Dresdener Entwurf .................... 38

2.5.4.2 Rechtsgeschichtliche Entwicklung im Auftragsrecht ............................................... 39

2.5.4.2.1 Vorbemerkungen ............................................................................................. 39

2.5.4.2.2 Vorbereitender Ausschuss ............................................................................... 39

Page 8: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- viii -

2.5.4.2.3 Redaktionsausschuss und Lesungen ................................................................ 41

2.5.5 FAZIT................................................................................................................................ 42

2.6 BÜRGERLICHES GESETZBUCH FÜR DAS DEUTSCHE REICH (BGB) ........................ 44

2.6.1 ALLGEMEINE HINWEISE ZUR KODIFIKATIONSGESCHICHTE ........................... 44

2.6.2 BESONDERE ENTSTEHUNGSGESCHICHTE VON § 666 BGB................................. 44

2.6.2.1 Teilentwurf des Schuldrechts bzw. die Materialsammlung ...................................... 45

2.6.2.2 Erste Kommission ..................................................................................................... 46

2.6.2.3 Zweite Kommission .................................................................................................. 48

2.6.2.4 Denkschrift................................................................................................................ 50

2.6.3 FAZIT................................................................................................................................ 51

2.6.4 ÜBERSICHT ÜBER DIE ENTWURFSTEXTE ZUM BGB............................................ 53

2.7 PRIVATRECHTLICHES GESETZBUCH FÜR DEN KANTON ZÜRICH (PGB) .............. 54

2.7.1 § 1173 PGB UND SEINE SYSTEMATISCHE STELLUNG .......................................... 54

2.7.2 PRAXIS ZUM MANDATSRECHT (§ 1173 PGB) .......................................................... 55

2.7.2.1 Z. X. 368:Vertrauen und Informationsrecht.............................................................. 55

2.7.2.2 Z. V. 230: Pflicht zur belegten Rechnungslegung .................................................... 56

2.7.2.3 Z. XVI. 359: Aufzeichnungen und Informationsrechte ............................................ 57

2.7.3 FAZIT................................................................................................................................ 57

2.8 SCHWEIZERISCHES OBLIGATIONENRECHT ................................................................. 59

2.8.1 ENTSTEHUNGSGESCHICHTE VON ART. 398 AOR.................................................. 59

2.8.1.1 Entwurf Munzinger 1871 .......................................................................................... 59

2.8.1.2 Entwurf Fick 1875 .................................................................................................... 60

2.8.1.3 Kommissionsentwurf 1877 ....................................................................................... 61

2.8.1.4 EJPD-Entwurf 1879 .................................................................................................. 61

2.8.1.5 Redaktionskommissions-Entwurf I 1881 ................................................................. 62

2.8.1.6 Redaktionskommissions-Entwurf II 1881................................................................ 63

2.8.2 ENTSTEHUNGSGESCHICHTE VON ART. 400 OR..................................................... 64

2.8.2.1 Entwurf der Botschaft 1905 ...................................................................................... 64

2.8.2.2 Entwurf der Botschaft 1909 ...................................................................................... 66

2.8.3 ÜBERSICHT ÜBER DIE NORMTEXTE ZUM AOR UND OR..................................... 67

2.8.4 RECHTSPRECHUNG DES BUNDESGERICHTES ZU ART. 398 AOR ...................... 70

Page 9: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- ix -

2.8.4.1 BGE 19, 815ff.: Urteil vom 27.10.1893.................................................................... 70

2.8.4.2 BGE 23, 1842ff.: Urteil vom 30.12.1897 ................................................................. 72

2.8.5 FAZIT................................................................................................................................ 75

2.9 FAZIT ...................................................................................................................................... 77

3 RECHTSSYSTEMATISCHE UNTERSUCHUNG DER INFORMATIONSPFLICHT �RECHENSCHAFT� IM AUFTRAGSRECHT..... 79

3.1 VORBEMERKUNGEN .......................................................................................................... 79

3.2 DOKUMENTATIONSPFLICHT ALS GRUNDLAGE IM SCHWEIZERISCHEN AUFTRAGSRECHT ............................................................................................................... 81

3.2.1 VORBEMERKUNGEN .................................................................................................... 81

3.2.2 DOKUMENTATIONSPFLICHT IM ALLGEMEINEN AUFTRAGSRECHT ............... 83

3.2.2.1 Rechtsgrundlage der Dokumentationspflicht im allgemeinen Auftragsrecht ........... 83

3.2.2.2 Inhalt der Dokumentationspflicht im allgemeinen Auftragsrecht ............................. 84

3.2.3 DOKUMENTATIONSPFLICHT IM ARZTVERTRAG ................................................. 84

3.2.3.1 Allgemeines .............................................................................................................. 84

3.2.3.2 Rechtsgrundlage der Dokumentationspflicht im Arztvertrag ................................... 85

3.2.3.3 Inhalt der arztvertraglichen Dokumentationspflicht und Verallgemeinerung........... 89

3.2.3.3.1 Drei Bereiche der Dokumentationspflicht / inhaltliche Beschreibung ............ 89

3.2.3.3.2 Generelle Anforderungen an die drei Bereiche der Dokumentationspflicht.... 90

3.2.3.3.3 Spezielle Anforderungen im Rahmen �Sachverhalt� und �Handlungen� ....... 91

3.2.3.3.4 Spezielle Anforderungen im Rahmen �Aufklärung�....................................... 95

3.2.4 FAZIT................................................................................................................................ 96

3.3 ABLIEFERUNGSOBLIGATION IM SCHWEIZERISCHEN AUFTRAGSRECHT............ 98

3.3.1 VORBEMERKUNGEN .................................................................................................... 98

3.3.2 REGELUNGSGEDANKE DER ABLIEFERUNGSOBLIGATION................................ 98

3.3.2.1 Rechtshistorische Betrachtung .................................................................................. 98

3.3.2.2 Systematische Betrachtung ..................................................................................... 100

3.3.3 INHALT DER ABLIEFERUNGSOBLIGATION.......................................................... 101

3.3.3.1 Vorbemerkungen..................................................................................................... 101

3.3.3.2 Herausgabe des bei der Auftragsausführung Erhaltenen ........................................ 102

3.3.3.3 Herausgabe des bei der Auftragsausführung Erlangten .......................................... 104

3.3.3.4 Herausgabe des bei der Auftragsausführung Geschaffenen.................................... 107

Page 10: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- x -

3.3.3.4.1 Allgemeines ................................................................................................... 107

3.3.3.4.2 Grundsätzlicher Inhalt dieser Ablieferungsobligation ................................... 108

3.3.3.4.3 Ablieferungsobligation in einzelnen, besonderen Auftragsverträgen............ 109

3.3.3.4.3.1 Architektenvertrag ......................................................................................... 109

3.3.3.4.3.2 Anwaltsvertrag............................................................................................... 112

3.3.3.4.3.3 Arztvertrag..................................................................................................... 113

3.3.3.4.3.4 Softwarevertrag ............................................................................................. 115

3.3.3.4.4 Allgemeine Grenze der Ablieferungsobligation: sog. Handakten ................. 118

3.3.3.4.4.1 Vorbemerkungen ........................................................................................... 118

3.3.3.4.4.2 Begriff und Funktion der sog. Handakten ..................................................... 119

3.3.3.4.4.3 Generelle Inhaltsbeschreibung....................................................................... 119

3.3.3.4.4.4 Einzelne Objekte der sog. Handakten............................................................ 121

3.3.4 VORLEGUNGSPFLICHT UND WEITERE EINSICHTSRECHTE IN DIE DOKUMENTATION...................................................................................................... 124

3.3.4.1 Einleitung ................................................................................................................ 124

3.3.4.2 Auftragsrechtliche Vorlegungspflicht ..................................................................... 125

3.3.4.2.1 Anspruchsgrundlagen .................................................................................... 125

3.3.4.2.2 Stellungnahme ............................................................................................... 126

3.3.4.3 Adressatenspezifische Vorlegungspflicht ............................................................... 131

3.3.5 FAZIT.............................................................................................................................. 135

3.4 DATENSCHUTZRECHTLICHE FRAGESTELLUNGEN IM SCHWEIZERISCHEN AUFTRAGSRECHT ............................................................................................................. 138

3.4.1 VORBEMERKUNGEN .................................................................................................. 138

3.4.2 BEGRIFFE AUS DEM DATENSCHUTZRECHT ........................................................ 139

3.4.2.1 Datenschutzrechtlich relevante Daten..................................................................... 139

3.4.2.2 Begriff �Dokument� im Datenschutzrecht.............................................................. 140

3.4.3 ANWENDUNGSBEREICH DES DATENSCHUTZRECHTES ................................... 141

3.4.3.1 Prozessuale Vorbemerkungen................................................................................. 141

3.4.3.2 Begriff �interne Akten� und neueres Datenschutzrecht .......................................... 142

3.4.3.3 Art. 2 Abs. 2 lit. a DSG: �Notizen�, �Arbeitshilfen� und �Gedächtnisstützen� ..... 144

3.4.3.3.1 Regelungsgedanke ......................................................................................... 144

3.4.3.3.2 Inhaltliche Bestimmung eines sog. Eigenbereichs des Auftragnehmers ....... 147

Page 11: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xi -

3.4.3.3.2.1 Keine Dokumentationspflicht ........................................................................ 147

3.4.3.3.2.2 Inhalt des sog. Eigenbereichs ........................................................................ 148

3.4.3.3.3 Einfluss des Interessenwahrungsgrundsatzes auf einen Eigenbereich........... 149

3.4.3.4 Art. 2 Abs. 2 lit. c DSG: Vorbehalt der Verfahrensrechte ...................................... 150

3.4.4 AUSKUNFTSRECHT IM DATENSCHUTZRECHT.................................................... 151

3.4.4.1 Art. 8 DSG: Grundsätzliches Auskunftsrecht ......................................................... 151

3.4.4.1.1 Rechtsgrundlage ............................................................................................ 151

3.4.4.1.2 Auskunftsrecht............................................................................................... 152

3.4.4.1.2.1 Allgemeines ................................................................................................... 152

3.4.4.1.2.2 Datensammlung als Objekt: Erste Einschränkungen des Auskunftsrechts.... 154

3.4.4.1.2.3 Umfang des Auskunftsrechts: Inhärente Grenzen ......................................... 155

3.4.4.2 Art. 9 DSG: Ausdrückliche Einschränkungen des Auskunftsrechts ....................... 158

3.4.4.2.1 Vorbemerkungen ........................................................................................... 158

3.4.4.2.2 Allgemeine Einschränkungen nach Art. 9 Abs. 1 DSG................................. 159

3.4.4.2.2.1 Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG: Vorbehalt des �formellen Gesetzes�...................... 159

3.4.4.2.2.2 Art. 9 Abs. 1 lit. b DSG: Überwiegendes Drittinteresse................................ 162

3.4.4.2.3 Art. 9 Abs. 3 DSG: Vorbehalt des überwiegenden eigenen Interesses.......... 164

3.4.5 FAZIT.............................................................................................................................. 166

3.5 WEISUNGSRECHT UND INFORMATIONSRECHT GEMÄSS ART. 400 OR ............... 169

3.5.1 VORBEMERKUNGEN .................................................................................................. 169

3.5.2 GRUNDLAGEN UND AUSGESTALTUNG DER WEISUNGSRECHTE .................. 170

3.5.2.1 Gesetzliche Grundlagen .......................................................................................... 170

3.5.2.2 Erscheinungsformen der Weisungsrechte im Arbeits- und Auftragsvertrag........... 171

3.5.2.2.1 Verhaltensanweisungen ................................................................................. 171

3.5.2.2.2 Zielanweisungen............................................................................................ 173

3.5.2.2.3 Fachanweisungen........................................................................................... 175

3.5.3 INFORMATIONSRECHTE IM SCHWEIZERISCHEN EINZELARBEITSVERTRAGSRECHT ........................................................................ 177

3.5.3.1 Allgemeines ............................................................................................................ 177

3.5.3.2 Rechenschafts- und Herausgabepflicht des Arbeitnehmers nach Art. 321b OR..... 178

3.5.3.2.1 Rechtsgrundlage der Rechenschafts- und Herausgabepflicht........................ 178

3.5.3.2.2 Inhalt der Herausgabe- und Rechenschaftspflicht ......................................... 179

Page 12: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xii -

3.5.3.3 Berichterstattungspflicht des Handelsreisenden nach Art. 348 Abs. 3 OR............. 181

3.5.3.3.1 Anwendbare Rechtsnormen........................................................................... 181

3.5.3.3.2 Zusätzliche Melde- und Berichtspflicht des Handelsreisenden ..................... 182

3.5.3.4 Rechenschaftspflicht des Heimarbeitnehmers nach Art. 352a Abs. 1 OR.............. 183

3.5.3.4.1 Anwendbare Rechtsnormen........................................................................... 183

3.5.3.4.2 Spezifische Rechenschaftspflicht .................................................................. 184

3.5.3.5 Zwischenfazit .......................................................................................................... 185

3.5.4 UNTERSCHIEDLICHE QUALITÄT DER UNTERORDNUNG UND DAS KONTROLLRECHT....................................................................................................... 185

3.5.4.1 Allgemeines ............................................................................................................ 185

3.5.4.2 Subordination als Abgrenzungskriterium ............................................................... 186

3.5.4.3 Unterschiedliche Unterordnungsqualität und seine Auswirkungen ........................ 187

3.5.5 KONSEQUENZEN FÜR EINE INFORMATIONSRECHTSORDNUNG IM AUFTRAGSRECHT ....................................................................................................... 191

3.5.5.1 Allgemeines ............................................................................................................ 191

3.5.5.2 Auftragvertrag als Organisation.............................................................................. 191

3.5.5.3 Auftragsrechtliches Weisungsrecht und notwendige Kommunikationsordnung .... 194

3.5.6 FAZIT.............................................................................................................................. 196

3.6 VERTRAUENSSITUATION UND INFORMATIONSRECHT GEMÄSS ART. 400 OR . 199

3.6.1 VORBEMERKUNGEN .................................................................................................. 199

3.6.2 VERTRAUEN ALS VERTRAGSGRUNDLAGE DES AUFTRAGSVERTRAGS ...... 200

3.6.3 VERTRAUEN ALS WESENSMERKMAL DES AUFTRAGSVERTRAGS................ 200

3.6.4 VERTRAUEN ALS REGELUNGSGEDANKE DES WIDERRUFRECHTS IM AUFTRAGSVERTRAG ................................................................................................. 201

3.6.5 WIDERRUFSRECHT IM AUFTRAGSVERTRAG UND INFORMATIONSRECHT 202

3.6.6 FAZIT.............................................................................................................................. 206

3.7 INTERESSENSITUATION UND INFORMATIONSRECHT GEMÄSS ART. 400 OR.... 208

3.7.1 VORBEMERKUNGEN .................................................................................................. 208

3.7.1.1 Grundsatz der Interessenwahrung im Auftragsvertrag............................................ 208

3.7.1.1.1 Verwendete Begrifflichkeit ........................................................................... 208

3.7.1.1.2 Typenmerkmal und Unterscheidungskriterium ............................................. 208

3.7.1.2 Frage nach dem �Anwendungsbereich� des Interessen-wahrungsgrundsatzes....... 208

Page 13: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xiii -

3.7.1.2.1 Übergesetzliche Grundlage der Rechenschaftspflicht gemäss hL ................. 208

3.7.1.2.2 Eigener Standpunkt in der vorliegenden Arbeit ............................................ 209

3.7.1.3 Weitere Untersuchung aufgrund der bisherigen Ergebnisse ................................... 213

3.7.2 INFORMATIONSORDNUNG IM PERSONENGESELLSCHAFTSRECHT .............. 214

3.7.2.1 Vorbemerkungen..................................................................................................... 214

3.7.2.2 Anwendbare Rechtsnormen für die Bestimmung des Informationsrechts .............. 214

3.7.2.3 Zweck der Informationspflicht: Verschaffung der Kontrollmöglichkeit ................ 216

3.7.2.4 Gegenstand des Kontrollrechts ............................................................................... 217

3.7.2.5 Grundlagen für ein umfassendes Kontrollrecht ...................................................... 218

3.7.2.5.1 Besondere Risikolage des Personengesellschafters ....................................... 219

3.7.2.5.2 Gesellschaftsvertrag als Vergemeinschaftungsvertrag .................................. 222

3.7.2.5.3 Gegenseitiges Vertrauensverhältnis und Einfluss der Treuepflicht............... 229

3.7.2.6 Exkurs: Informationsrechtliche Stellung des Kommanditärs.................................. 231

3.7.2.6.1 Rechtsgrundlagen der Informationsordnung des Kommanditärs .................. 231

3.7.2.6.2 Gegenstand der Informations- und Kontrollrechte des Kommanditärs ......... 232

3.7.2.6.3 Rechtfertigung für ein beschränktes Kontrollrecht des Kommanditärs......... 235

3.7.2.7 Fazit......................................................................................................................... 238

3.7.3 ABRECHNUNGSPFLICHT UND INFORMATIONSPFLICHT IN ART. 400 OR...... 239

3.7.3.1 Vorbemerkungen..................................................................................................... 239

3.7.3.1.1 Ergebnisse und Einordnung........................................................................... 239

3.7.3.1.2 Begriffe .......................................................................................................... 242

3.7.3.1.3 Weiterer Aufbau und allgemeines und besonderes Auftragsrecht................. 243

3.7.3.2 Vergütungsanspruch des Beauftragten.................................................................... 244

3.7.3.2.1 Grundsätzliches zum Vergütungsanspruch.................................................... 244

3.7.3.2.2 Entstehung des Vergütungsanspruchs ........................................................... 245

3.7.3.2.3 Fälligkeit des Vergütungsanspruchs .............................................................. 246

3.7.3.2.4 Abrechnungspflicht als Vorleistungspflicht zum Vergütungsanspruch ........ 246

3.7.3.2.5 Formen des Vergütungsanspruchs ................................................................. 247

3.7.3.2.5.1 Pauschalvergütung......................................................................................... 247

3.7.3.2.5.2 Prozentvergütung........................................................................................... 248

3.7.3.2.5.3 Zeitvergütung................................................................................................. 249

Page 14: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xiv -

3.7.3.2.5.4 Erfolgshonorar ............................................................................................... 250

3.7.3.3 Anspruch auf Auslagen- und Verwendungsersatz und Befreiung .......................... 251

3.7.3.3.1 Auslagen- und Verwendungsersatzrecht ....................................................... 252

3.7.3.3.1.1 Begriff............................................................................................................ 252

3.7.3.3.1.2 Modalitäten.................................................................................................... 253

3.7.3.3.2 Befreiungsanspruch ....................................................................................... 254

3.7.3.4 Abrechnungspflicht: Pflicht zur Rechnungslegung und zur Rechnungsstellung .... 255

3.7.3.4.1 Vorbemerkungen ........................................................................................... 255

3.7.3.4.2 Bestand der Abrechnungspflicht.................................................................... 255

3.7.3.4.2.1 Genereller Anwendungsbereich..................................................................... 255

3.7.3.4.2.2 Pflicht zur spontanen Endabrechnung ........................................................... 256

3.7.3.4.2.3 Pflicht zur Zwischenabrechnung auf Verlangen............................................ 257

3.7.3.4.2.4 Pflicht zur spontanen Zwischenabrechnung .................................................. 259

3.7.3.4.2.5 Verjährung, Rechtsmissbrauch und Kosten................................................... 262

3.7.3.4.3 Form der Abrechnung.................................................................................... 263

3.7.3.4.4 Zweck der Abrechnungspflicht und speziell der Zweck der Rechnung ........ 264

3.7.3.4.4.1 Vorbemerkungen ........................................................................................... 264

3.7.3.4.4.2 Überprüfbarkeit der Rechnung ...................................................................... 265

3.7.3.4.4.3 Angemessenheit der Rechnung (resp. der Honorarforderung) ...................... 267

3.7.3.4.5 Inhalt der Abrechnungspflicht (Gegenstand der Rechnung) ......................... 269

3.7.3.4.5.1 Inhalt der ersten Abrechnung......................................................................... 270

3.7.3.4.5.1.1 Anwendungsbereich einer ersten (pauschalen) Abrechnung..................... 270

3.7.3.4.5.1.2 Ausnahmefall:Abrechnungspflicht bei �zerstörtem� Vertrauen ............... 272

3.7.3.4.5.1.3 Möglichkeit der Begrenzung auf eine pauschale Abrechnung .................. 273

3.7.3.4.5.2 Inhalt der Pflicht zur sog. spezifizierten Abrechnung ................................... 274

3.7.3.4.5.2.1 Vorbemerkung ........................................................................................... 274

3.7.3.4.5.2.2 Entwicklungen am Beispiel des Anwaltsrechts.......................................... 275

3.7.3.4.5.2.3 Allgemeine Verallgemeinerungsfähigkeit? ................................................ 279

3.7.3.4.5.2.4 Einfluss der Vergütungsform auf die Spezifizierungspflicht...................... 284

3.7.3.4.6 Inhalt der Pflicht beim Auslagen- und Verwendungsersatzanspruch ............ 288

3.7.3.4.6.1 Vorbemerkungen ........................................................................................... 288

Page 15: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xv -

3.7.3.4.6.2 Gegenstand und Zweck der Spezifizierung ................................................... 289

3.7.3.4.6.3 Zwingende Spezifizierungspflicht ................................................................. 289

3.7.3.4.7 Belegungs- und Aufzeichnungspflicht bei der Abrechnungspflicht .............. 291

3.7.3.4.7.1 Vorbemerkungen ........................................................................................... 291

3.7.3.4.7.1.1 Belege ........................................................................................................ 291

3.7.3.4.7.1.2 Aufzeichnungen.......................................................................................... 292

3.7.3.4.7.2 Im Zusammenhang mit der Pflicht zur Rechnungslegung............................. 292

3.7.3.4.7.3 Im Zusammenhang mit dem Auslagen- und Verwendungsersatzrecht ......... 293

3.7.3.4.7.4 Im Zusammenhang mit der Pflicht zur Rechnungsstellung........................... 295

3.7.3.4.7.4.1 Gegenstand ................................................................................................ 295

3.7.3.4.7.4.2 Einfluss der Vergütungsform auf den Gegenstand .................................... 298

3.7.3.5 Fazit......................................................................................................................... 299

4 FAZIT DER VORLIEGENDEN ARBEIT ............................................................... 304

4.1 ERKLÄRTES ZIEL............................................................................................................... 304

4.2 ERGEBNIS DER RECHTSGESCHICHTLICHEN DARSTELLUNG................................ 304

4.3 ERGEBNIS DER RECHTSSYSTEMATISCHEN DARSTELLUNG ................................. 305

4.3.1 DOKUMENTATIONSPFLICHT.................................................................................... 305

4.3.2 ABLIEFERUNGSOBLIGATION................................................................................... 306

4.3.3 DATENSCHUTZRECHT ............................................................................................... 308

4.3.4 WEISUNGSRECHT ....................................................................................................... 309

4.3.5 VERTRAUEN................................................................................................................. 310

4.3.6 INTERESSENWAHRUNGSGRUNDSATZ .................................................................. 310

4.4 ABRECHNUNGSPFLICHT ALS RECHENSCHAFTSPFLICHT ...................................... 312

Page 16: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xvi -

Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit untersucht den Bestand und den Inhalt der Rechenschaftspflicht im schweizerischen Auftragsrecht, wie sie in Art. 400 Abs. 1 OR kodifiziert ist. In einem ersten Schwerpunkt wird die rechtsgeschichtliche Grundlage und Entwicklung der Rechenschaftspflicht anhand jener Quellen erarbeitet, welche die schweizerische Rechtslage beeinflusst haben. Die entsprechenden Ergebnisse zeigen, dass die Rechenschaftspflicht als die Pflicht zur belegten Rechnungslegung und als die Pflicht zur spezifizierten Rechnungsstellung zu verstehen ist.

In der rechtssystematischen Untersuchung werden verschiedene Rechtsinstitutionen und Typenmerkmale des schweizerischen Auftragsrechts hinsichtlich ihres Einflusses auf die Informationspflicht �Rechenschaft� dargestellt: Ausgangspunkt ist die Dokumentationspflicht und die Ablieferungsobligation des Beauftragten, welche sich mit der schriftlich fixierten Information befassen. Ergänzt wird diese Darstellung durch eine Untersuchung des datenschutzrechtlichen Einflusses auf die Informationsordnung im Auftragsverhältnis, welche in der Anerkennung eines grundsätzlich vor Informationsrechten geschützten Eigenbereichs des Beauftragten resultiert. Die rechtssystematische Darstellung wird durch eine Untersuchung derjenigen Rechte des Auftraggebers ergänzt, welche auf die Ausführung des Auftragsvertrages (Weisungsrecht) resp. auf dessen Beendigung (Widerrufsrecht als Ausdruck der Vertrauenssituation im Auftragsvertrag) abzielen. Aus den entsprechenden Zuständigkeitsordnungen bei diesen Rechten folgt eine klare Zuordnung der Informationsrechte im Auftragsvertrag, was grundsätzlich eingeschränkte Informationsrechte gestützt auf die Rechtsgrundlage der Rechenschaftspflicht bedeutet. Die entsprechenden Befunde werden aufgrund der Analyse von verschiedenen Interessensituationen im Auftragsvertrag im Vergleich zu anderen Vertragstypen (Arbeitsvertrag; Gesellschaftsvertrag) bestätigt.

Die Untersuchung schliesst mit einer ausführlichen Darstellung der Abrechnungspflicht (Pflicht zur belegten Rechnungslegung und spezifizierten Rechnungsstellung), welche als der eigentliche Anwendungs- und Wirkungsbereich der Informationspflicht �Rechenschaft� im Sinne von Art. 400 Abs. 1 OR identifiziert wird.

Page 17: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xvii -

Abkürzungsverzeichnis

a.a.O. am angeführten Ort

ABGB Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch für Österreich vom 1.6.1811

Abs. Absatz

aBV Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29.5.1874

AcP Archiv für civilistische Praxis (Tübingen)

a.E. am Ende

AFG BG über die Anlagefonds vom 18.3.1994

AGVE Aargauische Gerichts- und Verwaltungsentscheide

AJP Aktuelle Juristische Praxis (Lachen)

AK Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte

AKE Entscheid der Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte

Allg./allg. Allgemein/allgemein

ALR Allgemeines Landrecht für die Preussischen Staaten von 1794

A.M./a.M. Anderer Meinung/anderer Meinung

Amtl. Bull. Stenographisches Bulletin der Bundesversammlung

Anm. Anmerkung

Annalen Annalen der Gesetzgebung und Rechtsgelehrsamkeit in den Preussischen Staaten (Berlin und Stettin)

AnwG Anwaltsgesetz

AppGer Appellationsgericht

ArbR Mitteilungen des Instituts für Schweizerisches Arbeitsrecht (Bern)

Art. Artikel

aOR BG über das Obligationenrecht vom 14.6.1881

ASA Archiv für schweizerisches Abgabenrecht (Bern)

Page 18: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xviii -

AT Allgemeiner Teil

Aufl. Auflage

BankG BG über die Banken und Sparkassen vom 8.11.1934

BasK Basler Kommentar

BBl Bundesblatt (Bern)

Bd. Band

Bem. Bemerkung

betr. betreffend

BezGer Bezirksgericht

BG Bundesgesetz

BGB Bürgerliches Gesetzbuch vom 18.8.1896

BGE Entscheide des Schweizerischen Bundesgerichtes

BGer (Schweizerisches) Bundesgericht

BGFA BG über die Freizügigkeit von Anwältinnen und Anwälten vom 23.6.2000

BGH (deutscher) Bundesgerichtshof

BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (Köln)

BJM Basler Juristische Mitteilungen (Basel)

BK Berner Kommentar

BR Baurecht (Zürich)

BRAO Bundesrechtsanwaltsordnung vom 1.8.1959 (Deutschland)

BT Besonderer Teil

BV Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18.4.1999

BVR Bernische Verwaltungsrechtsprechung (Bern)

bzw. beziehungsweise

c. considérant/considerando (= Erw.)

CCiv Code civil français vom 21.3.1804

CCit. Codice civile italiano vom 16.3.1942

Page 19: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xix -

DE Dresdener Entwurf

ders. derselbe

dgl. dergleichen

d.h. das heisst

DIG Digeste(n) des Corpus iuris civilis

digma Zeitschrift für Datenbanken und Informationssicherheit (Zürich)

Diss. Dissertation

DSG BG über den Datenschutz vom 19.6.1992

E Entwurf

E./Erw. Erwägung(en)

eidg. eidgenössisch

Einl. Einleitung

EJPD Eidg. Justiz- und Polizeidepartement

et al. und andere

etc. et cetera

ev. eventuell

f. folgende (Seite)

ff. folgende (Seiten)

FN Fussnote

GG Gesundheitsgesetz

GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung

Gruchot Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begründet von Gruchot

HE Schweizerische Blätter für Handelsrechtliche Entscheidungen (Zürich)

HGB Handelsgesetz für das Deutsche Reich vom 10.5.1897

HGer Handelsgericht

hL herrschende Lehre

Hrsg./hrsg. Herausgeber/herausgegeben

Page 20: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xx -

i.d.R. in der Regel

i.f. in fine

insbes. insbesondere

i.e.S. im engeren Sinne

i.V.m. in Verbindung mit

i.w.S. im weiteren Sinne

JAR Jahrbuch des Schweizerischen Arbeitsrechts (Bern)

JdT Journal des Tribunaux (Lausanne)

JherJB Jherings Jahrbuch für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts (Berlin)

JuS Juristische Schulung (München)

JZ Juristenzeitung (Tübingen)

KG Kammergericht

KGer Kantonsgericht

Komm Kommentar

KVG BG über die Krankenversicherung vom 18.3.1994

LGVE Luzerner Gerichts- und Verwaltungsentscheide (Luzern)

lit. littera

m.a.W. mit anderen Worten

MaschSchr. Maschinenschrift

Max. Entscheide des Obergerichtes des Kantons Luzern und der Anwaltskammer (Maximen) (1961-1973)/Entscheide des Obergerichtes des Kantons Luzern und seiner Kommis-sionen (1931-1960)

M.E./m.E. Meines Erachtens/meines Erachtens

MünchKomm Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch

m.w.H. mit weiteren Hinweisen

N Note(n)

NJW Neue Juristische Wochenschrift (München u.a.)

No. Nummer

Page 21: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxi -

n.publ. nicht publiziert

NR Nationalrat

Nr. Nummer

NZZ Neue Zürcher Zeitung

OGer Obergericht

OR BG betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 30.3.1911 (Fünfter Teil: Obligatio-nenrecht)

OT/O.T. Obertribunal

p. page (= Seite)

PGB Privatrechtliches Gesetzbuch für den Kanton Zürich von 1854/1855

PKG Praxis des Kantonsgerichts von Graubünden (Chur)

Pra Die Praxis des Bundesgerichts (1901-1990)/Die Praxis (1991 ff.)

Prot. Protokoll

publ. publiziert

RBUR Rechenschaftsbericht des Kantons Uri

Rdnr. Randnummer

recht Zeitschrift für juristische Ausbildung und Praxis (Bern)

Rep Repertorio di Giurisprudenza Patria (Bellinzona)

Revue judiciaire Revue der Gerichtspraxis im Gebiete des Bundescivilrechts (Zürich)

RG Reichsgericht

RGZ Entscheide des (deutschen) Reichsgerichtes in Zivilsachen (Leipzig)

ROHG Entscheide des Reichsoberhandelsgerichtes

RVJ Revue valaisanne de jurisprudence (Sion)

Rz Randziffer

S. Seite(n)

Sächs. Sächsisches

Page 22: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxii -

SAeZ Schweizerische Ärztezeitung (Bern)

SAG Schweizerische Aktiengesellschaft (Zürich)

SchKG BG über Schuldbetreibung und Konkurs vom 16. 12. 1994

Seuffert�s Seuffert's Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten

SIA Schweizer Architekten- und Ingenieurverein

sic! Zeitschrift für Immaterialgüter-, Informations- und Wettbewerbsrecht (Bern)

SJ La Semaine Judiciaire (Genf)

SJZ Schweizerische Juristenzeitung (Zürich)

sog. So genannt (e/er)

Sp. Spalte

SPR Schweizerisches Privatrecht

SR Systematische Sammlung der Bundesgesetze (Systemati-sche Rechtssammlung)

Ständerat

ss. et suivantes (= ff.)

ST Der Schweizer Treuhänder (Zürich)

StGB Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21.12.1937

StR Ständerat

Striethorst�s Archiv Archiv für Rechtsfälle aus der Praxis der Rechtsanwälte des Königlichen Obertribunals (Berlin)

SZW Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zürich)

u.a. unter anderem

UeBest Übergangsbestimmung

u.U. unter Umständen

v.a. vor allem

VDSG Verordnung zum Datenschutzgesetz vom 14.6.1993

VwGer Verwaltungsgericht

Vgl./vgl. Vergleiche/vergleiche

Page 23: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxiii -

VO Verordnung

Vorbem. Vorbemerkungen

VPB Verwaltungspraxis der Bundesbehörden (1964/65 ff.)/Ver-waltungsentscheide der Bundesbehörden (1927-1962/63) (Bern)

WM Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankenrecht (München u.a.)

Z. Zürcherische Zeitschrift für Gerichtspraxis und Rechtswissenschaft [bis 1872: Zeitschrift für Kunde und Fortbildung der Zürcherischen Rechtspflege] (Zürich)

z.B. zum Beispiel

ZBJV Zeitschrift des bernischen Juristenvereins (Bern)

ZBl Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Gemeindeverwaltung (1900-1988)/Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Gemeinderecht (1989 ff.) (Zürich)

ZGB Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. 12. 1907

Ziff. Ziffer

zit. zitiert

ZK Zürcher Kommentar

ZPO Zivilprozessordnung

ZR Blätter für Zürcherische Rechtsprechung (Zürich)

ZSR Zeitschrift für Schweizerisches Recht (Basel)

z.T. zum Teil

Page 24: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxiv -

Literaturverzeichnis

Abegg, Andreas Zurückbehaltungsrechte, Retentions- und Leistungsverweigerungsrechte des Rechtsanwaltes, AJP 2001 862ff.

Abegglen, Sandro Die Aufklärungspflichten in Dienstleistungsbeziehungen, insbesondere im Bankgeschäft, Bern 1995

Abravanel, Philippe Les devoirs généraux de l�architecte, in: Das Architektenrecht/Le droit de l� architecte, Hrsg.: Peter Gauch/Pierre Tercier, 3. Auflage, Freiburg 1995, 99 ff.

Ammann, Martin Datenschutz im Bank- und Kreditbereich, Zürich 1987 (zit.: Datenschutz)

Ammann, Jürg Die Pflicht zur Edition von Urkunden und das Verfahren nach schweizerischem Zivilprozessrecht, Diss. Zürich 1931 (zit.: Edition von Urkunden)

Amonn, Kurt Der Kollektivanlagevertrag, in: Schweizerisches Privatrecht, Band VII/2, Basel und Stuttgart 1979, 277 ff.

Arndt von Arnesberg, Ludwig

Lehrbuch der Pandekten, 9. Auflage, München 1877

Arangio-Ruiz, Vincento Il mandato in diritto romano, Napoli 1965

Bachtler, Heinz Das Moderationsverfahren nach § 34 des zürcherischen Anwaltsgesetzes, SJZ 1977 313ff.

Baeriswyl, Bruno Entwicklungen im Datenschutzrecht, SJZ 1997 394ff. (zit.: Entwicklungen 1997)

Baeriswyl, Bruno Entwicklungen im Datenschutzrecht, SJZ 2004 460ff. (zit.: Entwicklungen 2004)

Baron, Julius Pandekten, 5. Auflage, Leipzig 1885

Bauhofer, Arthur Entstehung und Bedeutung des zürcherischen privatrechtlichen Gesetzbuches von 1853 - 1855, ZSR 1927 1 ff.

Page 25: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxv -

Behrends, Okko / Knütel, Rolf / Kupisch, Berthold / Seiler, Hans

Übersetzung und Herausgabe einer Gemeinschaftsausgabe des Corpus Iuris Civilis, Neudruck München 1990 (zit.: Gemeinschaftsausgabe)

Becker, Hermann Berner Kommentar zum schweizerischen Zivilgesetzbuch, Band VI: Obligationenrecht, II. Abteilung: Die einzelnen Vertragsverhältnisse, Art. 184 � 551 OR, Bern 1934

Belser, Urs Das Recht auf Auskunft, die Transparenz der Datenverarbeitung und das Auskunftsverfahren, in: Das neue Datenschutzgesetz des Bundes, Referate der Tagungen der Hochschule St. Gallen vom 15. Oktober und 13. 11. 1992, 55 ff. (zit.: Auskunft)

Belser, Urs Kommentar zum Schweizerischen Datenschutzgesetz, Hrsg.: Urs Maurer-Lambrou/Nedim Peter Vogt, 2. Auflage, Basel 2006 (zit.: DSG-Belser)

Benöhr, Hans-Peter Die Grundlage des BGB - Das Gutachten der Vorkommission von 1874, JuS 1977 79ff.

Beuthien, Volker Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetz, Band 4/2, Schuldrecht III/2, Kommentierung von §§ 651a-704, Stuttgart 2000 (zit.: Soergel-Beuthien)

Bluntschli, Johann Caspar

Privatrechtliches Gesetzbuch für den Kanton Zürich. Mit Erläuterungen herausgegeben von Dr. Bluntschli, Redaktor des Gesetzes, Band I-IV, Zürich 1854 � 1856, Dritter Band: Das zürcherische Obligationenrecht mit Erläuterungen, Zürich 1855

Boemle, Max Der Jahresbericht als Instrument der Rechenschaft, ST 1997 19ff.

Bornemann, Friedrich Wilhelm

Systematische Darstellung des Preussisches Landrechts, Band 3, 2. Auflage, Berlin 1843

Breidenbach Commentar über das Grossherzoglich Hessische Strafgesetzbuch und die damit in Verbindung stehenden Gesetze und Verordnungen, I. Theil, Darmstadt 1842 (zit.: Commentar)

Page 26: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxvi -

Brühwiler, Jürg Kommentar zum Einzelarbeitsvertrag, Hrsg.: Zentralverband Schweizerischer Arbeitgeber-Organisationen, 2. Auflage, Bern 1996

Brühwiler-Frésey, Lukas Medizinischer Behandlungsvertrag und Datenrecht, Zürich 1996

Bucher, Eugen Skriptum zum Obligationenrecht, Besonderer Teil, 3. Auflage, Zürich 1988

Buntschu, Marc Kommentar zum Schweizerischen Datenschutzgesetz, Hrsg.: Urs Maurer-Lambrou/Nedim Peter Vogt, 2. Auflage, Basel 2006 (zit.: DSG-Buntschu)

Büren, Bruno von Der Auftrag. Ein Beitrag zur Systematik des schweizerischen Arbeitsrechts, Diss. Zürich 1944 (zit.: Auftrag)

Büren, Bruno von

Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil (Art. 184-551 OR), Zürich 1972 (zit.: OR BT)

Burkert, Herbert Urteilsbesprechung, AJP 1999 1159ff.

Buschmann, Arno Das Sächsische Bürgerliche Gesetzbuch von 1863 - 1865 - Vorläufer und Muster des BGB, JuS 1980 553 ff. (zit.: Vorläufer)

Buschmann, Arno Die österreichische und deutsche Rechtsgeschichte, in: Die österreichische Rechtsgeschichte, Hrsg.: Constantin Faussner/Gernot Kocher/Helfried Valentinitsch, Graz 1991 (zit.: Rechtsgeschichte)

Christ, Bernhard Das Kontrollrecht des Kommanditärs, in: Festgabe zum Schweizerischen Juristentag 1973, Basel 1973, 39 ff.

Coing, Helmut Europäisches Privatrecht, 2 Bände, München 1985 � 1989

Conti, Christian Die Malaise der ärztlichen Aufklärung, AJP 2000 615ff.

Dasser, Felix Vertragstypenrecht im Wandel, Zürich 2000

Page 27: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxvii -

Demel, Walter/Schubert, Werner

Der Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzes für das Königreich Bayern von 1811, Ebelsbach 1986 (Nachdruck)

Derendinger, Peter Die Nicht- und die nichtrichtige Erfüllung des einfachen Auftrags, 2. Auflage, Diss. Freiburg 1990

Dernburg, Heinrich Preussisches Privatrecht, 4. Auflage, Halle 1889 (= 5. Auflage, Halle 1897)

Deutsch, Erwin/Spickhoff, Andreas

Medizinrecht: Arztrecht, Arzneimittelrecht, Medizinprodukterecht und Transfusionsrecht, 5. Auflage, Berlin 2003

Dölemeyer, Barbara Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, Hrsg.: Helmut Coing, Band 3, Teilband 2: Das 19. Jahrhundert � Gesetzgebung zum Allgmeinen Privatrecht und zum Verfahrensrecht, München 1982 (zit.: Handbuch)

Dölemeyer, Barbara Einfluss von ALR, Code civil und ABGB auf Kodifikationsdiskussionen und �projekte � Projekte in Deutschland, in: IUS COMMUNE VII (1978) 179ff. (zit.: IUS COMMUNE)

Druey, Jean Nicolas Information als Gegenstand des Rechts, Entwurf einer Grundlegung, Zürich u.a. 1995. (zit: Information als Gegenstand)

Druey, Jean Nicolas Informationspflichten im Auftragsrecht � unter besonderer Berücksichtigung des Rechtsanwaltsberufs, in: Information, Technologie und Recht, SAV Band 14, Bern 1996, 25ff. (zit.: Informationspflichten)

Dubach, Alexander Kommentar zum Schweizerischen Datenschutzgesetz, Hrsg.: Urs Maurer-Lambrou/Nedim Peter Vogt, 2. Auflage, Basel 2006 (zit.: DSG-Dubach)

Dubach, W. Das Disziplinarrecht der freien Berufe, ZSR 1951 1a ff.

Duc, Jean-Louis/Sabilia, Oliver

Commentaire du contrat individuel de travail, Lausanne 1998

Page 28: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxviii -

Egli, Anton Das Architektenhonorar, in: Das Architektenrecht/Le droit de l� architecte, Hrsg.: Peter Gauch/Pierre Tercier, 3. Auflage, Freiburg 1995, 295 ff.

Egli, Anton Die revidierten SIA-Ordnungen: System und Merkpunkte, in: Schweizerische Baurechtstagung 2003, Fribourg (zit.: Egli, SIA-Ordnung) 41ff.

Ehrenzweig, Armin System des österreichischen allgemeinen Privatrechts, Zweiter Band: Das Recht der Schuldverhältnisse, 2. Auflage, Wien 1928

Eisner, Beat Die Aufklärungspflicht des Arztes. Die Rechtslage in Deutschland, der Schweiz und den USA, Bern u. a. 1992

Engel, Pierre Contrats de droit suisse: Traité des contrats de la partie spéciale du Code des obligations, de la vente au contrat des société simple, articles 183 à 551 CO, ainsi que quelques contrats innommés, 2. Auflage, Bern 2000

Erni, Rudolf Factoring nach schweizerischem Recht, Zürich 1974

Eugster, Richard Die Entstehung des schweizerischen Obligationenrechts vom Jahre 1883, Diss. Zürich 1926

Fasel, Urs Handels- und obligationenrechtliche Materialien, Bern 2000

Fehlmann, Max Die rechtliche Stellung der freien wissenschaftlichen Berufe, Diss. Zürich 1946

Fellmann, Walter Berner Kommentar, Das Obligationenrecht, Band VI, 2. Abteilung: Die einzelnen Vertragsverhältnisse, 4. Teilband: Der einfache Auftrag (Art. 394-406 OR), Bern 1992

Fellmann, Walter Kommentar zum Anwaltsgesetz, Hrsg.: Walter Fellmann/Gaudenz Zindel, Zürich 2005 (zit.: Kommentar)

Fellmann, Walter Urteilsbesprechung von BGE 127 III 357ff., recht 2001 191ff. (zit.: Urteilsbesprechung)

Fellmann, Walter Grundfragen im Recht der einfachen Gesellschaft, ZBJV 1997 285ff. (zit.: Grundfragen)

Page 29: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxix -

Fellmann, Walter/Müller, Karin

Die Vertretungsmacht des Geschäftsführers in der einfachen Gesellschaft � eine kritische Auseinandersetzung mit BGE 124 III 355ff., AJP 2000 637ff.

Fellmann, Walter/Müller, Karin

Berner Kommentar, Das Obligationenrecht, Band VI, 2. Abteilung: Die einzelnen Vertragsverhältnisse, 8. Teilband: Die einfache Gesellschaft (Art. 530-544 OR), Bern 2006

Feuerich, Wilhelm/Braun, Anton

Kommentar zur Bundesrechtsanwaltsordnung, 4. Auflage, München 1999

Fick, F./Morlot A. Das schweizerische Obligationenrecht vom 30. März 1911, Titel 1 � 22 mit leicht fasslichen Erläuterungen, 1. Auflage, Zürich 1915

Fidek, Alois Das Berufsrecht der Anwälte und Rechtsagenten im Kanton St. Gallen, Zürich 1949

Förster, Franz Theorie und Praxis des Preussischen Privatrechts, Band 2, Berlin 1882 (= 6. Auflage, Berlin 1892)

Forstmoser, Peter Vertragsprobleme im Bereich der EDV, in: Sysdata und Bürotechnik 8-9/1975, VIff. (zit.: Vertragsprobleme)

Forstmoser, Peter/Peyer, Patrik

Entwicklungen des Gesellschaftsrechts, SJZ 2004 517ff. (zit.: Entwicklungen 2004)

Frank, Richard/Sträuli, Hans/Messmer, Georg

Kommentar zur Zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. Auflage, Zürich 1997

Friedlaender, A. und M. Kommentar zum Rechtsanwaltsordnung, München 1930

Fuchs, Allen Vertrag über die Entwicklung von Software, in: EDV-Software: Rechtsschutz, Vertragswesen, Checklisten, Hrsg.: Ivan Cherpillod, Lausanne 1986, 33 ff.

Furrer, Martin Der gemeinsame Zweck als Grundbegriff und Abgrenzungskriterium im Recht der einfachen Gesellschaft, Diss. Zürich 1996

Gatter, Monika Kausalhaftung für die medizinische Behandlung � Realität oder Zukunftsmusik?, AJP 2001 645ff.

Page 30: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxx -

Gauch, Peter Der Werkvertrag, 4. Auflage, Zürich 1996

Gauch, Peter/Schluep, Walter R./Schmid

Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil ohne ausservertragliches Haftpflichtrecht, Band I, 8. Auflage, Zürich 2003

Gauch, Peter/Schluep, Walter R./Rey, Heinz

Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil ohne ausservertragliches Haftpflichtrecht, Band II, 8. Auflage, Zürich 2003

Gautschi, Georg Auftrag und Geschäftsführung in der Schweiz, Zürich 1953 (zit: Auftrag und Geschäftsführung)

Gautschi, Georg Berner Kommentar, Das Obligationenrecht, Band VI, 2. Abteilung: Die einzelnen Vertragsverhältnisse, 4. Teilband: Der einfache Auftrag (Art. 394-406 OR), 3. Auflage, Bern 1971

Gautschi, Georg Grundsätzliches zur Rechenschaftsablegung im Aktienrecht, in: Festgabe zum 70. Geburtstag von Wolfhart Bürgi, Lebendiges Aktienrecht, Zürich 1971, 113ff. (zit.: Grundsätzliches)

Geiser, Thomas Die Treuepflicht des Arbeitnehmers und ihre Schranken, Bern 1983 (zit.: Treuepflicht)

Geiser, Thomas Die Aufklärungs- und die Dokumentationspflicht des Arztes und das Einsichtsrecht des Patienten aus zivilrechtlicher Sicht, SAeZ 1988 1145 ff. (zit.: Aufklärung)

Gessel, Christian von/Guillod, Oliver

Division commune d�un hôpital privé, AJP 2001 420ff.

Gessler, Dieter Informationsbeschaffung mit den Mitteln des Zivilprozesses, SJZ 2004 433ff.

Glück, Chr. Fr. Ausführliche Erläuterungen der Pandekten, 66 Bände, 1790 � 1896, Band XV, 17. Buch 1. Titel § 955 und § 957, Leipzig 1814

Gmür, Philipp Die Vergütung des Beauftragten, Diss. Freiburg 1994

Page 31: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxxi -

Grützmann, Paul Lehrbuch des königlichen sächsischen Privatrechts, Band 2, Das Recht der Forderungen, Leipzig 1889

Guarino, Antonio Diritto privato romano, Napoli 1997

Guggenbühl, Paul Die Entstehung des privaten bürgerlichen Gesetzbuches für den Kanton Zürich (PGB) von 1855, Diss. Zürich 1924

Guhl, Theo/Druey, Jean Nicolas

Das schweizerische Obligationenrecht, 9. Auflage, Hrsg.: Theo Guhl, bearbeitet von Alfred Koller/Anton K. Schnyder/Jean Nicolas Druey, Zürich 2000

Guldener, Max Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Auflage, Zürich 1979 (zit.: Supplement)

Gurovits, Andreas EDV-Beratungsverträge, Diss. Zürich 1993

Haberstich, J. Handbuch des schweizerischen Obligationenrechts, 2 Bände, Zürich 1885 � 1887

Hachenburg, Albert Das Badische Landrecht, Mannheim 1887

Hafner, H. Das Schweizerische Obligationenrecht, Textausgabe mit Anmerkungen und Sachregister, 2. Auflage, Zürich 1905

Handbuch Handbuch über die Berufspflichten des Rechtsanwaltes im Kanton Zürich, Hrsg.: Verein Zürcherischer Rechtsanwälte auf der Grundlage der 1969 erschienenen Dissertation von Dr. Paul Wegmann, Zürich 1988

Handschin, Lukas Kurzkommentar zum Schweizerischen Obligationenrecht, Band II, Hrsg.: Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/Wolfgang Wiegand, Art. 530 � 1186 OR 2. Auflage, Basel 2002

Handwörterbuch Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG), Hrsg.: Adalbert Erler und Ekkehard Kaufmann, Band 3, Berlin 1990

Hartmann, Wilhelm Berner Kommentar zum Schweizerischen Zivilrecht, Band VII, Abteilung 1, Teilband 1: Die Kollektiv- und Kommanditgesellschaft, Band VII/1, Bern 1943

Hattenhauer, Hans Allgemeines Landrecht für die Preussischen Staaten von 1794, 3. Auflage, Berlin 1996

Page 32: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxxii -

Hausmaninger, Herbert/Selb, Walter

Römisches Privatrecht, 8. Auflage, Wien 1997

Hedemann, Justus Der Dresdener Entwurf von 1866: Ein Schritt auf dem Wege zur deutschen Rechtseinheit, Berlin 1935

Henssler, Martin/Prütting, Hanns

Kommentar zur Bundesrechtsanwaltsordnung, München 2004

Hess, Urs Der Architekten- und Ingenieurvertrag, Kommentar zu den rechtlichen Bestimmungen der Ordnungen SIA 102, 103 und 108 für Leistungen und Honorare der Architekten und Ingenieure, Dietikon 1986

Hirzel-Albrecht, A. Präjudizien Sammlung für die ganze oder theilweise in Kraft bestehenden und in die amtliche Sammlung aufgenommenen Gesetze und Verordnungen des Kantons Zürich, 2 Bände, Zürich 1863

Höchli, Lorenz Das Anwaltshonorar, Diss. Zürich 1991

Hofstetter, Josef Der Auftrag und die Geschäftsführung ohne Auftrag, in: Schweizerisches Privatrecht, Band VII/2, Basel 2000 (zit: 2000)

Hofstetter, Josef Der Auftrag und die Geschäftsführung ohne Auftrag, in: Schweizerisches Privatrecht, Band VII/2, Basel 1979 (zit: 1979)

Hohloch, Gerhard Ärztliche Dokumentationspflicht und Patientenvertrauen (Habilitationsvortrag), NJW 1982 2577 ff.

Honsell, Heinrich Einleitung, in: Handbuch des Arztrechts, Hrsg.: Heinrich Honsell, Zürich 1994, 1 ff. (zit.: Einleitung)

Honsell, Heinrich Römisches Recht, 6. Auflage, Berlin 2005

Honsell, Heinrich/Mayer-Maly, Theo/Selb, Walter

Römisches Recht, Hrsg.: Paul Jörs/Wolfgang Kunkel/Leopold Wenger, bearbeitet von Heinrich Honsell/Theo Mayer-Maly/Walter Selb, 4. Auflage, Berlin 1987

Huber, Eugen System und Geschichte des schweizerischen Privatrechts, 4 Bände, Basel 1893

Page 33: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxxiii -

Hüber, Gerhard Der fachlich weisungsfreie Arbeitnehmer, Das Direktionsrecht des Arbeitgebers unter besonderer Berücksichtigung fachlicher Weisungsfreiheit, Diss. St. Gallen 1975

Jacottet, P. Manuel du droit fédéral des obligations, Neuchâtel 1884

Jäger, Peter Neue Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Arzthaftpflichtrecht: Mit einem Anhang unveröffentlichter Urteile, Zürich 1999

Jakobs, Horst Heinrich/Schubert, Werner

Einführung, Biographien, Materialien, Berlin und New York 1978 (zit.: Einführung, Biographien, Materialien)

Jakobs, Horst Heinrich/Schubert, Werner

Die Beratung des BGB, Recht der Schuldverhältnisse I, Berlin und New York 1978 (zit.: Jakobs/Schubert, Beratung I)

Jakobs, Horst Heinrich/Schubert, Werner

Die Beratung des BGB, Recht der Schuldverhältnisse III, §§ 652 bis 853, Berlin und New York 1983 (zit.: Jakobs/Schubert, Beratung III)

Job, Hans Ansprüche unter Kollektivgesellschafter, Diss. Zürich 1952

Jörs, Paul Geschichte und System des Römischen Privatrechts, Berlin 1927

Kah, Karl Das badische Landrecht, Freiburg 1860

Kaiser, Urs Die zivilrechtliche Haftung für Rat, Auskunft, Empfehlung und Gutachten, Diss. Bern 1987

Karrer, Hans Eigenart und systematische Stellung des abhängigen Arbeitsverhältnisses im schweizerischen und deutschen Recht, Diss. Zürich 1933

Kaser, Max Das römische Privatrecht, Erster Abschnitt: Das altrömische, das vorklassische und klassische Recht, 2. Auflage, München 1971 (zit.: Privatrecht)

Kaser, Max Der römische Anteil am deutschen bürgerlichen Recht, JuS 1967 337ff. (zit.: Anteil)

Page 34: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxxiv -

Kellerhals, Otto Die zivilrechtliche Haftung des Rechtsanwaltes aus Auftrag, Diss. Bern 1953

Kleiner, Beat Datenschutz und Bankgeschäft, in: Festschrift zum 65. Geburtstag von Mario M. Pedrazzini, Bern 1990, 397 ff. (zit.: Datenschutz)

Koch, Christian Friedrich Lehrbuch des Preussischen gemeinen Privatrechts, Berlin 1858

Koller, Thomas Die miet- und arbeitsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 2003, ZBJV 2004 483ff.

Koller, Alfred Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Band I, Bern 1996

Kornmeier, Fritz Die rechtliche Stellung des Handelsreisenden: insbesondere nach dem BG vom 4.10.1930 und dem BG vom 13.6.1941, Bern 1941

Kramer, Ernst A. Schleudertrauma: Das Kausalitätsproblem im Haftpflicht- und Sozialversicherungsrecht, BJM 2001 153ff.

Kramer, Ernst A./Schmidlin, Bruno

Berner Kommentat zum schweizerischen Privatrecht, Band VI: Das Obligationenrecht, 1. Abteilung: Allgemeine Bestimmungen, 1. Teilband: Allgemeine Einleitung in das schweizerische Obligationenrecht und Kommentar zu Art. 1-18 OR, Bern 1986

Krause, Hermann Der deutschrechtliche Anteil an der heutigen Privatrechtsordnung, JuS 1970 313ff.

Kuhn, Moritz Die rechtliche Beziehung zwischen Arzt und Patient, in: Handbuch des Arztrechts, Hrsg.: Heinrich Honsell, Zürich 1994, 21 ff.

Kuhn, René/Koller, Gerhard

Aktuelles Arbeitsrecht für die betriebliche Praxis: Ein Handbuch für den Praktiker, Zürich 1982 ff. (aktueller Stand)

Küng, Manfred/Büchi, Markus

AFG, Materialien zum Bundesgesetz über die Anlagefonds vom 18.3.1994, Zürich 1995

Page 35: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxxv -

Lasserre Claude Le contrôle de la gestion, l�examen de la situation et le secret des affaires, Lausanne 1945

Laufs, Adolf Fortschritte und Scheidewege im Arztrecht, NJW 1976 1121ff.

Leuenberger, Christoph Dienstleistungsverträge, ZSR 1987 II 1ff.

Luhmann, Niklas Vertrauen, Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, 4. Auflage, Stuttgart 2000

Mayer-Maly, Theo Römisches Recht, 2. Auflage, Wien 1999

Maurer, Urs Kommentar zum Schweizerischen Datenschutzgesetz, Hrsg.: Urs Maurer-Lambrou/Nedim Peter Vogt, 2. Auflage, Basel 2006 (zit.: DSG-Maurer)

Meier-Hayoz, Arthur/Forstmoser, Peter

Grundriss des schweizerischen Gesellschaftsrechts, 10. Auflage, Bern 2006

Meili, Alfred Die Entstehung des schweizerischen Kaufrechts. Ein Beitrag zur quellenkritischen Untersuchung des Obligationenrechts, Zürich 1976

Merz, Hans Hundert Jahre schweizerisches Obligationenrecht, Jubiläumsschrift, Freiburg 1982 (zit.: Hundert Jahre)

Merz, Hans Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, in: Schweizerisches Privatrecht, Band VI/1, Basel und Frankfurt a. M. 1984 (zit.: SPR VI/1)

Merz, Hans Die Quellen des schweizerischen Obligationenrechts von 1881, in: Festschrift für Konrad Zweigert zum 70. Geburtstag, Tübingen 1981 (zit.: Quellen)

Meyer, B. Das Anstellungsverhältnis des Handelsreisenden, Zürich 1978

Page 36: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxxvi -

Mittermaier Die neuesten Gesetzgebungsarbeiten auf dem Gebiete der Civilgesetzgebung mit besonderer Beziehung auf die neueren Civilgesetzbücher oder Entwürfe für das Königreich Sachsen, für das Grossherzogtum Hessen (...) und Zürich (...), welche die Prüfung der neuen Arbeiten leiten müssen, AcP 1853 94 ff.

Morelli Die Geschäftsführung im klassischen römischen Recht, Berlin 1935

Möth, Karl Das Honorar des Anwalts, seine Handakten und das Recht ihrer Zurückbehaltung, Zürich 1937

Mugdan, Benno Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, herausgegeben und bearbeitet in 5 Bänden mit Sachregister und Ergänzungsband, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Berlin 1899 [Neudruck, Aalen 1979] (zit.: Materialien)

Mühlenbruch, Ernst Friedrich

Lehrbuch des Pandektenrechts, 3. Auflage, Erster Theil, Halle 1835; Zweiter Theil, Halle 1836

Müller, Robert Ausgewählte Gebiete der betrieblichen Kommunikation eines Spitals und die Rechte der Beteiligten (Unter besonderer Berücksichtigung der Patientenrechte), Zürich 2003

Münch, Peter Aktuelles aus dem Bundesgericht, ZBJV 133 333f.

Nater, Hans Anwaltsrubrik, SJZ 2001 229ff.

Nobel, Peter Rechtsformen der Zusammenarbeit von Anwälten, in: Schweizerisches Anwaltsrecht, Festschrift zum Jubiläum �100 Jahre Schweizerischer Anwaltsverband�, Hrsg.: Walter Fellmann, Bern 1998, 339ff.

Nörr, Dieter Mandatum, fides, amicitia, in: Mandatum und Verwandtes: Beiträge zum römischen und modernen Recht, Hrsg.: Dieter Nörr/Shigeo Nishimura, Berlin 1993, 13ff.

Page 37: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxxvii -

Oser, Hugo Kommentar zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, Das Obligationenrecht, Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 30. März 1911, Art. 1 � 529, Zürich 1915

Oser, Hugo/Schönenberger, Wilhelm

Kommentar zum schweizerischen Zivilgesetzbuch, V. Band: Das Obligationenrecht, 2. Teil (Halbband): Art. 184 � 418, 2. Auflage, Zürich 1936

Ott, Hans Ärztliches Berufsrecht, in: Handbuch des Arztrechts, Hrsg.: Heinrich Honsell, Zürich 1994, 215 ff.

Page, Gérald Le droit d�accès aux données personnelles: Fondemants, étendue, limites, in: La nouvelle loi fédérale sur la protection des données, Lausanne 1994, 113 ff.

Payllier, Pascal Rechtsprobleme der ärztlichen Aufklärung, Zürich 1999

Patry, Robert Précis de droit suisse des sociétés, vol. 1: Les Notions fondamentales, Les sociétés sans personalité juridique, Bern 1976 (zit.: Précis)

Patry, Robert Grundlagen des Handelsrechts, in: Schweizerisches Privatrecht, Band VIII/1, Basel 1976 (zit.: SPR VIII/1)

Pedrazzini, Mario M. Der Ausbau des Datenschutzes, in: Zur Zukunft von Staat und Wirtschaft in der Schweiz, Festschrift für Kurt Furgler zum 60. Geburtstag, Zürich 1984, 316 ff. (zit.: Ausbau)

Pedrazzini, Mario M. Die Grundlagen des Datenschutzes im Privatbereich: die Grundzüge und der Geltungsbereich des Bundesgesetzes, in: Das neue Datenschutzgesetz des Bundes, Referate der Tagungen der Hochschule St. Gallen vom 15. Oktober und 13. November 1992, 19 ff. (zit.: Grundlagen)

Pedrazzini, Mario M. Les grandes options du législateur, in: La nouvelle loi fédérale sur la protection des données, Lausanne 1994, 19 ff. (zit.: options)

Pétel, Philippe Les obligations du mandataire, Paris 1988 (zit.: Obligations)

Peter, Hansjörg Texte zum römischen und schweizerischen Obligationenrecht, Zürich 2000 (zit: Peter, Texte)

Page 38: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxxviii -

Peter, James Thomas Das Datenschutzgesetz im Privatbereich. Unter besonderer Berücksichtigung seiner motivationalen Grundlage, Zürich 1994

Plattner, Stefan Die Haftung des Kollektivgesellschafters, Basel 2003

Pöschmann Sächsisches BGB, Leipzig 1869

Puchta, Georg Friedrich Pandekten, Bearbeitete Ausgabe von Prof. Schirmer, 12. Auflage, Leipzig 1877

Rehbein, Hugo/Rheincke, Otto

Allgemeines Landrecht für die Preussischen Staaten mit Erläuterungen, 5. Auflage, Berlin 1894

Rehbinder, Manfred Berner Kommentar, Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Band VI: Obligationenrecht, 2. Abteilung: Die einzelnen Vertragsverhältnisse, 2. Teilband: Der Arbeitsvertrag, Art. 319 � 362 OR, Bern 1985

Rennefahrt, H. Schweizerisches Obligationenrecht, Zürich 1919

Riemer, Hans Michael Persönlichkeitsrechte und Persönlichkeitsschutz gemäss ZGB 28 im Verhältnis zum Datenschutz-, Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, sic! 1999 103ff.

Roberto, Vito Kommentierung des Entscheides BGE 124 III 456ff., AJP 1999 342ff. (zit.: Kommentierung)

Roberto, Vito Gedanken zur Haftung des Arbeitnehmers (insbesondere für Schädigungen Dritter), ArbR 2003 29ff. (zit.: Gedanken)

Roggo, Antoine Aufklärung des Patienten: Eine ärztliche Informationspflicht, Bern 2002

Rommé, Oliver Abhängige Arbeit und gemeinsame Zweckverfolgung, Eine Untersuchung der Anwendungsvoraussetzungen von Arbeitsrecht und Gesellschaftsrecht für die Bundesrepublik Deutschland und die Schweiz, Berlin 2000

Rossel, V. Manuel du droit fédéral des obligations, 2 Bände, Genf 1920, (Supplement 1926)

Page 39: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xxxix -

Rüegg, Alois Der Effektenbörsenauftrag unter spezieller Berücksichtigung der Treue-, Sorgfalts- und Rechenschaftspflicht, Diss. Zürich 1974

Rüpke, Giselher Freie Advokatur, anwaltliche Informationsverarbeitung und Datenschutzrecht, Berufs- und verfassungsrechtliche Aspekte, München 1995 (zit.: Advokatur)

Rüpke, Giselher Anwaltsrecht und Datenschutzrecht, NJW 1993 3097ff. (zit.: Anwaltsrecht)

Schenker, Franz Gedanken zum Anwaltshonorar, in: Schweizerisches Anwaltsrecht, Festschrift zum Jubiläum �100 Jahre Schweizerischer Anwaltsverband�, Hrsg.: Walter Fellmann, Bern 1998, 143ff.

Schibli, Erwin Die Entwicklung des Mandats in der Schweiz, Diss. Basel 1929 (Maschschr.)

Schey, Freiherr von Josef Die Obligationsverhältnisse des österreichischen allgemeinen Privatrechts, I. Band, 3. Heft: Der Bevollmächtigungsvertrag (Auftrag), Wien 1907

Schlosser, Ralph/Villa, Marco/Dessemontet, François

Les contrats des service: Répertoire des arrêts du Tribunal fédéral, Lausanne 1993

Schluep, Walter R. Innominatverträge, in: Schweizerisches Privatrecht, Band VII/2, Hrsg.: Frank Vischer, Basel 1979, 763ff.

Schmid, Jörg Die Geschäftsführung ohne Auftrag, Fribourg 1992

Schmid, Hugo Über den notwendigen Inhalt ärztlicher Dokumentation, NJW 1987 681ff.

Schmidlin, Bruno/Cannata, Carlo

Droit Privé Romain (Obligations - Succession - Procédure), Lausanne 1988

Schneeberger, Thomas

Der Einfluss des Entgelts auf die rechtliche Stellung des Beauftragten im Bereich der Verschuldenshaftung, der Substitutenhaftung und der jederzeitigen Beendigung des Auftrages im schweizerischen Obligationenrecht, Bern u.a. 1992

Page 40: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xl -

Schneider, Albert Privatrechtliches Gesetzbuch für den Kanton Zürich. Aufgrundlage des Bluntschli�schen Kommentars allgemeinfasslich erläutert, Zürich 1888

Schneider, Albert/Fick, Heinrich

Das schweizerische Obligationenrecht, samt den Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend die persönliche Handlungsfähigkeit mit allgemeinfasslichen Erläuterungen, 2. Auflage, Zürich 1891 (und 3. Auflage, Zürich 1893)

Schönenberger, Wilhelm/Jäggi, Peter

Kommentar zum schweizerischen Zivilgesetzbuch, V. Band: Obligationenrecht, Teilband V1a: Allgemeine Einleitung, Vorbemerkungen vor Art. 1 OR, Kommentar zu den Art. 1-17 OR, 3. Auflage, Zürich 1973

Schönenberger, Wilhelm/Staehelin, Adrian

Kommentar zum schweizerischen Zivilgesetzbuch, V. Band: Das Obligationenrecht, Teilband V2c: Der Einzelarbeitsvertrag, 1. Lieferung (Art. 319 � 330a), Zürich 1984

Schraner, Marius Kommentar zum schweizerischen Zivilgesetzbuch, V. Band: Obligationenrecht, Teilband V1e: Die Erfüllung der Obligation, Kommentar zu den Art. 68-96 OR, 3. Auflage, Zürich 2000

Schröder, Karl Probleme der zivilrechtlichen Haftung des freipraktizierenden Zahnarztes, Diss. Zürich 1982

Schubert, Werner Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB, Allgemeiner Teil, Band 1, Berlin und New York 1981 (zit.: Vorentwürfe der Redaktoren, Allgemeiner Teil)

Schubert, Werner Vorentwürfe der Redaktoren für ein Bürgerliches Gesetzbuch, Recht der Schuldverhältnisse, Allgemeiner Teil, Band 1, Berlin und New York 1980 (zit.: Vorentwürfe der Redaktoren, Band 1)

Schubert, Werner Vorentwürfe der Redaktoren für ein Bürgerliches Gesetzbuch, Recht der Schuldverhältnisse, Teil 2, Besonderer Teil, Berlin und New York 1980 (zit.: Vorentwürfe der Redaktoren, Band 2)

Page 41: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xli -

Schubert, Werner Protokolle der Kommission zu einem bürgerlichen Gesetzbuche (Dresdener Entwurf) (zit. Protokoll)

Schubert, Werner Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch für das Königreich Bayern, Entwurf von 1808 � 1809, herausgegeben und eingeleitet von Werner Schubert, Keip 1986 (zit.: Bayern)

Schweingruber, Edwin Kommentar zum Arbeitsvertrag des Schweizerischen Obligationenrechts, Zürich 1974

Schweizer, Rainer J. Persönlichkeits- und Datenschutzprobleme der Rechtsanwälte � Praktische Aspekte des Anwaltsgeheimnisses in schweizerischer und grenzüberschreitender Sicht, in: Information, Technologie und Recht, SAV Band 14, Bern 1996, 57 ff.

Schwimann, Michael/Apathy, Peter

Praxiskommentar zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch samt Nebengesetzen, Hrsg.: Michael Schwimann, Wien 1988

Seiler, Hermann Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 3: Schuldrecht, Besonderer Teil, 1. Halbband, Hrsg.: Kurt Rebmann und Franz Jürgen Säcker, Kommentierung von §§ 662-853, Zehnter Titel: Auftrag, 2. Auflage, München 1986

Senn, Myriam Gesellschaftsrecht, Zürich 2001

Siegwart, Alfred Kommentar zum schweizerischen Zivilgesetzbuch, V. Band: Obligationenrecht, 4. Teil: Die Personengesellschaften (Art. 530 � 619), Zürich 1938

Sintenis, Karl Das practische gemeine Civilrecht, Band 2, Leipzig 1847

Sintenis, Karl Das Corpus Iuris Civilis (Romani), in 7 Bänden, ins Deutsche übersetzt von einem Verein Rechtsgelehrter und herausgegeben von Karl E. Otto/Bruno Schilling/Karl F. Sintenis, Band 2 (Pandekten Buch 12-27), Leipzig 1831 [Neudruck des Scientia Verlags Aalen, 1984]

Slongo, Doris Der Softwareherstellungsvertrag, Diss. Zürich 1991

Page 42: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xlii -

Späh, Franz Aus der neueren Rechtsprechung der Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte, SJZ 1995 397ff.

Staehelin, Adrian Kommentar zum schweizerischen Zivilgesetzbuch, V. Band: Das Obligationenrecht, Teilband V2c: Der Einzelarbeitsvertrag, 2. Lieferung (Art. 331 � 355), Zürich 1996

Stamm Marie-Louise Das Weisungsrecht des Arbeitgebers und seine Schranken, Diss. Basel 1977

Stanzl, Gustav Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, Hrsg.: Heinrich Klang und Franz Gschnitzer, 2. Auflage, Wien 1968

Staudinger, Julius von/Wittmann, Roland

von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Zweites Buch: Recht der Schuldverhältnisse §§ 657 � 740, 10. Titel: Auftrag (§§ 662 � 676) erläutert von Roland Wittmann, 12. Auflage, Berlin 1980

Steffen, Erich Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes, Hrsg. von Mitgliedern des Bundesgerichtshofes (RGRK), Band II, 4. Teil, §§ 631 � 811, Zehnter Titel: Auftrag ( §§ 662 � 676), bearbeitet von Erich Steffen, 12. Auflage, Berlin/New York 1978

Steiger, Werner von Gesellschaftsrecht, Besonderer Teil: Die Personengesellschaften, in: Schweizerisches Privatrecht, Band VIII/1, Basel und Stuttgart 1976, 315 ff.

Steinauer, Paul-Henri Die Verletzung durch private Datenverarbeitung und die allfällige Rechtfertigung einer Verletzung: Einzelheiten der gesetzlichen Regelung, in: Das neue Datenschutzgesetz des Bundes, Referate der Tagungen der Hochschule St. Gallen vom 15. Oktober und 13. November 1992, 43 ff. (zit.: Verletzung)

Strasser, Rudolf Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, Hrsg.: Peter Rummel, Wien 1983

Page 43: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xliii -

Straub, Wolfgang Die Haftung für das Jahr 2000-Problem, AJP 1999 524ff.

Streiff, Ullin/Kaenel, Adrian von

Leitfaden zum Arbeitsvertragsrecht, Zürich 1992

Sutter, Patrick Akteneinsichtsrecht in Administrativuntersuchungen, recht 2004 31ff.

Swoboda, Ernst Das österreichische Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, 2. Auflage, Wien 1944

Tercier, Pierre/Venturi, Silvio

Les contrats spéciaux, 3. Auflage, Zürich 2003

Tercier, Pierre Entwicklungen im Obligationenrecht, Besonderer Teil, SJZ 2002 304ff. (zit.: Entwicklungen 2002)

Testa, Giovanni Andrea Die zivil- und standesrechtlichen Pflichten des Rechtsanwalts gegenüber dem Klienten. Unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung der Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte des Kantons Zürich, Zürich 2001

Thibaut, Anton Friedrich J. System des Pandekten-Rechts, Band 2, Nachdruck Frankfurt am Main 1982

Treitschke, Georg Das Corpus Iuris Civilis (Romani), in 7 Bänden, ins Deutsche übersetzt von einem Verein Rechtsgelehrter und herausgegeben von Karl E. Otto/Bruno Schilling/Karl F. Sintenis, Band 2 (Pandekten Buch 12-27), Leipzig 1831 [Neudruck des Scientia Verlags Aalen, 1984]

Tuhr, Andreas von/Escher, Arnold

Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Band II, 3. Auflage, Zürich 1974

Ullmer, Rudolf Commentar zum Privatrechtlichen Gesetzbuche des Kantons Zürich, I-II, Zürich 1870 (inkl. Supplementband, Zürich 1878)

Uttinger, Ursula Aktualitäten: Datenschutzrecht � Eine Richtigstellung, SJZ 1999 539

Vademecum Vademecum für den Schweizer Arzt. Verbindung der Schweizer Ärzte, FMH, (aktuelle Ausgabe)

Page 44: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xliv -

Valloni, Lucien/Steinegger, Marcel

Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältninnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA), Zürich 2002

Vangerow, Karl A. Lehrbuch der Pandekten, Band 3, 6. Auflage, Marburg und Leipzig 1863

Veleff, P. Die Disziplinaraufsicht über die zürcherischen Rechtsanwälte, Diss. Zürich 1951

Vischer, Frank Der Arbeitsvertrag, in: Schweizerisches Privatrecht, Hrsg.: Wolfgang Wiegand, Obligationenrecht � Besonderer Teil, 3. Auflage, Basel 2005 (zit.: 2005)

Vischer, Frank Der Arbeitsvertrag, in: Schweizerisches Privatrecht, Band VII/1, Hrsg.: Frank Vischer, Basel und Stuttgart 1977, zitiert nach Separatdruck aus dem Jahre 1994 (zitiert: 1994)

Vogelsang, Alfred Essai d�une étude dogmatique de la société simple en droit suisse, Montreux 1931

Vonzun, Reto Rechtsnatur und Haftung der Personengesellschaften, Basel 2000

Wächter, Carl Georg Pandekten, Besonderer Theil, Leipzig 1881

Watson, Alan Contract of mandate in Roman Law, Oxford 1961

Weber, Rolf H. Aktuelle Probleme im Recht des einfachen Auftrags, AJP 1992 177ff. (zit.: Probleme)

Weber, Rolf H. Praxis zum Auftragsrecht und zu den besonderen Auftragsarten, Bern 1990

Weber, Rolf H. Ausmass und Grenzen des Informationsflusses im Auftragsrecht: Zu den BGE 119 II Nr. 66 und 119 II Nr. 45, ZBJV 1993 692 ff. (zit: ZBJV)

Weber, Rolf. H.

Kurzkommentar zum Schweizerischen Obligationenrecht, Band I, Hrsg.: Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/Wolfgang Wiegand, Art. 394-411 OR, 3. Auflage, Basel 2003

Page 45: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xlv -

Weber, Rolf. H. Querbezüge zwischen Sach- und Personendaten, in: Datenschutzrecht vor neuen Herausforderungen, Zürich 2000 (zit.: Querbezüge)

Weber, Rolf. H. Elektronische Aufbewahrung und Archivierung, recht 2004 67ff. (zit.: Aufbewahrung)

Weber, Rolf. H. Berner Kommentar, Das Obligationenrecht, Band VI, 1. Abteilung: Allgemeine Bestimmungen, 4. Teilband: Vorbemerkungen und Kommentar zu Art. 68-96 OR, 2. Auflage, Bern 2005 1983

Weiske, Julius Rechtslexikon für Juristen aller teutschen Staaten, Band 7, Leipzig, 1847; Band 9, Leipzig 1855

Werro, Franz Le mandat et ses effets, une étude sur le contrat d�activité indépendante selon le Code suisse des obligations: analyse critique et comparative, Fribourg 1993

Werro, Franz Code des obligations I, Code des Obligations art. 1-529/Hrsg.: Luc Thévenoz/Franz Werro, Basel 2003 (zit.: Werro, Commentaire)

Werro, Franz/Haas, Josiane

La qualification du contrat d�expertise, BR 2002 63ff

Weyers, Hans-Leo/Mirtsching, Wolfram

Zum Stand des Arzthaftungsrechts, JuS 1980 317ff.

Widmer, Michael Der Softwarepflegevertrag, Zürich 2000

Wiegand, Wolfgang Die Aufklärungspflicht und die Folgen ihrer Verletzung, in: Handbuch des Arztrechts, Hrsg.: Heinrich Honsell, Zürich 1994, 119 ff.

Willoweit, Dietmar Deutsche Verfasungsgeschichte, 5. Auflage, München 2005

Windscheid, Bernhard Lehrbuch des Pandektenrechts, Band 2, 8. Auflage, Frankfurt a.M. 1900

Page 46: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- xlvi -

Wittmann, Roland Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Zweites Buch, Recht der Schuldverhältnisse, Kommentierung von §§ 652-704, 13. Auflage, Berlin 1995 (zit.: Staudinger-Wittmann)

Wolffers, Felix Der Rechtsanwalt in der Schweiz: Seine Funktion und öffentlich-rechtliche Stellung, Zürich 1986

Wyler, Remy Droit du travail, Berne 2002

Zachariä von Lingenthal Handbuch des Französischen Civilrechts, Zweiter Band, 4. Auflage, Heidelberg 1837

Zäch, Roger Berner Kommentar, Das Obligationenrecht, Band VI, 1. Abteilung: Allgemeine Bestimmungen, 2. Teilband: Stellvertretung, Kommentar zu Art. 32-40 OR, Bern 1990

Zürcher, Emil Schweizerisches Anwaltsrecht, Zürich 1920

Page 47: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 1 -

1 Einführung

1.1 Ziel der vorliegenden Arbeit Fragestellungen um Informationen spielen in allen Bereichen des Rechts eine bedeutende Rolle. Dabei ist die Auseinandersetzung mit dem Informationsrecht gerade in jüngerer Vergangenheit beachtlich, was gerade auch für den Auftragsvertrag zutrifft. Da sich die zivilrechtliche Lehre (und die Judikatur) schwergewichtig und bisweilen ausschliesslich mit �modern(er)en� Informationsrechten wie den Aufklärungspflichten auseinandersetzt, findet eine Diskussion über die traditionellen Rechtstitel im Informationsrecht vergleichsweise kaum oder nur am Rande statt. Es hat sich über diese tradierten Rechtstitel vielmehr so etwas wie ein gemeinsames Verständnis entwickelt. Dies trifft im Speziellen auch etwa auf die an zahlreichen Stellen im Schuldrecht normierten Rechenschaftspflichten zu.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Erarbeitung des Bestandes und des Inhalts der Rechenschaftspflicht im schweizerischen Auftragsrecht gemäss Art. 400 Abs. 1 OR. Die vorliegende Arbeit soll die Charakteristika der Informationspflicht �Rechenschaft� herausarbeiten und die Frage nach der Funktion der Rechenschaftspflicht im Auftragsvertrag klären. Damit soll ein Beitrag zum allgemeinen Informationsrecht im Auftragsvertrag geleistet werden und das Bewusstsein für ein klar definiertes Informationsrecht �Rechenschaft� geschärft werden.

1.2 Aufbau der Arbeit Der Grundaufbau der vorliegenden Arbeit folgt einem groben Raster, weshalb sich die Arbeit in drei Grundkapitel gliedert: Kapitel 1 stellt eine Einführung dar und bereitet durch die Vermittlung gewisser Grundlagen die spätere Untersuchung der Informationspflicht �Rechenschaft� vor. Kapitel 2 untersucht die Informationspflicht �Rechenschaft� in ihren rechtshistorischen Zusammenhängen, wogegen sich Kapitel 3 mit der rechtssystematischen Darstellung der Informationspflicht �Rechenschaft� beschäftigt. In einem Kapitel 4 werden die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit gesamthaft zusammengefasst und festgehalten.

Im Sinne einer etwas detaillierteren Übersicht können zu den einzelnen Kapiteln folgende inhaltliche Hinweise gegeben werden:

Page 48: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 2 -

In Kapitel 1 wird eine Einführung in die Thematik und in die Grundlagen der Informationsrechte des Auftraggebers vermittelt. Ziel dieses Kapitels ist, eine erste Einordnung der Informationspflicht �Rechenschaft� in die Informationsordnung des Auftragsvertrags zu ermöglichen. Vervollständigt und abgeschlossen wird diese Einführung durch einen Überblick über die verwendeten Begriffe, obgleich bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen werden muss, dass die definitiven Begriffe im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickelt werden müssen.

In Kapitel 2 wird das Institut �Rechenschaftspflicht� im Auftragsrecht in den rechtshistorischen Zusammenhängen dargestellt, soweit eine gemeinsame Tradition bezüglich des schweizerischen Rechts festgestellt werden kann. Dieser erste Schwerpunkt der Arbeit rechtfertigt sich deshalb, weil es sich bei der Rechenschaftspflicht um ein tradiertes Rechtsinstitut handelt. Es ist dabei beabsichtigt, hierbei eine umfassende Darstellung zu vermitteln, welche bereits bestehende historische Forschungsarbeiten über andere Fragen des Auftragsrechts ergänzen soll. Aufgrund dieser Vorgaben wird die Rechtsentwicklung in den folgenden Bereichen dargestellt: Römisches Recht, Deutsche Einzelstaaten (Hessen, Bayern, Sachsen), bedeutende Projekte der Rechtsvereinheitlichung (ALR, Dresdener Entwurf, BGB), Zürcherisches PBG, Österreichisches ABGB, französischer Code Civil, aOR und OR. Mangels Sachzusammenhang fehlen etwa Hinweise auf Rechtsordnungen des angelsächsischen Rechtskreises, da diese auf die hier interessierende Frage ohne Einfluss waren.

In Kapitel 3 werden in einer rechtssystematischen Art und Weise verschiedene rechtliche Fragestellungen im Mandatsrecht daraufhin untersucht, welche Erkenntnisse sich daraus für die Bestimmung der Informationspflicht �Rechenschaft� ergeben können. In diesem Zusammenhang beginnt die Untersuchung � nach einer entsprechenden Einführung � mit der mandatsrechtlichen Dokumentationspflicht des Beauftragten, weil diese die Grundlage für diverse anschliessende Fragestellungen ist (Kapitel 3.2). Nachfolgend wird die Ablieferungsobligation detailliert dargestellt, da ihr eine entscheidende Rolle im Zusammenhang mit der Informationspflicht nach Art. 400 OR zukommt (Kapitel 3.3). Schwerpunkte bilden dabei die �Herausgabepflicht des bei der Auftragsausführung Geschaffenen� und die ausführliche Auseinandersetzung mit einer mandatsrechtlich begründeten Vorlegungspflicht. Die Auseinandersetzung mit den datenschutzrechtlichen Fragestellungen (Kapitel 3.4) im Zusammenhang mit der mandatsrechtlichen Beziehung ist von grundsätzlicher Bedeutung, da verschiedene Ergebnisse aus der schuldrechtlichen Analyse bestätigt

Page 49: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 3 -

werden können und eine einheitliche Informationsordnung begründet werden kann, welche zahlreiche Wechselbeziehungen zwischen Datenschutz- und Schuldrecht aufdeckt. In der Folge werden eine Analyse des Weisungsrechts im Auftragsvertrag vorgenommen (Kapitel 3.5) und die entsprechenden informationsrechtlichen Schlussfolgerungen für eine Informationspflicht �Rechenschaft� und für die Ausgestaltung einer eigentlichen mandatsrechtlichen Informationsordnung gezogen. In einem weiteren Kapitel wird ausgeführt, welche Konsequenzen in informationsrechtlicher Hinsicht aus dem Umstand abgeleitet werden können, dass der Auftragsvertrag auf einer Vertrauenssituation basiert (Kapitel 3.6). Es folgt die Auseinandersetzung mit dem Zusammenhang zwischen der Interessensituation und dem Informationsrecht, welches sich auf Art. 400 OR abstützt, wobei sowohl eine generelle Darstellung der Wirkungsweise des Interessenwahrungsgrundsatzes als auch ein Vergleich zur Informationsordnung im Personengesellschaftsrecht vorgenommen wird. Abschliessend werden detaillierte Ausführungen zur spezifischen �Abrechnungspflicht� im Auftragsrecht und damit zur Pflicht zur Rechnungslegung und Pflicht zur Rechnungsstellung vorgenommen (Kapitel 3.7).

Die gesamte rechtssystematische Untersuchung hat zum Ziel, die mandatsrechtliche Informationspflicht �Rechenschaft� inhaltlich umschreiben zu können, wie sie sich auf der Grundlage von Art. 400 Abs. 1 OR ergibt.

In Kapitel 4 werden die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit gesamthaft zusammengefasst. Es erfolgt eine abschliessende Definition der Informationspflicht �Rechenschaft� gemäss Art. 400 Abs. 1 OR sowie eine abschliessende Würdigung der Ergebnisse.

1.3 Grundlagen

1.3.1 Wesen und Typenmerkmale des Auftragvertrages Gemäss der Legaldefinition des Auftragsvertrages verpflichtet sich der Beauftragte durch die Annahme eines Auftrages, die ihm übertragenen Geschäfte oder Dienste vertragsgemäss zu besorgen (Art. 394 Abs. 1 OR). Es wird der Auftragsvertrag als ein Vertrag auf eine Arbeitsleistung 1 für einen anderen umschrieben. 2 Damit zeichnet sich der Auftragsvertrag stets als ein Vertrag auf eine Arbeitsleistung aus und fordert

1 BK-Gautschi, Art. 394 N 3: �Der Auftrag des schweizerischen Rechts ist ein

Arbeitsvertrag.� 2 Hofstetter, 2000, 1 (mit zahlreichen Hinweisen); BasK-Weber, Vorbem. zu Art. 394-406

N 2.

Page 50: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 4 -

in der Hauptpflicht eine Aktivität des Beauftragten. 3 �Hauptgegenstand des Auftrages ist regelmässig ein positiver Leistungsinhalt.� 4 In tatsächlicher Hinsicht kommt der Auftrag in vielen Bereichen 5 vor und umfasst eigentliche Dienstleistungen (Tathandlungen) 6 und umfangreiche Rechtshandlungen 7, weshalb eine Abgrenzung von anderen Vertragsarten notwendig ist. 8

Die Abgrenzung des Auftragvertrages von anderen Vertragsarten (insbesondere dem Arbeitsvertrag und dem Gesellschaftsvertrag) bereitet in Lehre und Praxis Mühe, wie die umfangreiche Literatur und Rechtsprechung belegt. 9 Bei der Frage der Abgrenzung ist anzuerkennen, �dass Art. 394 Abs. 1 OR über die begriffsnotwendigen Elemente des einfachen Auftrages nichts oder jedenfalls nicht viel aussagt.� 10 Aus diesem Zusammenhang wird in der Lehre postuliert, dass der Auftragsvertrag nur typologisch als ein Vertrag beschrieben werden kann, welcher sich gerade durch gewisse Typenmerkmale auszeichnet: (1) Zielgerichteter Arbeitsleistungsvertrag, (2) Organisatorische Selbstständigkeit, (3) Interessenwahrung eines Dritten, (4) Handeln für fremde Rechnung, (5) Handeln auf fremde Gefahr, (6) Sorgfalts- und nicht Erfolgshaftung und (7) Vertrauensverhältnis. 11 Diese typologische Betrachtung bringt es mit sich, dass jeder Einzelfall daraufhin zu untersuchen ist, �ob die gesetzliche Ergänzungsordnung auch für den hier und jetzt zu ergänzenden Vertrag passt.� 12

3 BK-Gautschi, Art. 394 N 3: �(...) sein [der Auftrag] Gegenstand ist eine obligatio

faciendi.�; BK-Fellmann, Art. 394 N 25 (mit zahlreichen Hinweisen). 4 BasK-Weber, Art. 394 N 6. Leuenberger, 13:�Als Dienstleistung ist die körperliche oder

geistige Arbeit zum Vorteil eines anderen zu verstehen.� 5 Siehe dazu die Aufzählung bei BK-Fellmann, Art. 394 N 28. 6 Dazu ausführlich BK-Fellmann, Art. 394 N 79ff. 7 Dazu ausführlich Derendinger, N 24ff. und BK-Fellmann, Art. 394 N 32ff. 8 Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.5 und 3.7.2. 9 An Stelle vieler: BK-Fellmann, Art. 394 N 85ff.; Hofstetter, 2000, 12ff.; BK-Rehbinder,

Art. 319 N 42ff.; ZK-Schönenberger/Staehelin, Art. 319 N 21ff. Es sei diesbezüglich auch auf die ausführliche Untersuchung und die generelle Kritik von Rommé, passim, zu den in Lehre und Rechtsprechung herangezogenen Abgrenzungskriterien hingewiesen (zahlreiche Hinweise auf Lehre und Rechtsprechung).

10 BK-Fellmann, Art. 394 N 86. 11 Von einer ausführlichen Darstellung wird an dieser Stelle abgesehen, da diese

Typenmerkmale ausführlich dargestellt sind bei Derendinger, N 23ff und BK Fellmann, Art. 394 N 91ff. (Die Sorgfalts- und nicht Erfolgshaftung und das Vertrauensverhältnis nennt nur BK-Bellmann, Art. 394 N 97ff. und N 124ff.). Demgegenüber hat die Darstellung bei Hofstetter, 2000, 35 eine etwas andere Gewichtung, da folgende Typenmerkmale genannt werden: (1) Treueverpflichtung, (2) Besonderes Vertrauensverhältnis, (3) Inhaltliche Unbestimmtheit, (4) Selbstständige Stellung, (5) Haftung für sorgfältige Ausführung und (6) Entgeltliche und unentgeltliche Aufträge.

Einzelne dieser Typenmerkmale werden im Rahmen der vorliegenden Arbeit an späterer Stelle erörtert.

12 Schluep, 793.

Page 51: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 5 -

In Anlehnung an die fundamentale Kritik von Rommé 13 an den Abgrenzungskriterien für den Arbeits- und des Gesellschaftsvertrag kann auch hier angemerkt werden, dass die vorgenannten Typenmerkmale bei jedem Vertrag auf Arbeitsleistung in einer mehr oder weniger ausgeprägten Intensität vorhanden sind. Die Ausprägung der Typenmerkmale können sich grundsätzlich in jedem Fall anders darstellen, weil vieles durch eine konkrete Abrede zwischen den Parteien, gestützt auf die Privatautonomie, vereinbart werden kann. Es ist gerade ein Ziel der vorliegenden Arbeit, die erwähnten Typenmerkmale kritisch zu hinterfragen, soweit es für die hier zu untersuchende Fragestellung der Informationspflicht �Rechenschaft� nach Art. 400 Abs. 1 OR notwendig und sachdienlich ist.

1.3.2 Vertragseinteilung und Einfluss der Entgeltlichkeitsfrage im Auftragsrecht

1.3.2.1 Vertragseinteilung Der Auftragsvertrag ist ein Schuldvertrag. 14 Dabei ist darauf hinzuweisen, dass das schweizerische Recht sowohl das entgeltliche als auch das unentgeltliche Mandat zulässt, mit anderen Worten: Die Entgeltlichkeit ist somit nicht begriffswesentlich für die Vertragsqualifikation. 15 Die Entgeltlichkeit des Mandates beeinflusst aber die systematische Einteilung im schweizerischen Vertragsrecht 16 und damit allenfalls die Pflichtenlage im Auftragsvertrag. Die zuletzt gestellte Frage ist jedoch gesondert zu behandeln. 17

Beim unentgeltlichen Auftrag stehen die erbrachten Leistungen nicht in einem Austauschverhältnis (unvollkommen zweiseitiger Vertrag). Eine Partei hat �eine (unentgeltliche) Hauptleistung zu erbringen, die andere eine davon abhängige Leistung (z. B. Rückleistung beim unentgeltlichen Darlehen) oder eine Nebenleistung (z. B. Auslagenersatz beim unentgeltlichen Auftrag, Art. 402 OR).� 18 Es ist im Bereich der unentgeltlichen Aufträge klarzustellen, dass der Anspruch des Beauftragten auf Auslagen- und Verwendungsersatz (samt Zinsen) von der Frage der Entgeltlichkeit

13 Rommé, passim. 14 BK-Fellmann, Art. 394 N 190. 15 BK-Fellmann, Art. 394 N 367 und 384 (je mit weiteren Hinweisen). 16 Dabei ist aber zu beachten, dass der Mandatsvertrag stets ein zweiseitiger Vertrag ist, da

er zwei Rechtsgeschäfte zum Gegenstand hat. 17 Siehe dazu Kapitel 1.3.2.2. 18 Gauch/Schluep/Schmid, Nr. 258 (mit Hinweis auf BGE 122 IV 322ff.). Im gleichen Sinn:

Koller, Nr. 232 (welcher BGE 94 II 263ff., E. 3 kritisiert, weil ein unentgeltlicher Auftrag als ein vollkommen zweiseitiger Vertrag qualifiziert wurde).

Page 52: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 6 -

nicht beeinflusst wird. 19 Es zeichnet den unentgeltlichen Auftrag gerade aus, dass hier der Beauftragte nur Anspruch auf Auslagen- und Verwendungsersatz, beim entgeltlichen Auftrag daneben aber zusätzlich einen grundsätzlichen Anspruch auf Vergütung hat.

Ist eine Vergütung verabredet oder üblich (Art. 394 Abs. 3), so liegt ein entgeltlicher Auftrag und damit ein vollkommen zweiseitiger (synallagmatischer) Vertrag vor. 20 Beim entgeltlichen Auftrag stehen (mindestens) zwei Leistungen in einem (wertmässigen) Austauschverhältnis, was im Auftragsrecht durch die neuere Rechtsprechung im Bereich des Vergütungsanspruches ausdrücklich anerkannt wird. 21 Es handelt sich um einen vollkommen zweiseitigen Vertrag, was seine Bedeutung v.a. auch in der Anwendung von weiteren Rechtsnormen hat. 22

Fällt die Rechtsgrundlage für einen Auftragsvertrag im Nachhinein dahin, 23 so richtet sich die Frage des Bestandes und des Inhaltes einer entsprechenden Informationspflicht �Rechenschaft� nach den diesfalls zur Anwendung gelangenden Rechtsnormen. Im Regelfall werden die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (Art. 419 � 424 OR) anwendbar sein, weshalb der Verweis auf das Auftragsrecht in Art. 424 OR zu beachten ist. Nach hL und Praxis kommt diesfalls eine Rechenschaftspflicht zur Anwendung, welche analog zur Pflicht in Art. 400 Abs. 1 OR ist. 24

1.3.2.2 Einfluss der Frage der Entgeltlichkeit In der Lehre wird der zweiseitige Schuldvertrag in seiner allgemeinen Charakterisierung in der Weise dargestellt, dass ihm � im Gegensatz etwa zum Gesellschaftsvertrag � ein Interessengegensatz zugrunde liegt. 25Im Zusammenhang mit dem Auftragsvertrag ist diesbezüglich das Folgende anzuführen: �[Der 19 BK-Fellmann, Art. 394 N 387. 20 Derendinger, N 9; BK-Fellmann, Art. 394 N 194. 21 BGE 124 III 423ff., E. 3b. In diesem Entscheid betreffend die Rechtsfrage der Vergütung

bei Schlechterfüllung des Auftrages kommt in besonderer Weise der Grundgedanke der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung zum Ausdruck. Besonders deutlich in der Argumentation auch PKG 1995 Nr. 10 E. 2 (KGer GR) und in SJ 1998 621ff., E. 3c (Cour de Justice GE).

22 Grundsätzliche Anwendbarkeit z.B. von: Art. 82f. OR, Art. 107 und 109 OR, Art. 119 OR.

23 Sei es aufgrund von Art. 19 und 20 OR, sei es aufgrund von Art. 21 OR resp. Art. 23 - 31 OR.

24 BGE 112 II 450ff., E. 5 (in Bestätigung von BGE 34 II 694ff., E. 4); Schmid, N 451 (mit zahlreichen Hinweisen auf die Lehre).

25 An Stelle vieler: Gauch/Schluep/Schmid, Nr. 256.

Page 53: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 7 -

Vergütungsanspruch] verstärkt die Gegenseitigkeit des Mandates derart, dass der entgeltliche Auftrag zum wesentlich zweiseitigen Vertag wird�, 26 weshalb es sich um einen Vertrag mit den deutlichen Charakteristika eines Austauschverhältnisses handelt. 27 Im Falle des Auftragsrechts ist allerdings dem Umstand Rechnung zu tragen, dass dieser Vertrag von der Idee geprägt ist, dass sich jemand einer anderen Person bedient, welche im Sinne seiner Interessen handeln soll. Deshalb wird die Grundordnung des Interessengegensatzes insoweit modifiziert, als es der Aspekt der Interessenwahrung erfordert.

Die Frage ist, wie diese Tatsachen die einzelnen Verpflichtungen im Auftragsvertrag beeinflussen: In der Lehre wird diesbezüglich aber auch die Ansicht vertreten, dass die Frage der Entgeltlichkeit auf den Interessenwahrnehmungsgrundsatz im Auftragsrecht ohne Bedeutung ist. 28 Grundsätzlich finden deshalb die Vorschriften von Art. 394 � 405 OR sowohl bei entgeltlichen als auch bei unentgeltlichen Aufträgen gleichermassen Anwendung: So sind auftragsrechtlich etwa die Haftung nach Art. 398 OR, 29 der Auslagen- und Verwendungsersatz nach Art. 402 Abs. 2 OR 30 und die Beendigungsmöglichkeit nach Art. 404 OR 31 einheitlich geregelt.

Die Frage des Einflusses der Entgeltlichkeit ist allerdings für jede einzelne Pflicht separat zu beantworten. Von besonderem Interesse ist die Frage des Einflusses auf die Abrechnungspflicht.32

1.3.3 Hauptpflicht des Beauftragten Die Hauptpflicht des Beauftragten ist die vertragsgemässe Besorgung des übertragenen Geschäfts oder der aufgetragenen Dienstleistung. 33 Damit ist die Ausführungsobligation (Art. 394 Abs. 1 OR) typischerweise die eigentliche Hauptpflicht des Beauftragten. �Vertragsgemäss� bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Leistung �im Interesse und nach dem Willen des Auftraggebers� 34 zu 26 BK-Gautschi, Art. 402 N 1a. 27 Siehe dazu ausführlich Kapitel 3.7.1. 28 So etwa BK-Fellmann, Art. 394 N 385. 29 Aber Korrektur möglich über Art. 99 Abs. 2 OR: So z. B. ZR 83 Nr. 59 E. IV. 6

(Vorentscheid zu BGE 110 II 181ff.). 30 Dazu ausführlich BGE 48 II 487ff., E. 3. 31 In BGE 115 II 464ff., E. 2 a) aa) und bb) wird der Einfluss des Entgeltes verneint

(bestätigt im unpublizierten BGE 4C.443/1996 vom 26.3.1997). 32 Siehe dazu Kapitel 3.7.3. 33 BK-Fellmann, Art. 394 N 234 (mit zahlreichen Hinweisen). 34 BGE 44 II 262ff., E. 2 [S. 264].

Page 54: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 8 -

erbringen ist, wodurch der Beauftragte die �Verwirklichung und Sicherung der durch die Analyse des Auftrages ergründeten Auftraggeberinteressen� 35 sicherzustellen hat. Es ist der Auftraggeber, welcher der Herr des Geschäfts ist und die Interessenwahrung in der Auftragsausführung ist oberste Pflicht des Beauftragten. 36 Der Beauftragte ist aber in diesem Sinne auch verpflichtet, �die vereinbarte Leistung in der abgesprochenen Art und Weise zu erbringen.� 37 Damit ist nicht nur ein blosses Tätigsein im Interesse des Auftraggebers geschuldet, sondern die Aktivitäten müssen auf einen Leistungserfolg ausgerichtet sein. Deshalb trifft den Beauftragten die Pflicht zu einem sorgfältigen (Art. 398 Abs. 2 OR) Tätigwerden bezüglich der ihm übertragenen Dienste oder Geschäfte. Die Hauptpflicht des Beauftragten ist demzufolge die nach den Anforderungen der Sorgfaltspflicht wahrgenommene Ausführungsobligation. 38 Vom Beauftragten wird gefordert, �alles zu tun, um die Hauptleistung und die Verwirklichung des Leistungserfolges zu sichern und dabei das Integritätsinteresse des Klienten zu beachten.� 39 Im Zusammenhang mit der Auftragsausführung ist darauf hinzuweisen, dass die Sorgfaltspflicht die Konkretisierung der allgemeineren Treuepflicht ist 40 , weshalb sie hier keine eigenständige Bedeutung erlangt. 41

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass im Bereich der Ausführungsobligation die umfassende Interessenwahrnehmung anzuerkennen ist: Es gibt nur einen Massstab für das Handeln und dies ist das Interesse des Auftraggebers. Es sei aber bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass diese Eindeutigkeit der Interessenprävalenz bei anderen Pflichten des Beauftragten, insbesondere bei den Nebenleistungspflichten und Nebenpflichten, nicht besteht. 42

35 Derendinger, N 89 (mit weiteren Hinweisen). 36 Siehe dazu BGE 108 II 197ff., E. 2a und die Ausführungen in Kapitel 3.7.1. 37 Derendinger, N 86. 38 Dazu auch ausführlich: BK-Fellmann, Art. 394 N 234ff. 39 BK-Fellmann, Art. 398 N 21. Dabei findet ein abstrakter Sorgfaltsmassstab Anwendung:

BK-Fellmann, Art. 398 N 355ff. 40 So auch im Ergebnis wohl Derendinger, N 87ff. und explizit Testa, 22. 41 Demgegenüber behandelt BK-Fellmann, Art. 394 N 247ff. und N 254ff., die Treue- und

die Sorgfaltspflicht nebeneinander. 42 Siehe dazu insbesondere Kapitel 3.3.3.4.4, 3.5.4, 3.7.1 und 3.7.3.

Page 55: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 9 -

1.3.4 Nebenleistungs- und Nebenpflichten des Beauftragten In der schweizerischen Lehre wird zwischen Nebenleistungs- und Nebenpflichten unterschieden. 43

Die Unterscheidung zwischen der Haupt- und der Nebenleistungspflicht wird danach getroffen, �ob sich die Verbindlichkeit auf die vertragstypischen, also den Vertragstyp charakterisierenden, auf die �essentiellen� Leistungspflichten des Schuldners bezieht, oder eben nur auf �akzidentielle� nicht vertragstypusbestimmende Leistungspflichten.� 44 Grundsätzlich ist bei jedem Auftragsverhältnis aufgrund der vertraglichen Abreden und den jeweiligen Interessenlagen zu bestimmen, was die Haupt- und was die Nebenleistungspflicht ist. 45 Für die vorliegende Arbeit von Interesse ist in diesem Zusammenhang, dass die einzelnen Pflichten, welche aus Art. 400 OR abgeleitet werden, typischerweise in den hier untersuchten Konstellationen als Nebenleistungspflichten in Erscheinung treten: Es handelt sich dabei um die Pflicht zur Rechenschaftsablegung, die Ablieferungsobligation und die Verzinsungspflicht etc.

Die Unterscheidung zwischen Nebenleistungs- und Nebenpflichten wird weiter dadurch charakterisiert, dass Nebenpflichten nicht selbstständig einklagbar sind. 46 Es handelt sich hierbei insbesondere um jene Pflichten des Beauftragten, welche aus der allgemeinen Treuepflicht abgeleitet werden: Diskretions- und Geheimhaltungspflichten, Aufklärungs- und Benachrichtigungspflichten, Verbot der Mandatsannahme bei Interessenkollision, Pflicht zur persönlichen Mandatsausführung und Schutzpflichten. 47

1.3.5 Übersicht über die Nebenleistungs- und Nebenpflichten des Beauftragten

1.3.5.1 Vorbemerkungen In der vorliegenden Arbeit werden einige der in den vorgenannten Abschnitten erwähnten Nebenleistungs- und Nebenpflichten sehr ausführlich behandelt

43 An Stelle vieler: BK-Fellmann, Art. 394 N 259ff. 44 BK-Kramer/Schmidlin, Allgemeine Einleitung, N 93. 45 Derendinger, N 83; BK-Fellmann, Art. 394 N 260 (je mit weiteren Hinweisen). 46 Derendinger, N 82 (mit weiteren Hinweisen). 47 BK-Fellmann, Art. 400 N 269. Soweit eine selbstständige Klagbarkeit jedoch gegeben ist,

handelt es sich um Nebenleistungspflichten: BK-Fellmann, Art. 394 N 276 i.V.m. N 272f.

Page 56: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 10 -

(beispielsweise die Ablieferungsobligation und die Belegungspflicht), 48 weshalb an dieser Stelle keine entsprechende Darstellung erfolgt. Andere Nebenleistungs- und Nebenpflichten sind für die vorliegende Arbeit von untergeordneter Bedeutung, da sie von anderen Konzepten überlagert werden (trifft zu auf die Diskretions- und Geheimhaltungsinteressen) oder nicht im Fokus der Untersuchung stehen (Pflicht zur Vermeidung von Interessenkollisionen, Pflicht zur grundsätzlich persönlichen Mandatsausführung). Diese Nebenleistungs- und Nebenpflichten werden nicht gesondert dargestellt. 49

Nachfolgend soll anhand der Ausführungen und den Bezeichnungen (Terminologie) in der Lehre 50 ein kurzer Überblick über jene Nebenleistungs- und Nebenpflichten des Beauftragten folgen, welche im Zusammenhang mit der hier untersuchten Informationsordnung im Auftragsrecht von Bedeutung sind:

1.3.5.2 Rechenschaftsablegung Der Randtitel von Art. 400 OR verwendet den Begriff �Rechenschaftsablegung�. 51 Der Gesetzeswortlaut in Art. 400 Abs. 1 OR spricht von der Pflicht des Beauftragten, �Rechenschaft abzulegen.�

Der Begriff �Rechenschaftsablegung� wird in der Lehre insbesondere als Oberbegriff verwendet, welcher die einzelnen Informationspflichten in Art. 400 Abs. 1 OR zusammenfasst. 52

Daneben wird in der Lehre der Begriff �Rechenschaftsablegung� aber auch als rechtliches Instrument beschrieben, welches den Auftraggeber über alles informiert und ihm die Kontrolle im Auftragsvertrag ermöglichen soll. 53 In inhaltlicher Hinsicht ist nach dieser Art der Rechenschaftsablegung �die Aufklärung über alle vom Beauftragten oder seinen Hilfspersonen und Substituten vorgenommenen Massnahmen zu verstehen.� 54 Es soll sich dabei um einen �einlässlichen Bericht über alle 48 Siehe dazu Kapitel 3.3 und 3.5. 49 Es kann diesbezüglich auf die Ausführungen in der Lehre verwiesen werden. Anstelle

vieler: BK-Fellmann, Art. 394 N 220ff. (mit weiteren Hinweisen). 50 Die nachfolgende Übersicht stützt sich auf diejenigen Kommentare und Monografien,

welche auch in der Spezialliteratur zitiert werden. Es wird auf eine ausführliche Wiedergabe aller Quellen verzichtet, da sich dadurch auch keine zusätzliche Erkenntnis ergibt.

51 Siehe dazu die Ausführungen zur rechtshistorischen Entwicklung in Kapitel 2.8.2. 52 Besonders deutlich: BK-Fellmann, Art. 400 N 19 und Hofstetter, 2000, 115. 53 BK-Fellmann, Art. 400 N 19 und 14 (je mit umfangreichen Hinweisen). 54 ZK-Fick/Morlot, Art. 400 N 4.

Page 57: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 11 -

wesentlichen Vorgänge des konkreten Auftrages und die Erläuterung ihrer Bedeutung� 55 handeln.

Da der Begriff �Rechenschaftsablegung� als Oberbegriff verwendet wird, kann eine Einteilung in aktive oder reaktive Informationspflicht nicht erfolgen. Es sei diesbezüglich auf die nachfolgenden Begriffe verwiesen.

1.3.5.3 Rechenschaftspflicht In der Lehre wird der Begriff der Rechenschaftspflicht nicht vollständig von der Pflicht zur Rechenschaftsablegung unterschieden, weshalb die beiden Begriffe auch in inhaltlicher Hinsicht als Synonyme verwendet werden. 56 In einem Grossteil der Lehre wird der Begriff �Rechenschaftspflicht� vermieden und es wird stets von der Pflicht zur Rechenschaftsablage gesprochen. 57

1.3.5.4 Auskunftspflicht Die Lehre anerkennt eine Auskunftspflicht in Art. 400 Abs. 1 OR. 58 Die Auskunftspflicht wird in einem bedeutenden Teil der Lehre in inhaltlicher Hinsicht als �das Gegenstück� zur Benachrichtigungspflicht betrachtet, weshalb sich diese Pflicht v.a. dadurch charakterisiert, dass sie einzelne Informationen zum Gegenstand hat, welche der Auftraggeber abfragen kann. 59

Ein anderer Teil der Lehre umschreibt mit dem Begriff �Auskunftspflicht� demgegenüber eine Informationspflicht, welche inhaltlich der Pflicht zur Rechenschaftsablage entspricht. 60

Aus zentralen Ausführungen in der Lehre wird deutlich, dass die Auskunftspflicht nicht deutlich von der Aufklärungspflicht unterschieden wird. 61 Dadurch werden Informationspflichten vermengt, welche (1) auf verschiedenen Rechtsgrundlagen

55 BK-Fellmann, Art. 400 N 27 (unter Hinweis auf die Lehre in Deutschland). Einzige

abweichende Meinung: Werro, N 512ff. und Werro, Commentaire, Art. 400 N 5. 56 Beispielsweise: BK-Fellmann, Art. 400 N 14 und N 27ff. 57 Hofstetter, 2000, 115ff.; Derendinger, N 127ff. (je mit umfangreichen Hinweisen). 58 BK-Fellmann, Art. 400 N 23ff.; Hofstetter, 2000, 115. 59 BK-Fellmann, Art. 400 N 23; Hofstetter, 2000, 115. 60 Derendinger, N 127: Dieser Autor benutzt den Begriff �Auskunftspflicht� nur in der

Titelsetzung. 61 Deutlich BK-Fellmann, Art. 400 N 23 und seine Hinweise auf Derendinger, N 131

[Aufklärungs- und Benachrichtigungspflicht].

Page 58: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 12 -

basieren und (2) ganz andere Charakteristika 62 aufweisen. Entsprechend werden auch die Inhalte der entsprechenden Informationspflichten nicht deutlich genug voneinander unterschieden.

Es handelt sich um eine reaktive Pflicht. 63

1.3.5.5 Pflicht zur Rechnungslegung Die Pflicht zur Rechnungslegung wird allgemein als eine Ausprägung der Pflicht zur Rechenschaftsablage verstanden. 64 Falls mit der Auftragsausführung Einnahmen und Ausgaben von Geld verbunden sind, wird in der Lehre, gestützt auf Art. 400 Abs. 1 OR, eine Pflicht zur Rechnungslegung anerkannt. 65 In diesem Zusammenhang wird gefordert, dass die Rechnungslegung vollständig, wahr, rechtzeitig und mit Belegen versehen erfolgt. 66

Die Pflicht zur Rechnungslegung ist � gemäss dem systematischen Aufbau des Mandatsrechts � auf die Ablieferungsobligation bezogen, da sie diese zentrale Pflicht des Beauftragten entweder vorbereitet oder ersetzt (indem etwa die Verwendung resp. der Konsum von anvertrauten Geldern belegt werden müssen). 67 Damit erscheint die Pflicht zur Rechnungslegung als der Teil der Rechenschaftspflicht des Beauftragten, welcher die Ein- und Ausgabeposten dokumentiert, die mit der Auftragsausführung verbunden sind. Es ist jedoch präzisierend anzumerken, dass der Auslagen- und Verwendungsersatzanspruch des Beauftragten nach Art. 402 OR nicht von der Rechnungslegung erfasst ist, da hier Leistungen des Beauftragten in Rede stehen, die er aus seinen eigenen Mitteln erbracht hat. In diesem Sinne ist die Pflicht zur Rechnungslegung im Mandatsrecht in der Weise zu definieren, dass sie die Zusammenstellung der Ein- und Ausgabeposten sowie die Saldoziehung zum Gegenstand hat. 68

62 Der Inhalt einer Aufklärungspflicht nach Art. 398 OR ist immer individuell zu

bestimmen: Abegglen, 141ff.; Müller, 161ff.; Payllier, 129ff. 63 BK-Fellmann, Art. 400 N 23; Hofstetter, 2000, 115. 64 Hofstetter, 2000, 115 und 118; BK-Fellmann, Art. 400 N 35; Derendinger, N 127. 65 BK-Fellmann, Art. 400 N 35 (mit zahlreichen Hinweisen). 66 Hofstetter, 2000, 118. 67 Siehe dazu Kapitel 3.3.2. und 3.3.3. 68 BK-Becker, Art. 400 N 2; ZK-Fick/Morlot, Art. 400 N 8; ZK-Oser/Schönenberger, Art.

400 N 3; BK-Fellmann, Art. 400 N 48.

Page 59: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 13 -

Die Begriffe �Abrechnung� und �Pflicht zur Rechnungslegung� werden bisweilen als Synonyme verwendet. 69

Es handelt sich grundsätzlich sowohl um eine aktive wie eine reaktive Pflicht. 70

1.3.5.6 Pflicht zur Rechnungsstellung / Rechnung Die Pflicht zur Rechnungsstellung ist ein weiterer Bestandteil der Rechenschaftspflicht des Beauftragten: Im Falle des entgeltlichen Mandatsvertrages erfüllt der Beauftragte seine Rechenschaftspflicht, wenn er die Anforderungen aus dieser Pflicht erfüllt.

In gegenständlicher Hinsicht ist die Pflicht zur Rechnungsstellung (Rechnung) �die Aufstellung über die erbrachten Dienstleistungen mit der Angabe des Preises, der dafür zu zahlen ist.� 71

Die Anforderungen und damit der Inhalt der Rechnung orientieren sich am Zweck der Rechnung: Es soll sich um eine prüfbare Rechnung handeln. 72 Damit gelangt bei der Pflicht zur Rechnungsstellung ein objektiver, von einer konkreten Person als Auftraggeber unabhängiger Massstab zur Anwendung. Die entsprechende Pflicht wird als eine schematische Pflicht dargestellt, da der Zweck der Rechnungsstellung (Rechnung) nach einem bestimmten Inhalt verlangt.

Wie bereits angesprochen, ist der Auslagen- und Verwendungsanspruch nicht von der Pflicht zur Rechnungslegung abgedeckt, weil die Auslagen und Verwendungen das Vermögen des Beauftragten vermindern. 73 Aus diesem Grund folgt, dass der Beauftragte dem Auftraggeber diese Positionen neben dem Vergütungsanspruch in Rechnung stellen kann.

Die Begriffe �Rechnungsstellung� und �Rechnung� werden als Synonyme verwendet.74

Die Pflichten �Rechnungslegung� und �Rechnungsstellung� unterscheiden sich bezüglich ihres Zwecks und Inhalts deutlich. Offensichtlich aufgrund der Tatsachen,

69 Deutlich: BK-Fellmann, Art. 400 N 35 und 36. In der vorliegenden Arbeit wird der

Begriff �Abrechnung� jedoch anders besetzt: Siehe dazu Kapitel 1.3.5.6 und 3.7.3. 70 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.2. 71 BK-Fellmann, Art. 400 N 48. Für die Anforderungen an die Abrechnungspflicht kann auf

die Ausführungen in Kapitel 3.7.3. verwiesen werden. 72 BK-Fellmann, Art. 400 N 50f. Siehe dazu auch Kapitel 3.7.3.4. 73 BK-Fellmann, Art. 402 N 21. 74 Deutlich: BK-Fellmann, Art. 400 N 48f.

Page 60: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 14 -

dass zahlreiche Aufträge denkbar sind, in denen der Beauftragte beide Aspekte der Rechenschaftspflicht nach Art. 400 OR zu erfüllen hat und dass beide Pflichten ihre Rechtsgrundlage in Art. 400 OR haben, wird jedoch oft nicht klar zwischen der Pflicht zur Rechnungslegung und der Pflicht zur Rechnungsstellung unterschieden. So verwendet das Zürcher Obergericht bspw. in ZR 79 Nr. 62 die Begriffe �Rechnungsstellung� und �Rechnungslegung� als Synonyme.

Es handelt sich grundsätzlich um eine reaktive Pflicht.

1.3.5.7 Aufklärungspflicht Nach hL wird die Meinung vertreten, dass die Aufklärungspflicht im Auftragsrecht ihre Rechtsgrundlage in Art. 398 OR hat. 75 Demgegenüber wird in der mandatsrechtlichen Literatur aber auch die Ansicht vertreten, die Aufklärungspflicht sei Ausfluss der Pflicht zur Rechenschaftsablage. 76 Dabei wird offensichtlich keine klare Unterscheidung zwischen einer Aufklärungspflicht und einer Benachrichtigungspflicht resp. einer �aktiven� Auskunftspflicht getroffen. 77

Unter dem Begriff der Aufklärungspflicht wird in inhaltlicher Hinsicht die Pflicht verstanden, �den anderen Teil unaufgefordert über entscheidungserhebliche Umstände zu informieren.� 78 �Das Mass der geforderten Aufklärung bestimmt sich allein nach den Umständen, insbesondere nach der Natur des Vertrages.� 79 Der Inhalt einer Aufklärungspflicht nach Art. 398 OR ist immer individuell zu bestimmen. 80

Es wird in der Lehre allgemein festgestellt, dass die Benachrichtigungspflicht nicht streng von der Aufklärungspflicht getrennt werden kann. 81

Es handelt sich um eine spontane Informationspflicht.

75 BK-Fellmann, Art. 400 N 53; Derendinger, N 131ff. Allgemein: Abegglen, 141ff. 76 Hofstetter, 2000, 117; BasK-Weber, 400 N 5. 77 Hofstetter, 2000, 115 und 117; BasK-Weber, 400 N 2 und 5. 78 Abegglen, 3 [und dort zitierte Lehre]. Der Autor weist insbesondere darauf hin, dass in

diesem Bereich eine Unzahl von Begriffen geschaffen worden ist, welche mehr verwirrt als klärt.

79 BK-Fellmann, Art. 398 N 145. 80 Dazu die Ausführungen bei: Abegglen, 141ff.; Müller, 161ff.; Payllier, 129ff. 81 BK-Fellmann, Art. 398 N 176 (wobei der Autor auch die Auskunftspflicht und die

Aufklärungspflicht vermengt).

Page 61: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 15 -

1.3.5.8 Benachrichtigungspflicht Nach hL wird die Meinung vertreten, dass die Benachrichtigungspflicht ihre Rechtsgrundlage in Art. 398 OR hat. 82 Demgegenüber wird auch die Ansicht vertreten, die Benachrichtigungspflicht sei Ausfluss der Pflicht zur Rechenschaftsablage. 83

In inhaltlicher Hinsicht wird die Benachrichtigungspflicht dadurch charakterisiert, dass sie einzelne Informationen zum Gegenstand hat, welche der Auftragnehmer spontan dem Auftraggeber mitzuteilen hat. 84 Es wird jedoch in der Lehre festgestellt, dass die Benachrichtigungspflicht nicht streng von der Aufklärungspflicht getrennt werden kann. 85

Es handelt sich um eine spontane Informationspflicht.

1.3.6 Fazit: Eigene Terminologie Wie sich aus den Ausführungen ergeben hat, sind die Begriffsbestimmungen uneinheitlich und bisweilen verwirrend. 86 Es kann insbesondere im Zusammenhang mit einer Informationsordnung im Rahmen von Art. 400 OR festgestellt werden, dass kein einheitliches System der Informationsrechte und damit kein klares Konzept vorliegt. Entsprechend diffus zeigt sich auch die Rechtslage in diesem Bereich, wenn etwa von einen �allgemeinen Informationsrecht� etc. gesprochen wird.

Aus diesem Grunde und aufgrund der Tatsache, dass verschiedene der getroffenen Unterscheidungen im Rahmen dieser Arbeit nicht von Bedeutung sind, wird nachfolgend eine eigene Begriffsordnung festgelegt, welche in dieser Arbeit verwendet wird. Dadurch sollen der Einstieg in die hier vorgelegte Materie und die Orientierung in der in dieser Arbeit präsentierten Informationsordnung erleichtert werden. Es sei allerdings bereits an dieser Stelle auf die beiden folgenden Umstände hingewiesen: (1) In der rechtshistorischen Untersuchung 87 sollen gerade auch jene Begrifflichkeiten

82 BK-Fellmann, Art. 400 N 53; Derendinger, N 131ff. 83 Hofstetter, 2000, 115; BasK-Weber, 400 N 2. Diese Auffassung ist offensichtlich darin

begründet, dass das Informationsprogramm von § 666 BGB auch im Rahmen von Art. 400 OR anerkannt wird (deutlich der Hinweis bei Hofstetter, 2000, 115). Siehe dazu insbesondere Kapitel 2.8.

84 BK-Fellmann, Art. 398 N 172. 85 BK-Fellmann, Art. 398 N 176. 86 Siehe dazu etwa auch die Bemerkung von BK-Fellmann, Art. 400 N 47: �In der Doktrin

werden Rechenschaftsablegung, Rechnungslegung und Rechnungsstellung vielfach miteinander vermengt.�

87 Siehe dazu Kapitel 2.

Page 62: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 16 -

genannt werden, welche in der entsprechenden Lehre und Rechtsprechung Verwendung gefunden haben. Es wird in diesem Kapitel also auch gerade bewusst die entsprechende �historische� Terminologie verwendet. Aus diesem Grunde ist in diesem Teil der vorliegenden Arbeit ein Kompromiss zwischen der eigenen Begriffsordnung und der historischen Begriffsordnung zu akzeptieren. (2) Weiter ist auf die Tatsache hinzuweisen, dass es gerade die Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist, die Informationspflicht in Art. 400 Abs. 1 OR zu definieren, 88 weshalb der nachfolgenden Begriffsordnung vorerst eine bloss beschreibende Zuordnung zukommen soll:

Begriff: Umschreibung:

Rechenschaftspflicht Informationspflicht, gestützt auf Art. 400 Abs. 1 OR (inhaltlich vorerst unbesetzt)

Auskunftspflicht = Rechenschaftspflicht (sofern nicht anders erwähnt)

Rechenschaftsablegung = Rechenschaftspflicht

Rechnungslegung Pflicht zur Rechnungslegung, wie in Kapitel 1.3.5.5 umschrieben

Rechnungsstellung Pflicht zur Rechnungsstellung, wie in Kapitel 1.3.5.6 umschrieben

Rechnung = Rechnungsstellung

Abrechnungspflicht = Rechnungslegung und Rechnungsstellung

Abrechnung = Abrechnungspflicht

Belegungs- und Aufzeichnungspflicht

Dokumentaufbewahrungspflicht und Dokument-produktionspflicht im Rahmen der Abrechnungspflicht

Aufklärungspflicht Aufklärungspflicht, wie in Kapitel 1.3.5.7 umschrieben

Benachrichtigungspflicht Benachrichtigungspflicht, wie in Kapitel 1.3.5.8 umschrieben

Beratungspflicht = Aufklärungspflicht

88 Siehe dazu Kapitel 1.1.

Page 63: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 17 -

In dieser Arbeit werden die Pflicht zur Rechnungslegung, die Pflicht zur Rechnungsstellung sowie der Auslagen- und Verwendungsanspruch und die Belegungs- resp. Aufzeichnungspflicht unter dem Begriff der Abrechnungspflicht zusammengefasst. Damit regelt die Rechenschaftspflicht gemäss Art. 400 OR die Abrechnungspflicht, welche grundsätzlich in die Rechnungslegung und in die Rechnungsstellung (inkl. Auslagen- und Verwendungsersatz) unterteilt werden kann. Komplettiert wird diese Abrechnungspflicht durch eine ergänzende Belegungs- resp. Aufzeichnungspflicht. 89

89 Siehe dazu ausführlich Kapitel 3.7.3.4.

Page 64: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 18 -

2 Rechtshistorische Untersuchung der Informationspflicht �Rechenschaft� im Auftragsrecht

Bei der Rechenschaftspflicht handelt es sich um ein tradiertes rechtliches Institut. Aus diesem Grund rechtfertigt sich eine rechtshistorische Untersuchung. Die entsprechenden Ergebnisse können zu einem besseren Verständnis der Rechenschaftspflicht beitragen, anerkennt man, dass diese Teilrechtsdisziplin etwas mit �Identitätsfindung und Selbstvergewisserung� 90 zu tun hat und �das Seiende aus dem Werden erklärt�. 91 So wurde für die Rechtsgeschichte formuliert, dass �...das Studium der Materialien einen reichen Gewinn verspricht und das Privatrecht nur aus den geschichtlichen Zusammenhängen heraus verstanden und fortgebildet werden kann.� 92 Deshalb soll im vorliegenden Kapitel die Entwicklung der Pflicht zur Rechenschaft im Mandatsrecht dargestellt und auf Argumente untersucht werden, die für die inhaltliche Bestimmung der Rechenschaftspflicht dienlich sein können.

Verschiedene Rechtsinstitute des Auftragsrechtes wurden in der Lehre bereits einer detaillierten rechtshistorischen Untersuchung unterzogen. 93 In dem Sinne soll die vorliegende Arbeit die bestehenden Beiträge ergänzen. Deshalb wurde bewusst eine gewisse Vollständigkeit in der Materialsichtung und -verarbeitung angestrebt. So befasst sich diese Untersuchung nicht bloss mit der Entstehungsgeschichte des (a)OR, sondern auch mit den entsprechenden gesetzgeberischen Vorläufern. 94

90 Willoweit, 10. 91 Buschmann, Rechtsgeschichte, 47. 92 Fasel, VII (unter Hinweis auf Wolfgang Wiegand, Numerus clausus der dinglichen

Rechte, in: Hrsg.: Gerhard Köbler, Festschrift für Karl Kroeschell: Wege europäischer Rechtsgeschichte, Frankfurt/Bern/New York 1987, 623ff.).

93 In der schweizerischen Lehre ist insbesondere aus rechtshistorischer Sicht die Dissertation von Erwin Schibli, Die Entwicklung des Mandats in der Schweiz, Basel 1929, zu erwähnen. Im Zusammenhang mit der Frage der Entgeltlichkeit wurde die Stellung des Beauftragten in verschiedenen Aspekten (namentlich im Bereich der Verschuldenshaftung, der Substitutenhaftung und der Beendigungsmöglichkeit nach Art. 404 OR) ausführlich von Thomas Schneeberger (Diss. Bern 1992) untersucht. Monografisch ist die Vergütung des Beauftragten von Philipp Gmür (Diss. Fribourg 1994) allgemein und von Lorenz Höchli (Diss. Zürich 1991) speziell für den Anwalt bearbeitet worden.

94 Siehe dazu an Stelle vieler: Merz, SPR VI/1, 16 i.f.; ZK-Schneider/Fick, 11 [3. Auflage].

Page 65: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 19 -

2.1 Römisches Recht

2.1.1 Digestenstellen Das römische Recht übte einen allgemeinen und nachhaltigen Einfluss auf die Ausgestaltung des Mandatsrechts aus, was die nachfolgend dargestellte Rechtsentwicklung in den verschiedenen Gesetzgebungsprojekten belegt. 95 Als massgebliche Belegstellen wurden jeweils folgende Fundstellen genannt: D. 17.1.56.2, D. 3.3.46.4 und D. 2.13.9 pr. Nachfolgend werden die genannten Digestenstellen einzeln dargestellt.

2.1.1.1 D. 17.1.56.2 96 Dieser Belegstelle liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Nach fünf Jahren kehrte ein Auftraggeber aus dem Ausland zurück und erneuerte den Auftrag vor seiner erneuten Abreise, ohne allerdings vor dieser Erneuerung �sich Rechnung ablegen zu lassen.� Die entsprechende Textstelle fordert für den Auftraggeber die Möglichkeit, dass die �zu einem jeden Zeitpunkt beobachtete Redlichkeit des Beauftragten überprüft werden kann.� Deshalb wird vom Beauftragten gefordert, das, �was er aus der ersten Geschäftsführung schuldete [habe er] auf die zweite Rechnung zu übertragen.�

Die hier dargelegte Pflicht aktualisiert sich erst am Ende eines Auftrages, bezieht sich aber auf den gesamten Zeitraum. Gegenstand der Pflicht war die Rechnungslegung, wobei der Hinweis auf die Übertragung auf eine zweite Rechnung darauf hindeutet, dass eine entsprechende Geschäftsbesorgung in sich abzuschliessen ist. Dies erfolgt mittels der Saldoziehung, wenn die Pflicht auf die Rechnungslegung beschränkt ist.

Da die Redlichkeit �zu einem jeden Zeitpunkt� zu belegen ist, darf sich der Beauftragte aber auch nicht auf die Saldoziehung beschränken, sondern es sind die Veränderungen zwischen den Saldi durch einzelne Einträge darzulegen. Nur die Detaillierung verwirklicht den Zweck, wodurch die Überprüfung der Redlichkeit eines Bevollmächtigten möglich wird. Auf diese Weise kann die einzelne Ausgabe in der Rechnung und damit der Saldoausweis überprüft werden.

Wie der zweite Teil der wiedergegebenen Belegstelle verdeutlicht, wird die Redlichkeit des Bevollmächtigten in inhaltlicher Hinsicht klar bestimmt, da hier die 95 Siehe dazu die verschiedenen Hinweise zu den einzelnen Kodifikationen in Kapitel 2. So

zeigen etwa die Materialien zur Entstehung des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches noch den unmittelbaren Einfluss im Bereich des Auftragsrechts im Allgemeinen und im Falle der Rechenschaftspflicht im Besonderen: Siehe dazu Kapitel 2.6.2.2.

96 Corpus Iuris Civilis (Romani), übersetzt von Treitschke.

Page 66: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 20 -

Pflicht zur Rechnungslegung angesprochen wird: Zum einen ist von einer �Geschäftsverwaltung� (als Begriff handelt es sich hierbei typischerweise um Vermögens- oder Gutsverwaltung im Sinne der finanziellen Verwaltung), zum anderen ist von einem Übertrag auf eine Rechnung die Rede (�auf eine zweite Rechnung übertragen�). Der eigentliche Gehalt der dargestellten Pflicht beinhaltet entsprechend die Pflicht zur lückenlos nachvollziehbaren Rechnungslegung, wobei die Redlichkeit offensichtlich in der Form einer Rechnung belegt wird. Dadurch ist diese Pflicht deutlich auf die Ablieferungsobligation ausgerichtet und die durch die Rechnung sichergestellte Redlichkeit unterstützt die Fremdnützigkeit und entsprechend das Nichtbereicherungsgebot des Mandatsrechts. Die hier behandelte Belegstelle D. 17.1.56.2 dient damit als eine gemeinrechtliche Grundlage für eine Pflicht zur Rechnungslegung.

2.1.1.2 D. 3.3.46.4 97 Diese Belegstelle nimmt im Zusammenhang mit den jeweiligen Gesetzesmaterialien eine zentrale Rolle ein. Die Belegstelle führt aus, dass jeder Geschäftsführer 98 �rationem reddere debet�. Diese Textstelle wird wie folgt übersetzt: �Der Verwalter muss Rechenschaft ablegen�, 99 resp. �der Geschäftsbesorger muss Rechnung ablegen.� 100 Die Pflicht muss dabei �ex bona fide� erfüllt werden, was eine Pflichterfüllung �nach gutem Glauben� bzw. �gemäss Treu und Glauben� erfordert.

Während die eine Übersetzung unbestimmt von �Rechenschaft� spricht, nennt die andere Übersetzung die konkrete Pflicht zur Rechnungslegung. Aus dem Wortlaut des lateinischen Textes (�rationem reddere debet�) ist der Übersetzung �Rechnungslegung� den Vorzug zu geben. Die letzte Feststellung wird insbesondere durch den Umstand gestützt, dass die zitierte Belegstelle in ihrer zentralen Aussage die eigentliche Ablieferungsobligation behandelt. Nur gerade der erste Satz dieser Belegstelle handelt nicht von der Ablieferungsobligation als solcher, wogegen der ganze übrige Teil die eigentliche Ablieferungsobligation in verschiedenen Sonderfällen darstellt. Daraus folgt, dass die vorausgehende Bemerkung zur Rechenschaftspflicht in einem engen sachlichen Zusammenhang mit der

97 Corpus Iuris Civilis (Romani), übersetzt von Sintenis. 98 Gemeinschaftsausgabe: �procurator� wird mit �Verwalter� umschrieben. Peter, Texte, 238

FN 362, verwendet demgegenüber den Begriff �Geschäftsführer� resp. �Rechtsvertreter� für �procurator� (bspw. bei der Übersetzung von D. 17.1.8 pr. zu Art. 400 OR).

99 Gemeinsachftsausgabe. 100 Corpus Iuris Civilis (Romani), übersetzt von Sintenis.

Page 67: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 21 -

Ablieferungsobligation steht, weshalb in der entsprechenden Belegstelle eine Pflicht zur Rechnungslegung behandelt wird.

Im Textaufbau erfolgt bei beiden Übersetzungen die Verbindung zwischen der Ablieferungsobligation und der Pflicht �rationem reddere� durch das Wort �daher ...�. 101 Damit wird folgende Verbindung zwischen den genannten Pflichten zum Ausdruck gebracht: Der Geschäftsführer bzw. Verwalter bzw. der Rechtsvertreter muss �ex bona fide� Rechnung ablegen, weshalb (�daher�) er alles 102 herauszugeben hat. Diese Textstruktur legt nahe, dass die hier zu beschreibende Pflicht eine eigentliche Begründung des Umfangs der nachfolgend behandelten Ablieferungsobligation beinhaltet. Damit will die Pflicht �rationem reddere� bestimmen, was der Geschäftsführer herauszugeben hat. Damit erscheint die Pflicht aber auch als Vorbedingung für die Ablieferungspflicht. Daher kann die Formulierung �rationem reddere� auch eine geforderte Eigenschaft des Geschäftsbesorgers bzw. des Verwalters bzw. des Rechtsvertreters bezeichnen, weshalb diese Personen eben �rechtschaffen zu sein� haben. Die entsprechende Eigenschaft belegt der Beauftragte dadurch, dass er gemäss der Pflicht zur Rechnungslegung seine Herausgabepflicht vorbereitet. Entsprechend reicht eine eigentliche Pflicht zur Rechnungslegung nur so weit, wie eine Ablieferungsobligation infrage steht. Der Redlichkeit des Beauftragten wird nach dieser Sichtweise v.a. mit der Pflicht zur Ablieferung resp. mit dem Nicht-bereicherungsgebot entsprochen. 103 Damit stellt auch die hier behandelte Belegstelle eine eigentliche gemeinrechtliche Grundlage für eine Pflicht zur Rechnungslegung und eine weitere Grundlage der Ablieferungspflicht dar.

2.1.1.3 D. 2.13.9 pr. 104 In dieser Belegstelle war die sachliche Zuständigkeitsfrage im Zusammenhang mit einem Edikt zu klären: Es ging um die Personen, die Rechnungen aus der Besorgung einer fremden Angelegenheit vorzeigen 105 müssen, aber dennoch nicht in den 101 Dies entspricht der wörtlichen Übersetzung des lateinischen Textes (�itaque�). 102 In dieser Digestenstelle ist einzig davon die Rede, dass der Geschäftsführer bzw. der

Verwalter bzw. der Rechtsvertreter das herauszugeben hat, was er durch einen Prozess erlangt hat. Im Zusammenhang mit dem ersten Satz der Belegstelle wird deutlich, dass dies jedoch für jede Art der Geschäftsführung bzw. Verwaltung Geltung hat (also allgemein gelten soll). Dazu auch: Paul. D. 17.1.20 pr: Ex mandato apud eum, qui mandatum suscepit, nihil remanere oportet.

103 Siehe dazu Kapitel 3.3.2. 104 Corpus Iuris Civilis (Romani), übersetzt von Sintenis 105 Gemeinschaftsausgabe: Die entsprechende Passage wird mit �Abrechnungen

bekanntgeben� wiedergegeben. Der lateinische Text an dieser Stelle heisst: �... rationes ... reddere ...�.

Page 68: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 22 -

Anwendungsbereich dieses Ediktes fielen (vom Prätor also nicht kraft dieses Edikts dazu gezwungen werden konnten). Im Bereiche des Auftragsrechts konnte das Vorzeigen von Rechnungen nämlich auch durch die Auftragsklage 106 erreicht werden.

Der eigentliche engere Regelungsinhalt dieser Belegstelle behandelt eine zivilprozessuale Fragestellung, wird doch eigentlich nur über die Frage der sachlichen Zuständigkeit hinsichtlich eines bestimmten Anspruches befunden. In beiden Übersetzungen kommt zum Ausdruck, dass nur von der �Vollstreckung� bezüglich bestimmter Unterlagen die Rede ist. Bei diesen Unterlagen handelt es sich um Rechnungen bzw. Abrechnungen. Insofern kann diese Belegstelle einzig für das Vorhandensein einer, bereits in den vorangegangenen Belegstellen ausgemachten Pflicht zur Rechnungslegung über Ein- und Ausgaben an Dritte herangezogen werden, weshalb diese Belegstelle eine weitere gemeinrechtliche Grundlage für die Pflicht zur Rechnungslegung darstellt.

2.1.2 Rechtslehre zum römischen Recht In der allgemeinen römisch-rechtlichen Literatur wird die Pflicht �Rechenschaft� entweder einzig summarisch und ohne eigentliche Inhaltsbeschreibung im Rahmen der actio mandati directa über die Ausführungsobligation und die Ablieferungsobligation dargestellt oder aber nicht einmal erwähnt. 107

Selbst in der Spezialliteratur zum römischen Auftrags- bzw. Geschäftsführungsrecht finden sich nur vereinzelt Hinweise zur Rechenschaftspflicht: Bei Watson 108 werden unter dem Titel � The obligations of the mandatary� bloss die Ausführungsobligation und die Ablieferungsobligation erwähnt. Ähnlich ordnet Arangio-Ruiz 109 alle konkreten Pflichten des Beauftragten den zwei fundamentalen Pflichten �Ausführungsobligation� und �Ablieferungsobligation� zu, ohne jedoch konkrete Aussagen über die Rechenschaftspflicht zu machen. Auch bei Guarino 110 findet sich keine Darstellung über Bestand und Inhalt einer Rechenschaftspflicht. Einzig in der

106 Im Text wie folgt umschrieben: �per actionem mandati.� 107 Jörs, § 125, Ziff. 2.; Jörs/Kunkel/Wenger, § 123 III.1; Kaser, Privatrecht, § 134.4 Ziff. V

(mit Hinweisen auf weitergehende Literatur); Schmidlin/Cannata, 148; Mayer-Maly, 126; Honsell, 140. Eine Ausnahme bildet hier wohl Coing, Band II, § 97 Ziff. I: �Die gegenseitigen Verpflichtungen waren klar entwickelt. Der Beauftragte hat das Geschäft im Interesse des Auftraggebers und nach dessen Weisungen auszuführen, Rechenschaft abzulegen, eventuell Erlangtes herauszugeben.�

108 Watson, 178ff., insbes. 178. 109 Arangio-Ruiz, 165ff. 110 Guarino, 952ff.

Page 69: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 23 -

Darstellung bei Morelli finden sich einzelne Hinweise 111:An entsprechender Stelle geht es um die Auseinandersetzung mit der Ansicht von Frese, dass der Prokurator zur Rechenschaftsablegung verpflichtet sei, der Mandatar aber nicht. Morelli unterscheidet dabei zwischen einem allgemeinen Rechenschaftsbericht und einer offenbar anderen, spezielleren Pflicht zur Rechenschaftsablegung, wobei es sich dabei gegenständlich um die Pflicht zur Rechnungslegung handelt. 112 In seinen Erwägungen gelangt Morelli zum Schluss, dass die Unterscheidung im konkreten Fall nur die Frage des allgemeinen Rechenschaftsberichtes betreffen könne, da sowohl der Prokurator als auch der Mandatar über die Ausgaben Rechenschaft ablegen müssen (also der Pflicht zur Rechnungslegung unterliegen). Damit wird die Pflicht zur Rechnungslegung als die allgemeine Pflicht im Zusammenhang mit der Fremdgeschäftsführung anerkannt, weil sonst die actio mandati ihren Zweck nicht erfüllen könne. Morelli verweist in diesem Zusammenhang für den Beweis 113 auf die bereits behandelte Digestenstelle (D. 3.3.46.4). 114

2.1.3 Fazit Die Behandlung der für die Untersuchung zentralen Digestenstellen ergibt, dass in allen drei Belegstellen einzig die Pflicht zur Rechnungslegung eine Grundlage findet. Der Gedanke der Rechtfertigung und der Rechtschaffenheit findet Ausdruck in diesen Belegstellen, wobei die inhaltliche Beschränkung auf die Pflicht zur Rechnungslegung zu beachten ist. Die Pflicht zur Rechenschaft wird in den entsprechenden Digestenstellen dementsprechend in einen engen Zusammenhang mit der Ablieferungsobligation gestellt, wodurch ersichtlich wird, dass sich die Überprüfung der Redlichkeit/Rechtschaffenheit in erster Linie auf die Ablieferungspflicht bezieht. Damit ist der Inhalt der Rechenschaftspflicht in diesem Kontext zu bestimmen.

111 Morelli, 17f. [Ziff. 7]. gestützt auf Frese, Prokurator und Negotiorum gestio im

Römischen Recht, in: Mélanges de droit romain dédiés à Georges Cornil, Paris 1926, passim.

112 Gemäss Beschreibung am Ende des zweiten Absatzes der hier besprochenen Ziff. 7 (Morelli, 18).

113 So die Wortwahl in Ziff. 7. 114 Siehe dazu Kapitel 2.1.1.2.

Page 70: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 24 -

2.2 Allgemeines Landrecht für die Preussischen Staaten (ALR)

2.2.1 Kodifikation Eine Einführung zum ALR kann entfallen, da die entsprechende Literatur vergleichsweise leicht zugänglich ist. 115 In der Quellengeschichte zum ALR wird allgemein das römische Recht als Orientierungspunkt anerkannt, weshalb das ALR als die erste kodifikatorische Übersetzung des römischen Rechtes angesehen wird. 116 Die Behandlung der Rechtslage unter dem ALR rechtfertigt sich insbesondere aus dem Umstand, dass sie in zahlreichen späteren Kodifikationen Beachtung gefunden hat. 117

ALR 1794: Erster Teil, Dreyzehnter Titel, Erster Abschnitt (ALR I. 13) 118

I. Rechte zwischen dem Machtgeber und Bevollmächtigten (§§ 37-84)

(...)

d) Von der Rechenschaft, zu welcher der Bevollmächtigte dem Machtgeber verpflichtet ist.

§ 61. Nach vollendetem Geschäfte ist er demselben über dessen Ausführung Rechenschaft abzulegen verpflichtet.

§ 62. Alle Vortheile, welche aus dergleichen aufgetragenen Geschäfte entstehen, kommen, so weit nicht ein Anderes verabredet worden, dem Machtgeber allein zu statten.

§ 63. Der Bevollmächtigte darf also den erhaltenen Auftrag nicht dazu gebrauchen, sich ohne Einwilligung des Machtgebers eigne Vortheile dadurch zu verschaffen.

§ 64. Dagegen kann der Bevollmächtigte, bloss bey Gelegenheit des Auftrags, Geschäfte, die mit demselben in keiner Verbindung stehn, zu seinem eignen Vortheile verhandeln und ausführen. 119

115 Dazu die folgenden Übersichten: Hattenhauer, 28ff.; Dölemeyer, Handbuch, 1501ff. 116 Hattenhauer, 33. 117 Dölemeyer, IUS COMMUNE, 180 und 188f. Vgl. auch die ausführliche

Materialsammlung im Zusammenhang mit den Arbeiten zu einem Teilentwurf Schuldrecht im Rahmen der Entstehungsgeschichte des BGB (Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren, Band 2, 850ff.).

118 Für eine Interpretation des ROHG zu § 62 � 64 (betreffend Ablieferungsobligation): ROHG XIV. Nr. 63 (Sen. III., Urteil vom 21. 9. 1874 i. S. Sauer c. Arnoldt).

Page 71: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 25 -

2.2.2 Lehrmeinungen zum ALR sowie die Pandektenliteratur Ein Überblick über eine breite Auswahl der Literatur zum ALR sowie der Pandektenliteratur ergibt ein in der Tendenz einheitliches Bild: Die Rechenschaftspflicht wird als eine Pflicht zur Rechnungslegung umschrieben, die � in ihrer weitesten Auslegung � durch eine eigentliche Pflicht zur Belegung ergänzt wird, jedoch stets auf die Ablieferungsobligation ausgerichtet ist. Aufgrund der Tatsache, dass verschiedene Werke in der Schweiz nur schwer zugänglich sind, wird nachfolgend eine entsprechende Kurzübersicht über die Lehrmeinungen vermittelt:

Obgleich der Gesetzestext deutlich von �Rechenschaft ablegen� spricht, ist in den Lehrmeinungen von der Rechnungslegung die Rede: �Er [der Mandatar] muss über die Ausführung des Geschäfts Rechnung legen.� 120 In dieser ausführlichen Kommentierung zeigt sich, dass durch die Statuierung dieser Pflicht v.a. die Sphärenbereinigung im Auftragsverhältnis und das Gebot der Nichtbereicherung des Beauftragten konkretisiert werden sollten. 121 Die gleiche Konzeption zeigt sich auch in der folgenden Umschreibung: �... [S]odann hat [der Mandatar] alles dasjenige, was ihm durch das aufgetragene Geschäft zugekommen ist, worüber er Rechnung zu legen hat, dem Mandanten zu erstatten ... .� 122

Weiter wird die Rechenschaftspflicht unter Verweis auf ALR I. 13 § 61 in der Weise beschrieben, dass �der Mandatar vor allem Rechnung legen muss.� 123 Die Bedeutung der Formulierung �vor allem� weist in diesem Zusammenhang vermutlich darauf hin, dass ergänzend von einer eigentlichen Belegungspflicht der Rechnung auszugehen ist. Zu beachten ist, dass der Autor � trotz des Wortlauts von ALR I. 13 § 61 � 124 nicht von �Rechenschaft ablegen�, sondern von der (schlichten) Rechnungslegung spricht (unter Verweis auf die entsprechenden Digestenstellen). Das nämliche Verständnis kommt

119 In den §§ 65-69 folgt die Regelung der Schadloshaltung des Beauftragten; in den §§ 70-73

eine detaillierte Regelung der Verzinsung. 120 Baron, 510f. 121 Siehe dazu Kapitel 3.3 und 3.7.3. Diese Ansicht wird durch die angeführte Belegstelle

gestützt (D. 3.3.46.4): Siehe dazu Kapitel 2.1.1.2. 122 Arndts, 505. Wächter, § 202, verweist explizit für die Verbindlichkeiten des Beauftragten

auf Arndts. Die Lehrmeinung von Sintenis, 576, entspricht ebenfalls der Interpretation von Arndt.

123 Koch, 388. 124 Koch, 388, FN 8: Hinweis auf ALR I. 13 § 61 als massgebliche Rechtsgrundlage.

Page 72: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 26 -

auch in der folgenden Stelle zum Ausdruck: �Endlich ist auch (VI. 125 ) der Bevollmächtigte verpflichtet, über die Ausführung des Auftrags Rechenschaft, und insonderheit über sämtliche dabey vorgekommenen Einnahmen und Ausgaben Rechnung abzulegen.� 126

Interessant ist die Darstellung bei Koch 127, indem durch die Titelsetzung und den Aufbau die Ansicht vertreten wird, dass der Begriff �Rechenschaft� einen Oberbegriff darstellt, wobei die Rechnungslegung aber die Art der Erfüllung der Pflicht zur Rechenschaft sei: �[D]ie Rechenschaftspflicht (...) es nicht mit sich bringt, dass der Bevollmächtigte unter allen Umständen eine förmliche, mit bündigen Belägen versehene, Rechnung zu legen [verpflichtet ist].� 128 Eine ebenfalls eigenständige Darstellung findet sich bei Dernburg, der die Informationspflichten in zwei Gruppen aufteilte: Auf der einen Seite stand die Benachrichtigungspflicht, welche im Zusammenhang mit der Ausführungsobligation und der Sorgfaltspflicht formuliert wurde, auf der anderen Seite standen die Rechenschafts- und die Auskunftspflicht, welche unter dem Titel �Rechenschaftsablegung� erscheinen. Durch einen Verweis auf die Rechtsprechung 129 wird deutlich, dass die zuletzt genannte (und hier interessierende) Pflicht zur Rechenschaftsablegung �sich zur Pflicht der Rechnungslegung [gestaltet], wenn die Verhältnisse (...) derart sind, dass es dieses Mittels zur Klarstellung bedarf.� 130 In Übereinstimmung mit der genannten Rechtsprechung wird die Auffassung vertreten, dass der Beauftragte nur in unübersichtlichen oder umfassenderen Fällen überhaupt eine eigentliche Rechnungslegungspflicht trifft. Demgegenüber ist im Normalfall aber eine einzelne

125 Die übrigen Pflichten des Beauftragten sind: I. Grundsätzlicher Vollzug des Mandats in

eigener Person; II. Anwendung des möglichst höchsten Fleisses; III. Beachtung der Grenzen des Mandats; IV. Unentgeltliche Verrichtung des Geschäft; V. Restituierungspflicht.

126 Glück, 302. 127 Koch, 388. 128 Koch, 36. Als Motivierung zu dieser Aussage werden v.a. prozessrechtliche Argumente

angefügt, wobei die Frage der Beweislast durch ALR I. 13 § 61 und 62 nicht berührt wird. Förster, Theorie und Praxis des Preussischen Privatrechts, Band 2, Berlin 1882 (= 6. Auflage, Berlin 1892), folgt ohne weitere Bemerkungen dieser Auffassung. Dabei wird auf eine Rechtsprechung Bezug genommen (Striethorst�s Archiv, Band 80 No. 64, S. 273), in welchem die Pflicht zur belegten Rechnungslegung als weitestgehende Form der Rechenschaft im Sinne von ALR I. 13 § 61 erkannt wird.

129 Siehe dazu Kapitel 2.2.3.1. 130 Dernburg, 510.

Page 73: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 27 -

Anzeige (resp. Auskunft) ausreichend, �... z.B. weil es sich bloss um die Einkassierung einer einzelnen Forderung handelt ... .� 131

2.2.3 Judikatur zum ALR Zu ALR I. 13 §§ 60f. sind einige Entscheide ergangen, die nachfolgend dargestellt werden. Da die entsprechenden Publikationen nicht leicht greifbar sind, werden die entsprechenden Entscheide etwas ausführlicher behandelt.

2.2.3.1 Rechenschaft und Rechnungslegung 132 Der Entscheid ist deshalb von zentraler Bedeutung, weil er die Begriffe Rechnungslegung und Rechenschaft festlegt und weil dieser von der Lehre zustimmend aufgenommen wurde. 133 Der Entscheid setzt sich gründlich mit dem Inhalt der entsprechenden Pflicht auseinander, indem nach einer sehr allgemeinen Einführung, welche die Pflichtenlage sehr offen festhält, eine sehr konkrete Beschreibung derselben folgt. Diese konkrete Beschreibung zeigt, dass die Rechtsprechung die förmliche Rechnungslegung (d.h. eine Rechnungslegung mit Belegen, welche in der entsprechenden Darstellung zu erfolgen hat und mit einer Saldoziehung abschliesst) als die weitest gehendste Art der Rechenschaft im Sinne von § 61 betrachtete:

�Der § 61 bezeichnet nicht, was zur Rechenschaftsablegung gehört, und lässt die Frage offen, was der Bevollmächtigte zu leisten hat, um dieselbe zu bewirken. Nach der Absicht und dem Sinne des Gesetzes muss die dem Bevollmächtigten auferlegte Verpflichtung darauf bezogen werden, dass er dasjenige zu thun hat, was geeignet und erforderlich ist, dem Machtgeber eine genaue und übersichtliche Kenntnis der ausgeführten Geschäfte und ihres Resultats zu verschaffen, und nach der Verschiedenheit der Fälle, je nach dem grösseren oder geringeren Umfange und der Art der ausgeführten Geschäfte wird die dem Bevollmächtigten in dieser Beziehung obliegende Leistung eine mehr oder minder bedeutende und eine verschiedenartige sein.� 134 �... der Gesetzgeber [sieht] die Rechnungslegung als ein Mittel zur Rechenschaftsablegung [im Sinne von § 61].� 135 �Der § 61 schliesst keines der hierzu

131 Dernburg, 510. 132 IV. Senat des Ober Tribunals, Urteil vom 26. 1. 1871. 133 Siehe dazu Kapitel 2.2.2. Dieser Entscheid wird in der entsprechenden Lehre als

eigentlicher Leitentscheid behandelt. 134 S. 273. 135 S. 274.

Page 74: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 28 -

dienlichen Mittel aus, und gestattet daher auch, vom Bevollmächtigten eine Rechnungslegung in den Fällen zu verlangen, wo ein anderes, etwa weniger schwer wiegendes Mittel zur Rechenschaftsablegung für diesen Zweck nicht ausreicht." 136

In diesem Zusammenhang kann auch die Feststellung der Vorinstanz weitere Erkenntnis bringen, wurde doch das Begehren des Klägers abgewiesen, �weil der Mandant vom Mandatar nur Rechenschaft, nicht aber förmliche Rechnungslegung fordern könne.� 137 Es sind diese Hinweise aus der Rechtsprechung, welche die damalige Rechtsauffassung verdeutlichen.

2.2.3.2 Rechnungslegung und Belegungspflicht Verschiedene weitere Gerichtsentscheide haben die Rechenschaftspflicht weiter konkretisiert, was in der nachfolgenden Übersicht dargestellt wird:

In einem wegweisenden Entscheid stand die Frage der Richtigerfüllung eines Auftrages in Rede, wobei � und dies ist auch insbesondere aus rechtssoziologischer Sichtweise interessant � sich die zu klärenden Rechtsfragen einzig auf den Bestand und den Inhalt einer bestehenden Rechenschaftspflicht beschränkten. Die Frage war im vorliegenden Fall, welche Informationen der Auftragnehmer als Kläger vom Beauftragten verlangen kann. Ausgangspunkt der Argumentation des Gerichts ist der innere Zusammenhang zwischen der Rechenschaftspflicht in § 61 und der Ablieferungspflicht in § 62 ff.: �Der Mandatar habe nach § 62 die Pflicht, alle Vortheile aus dem Geschäfte dem Machtgeber auszuantworten, und damit stehe in wesentlicher Verbindung der § 61, demzufolge nach vollendetem Geschäfte der Bevollmächtigte verpflichtet sei, über dessen Ausführung Rechenschaft abzulegen�, worin aber nicht ausgedrückt sei, dass diese Rechenschaft allemal und unter allen Umständen mit bündigen Belägen belegt sein müsse; (...).� 138 Das Gericht 139 hatte damit dem Anspruch des Auftraggebers auf eine stets belegte Rechnung eine Absage erteilt: �Der Grundsatz, dass die Rechnung mit Belägen versehen sein müsse, findet auf das Mandatsverhältnis nicht statt.� 140 Auf diese Weise hat das Gericht den

136 S. 274 [Hervorhebungen durch den Verfasser]. 137 Wiedergegeben auf S. 272. 138 S. 69 (i.f.). 139 O. T. in: Striethorst�s Archiv, Band 23, S. 67ff.; IV. Senat des Ober Tribunals, Urteil vom

20. 11. 1856. 140 S. 69. Es wird auf einen Entscheid verwiesen, in welchem bereits früher diese

Rechtsauffassung vertreten wurde: Striethorst�s Archiv, Band 3, S. 388f., Urteil vom 4. 2. 1848.

Page 75: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 29 -

allgemeinen Anwendungsbereich der Rechenschaftspflicht klar umrissen und eingeschränkt.

Interessant ist, dass nach Auffassung der damaligen Rechtsprechung bei der eigentlichen Vermögensverwaltung eine mit Belegen versehene Rechnungslegung stets verlangt werden konnte. 141 Es wurde entschieden, dass �dem Mandatar als solchem im Gegensatze zum Verwalter fremden Vermögens nicht die Pflicht obliegt, für jeden Posten Beläge zu haben, bezw. zu beschaffen. Ein Recht zu dem ganz abstrakten Antrage, Beläge zu erhalten, steht dem Mandanten nicht zu.� 142 �Das Gesetz stellt keine allgemeine Regel auf über die Pflicht des Rechnungslegers zur Produktion und Mitaushändigung der Beläge, überlässt vielmehr im einzelnen Falle dem Rechnungsabnehmer und dem Richter die Bestimmung, was in dieser Beziehung notwendig und nützlich ist. Die Annahme, dass zu einer Rechnung auch die vorhandenen Beläge gehörten, ist nicht unrichtig, weil ohne dieselben die Rechnung weder in Einnahme noch in Ausgabe geprüft werden kann.� 143

2.2.4 Fazit Die Lehrmeinungen zum ALR und zum Pandektenrecht zeigen auf, in welcher Weise der Begriff der Rechenschaftspflicht verstanden wurde: Es wird deutlich, dass die Ablieferungsobligation eine zentrale Rolle im Verständnis der Rechenschaftspflicht spielt. Die Rechnungslegung erscheint damit als Inbegriff der Rechenschaftspflicht, was sich auch aus der Orientierung am römischen Recht erklärt. Die Gerichtspraxis belegt dabei die Auffassung, dass die Rechnungslegung als weitestgehende Form der Pflicht zur Rechenschaft zu betrachten ist. Es werden die im Handelsgeschäft üblichen Kriterien einer formell und materiell korrekten Rechnungslegung lediglich dort im allgemeinen Mandatsrecht für anwendbar erklärt, wo es in bestimmten Bereichen (nämlich bei der eigentlichen Vermögensverwaltung) zweckmässig ist.

141 S. 68. 142 ROHG I. Senat, Erklärung vom 7. 11. 1876, in: Palm�s Rechtsgrundsätze, Band 3, S. 79. 143 V. Zivil Senat des Reichsgerichts, Erklärung vom 21. 2. 1880, in: Gruchot�s Beiträge,

Band 24, S. 1004

Page 76: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 30 -

2.3 Code Napoléon resp. der Code civil (CC) Es ist darauf hinzuweisen, dass diese Gesetzgebung in den Kodifikationsbestrebungen einen wichtigen und oft bestimmenden Einfluss gehabt hat, was in den jeweiligen Kapiteln zu den einzelnen Kodifikationen dargestellt wird. 144 Dennoch kann auf eine eigene allgemeine Darstellung der Kodifikationsgeschichte sowie der entsprechenden Norm über die Rechenschaftspflicht (Art. 1993 CC) verzichtet werden, weil dazu verschiedene, gut zugängliche Untersuchungen existieren. Die entsprechende Entstehungsgeschichte ist äusserst vollständig dokumentiert, da sich Pétel in einer sehr ausführlichen Monografie mit den �obligations du mandataire� und damit auch mit der Rechenschaftspflicht beschäftigte. 145 Im Ergebnis geht aus der entsprechenden Untersuchung hervor, dass der Gesetzgeber eine blosse Pflicht zur Rechnungslegung statuierte, die einzig darauf gerichtet war, den Grundsatz der Nichtbereicherung des Beauftragten sicherzustellen. 146 Diese Forschungsergebnisse und damit diese Sichtweise sind für das schweizerische OR in der neueren Lehre einzig von Werro 147 zur Kenntnis genommen worden.

Die Beschränkung der Rechenschaftspflicht auf eine Pflicht zur Rechnungslegung ist weiter durch die deutschsprachige Literatur zum französischen Zivilrecht der entsprechenden Zeit belegt. 148 Zudem wurde diese beschränkte Auffassung einer Rechenschaftspflicht als der Pflicht zur Rechnungslegung in den Rechtsauffassungen der deutschen Einzelstaaten übernommen, die den Code civil rezipiert haben. 149

144 Allgemein für die Frage des Einflusses des Code civil auf andere Kodifikationen:

Dölemeyer, IUS COMMUNE, 180ff. und 189ff. 145 Pétel, Obligations, 235ff. 146 Es muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass es sich dabei um die tradierte

Auffassung zu Art. 1993 CC handelt, die durch die Rechtsprechung der französischen Gerichte aus den 1970er Jahren (!) überholt ist: Dazu ausführlich Pétel, Obligations, 239ff.

147 Dazu Werro, N 512ff., insbes. N 514. 148 Im Standardwerk von Zachariä, 505, wurde im Zusammenhang mit Art. 1993 CC nur von

der Pflicht zur Rechnungs(ab)legung gesprochen (ebenso die 7. Auflage, Heidelberg 1886 [bearbeitet von Dreyer]). In der 8. Auflage, Heidelberg 1894 [bearbeitet von Crome] wird dann aber von �Rechenschaft bezw. Rechnung zu legen� gesprochen.

149 Deutlich die ausführliche Kommentierung von Kah zu Art. 1993 (= 1993 CC), wo zum einen auf die Lehre von Zachariä, 505, verwiesen und zum anderen nur Fragestellungen rund um die Rechnungslegungspflicht im engsten Sinne behandelt werden. In derselben Art auch Hachenburg, Kommentierung zu Art. 1993.

Page 77: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 31 -

2.4 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch für Österreich (ABGB) Der Einfluss dieser Kodifikation war sehr unterschiedlich, grundsätzlich aber für die hier untersuchten Zwecke von eher untergeordneter Bedeutung. 150 Immerhin waren in Bayern die Entwürfe aus den 1830er-Jahren deutlich am ABGB ausgerichtet gewesen und im Land Sachsen wurden in den 1850er-Jahren Entwürfe geschaffen, die vom ABGB ausgingen, sich aber schliesslich doch als eigenständige Entwürfe Anerkennung verschafft haben. 151

Obwohl die Rechtslage des ABGB in dieser Arbeit punktuell beachtet wird (bspw. im Zusammenhang mit § 1173 PGB 152 ), so ist doch festzuhalten, dass diese für die Zwecke der vorliegenden Arbeit von eher untergeordneter Bedeutung ist, weshalb auf eine eigene ausführliche Darstellung verzichtet wird. Es reicht an dieser Stelle der allgemeine Hinweis, dass im Bereich von § 1012 ABGB eine klar bestimmte Form der Rechenschaftspflicht festgelegt worden ist: Es handelt sich bei dieser Verpflichtung des Beauftragten um die Pflicht zur Rechnungslegung, also um einen �ziffernmässig genauen Bericht.� 153

150 Für den Einfluss des ABGB auf andere Kodifikationen: Dölemeyer, IUS COMMUNE,

187f. und 208ff. 151 Siehe dazu Kapitel 2.5.2. und 2.5.3. 152 Siehe dazu Kapitel 2.7. 153 An Stelle vieler: Swoboda, 242; Ehrenzweig, § 382 III; Schwimann/Apathy, §1012 N 3;

Strasser, § 1012 N 12 und 17; Stanzl, § 1012 Ziff. II N. 4: �Auszugehen [bei der Inhaltsbestimmung der Rechnungslegungspflicht] ist vom Zweck der Rechnungslegung, nämlich davon, dass sie dem Auftraggeber ausreichende Grundlagen liefern soll, damit er seine Herausgabe-, vielleicht auch seine Schadenersatzansprüche gegen den Beauftragten aus der Geschäftsbesorgung (...) geltend machen könne.�

Page 78: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 32 -

2.5 Dresdener Entwurf (DE) und seine Vorläufer Der Dresdener Entwurf hat sich explizit auf einzelne deutsche Vorläuferkodifikationen abgestützt, wodurch sich vorab eine Darstellung der Rechtsentwicklungen in den Ländern Hessen, Bayern und Sachsen rechtfertigt.

2.5.1 Hessische Entwürfe (1842-1853)

2.5.1.1 Rechtsgeschichtliche Entwicklung In der Landgrafschaft Hessen wurden bereits Ende des 18. Jahrhunderts verschiedene Anstrengungen unternommen, um ein eigenständiges, bürgerliches Gesetzbuch zu erlassen. Die Kodifikationsgeschichte des ersten Teils des 19. Jahrhunderts stand ganz im Zeichen der Anlehnung an bereits bestehende Rechtssysteme, 154 wobei im Laufe der Zeit unterschiedliche Vorbilder von Bedeutung waren: In der Rheinbundzeit war die Einführung des Code Napoléon anvisiert worden, wobei � ... Modifikationen und Bestimmungen, (...) welche Verfassung oder besondere Verhältnisse erheischen�, 155 berücksichtigt werden sollten. Demgegenüber beabsichtigte Ludwig I. eine Rechtsvereinheitlichung 156 nach dem Vorbild des ABGB, bei der die eingesetzte Kommission aber nicht bis zur Ausarbeitung eigentlicher Entwürfe vordrang. Nach zwei weiteren gescheiterten Versuchen in den Jahren 1821 und 1831 wurde erneut gefordert, eigenständige Gesetzgebungsprojekte aufzugeben und die fünf französischen Gesetzbücher als Gesetzesvorlage zu wählen. 157

2.5.1.2 Konkrete Entwürfe zu einem Hessischen Gesetzbuch Erst nach einer grundsätzlichen Einigung zwischen Regierung und Ständen wurde 1836 das weitere Vorgehen in dem Sinne beschlossen, dass ein eigenständiges bürgerliches Recht geschaffen werden sollte. 158 Im Jahre 1853 wurde der Entwurf (nebst Motiven) zum Schuldrecht (4. Abteilung) publiziert, 159 der trotz des

154 Dölemeyer, Handbuch, 1525. 155 Edict, die Einführung des Code Napoléon im Grossherzogtum Hessen vom 1.8.1808:

Grossherzoglich Hessische Verordnungen, I. Heft (1811) 155. 156 Durch Landneuerwerbungen galt zu dieser Zeit im Grossherzogtum Hessen eine Vielzahl

von eigenständigen Rechtsordnungen. 157 Breidenbach, Commentar, 45ff. Zu einer eigentlichen Beratung kam es jedoch nicht, da

die Ständeversammlung vorher aufgelöst wurde. 158 Übereinkunft der Regierung mit den Ständen über die Grundlagen einer neuen

Gesetzgebung: Belegstellen im Einzelnen bei Dölemeyer, Handbuch, 1520f. inkl. FN 18. 159 Obwohl zahlreiche Gutachten eingingen, ist kein solches Gutachten zur 4. Abteilung des

Entwurfes bekannt. Die relevanten Aktenbestände wurden allerdings zu einem beträchtlichen Teil im Zweiten Weltkrieg vernichtet: Dölemeyer, Handbuch, 1530.

Page 79: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 33 -

angeblichen eigenständigen Charakters 160 von der Lehre im Wesentlichen als deutliche Nachbildung des Code civil wahrgenommen wurde. 161 Der Wortlaut der hier interessierenden Bestimmung lautete:

Der Hessische Entwurf, Buch II.:

Art. 281

Der Bevollmächtigte ist verbunden, alles, was ihm, in Gefolge seines Auftrages, zu dereinstiger Wiedererstattung anvertraut worden ist, oder was er vermöge seiner Vollmacht für den Vollmachtgeber angeschafft oder empfangen hat, dem Letzteren auszuhändigen, und hierüber, sowie über seine ganze Geschäftsführung, Rechenschaft abzulegen.

2.5.1.3 Fazit Sowohl die Kodifikationsgeschichte als auch die Materialien 162 ergeben, wie sich der Entwurf an den Code civil anlehnte. Es ist davon auszugehen, dass insbesondere auch Art. 281 die Rechtslage aus dem französischen Recht übernommen hat. 163 Danach orientiert sich die Rechenschaftspflicht an der Pflicht zur Rechnungsstellung.

2.5.2 Bayerische Entwürfe (1808-1861/64)

2.5.2.1 Rechtsgeschichtliche Entwicklung Die Kodifikationsgeschichte des Kurfürstentums und späteren Königreichs Bayern zeichnet sich v.a. dadurch aus, dass im Laufe der Zeit verschiedene europäische Kodifikationen zum Vorbild gewählt wurden, was jeweils in den Motiven zu den Entwürfen ausführlich begründet wurde. Der erste Entwurf für ein Privatrecht aus dem Jahre 1808/1809 orientierte sich den königlichen Vorgaben gemäss systematisch und materiell am Code Napoléon. 164 Im Kapitel über den Vollmachtsvertrag (Drittes Buch, Dreizehnter Titel) wurde demnach in Art. 2115 folgender Gesetzestext unter dem

160 Dazu etwa die Motive zum Entwurf von 1853 der 4. Abteilung, 1. Buch, S. 1, 10 und 27. 161 Mittermaier, 106f. Es ist jedoch anzumerken, dass auch dieser Entwurf nicht Gegenstand

von Beratungen in der Ständekammer war. 162 Die Motive zum Entwurf zu Art. 281 befinden sich auf S. 112f. 163 Siehe dazu Kapitel 2.3. 164 Grundlegend zur Charakterisierung: Schubert, Bayern, S. VIIIf.

Page 80: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 34 -

Randtitel �Pflicht zur Rechenschaft� verfasst, wobei die Orientierung an Art. 1993 CC deutlich zum Ausdruck kommt: 165

Jeder Bevollmächtigte ist schuldig, von seiner Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen, und dem Gewaltgeber alles zu verrechnen, was er vermöge seiner Vollmacht empfangen hat, selbst wenn der Gewaltgeber das Empfangene nicht zu fordern hatte.

Im historisch wichtigen Entwurf von 1811 wird im �Neunten Kapitel: Von dem Bevollmächtigungsvertrag, § 5 (5)� von der Verpflichtung ausgegangen, dass der Bevollmächtigte (neben hier nicht interessierenden anderen Pflichten) �4. Rechnung abzulegen (...) und 5. Alles, (...) herauszugeben hat.� 166 Im Entwurf kommt die Anlehnung an die Rechtslage des Code civil zum Ausdruck.

2.5.2.2 Konkrete Entwürfe zu einem Bayerischen Gesetzbuch Die folgenden Teilentwürfe aus den 1850er-Jahren sollten nach der Vorstellung der damaligen Verfasser auf selbstständigeren Fundamenten ruhen. 167 Die hier relevanten Normen wurden in den Jahren 1861 und 1864 unter dem Titel �Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern� veröffentlicht. 168 Die Orientierung erfolgte am gemeinen Recht 169 und am Code Napoléon, wobei ergänzend die Entwürfe und Arbeiten in Hessen und Sachsen beachtet wurden. 170

In den Motiven wurde im Bereich des Art. 692 f. die Ansicht vertreten, dass die getroffene Regelung keiner besonderen Rechtfertigung bedarf, �da hier nur allseitig anerkannte Rechtssätze aufgestellt sind.� 171 Diese Erläuterung erklärt sich aus der

165 Siehe dazu Kapitel 2.3. 166 Demel/Schubert, 520f. Es sind diesbezüglich keine eigentlichen Gesetzestexte bekannt. 167 Der Entwurf �... soll auf der Grundlage des bestehenden Rechts ein dem Rechtsbedürfnis

der Gegenwart und den sittlichen sowie socialen Anforderungen der Zeit entsprechendes, billiges und zweckmässiges Recht� entwerfen.

168 Auch dieser pragmatischere Kodifikationsversuch kam nicht über das Entwurfsstadium hinaus, nachdem die Kommission 1864 aufgelöst und einzelne wichtige Kommissionsmitglieder verstorben waren. Bis 1900 galt im Königreich Bayern deshalb weiterhin das gemeine Recht, das ALR und die Partikularrechte: Dölemeyer, Handbuch, 1478.

169 Wie es die historische Rechtsschule und die Pandektenwissenschaft bis dato aufgearbeitet hatte: Motive zum Entwurf aus dem Jahre 1861, S. V.

170 Motive zum Entwurf aus dem Jahre 1864, S. 58. Die Kodifikationsbemühungen in Bayern sind zwar nicht über das Entwurfstadium hinausgelangt, doch sind die Arbeiten für die gesamtdeutsche Rechtsvereinheitlichung von Bedeutung: Sowohl die Materialien zum Dresdener Entwurf als auch die Materialien zum BGB nehmen Bezug auf die entsprechenden Entwürfe.

171 Kommentierung von Art. 691 � 697 des Entwurfes aus dem Jahre 1864.

Page 81: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 35 -

grundsätzlichen Orientierung am gemeinen Recht 172 und aus der engen Anlehnung an den Code civil. 173

Entwurf 1861/64, Fünfzehntes Hauptstück: Auftrags- resp. Vollmachts-Vertrag:

Artikel 692 [Ablieferungsobligation; Rechenschaftspflicht]

Der Beauftragte ist verbunden Alles, was ihm Behufs der Ausrichtung des Auftrages vom Auftraggeber zu dereinstiger Wiedererstattung anvertraut ist, oder was er vermöge seiner Vollmacht für den Auftraggeber angeschafft oder empfangen hat, dem letzteren auszuhändigen, und darüber, sowie über seine ganze Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen.

Artikel 693 [Verzinsung] (...) 174

2.5.2.3 Fazit Sowohl die Kodifikationsgeschichte als auch die Materialien sind Beleg dafür, dass sich die Rechenschaftspflicht in diesen Kodifikationen an der Pflicht zur Rechnungslegung orientierte.

2.5.3 Sächsisches Bürgerliches Gesetzbuch (1863-1865)

2.5.3.1 Rechtsgeschichtliche Entwicklung zum Gesetzbuch Nach einigen eigenständigen Versuchen wurde in den späteren Phasen der sächsischen Kodifikationsbewegung eine stärkere Anlehnung an eine bestehende Kodifikation angestrebt: 175 Als allgemeiner Ausgangspunkt wurde dabei das ABGB gewählt 176 , wobei gerade diese enge Anlehnung wieder als Mangel empfunden worden war. 177 Daraufhin übernahm Siebenhaar die Gesamtleitung und anstelle einer Überarbeitung des bestehenden Entwurfs wurde ein vollständig neuer Entwurf für einen besonderen Teil des Schuldrechts entworfen, welcher grundsätzlich (wieder) auf den Grundlagen 172 Siehe dazu Kapitel 2.1. 173 Siehe dazu Kapitel 2.3. 174 Es folgt die Darstellung der Zinsschuld und ihrer Modalitäten, die hier nicht weiter

interessieren. 175 Zuvor hatte man in zahlreichen Bestrebungen seit 1763 versucht, eine Kodifikation aus

dem tradierten, im Land Sachsen geltenden Recht zu bilden. 176 Handwörterbuch, Band IV., 1243. 177 Handwörterbuch, Band IV., 1244.

Page 82: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 36 -

des eigenen sächsischen Rechts aufbaute. 178 Dabei ist gerade im Bereich des Schuldrechts eine deutliche Orientierung an den Prinzipien des römischen Rechts festzustellen. 179

Sächsisches BGB 1863-65:

§ 1310 [Ablieferungsobligation]

Der Beauftragte ist verpflichtet, Alles, was ihm in Folge des Auftrages anvertraut worden ist, oder was er vermöge des Auftrages für den Auftraggeber angeschafft oder sonst erhalten hat, dem Auftraggeber herauszugeben und die etwa für denselben erworbenen Forderungen abzutreten.

§ 1311 [Verzinsung]

Hat der Beauftragte ihm anvertrautes oder für den Auftraggeber empfangenes Geld in seinen Nutzen verwendet oder nicht zeitig abgeliefert, so ist er zur Entrichtung von Zinsen zu fünf vom Hundert auf das Jahr, von Zeit der Verwendung in seinen Nutzen oder der unterlassenen zeitigen Ablieferung an, verpflichtet.

§ 1312 [Erforderliche Aufklärung; geeigneten Falls Rechnung ablegen]

Der Beauftragte ist verpflichtet, über die Führung des ihm aufgetragenen Geschäftes die erforderlichen Aufklärungen zu geben und geeigneten Falles Rechnung abzulegen.

Der �Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Königreich Sachsen, nebst Motiven� wurde auf den 1.3.1865 als Bürgerliches Gesetzbuch in Kraft gesetzt. Zu dieser Kodifikation erschien eine eigentliche Kommentar- und Monografieliteratur 180,

178 Für genauere Hinweise: Wulfert, Das sächsische bürgerliche Gesetzbuch und die zur

Revision des Held�schen Entwurfs eingesetzte Kommission, in: Sächsisches Archiv I (1891) 42ff., insbes. 53ff.

179 Dölemeyer, Handbuch, 1550. Eine Charakterisierung, die eine Abbildung des Römischen Rechts moniert, findet sich bei: Mittermaier, insbes. 114ff.

180 Für eine Literaturübersicht: Handwörterbuch, Band IV., 1248.

Page 83: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 37 -

wobei auch im hier interessierenden Bereich die Rechtsprechung zur wichtigen Rechtsquelle wurde.

2.5.3.2 Rechtsprechung Die Rechtsprechung versuchte, die Struktur und den Inhalt des neuen § 1312 Sächs. BGB mit dem zuvor tradierten Rechtszustand im sächsischen Recht in Einklang zu bringen, indem das Gericht ausführte: �Es ist keine wesentliche neue Vorschrift, dass in §. 1312 des G.B. das, was man bisher unter den allgemeinen Begriff der Rechnungsablegung zusammengefasst, in die zwei Theile �Aufklärung� (Rechenschaftslegung) und �Rechnungslegung� im eigentlichen Sinne getrennt hat. Offenbar aber kann hieraus nicht die Folgerung gezogen werden, dass der Mandatar in der Regel nur zur �Aufklärung� verbunden ist, es müssen vielmehr alle die Fälle, wo der Mandatar eine Geschäftsführung besorgt habe, welche ihrer Natur nach mit Einnahmen und Ausgaben verbunden war, als solche bezeichnet werden, für welche die eigentliche Rechnungsablegung die Regel bilde.� 181

Der Entscheid entwickelt auf der Grundlage des neuen Wortlautes der Pflicht zur Rechenschaftsablegung ein eigentliches Begriffssystem, wobei der Begriff �Rechnungsablegung� als Oberbegriff mit zwei Unterkategorien erscheint: Aufklärung und Rechnungsablegung. Hierzu wird im Entscheid klargestellt, dass der Beauftragte mit der Aufklärung seine Pflicht zur Rechnungsablegung in der Regel noch nicht erfüllt hat, da die Aufklärung einzig die Erörterung einer einzelnen Tatsache oder eines einzigen Umstandes umfasst. Der Beauftragte ist grundsätzlich der umfassenderen Pflicht zur Rechnungslegung unterworfen, wobei aus der Umschreibung deutlich wird, dass es sich hierbei um die tradierte Form der Rechnungslegung handelt. Die Belegstelle macht deutlich, dass in inhaltlicher Hinsicht der gesamte Pflichtinhalt �Rechnungsablegung� (= Oberbegriff) durch den Begriff der Pflicht zur Rechnungslegung abgedeckt wird, da am Ende der oben wiedergegebenen Stelle des Entscheides von der �eigentlichen Rechnungsablegung� gesprochen und damit die Rechnungslegung beschrieben wird.

181 Wiedergegeben in den Annalen N.F. Bd. III S. 496) [Zitiert nach Schubert, Vorentwürfe

der Redaktoren, Band 2, 853]. Dabei wird auf die ältere Rechtsprechung verwiesen, wobei keine eigentlichen Beleg- oder Fundstellen genannt werden.

Page 84: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 38 -

Die dargestellte Sichtweise entspricht im Übrigen auch der wichtigen Kommentierung von Pöschmann: �Der § [1312] zerlegt zweckmässig das, was man zeither unter dem allgemeinen Begriffe der Rechnungslegung zusammengefasst hat.� 182

2.5.3.3 Fazit Die Ausführungen zeigen im hier interessierenden Kontext eine deutliche Orientierung am römischen Verständnis der Rechenschaftspflicht als der Pflicht zur Rechnungslegung. Dabei belegen auch Lehre und Rechtsprechung zum Sächsischen Gesetzbuch, dass in der Pflicht zur Rechenschaft die Pflicht zur Rechnungslegung gemeint wurde. Dies entspricht auch dem tradierten Verständnis der Rechenschaftspflicht.

2.5.4 Dresdener Entwurf (1866)

2.5.4.1 Personelle und kodifikatorische Einflüsse auf den Dresdener Entwurf Die bislang in Kapitel 2.5 dargestellten Kodifikationsbestrebungen hatten wesentlichen Einfluss auf die Entstehungsgeschichte des Dresdener Entwurfs. Dies belegt auch der Umstand, dass sich die entsprechende Kommission aus den Vertretern der Länder Bayern (von Metz), Hessen (Müller) und Sachsen (Siebenhaar) zusammensetzte. 183 Siebenhaar wird weiter als Referent des vorbereitenden Ausschusses ernannt, welchem die bedeutende Aufgabe obliegt, die einzelnen Gesetzesartikel zu formulieren, welche anschliessend der Kommission zur Debatte vorgelegt werden. 184 In der 2. Sitzung vom 12.1.1863 wurde u.a. beschlossen, dass �der Entwurf der hohen Bayerischen Regierung unter steter Mitberücksichtigung des Hessen-Darmstädtischen Entwurfs und des Sächsischen Gesetzbuchs den weiteren Berathungen als Leitfaden dienen� 185 sollten. Damit wurde �[d]as gemeine Recht als Basis der meisten modernen Obligationenrechtsgesetze (...) somit weitgehend die mittelbare Quelle der Bestimmungen des Entwurfes.� 186 �Daneben wurden bei der

182 Pöschmann, Kommentierung, zu § 1312. Der Kommentar Grützmann enthält

demgegenüber keine Bemerkungen zu den §§ 1310-1312. 183 Protokoll 3f. Die Begründung war, dass diese drei Länder bereits über einschlägige

Erfahrungen verfügten und dass ohnehin die Gesetzgebungsprojekte bzw. die Gesetzbücher dieser drei Länder als Leitfaden dienen sollten.

184 Dölemeyer, Handbuch, 1563. Dies entspricht auch dem Vorgehen, wie es etwa bei der Entstehung des deutschen Handelsgesetzbuches praktiziert worden war.

185 Protokoll 5f. 186 Dölemeyer, Handbuch, 1565 (und auch 1550). Siebenhaar als Referent des vorbereitenden

Ausschusses kann allerdings die Absicht nachgewiesen werden, dass er tunlichst �sein� sächsisches Gesetzbuch einzubringen versucht war: Hedemann, 22ff. Es lässt sich auch allgemein zeigen, dass viele Grundsätze (resp. Eigenheiten) des Sächsischen

Page 85: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 39 -

Berathung die Grundsätze des gemeinen Rechts sowie die Bestimmungen der grösseren Codificationen des Civilrechts: des Österreichischen allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs, des Preussischen Landrechts, des Code civil und des Zürcherischen privatrechtlichen Gesetzbuches in Vergleich gezogen, auch haben die sonstigen deutschen Particulargesetzgebungen soweit als thunlich und erspriesslich, Berücksichtigung gefunden.� 187

2.5.4.2 Rechtsgeschichtliche Entwicklung im Auftragsrecht

2.5.4.2.1 Vorbemerkungen Die Beratungen in der Kommission im Bereich des Auftragsrechtes fanden in der 172.-174. Sitzung statt, die vom 24. bis 27. September 1864 dauerte. 188 Im Laufe der Vorarbeiten wurden keine materiellen Änderungen etc. vorgenommen (einzig eine Satzumstellung ist festzustellen). Der Text im endgültigen Entwurf in Art. 756 lautet wie folgt:

�Der Geschäftsführer ist verpflichtet, über die Geschäftsführung dem Geschäftsherrn Rechnung abzulegen und demselben Alles auszuantworten, was er in der Folge der Geschäftsführung für ihn angeschafft oder empfangen hat.� [ 2. Teil der Norm behandelt die Zinsproblematik, verweist dazu aber auf Art. 700].

2.5.4.2.2 Vorbereitender Ausschuss Der Wortlaut der Vorlage des vorbereitenden Ausschusses lautete wie folgt [Art. 742, Anlage B]:

Der Beauftragte ist verpflichtet, Alles, was ihm Behufs der Besorgung des aufgetragenen Geschäftes von dem Auftraggeber zur dereinstigen Wiedererstattung anvertraut

Gesetzbuches in den Dresdener Entwurf eingeflossen sind: Buschmann, Vorläufer, 553ff., insbes. 558.

187 Vorwort des Herausgebers des endgültigen Entwurfes (wie er im Buchhandel 1866 [Nachdruck Aalen 1975] ebenfalls erschienen war) von Dr. B. Franke, Redaktionssekretär der Schlussredaktionskommission (Protokoll 4638ff.). Hedemann, 23, spricht bei dieser Fülle der verwendeten Materialien von einem �Fluch des Übermasses�.

188 Für die ausführliche Diskussion über die Pflicht zur Verzinsung sei verwiesen auf: Protokoll 2512ff.

Page 86: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 40 -

worden ist, oder was er in der Folge der Geschäftsbesorgung für den Auftraggeber angeschafft oder empfangen hat, dem Letzteren auszuhändigen und darüber, sowie wie über seine ganze Geschäftsführung nach Vollendung des Geschäftes Rechenschaft abzulegen.

Wie der Wortlaut belegt, wählte der vorbereitende Ausschuss unverkennbar den Bayerische Entwurf 1861 � 1864 als Ausgangspunkt. 189 Es ist hier darauf hinzuweisen, dass diesbezüglich keine inhaltlichen Unterschiede zu den entsprechenden Normen des Hessischen Entwurfs und des Sächsischem BGB bestehen. 190

In der 173. Sitzung vom 26. September 1864 wurden verschiedene Problemkreise behandelt, die Hinweise auf Inhalt und Modalitäten der Rechenschaftspflicht zulassen. Bedeutend ist ei Antrag, der auf die Streichung der Worte �zur dereinstigen Wiedererstattung� abzielte. Dieser Antrag wurde abgelehnt, wobei folgendes Votum entscheidend war: �Die Bestimmung aber, dass diese [Gegenstände, die noch im Besitz des Beauftragten sind] dann ebenfalls zu restituieren seien, werde durch den Schluss des Artikels gedeckt, insofern nämlich über das, was dem Mandatar zur Verfügung und Verwendung anvertraut werde, Rechenschaft abzulegen sei und dass die Restitution sich selbstverständlich nach dem Ergebnis der Rechnungsablegung bemesse.� 191 Die Diskussion des Artikels in den Protokollen, der Antrag sowie die entsprechenden (ablehnenden) Voten zeigen das Folgende: Hauptdiskussionsgegenstand war stets die Ablieferungsobligation. Die Rechenschaftspflicht als eigentliche Verpflichtung zur Rechnungslegung wurde dabei eng und funktionsbezogen mit der Herausgabepflicht verbunden. Deutlich wird in dieser Diskussion, dass die Rechenschaftspflicht nicht über das hinausgehen kann, was dem Anwendungsbereich der Ablieferungsobligation untersteht. Die Rechenschaftspflicht ergänzt nach dieser Betrachtung die Ablieferungsobligation, indem der Beauftragte die Pflicht hat, über den Verbleib anvertrauter Sachen Rechenschaft zu geben, die nicht herausgegeben werden. Nur in diesem Sinne handelt es sich um eine eigentliche Berichtspflicht. 192 Die Rechenschaftspflicht erscheint in

189 Siehe dazu Kapitel 2.5.2. 190 Siehe dazu Kapitel 2.5.1. und 2.5.3. 191 Protokoll 2512 [Hervorhebungen durch den Verfasser]. 192 Siehe dazu Kapitel 3.3.2. Dieser Regelungsgedanke kommt auch etwa im Bereich des

schweizerischen Heimarbeitnehmervertrages zum Ausdruck. Siehe dazu Kapitel 3.5.3.4.

Page 87: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 41 -

diesem Sinne als Erfüllungssurrogat für die tatsächliche Ablieferung bzw. die tatsächliche Erfüllung der Ablieferungsobligation.

2.5.4.2.3 Redaktionsausschuss und Lesungen Der Wortlaut der Vorlage des Redaktionsausschusses [Art. 717, Anlage E] entspricht exakt dem Wortlaut, den der Gesetzesentwurf auch in der Schlussredaktion beibehielt. 193 Hinzuweisen ist einzig auf eine Änderung, die darauf zurückzuführen ist, dass der Terminus �anvertraut� nach dem damaligen Verständnis die Verpflichtung des Beauftragten zur späteren Wiedererstattung voraussetzte. Die entsprechende Ergänzung wurde an der 178. Sitzung vom 14.10.1864 übernommen mit dem Hinweis, dass damit keine materielle Änderung des Normtextes beabsichtigt ist. 194

Nach der 1. Lesung stand ein Wortlaut fest, der im Grundsatz bereits in Art. 757 [Anlage F] 195 (beinahe wortgleich) festgelegt worden war. Die einzige Differenz zum definitiven Wortlaut von Art. 699 DE besteht darin, dass in der Anlage F bei Art. 757 noch ausdrücklich erwähnt wurde, dass sich die Rechenschaftspflicht �über seine ganze Geschäftsführung� erstreckt, währenddem der Wortlaut von Art. 699 DE einfach von �über seine Geschäftsführung� spricht. 196 In den Protokollen finden sich keine Hinweise, wann und mit welcher Begründung diese Änderung am Gesetzestext vorgenommen wurde. 197 In der 2. Lesung wurden verschiedene Problemfelder im Auftragsrecht nochmals behandelt 198, doch wurden im hier interessierenden Teil des Entwurfes keine Anträge gestellt, weshalb diese Fassung derjenigen des definitiven Entwurfes in Art. 699 DE entsprach.

193 Für die ausführliche Diskussion über die Pflicht zur Verzinsung sei verwiesen auf:

Protokoll 2603f. 194 Protokoll 2603. 195 Damit wird der Gesamtentwurf bezeichnet, der zum Abschluss der 1. Lesung nochmals

revidiert wurde. 196 Protokoll 137. 197 Es bleibt deshalb bei der Vermutung, dass mit dieser Redigierung auch keine

materiellrechtliche Akzentverschiebung bei der Rechenschaftspflicht beabsichtigt worden ist. Die Originalakten sind im Zweiten Weltkrieg in Dresden verbrannt, weshalb die Notizen zum Entwurf nicht mehr eindeutig zugewiesen werden können: Protokoll XIII.

198 305. Sitzung vom 16. 3. 1866: Frage der Entgeltlichkeit und der Spezialvollmachten; 306. Sitzung vom 17. 3. 1866: Spezialvollmachten und generelle Umschreibung des Auftragsrechts: Protokoll 4442ff.

Page 88: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 42 -

Dresdener Entwurf 1866: 199

Art. 699 [Ablieferungsobligation; Rechenschaftspflicht]

Der Beauftragte ist verpflichtet, Alles, was ihm zum Zwecke der Geschäftsbesorgung anvertraut worden ist, oder was er in der Folge derselben für den Auftraggeber angeschafft oder empfangen hat, dem Letzteren auszuantworten und darüber, sowie über seine Geschäftsführung nach Erlöschung des Auftrages Rechenschaft zu geben.

Art. 700 [Verzinsung]

Hat der Beauftragte Gelder des Auftraggebers in seinen Nutzen verwendet, so ist er von dem Zeitpunkte der Verwendung an zur Verzinsung verpflichtet. (...) 200

2.5.5 Fazit Die Behandlung der einzelstaatlichen deutschen (Hessen/Bayern/Sachsen) Kodifikationen hat ergeben, dass eine deutliche und bewusste Orientierung am Code Civil und am gemeinen Recht festzustellen ist. Es handelt sich hierbei um Rechtsquellen, die nach der hier dargelegten Auffassung die Rechenschaftspflicht als eine Pflicht zur Rechnungslegung kodifiziert hatten. Diese Auffassung setzt sich auch in der Entstehungsgeschichte des Dresdener Entwurfes fort, weshalb im hier interessierenden Bereich keine Abkehr von der tradierten Rechtsauffassung festgestellt werden kann: Sowohl die Einflüsse der Rechtsordnungen, die den Dresdener Entwurf beeinflusst hatten als auch die Protokolle zum Entwurf selbst zeigen eine Orientierung an einer Pflicht zur Rechnungslegung, wobei der enge Zusammenhang zur Ablieferungsobligation thematisiert oder unterstellt wird. In diesem Sinne kann � gerade auch unter Hinweis auf die Lehre Mitte des 18. Jahrhunderts 201 � festgehalten

199 Entwurf eines für die deutschen Bundesstaaten gemeinsamen Gesetzes über

Schuldverhältnisse (nach der Schlussredaktion in zweiter Lesung): Ausgabe von Dr. B. Franke, dem ersten Sekretär der Commission, mit der im Auftrage der Kommission herausgegebenen und im Buchhandel erschienenen Ausgabe von 1866 (Nachdruck Aalen 1966).

200 Es folgten Modalitäten der Zinsschuld, die hier nicht weiter interessieren. 201 Siehe dazu Kapitel 2.2.2.

Page 89: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 43 -

werden, dass sich ein deutlicher Begriff der Rechenschaftspflicht durchgesetzt hat, der sich mit die Pflicht zur Rechnungslegung beschreiben lässt.

Page 90: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 44 -

2.6 Bürgerliches Gesetzbuch für das Deutsche Reich (BGB)

2.6.1 Allgemeine Hinweise zur Kodifikationsgeschichte Die Frage nach der Orientierung der Kodifikation wurde im Gutachten der Vorkommission in dem Sinne beantwortet, als alle in- und ausländischen �gesetzgeberischen Erfahrungen� sowie die Theorie des gemeinen Rechts berücksichtigt werden sollten. 202 Zum Redaktor für den Teilentwurf Schuldrecht wurde von Kübel bestimmt. 203 Durch seinen frühzeitigen Tod blieben beachtliche Teile des Besonderen Teils (zumindest von ihm persönlich 204 ) unbearbeitet, was insbesondere auch auf das Recht des Auftragvertrages zutrifft. 205 Die dadurch bestehenden Lücken wurden durch den Dresdener Entwurf, das gemeine Recht sowie durch Regelungen aus anderen modernen Kodifikationen ausgefüllt. 206 Durch diesen Umstand erhalten die zuvor in Kapitel 2 dargestellten Kodifikationen einen unmittelbaren Einfluss in der Kodifikationsgeschichte des BGB. Aus diesem Umstand erklärt sich auch die Feststellung, dass die überwiegende Anzahl der rechtlichen Institute, die Systematik sowie die Grundhaltung der Kodifikation als romanistisch geprägt beurteilt wurden. 207

2.6.2 Besondere Entstehungsgeschichte von § 666 BGB In der 228. Sitzung der Ersten Kommission vom 2.7.1883 wurde der Entwurfstext der Vorkommission für eine Rechenschaftspflicht und eine Ablieferungspflicht im Auftragsrecht behandelt. Wie bereits im vorangegangenen Abschnitt dargelegt worden ist, wurde aufgrund der konkreten Umstände Art. 699 DE zum eigentlichen Ausgangspunkt der Beratungen. 208 Bereits zu Beginn der Beratungen wurden von 202 Siehe hierzu das Gutachten in Jakobs/Schubert, Einführung, Biographien, Materialien,

172. 203 Von Kübel war ein anerkannter Vertreter des gemeinen Rechts: Dölemeyer, Handbuch,

1581; Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren, Band 1, XVIIff. Weiter war von Kübel von Ende 1862 bis Juni 1866 auch Mitglied der �Dresdener Kommission zur Ausarbeitung eines Obligationenrechts�.

204 Zu einzelnen Titeln (vgl. Jakobs/Schubert, Einführung, Biographien, Materialien, 45; Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren, Band 1, [Einleitung] XIIf.) des Besonderen Teils lagen �lediglich� Materialsammlungen der sog. Hilfsarbeiter der Kommission bzw. von Kübels vor. Die Autorenschaft für diese Materialsammlung lässt sich dabei gerade auch etwa für den Titel des Auftragsrechts nicht feststellen.

205 Dölemeyer, Handbuch, 1584. 206 Für genauere Details: Jakobs/Schubert, Einführung, Biographien, Materialien, 45f. 207 Für die Quellenforschung ausführlich: Benöhr, 79ff. ; Kaser, Anteil, 337ff.; Krause, 313ff.

(je mit umfangreichen Hinweisen). 208 In der nun folgenden Darstellung werden die einzelnen Protokollstellen nach Möglichkeit

nach dem Werk von Jakobs/Schubert, Beratung I resp. Jakobs/Schubert, Beratung III, zitiert. Es gelten dabei folgende Abkürzungen:

Page 91: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 45 -

verschiedenen Mitgliedern der Kommission Vorschläge unterbreitet, die alle davon ausgingen, dass die Pflichtumschreibung in Art. 699 DE sowohl bezüglich der Ablieferungsobligation 209 als auch bezüglich der Rechenschaftsobligation 210 lückenhaft sei. Im Einzelnen präsentieren sich die Beratungen im hier interessierenden Bereich wie folgt:

2.6.2.1 Teilentwurf des Schuldrechts bzw. die Materialsammlung In der Materialsammlung finden sich drei Belegstellen, die sich spezifisch mit der Pflicht zur Rechenschaftsablegung bzw. mit der Pflicht zur Rechnungslegung befassen: Titel �II. Moderne Gesetzgebungen, 1. ALR� 211 bzw. �II. Moderne Gesetzgebungen, 5. Sächs. GB� 212 und Titel �IV. Doktrin und Praxis, 3.�, welcher einige grundlegende Hinweise zum Thema �Rechenschaftspflicht/Rechnungslegung� enthält. 213

Hierbei ist auf die zuletzt erwähnte Zitatstelle hinzuweisen, welche die in dieser Arbeit behandelten Digestenstellen als eigentliche Hauptquellen der entsprechenden Pflicht aufführt. 214 In den entsprechenden �Begründungen� wird unter Verweisung auf einen Teil der dort angeführten Lehre und Rechtsprechung einzig von der Pflicht des Beauftragten zur Auskunftsgebung und zur Rechnungs(ab)legung gesprochen. In früheren Rechtsordnungen wurde die Auskunftspflicht als die �kleine� Pflicht zur Rechnungslegung anerkannt, welche eine einzelne Information zum Gegenstand hatte. 215 Dabei bezog sich diese einzelne Information stets auf ein Detail aus dem Bereich der Pflicht zur Rechnungslegung. Gestützt auf diese Grundlagen, wird in diesem Entwurf konsequenterweise nur von der Pflicht zur Rechnungslegung gesprochen, was durch die abschliessende Stellungnahme in der Materialsammlung verdeutlicht wird,

- Prot. I: Protokolle der Ersten Kommission zur Ausarbeitung eines Bürgerlichen Gesetzbuches (1881 � 1889); zitiert wird dabei nach der metallografierten Abschrift.

- Prot. II: Protokolle der Zweiten Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich (1890 � 1896); zitiert nach der amtlichen Ausgabe von 1897 � 1899 und bei Mugdan, Materialien.

209 So der Antrag von Weber (Nr. 437): Jakobs/Schubert, Beratung III, 61 (Prot. I 2425). 210 So insbesondere der Antrag von Planck (Nr. 438, 1): Jakobs/Schubert, Beratung III, 61

(Prot. I 2425f.). 211 Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren, Band 2, 850ff. 212 Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren, Band 2, 852f. 213 Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren, Band 2, 855. 214 Siehe dazu Kapitel 2.1. 215 So etwa die Rechtslage im Sächsischen Gesetzbuch: Siehe dazu Kapitel 2.5.3.

Page 92: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 46 -

wonach der Begriff �rationes reddere� 216 in der Literatur �schlechthin mit �Rechnung legen� identifiziert und nur von letzterem gesprochen [werde].� 217 Damit steht zu Beginn dieser Gesetzesarbeiten die Pflicht zur Rechnungslegung als eigentlicher Gegenstand der Rechenschaftspflicht fest.

2.6.2.2 Erste Kommission In den Kommissionsberatungen bestanden (wie bei der Ablieferungsobligation) im Bereich der Rechenschaftspflicht keine Zweifel, dass diese Pflicht des Beauftragten einen notwendigen Bestandteil einer Normierung darstellt. 218 Bereits in den �Begründungen� des Teilentwurfes 219 und dann in den �Motiven� zum Ersten Entwurf 220 wurde hierzu die Tradition der Rechenschaftspflicht hervorgehoben. Es wurde angemerkt, dass es sich bei dieser Verpflichtung sowohl um ein gemeinrechtlich 221 als auch um ein von modernen Gesetzgebungen 222 anerkanntes und explizit erwähntes Rechtsinstitut handelt. In den folgenden Beratungen wurden verschiedene Anträge gestellt, die v.a. eine geordnete Rechnungslegung bei der Vermögensverwaltung 223 und die Möglichkeit der eidesstattlichen Versicherung 224 zum Gegenstand hatten. Weiter waren die Frage des Zeitraums der Rechnungslegung und die Art der Rechenschaftsablegung in speziellen Fällen die zentralen Themen der Diskussionen:

(1) Zeitraum der Rechnungslegung: Unter dem Hinweis, dass eine diesbezüglich sich äussernde generelle Norm der Vielfalt der zu regelnden Lebenssachverhalte nicht gerecht werden könne, unterliess man ausdrücklich die Regelung einer eigentlichen festen Berichtsperiode. 225 Gerade die Diskussion um die Frage der Berichtsperioden verdeutlicht in inhaltlicher Hinsicht die Statuierung einer eigentlichen Berichtspflicht.

216 Dabei wird an folgende Digestenstellen gedacht: D. 3.3.46.4; D. 17.1.56.2; D. 2.13.9 pr.

Siehe dazu Kapitel 2.1. 217 Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren, Band 2, 855 (mit zahlreichen Belegstellen). 218 Prot. I 2427. 219 Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren, Band 2, 855. 220 Mugdan, Materialien, 300. 221 Es werden wiederum folgende Belegstellen in den Digesten genannt: D. 17.1.56.2; D.

3.3.46.4; D. 2.13.9 pr. Siehe dazu Kapitel 2.1. 222 Es werden alle bekannteren Kodifikationen aufgezählt: ALR; Code civil; ABGB; Zürcher

PGB; Sächsisches BGB; Schweizerisches aOR. Ferner wurden ebenfalls die Entwürfe von Bayern und Hessen berücksichtigt.

223 So der Antrag von Weber (Nr. 437): Jakobs/Schubert, Beratungen III, 61 (Prot. I 2425). 224 So der Antrag von Weber (Nr. 437) und Planck (Nr. 438): Jakobs/Schubert, Beratungen

III, 61 (Prot. I 2425f.). 225 Vgl. hierzu die geäusserten Bedenken in den Beratungen der Ersten Kommission: Prot. I

2428.

Page 93: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 47 -

Es sollte also eine Informationspflicht mit klar definiertem Inhalt geschaffen werden, die aus dem tradierten Recht abzuleiten war.

(2) Art der Rechenschaftsablegung: In den Beratungen wurden Zweifel geäussert, ob der Gesetzgeber ganz allgemein die Art der Rechenschaftspflicht regeln könne, weil sich die Rechtswirklichkeit je nach Bereich des Auftragsgeschäfts sehr unterschiedlich präsentiere. Gemäss Antrag von Weber sollte aus diesem Grund die Pflicht im Rahmen der eigentlichen Vermögensverwaltung als �Sonderfall� geregelt werden, da es sich hier um ein mit Aus- und Einnahmen typischerweise verbundenes Geschäft handelt 226: In diesem Bereich ist zwingend eine Rechenschaftsablegung mittels Legung einer vollständigen und detaillierten Rechnung vorzunehmen. Das entsprach auch der entsprechenden differenzierenden Rechtsprechung, wie sie in der vorliegenden Arbeit an anderer Stelle wiedergegeben worden ist. 227 Ausserhalb der eigentlichen Vermögensverwaltung konnte keine weitere Regelung allgemein formuliert werden und es wurde explizit auf die Funktion der Gerichte hingewiesen, die in den jeweiligen Fällen zur Lösungsfindung antreten müssten. 228 Die zuletzt genannte Konkretisierungsaufgabe wurde auch explizit für die Frage der sog. belegten Rechnung formuliert, d.h. hinsichtlich der Frage, welche Belege für eine ordentliche Rechnungslegung notwendig sind. 229

(3) Unklar und ergebnislos verliefen die weiteren Beratungen bei der Regelung einer sog. Auskunfts- und Benachrichtigungspflicht. Aus den einzelnen Erwägungen ist immerhin zu erkennen, dass hier eine Pflicht ausserhalb der eigentlichen Rechenschaftspflicht beraten wurde, da eine eigentliche Benachrichtigungspflicht thematisiert war. Allerdings wurde zu diesem Zeitpunkt von einer Regelung abgesehen, weil diese Verpflichtung des Beauftragten bereits aus dem �Wesen des

226 In der Diskussion in der Ersten Kommission verwendete man auch die Formulierung, dass

es in diesen Fällen in der �Natur der Dinge� liege, der Rechenschaft auf diese Weise zu entsprechen: Mugdan, Materialien, 300.

227 Siehe Kapitel 2.2.3. In den entsprechenden Beratungen verwies man auch auf die bereits bestehende Rechtssprechung: ROHG VII. Nr. 24, ROHG XIII. Nr. 11 und ROHG XIV. Nr. 36. Mit dieser Gesetzgebung wurde für eine besondere Art der Geschäftsbesorgung (die Vermögensverwaltung) in einem Abs. 2 die Art und Weise der Erfüllung der hier untersuchten Pflicht spezifisch und zwingend festgelegt.

228 Damit wurde dieser Bereich im Auftragsrecht zum Anwendungsbereich des Richterrechtes erklärt, weil erkannt worden ist, dass die Vielfalt der Lebenssachverhalte mit einer generellen Norm nicht eingefangen werden kann.

229 In der folgenden 229. Sitzung vom 4.7.1883 war im Bereich der Rechenschaftspflicht nur noch die Frage der eidesstattlichen Erklärung beraten worden. Es handelt sich dabei um eine Eigenheit des deutschen Rechts und tangiert den Grundsatz der freien Beweiswürdigung, weshalb dieser Teil der Beratungen nicht dargestellt wird.

Page 94: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 48 -

Auftragsverhältnisses� folge. 230 Unklar ist diese Diskussion insbesondere deshalb, weil hier der Begriff �Auskunftspflicht� in einem anderen Kontext und im Zusammenhang mit einer Benachrichtigungspflicht erscheint. Bis zum Zeitpunkt dieser Voten war es bislang das allgemeine Verständnis von Lehre und Rechtsprechung gewesen, dass die Auskunftspflicht ein Bestandteil der Rechnungslegung war und jeweils eine Information über einen einzelnen Aspekt umfasste.

Im Ergebnis wurde eine Normierung der Rechenschaftspflicht ausgearbeitet, welche folgende Eckpunkte aufweist: Im Bereich der eigentlichen Vermögensverwaltung wird zwingend eine Pflicht zur umfassenden Rechnungslegung vorgeschrieben, wogegen in anderen Bereichen ein auf Einzelinformationen beschränktes Auskunftsrecht grundsätzlich ausreichend ist. Es obliegt allerdings der kommenden Gerichtspraxis, diese weiteren Bereiche entsprechend der Vielfalt der Lebenssachverhalte zu regeln. Regelungsgegenstand der Pflicht ist, dass der Beauftragte soweit Aufschlüsse zu geben hat, wie eine Ablieferungsobligation in Rede steht. Die ganze entsprechende Gesetzgebung orientiert sich in diesem Sinne an der Sicherstellung der Ablieferungsobligation als dem zentralen Kern des Mandatsrechts, welche die Fremdnützigkeit des Mandates sicherstellt.

2.6.2.3 Zweite Kommission Nachdem keine Verhandlungen und Änderungen in der Vorkommission des Reichsjustizamtes stattgefunden haben, 231 zeichnen sich die Beratungen in der Zweiten Kommission im hier untersuchten Bereich v.a. dadurch aus, dass grundsätzliche Diskussionen über das Informationsrecht im Auftragsrecht aufgenommen wurden. Dies führte zu einer inhaltlichen und formellen Neuüberarbeitung des hier infrage stehenden Gesetzesartikels. Im Ergebnis entstand eine Gesetzesnorm, welche weit über eine blosse Nachführung oder Verdeutlichung der bis anhin beratenen Rechtslage hinausreichte. Damit erreichte die Kodifizierung der Pflichten des Auftraggebers in diesem Bereich eine neue Qualität, welche nicht mehr an die tradierten Rechtsordnungen anknüpfen konnte. Beleg für den Wandel der entsprechenden Normierung sind die folgenden Anträge aus der Zweiten Kommission:

(1) Antrag Struckmann 232 (Nr. 190, 6): �Der Beauftragte hat dem Auftraggeber auf dessen Verlangen hin jederzeit über seine Geschäftsführung Auskunft zu ertheilen und 230 Prot. I 2428. 231 Jakobs/Schubert, Beratung III, 133. 232 Jakobs/Schubert, Einführung, Biographien, Materialien, 107f.

Page 95: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 49 -

nach Beendigung des Auftrags über dessen Ausführung Rechenschaft abzulegen. Im Falle einer Vermögensverwaltung hat er dem Auftraggeber eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthaltende und mit Belegen versehene Rechnung zu legen.�

(2) Antrag Jacubezky 233 (Nr. 203, 5): �Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu ertheilen und nach Beendigung des Auftrags über die Ausführung desselben Rechenschaft abzulegen.�

Die entsprechenden Voten und Diskussionen belegen, dass der Beauftragte neu in ein eigentliches Netz von Informationspflichten eingebunden werden soll, denn der Auftraggeber habe häufig ein grosses Interesse daran, während des Schwebens des Verhältnisses zu erfahren, was vom Beauftragten vorgenommen sei, bereits um erforderlichenfalls eingreifen und Änderungen treffen zu können. Diese faktische Lage entspricht einem tatsächlichen Bedürfnis, geht aber weit über den Bereich einer eigentlichen (und tradierten) Rechenschaftspflicht hinaus.

Der entsprechende Fokus lag bei dieser Diskussion auf dem Bestand einer allgemeinen Benachrichtigungspflicht, welche die eigentliche Ausführungsobligation unterstützt. In diesem Zusammenhang wurde eine Auskunftspflicht angeführt, welche eben auch durch eine aktive Pflicht zur Benachrichtigung zu ergänzen sei: Lege man aber bereits mit Rücksicht auf das praktische Bedürfnis dem Beauftragten ausdrücklich die Verpflichtung auf, Auskunft zu erteilen, so sei es auch angezeigt, ihn im Anschluss an Art. 361 ADHGB zu verpflichten, ohne Anfrage von sich aus die erforderlichen Nachrichten zu geben. Dies sei notwendig, um das Missverständnis auszuschliessen, dass nach dem Gesetze erst eine Aufforderung zu ergehen habe. Diese Umschreibung macht deutlich, dass die Rechenschaftspflicht von der soeben dargestellten Benachrichtigungs- und Auskunftspflicht zu unterscheiden ist. So erfolgen denn die oben dargestellten Ausführungen ausschliesslich im Zusammenhang mit der Ausführungsobligation des Beauftragten. Soweit den Beratungen entnommen werden kann, dass eine Unbestimmtheit der Informationspflichten gegeben ist, beziehen sich die Ausführungen in inhaltlicher Hinsicht auf die Benachrichtigungspflicht und die hier speziell eingeführte �spiegelbildliche� Auskunftspflicht. Dies entspricht auch der Tatsache, dass die Informationen, welche für die Wahrnehmung des Weisungs- resp.

233 Über den Einfluss der süddeutschen Rechtsanschauung: Jakobs/Schubert, Einführung,

Biographien, Materialien, 58f. und 101f.

Page 96: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 50 -

des Widerrufsrechtes notwendig sind, nur aus der konkreten Situation bestimmt werden können. Nach dieser neu geschaffenen Gesetzeslage ist die Auskunftspflicht nicht mehr länger die �kleine� Pflicht zur Rechenschaftsablegung � wie noch in den Beratungen der Ersten Kommission 234 �, sondern die Entsprechung der Benachrichtigungspflicht. 235

Im Gegensatz zu den Ausführungen im Zusammenhang mit der Benachrichtigungs- und Auskunftspflicht ist die Tatsache festzuhalten, dass sich in den Beratungen zur Rechenschaftspflicht keine Hinweise für eine inhaltliche Unbestimmtheit des Pflichteninhalts der Rechenschaftspflicht finden lassen. Gerade die Streichung von Abs. 2 des Entwurfes der Ersten Kommission und die gemeinsame Regelung mit der Ablieferungsobligation (Verweis auf § 598) sprechen bei der Rechenschaftspflicht für eine eigentliche Orientierung an der Ablieferungsobligation. 236 Aus den dargestellten Gründen kann gefolgert werden, dass der Inhalt der Rechenschaftspflicht für bestimmt resp. als inhaltlich determiniert gehalten worden ist. Dies kann jedoch nur dann der Fall sein, wenn die Rechenschaftspflicht einer gewissen inhaltlichen und formellen Schematisierung im Sinne der Pflicht zur Rechnungslegung folgt und damit dem Wesen nach eine eigentliche Berichtspflicht bleibt. Damit darf die Neukonzeptionierung von verschiedenen Informationspflichten nicht vom Umstand ablenken, dass im Bereich der eigentlichen Rechenschaftspflicht grundsätzlich die tradierte Rechtsauffassung übernommen wurde.

2.6.2.4 Denkschrift In der Denkschrift 237 zuhanden des Reichstages findet sich ebenfalls deutlich der Gedanke, dass es sich bei der Pflicht zur Rechnungslegung, der Rechenschaftspflicht und der Pflicht zur Auskunft um eine grundsätzliche Regelungsidee des Gesetzgebers handelt. 238 Im entsprechenden Kapitel erscheinen im Titel einzig die Begriffe �Rechnungslegung. Auskunftsertheilung.�, wobei die Rechenschaftspflicht � wie in

234 Siehe dazu Kapitel 2.6.2.2. 235 Siehe dazu die beiden Belegstellen in Mugdan, Materialien, 300 und 946. Damit

entsprechen sich Aktiv- und die Reaktivpflicht hinsichtlich des Gegenstandes. 236 Die explizite Eliminierung von Abs. 2 des Entwurfes der Ersten Kommission ist in der

Weise zu verstehen, dass es eine allgemeine Pflicht zur Rechenschaft gibt, welche aus der Pflicht zur Rechnungslegung besteht.

237 Denkschrift, 45 [in Mugdan, Materialien, 1235f.]. 238 Es wurde dabei explizit ausgeführt, dass dies bei Auftrag, Dienst- und Werkvertrag sowie

bei der Geschäftsführung ohne Auftrag der Fall sei: Denkschrift, 45 [in Mugdan, Materialien, 1235f.].

Page 97: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 51 -

der traditionellen Rechtsauffassung � unter dem Titel der Pflicht zur Rechnungslegung abgehandelt wird.

Als einzige Präzisierung wird angeführt, dass sich die Pflicht zur Rechnungslegung und damit die Rechenschaftspflicht erst nach Ausführung des Auftrages aktualisiert, währenddem die Pflicht zur Auskunftserteilung während des ganzen Vertragsverhältnisses bestehe. In inhaltlicher Sicht werden allerdings keine Ausführungen gemacht, sodass darauf zu schliessen ist, dass sich die Auskunftspflicht auf einen Ausschnitt der Pflicht zur Rechnungslegung beschränken kann. Das entspricht der tradierten Eineilung der Pflichten des Beauftragten, wie sie vor den Beratungen der Zweiten Kommission vorgenommen worden ist. 239 Dies wird weiter dadurch unterstützt, dass aus den Erläuterungen deutlich wird, dass der Beschreibung der Pflicht zur Rechenschaftspflicht etwas Schematisches anhaftet, was sie als eine eigentliche Berichtspflicht erscheinen lässt. Entscheidende Bemerkung in diesem Zusammenhang ist, dass bei einem mit Ein- und Ausgaben verbunden Geschäft die Rechnungslegung die geeignete und gebräuchliche Form der Erfüllung der Rechenschaftspflicht ist. Dabei wird in inhaltlicher Hinsicht ausgeführt, dass dem Berechtigten eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und/oder der Ausgaben zuzustellen ist und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, solche vorzulegen sind. 240

2.6.3 Fazit Aufgrund der dargestellten Entstehungsgeschichte des BGB kann festgehalten werden, dass mehrere Phasen unterschieden werden können. Am Ausgangspunkt der Gesetzgebung stand ein der Tradition verpflichtetes Konzept, das bis zu den Beratungen der Ersten Kommission grundsätzlich die Pflicht zur Rechnungslegung als Rechenschaftspflicht statuierte. Die Analyse der Beratungen der Zweiten Kommission hat allerdings gezeigt, dass gesetzgeberisch nun der Wille zur Legiferierung einer eigentlichen Kommunikationsordnung im Auftragsrecht bestanden hatte. Dabei ist zentral, dass sich eine Pflichterweiterung des Beauftragten gerade im Bereich der �neueren� Informationspflichten �Auskunftspflicht� und �Benachrichtigungspflicht� abzeichnete. Es sind diese Pflichten, denen im Rahmen der Ausführungsobligation bestimmte Funktionen zugedacht wurden. Für die hier untersuchte Kodifikation ist aber festzuhalten, dass die Auskunftspflicht und die Benachrichtigungspflicht jeweils

239 Siehe dazu Kapitel 2.6.2.3. 240 Denkschrift, 45f. [in Mugdan, Materialien, 1235f.].

Page 98: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 52 -

besonders begründet und gerade bewusst in einem Gegensatz zu einer Rechenschaftspflicht gesetzt wurden. Aufgrund der dargelegten Ausführungen ist eine abschliessende Stellungnahme zur Frage des eigentlichen Inhalts der Rechenschaftspflicht schwierig, weil die Entwicklungen in der Gesetzgebung nicht kontinuierlich und teilweise widersprüchlich sind.

Zentral ist jedoch die Feststellung, dass die deutsche Rechtsentwicklung sich in eine Richtung entwickelt hat, die insbesondere für die Schweiz nicht nachvollzogen werden kann. Aus diesem Grunde kann die nachfolgend dargestellte Entwicklung in der Schweiz als autonome Entwicklung betrachtet werden, welche die teilweise widersprüchlichen Entwicklungen des deutschen BGB nicht beachtet.

Page 99: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 53 -

2.6.4 Übersicht über die Entwurfstexte zum BGB I. Die Pflicht zur Rechenschaftsablegung etc.

Entwurf I (§ 591) Entwurf II (§ 597) BGB (§ 666)

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber über die Ausführung des Auftrages Rechenschaft abzugeben.

Bei einer Vermögens-verwaltung hat er dem Auftraggeber eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthaltende und mit Belegen versehene Rechnung zu legen.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäftes Auskunft zu ertheilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

[gestrichen und Verweis auf § 598]

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäftes Auskunft zu erteilen und nach Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

II. Die Ablieferungsobligation:

Entwurf I (§ 592) Entwurf II (§ 598) BGB (§ 667)

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber dasjenige, was er zum Zweck der Ausführung des Auftrages erhalten, sowie dasjenige, was er aus der Ausführung desselben erlangt hat, mit Einschluss der gezogenen Nutzungen herauszugeben.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber Alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhalten und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, mit Einschluss der etwa gezogenen Früchte herauszugeben.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber Alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.

Page 100: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 54 -

2.7 Privatrechtliches Gesetzbuch für den Kanton Zürich (PGB)

2.7.1 § 1173 PGB und seine systematische Stellung PGB Zürich 1853:

§ 1173 [Rechenschaftspflicht; Ablieferungsobligation]

Der Beauftragte ist ferner schuldig, über die Besorgung des Auftrags dem Mandanten Rechenschaft zu geben und Rechnung zu stellen und Alles zu erstatten, was ihm in Folge dieser Geschäftsbesorgung zugekommen ist.

(§ 1174 [Sorgfaltsmassstab bei der Auftragsausführung])

§ 1175 [Verzinsung]

Hat er Gelder, die er für den Auftraggeber in Empfang genommen, in seinem Nutzen verwendet oder die Erstattung oder Ausleihung von Kapitalsummen ungebührlich versäumt, so muss er dem Auftraggeber die Zinsen der Zwischenzeit vergüten.

Die explizite, grundsätzliche Verehrung von Bluntschli für den Code civil ist bekannt. 241 Dabei ist aber festzustellen, dass sich die Gesetzgebung des PGB an verschiedenen Quellen orientierte. 242 Dies trifft auch insbesondere auf § 1173 PGB zu, werden in der Einführung zum entsprechenden Paragrafen doch mehrere Kodifikationen angeführt: ALR I. 13 §§ 61 ff., § 1009 ABGB und Art. 1993 CC. 243 Allerdings fehlen im hier interessierenden Bereich weitere klärende Ausführungen zum Einfluss der einzelnen Kodifikationen. Aufgrund der genannten Quellen kann jedoch die inhaltliche Orientierung der Rechenschaftspflicht an der eigentlichen Hauptpflicht der entsprechenden Norm vermutet werden: die Ablieferungsobligation. 244 Dies ergeht 241 Aus dem Aufsatz �Aufgabe der neuen Gesetzbücher� (S. XXIIIf.), der im Januar 1844 im

�Beobachter aus der östlichen Schweiz� erschienen war. [Auch als Beilage im Bd. 1, S. XIff., 3. Auflage (1855) des �Privatrechtlichen Gesetzbuches für den Kanton Zürich. Mit Erläuterungen, herausgegeben von Dr. Bluntschli�]. Diese Einflüsse zeigen sich v.a. auch im Familien- und Kindesrecht: Guggenbühl, 98.

242 Huber, 194; Mittermaier, 94ff., insbes. 112ff.; Guggenbühl, 94f. So fand etwa in der Frage der allgemeinen Konzeption des Mandatsrechts auch eine Orientierung am ABGB statt: vgl. BK-Fellmann, Vorbem. zu den Artikeln 394 � 406, N 87.

243 In dieser Reihenfolge: Bluntschli, Einleitung zu § 1173. 244 Dies ergibt sich auch gerade daraus, dass in dieser Quellenstelle § 1012 ABGB nicht

erwähnt wird. Bei § 1012 ABGB handelt es sich um die Rechenschaftspflicht des Beauftragten. Siehe dazu Kapitel 2.4.

Page 101: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 55 -

sowohl aus dem Wortlaut des Artikels als auch aus dem Hinweis auf die entsprechenden Kodifikationen, welche jeweils eine blosse Pflicht zur Rechnungslegung anerkannten. 245 Es ist jedoch festzuhalten, dass die verfügbaren Gesetzesmaterialien 246 zum PGB diesbezüglich keine expliziteren Hinweise liefern.

2.7.2 Praxis zum Mandatsrecht (§ 1173 PGB) Im Bereich von § 1173 PGB hat sich in verschiedenen Teilaspekten eine Gerichtspraxis entwickelt, die weitere Rückschlüsse auf den Inhalt der Rechenschaftspflicht im Sinne des PGB zulassen.

2.7.2.1 Z. X. 368:Vertrauen und Informationsrecht Ein erster Entscheid betraf sowohl die Frage der Verantwortlichkeit (resp. der anzuwendenden Sorgfalt) als auch die Frage des Umfanges der Rechenschaftspflicht: �Da, wo der Mandant dem Mandatar offenbar mit vollem Vertrauen überlassen hat, nach eigner Ansicht und Überzeugung des Ersteren Interesse in allen vorkommenden Fällen zu wahren, wäre es zu weit gegangen, einen solchen Geschäftsbesorger, sofern derselbe in gutem Glauben handelte, für den Erfolg seiner Schritte verantwortlich zu machen und zu verlangen, dass er bei jedem einzelnen der von ihm Jahre lang in grosser Anzahl besorgten Geschäfte sich ausweise, dass dasselbe nothwendig gewesen sei und welchen Nutzen es dem Auftraggeber gebracht habe.� 247

Diesem Leitentscheid aus der alten Zürcher Praxis können zwei grundlegende Rechtsideen entnommen werden:

(1) Zum einen kommt in diesem Entscheid der Gedanke (des Mandatsrechtes) in besonders eindrücklicher Weise zum Ausdruck, dass dem tatsächlichen Umstand von �Vertrauen schenken� mit einer Einschränkung des Informationsrechtes entsprochen werden muss. Damit hat diese Praxis in grundsätzlicher Weise die Tatsache anerkannt, dass Vertrauen informationsersetzend wirkt. 248 Zur Rechtsgrundlage des

245 Siehe dazu Kapitel 2.2 � 2.5. 246 Der Gesetzestext stimmt in diesen hier behandelten Punkten mit den Normtexten der

Entwürfe überein: Dabei entspricht § 1173 dem § 1474, § 1175 dem § 1476 des 1. Entwurfs von Bluntschli [Fundstelle: Staatsarchiv Zürich: III C b 8] aus dem Jahre 1852. Die Gesetzesrevisionskommission hatte keine Ausführungen dazu gemacht und genehmigte den Entwurfstext ohne Änderungen [Belegstelle: Staatsarchiv Zürich: PP 14, S. 133 und PP 14a, S. 154]. Auch die Beratungen im Grossen Rat von 1852-1854 und 1854-1858 brachten keine Änderung [Belegstelle: Staatsarchiv Zürich: MM 24.31 und MM 24.32].

247 Publiziert in Z. X. 368. Dieser Entscheid ist auch bei Hirzel unter No. 1334a wiedergegeben.

248 Luhmann, 34; Druey, Information als Gegenstand, 228. Siehe dazu Kapitel 3.6.3.

Page 102: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 56 -

entsprechenden Vertrauens wird im Entscheid nichts ausgeführt, weshalb davon auszugehen ist, dass dieser Grundsatz generelle Bedeutung hat. Der Entscheid stellt aber auch klar, dass für die Beurteilung einzig ein ursprüngliches Vertrauen (im Zeitpunkt der Vertragseingehung) von Bedeutung ist. Demgegenüber wird die Rechtslage (und damit der Bestand eines beschränkten Informationsrechts) nicht dadurch beeinflusst, dass sich im Laufe der Mandatsausführung Misstrauen und Spannungen zwischen den Vertragsparteien aufgebaut haben.

(2) Zum anderen ist diesem Entscheid die Regel zu entnehmen, dass die Information substituierende Wirkung von Vertrauen umso grösser ist, je umfangreicher und/oder unbestimmter ein Auftrag ist. Entsprechend wird der zugestandenen (und allenfalls auch notwendigen) Freiheit in der Auftragsausführung nicht mit einem detaillierten Informationsrecht begegnet. Dem zugestandenen Autonomiebereich des Beauftragten wird mit einer entsprechend beschränkten Informationspflicht entsprochen. Dies ist Ausfluss einer konzeptuellen Auffassung des Auftragsrechts, wonach in diesem Vertragstyp grundsätzlich keine allgemeine Kontrolle eingerichtet ist und entsprechend auch insbesondere die Rechenschaftspflicht kein entsprechendes Kontrollinstrument sein kann. 249

2.7.2.2 Z. V. 230: Pflicht zur belegten Rechnungslegung Ein weiterer Entscheid konkretisiert den Umfang der Rechnungslegungspflicht: �Die Mitglieder der zur Ausführung eines bestimmten Zweckes niedergesetzten Kommission sind zur Rechnungsablage über die Verwendung der Gelder, die ihnen zu diesem Zwecke übergeben worden sind und zur Herausgabe des nicht verwendeten Überrestes verpflichtet. (...). Hierbei versteht sich von selbst, dass nach erhobener Bestreitung der Rechnung der Beweis geleistet werden muss, es seien die behaupteten und verrechneten Ausgaben auch wirklich gemacht worden und es haben die Leistungen stattgefunden, wofür die Ausgaben geschehen.� 250 Diese Rechtsprechung wurde in einem Entscheid bestätigt, da § 1173 PGB erfordert, nicht nur eine Rechnung zu stellen, �sondern auch dass der Inhalt derselben durch urkundliche Belege oder andere taugliche Beweismittel als richtig erstellt wird.� 251

249 Es handelt sich dabei um ein grundlegendes Charakteristikum des Auftragsrechts,

wodurch sich dieser Vertragstyp gerade von anderen Arbeitsleistungsverträgen unterscheidet (Arbeitsvertragsrecht; Personengesellschaftsrecht). Siehe dazu Kapitel 3.5.2, 3.5.3 und 3.7.2.

250 Ullmer, Nr. 1848, in: Z. V. 230. 251 Ullmer, Nr. 1846.

Page 103: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 57 -

Die Bedeutung dieses Entscheides erklärt sich weiter noch aus dem Umstand, dass die Autoren Schneider/Fick in der ersten Auflage 252 bei der Kommentierung von Art. 398 aOR einzig diese Rechtsprechung unter dem Titel �Rechenschaft ablegen� aufführen: Es handelt sich dabei um einen Entscheid, der klarerweise nur die Pflicht zur belegten Rechnungslegung statuiert. Dies erlaubt auch Rückschlüsse auf die Rechtslage, wie sie im Rahmen von Art. 398 aOR begriffen worden ist. 253

2.7.2.3 Z. XVI. 359: Aufzeichnungen und Informationsrechte In diesem Entscheid wurde ausgeführt, dass die Eintragungen im �Tagbuch�, in welchem der Arzt die Beträge für seine Behandlungen festhielt, die er den Patienten für die Konsultationen verrechnen wollte, für den Rechnungssteller nicht bindend seien. So konnte der Arzt auch eine höhere Rechnung gegen den Patienten durchsetzen. 254

Der Entscheid zeigt, wie Aufzeichnungen in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Ziel der Rechnungsstellung vorgenommen worden sind. 255 Die eigentliche weitere Bedeutung dieses Entscheides ist jedoch im Umstand zu sehen, dass die (internen) Aufzeichnungen nicht per se mit einer Aussenwirkung versehen wurden. Es galt deutlich zwischen einer Aufzeichnungspflicht und einem Informationsrecht des Auftraggebers zu unterscheiden. Dahinter ist die Auffassung zu erblicken, dass Aufzeichnungen grundsätzlich als Interna des Beauftragten anzuerkennen sind. Als Gedankenstützen sind solche Informationen grundsätzlich nicht für den Mandanten bestimmt, sondern dienen vorab dem Auftraggeber. 256

2.7.3 Fazit Die Auslegung von § 1173 PGB ergibt, dass in dieser Norm vom Gesetzgeber ursprünglich eine Pflicht zur blossen Rechnungslegung kodifiziert wurde. Aus der publizierten Rechtssprechung ergibt sich allerdings zudem, dass die Rechenschaftspflicht als die Pflicht zur belegten Rechnungslegung und als die Pflicht zur Rechnungsstellung aufgefasst wurde, wobei weiter Entscheide angeführt werden

252 ZK-Schneider/Fick, 289 [1. Auflage] 253 Siehe dazu die Kapitel 2.8. 254 Siehe auch bei Ullmer, Nr. 2228. 255 Siehe auch Z. XXII. 177 und die Hinweise bei Ullmer, Supplement, Nr. 3391. 256 Siehe dazu die deutliche Unterscheidung zwischen einer Dokumentationspflicht und

einem Informationszugangsrecht in Kapitel 3.2 und 3.3.4.

Page 104: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 58 -

können, die eine deutliche Zurückhaltung in informationsrechtlicher Hinsicht erkennen lassen.

Page 105: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 59 -

2.8 Schweizerisches Obligationenrecht Vorbemerkung: Ein Überblick über den Wortlaut der verschiedenen Entwurfs- resp. der Gesetzestexte findet sich in Kapitel 2.8.3.

2.8.1 Entstehungsgeschichte von Art. 398 aOR

2.8.1.1 Entwurf Munzinger 1871 Der Bundesrat beauftragte Prof. Munzinger mit der Ausarbeitung eines Entwurfes für ein schweizerisches Obligationenrecht. Dieser wurde als sog. 1. Entwurf von 1871 257 vorgelegt. Mit dem Auftragsrecht befasste sich dieser Entwurf unter dem 11. Titel unter der Überschrift �Mandat und Prokura� in den Art. 469 � 489. Bereits in diesem Entwurf sind alle Regelungsbereiche des heutigen Normtextes vorgezeichnet. 258 Generell ist festzustellen, dass nur wenige Artikel materiell einen anderen Inhalt aufwiesen als das heute geltende Recht. 259

Obgleich die Klärung der Frage des konkreten Einflusses der einzelnen Kodifikation je Teilbereich heikel ist, so ist doch die allgemeine Feststellung unbestritten, dass der Dresdener Entwurf, der Code civil und das PGB die Kodifikationen mit dem wichtigsten Einfluss waren. 260 Dabei scheint im Bereich des Mandatsrechts der Einfluss des Dresdener Entwurfes besonders deutlich zu sein. 261 Die Meinung von BK-Fellmann, 262 dass für die konkrete Pflicht zur Rechenschaft § 1173 PGB, für die Verzinsungspflicht demgegenüber Art. 700 Dresdener Entwurf Vorbild gewesen sein soll, lässt sich weder belegen noch dementieren, da in den Aktenbeständen des Bundesarchivs sich diesbezüglich keine Belege finden. 263 Immerhin kann die

257 Sog. Entwurf Munzinger. Über die Zusammensetzung: Eugster, 55f. 258 BK-Fellmann, Vorbem. zu den Art. 394 - 406 OR, N 44. 259 Grundsätzliche Änderungen sind aber im Bereich der Legaldefinition des Auftrages und

der Modalitäten des Widerrufsrechtes festzustellen. 260 ZK-Schönenberger/Jäggi, Allgemeine Einleitung, N 46; ZK-Schneider/Fick, 11f. [2.

Auflage]; Merz, Quellen, 673 (der im Bereich des Schuldrechts eine romanistische Prägung ausmacht); Dölemeyer, Handbuch, 1965 (mit weiteren Hinweisen). Nach Fasel, 511 FN 28, deutet allgemein vieles darauf hin, dass der Dresdener Entwurf bestimmend war.

261 So auch ZK-Schneider/Fick, 12 [2. Auflage]; BK-Fellmann, Vorbem. zu den Art. 394 - 406 OR, N 46.

262 BK-Fellmann, Art. 400 N 5. 263 Es muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die Bestände des Bundesarchivs

in dieser Hinsicht nicht vollständig sind. Belegt ist demgegenüber im Bundesarchiv, dass sich Munzinger für den Allgemeinen Teil

und das Kaufrecht vor allen Dingen auf die Protokolle zum Dresdener Entwurf gestützt hatte (vgl. die Übersichtsliste im Bundesarchiv zu den Materialien des aOR). Als Material zu seinem Entwurf benutzte Munzinger die Protokolle der Dresdener Kommission zum

Page 106: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 60 -

Systematik (im Gegensatz zum Wortlaut) von Art. 477 als Indiz dafür gesehen werden, dass das PGB tatsächlich unmittelbares Vorbild war: Es ist mitunter die einzige Kodifikation, die neben dem Art. 1993 Code civil die Rechenschaftspflicht vor der Ablieferungsobligation regelt. 264

Der Entwurf Munzinger wurde in den Jahren 1871 � 1873 von einer Expertenkommission bearbeitet. 265

2.8.1.2 Entwurf Fick 1875 Nach dem Tod von Munzinger (1873) wurde Prof. Fick damit beauftragt, den Entwurf gemäss den Beschlüssen der Kommission umzuarbeiten. Der dadurch entstandene 2. Entwurf vom Juli 1875 266 betitelte den 10. Titel mit der Überschrift �Mandat, Stellvertretung und Prokura�. Die Regelung des einfachen Auftrages erfolgte dabei in den Art. 438 � 457. Inhaltlich brachte diese Neubearbeitung im hier interessierenden Bereich (Art. 446) 267 keine Neuerungen, 268 wobei aber in verschiedenen Bereichen im Mandatsrecht Präzisierungen vorgenommen worden sind. Im Ganzen erscheint der Gesetzestext in dieser Version stilistisch wesentlich schwerfälliger. 269 Der Entwurf wurde von einer erweiterten Expertenkommission 270 im Mai und im Herbst 1876 durchberaten. 271 Es wurden zu den Beratungen jedoch keine Protokolle verfasst, aus welchen sich weitere Erkenntnisse ergeben würden. 272

Entwurf des deutschen OR, vgl. S. 56 des Dossiers E 22/2050 �Entwurf Munzinger des allg. Theil und des Titels über das Kaufrecht (Lithographiert).�

264 Demgegenüber ist der Einfluss des Art. 700 des Dresdener Entwurfes bei der Regelung der Pflicht zur Verzinsung eindeutiger, stimmt doch der Wortlaut bis ins Detail überein.

265 Die Protokolle belegen jedoch im hier interessierenden Zusammenhang keine Änderungen.

266 Sog. Entwurf Fick. 267 Anders etwa in der Frage des Widerrufsrechts und der Frage des Verhältnisses

Auftragsrecht � Stellvertretungsrecht. 268 Fasel, 693: Es entsprach gerade auch der Zielsetzung, dass �möglichst wenig geändert

werden sollte.� 269 BK-Fellmann, Vorbem. zu den Art. 394 - 406 OR, N 48. 270 Zur Zusammensetzung: ZK-Schneider/Fick, 14 [2. Auflage]. 271 Für Einzelheiten sei auf die Darstellung bei Fasel, 695f., verwiesen. 272 Fasel, 695.

Page 107: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 61 -

2.8.1.3 Kommissionsentwurf 1877 Der auf diese Weise entstandene 3. Entwurf von Ende Februar 1877 273 regelte den einfachen Auftrag im 12. Titel in den Artikeln 438-457b und hatte die gleiche Überschrift wie der Entwurf von Fick. Der Entwurf wurde in eine Vernehmlassung gegeben, wobei sich aus keiner der im Bundesarchiv auffindbaren Vernehmlassungsantworten Bemerkungen zum Auftragsrecht entnehmen lassen. 274 Die Formulierungen des Gesetzestextes wurden aus dem Entwurf Fick übernommen. Die französische Fassung lautete: �Le mandataire est tenu de rendre compte de sa gestion et de restituer tout ce qu� il a reçu à cette occasion.� Der Grund, weshalb im Gesetzestext in Art. 446 aus �Mandatar� �Beauftragter� wurde, ist nicht dokumentiert und ist wahrscheinlich in einer allgemeinen sprachlichen Anpassung zu suchen. Insbesondere kann aus diesem Umstand nicht eine Orientierung an einer bestimmten Kodifikation abgeleitet werden.

2.8.1.4 EJPD-Entwurf 1879 Die erwähnten Vernehmlassungsantworten führten zu einer Neuüberarbeitung des Entwurfes durch eine erweiterte 275 Expertenkommission. Das Ergebnis war ein eigentlicher 4. Entwurf, 276 wobei davon gleichzeitig eine französische Fassung erstellt wurde. Dabei sind beide Redaktionen der Gesetzestexte simultan beraten worden und beide Versionen sind als Originale zu betrachten. In diesem Entwurf wurden die Rechtsnormen, die den einfachen Auftrag normieren, unter die Überschrift �Auftrag im Allgemeinen� gestellt und der Auftragsvertrag wurde in den Art. 399 � 412 geregelt. Dabei wurden die Artikel teilweise zusammengefasst, teilweise aber auch inhaltlich neu gegliedert. 277 So wurde etwa im Speziellen die Verzinsungspflicht in einen zweiten Absatz von Art. 405 verlegt. Nicht geklärt werden kann die Änderung der Begriffe von �Rechenschaft (...) zu geben� in �Rechenschaft (...) abzulegen�, da im entsprechenden Dossier des Bundesarchivs keine Hinweise auf diese Präzisierungen auffindbar sind. 278 Mögliche Erklärung ist die Anpassung an die

273 Sog. Kommissionsentwurf 1877. 274 Die wichtigen Eingaben von Prof. Vogt und von Prof. von Wyss befassen sich bspw.

(beinahe) ausschliesslich mit Problembereichen des Allgemeinen Teils des Obligationenrechts.

275 Dieser Kommission gehörten auch Prof. Bluntschli und Prof. von Wyss an. 276 Sog. EJPD-Entwurf von 1879. Dieser Entwurf wurde mit der Botschaft vom 27.11.1879

den Eidg. Räten unterbreitet: BBl 1880 I 149ff. 277 BK-Fellmann, Vorbem. zu den Art. 394 - 406 OR, N 58. 278 Dossier des Bundesarchivs E 22/2071.

Page 108: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 62 -

französische Fassung, welche im damaligen Stadium der Gesetzgebungsarbeiten wie folgt lautete: 279 �Le mandataire est tenu de rendre compte de sa gestion au mandant, et de lui remettre tout ce qu� il a reçu par suite de cette gestion.� Diesfalls ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsauffassung des Code Civil und der französisch sprechenden Lehre bezüglich des Pflichtinhalts einer Rechenschaftspflicht im Sinne einer Pflicht zur Rechnungslegung als gefestigt bezeichnet werden kann. 280

Die Behandlung dieses Entwurfes in den Eidgenössischen Räten brachte im Bereich des Auftragrechts keine Änderungen. 281 Die Entwürfe gelangten in der Folge in die sog. Redaktionskommission, 282 wobei in der Folge zwei Redaktionskommissions-Entwürfe zu unterscheiden sind:

2.8.1.5 Redaktionskommissions-Entwurf I 1881 In der ersten Redaktionskommission (März/April 1881) wurde in Art. 405 der Normtext des EJPD-Entwurfs von 1879 übernommen. Bemerkenswert sind einzig die Vorgänge in der französischen Redaktion, in welcher der Wortlaut in der mit �Nouvelle rédaction française� betitelten Fassung vom Februar 1881 wie folgt lautete: �Tout mandataire est tenu de rendre compte de sa gestion et de faire raison au mandant de tout ce qu� il a reçu en vertu de sa procuration à quelque titre que ce soit. (...).� Diese Ausdrucksweise erinnert an die Formulierung von Art. 1993 Code civil und harmoniert in dieser Hinsicht mit den bereits dargestellten sprachlichen Verschiebungen im deutschen Normtext zu einer Statuierung einer eigentlichen Pflicht zur Rechnungslegung. 283 Damit finden sich nun auch in der französischsprachigen schweizerischen Gesetzgebungsgeschichte deutliche Hinweise auf ein gewisses Verständnis der hier in Rede stehenden Pflicht: In Art. 405 stand die Kodifizierung 279 Diese Feststellung findet sich in der gedruckten Veröffentlichung der beiden, sich

gegenüberstehenden Redaktionen. Zum grundsätzlichen Einfluss der französischen Redaktion auf den deutschen Gesetzestext ist die Äusserung von Bluntschli bemerkenswert: Oft habe der fahrige deutsche Text an die klare und konzise Sprache des französischen Textes angepasst werden müssen. (ZK-Schneider/Fick, 15 [2. Auflage).

280 Siehe dazu Kapitel 2.3. 281 BK-Fellmann, Vorbem. zu den Art. 394 - 406 OR, N 62. Der EJPD-Entwurf wurde in den

Räten kaum diskutiert: So war im Ständerat der Antrag der Kommission, Sonderregeln für Notare und Anwälte gegen verspätete Reklamation von anvertrauten Dokumenten einzuführen, gescheitert: Amtl. Bull. StR 1880 19. Demgegenüber erwähnt die nationalrätliche Kommission das Auftragsrecht nicht: Amtl. Bull. NR 1880 1ff.

282 Gemäss Art. 3 des Bundesbeschlusses vom 21. 6. 1877 war es nun nach den Beratungen die Sache des Bundesrates, �die Gesetzesvorlage oder die einzelnen Abschnitte, bezüglich welcher Änderungen vorgeschlagen worden waren, im Sinne dieser Beschlüsse umzuarbeiten.� (Bericht des Bundesrates in BBl 1880 III 1).

283 Es ist in diesem Zusammenhang erneut darauf hinzuweisen, dass die traditionelle Lehre und v.a. auch der historische Gesetzgeber in Frankreich unbestreitbar von einer blossen Pflicht zur Rechnungslegung ausgegangen waren. Siehe dazu Kapitel 2.3.

Page 109: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 63 -

einer Pflicht zur Rechnungslegung in Rede, welche die Ablieferungsobligation vorbereiten soll.

2.8.1.6 Redaktionskommissions-Entwurf II 1881 In der zweiten Redaktionskommission von 1881 (ab dem 16. April 1881) wurde die Norm in ihrem Wortlaut geändert, indem der Zusatz � ... auf Verlangen jederzeit ...� eingeführt worden ist. Aus den Akten des Bundesarchivs lassen sich keine Erkenntnisse darüber gewinnen, ob und welche materiellrechtlichen Änderungen damit verbunden worden sind. Insbesondere ist von Bedeutung, dass keine der für die schweizerische Gesetzgebung wichtige Kodifikation diesen Zusatz kannte: 284 Zwar entspricht der hier angebrachte Zusatz im Wesentlichen der Idee der �Auskunftspflicht�, wie sie in ALR I. 13 § 60 oder etwa der �Aufklärungspflicht�, wie die im Sächsischen Gesetzbuch niedergelegt war. Es ist aber nicht ersichtlich, weshalb in einem so späten Zeitpunkt der Gesetzgebungsgeschichte auf diese Kodifikationen zurückgegriffen werden sollte. Weder § 699 DE noch § 1173 PGB kennen eine entsprechende Formulierung. Aus rein chronologischen Gründen kann auch die Gesetzgebungsgeschichte von § 666 BGB keine Antworten liefern. 285

Eine mögliche Erklärung bietet der Verweis auf die zürcherische Rechtsprechung, wie sie sich im Bereich von § 1173 BGB entwickelt hat: Im Zusammenhang mit einer auszuführenden Liquidation hat das Gericht entschieden, dass ein Mandatar auch vor der Vollendung verpflichtet sein kann, Rechenschaft zu geben und damit eine Teilrechnung vorzulegen, soweit der Mandant nicht aufgrund einer speziellen vertraglichen Abrede darauf Verzicht geleistet hat. 286 Einem solchen Begehren des Auftraggebers kann sich der Beauftragte nur widersetzen, wenn �die Einwendung, es sei vorerst die Vollendung der Liquidation abzuwarten (...) als begründet sich herausstellt.� Unter diesem Vorbehalt wurde dem Mandanten also ein Recht auf jederzeitige Rechnungsstellung zugestanden. 287 Die Rechenschaftspflicht im Sinne von § 1173 PGB bezog sich in inhaltlicher Hinsicht auf die Pflicht zur Rechnungslegung.

284 Art. 699 DE, § 1173 PGB und Art. 1993 CC. 285 Die Beratungen zum Ersten Entwurf eines deutschen BGB begannen erst im Oktober

1881, wobei der Erste Entwurf erst am 27.12.1887 dem Reichskanzler übergeben wurde. Die Zweite Kommission tagte in der Zeit vom 1.4.1891 bis zum 8.2.1896.

286 Publiziert in Z. IV. 254. 287 In diesem Entscheid wurde auch eine eigentliche Spontanpflicht zur Rechnungslegung

aufgestellt, indem �von Zeit zu Zeit in angemessenen Zeiträumen� die Rechnung zu legen sei.

Page 110: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 64 -

288 Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass die Pflicht zur Rechnungslegung auch vor Abschluss des eigentlichen Auftrages im Sinne einer Teil- oder Zwischenabrechnung verlangt werden kann, womit die entsprechende Rechtsprechung im Rahmen des aOR kodifiziert wurde. 289

Weitere Erklärungen können nicht gemacht werden, ist doch in den Unterlagen des Bundesarchivs in den Beratungsprotokollen zu Art. 405 lediglich eine Rechtschreibungskorrektur des Wortes �Verzinsung� belegt. 290 Der von der Redaktionskommission bearbeitete Entwurf 291 wurde in den Räten nicht mehr im Detail durchberaten, weshalb der entsprechende Entwurfstext dem Gesetzestext entspricht.

2.8.2 Entstehungsgeschichte von Art. 400 OR

2.8.2.1 Entwurf der Botschaft 1905 Prof. Huber erarbeitete nach den gesetzgeberischen Vorarbeiten zum Zivilgesetzbuch einen Entwurf zum Obligationenrecht292, welcher zusammen mit einem Bericht 1904 veröffentlicht wurde. 293 In diesem Entwurf resp. Bericht wurde der hier in Frage stehende Art. 1413 (398) mit dem Randtitel �3. Rechnungsstellung� versehen. Im Übrigen wurde das Mandatsrecht aus dem aOR übernommen. Obwohl sich Einzelheiten dazu nicht in den Akten belegen lassen, so muss doch davon ausgegangen werden, dass mit dieser Randtitelsetzung der Regelungsgehalt der entsprechenden Norm bezeichnet werden wollte (oder zum mindesten der Hauptgehalt). 294 Daraus folgt, dass in der Rechnungsstellung, die im Rahmen des entgeltlichen Mandatsrechts aufs Engste mit der Rechnungslegung im Zusammenhang steht, der eigentliche

288 Siehe dazu Kapitel 2.7. 289 Die Zürcher Praxis ist besonders bestimmend, da namentlich auch Frick und Bluntschli

am Entstehungsprozess des aOR partizipierten. 290 Es wurde in der 1. Redaktion das Wort �Versinsung� stehen gelassen. Es handelt sich

dabei um einen eigentlichen Druckfehler. 291 Dieser Entwurf wurde am 7. 11. 1879 den Kommissionen Hoffmann und Niggler

übergeben. 292 Dieser Entwurf wurde Ende 1903 dem EJPD eingereicht. 293 Huber, �Entwurf zum Obligationenrecht und Bericht über die Anpassung und Revision

des Obligationenrechts und über die Einführungsbestimmungen zum schweizerischen ZGB�, Bern 1904. Dieser Entwurf wurde mit Artikeln versehen, die fortlaufend zu denjenigen der Entwürfe zum ZGB waren.

294 Der generelle �Vorwurf� von BK-Gautschi, Art. 400 N 1a, dass die �wünschenswerte Präzision� bei der Setzung von Randtitel anlässlich der Revision des OR 1911 nicht immer erreicht worden sei, ändert daran nichts. Dies im Besonderen deshalb, weil die Kritik dieses Autors v.a. dahin geht, dass die Ablieferungsobligation im Randtitel nicht erwähnt wird.

Page 111: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 65 -

materielle Kern der Norm von Art. 1454 (398) erkannt wurde. Dieser Befund stimmt auch mit den Ausführungen zur Entstehung des aOR überein.

Im Besonderen kann bei Art. 400 OR resp. Art. 398 aOR auch davon ausgegangen werden, dass die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wie sie etwa in BGE 19, 815 � 821 publiziert wurde, eigentlicher Orientierungspunkt war: Das Bundesgericht hat dabei aus Art. 398 aOR die eigentliche Pflicht zur Rechnungsstellung formuliert. 295 Dabei ist zu beachten, dass das Thema der Pflicht zur Rechnungslegung stark präsent war, was ein stellvertretender Hinweis auf die Lehrmeinung Hafners 296 deutlich macht: In einer Kommentierung aus dem Jahre 1905(!) wird Art. 398 aOR die Randtitelbezeichnung �c) zur Rechnungslegung u. Herausgabe� beigeordnet. Die aufgeführten Sachverhalte und Feststellungen sind Beleg dafür, dass die Idee der Rechnungslegung bei der Informationspflicht �Rechenschaftspflicht� und damit die Idee einer programmartigen und schematischen Pflicht präsent war. Der Umstand, dass im Normtext selbst von �Rechenschaft� gesprochen wird, schadet dieser Ansicht nicht, wie insbesondere die rechtshistorische Untersuchung gezeigt hat. 297

Der Entwurf wurde von einer vom EJPD bestellten Expertenkommission 298 1904 durchgearbeitet. Diese übernahm die Artikel zum Auftragsrecht vom aOR unverändert und führte sie als Art. 1408 � 1420 auf. Die Expertenkommission nahm in der entsprechenden Sitzung vom 30. September 1904 keine Änderungen vor. 299 Auf diesen Beratungen gründete der �Entwurf und die Botschaft des Bundesrates vom 3. März 1905 300 betreffend Ergänzung des Entwurfes eines schweizerischen ZGB durch Anfügung des Obligationenrechts und der Einführungsbestimmungen.� Der einfache Auftrag wurde in den Artikeln 1448 � 1461 behandelt und deckt sich inhaltlich mit dem aOR. Der Normtext wurde inklusive Randtitel unverändert in Art. 1454 (398) übernommen. 301 In der Botschaft findet sich einzig ein genereller Hinweis, dass mit der Randtitelsetzung die Herstellung der Einigkeit mit der Gesetzgebung im übrigen

295 Siehe dazu auch Kapitel 2.8.4 und 3.7.3. 296 Hafner, 212 (Kommentierung von Art. 398 aOR). 297 Siehe dazu die einzelnen Unterkapitel in Kapitel 2. 298 Sog. Langenthaler Kommission. Ihr gehörten bspw. auch die Professoren Hugo Oser

(Fribourg) und Virgile Rossel (Bern) an. 299 Protokoll der Expertenkommission für die Anpassung und Revision des

Obligationenrechtes vom 19. 9. 1904 bis 7. 10. 1904 (gedruckt). 300 BBl 1905 II 1ff. 301 BBl 1905 II 195: Der Gesetzestext stimmt mit Art. 398 aOR überein.

Page 112: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 66 -

Bereich des ZGB beabsichtigt sei. 302 Gemäss Ausführungen in der Botschaft sind in inhaltlicher Hinsicht dadurch keine Änderungen im Vergleich zum früheren Recht beabsichtigt worden. 303 Entsprechend kodifiziert auch dieser Entwurf eine blosse Pflicht zur belegten Rechnung.

2.8.2.2 Entwurf der Botschaft 1909 Die grosse Expertenkommission für das Obligationenrecht setzte sich materiell mit dem Entwurf aus dem Jahre 1905 auseinander und tagte in drei Sessionen in den Jahren 1908 und 1909, worüber ein vervielfältigtes Protokoll Aufschluss gibt. 304 Die Beratungen haben dazu Anlass gegeben, dass Prof. Huber den Gesetzesentwurf abermals bearbeitete. 305 Dieser wurde anschliessend vom Bundesrat den eidgenössischen Räten mit der Botschaft vom 1. Juni 1909 306 übergeben. Im entsprechenden Abschnitt waren erneut der Begriff und der Geltungsbereich des Auftragsrechts Gegenstände von Erläuterungen. In diesen Fragen sollte eine Distanzierung vom Code civil, dem BGB und dem gemeinen Recht vollzogen werden.307

Am 9. März 1909 behandelte diese Expertenkommission in ihrer 26. Sitzung den �einfachen Auftrag�. Die dort ausgearbeiteten Vorschläge wurden weiter durch die Redaktionskommission bearbeitet. In diesem Entwurf erscheint in Art. 1454 als der hier interessierenden Informationspflicht im Randtitel die Bezeichnung �3. Rechenschaftsablegung�. 308 Wichtig ist der Hinweis in der Nachtragsbotschaft, dass im Bereich des Auftragsrechtes (Ausnahmen: Begriff und der Geltungsbereich des Auftragsrechtes) inhaltlich keine Veränderungen vorgenommen worden waren. 309 Deshalb war mit dem Wechsel des Randtitelwortlautes keine Erweiterung des inhaltlichen Pflichtenprogramms beabsichtigt. Dies ergeht auch weiter daraus, dass noch 1904 310 und 1905 311 von einer Pflicht zur Rechnungsstellung gesprochen wird. 302 BBl 1905 II 11. 303 BBl 1905 II 41f. 304 Diese Protokolle wurden aber nie gedruckt. 305 ZK-Schönenberger/Jäggi, Allgemeine Einleitung, N 10. 306 BBl 1909 III 725ff.: Nachtrag zur Botschaft vom 3. 3. 1905. 307 Für die genannten Bereiche: BBl 1909 III 752f. Ebenso war die Frage der Entgeltlichkeit

Gegenstand von Erörterungen. 308 BBl 1909 III 877. 309 BBl 1909 III 753. 310 Huber, �Entwurf zum Obligationenrecht und Bericht über die Anpassung und Revision

des Obligationenrechts und über die Einführungsbestimmungen zum schweizerischen ZGB�, Bern 1904, zu Art. 1413 [S. 125].

Page 113: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 67 -

Im Weiteren ist aus personellen Gründen zu beachten, dass mit Prof. Huber und Prof. Rossel zwei Persönlichkeiten massgebend an der Redaktion beteiligt waren, die auch in ihren Veröffentlichungen die Rechnungsstellung als Kerngedanken der Regelung von Art. 398 aOR anerkannt hatten. 312

Die vorberatenden Kommissionen berieten den Gesetzesentwurf, wobei kein Protokoll veröffentlicht wurde. Die Beratungen in den Räten finden sich in den stenografischen Bulletins und sind für die hier untersuchte Frage ohne Interesse. 313

2.8.3 Übersicht über die Normtexte zum aOR und OR [Die gesetzgeberischen Veränderungen sind jeweils fett gekennzeichnet.]

Entwurf/Gesetz: Artikel: Randtitel: Normtext:

Entwurf Munzinger 1871

Art. 477 --- Der Mandatar ist schuldig, Rechenschaft von seiner Geschäftsführung zu geben und Alles, was ihm in der Folge derselben aus irgend einem Grunde zugekommen ist, zu erstatten.

Entwurf Fick: 1875

Art. 446 --- Der Mandatar ist schuldig, Rechenschaft von seiner Geschäftsführung zu geben und Alles, was ihm in der Folge derselben aus irgend einem Grunde zugekommen ist, zu erstatten.

Kommissionsentwurf: 1877

(�Dritter Entwurf�)

Art. 446 --- Der Beauftragte ist schuldig, Rechenschaft von seiner Geschäftsführung zu geben und Alles, was ihm in der Folge derselben aus irgend einem Grunde zugekommen ist, zu erstatten.

311 Botschaft 1905: BBl 1905 II 195. 312 Für Prof. Huber: siehe Huber, �Entwurf zum Obligationenrecht und Bericht über die

Anpassung und Revision des Obligationenrechts und über die Einführungsbestimmungen zum schweizerischen ZGB�, Bern 1904 Randtitel zu Art. 1413 (398).

313 BK-Gautschi, vor Art. 394 �Materialien�. Etwa auch BK-Fellmann, Vorbem. zu den Art. 394 - 406 OR, N 76.

Page 114: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 68 -

EJPD-Entwurf: 1879

(�Vierter Entwurf�)

Art. 405 --- Der Beauftragte ist schuldig, Rechenschaft von seiner Geschäftsführung abzulegen und Alles, was ihm in der Folge derselben aus irgend einem Grunde zugekommen ist, zu erstatten. (Satz 2: Verzinsung). 314

Redaktions- kommissions- Entwurf I: 1881

Art. 405 ---

Der Beauftragte ist schuldig, Rechenschaft von seiner Geschäftsführung abzulegen und Alles, was ihm in der Folge derselben aus irgend einem Grunde zugekommen ist, zu erstatten. (Satz 2: Verzinsung).

Redaktions- kommissions- Entwurf II: 1881

Art. 398 --- Der Beauftragte ist schuldig, auf Verlangen jederzeit Rechenschaft von seiner Geschäftsführung abzulegen und Alles, was ihm in der Folge derselben aus irgend einem Grunde zugekommen ist, zu erstatten. (Satz 2: Verzinsung).

OR 1881 Art. 398 --- Der Beauftragte ist schuldig, auf Verlangen jederzeit über seine Geschäftsführung 315 Rechenschaft abzulegen und Alles, was ihm in der Folge derselben aus irgend einem Grunde zugekommen ist, zu erstatten. (Satz 2: Verzinsung).

Entwurf Huber: 1904

Art. 1454

Rechnungs-stellung

Der Beauftragte ist schuldig, auf Verlangen jederzeit über seine Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen und Alles, was ihm in der Folge derselben aus irgend einem Grunde zugekommen ist, zu erstatten. (Absatz 2: Verzinsung).

314 Die Verzinsungspflicht wurde bisher jeweils im gleich folgenden Artikel geregelt. 315 Dies betrifft eine Textumstellung, von der die Absichten nicht bekannt sind, wobei wohl

keine materielle Rechtsänderung intendiert war.

Page 115: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 69 -

Entwurf 1905 Art. 1454 (398) 316

Rechnungs-stellung

Der Beauftragte ist schuldig, auf Verlangen jederzeit über seine Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen und Alles, was ihm infolge derselben aus irgend einem Grunde zugekommen ist, zu erstatten.

(Absatz 2: Verzinsung).

Entwurf 1909 Art. 1454

Rechen-schaftsab-legung

Der Beauftragte ist schuldig, auf Verlangen jederzeit über seine Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen und Alles, was ihm infolge derselben aus irgend einem Grunde zugekommen ist, zu erstatten.

(Absatz 2: Verzinsung).

OR 1911 Art. 400 Rechen-schaftsab-legung

Abs. 1:

Der Beauftragte ist schuldig, auf Verlangen jederzeit über seine Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen und alles, was ihm infolge derselben aus irgend einem Grunde zugekommen ist, zu erstatten.

Abs. 2:[Verzinsung]

316 Entspricht Art. 1413 von Huber, �Entwurf zum Obligationenrecht und Bericht über die

Anpassung und Revision des Obligationenrechts und über die Einführungsbestimmungen zum schweizerischen ZGB�, Bern 1904.

Page 116: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 70 -

2.8.4 Rechtsprechung des Bundesgerichtes zu Art. 398 aOR Das Bundesgericht hatte in seiner Rechtsprechung verschiedentlich die Möglichkeit, sich zum Thema �Rechenschaftspflicht� gemäss Art. 398 aOR zu äussern. Nachfolgend werden die beiden massgebenden Entscheide analysiert, kommentiert und in den Zusammenhang der allgemeinen rechtshistorischen Entwicklung gestellt:

2.8.4.1 BGE 19, 815ff.: Urteil vom 27.10.1893 Es handelt sich um den ersten bundesgerichtlichen Entscheid, 317 der zur Rechenschaftspflicht gemäss Art. 398 aOR publiziert wurde. Der entsprechende Entscheid äussert sich dabei sowohl zur Frage des Bestandes (E. 5 f.) als auch zur Frage des Inhalts (E. 7) der Rechenschaftspflicht.

Im Zusammenhang mit dem Bestand der Rechenschaftspflicht führte der Bundesgerichtsentscheid folgende allgemeine Überlegung an: �Grundsätzlich ist die Pflicht zur Rechnungsstellung gegeben, wo Jemand die Geschäfte eines anderen führt, bezüglich des Mandates wird dieselbe in Art. 398 OR ausdrücklich sanktioniert.� 318 Das entsprechende Zitat gibt zu folgenden Anmerkungen Anlass: Das Bundesgericht hat in diesem Entscheid in abstrakter Weise beschrieben, welche Grundkonstellation eine entsprechende Informationspflicht �Rechenschaft� rechtfertigt: Es ist die Führung fremder Geschäfte, die den Aufhänger für die Anerkennung einer entsprechenden Verpflichtung bildet. Diese generelle Aussage entspricht einem Ansatz, der allgemein auch in der deutschen Rechtsentwicklung formuliert wurde, jedoch deutlich auf die Frage der eigentlichen Pflicht zur Rechnungslegung gemünzt war. 319 In der schweizerischen Rechtsprechung kommt in diesem Entscheid weiter die Austauschbarkeit der Begriffe �Rechnungslegung� und �Rechnungsstellung� zum Ausdruck. 320 Dabei gibt der Entscheid in seinen Erwägungen zahlreiche Hinweise, dass die entsprechende Norm sowohl die Pflicht zur Rechnungslegung als auch die Pflicht zur Rechnungsstellung statuiert, wobei in diesem Zusammenhang vom Auftraggeber ausdrücklich als vom �Rechnungsherrn� gesprochen wird, weil die Rechnung wohl beide Teile des Pflichtprogramms abdeckt. 321

317 Wiedergegeben auch in Revue judiciaire XII. No. 7. 318 BGE 19, 815ff., E. 5 [zu Beginn]. 319 Siehe dazu die entsprechenden Unterkapitel zu Kapitel 2. 320 Eine entsprechende Gleichsetzung der Begriffe findet sich auch in der neueren

Rechtsprechung: Siehe dazu die Ausführungen (inkl. FN) in Kapitel 3.7.3.1.2. 321 Ein eigentlicher Oberbegriff �Abrechnung� wurde allerdings nicht verwendet: Siehe dazu

Kapitel 3.7.3.

Page 117: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 71 -

In der Lehre wurde der entsprechende Entscheid in der Weise aufgenommen, dass in Art. 398 aOR die Pflicht zur Rechnungsstellung festgelegt wurde, 322 weshalb der Beauftragte die entsprechenden Informationen im Rahmen der Rechenschaftspflicht vorzulegen hat. Diese Sichtweise deckt sich auch insbesondere mit den zeitlich nachfolgenden Entwicklungen in der schweizerischen Gesetzgebungsgeschichte, wie sie im Rahmen der Revision des aOR zum OR belegt werden können: So lautete im Zusammenhang mit Art. 398 aOR resp. Art. 400 OR der Randtitel bei Huber 323 und in der Botschaft von 1905 324 unzweideutig �Rechnungsstellung�. 325 Wie bereits ausgeführt wurde, ist in der Änderung des Randtitels auf �Rechenschaftsablegung� keine inhaltliche Änderung erfolgt, 326 weshalb in dieser Anpassung allenfalls der Versuch gesehen werden könnte, die Randtitelsetzung dem Programm der Rechenschaftspflicht gemäss der neueren Rechtsprechung anzupassen.

Wie bereits mehrfach in dieser rechtshistorischen Untersuchung dargestellt worden ist, war die Frage der Belegungspflicht der eigentlich umstrittene Fragenkomplex. 327 Für das Gericht ist die Frage des Inhalts der Rechenschaftspflicht insbesondere auch die Frage danach, ob und wie die Rechnung mit Belegen zu versehen ist. Es ist dabei zu beachten, dass es das Gericht einzig in diesem beschränkten Bereich auf das �Interesse des Rechnungsherrn� ankommen lassen will, was auch von der Lehre übernommen wurde. 328 Im Ergebnis wird damit durch diesen Entscheid eine allgemeine Belegpflicht statuiert, weshalb fortan eine Rechnungslegung (resp. Rechnungsstellung) nur dann den Erfordernissen von Art. 398 aOR entspricht, wenn diese mit genügenden Belegen versehen ist. Im vorliegenden Fall wurde daraus abgeleitet, dass die allgemeine Belegspflicht auch die Erstellung eines Verzeichnisses erfordern kann, weshalb der Beklagte in casu ein Forderungsverzeichnis erstellen musste betreffend �allen Forderungen, die er vom Kläger (...) zur Einkassierung erhalten hatte.� Damit wurde der Beauftragte verpflichtet, im Rahmen der Pflicht zur Rechnungslegung weitere

322 ZK-Schneider/Fick, 584 [2. Auflage]; Hafner, 212. 323 Huber, �Entwurf zum Obligationenrecht und Bericht über die Anpassung und Revision

des Obligationenrechts und über die Einführungsbestimmungen zum schweizerischen ZGB�, Bern 1904, Randtitel zu Art. 1413.

324 Randtitel zu Art. 1454. 325 Siehe dazu Kapitel 2.8.2. 326 Siehe dazu Kapitel 2.8.2.2. 327 Siehe dazu auch Kapitel 3.7.3.4.7. 328 Hafner, 212f.

Page 118: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 72 -

Dokumente zu erstellen, falls die Klarstellung der Situation dies erfordert. 329 Erst durch diese vollständige Vorlage der Belege wird jene Kontrolle ermöglicht, die Art. 398 aOR dem Auftraggeber einräumen will. Das Informationsrecht �Rechenschaftspflicht� verschafft dem Auftraggeber aber nur insoweit ein �Kontrollrecht� (über die Geschäftsführung und den Geschäftsführer), als dieses durch die Pflicht zur Rechnungslegung resp. -stellung inkl. Belegungspflicht ex post realisiert werden kann. 330

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass diese bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 398 aOR deutlich von einer grundsätzlich schematischen und programmartigen Pflicht zur Rechenschaft ausging: Der Hauptfokus liegt auf der Pflicht zur belegten Rechnungslegung und der Rechnungsstellung. Der eigentliche Streitpunkt im Rahmen der Pflicht zur Rechnungslegung liegt bei der Art der Belegung der Rechnung als Teil der Pflicht zur Rechnungslegung. Aus den entsprechenden Ausführungen ergibt sich somit, dass die Pflicht zur Rechenschaft sowohl die Pflicht zur (belegten) Rechnungslegung als auch die Pflicht zur Rechnungsstellung umfasst, was die Stellungnahmen in der Lehre und die Gesetzgebungsgeschichte des aOR resp. OR bestätigen.

2.8.4.2 BGE 23, 1842ff.: Urteil vom 30.12.1897 331 In einem kurz darauf folgenden, weiteren bundesgerichtlichen Entscheid war über die Angemessenheit einer Anwaltshonorarforderung zu befinden, wobei das Honorar in Ermangelung einer Vertragsabrede und wegen der fehlender Anwendbarkeit eines Tarifs nach �Billigkeit� gemäss den Grundsätzen des aOR festzusetzen war. Die entsprechende Honorarforderung im Umfang von CHF 5�000 wurde vom Beauftragten im fraglichen Verfahren einzig wie folgt begründet: �Nombreuses consultations, conférences, démarches au Comptoir d� Escompte, Caisse Hypothécaire, etc.� 332

In diesem Entscheid stand deutlich die Pflicht zur Rechnungsstellung im Zentrum der Erwägungen. Aufgrund der Tatsache, dass sich das schweizerische Mandatsrecht deutlich zum entgeltlichen Mandat bekannte, wurde die Frage der Durchsetzung des

329 Siehe dazu auch die Ausführungen zur Belegungspflicht im Falle der Pflicht zur

Rechnungslegung in Kapitel 3.7.3.4.7.2. 330 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.7. 331 Ebenfalls wiedergegeben in HE 17, 115 [insbes. Ziff. 2]. 332 BGE 23, 1842ff. [Aus dem Sachverhalt].

Page 119: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 73 -

Honorars zu einer wesentlichen Frage im Mandatsrecht. 333 Aus den Ausführungen des Bundesgerichts geht hervor, dass die Rechtsgrundlage der hier in Rede stehenden Pflicht zur Rechnungsstellung � wie die Pflicht zur Rechnungslegung � in Art. 398 aOR zu finden ist. Dies ergibt sich insbesondere aus der Tatsache, dass die entsprechenden Erwägungen ausdrücklich und ausschliesslich auf Art. 398 aOR Bezug nehmen. Nach dieser Rechtsprechung umfasst die Rechenschaftspflicht demnach folgende Bereiche: (1) Zum einen ist die Rechenschaftspflicht die (klassische) Pflicht zur Rechnungslegung, welche in ihrer Funktion und gemäss dem tradierten Verständnis auf die Ablieferungsobligation des Beauftragten ausgerichtet ist. (2) Zum anderen ist die Rechenschaftspflicht in der Ausprägung der Rechnungsstellungspflicht aber auch jenes Instrument, durch das der Beauftragte seinen Vergütungsanspruch im entgeltlichen Mandatsrecht vorzubereiten und durchzusetzen hat. Betreffend die verwendete Begrifflichkeit kann auf die Ausführungen zum zuvor besprochenen Bundesgerichtsentscheid verwiesen werden. 334

Das Bundesgericht hat den Inhalt der hier in Rede stehenden Pflicht zur Rechnungsstellung dabei wie folgt umschrieben: �Il incombait à l�intimé [= Anwalt], afin de démontrer la légitimité de sa prétention, d�établir à quels services correspondent les honoraires qu�il réclame. Il est vrai que l�usage n�astreint pas partout et toujours les avocats à remettre des notes détaillées à leurs clients; mais il est clair que cette circonstance ne les despense pas, en cas de contestation, de l�obligation de fournir la preuve des services dont ils demandent la rémunération.� 335 Diese Belegstelle stellt vorderhand klar, dass ein Beauftragter grundsätzlich mit einer pauschalen Rechnung die ihn treffende Rechenschaftspflicht erfüllen kann, da sich die weitergehende Pflicht zur spezifizierten Rechnungsstellung nur im Falle der Bestreitung aktualisiert. Im Bestreitungsfalle macht das Bundesgericht deutlich, dass eine Auflistungspflicht betreffend diejenigen Leistungen besteht, für die eine Vergütung gefordert wird, ohne dabei allerdings weitere konkrete, inhaltliche Hinweise zu geben. Gerade in diesem Zusammenhang sind folglich die Einschränkungen zur Rechenschaftspflicht zu beachten: �D�autre part, on ne saurait exiger des avocats qu�ils rendent compte en détail de leurs moindres opérations et, en particulier, du temps consacré à chacune d�elles. Il faut et il suffit que les indications fournies, et au besoin les pièces justificatives, permettent d�apprécier l�importance et 333 Schibli, passim. 334 Siehe dazu Kapitel 2.8.4.1. 335 BGE 23, 1842ff., E. 3.

Page 120: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 74 -

la nature du travail.� 336 Die Auflistungspflicht und damit die Spezifizierungspflicht in der Rechnungsstellungspflicht ist damit keine vollständige und erschöpft sich in inhaltlicher Hinsicht in der Nennung der erbrachten Dienstleistungen, für die er eine Vergütung einfordert. Dabei hat sich der Beauftragte jedoch nicht in der Weise vor dem Auftraggeber zu rechtfertigen, indem etwa die einzelnen Stunden pro aufgeführte Dienstleistung offenzulegen wären. Vielmehr genügt nach der Auffassung des Bundesgerichts der Beauftragte seiner Rechnungsstellungspflicht, wenn durch seine Hinweise die �Bedeutung und die Art der Leistung� offengelegt wird. Es handelt sich bei der Pflicht zur Rechnungsstellung um eine eigentliche Berichtspflicht, da sowohl Thema und Inhalt festgelegt sind: Das Thema ist die Spezifizierung des Vergütungsanspruchs des Beauftragten, was durch die Auflistung der erbrachten Dienstleistungen (Inhalt) geleistet wird.

Bei der Inhaltsbeschreibung der Rechnungsstellungspflicht wird durch das Bundesgericht � vor dem Hintergrund der Prüfung der Angemessenheit eines Vergütungsanspruchs � der Zweck der Rechnung im Zusammenhang mit der Rechnungsstellungspflicht hervorgehoben: Es ist sicherzustellen, dass die allgemeine und grundsätzliche Fremdnützigkeit des Auftragsvertrages verwirklicht wird. Dies geschieht dadurch, dass die Leistungen und die Vergütung in einem vertretbaren Verhältnis zueinander stehen sollen (Äquivalenzgedanke im Vertragsrecht). Nur so sind auch die Ausführungen des Bundesgerichts zu verstehen, dass �[d]er Advokat in Ermangelung eines besonderen dahin zielenden Vertrages keinen Anspruch auf einen Anteil an dem durch seine Mitwirkung erzielten Gewinn [hat], sondern nur auf Vergütung seiner Arbeitsleistung.� 337 Damit bezweckt die Pflicht zur Rechnungsstellung als Berichtspflicht keine eigentliche Kontrolle. Der Auftraggeber soll lediglich in die Lage versetzt werden, dass er die Art der Arbeit und deren Umfang vor dem Hintergrund der konkreten Vergütungsforderung im Lichte der Vertragsgerechtigkeit einschätzen kann.

Die Rechtsprechung will damit mittels der Rechenschaftspflicht gemäss Art. 398 aOR die Fremdnützigkeit des Auftragsvertrages sicherstellen. Dies erreicht die Rechenschaftspflicht als Pflicht zur (belegten) Rechnungslegung zum einen dadurch, dass sie die eigentliche Ablieferungsobligation bestimmt und rechtfertigt. Zum anderen soll aber die Fremdnützigkeit des Auftragsvertrages durch die

336 BGE 23, 1842ff., E. 3. 337 HE 17, 115 [Ziff. 3, 2. Absatz].

Page 121: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 75 -

Rechenschaftspflicht als (spezifizierte) Rechnungsstellungspflicht gewährleistet werden, indem für den Auftraggeber die Honorarnote auf ihre Angemessenheit hin überprüfbar sein soll. 338 Diese Überprüfung beschränkt sich aber im Kern auf die Überprüfung einer gewissen Vertragsgerechtigkeit im Sinne eines Äquivalenzgebotes von Leistung und Gegenleistung. Damit wird eine beträchtliche Unschärfe in der Überprüfung bewusst in Kauf genommen, da die entsprechende �Kontrolle� nicht auf die einzelne Leistung oder die einzelne Tätigkeit abzielt. Zweck der Rechnung und damit der Rechnungsstellungspflicht ist eine viel gröbere Optik der Vertragsbeziehung als solcher. Dies sind der Regelungsgehalt und der Zweck der Informationspflicht �Rechenschaft�, wie sie in Art. 398 aOR kodifiziert und aufgrund der Revision gemäss Art. 400 OR in das auch heute geltende Recht übernommen worden sind. 339

2.8.5 Fazit Die hier dargestellte Gesetzesentwicklung des schweizerischen Mandatsrechts zeigt das Bild einer kontinuierlichen Entwicklung in dem Sinne, als eine deutliche Orientierung an der Pflicht zur Rechnungslegung festgestellt werden kann. Zentraler Gedanke des gesamten Regelungsinhalts nach Art. 398 aOr resp. Art. 400 OR ist die Sicherstellung der Fremdnützigkeit des Auftragsvertrags.

Gestützt auf diesen Grundgedanken, fordert die Informationspflicht �Rechenschaft� zum einen die Pflicht zur belegten Rechnungslegung. Aufgrund der Tatsache der grundsätzlichen Entgeltlichkeit des Auftrages ist festzustellen, dass sich die Rechenschaftspflicht zudem zu einer eigentlichen Pflicht zur Rechnungsstellung entwickelt hat. Dabei bestimmt jedoch der Zweck der Rechnung den Inhalt der Pflicht zur Rechnungsstellung, indem einzig eine Spezifizierung und damit eine inhaltliche Detaillierung der Information gefordert wird, soweit es der entsprechende Zweck rechtfertigt: Die Überprüfbarkeit der Angemessenheit der Honorarforderung. Im Ergebnis ist die mandatsrechtliche Rechenschaftspflicht die Pflicht zur belegten oder anderswie justifizierten Rechnungslegung resp. zur spezifizierten Rechnungsstellung. Diese Pflicht weist in inhaltlicher Hinsicht eine beträchtliche Unschärfe hinsichtlich der eigentlichen Überprüfung auf, da die Rechenschaftspflicht v.a. die Fremdnützigkeit des Auftrages belegen soll.

338 Zum Zweck der Rechnung: Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.7.3.4.4. Zum

entsprechenden Inhalt einer Abrechnungspflicht: Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.7.3.4.5.

339 Siehe dazu die Ausführungen zur Entwicklung in der Schweiz in Kapitel 2.8 sowie zur Abrechnungspflicht in Kapitel 3.7.3.

Page 122: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 76 -

Die in der rechtshistorischen Darstellung festgestellte Eigenständigkeit in Gesetzgebung und Rechtsprechung macht es möglich, den Regelungsgehalt der Rechenschaftspflicht eigenständig und etwa losgelöst von den übrigen Rechtsentwicklungen festzulegen (vgl. etwa die letzten Entwicklungen in der Zweiten Kommission zum BGB). 340 Namentlich ist von Bedeutung, dass die deutsche Rechtsentwicklung hin zu einem weiten Informationsrecht �Rechenschaft� im BGB die schweizerische Rechtsprechung nicht beeinflusst hat.

340 Deshalb wird in dieser Untersuchung die deutsche Lehre und Rechtsprechung weit

weniger stark berücksichtigt, als dies in einem Grossteil der schweizerischen Lehre zum Auftragsrecht der Fall ist (vgl. insbesondere Hofstetter, 2000, oder auch die Kommentare BK-Fellmann und BasK-Weber).

Page 123: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 77 -

2.9 Fazit Die Darstellungen der einschlägigen Digestenstellen sowie der entsprechenden Spezialliteratur haben ergeben, dass die in der Gesetzgebungsgeschichte immer wieder an zentraler Stelle genannten Digestenstellen deutlich von einer �Rechenschaft� im Sinne einer Pflicht zur Rechnungslegung handeln. Die Pflicht zur Rechenschaft erscheint nach diesen Belegstellen jeweils in engem Zusammenhang mit der Ablieferungsobligation.

Bei der Behandlung der einzelstaatlichen deutschen Kodifikationen (Hessen/Bayern/Sachsen) hat sich gezeigt, dass von einer gefestigten Rechtstradition auszugehen ist, welche die Rechenschaftspflicht als eine blosse Pflicht zur Rechnungslegung verstanden hat. Diese Tradition und Fixierung setzt sich auch in der Kodifikationsgeschichte zum Dresdener Entwurf fort: Sowohl die Materialien als auch die Verhandlungen zum Dresdener Entwurf zeigen eine starke Orientierung an der Pflicht zur Rechnungslegung, wobei der funktionale Zusammenhang mit der Ablieferungsobligation betont wird. Die Entwicklungsgeschichte zum BGB zeigt zu Beginn eine klare Orientierung an den tradierten Konzepten. Erst die späteren Beratungen lassen erkennen, dass eine grundsätzliche Ausweitung der Informationspflichten des Auftraggebers angestrebt wurde, wobei die Rechtsentwicklung nicht kontinuierlich und nicht ohne Widersprüche verläuft. Im Ergebnis führt die deutsche Entwicklung zu einer eigentlichen Informationsnorm in §666 BGB. Die Schaffung einer entsprechenden Informationsnorm findet in der schweizerischen Gesetzgebungsgeschichte keine Entsprechung. Entsprechende Schlussfolgerungen, welche aus der deutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung entlehnt sind, sind deshalb grundsätzlich mit Vorsicht zu geniessen. In diesem Zusammenhang ist auch der weitere Hinweis von Bedeutung, dass die entsprechenden Beratungen zum BGB erst nach Abschluss des aOR stattgefunden haben, wodurch diese Entwicklungen keinen Eingang in die schweizerische Gesetzgebungsgeschichte gefunden haben.

Die Analyse der Rechtslage zum ALR und die Verarbeitung der Pandektenliteratur haben ergeben, dass die Pflicht zur Rechenschaft als die Pflicht zur Rechnungslegung dargestellt worden war. In den jeweiligen Belegstellen kam zudem eine klare Orientierung an der Ablieferungsobligation zum Ausdruck und gerade die Gerichtspraxis hat die belegte Rechnungslegung als eigentlich äusserste Form der Rechenschaftspflicht dargestellt.

Page 124: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 78 -

Besonders eindeutig fielen die Ergebnisse im Bereich des Code Civil und des ABGB aus: Beide Kodifikationen setzten zur damaligen Zeit die Pflicht zur Rechenschaft der Pflicht zur Rechnungslegung gleich.

Die Analyse der Rechtslage unter dem PGB hat ergeben, dass diese Kodifikation die Rechenschaftspflicht als eine Pflicht zur (belegten) Rechnungsstellung anerkannte. Von besonderem Interesse ist die Rechtsprechung, die den Zusammenhang aufdeckt, dass das Vertrauen beim Eingehen einer mandatsrechtlichen Beziehung zur Relativierung der Informationspflichten führen kann.

Die Aufarbeitung der schweizerischen Gesetzgebungsgeschichte hat ergeben, dass Art. 398 aOR resp. Art. 400 Abs. 1 OR unter dem Titel der �Rechenschaft� die Pflicht zur Rechnungslegung und die Pflicht zur Rechnungsstellung statuieren. Soweit es die Rechnungslegung betrifft, umfasst die Pflicht auch die Belegung der einzelnen Positionen. Im entgeltlichen Mandatsrecht ist der eigentliche Gegenstand der Rechenschaftspflicht die Pflicht zur Rechnungsstellung. Dabei bestimmt der Zweck der Rechnung den Inhalt der Pflicht zur Rechnungsstellung. Der Zweck ist die Sicherstellung der Überprüfbarkeit der Angemessenheit der Honorarforderung, wobei der Fokus auf der Sicherstellung der Fremdnützigkeit des Mandats gelegen hat. Die entsprechende Spezifizierungspflicht fordert deshalb die inhaltliche Detaillierung der Information, soweit es der entsprechende Zweck rechtfertigt, was inhaltlich eine beträchtliche, aber bewusst in Kauf genommene Unschärfe der Informationspflicht �Rechenschaft� bedeutet. Im Ergebnis ist die mandatsrechtliche Rechenschaftspflicht die Pflicht zur belegten oder anderswie justifizierten Rechnungslegung resp. zur spezifizierten Rechnungsstellung. Dieser Pflichteninhalt lässt sich aus der Gesetzgebungsgeschichte und aus der alten Rechtssprechung zum Art. 398 aOR resp. Art. 400 OR herleiten.

Page 125: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 79 -

3 Rechtssystematische Untersuchung der Informationspflicht �Rechenschaft� im Auftragsrecht

3.1 Vorbemerkungen In Kapitel 2 der vorliegenden Arbeit wurde die rechtshistorische Entwicklung der Informationspflicht �Rechenschaft� in verschiedenen Kodifikationen dargestellt. In diesem Kapitel 3 wird nun weiter untersucht, welche Argumente für Bestand, Inhalt und Umfang der Informationspflicht �Rechenschaft� aus einer rechtssystematischen Betrachtungsweise gewonnen werden können. In dieser Betrachtung werden insbesondere verschiedene Typenmerkmale und Institutionen des Auftragvertrages auf ihren Einfluss auf die entsprechende spezifische Informationspflicht �Rechenschaft� des Beauftragten untersucht. 341

Ausgangspunkt der rechtssystematischen Darstellung ist die Tatsache einer Dokumentationspflicht im schweizerischen Auftragsrecht (Kapitel 3.2). Aus diesem Grund beginnt die Darstellung mit der Erarbeitung der Rechtsgrundlagen und des Inhalts der entsprechenden Dokumentationspflicht. Entscheidend wird in diesem Zusammenhang die Frage sein, welchen Zwecken die entsprechende Dokumentation dient. Die entsprechende Dokumentation des Beauftragten steht deshalb auch im Fokus von verschiedenen (behaupteten) Anspruchsgrundlagen seitens des Auftraggebers: Als Anspruchsgrundlagen auf Erhalt der Dokumentation werden die Ablieferungsobligation (Kapitel 3.3.1 bis 3.3.3), die Vorlegungspflicht (Kapitel 3.3.4) und das Datenschutzrecht (Kapitel 3.4) untersucht. In Kapitel 3.3 wird die Ablieferungsobligation insbesondere hinsichtlich dieser Dokumentation ausführlich analysiert, wobei die Kriterien erarbeitet werden, welche die entsprechende Ablieferungsobligation des Auftraggebers bestimmen. Das Kapitel 3.4.3 befasst sich anschliessend im Zusammenhang mit der Bestimmung des sachlichen Anwendungsbereichs des Datenschutzrechts eingehend mit der Frage der Interessenabwägung im Auftragsrecht, soweit es für die Bestimmung einer Informationsordnung im Auftragsrecht notwendig und sachdienlich ist. In einem nachfolgenden Kapitel 3.4.4 wird durch eine eingehende Beschäftigung mit dem datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch im privatrechtlichen Anwendungsbereich des DSG nachgewiesen werden, dass sich eine einheitliche Informationsordnung im

341 Für eine Übersicht über die Typenmerkmale des Auftragsvertrags: Siehe dazu Kapitel

1.3.1.

Page 126: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 80 -

Auftragsrecht ergibt, weil die schuldrechtlichen und datenschutzrechtlichen Informationsordnungen zusammenspielen und sich ergänzen resp. vervollständigen.

Nachdem in den Kapiteln 3.2 bis 3.4 die Fragen geklärt werden, welche Ansprüche der Auftraggeber gegenüber dem Beauftragten auf die schriftlich fixierte Information hat, wird in den Kapiteln 3.5 bis 3.7 untersucht, welchen Einfluss weitere Typenmerkmale resp. Institutionen des Auftragsrechts auf eine generelle Informationsordnung, gestützt auf Art. 400 OR, haben können. Es werden die Einflüsse �Weisungsrecht, �Widerrufsrecht�, �Vertrauensverhältnis� und �genereller Interessenwahrungsgrundsatz� ausführlich dargestellt. In Kapitel 3.5 werden das Weisungsrecht im Auftragsvertrag im Vergleich zur Rechtslage im Einzelarbeitsvertrag analysiert und die entsprechenden Schlussfolgerungen für eine Informationsordnung im Auftragsrecht im Allgemeinen und für eine Informationspflicht �Rechenschaft� im Besonderen abgeleitet. Die Behandlung des Widerrufsrechts des Auftraggebers in Kapitel 3.6 setzt sich weiter mit dem Auftragsvertrag als Vertrauensbeziehung auseinander und untersucht in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit eines entsprechenden Informationsrechts. Abschliessend behandelt Kapitel 3.7 ausführlich die Interessensituation im Auftragsvertrag im Allgemeinen (Kapitel 3.7.1) und durch eine vergleichende Darstellung mit dem Informationsrecht im Personengesellschaft im Besonderen (Kapitel 3.7.2). Dabei werden die entsprechenden Schlussfolgerungen für eine Informationsordnung im Auftragsrecht aus einem systematischen Vergleich mit der Rechtslage im Personengesellschaftsrecht formuliert. In der Auseinandersetzung mit der Interessenlage zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer wird, gestützt auf die übrigen Erkenntnisse der systematischen Betrachtungsweise in Kapitel 3, der Inhalt der Informationspflicht �Rechenschaft� ausführlich dargestellt, wie er sich aus der Rechtsgrundlage in Art. 400 Abs. 1 OR (als Abrechnungspflicht [Kapitel 3.7.3]) herleiten lässt.

Im Rahmen einer rechtssystematischen Betrachtungsweise liegt es in der Natur der Sache, dass die jeweiligen Ergebnisse von der konkret betrachteten Rechtsordnung bestimmt werden. Deshalb erfolgt anschliessend eine starke Fokussierung auf die Rechtslage im schweizerischen Recht. Die Auseinandersetzung mit dem ausländischen Recht wird auf ein Minimum beschränkt. 342

342 Dies gilt insbesondere auch für die deutsche Rechtslage.

Page 127: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 81 -

3.2 Dokumentationspflicht als Grundlage im schweizerischen Auftragsrecht

3.2.1 Vorbemerkungen In diesem Kapitel wird die Frage untersucht, in welcher Weise das schweizerische Auftragsrecht eine Dokumentationspflicht kennt. Nach einer einleitenden Vorbemerkung (Kapitel 3.2.1) werden nachfolgend die Rechtsgrundlagen und der Inhalt der Dokumentationspflicht erarbeitet (Kapitel 3.2.2 und 3.2.3), soweit sie sich, gestützt auf schuldrechtliche Grundlagen, ergeben. Nachfolgend wird in der vorliegenden Arbeit von der Dokumentationspflicht und der Dokumentation als dem Resultat der Dokumentationspflicht gesprochen. 343

Den Beauftragten trifft eine eigentliche Aktenführungspflicht, sobald der Auftrag über eine einfache Anfrage oder Tathandlung hinausgeht. 344 Damit wird aber vorerst nur beschrieben, was ein Beauftragter im geschäftlichen Bereich ohnehin arbeitsorganisatorisch für die Auftragsabwicklung vorsehen muss. In der vorliegenden Arbeit wird in diesem Zusammenhang auch von den sog. Handakten des Beauftragten gesprochen. 345 Die Handakten betreffen grundsätzlich diverse Dokumente etc., die aus irgendeinem Grund in den Bereich des Beauftragten gekommen sind. Die Handakten umfassen aber auch die Dokumentation, die der Beauftragte aufgrund der ihm obliegenden Dokumentationspflicht erstellt. Dabei kommt der entsprechenden Dokumentation ein besonderer Stellenwert zu, da sie sich in verschiedenen Bereichen von den übrigen Handakten unterscheidet. Zur Illustration der Besonderheit der Dokumentation und damit der Dokumentationspflicht kann einleitend auf folgende Bemerkungen über die Dokumentation und die entsprechende Dokumentationspflicht hingewiesen werden, die in der deutschen Lehre zur Informationsverarbeitung ausgeführt wurden: � [Es war und ist] keine Regelung ersichtlich, aus der sich eine Pflicht des Anwalts dahin ergäbe, die ihm bekannt gewordene Informationen oder gedanklich/gesprächsweise erarbeitete Gesichtspunkte, soweit sie für das jeweilige Mandat von Bedeutung sein können, vollständig zu speichern.� 346 �Die beste Aktenführung ist (...) diejenige, welche es auch anderen Personen (...) ermöglicht, aus

343 Als Begriff mit identischem oder sehr ähnlichem Inhalt wird auch die

Aufzeichnungspflicht genannt. Für die grosse Vielfalt der verwendeten Begriffe in einem zu diesem Thema wichtigen Bereich (Arztvertrag): Hohloch, 2580 FN 37.

344 Hofstetter, 2000, 116 (mit weiteren Hinweisen). 345 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.4. 346 Rüpke, Advokatur, 11 (Hervorhebung im Original); Rüpke, Anwaltsrecht, 3098.

Page 128: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 82 -

den Akten ein klares Bild über den Stand der Sache zu gewinnen. Eine Pflicht zur Erreichung dieses Ideals besteht aber nicht. Inwieweit der Anwalt durch Aktennotizen jeden Vorgang festlegen oder sich auf sein Gedächtnis verlassen will, wieweit er kurze (...) Stichworte einer ausführlichen (...) Sachdarstellung vorzieht usw., ist seine Sache.� 347 Die Entwicklung der Krankengeschichte wird wie folgt beschrieben: �Seit langem machen die Ärzte Aufzeichnungen über Anamnese, Diagnose und Verlauf der Behandlung. War der Zweck dabei zunächst eher der einer persönlichen Gedächtnisstütze, so wurden nachvollziehbare Aufzeichnungen zu einer Notwendigkeit, sobald es zur Übernahme der Behandlung durch einen anderen Arzt, zum Zusammenwirken mehrerer Ärzte und zur Übermittlung von Daten durch dritte spezialisierte Stellen, etwa Laboratorien, kam. Der Sinn der Niederlegung bestand weiterhin im Festhalten flüchtiger Daten. Dieser Niederlegung war von vornherein nur ein beschränkter Zugang gewidmet, der vor allem für andere behandelnde Ärzte und das Hilfspersonal bestimmt war. Eine Verbreitung über diesen Kreis hinaus, insbesondere ein Zugang an den Patienten, hat sich erst im Laufe der Zeit entwickelt.�348

Diese Ausführungen setzen sich grundsätzlich mit dem Bestand einer Dokumentationspflicht im Auftragsrecht auseinander und stellen die Frage nach dem �Eingriff� einer entsprechenden Pflicht in die Mandatsbeziehung, ohne gleich den Zweck der Dokumentation für den Auftraggeber anzuführen. Hinter diesen Stellungnahmen steht die Überzeugung, dass es der Beauftragte sei, der das Ausmass der Dokumentation bestimmt, da es sich bei der Dokumentation um eine Pflicht handelt, die zuerst dem Auftraggeber direkt dient: Sie unterstützt den Auftragnehmer in der Abwicklung des Auftrages und fördert damit indirekt die Interessen des Auftraggebers durch die Ausführungsobligation oder Ablieferungsobligation. Es ist die Idee, dass es sich bei Aufzeichnungen grundsätzlich um den (Eigen-) Bereich 349 und um die Sache des Beauftragten handelt. Entsprechend stellt die Dokumentation eine Ansammlung von Informationen dar, die grundsätzlich durch Kriterien bestimmt wird, welche sich der Beauftragte selbst gibt. Aus diesem Grund wird in dieser Lehre auch Abstand davon genommen, die Dokumentationspflicht in inhaltlicher Hinsicht genauer festzulegen. Im Rahmen der Dokumentationspflicht ist aber zu untersuchen, 347 Friedlaender, § 32 N 4 [§ 32 der Rechtsanwaltsordnung ist der Vorläufer von § 50 der

geltenden Bundesrechtsanwaltsordnung (Hervorhebungen im Original)]. 348 Deutsch/Spickhoff, Rz. 449. 349 Siehe dazu auch die Ausführungen zum Datenschutzrecht in Kapitel 3.4, insbesondere

Kapitel 3.4.3.

Page 129: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 83 -

wie die angesprochene indirekte Befriedigung von Interessen des Auftraggebers sichergestellt ist. Dies ist die Frage nach dem Zweck der Dokumentationspflicht, welche die Dokumentation selbst, aber auch die entsprechenden Informationsrechte auf die Dokumentation beeinflusst. 350 Bereits an dieser Stelle ist auf die Entwicklung hinzuweisen, dass insbesondere Haftungsprozesse einen bedeutenden faktischen Einfluss auf die Dokumentationspflicht haben, da in diesen Situationen dem Beauftragten wegen mangelnder Belegungsmöglichkeit die Nichterfüllung der Beweis- oder Substanziierungspflicht resp. -last vorgehalten werden kann. 351 Weiter ist es auch Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen, die rechtliche Grundlage der Dokumentationspflicht kritisch darzustellen.

Es ist auch gerade die deutsche Lehre, welche v.a. im Bereich des Arztrechts im Zusammenhang mit der Dokumentationspflicht das Unbehagen über eine allgemeine Entwicklung ausgedrückt: Durch die Dokumentationspflicht erfolgt eine weitere Verrechtlichung der Beziehungen zwischen Arzt und Patient. Es treten dabei �Rechtspflichten und Ansprüche der Vertragspartner an die Stelle des rechtsfernen �Vertrauensverhältnisses�, mit dessen Betonung insbesondere die ärztliche Standesliteratur das �Eindringen� des Rechts in die Beziehung Arzt � Patient abzuwehren pflegt.� 352 Durch eine entsprechende Dokumentationspflicht wird die Beziehung gewissermassen �aktenkundig� gemacht, was die Folgefrage aufwirft, welche Personen Einsicht in diese Aufzeichnungen erlangen können. 353

3.2.2 Dokumentationspflicht im allgemeinen Auftragsrecht

3.2.2.1 Rechtsgrundlage der Dokumentationspflicht im allgemeinen Auftragsrecht

Die allgemeine Lehre zum Auftragsrecht beschäftigt sich nicht ausführlich und gesondert mit der Dokumentationspflicht des Beauftragten. Es kann jedoch generell festgestellt werden, dass die entsprechende Pflicht im schweizerischen Auftragsrecht unterschiedlich hergeleitet wird: Einige Lehrmeinungen begründen eine Dokumentationspflicht mit der jederzeitigen Rechenschaftspflicht des Beauftragten. 354

350 Siehe dazu Kapitel 3.2.3, 3.3.4 und 3.4. 351 Dies besonders deutlich auch im Rahmen der Aufklärungspflicht. In diesem

Zusammenhang sei insbesondere auf die Entwicklung in der Schweiz hingewiesen, wie sie in ZR 44 Nr. 160 (insbesondere E. 4 und 5) in ihren Anfängen dokumentiert ist.

352 Hohloch, 2578, mit zahlreichen Hinweisen auf die Lehre. 353 Siehe dazu Kapitel 3.3.4, 3.4 und 3.7.3. 354 BK-Fellmann, Art. 400 N 44 und N 139; BasK-Weber, Art. 400 N 3.

Page 130: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 84 -

Andere Lehrmeinungen erwähnen demgegenüber die Sorgfaltspflicht als eigentliche Grundlage einer Dokumentationspflicht. 355 Das Bundesgericht bleibt demgegenüber in einem Entscheid zum allgemeinen Auftragsrecht eher unbestimmt, indem es ausführt: �[Zur Erstattung der Abrechnung, Art. 400 OR] bedarf es entgegen der Meinung des Beklagten nicht notwendigerweise Quittungen, sondern es genügen jene schriftlichen Aufzeichnungen, die der Beauftragte nach Vertrag gehalten ist, über seine Tätigkeit zu verfassen.� 356 Es ergibt sich aus diesen Ausführungen, die für die schweizerische Lehre und Rechtsprechung symptomatisch kurz und kursorisch ausfallen, dass verschiedene Rechtsgrundlagen oder die schlichte Tatsache des Bestandes eines Vertrages für eine Dokumentationspflicht genannt werden.

3.2.2.2 Inhalt der Dokumentationspflicht im allgemeinen Auftragsrecht Grundsätzlich findet sich im allgemeinen Auftragsrecht keine Inhaltsbeschreibung der Dokumentationspflicht. Vielmehr lässt sich der Inhalt der Dokumentationspflicht in der schweizerischen Lehre nur mittelbar über die Beschreibung des Inhalts von Informationsrechten des Auftraggebers erschliessen. Im Zusammenhang mit einem Vorlegungsrecht oder einem Recht auf eine Kopie 357 und mit den weiteren Informationsrechten des Beauftragten (Rechenschaftspflicht, Auskunftspflicht, Aufklärungspflicht etc.) beschreibt die Lehre in der Tendenz eine umfassende Dokumentationspflicht, wobei dem Auftraggeber ein dementsprechender Anspruch auf vollständige, wahrheitsgemässe und rechtzeitige Information zugestanden wird. Die allgemeine Mandatslehre zeichnet sich deshalb im Zusammenhang mit der Inhaltsbestimmung der Dokumentationspflicht dadurch aus, dass verschiedene Einflüsse auf die Dokumentationspflicht vermengt werden, weshalb sich die entsprechende Lehre für eine Erarbeitung des Inhalts der Dokumentationspflicht nicht eignet.

3.2.3 Dokumentationspflicht im Arztvertrag

3.2.3.1 Allgemeines Nachfolgend werden die Rechtsgrundlagen und der Inhalt der Dokumentationspflicht im Auftragsvertrag in der Auseinandersetzung mit dem Arztvertrag erarbeitet. Eine

355 Hofstetter, 2000, 116. 356 BGE 110 II 181ff., E. 2. Da sich der Entscheid auf die Lehrmeinung Hofstetter, 1979, 90,

beruft, ist zu vermuten, dass das BGer die Rechtsgrundlage in einer allgemeinen Sorgfaltspflicht erkennt.

357 Siehe dazu Kapitel 3.3.4.

Page 131: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 85 -

Beschäftigung mit dem Arztvertragsrecht rechtfertigt sich deshalb, weil hier Bestand und Inhalt einer Dokumentationspflicht � auch insbesondere gestützt auf die Lehre und eine ausführliche Gerichtspraxis � dargestellt werden können. Wie sich aus den weiteren Ausführungen ergeben wird, kann die entsprechend ausgemachte Rechtslage verallgemeinert werden, sodass sich die Auseinandersetzung mit dem Arztvertragsrecht für die Erarbeitung einer generell anzuerkennenden mandatsrechtlichen Dokumentationspflicht besonders eignet.

Der Arztvertrag unterliegt � soweit die hier vorliegende Arbeit untersucht � dem Recht des einfachen Auftrags gemäss Art. 394ff. OR. 358 Soweit sich die Aussagen und Ergebnisse zum Arztvertrag auf die schuldrechtlichen Bestimmungen des einfachen Auftragsvertrages nach Art. 394ff. OR abstützen lassen, können die Aussagen und Ergebnisse allgemeine Geltung im Auftragsrecht beanspruchen. In diesem Sinne erfolgt die nachgehende Darstellung zum Arztrecht exemplarisch. Dabei werden nachfolgend die Rechtsgrundlagen und der Inhalt der Dokumentationspflicht anhand des Arztvertragsrechts erarbeitet und die Aussagen und Ergebnisse jeweils auf ihre Allgemeinverbindlichkeit für das gesamte Auftragsrecht untersucht.

3.2.3.2 Rechtsgrundlage der Dokumentationspflicht im Arztvertrag Im Bereich des Arztrechtes ist zwischen privatrechtlich und öffentlich-rechtlich geregelten Verträgen zu unterschieden 359 , wobei auch im zweiten Fall unter Umständen Bundeszivilrecht anwendbar ist. 360 Weil in der vorliegenden Arbeit die Dokumentationspflicht, gestützt auf Bundeszivilrecht, interessiert, steht grundsätzlich das privatrechtlich geregelte Rechtsverhältnis im Vordergrund. Allerdings werden auch die Entwicklungen im Bereich des öffentlich-rechtlich geregelten Arztrechtes vergleichend berücksichtigt, da in diesem Bereich eine entsprechende Rechtsprechung vorliegt. Auf das Arzt-Patienten-Verhältnis kommt � wenn die Rechtsbeziehung nicht im Anwendungsbereich kantonal-öffentlich-rechtlicher Normen liegt � grundsätzlich Auftragsrecht (Art. 394 ff. OR) zur Anwendung. 361 Wie im allgemeinen Mandatsrecht

358 Siehe dazu auch Kapitel 3.2.3.2. 359 Kuhn, 21ff. und 50ff.; Brühwiler-Frésey, 13ff. und 33ff. Aus der Rechtsprechung: BGE

122 I 139ff., E. 4a (mit weiteren Hinweisen). Kantonale zivilrechtliche Regelungen können demgegenüber keinen Bestand haben, da solche �nur soweit erlassen [werden dürfen], als das Bundesrecht ausdrücklich oder dem Sinn nach die Geltung kantonalen Rechts vorbehält.� Im Bereich der Dokumentationspflicht sind entsprechend die öffentlich-rechtlichen Vorschriften in den Gesundheitsgesetzen zu beachten: Siehe dazu Roggo, 206f. FN 933.

360 Kuhn, 51 (mit einem Beispiel aus dem Kanton Zürich in FN 112); Jäger, 45ff. 361 Payllier, 23; Eisner, 22f.; Brühwiler-Frésey, 13f.; Jäger, 50; BK-Fellmann, Art. 394 N 185

(je mit weiteren Hinweisen). Analoges gilt auch für den Zahnarzt. Zu beachten sind in

Page 132: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 86 -

wird auch im Bereich des Arztvertragsrechts die Dokumentationspflicht in Lehre und Rechtsprechung unterschiedlich begründet:

Die Dokumentationspflicht wird von einem Teil der Literatur in einem engen Zusammenhang mit der Rechenschaftspflicht gesehen, weshalb die Dokumentationspflicht direkt aus Art. 400 Abs. 1 OR abgeleitet wird. 362 Danach schreibt diese Norm die Führung einer Krankengeschichte vor 363 , da jederzeit sichergestellt sein müsse, dass der Beauftragte Bericht erstatten könne. 364 Nur durch die Wahrnehmung einer entsprechenden Dokumentationspflicht könne ein Arzt überhaupt die Qualitätskriterien der Rechenschaftsablegung erfüllen. 365 Es wird auch die Bedeutung der Dokumentationspflicht im Bereich der Rechnungsstellungspflicht hervorgehoben, da durch die Dokumentationspflicht die entsprechenden Informationen bereitgestellt werden müssen. 366

Daneben wird die Ansicht vertreten, dass die Dokumentationspflicht eine eigentliche Doppelgrundlage aufweise: Der Arzt sei sowohl nach Art. 400 Abs. 1 OR als auch nach Art. 398 OR verpflichtet, eine Dokumentation anzulegen. 367 Danach basiert die Dokumentationspflicht sowohl auf der Pflicht zur Rechenschaftsablage als auch auf der allgemeinen Treue- und Sorgfaltspflicht. 368 Andere Lehrmeinungen stellen die

diesem Zusammenhang aber die heiklen Abgrenzungsfragen im Zusammenhang mit den allgemeinen Abteilungen in sog. �privaten� Spitälern hinsichtlich der Frage der anwendbaren Haftungsbestimmungen: Gessel/Guillod, 420ff.

Diesbezüglich kann auf die Bestrebungen in der Revision des Haftpflichtrechts hingewiesen werden, wonach eine Vereinheitlichung der Haftungsregeln für die ganze spitalärztliche Tätigkeit angestrebt wird. Zum Entwurf über ein einheitliches Haftpflichtrecht sei auf die umfassenden Berichte für den Schweizerischen Juristenverein hingewiesen: ZSR 2003 II. Halbband passim.

362 So deutlich Kuhn, 25f., bereits auch im Titel: �b) Rechenschafts- und Dokumentationspflicht�; Geiser, Aufklärung, 1148; Roggo, 206.

363 Kuhn, 26 (unter Berufung auf Laufs, 1125); Geiser, Aufklärung, 1148. Deutsch/Spickhoff, Rz. 452: �Nach anfänglichem Zögern ist es mittlerweile allgemeine Meinung, dass die Niederlegung der Krankendaten Pflicht des Arztes ist.�

364 Sowohl auch BK-Fellmann, Art. 400 N 139 i.V.m. N 44. 365 Brühwiler-Frésey, 170 (nach BK-Gautschi, Art. 400 N 23a: Insbesondere vollständige und

rechtzeitige Information). 366 Geiser, Aufklärung, 1148, sieht eine wichtige Funktion der Dokumentationspflicht in der

Grundlage für die Rechnungsstellung. Siehe dazu auch Kapitel 3.7.3. 367 Brühwiler-Frésey, 169f.; BK-Gautschi, Art. 398 N 31n (unter Berufung auf ZR 44 Nr.

160); Wiegand, Aufklärungspflicht, 197 (inkl. FN 374) i.V.m. 126 und 129; Müller, 126. 368 So bereits der Grundsatzentscheid in ZR 44 Nr. 160 E. 4. Obwohl als eigentliche

Grundlage der Dokumentationspflicht ausdrücklich § 6 der Verordnung über die Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit vom 23.11.1933 bezeichnet worden ist, wurde bereits in diesem frühen Entscheid ausgeführt, dass �die allgemeine ärztliche Sorgfaltspflicht des Zahnarztes u. U. eine umfangreichere Krankengeschichte verlangt.�

Page 133: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 87 -

Dokumentationspflicht auf eine andere Doppelgrundlage: �Daraus [es geht dieser Darstellung eine erste summarische Übersicht über den Inhalt und Umfang dieser Pflicht voraus] ergibt sich die Pflicht des Arztes, eine Dokumentation zu erstellen, die es ihm ermöglicht, dieser Aufklärungspflicht nachzukommen.� 369 Dabei hat eine Krankengeschichte in inhaltlicher Hinsicht die �generellen Anforderungen der auftragsrechtlichen Dokumentationspflicht� 370 zu erfüllen. Obwohl der Autor keine konkrete auftragsrechtliche Grundlage nennt, ist nahe liegend, dass hierbei insbesondere auf die allgemeinen Anforderungen 371 an die Rechenschaftspflicht nach Art. 400 OR verwiesen wird. 372 Weiter werden auch der Persönlichkeitsschutz gemäss Art. 27 f. ZGB 373 oder das ärztliche Standesrecht 374 als mögliche Rechtsgrundlagen genannt. Auch wird von einer bloss faktischen Pflicht zur Führung einer Krankengeschichte gesprochen, 375 wobei auch das Vademecum eine solche �übergesetzliche� Grundlage betont, indem es die Führung einer Krankengeschichte auch ohne gesetzliche Grundlage für eine Selbstverständlichkeit hält. 376

Neben den bereits dargestellten materiell-rechtlichen Grundlagen für eine Dokumentationspflicht wird auch der Einfluss des Prozessrechts hervorgehoben, wonach hierdurch eine faktische Grundlage für eine entsprechende Dokumentationspflicht geschaffen wurde 377 : Da die Beweislast für die Pflichtwidrigkeit 378 des Arztes nach allgemeinem Obligationenrecht gemäss Art. 97

369 Wiegand, Aufklärungspflicht, 198, unter Hinweis auf BGE 113 II 429ff. [Hervorhebungen

im Original]. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass die ärztliche Aufklärungspflicht als Grundlage einer Dokumentationspflicht auch explizit verneint wird: Brühwiler-Frésey, 169.

370 Wiegand, Aufklärungspflicht, 199 (ohne Nennung einer besonderen Grundlage). 371 Grundlegend und deshalb an Stelle vieler: BK-Gautschi, Art. 400 N 23. 372 Auch im erstinstanzlichen Urteil zu BGE 113 II 429ff. wurde in diesem Zusammenhang

festgehalten, �dass Krankengeschichten (...) sorgfältig, umfassend und richtig geführt werden (...) müssen.� Urteil des BezGer Zürich vom 22. 8. 1985, E. IV. 13 [S. 21], nicht publ.

373 So deutlich etwa auch ein Entscheid des Zivilgerichtspräsidenten des Kantons BS in BJM 1986 202ff., 202f. Aus der Lehre: Müller, 127.

374 Namentlich Brühwiler-Frésey, 169. 375 Ott, 234. 376 Vademecum, 25.10. 377 BGE 113 II 429ff. verweist in der Frage der Dokumentationspflicht auf ein Urteil des

OGer ZH vom 5. 12. 1986 (nicht publ.), welches seinerseits in E. II. 2 einzig auf die Ausführungen in E. IV.5 des Urteils der Vorinstanz hinweist. Weder E. IV. 5 noch E. IV. 13 dieses erstinstanzlichen Urteils (BezGer Zürich vom 22. 8. 1985, nicht publ.) nennen jedoch irgendeine materiellrechtliche Grundlage. Vielmehr wird in E. IV. 5 eine Dokumentationspflicht einzig auf prozessualen Überlegungen begründet.

378 Ebenso trägt der Patient die Beweislast bezüglich der Kausalität. Allerdings sind auch hier gewisse Tendenzen feststellbar: So hat das OGer ZH (SJZ 1989 119ff.) in einem Fall nicht beweisbarer Kausalität die Beweislast auf das Spital überwälzt, weil nicht

Page 134: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 88 -

OR dem Patienten obliegt und es diesem nur schwer gelingen kann, eine solche nachzuweisen, �weil er keine genaue Kenntnis davon hat, was der Arzt alles diagnostiziert, vorgekehrt, getan hat�, ist der Arzt verpflichtet, die entsprechende Informationen dem Patienten zu Verfügung zu stellen. �Nur dadurch wird der Patient überhaupt in die Lage versetzt, eine allfällige Schlechterfüllung des ärztlichen Behandlungsauftrages zu erkennen und dem Gericht auch darzutun.� 379 Immerhin ist festzuhalten, dass der Auftraggeber die Pflichtwidrigkeit aus den überstellten Informationen selbst konstruieren muss: �Das heisst aber nicht, dass der Arzt verpflichtet wäre, nachzuweisen, dass er lege artis gearbeitet hat. Es ist vielmehr Sache des Patienten, aus den Auskünften des Arztes seine Schlüsse zu ziehen und entsprechende Behauptungen aufzustellen und auch zu beweisen.� 380 In der deutschen Lehre wurde zu dieser Rechtsentwicklung, d.h. dem Überspringen der Anforderungen aus vertraglichen Pflichten durch die Anorderungen des Prozessrechts, kritisch ausgeführt, dass sich die �Bedeutung [der Beweislastregelung damit] bereits in das Vorfeld des Prozesses erstreckt�. 381 Bei dieser Begründung einer Dokumentationspflicht ist jedoch anzumerken, dass in einem Prozess stets andere Interessensituationen zu regeln sind. Es ist die Aufgabe des eigentlichen Prozessrechts, die entsprechenden und dort in Rede stehenden Interessenlagen zum Ausgleich zu bringen, weshalb nach der hier vertretenen Ansicht eine materiell-rechtlich begründete Dokumentationspflicht ihre Rechtsgrundlage grundsätzlich nicht in den Anforderungen des Prozessrechts haben kann. Dabei ist bereits an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass in der rechtlichen Behandlung zwischen verschiedenen Teilen der Dokumentationspflicht zu unterscheiden ist: Soweit die Aufklärungspflicht betroffen ist, kann die prozessrechtlich begründete Basis einer Dokumentationspflicht eine hinreichende Grundlage für eine Dokumentationspflicht sein, da diese gerade

auszuschliessen war, dass bei rechtzeitiger Bestrahlung kein Befall der Lymphknoten stattgefunden hätte. Zum Ganzen kann auf die ausführliche und kritische Darstellung von Gatter, 645ff., verwiesen werden. Weiter kann in diesem Zusammenhang auch auf die besonders eindrückliche Problemlage im Falle eines Schleudertraumas hingewiesen werden: Kramer, 153ff. Unbestritten ist aber, dass der Patient den Schaden beweisen muss (so selbst Payllier, 273).

379 Urteil des BezGer Zürich vom 22. 8. 1985, E. IV. 5. Vorinstanz zum Entscheid BGE 113 II 429ff.

380 Urteil des BezGer Zürich vom 22. 8. 1985, E. IV. 5. 381 Weyers/Mirtsching, 322: In diesem Zusammenhang wird methodisch eine Verstärkung

der materiellrechtlichen Informationspflichten der schleichenden Ausdehnung von prozessualen Lasten vorgezogen.

Page 135: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 89 -

typischerweise in Beziehung zum Patienten als dem Auftraggeber erfolgt und grundsätzlich nichts über die Auftragsausführung aussagt. 382

Zusammenfassend und in Übereinstimmung zur Darstellung der Dokumentationspflicht im allgemeinen Mandatsrecht kann festgehalten werden, dass die Dokumentationspflicht hier wie dort auf verschiedene materiell-rechtliche Rechtsgrundlagen abgestützt wird. Es ist grundsätzlich nicht möglich, eine einzelne Rechtsgrundlage als die Grundlage einer entsprechenden Dokumentationspflicht zu identifizieren.

3.2.3.3 Inhalt der arztvertraglichen Dokumentationspflicht und Verallgemeinerung

3.2.3.3.1 Drei Bereiche der Dokumentationspflicht / inhaltliche Beschreibung Im vorangegangenen Abschnitt wurde dargelegt, dass verschiedene vertragliche Verpflichtungen des Arztes Grundlage der auftragsrechtlichen Dokumentationspflicht sind. Damit liegt auch auf der Hand, dass eine entsprechende Dokumentation verschiedenen Zwecken dient und die Dokumentation in ihrer Gesamtheit ein Resultat ist, welches von verschiedenen Pflichten beeinflusst wird. Diese Feststellung ist bei der nachfolgend vorzunehmenden Inhaltsbeschreibung der Dokumentationspflicht zu beachten.

Ausgangspunkt des Versuchs einer Inhaltsbeschreibung bildet ein Bundesgerichtsentscheid, welcher, gestützt auf das allgemeine Auftragsrecht, festhält, dass der Arzt eine Krankengeschichte in der Weise �zu führen hat, die sein Vorgehen und den Krankheitsverlauf wiedergibt.� 383 Dementsprechend sind die beiden Themenkreise �Behandlung� und �Krankheitsverlauf� zu dokumentieren, wobei sich aus den bundesgerichtlichen Erwägungen deutlich ergibt, dass der Gedanke der Rekonstruktion stets im Zentrum steht. 384 In einem ersten Schritt ist deshalb festzustellen, dass sich der Detaillierungsgrad der Dokumentation �aufgrund der Art der Erkrankung und dem Zweck der Behandlung [ergibt].� 385 Das Berner

382 Siehe dazu sogleich den folgenden Abschnitt. Es ist jedoch auch auf das unterschiedliche

Einsichtsrecht hinzuweisen: Siehe dazu Kapitel 3.3.4 und 3.4.4. 383 BGE 113 II 429ff., E. 2. Diese Beschreibung der Dokumentationspflicht wurde im

Zusammenhang mit einem Haftpflichtprozess (Schadenersatz und Genugtuung) formuliert, in welchem die Frage der Sorgfaltspflicht zu klären war.

384 Dieser Gedanke der Rekonstruktion ist bereits in einem sehr alten Entscheid zum Arztrecht verankert: ZR 44 Nr. 160 E. 4 und 5. Dies ist auch der Leitgedanke in Deutschland: Deutsch/Spickhoff, Rz. 452 (mit weiteren Hinweisen).

385 Müller, 128.

Page 136: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 90 -

Verwaltungsgericht hat in einem grundsätzlichen und ausführlichen Entscheid den Inhalt der Dokumentationspflicht im Bereich des Arztrechts weiter konkretisiert: �Eine sorgfältige Krankengeschichte enthält in chronologischer Ordnung mindestens drei Elemente: erstens Sachverhaltsfeststellungen der Ärztin oder des Arztes über Krankengeschichte (Anamnese), Krankheitsverlauf, persönliches Umfeld des Patienten bzw. der Patientin sowie differenzierte Diagnose, zweitens die angeordneten Therapieformen (zeitlich und quantitativ umschriebene Medikationen, Eingriffe mit Operationsberichten, physikalische oder andere Therapieformen) und drittens Ablauf und Gegenstand der Aufklärung der Patientin oder des Patienten. Zur Krankengeschichte gehören auch Zusatzdokumente wie Ergebnisse apparativer Untersuchungen (Röntgenbilder, Laborbefunde, EKG- und EEG-Befunde, Computertomogramme usw.), Aufzeichnungen über diagnostische, therapeutische und pflegerische Tests und Massnahmen, spezielle Operationsberichte, Angaben von Drittpersonen und persönliche Notizen von Ärzteschaft und Pflegepersonal.� 386 Demgemäss verfügt die Dokumentation über drei Teile: (1) Sachverhalt, (2) Therapie und (3) Aufklärung. 387 Die bundesgerichtliche Rechtsprechung unterscheidet sich grundlegend von derjenigen des Berner Verwaltungsgerichts, indem das Berner Verwaltungsgericht die Dokumentationspflicht um einen dritten Teil �Aufklärung� ergänzt. Dabei bezog sich das Berner Verwaltungsgericht bei der Inhaltsumschreibung ausdrücklich auf die Lehrmeinung von Wiegand, welcher die Aufklärungspflicht und die Rechenschaftspflicht als Rechtsgrundlage der Dokumentationspflicht nennt. 388

3.2.3.3.2 Generelle Anforderungen an die drei Bereiche der Dokumentationspflicht

Die im vorangehenden Abschnitt aufgeführten und inhaltlich umrissenen Bereiche der Dokumentationspflicht können in einer etwas allgemeineren Ausdrucksweise mit den folgenden Begriffen umschrieben werden: (1) Sachverhalt, (2) Handlungen und (3) Aufklärung. Nachfolgend sollen diese drei Bereiche der Dokumentationspflicht in

386 BVR 1998 529ff., E. 4a und 5b, gestützt auf Art. 20 des Bernischen Gesundheitsgesetzes

vom 2.12.1984 (BGS 811.01.). Das Gericht bezieht sich in diesem Entscheid ausdrücklich auf Wiegand, Aufklärungspflicht, 196ff. Eine gegen diesen Entscheid erhobene staatsrechtliche Beschwerde wurde am 15.7.1998 abgewiesen (publiziert in ZBl 1999 312ff.). Müller, 124, spricht in diesem Zusammenhang von der Krankengeschichte als Koordinations- und Kommunikationsinstrument (mit weiteren Hinweisen).

Aus der deutschen Lehre grundlegend zum notwendigen Inhalt der ärztlichen Dokumentation: Schmid, 683ff.

387 Für eine detailliertere Gliederung der Bereiche: Siehe dazu die Ausführungen von Roggo, 209f.

388 Wiegand, Aufklärungspflicht, 199. Siehe dazu auch Kapitel 3.2.3.2.

Page 137: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 91 -

allgemeiner Hinsicht genauer untersucht werden. In diesem Zusammenhang ist auf die Rechtsprechung hinzuweisen, welche bezüglich der Dokumentationspflicht allgemein festhält, �dass Krankengeschichten (...) sorgfältig, umfassend und richtig geführt werden (...) müssen.� 389 Es lässt sich damit die Verpflichtung des Beauftragten erkennen, die Krankengeschichte vollständig, wahrheitsgemäss und rechtzeitig zu führen. Es handelt sich dabei um die Informationsqualitätskriterien, welche im Zusammenhang mit der allgemeinen Rechenschaftspflicht des Beauftragten genannt werden. 390 Nachfolgend werden diese Aspekte im Bereich der Dokumentationspflicht untersucht, wobei zwischen den drei identifizierbaren Bereichen der Dokumentationspflicht unterschieden wird:

3.2.3.3.3 Spezielle Anforderungen im Rahmen �Sachverhalt� und �Handlungen�

Das Gebot der Wahrheit ist erfüllt, wenn das einzelne Datum richtig und die Daten unter dem Aspekt der Vollständigkeit aufgezeichnet wurden. 391 Werden solche Daten gelöscht oder erst gar nicht aufgezeichnet, so ist damit gleichzeitig das Gebot der wahrheitsgemässen und der vollständigen Dokumentation verletzt. Aufgrund dieser Erwägung kann festgehalten werden, dass dem Wahrheitsgebot im hier untersuchten Bereich keine wirklich eigenständige Bedeutung zukommt. Dem Kriterium �Wahrheit� kann nur hinsichtlich jener Daten eine eigenständige Bedeutung zugemessen werden, die eigentliche Wertungen darstellen. Es ist auch in neueren datenschutzrechtlichen Entscheiden anerkannt 392, dass Wertungen und dgl. Bestandteil einer Krankengeschichte darstellen können, sich aber dem Beurteilungsmassstab �Wahrheit� entziehen.

Das Kriterium der Rechtzeitigkeit erlangt im Rahmen dieser Bereiche der Dokumentationspflicht einmal dort eine Bedeutung, wo aus der nicht fristgerechten Aufzeichnung der Daten auf qualitative Mängel der Dokumentation an sich geschlossen wird: So wurde etwa ein sieben Jahre nach der eigentlichen Operation verfasster Operationsbericht als eine Dokumentation ohne gesteigerten Beweiswert

389 Urteil des BezGer Zürich vom 22. 8. 1985, E. IV. 13 [S. 21], nicht publ, erstinstanzliches

Urteil zu BGE 113 II 429ff. 390 Grundlegend und an Stelle vieler: BK-Gautschi, Art. 400 N 23. Zu den Rechtsgrundlagen

der Dokumentationspflicht: Siehe dazu Kapitel 3.2. 391 Es handelt sich dabei um einen Gedanken, welcher im Bereich der Abrechnungspflicht

nach Art. 400 Abs. 1 OR anerkannt wird. Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.2.3. 392 So BVR 1998 529ff., E. 5.

Page 138: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 92 -

beurteilt und als blosses Parteigutachten gewürdigt. 393 Die Bedeutung der Anforderung der Rechtzeitigkeit leitet sich aber auch aus dem allgemeinen Interessenwahrungsgrundsatz ab, weshalb die Aufzeichnungen aktuell nachgeführt sein müssen. 394

Aufgrund der bisherigen Ausführungen muss eine Krankengeschichte in erster Linie dem Erfordernis der Vollständigkeit genügen. 395 Es sind jedoch folgende Bemerkungen anzubringen: Aus den Entscheiden und Lehrmeinungen wird ersichtlich, dass das Kriterium der Vollständigkeit einzig fordert, dass die entsprechenden Daten aufgenommen werden. Dabei reicht die chronologische Aufnahme der Daten aus und die Dokumentationspflicht fordert namentlich nicht eigentliche analytische Gesamtbetrachtungen oder zusammenfassende Schlussfolgerungen der aufgenommenen Daten. 396 Durch die Pflicht zur blossen Auflistung von Daten dient die ärztliche Dokumentation aber auch etwa (wie bei anderen Berufsgruppen auch) als Grundlage für die Rechnungsstellung: 397 Dabei ist die Dokumentation die Basis, um sowohl gegenüber den Versicherungseinrichtungen als auch gegenüber dem Patienten die Forderung begründen zu können. Dabei wird allerdings u.U. die Notwendigkeit bestehen, gegebenenfalls die einzelnen Therapiepunkte aufgrund der Diagnose zu begründen, was über eine blosse Auflistung einzelner Positionen hinausgehen kann. Die Diagnose und die dabei verordnete Therapieform wird wichtig sein, um die Effektivität der angeordneten Massnahme belegen zu können. Dabei hat der Auftragnehmer sowohl die einzelne Leistung als auch den Zusammenhang resp. die Notwendigkeit der einzelnen Leistung zu belegen. Hierdurch ergibt sich eine Pflicht Zusammenhänge darzustellen, soweit sich diese nicht einfach erkennen lassen. In entsprechendem Umfang fliesst Information im Rahmen der Pflicht zur Rechnungsstellung an den Auftraggeber resp. an die Versicherungseinrichtung, wobei sich der Inhalt der entsprechenden �Offenlegung� aus den Anforderungen an eine geordnete Rechnungsstellung ergibt. 398 In diesem Zusammenhang ist auf einen Entscheid des Bundesgerichts hinzuweisen, wonach der Versicherung gegenüber dem

393 BGE 113 II 429ff., E. 2. 394 Damit wird faktisch die Ausübung des jederzeitigen Widerrufsrechts unterstützt und

ermöglicht: Siehe dazu Kapitel 3.6. 395 Dazu grundlegend: BK-Gautschi, Art. 400 N 23a. 396 Dies fordert die hL jedoch gerade gestützt auf die Rechenschaftspflicht nach Art. 400 OR:

BK-Fellmann, Art. 400 N 52 (unter Hinweis auf BK-Gautschi, Art. 400 N 28c). 397 Siehe dazu Kapitel 3.2.2.2. 398 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4

Page 139: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 93 -

Leistungserbringer, gestützt auf die spezialgesetzliche Grundlage von Art. 42 Abs. 2 und 3 KVG, ein uneingeschränkter Editionsanspruch auf Patientendaten zuzugestehen ist. 399 Diese vollständige Offenlegung basiert allerdings auf einem Spezialgesetz, weshalb diese Rechtslage nicht verallgemeinert werden kann. Im allgemeinen Auftragsrecht gilt weiterhin die Grundregel, dass eine chronologische Auflistung den Anforderungen des Kriteriums �Vollständigkeit� genügt.

Die Erwägungen des Berner Verwaltungsgerichts lassen die Auffassung erkennen, dass sowohl eine �breite� wie auch �tiefe� und bis ins Detail gehende Aufzeichnungspflicht besteht. 400 Bei diesem Ansatz ist jedoch die Leitidee der hier behandelten Dokumentationspflicht nicht aus den Augen zu verlieren: Die Dokumentationspflicht will in erster Linie den Gedanken der Rekonstruktionsmöglichkeit sicherstellen. 401 Nachfolgend werden die Charakteristika der Dokumentationspflicht in den Bereichen �Sachverhalt� und �Handlungen� dargestellt, um in der Folge belegen zu können, dass die Formulierungen in Lehre und Rechtsprechung den erwähnten Grundgedanken der Dokumentation grundsätzlich überstrapazieren. Es sind die folgenden Überlegungen, an denen sich die inhaltlichen Anforderungen an die Dokumentationspflicht orientieren sollten:

(1) Eine erste Feststellung ist die Tatsache, dass die Dokumentationspflicht durch die Bereiche �Sachverhalt� und �Handlungen� thematisch umschrieben ist, was die Grundvoraussetzung einer Berichtspflicht ist. (2) Hinsichtlich des Inhalts der Berichtspflicht können die folgenden Hinweise dienlich sein: Es ergibt sich aus dem Wesen der Berichtspflicht im Zusammenhang mit dem Gedanken der Rekonstruierbarkeit, dass hinsichtlich des Erfordernisses der Vollständigkeit der Lehre zu folgen ist, welche einzig eine Aufzeichnung der wesentlichen Daten vorschreibt. 402 Es handelt sich hierbei um einen Gedanken, der bereits in der alten Zürcher

399 BGE wiedergegeben in Baeriswyl, Entwicklungen 2004, 462 (Vorentscheide

wiedergegeben in digma 2004.3 82ff.). Der Autor kritisiert dieses Urteil entschieden, da hierdurch der Schutz des Patienten durch den Arzt nicht mehr gewährleistet werden kann. Zur Problematik auch: Müller, 341ff.

400 Die allgemeinen Grundsätze der Datenbearbeitung im Sinne von Art. 4 DSG sind zu beachten. In der Praxis werden sich in der Regel hierbei aber kaum Probleme ergeben. Für einen massgebenden Entscheid im privatrechtlichen Anwendungsbereich des DSG sei auf VPB 68 Nr. 153 (Tragweite betreffend Daten, welche bei Interessenten für Mietwohnungen erhoben werden) verwiesen.

Probleme sind allerdings denkbar, wenn der Einfluss Dritter zu beachten ist. Für den Bereich des Arztrechts: Müller, 134ff.

401 Siehe dazu Kapitel 3.2.3.3.3. 402 So deutlich Geiser, Aufklärung, 1148, wonach �alles in die Krankengeschichte gehört,

was für Diagnose und die Behandlung wesentlich ist.� Ebenso Müller, 128.

Page 140: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 94 -

Rechtsprechung über den Begriff des �Notwendigen� Eingang in die damalige Rechtspraxis fand: Im entscheidrelevanten Gutachten wurde die Meinung vertreten, dass dem Arzt ein bedeutender Ermessenspielraum bei der Wahrnehmung der Dokumentationspflicht zu belassen sei, soweit nur der Gedanke der Rekonstruktion verwirklicht sei. 403 (3) Die Aufzeichnungen, gestützt auf die Dokumentationspflicht, müssen einzig einem abstrakten Massstab genügen, weshalb es einen objektiven und notwendigen Inhalt der Dokumentationspflicht gibt. Es muss dabei zu jedem Zeitpunkt gewährleistet sein, dass beispielsweise der behandelnde Arzt oder allenfalls eine dritte behandelnde Person die Aufzeichnungen aus- und verwerten kann. 404 Vor diesem Hintergrund ist auch folgerichtig, dass die Art der Ausgestaltung der Dokumentation in einer Weise abgefasst sein darf, dass sie nur einem Fachmann und nur diesem zugänglich ist. 405 Der konkrete Inhalt bestimmt sich aus dem jeweiligen Mandat des Beauftragten, wobei die Person des Beauftragten ohne Einfluss ist. 406 Damit ist der grundsätzliche Inhalt der Dokumentationspflicht bezüglich dieser beiden Elemente der Dokumentation vorgegeben, da er sich abstrakt beschreiben lässt. (4) Es handelt sich dabei um eine inhaltliche Bestimmung der Dokumentationspflicht, welche nur Sinn macht, wenn die entsprechende Information einem Beauftragten resp. eben seinem Nachfolger in der Mandatsabwicklung vorbehalten ist. Dies wird dadurch bewerkstelligt, dass die Dokumentation, welche, gestützt auf die entsprechende Dokumentationspflicht, erstellt wird, adressatenspezifisch nur dem nachfolgenden Beauftragten zu offenbaren ist. 407 Auf diese Weise findet die entsprechende Informationsordnung ihre Entsprechung in der Inhaltsbestimmung der Dokumentationspflicht. (5) Diese Feststellungen werden weiter dadurch unterstützt, dass den Beauftragten grundsätzlich keine eigentliche Erläuterungspflicht betreffend die Dokumentation trifft. 408

Diese Erwägungen führen zum Schluss, dass es sich bei den zwei zentralen Bereichen der Dokumentationspflicht �Sachverhalt� und �Handlungen� dem Wesen nach um eine eigentliche Berichtspflicht handelt. Dieser Charakteristik der

403 ZR 44 Nr. 160 E. 4. 404 Hohloch, 2581. 405 Brühwiler-Frésey, 180 (gestützt auf Hohloch, 2580); Roggo, 208 (mit weiteren

Hinweisen). 406 Anders im Bereich �Aufklärung� in der Dokumentation. Dazu sogleich unten. 407 Siehe dazu Kapitel 3.3.4.3. 408 Vgl. das Urteil des BezGer Zürich vom 22. 8. 1985, E. IV. 5. Für eine Erläuterungspflicht

des Arztes aber Hofstetter, 2000, 120 FN 152, �so lange [...], als der Auftrag weiterläuft.�

Page 141: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 95 -

Dokumentationspflicht als Berichtspflicht kommt auch in der datenschutzrechtlichen Untersuchung eine zentrale Bedeutung zu, da sich hieraus in den hier untersuchten Konstellationen innere Schranken des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs ergeben. 409

3.2.3.3.4 Spezielle Anforderungen im Rahmen �Aufklärung� Während die Bereiche �Sachverhalt� und �Handlungen� als eigentliche Berichtspflichten qualifiziert werden können, verhält es sich beim Element der Aufklärungspflicht als dem dritten Teil einer Dokumentation anders. Hier kommt der Krankengeschichte im Verhältnis zum Patienten eine zentrale Rolle zu. In diesem Bereich ist eine eigentliche Aufklärungsleistung 410 zu erbringen, welche jeweils individuell und nach den Fähigkeiten etc. des Patienten vorzunehmen ist. 411 Den Massstab für eine entsprechende �Mindestanforderung� an die Dokumentationspflicht in diesem Bereich kann die Rechtsprechung liefern: �In diesem Zusammenhang ist lediglich festzuhalten, dass es unter dem Gesichtspunkt der Beweistauglichkeit nicht genügt, in der Krankengeschichte nur ganz allgemein zu vermerken, der Patient sei über die geplante Operation und ihre möglichen Komplikationen informiert worden, wie das im vorliegenden Fall geschehen ist.� 412 Die Aufklärung ist �detailliert zu beschreiben� und �[d]as Fehlen einer glaubwürdigen Dokumentation über eine hinreichende Aufklärung des Patienten in der Krankengeschichte bedeutet für den Arzt jedenfalls ein erhebliches Prozessrisiko�. 413 So reicht insbesondere ein einfacher Beschrieb der eigentlichen Operation gerade nicht aus, da hier jegliche Hinweise auf die eigentlichen Aufklärungsleistungen fehlen. 414 In der Praxis wird deshalb der Arzt in diesem Bereich nicht umhin kommen, eine vergleichsweise ausführliche Niederschrift (Gesprächsnotizen etc.) der Krankengeschichte beizulegen, will er den

409 Siehe dazu Kapitel 3.4.4.1.2.3: Innere Schranken des datenschutzrechtlichen

Auskunftsanspruchs gemäss Art. 8 DSG. 410 Zum Inhalt der zu dokumentierenden Aufklärungsleistung: Roggo, 211f. (mit zahlreichen

Hinweisen). 411 Für ein abgestuftes Vorgehen bei der Aufklärungspflicht: Conti, 621ff. Grundlegend aus

der Lehre für die Aufklärungspflicht: Abegglen, 141ff. Aus der Rechtsprechung zuletzt sehr ausführlich: BGer in SJ 2004 117ff., E.5 (mit zahlreichen Hinweisen).

412 BGE 117 Ib 197ff., E. 3c i.f. Dabei ist zu berücksichtigen, dass einige generelle Vermerke zur Aufklärung in der Krankengeschichte auch vielleicht deshalb nicht genügten, weil diese in einem Direktprozess vor BGer als einzige Beweismittel zu berücksichtigen waren. Auf die Einvernahme angebotener Zeugen (u.a. operierender Arzt) wurde mangels Antrag verzichtet.

413 ZR 101 Nr. 7 E. 4c. 414 ZR 101 Nr. 7 E. 4e.

Page 142: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 96 -

im genannten Entscheid aufgestellten Anforderungen nachkommen. 415 Die Dokumentation erfolgt dabei � weil es gewissermassen eine Aufklärungsleistung am Auftraggeber ist �gegenüber der Person, weshalb sich auch die zu dokumentierende Information an seiner Person orientiert. Diese Tatsache schliesst eine eigentliche Berichtspflicht aus, weil der Inhalt je nach konkreter Person unterschiedlich ist. Es ist eben gerade soviel an Aufklärung notwendig, bis die entsprechende Person als aufgeklärt angesehen werden kann, weshalb Objektivierungen unmöglich sind.

Aus Gründen der Vollständigkeits sei bezüglich der Anforderungen an die Wahrheit der Aufklärung summarisch auf die ausführliche Diskussion im Zusammenhang mit dem sog. therapeutischen Privileg hingewiesen, da die entsprechenden Erkenntnisse in der vorliegenden Untersuchung von untergeordneter Bedeutung sind. 416 Hinsichtlich des Qualitätskriteriums �Rechtzeitigkeit� kann auf die Ausführungen in der Lehre zu sog. Stufenaufklärung verwiesen werden. 417

Aufgrund der Charakteristika der �Aufklärung� in der Dokumentationspflicht ist diese von der rechtlichen Behandlung der anderen beiden Teile �Sachverhalt� und �Handlungen� zu unterscheiden. Währenddem der Auftraggeber hinsichtlich des Teils der Dokumentation, welcher sich mit der �Aufklärung� befasst, uneingeschränkten und vollen Zugang hat, ist die Situation bezüglich der weiteren Bereiche �Sachverhalt� und �Handlungen� weiter zu untersuchen. Dies geschieht im Zusammenhang mit der Behandlung des Informationsrechts �Vorlegungspflicht�. 418

3.2.4 Fazit Die Ausführungen über die Dokumentationspflicht des Beauftragten haben gezeigt, dass es sich bei der entsprechenden Dokumentation um einen Bestandteil der ihm obliegenden Aktenführungspflicht handelt, weshalb es sich bei der Dokumentation auch um ein Element der sog. Handakten handelt. Es zeigt sich dabei, dass die Anforderungen an die Dokumentation die zunehmende Verrechtlichung der Beziehung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer widerspiegelt.

Aus Lehre und Rechtsprechung kann gefolgert werden, dass die Dokumentationspflicht aus den Normen des Schuldvertragsrechts abgeleitet werden

415 Zum Ganzen sehr ausführlich: Müller, 161ff., insbesondere 174ff. 416 Siehe dazu ausführlich: Müller, 183ff. und 196 (mit zahlreichen Hinweisen). 417 Siehe dazu Roggo, 195ff. und Müller, 177. Zum Zeitpunkt der Aufklärung: Roggo, 200ff. 418 Siehe dazu Kapitel 3.3.4.

Page 143: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 97 -

kann. Damit ist von einer allgemein geltenden Rechtslage im Bereich des Auftragsvertrages auszugehen. Die Frage der konkreten Rechtsgrundlage der Dokumentationspflicht wird in Lehre und Rechtsprechung dabei unterschiedlich beantwortet. Die Darstellung einer schuldrechtlich begründeten Dokumentationspflicht hat ergeben, dass sowohl im allgemeinen Auftragsrecht als auch im spezifisch untersuchten Fall des Arztvertrages die Dokumentationspflicht durch eine Mehrzahl von Rechtsgrundlagen begründet wird.

Entsprechend der Verschiedenheit der Rechtsgrundlagen erscheint die Dokumentation in inhaltlicher Hinsicht in ihrer Gesamtheit als ein Resultat, welches von verschiedenen Pflichten bestimmt ist. Entsprechend der verschiedenen schuldvertraglichen Rechtsgrundlagen hat die Dokumentationspflicht die Rekonstruktion des Auftrages aus verschiedenen Gesichtspunkten sicherzustellen. Die Dokumentation besteht aus drei Bereichen: �Sachverhalt�, �Handlungen� und �Aufklärung�. Bei der Formulierung des Inhalts der Dokumentationspflicht steht die Erkenntnis im Mittelpunkt, dass die eigentliche Grundlage und Rechtfertigung einer Dokumentationspflicht die allgemeine Interessenwahrungspflicht des Beauftragten ist. Damit zielt die Dokumentationspflicht grundsätzlich nicht auf den Zustand einer informierten Gegenpartei ab, sondern sie will in erster Linie sicherstellen, dass die gesamte Auftragsausführung als solche gesichert ist.

Die entsprechenden Ausführungen haben ergeben, dass es sich um eine umfangreiche und detaillierte Dokumentation handeln kann, die etwa auch den im Zusammenhang mit der Rechenschaftspflicht entwickelten Informationsqualitätskriterien �Vollständigkeit�, �Wahrheit� und �Rechtzeitigkeit� genügen muss. Die weitere Auseinandersetzung mit den entsprechenden Informationsqualitätskriterien ergab zudem, dass die inhaltlichen Anforderungen an die drei Bereiche unterschiedlich sind. Im Rahmen der Bereiche �Sachverhalt� und �Handlungen� handelt es sich bei den Dokumentationspflichten um eigentliche Berichtspflichten, da Thema und Inhalt jeweils vorgegeben sind. Eine andere Qualität weist demgegenüber die Dokumentationspflicht im Bereich �Aufklärung� auf, weil dieser Bereich auf den konkreten Auftraggeber als Person fokussiert ist. Diese unterschiedliche Qualität der verschiedenen Bereiche der Dokumentationspflicht rechtfertigt es, dass auch andere Rechtsfolgen an die verschiedenen Bestandteile der Dokumentation anschliessen. Dies ist jedoch im Zusammenhang mit der Ablieferungsobligation und der allfälligen Vorlegungspflicht der Dokumentation zu erörtern (siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.3).

Page 144: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 98 -

3.3 Ablieferungsobligation im schweizerischen Auftragsrecht

3.3.1 Vorbemerkungen In Kapitel 3.2 wurden die Rechtsgrundlagen, der Zweck sowie der Inhalt der Dokumentationspflicht und die sich daraus ergebende Dokumentation ausführlich dargestellt. Die nachfolgenden Abschnitte befassen sich eingehend mit dem Regelungsgedanken (Kapitel 3.3.2) sowie mit dem Gegenstand der Ablieferungsobligation (Kapitel 3.3.3), wobei der Schwerpunkt in der Auseinandersetzung bei der Herausgabepflicht des bei der Auftragsausführung Geschaffenen und dem in diesem Bereich zentralen Begriff der sog. Handakten liegt (Kapitel 3.3.3.4).

Im Zusammenhang mit der Dokumentation des Beauftragen, welche vom Auftraggeber, gestützt auf die Dokumentationspflicht, hergestellt wurde (Kapitel 3.2), wird regelmässig ein Recht auf Einsicht oder ein Recht auf Kopie postuliert. Aus diesem Grund wird � weil sich der Informationsanspruch auf die schriftlich fixierte Information in der Dokumentation bezieht � in einem letzten Unterkapitel 3.3.4 diese behauptete Vorlegungsverpflichtung untersucht und mit den weiteren Ergebnissen in der vorliegenden Arbeit 419 abgestimmt. In diesem Zusammenhang wird das Konzept des adressatenspezifischen Informationsrechts eingeführt, welches die Anforderungen aus dem Auftragsrecht an den Beauftragten und die berechtigten Interessen des Beauftragten koordinieren soll (Kapitel 3.3.4.3).

3.3.2 Regelungsgedanke der Ablieferungsobligation

3.3.2.1 Rechtshistorische Betrachtung Ein wichtiger Teil der römisch-rechtlichen Lehre beschreibt die Ablieferungsobligation (als Teil der actio mandati directa) in der folgenden Weise: �Herauszugeben� ist alles, was der Beauftragte zur Ausführung vom Auftraggeber empfangen und nicht verbraucht oder von einem Dritten in Ausführung des Auftrages eingenommen oder erworben hat. 420 Ein anderer Teil der Lehre erwähnt demgegenüber einzig den Bereich der Ablieferungsobligation, in welchem der Auftragnehmer etwas �in Ausführung� des Mandates empfangen hat. 421 Als

419 Siehe dazu insbesondere Kapitel 3.4, 3.5 und 3.7. 420 Jörs, § 125 2.; Jörs/Kunkel/Wenger, § 139 2a; Kaser, Privatrecht, § 134.4 III. 421 Schmidlin/Cannata, 149; Honsell/Mayer-Maly/Selb, § 123 III. 1; Mayer-Maly, 126;

Honsell, 140.

Page 145: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 99 -

Belegstelle wird dabei der allgemeine Leitsatz von DIG 17. 1. 20 pr.422 angeführt: ex mandato apud eum, qui suscepit, nihil remanere debet. 423 In dieser Belegstelle wird der Grundsatz der Nichtbereicherung im Mandatsrecht festgeschrieben 424, wodurch der eigentliche Charakter der Fremdnützigkeit des Mandatsvertrages in den Vordergrund gestellt wird. 425

Die Vermögensbezogenheit der Ablieferungsobligation wird auch in der schweizerischen Lehre anerkannt: �Die Herausgabepflicht beruht auf der Überlegung (...), dass ihm [dem Auftraggeber] allein auch die Vermögensvorteile des Auftrages zu gute kommen.� 426 Dieser Grundsatz regelt demzufolge eine allgemeine Vermögenssphärenbereinigung. 427 An dieser Orientierung der Ablieferungsobligation ändert auch nichts, dass ein Teil der Lehre die Ablieferungsobligation als Ausdruck der allgemeinen Treuepflicht versteht. 428 Auch die in dieser Arbeit vorgenommene rechtshistorische Untersuchung bestätigt diese Fokussierung der Ablieferungsobligation: Die Kommentierung des Sächs. BGB 429, die Materialien zu den Entwürfen des Gesetzes in Bayern 430, die Protokolle zum Dresdener Entwurf 431 und die Gesetzesmaterialien zum deutschen BGB. 432 Insbesondere zeigen alle gestellten Anträge zur Ablieferungsobligation im Rahmen der Verhandlungen des BGB (hier von § 667 BGB), dass die Ablieferungsobligation in grundsätzlicher Art Geld, Gegenstände und Forderungen umfassen sollte, weshalb aus diesen Ausführungen ergeht, dass eine Bereinigung der Vermögens- und der Sachsphäre anvisiert wurde. Damit ist im hier interessierenden Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass sich die Ablieferungsobligation nicht nur auf eigentliche 422 Siehe aber hinsichtlich eines speziellen Falles DIG 17. 1. 8. 10 (erster Satz): �Proinde

sintibi mandavi, ut hominem emeres, tuque emisti, tenebris mihi, ut restituas.� (Übersetzung nach Peter, Texte, 238: Wenn ich Dich beauftrage, einen Sklaven zu kaufen und Du ihn kaufst, so bist Du mir deshalb verpflichtet, ihn herauszugeben).

423 �Aus dem Auftrage darf dem, der denselben übernimmt, kein Gewinn bleiben, so wie er auch keinen Schaden leiden darf, wenn er ausgeliehenes Geld nicht eintreiben konnte.�, aus: Corpus Iuris Civilis (Romani), übersetzt von Sintenis.

424 Siehe auch die ausführliche Darstellung bei BK-Gautschi, Art. 400 N 6a. 425 Staudinger-Wittmann, § 667 Rdnr. 1. 426 BK-Fellmann, Art. 400 N 114 (Hervorhebungen im Original), mit zahlreichen weiteren

Hinweisen. 427 Siehe dazu BK-Gautschi, Art. 400 N 7a, und BK-Fellmann, Art. 400 N 22. 428 BK-Gautschi, Art. 400 N 3b. Deutlich insbesondere bereits im Aufbau: Hofstetter, 1979,

92ff. (�VII. Treuepflichten: Ablieferungsobligation�). 429 Pöschmann, Kommentierung zu § 1310. 430 Motive zu § 691 bis 697 des Entwurfes des Landes Bayern 1861/1864. 431 Siehe dazu Kapitel 2.5.4. 432 Siehe dazu Kapitel 2.6.

Page 146: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 100 -

Vermögenswerte beschränkte, sondern sich auf Gegenstände grundsätzlich jeder Art bezog. So mussten auch Akten und Dokumente herausgegeben werden, falls diese dem Auftragnehmer anvertraut oder zugekommen sind. In den nachfolgenden Abschnitten wird die Frage zu klären sein, in welchen Bereichen der Ablieferungsobligation und in welcher Weise die dargestellten Grundsätze zum Tragen kommen. 433

Damit wird ersichtlich, dass bei den jeweiligen Formulierungen der Ablieferungsobligation der Gedanke der Bereinigung der Sach- und Vermögenssphären verwirklicht werden sollte. 434 Dabei wird deutlich, dass in diesem Zusammenhang eine ausschliessliche Zuordnungsordnung bezüglich der Objekte beabsichtigt worden ist, welche von der Ablieferungsobligation betroffen sind. 435 Es ist beabsichtigt, die entsprechenden Objekte entweder dem Auftragnehmer oder dem Auftraggeber zuzusprechen. Damit orientierte man sich im Rahmen der Ablieferungsobligation an eigentlichen �sachenrechtlichen� Regelungsprinzipien, was sich insofern anerbot, als die entsprechenden Objekte �sachlicher� Natur sind. Angestrebt wurde damit eine eindeutige Zuordnung. Es ist bereits an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass Information grundsätzlich einer Sachanalogie nicht zulänglich ist, 436 was insbesondere in der Auseinandersetzung mit der �Herausgabe des bei der Auftragsausführung Geschaffenen� von Interesse sein wird. 437

3.3.2.2 Systematische Betrachtung Der Zusammenhang von Rechenschaftspflicht und Ablieferungsobligation wird bereits dadurch dokumentiert, dass etwa auch im schweizerischen Recht die entsprechenden Pflichten des Beauftragten im gleichen Artikel und Absatz kodifiziert wurden. Bezogen auf das schweizerische Recht ist zu fragen, ob mit diesem �Zusammenzug� der beiden Pflichten � gerade auch im Gegensatz etwa zum deutschen BGB 438 � eine

433 Es sei bereits an dieser Stelle erwähnt, dass in diesem Zusammenhang v.a. die

Ausführungen in Kapitel 3.3.3.4 von Interesse sind: �Herausgabe des bei der Auftragsausführung Geschaffenen�.

434 Die Frage der Vergütung ist nach geltendem Auftragsrecht selbstredend vorbehalten: Siehe dazu insbesondere Kapitel 1.3.2 und 3.7.1. Weiter ist die Frage des Auslagen- und Verwendungsersatzes vorbehalten.

435 Auf einzelne Abgrenzungsfragen braucht in dieser Darstellung nicht eingegangen zu werden. Siehe dazu ausführlich BK-Fellmann, Art. 400 N 148ff.

436 Dazu Druey, Information als Gegenstand, 93ff. und 100ff. (je mit weiteren Hinweisen). 437 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4. 438 In der deutschen Lehre und Rechtsprechung wird die systematische Verbindung aber

bspw. dadurch untermauert, dass die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung nur �zusammen mit dem Herausgabeanspruch, dessen ziffernmässiger Feststellung sie dienen,� übertragen werden können: Soergel-Beuthien, § 666 Rz 3; MünchKomm-Seiler, § 666 Rdnr. 3.

Page 147: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 101 -

bestimmte Intention verknüpft war, weil etwa die Rechenschaftspflicht (etwa in der Ausprägung der Abrechnungspflicht 439 ) inhaltlich auf die Ablieferungsobligation ausgerichtet ist. 440

In diesem Sinne kann angeführt werden, dass der Entwurf Munzinger in Art. 477 aus dem Jahre 1871 eine �Umstellung� der beiden Pflichten vorgenommen hatte: In diesem Entwurf wurde die Rechenschaftspflicht im gleichen Absatz � und auch etwa gerade im Gegensatz zum Dresdener Entwurf 441 � der Ablieferungsobligation vorangestellt. Auch wenn sich aus den Materialien keine expliziten Hinweise ergeben, so kommt � gerade im Hinblick auf den tradierten Inhalt der Rechenschaftspflicht � dadurch doch der Gedanke zum Ausdruck, dass die eine Pflicht als Vorbedingung für die andere Pflicht betrachtet wurde. Dass die Rechenschaftspflicht eng mit der Ablieferungsobligation verknüpft ist, belegen auch die Hinweise im Rahmen der rechtshistorischen Untersuchung: 442 Vor diesem Hintergrund kann aus der systematischen Stellung der Rechenschaftspflicht gefolgert werden, dass es sich bei der Informationspflicht nach Art. 400 OR um eine Pflicht handelt, welche thematisch und inhaltlich durch die Ablieferungsobligation beeinflusst wird. Es ergibt sich der Hinweis darauf, dass es sich bei dieser Informationspflicht um eine Berichtspflicht handelt, welche sich grundsätzlich mit der Ablieferungsobligation auseinandersetzt. Damit deckt diese Rechenschaftspflicht thematisch und inhaltlich die Pflicht zur Rechnungslegung und die Anforderungen aus dem Auslagen- und Verwendungsersatzrecht ab.

3.3.3 Inhalt der Ablieferungsobligation

3.3.3.1 Vorbemerkungen In diesem Kapitel wird die Ablieferungsobligation detailliert dargestellt, weil sich die Rechenschaftspflicht als Informationspflicht gemäss Art. 400 Abs. 1 OR auch auf diese Pflicht bezieht. Eine entsprechende Darstellung der Ablieferungsobligation ist aber auch insbesondere deshalb gerechtfertigt, weil ein Teil der Lehre die Rechenschaftspflicht als eine komplementäre Informationspflicht zur 439 Siehe dazu Kapitel 3.7.3. 440 Vgl. Art. 1993 CC; § 1173 PGB. Siehe in diesem Zusammenhang auch Druey,

Informationspflichten, 32; er spricht davon, dass die Rechenschaftspflicht �nicht von ungefähr (...) zusammen mit der Ablieferungspflicht geregelt� worden ist.

441 Damit wird die Ansicht von BK-Fellmann, Art. 400 N 5, weiter durch ein formales Argument gestärkt, dass bei der Formulierung von Art. 398 aOR die Regelung von § 1173 PGB (und nicht der Dresdener Entwurf) als Vorbild diente.

442 Siehe dazu Kapitel 2.

Page 148: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 102 -

Ablieferungsobligation auffasst: Danach sollen dem Auftraggeber Informationen auf der Grundlage der Rechenschaftspflicht nach Art. 400 OR verschafft werden müssen, welche unter dem Titel der Ablieferungsobligation nicht herauszugeben sind. 443 Es ist aber an dieser Stelle anzumerken, dass die Ablieferungspflicht und eine Informationspflicht einen ganz grundlegenden Unterschied aufweisen: Die Ablieferungspflicht wird als obligatio dandi charakterisiert, 444 weshalb es �eine Verpflichtung zu einer Sachleistung gibt, für welche eine ähnliche Erfolgshaftung wie für die Ablieferung eines Werkes oder Kaufgegenstandes besteht.� 445 Gerade diese Eigenschaft trifft auf Informationspflichten aber nicht zu, da Informationsrechte einer Sachanalogie grundsätzlich nicht zugänglich sind. Aus diesem Grunde ist es äusserst fraglich, ob eine Informationspflicht dort bestehen oder anschliessen kann, wo eine Herausgabepflicht verweigert werden kann. Nach der hier vertretenen Ansicht sind die Grenzen der Ablieferungsobligation auch die Grenzen der Rechenschaftspflicht, soweit nicht eine Informationspflicht aus der Rechenschaftspflicht selbst begründet werden kann. 446

Die Herausgabepflicht wird grundsätzlich durch das Bundeszivilrecht geregelt 447 , weshalb besondere Normen des kantonalen-öffentlichen Rechts diese Pflicht nicht modifizieren können. So wurde etwa festgestellt, dass �[d]ie gehörige Erfüllung der auftragsrechtlichen Herausgabepflicht anerkanntermassen auch zu den Berufspflichten des Anwaltes [zählt].� 448 Aus diesem Grunde wird nachfolgend einzig die Rechtslage nach Art. 400 OR dargestellt. Entsprechend der Gliederung in der Lehre 449 wird nachfolgend zwischen drei verschiedenen Bereichen der Ablieferungsobligation unterschieden 450:

3.3.3.2 Herausgabe des bei der Auftragsausführung Erhaltenen Was der Beauftragte zur (oder zwecks) Auftragsausführung vom Auftraggeber erhalten hat, bildet Gegenstand der Ablieferungsobligation. 451 Dabei wird der diesbezügliche 443 Siehe dazu Kapitel 3.3.3. 444 BK-Gautschi, Art. 400 N 3a; Derendinger, N 140. 445 BK-Gautschi, Art. 400 N 3a. 446 Dazu die Folgerungen, welche aus einer Pflicht zur ordentlichen Rechnungsstellung

resultieren: Siehe dazu Kapitel 3.7.3. 447 Handbuch, 139; Testa, 49f. 448 RBUR 1996 Nr. 52 E. 2a (Hervorhebung nur hier). 449 Vgl. dazu: BK-Fellmann, Art. 400 N 118ff. 450 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.2 � 3.3.3.4. 451 Staudinger-Wittmann, § 667 Rdnr. 4.

Page 149: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 103 -

Zusammenhang weit umschrieben: �Ausreichend ist, dass es dem Zweck der Geschäftsbesorgung dienen kann und dafür gedacht ist.� 452 Es kann sich dabei um Gelder (insbesondere auch Vorschüsse), Forderungen 453 oder andere Gegenstände handeln. Die Ablieferungsobligation verpflichtet den Beauftragten, die Sachen rückzuübereignen und etwa die Forderungen rückabzutreten. Nach dieser weiten Formulierung sind auch grundsätzlich alle Dokumente (Urkunden, Briefe etc.) Gegenstand dieser Pflicht. 454 Der Herausgabeanspruch der ursprünglichen Akten des Auftraggebers wurde auch in der Rechtsprechung seit je anerkannt. 455 Damit bereitet der sachliche Anwendungsbereich dieser Ablieferungsobligation keine grossen Schwierigkeiten.

Im Zusammenhang mit der Rechenschaftspflicht kann ausgeführt werden, was folgt: Im Bereich der zur Ausführung übergebenen Gelder etc. gilt, dass alles zurückzugeben ist, was der Beauftragte erhalten hat, ausgenommen den Teil, den der bestimmungsgemässe Verbrauch mit sich brachte. 456 Im Falle der Konsumation wird der Anspruch auf Ablieferung funktional durch den Anspruch auf Rechenschaftspflicht ersetzt 457 , indem Bestand und Umfang des Verbrauches vom Beauftragten zu spezifizieren sind, was gerade typischerweise den Gegenstand der Pflicht zur Rechnungslegung bildet. 458 Somit zeigt sich folgender Zusammenhang zwischen der Rechenschaftspflicht und der Ablieferungsobligation: Soweit eine Ablieferungsobligation tatsächlich gegeben ist, ist diese durch die Rechenschaftspflicht zu spezifizieren. Insoweit eine entsprechende Ablieferungsobligation nicht mehr besteht, weil ein bestimmungsgemässer Verbrauch

452 MünchKomm-Seiler, § 667 Rdnr. 3. 453 Zur Abgrenzung gegenüber Art. 401 OR: BK-Fellmann, Art. 400 N 121 und 139. 454 Für die Ablieferung einer Vollmachtsurkunde ist Art. 36 Abs. 1 OR zu beachten (siehe

dazu bereits SJZ 1939/1940 240). Anderer Meinung offensichtlich Hofstetter, 2000, 119. Die Vollmachtsurkunde wird gemäss AKE 90168 vom 7.2.1991 aber als Handakte qualifiziert, die nicht herausgegeben werden muss (gleicher Meinung Testa, 180f.).

455 Anstelle vieler: ZR 28 Nr. 79 [S. 163]. 456 ZK-Oser/Schönenberger, Art. 400 N 6. Aus der Rechtsprechung: BGE 51 II 183ff., E. 2

(Rückerstattung der Deckung im Checkrecht); BGE 54 II 283ff., E. 2c (Bejahung der Rückzahlungspflicht für Geld, welches im Hinblick auf die Eingehung einer Ehe hingegeben worden war); ZR 22 Nr. 181 E. 2 (Herausgabepflicht im Rahmen eines sog. Devisenkaufes [In diesem Entscheid wird einzig von der Pflicht zur Rechenschaft gesprochen!]).

457 BK-Fellmann, Art. 400 N 123. Der Herausgabeanspruch ist in diesem Umfang �erloschen�: MünchKomm-Seiler, § 667 Rdnr. 5.

458 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.

Page 150: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 104 -

vorliegt, wird die Ablieferungsobligation durch die eigentliche Rechenschaftspflicht in der Form der Abrechnungspflicht ersetzt. 459

Die vorgenannten Grundsätze sind auch in den Fällen anwendbar, in denen der Beauftragte auf Veranlassung des Auftraggebers von Dritten etwas erhält. 460 Dem kann grundsätzlich zugestimmt werden, soweit es sich um Geld oder Gegenstände handelt, sofern letztere nicht aus der Dokumentation eines Beauftragten stammen. Diesbezüglich ist nämlich die folgende Einschränkung anzubringen: In dieser Arbeit wird ein sog. adressatenspezifisches Informationsrecht erarbeitet, welches die Interessen des Auftraggebers an einem Auftrag und die Interessen des Beauftragten an seinen Arbeitsresultaten, gestützt auf die bestehende Gesetzeslage, in Übereinstimmung bringen soll. Gemäss dieser Konzeption ist im Anwendungsbereich des Auftragsrechts der Erstbeauftragte bloss verpflichtet, eine erstellte Dokumentation 461 in dem Umfang an seinen Nachfolger (und nicht an seinen Auftraggeber) in der Auftragsabwicklung herauszugeben, als dies die Erfordernisse der Rekonstruierbarkeit bzw. die allgemeine Interessenwahrungspflicht gebieten. 462 Aus diesem Grund sind diese Ergebnisse mit der Ausgestaltung der Herausgabepflicht abzustimmen: Es kann grundsätzlich nicht angehen, dass der Auftraggeber über den Umweg eines anderen Beauftragten zu Informationen Zugang erhält, die er direkt beim Erstbeauftragten (dem Dritten) nicht erhalten würde.

3.3.3.3 Herausgabe des bei der Auftragsausführung Erlangten Da auch in diesem Bereich die Fremdnützigkeit des Auftragsrechts der zentrale Orientierungspunkt ist, finden sinngemäss die nämlichen Kriterien wie im vorangehenden Abschnitt Anwendung. Es ist dieser Gesichtspunkt, welcher die sich stellenden Einzelfragen entscheidet. In rechtshistorischer Hinsicht kann angemerkt werden, dass die Rechtsentwicklung des 19. Jahrhunderts v.a. in diesem Bereich der Ablieferungsobligation stattfand. 463

In diesem Bereich der Ablieferungsobligation ist von Bedeutung, ob etwas in Ausübung des Mandates erlangt worden ist und damit ein (sog. innerer)

459 Siehe dazu Kapitel 3.7.3. 460 BK-Fellmann, Art. 400 N 119 (mit zahlreichen Hinweisen auf die schweizerische und

deutsche Lehre). 461 Siehe dazu Kapitel 3.2. 462 Siehe dazu Kapitel 3.3.4 und 3.7.1. 463 Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 2.

Page 151: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 105 -

Zusammenhang mit dem Mandat gegeben ist. 464 Dieser innere Zusammenhang besteht grundsätzlich dort, wo der Beauftragte etwas in Erfüllung des Auftrages erhalten hat. 465 Es reicht nach der hier vertretenen Ansicht, dass etwas anlässlich und gestützt auf einen Auftrag erlangt worden ist, weil nur so dem Gedanken der Bereinigung der Vermögens- und Sachsphären vollständige Geltung zukommt. Die Herausgabepflicht besteht aus diesem Grund nicht nur dort, wo eine Interessenkollision in Rede stehen könnte. 466 Aus diesem Grund sind auch allfällige Trinkgelder abzuliefern. 467 Aus der konsequenten Haltung, dass die ganze Sachsphäre bereinigt werden muss, folgt, dass auch scheinbar wertlose Gegenstände herauszugeben sind, auch solche mit bloss emotionaler Bedeutung. 468 Dies ist beispielsweise auch deutlich der Fall bei solchen Akten, die der Beauftragte in seiner Eigenschaft als eigentlicher Vertreter des Auftraggebers entgegennimmt. 469 So hat etwa ein Anwalt �alle jene Briefe, die er als Vertreter des Auftraggebers empfangen, aber auch alle Kopien jener Briefe, die er als Vertreter an Dritte geschrieben hat� 470, herauszugeben. Die Aufsichtskommission der Zürcher Rechtsanwälte hat festgehalten, dass etwa auch Gerichtsentscheide herauszugeben sind, da der Anwalt nur in der Stellung des Stellvertreters in den Besitz derselben gelangt. 471

In anderen Konstellationen stellt sich die Frage, ob das Mandatsrecht in diesem Bereich der Ablieferungsobligation den Willen der beteiligten Personen (Auftragnehmer und Dritter) berücksichtigt oder nicht. 472 In systematischer Sicht ist für die Schweiz interessant, dass ein gewichtiger Teil der arbeitsrechtlichen Literatur im Vergleich zur Rechtslage in Art. 321b OR zur Ansicht gelangt, dass die Ablieferungsobligation gemäss Art. 400 OR im Gegensatz zur arbeitsrechtlichen Norm einzig von objektiven Kriterien abhängig sei. 473 Nach richtiger Ansicht folgt dies auch

464 Statt vieler: BK-Fellmann, Art. 400 N 127 (mit weiteren Hinweisen). 465 BK-Fellmann, Art. 400 N 127 (mit Hinweisen auf die deutsche Lehre). 466 So aber BK-Fellmann, Art. 400 N 128. 467 Anderer Ansicht: BK-Fellmann, Art. 400 N 134. 468 BK-Fellmann, Art. 400 N 130 (mit weiteren Hinweisen). Es wird eben nicht bloss eine

Bereinigung der Vermögenssphäre gefordert. 469 Für den Rechtsanwalt: Handbuch, 143. 470 SJZ 1939/1940 240 (Anwaltskommission Kanton AG). Nach allgemeiner Auffassung fällt

diese Korrespondenz auch nicht unter den Begriff der sog. Handakten: So etwa deutlich Dubach, 81a.

471 ZR 55 Nr. 178 [S. 376]. 472 ZK-Oser, Art. 400 N 3b; ZK-Oser/Schönenberger, Art. 400 N 7; BK-Becker, Art. 400 N

6. 473 Vischer, 2005, 161 (mit weiteren Hinweisen auf Lehre und Gesetzgebungsgeschichte).

Page 152: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 106 -

bereits aus dem Regelungsgedanken der Fremdnützigkeit und der Treuepflicht des Auftrags, weshalb der Zuwenderwille im Mandatsrecht unbeachtlich bleiben muss. 474 Deshalb sind, gestützt auf die allgemeinen Grundsätze des Mandatsrechts, neben Geldern, Sachen etc., die in Ausführung des Auftrages erhalten worden sind, auch stets �Schmiergelder 475 , Preisnachlässe (Rabatte), Provisionen usw.� 476 sowie �Mengenrabatte� 477 an den Auftraggeber herauszugeben bzw. weiterzugeben. 478 Mengenrabatte für Geschäfte, die der Beauftragte auf Rechnung einer Vielzahl von Auftraggebern tätigt, sind pro rata an die jeweiligen Auftraggeber weiterzuleiten. 479 Es handelt sich hierbei auch um eine wichtige Grunderkenntnis, welche rechtshistorisch im 19. Jahrhundert erkannt wurde: So wurde etwa auch in der Diskussion zur Entstehung von § 667 BGB bemerkt, �dass der Beauftragte auch Geschenke und Extraprovisionen, welche er wegen des Abschlusses aufgetragener Geschäfte von dem Dritten erhalten habe, herausgeben müsse.� 480 Dahinter steht der zentrale Gedanke, dass der Auftragsvertrag durch die Interessenwahrung und die Fremdnützigkeit charakterisiert ist, weshalb der Beauftragte nicht bereichert sein darf und folglich sämtlichen Nutzen herauszugeben resp. abzuliefern hat. 481

Es stellt sich hier die Frage, wie sich die Herausgabepflicht hinsichtlich jener Dokumente, Unterlagen (und Informationen) gestaltet, die der Beauftragte im Rahmen seiner Auftragsausführung auf eigene Initiative bei Dritten einholt. 482 Aus der Natur der Ablieferungsobligation als Sachleistungspflicht folgt, dass unter dem Titel dieser mandatsrechtlichen Pflicht nur jene Informationen geschuldet sein können, die (a) von einem Dritten stammen, (b) sich in der Sphäre des Dritten bereits materialisiert haben (in einem Informationsträger, bspw. Dokument) 483 und (c) im Rahmen seiner eigenen

474 Hofstetter, 2000, 121 (mit Hinweis auf die arbeitsrechtliche Literatur [Vischer, 1994, 72]).

Im Grundsatz wohl auch BK-Fellmann, Art. 400 N 127 (e contrario). Aus der Rechtsprechung nun auch BGE 132 III 460, E. 4.1.

475 Schmiergelder sind stets abzuliefern: ZK-Oser/Schönenberger, Art. 400 N 7. Siehe dazu auch BGE 99 Ia 417ff., E. 3.

476 BK-Fellmann, Art. 400 N 128 (mit weiteren Hinweisen). 477 Dazu: BK-Fellmann, Art. 400 N 131; BasK-Weber, Art. 400 N 14. 478 Im Bereich �Retrozessionen� und sog. �Finder�s Fee� nun auch BGE 132 III 460, E. 4.1. 479 Hofstetter, 2000, 121. 480 Prot. I 2303. Siehe dazu Kapitel 2.6.2. 481 BGE 132 III 460, E. 4.2. Deutlich aber auch schon das OGer BL im Entscheid vom

19.1.2002 in SJZ 2003 591. 482 Gestützt auf Art. 68 OR oder Art. 398 Abs. 3 OR. 483 Ansonsten kann auf die Regelung der Dokumentationspflicht resp. auf die Regelung des

adressatenspezifischen Informationsrechts verwiesen werden. Siehe dazu die Kapitel 3.2 und 3.3.4.

Page 153: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 107 -

Auftragsausführung erarbeitet wurden. Von der Herausgabepflicht betroffen ist also insbesondere nur, was sich bereits in der Sphäre des Dritten zu etwas �Herausgabefähigem� materialisiert hat. Sind demgegenüber die Bedingungen (b) oder (c) nicht erfüllt, so sind die entsprechenden Regeln aus dem dritten Bereich der Ablieferungsobligation anzuwenden. 484 Es ist in diesem Zusammenhang anzuerkennen, dass die hier dargestellte Ablieferungsobligation nicht als Grundlage für eine Aufzeichnungspflicht des Beauftragten angeführt werden kann. Eine solche Aufzeichnungs- oder Dokumentationspflicht ergibt sich aufgrund anderer Rechtsgrundlagen, welche nichts mit einer Ablieferungsobligation gemein haben. 485 Die Frage der �Herausgabepflicht� von Informationen, welche, gestützt auf die Dokumentationspflicht, erstellt worden sind, muss dabei gesondert beantwortet werden. 486

In analoger Behandlung zur Herausgabepflicht von sog. Handakten ist auch hier anzumerken, dass die Frage der Vergütung der Leistung richtigerweise ohne Bedeutung in der Frage der Herausgabepflicht ist. Aus diesem Grund kann aus der Art der Rechnungsstellung (Aufführung im Rahmen des Gesamthonorars oder Aufführung unter dem besonderen Titel des Auslagen- und Verwendungsersatzes) nichts für oder gegen eine entsprechende Herausgabepflicht abgeleitet werden. 487

3.3.3.4 Herausgabe des bei der Auftragsausführung Geschaffenen

3.3.3.4.1 Allgemeines Wie bereits einleitend angemerkt 488, handelt es sich bei der Auseinandersetzung mit der �Herausgabe des bei der Auftragsausführung Geschaffenen� um den eigentlichen Schwerpunkt dieses ersten Teils des vorliegenden Kapitels. In diesem Bereich der Ablieferungsobligation wird der Auftrag danach untersucht, was der Beauftragte zu leisten sich verpflichtet hat: Der Auftraggeber hat ein Recht zu erhalten, was ihm der Beauftragte in einem konkreten Auftrag versprochen hat. In diesem Interesse ist der Auftraggeber zu schützen, da auch bezüglich dieser �Leistung� die Fremdnützigkeit des Auftrages gegeben ist.

484 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4. 485 Siehe dazu Kapitel 3.2. 486 Siehe dazu die Ausführungen zu den sog. Handakten (Kapitel 3.3.3.4.4) und zur

Vorlegungspflicht resp. zum adressatenspezifischen Informationsrecht (Kapitel 3.3.4). 487 Selbstredend kann eine differenzierte Abredung in diesem Bereich vereinbart werden. 488 Siehe dazu Kapitel 3.3.1.

Page 154: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 108 -

Um diese �Leistung� beschreiben zu können, wird in diesem Zusammenhang in einem ersten Teil dieser Bereich der Ablieferungsobligation generell dargestellt (Kapitel 3.3.3.4.2). Um diesem Bereich der Ablieferungsobligation mehr Konturen und Klarheit zu verleihen, wird anschliessend in Kapitel 3.3.3.4.3 die entsprechende Ablieferungspflicht anhand von verschiedenen spezifischen Auftragstypen erarbeitet. Untersucht wird die Ablieferungsobligation im Architektenvertrag, im Anwaltsvertrag, im Arztvertrag und im Softwarevertrag. Ziel dieses Abschnittes ist auch, die weiteren Einflüsse auf eine Ablieferungsobligation aufzuzeigen, die sich aus weiteren Umständen tatsächlicher oder rechtlicher Natur ergeben können. In einem letzten Teil wird vor diesem Hintergrund das Konzept der sog. Handakten vorgestellt, welches als sachdienliches Instrument für ein grundlegendes Zuordnungskonzepts dient (Kapitel 3.3.3.4.4.).

3.3.3.4.2 Grundsätzlicher Inhalt dieser Ablieferungsobligation Der Gegenstand der Ablieferungsobligation umfasst in seinem dritten Bereich auch die Übereignung des eigentlichen Resultats oder der Resultate der Dienstleistung. 489 So sind �all diejenigen Gegenstände abzuliefern, die zu schaffen der Beauftragte vertraglich verpflichtet war� 490 oder �die zu erschaffen oder zu beschaffen Hauptverpflichtung des Beauftragten gewesen ist.� 491 Auch in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass �[c]ette obligation concerne non seulement ce que le mandateire a reçu du mandant ou de tiers, mais également les objets, notamment les documents, qu�il a créés lui-même en éxecution du mandat.� 492 Diese Umschreibungen haben diejenigen Vertragskonstellationen im Fokus, in denen der Ablieferungsobligation der Charakter einer Hauptleistungspflicht zuzuschreiben ist. 493 Gerade bei über die Zeit andauernden und/oder umfassenden Aufträgen steht jedoch die eigentliche Ausführungsobligation

489 BK-Gautschi, Art. 400 N 7b; BK-Fellmann, Art. 400 N 135; Derendinger, N 140 und 145;

BasK-Weber, Art. 400 N 12; Hofstetter, 2000, 119. 490 Derendinger, N 145. Aus der Rechtsprechung sehr illustrativ und allgemein: SJ 1958

520ff. [522]. 491 Hofstetter, 2000, 119. Mit Derendinger, N 145 FN 179, ist zur Lehrmeinung Hofstetter,

119, anzumerken, dass diese Pflicht zu weit gefasst wird, wenn die Ablieferungspflicht wie folgt formuliert wird: �Es genügt, dass die Gegenstände in Ausführung des Auftrages erworben oder geschaffen worden sind.� Diese weite Umschreibung wurde aber etwa auch in ZR 85 Nr. 57 E. 6 verwendet.

492 SJ 1999 14ff., E. 6 (Hervorhebungen nur hier): Es ging um die Erbringung von Buchhaltungsdienstleistungen für schweizerische Aktiengesellschaften.

493 Dazu die Darstellung bei Derendinger, N 138 und BK-Fellmann, Art. 394 N 263 resp. 400 N 151f. Aber auch die Rechtsprechung in SJ 1999 I 14 E. 6 (im Zusammenhang mit der Frage eines Zurückbehaltungsrechts).

Page 155: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 109 -

im Vordergrund, sodass die Ablieferungsobligation regelmässig als blosse Nebenleistungspflicht erscheint. 494

Es sind gerade die zuletzt genannten Konstellationen, in denen der Pflichtinhalt der Ablieferungsobligation im Einzelfall zu erarbeiten ist. Nachfolgend wird deshalb die Ablieferungspflicht in verschiedenen Mandatsverträgen darstellt. Da hier die Frage interessiert, wie sich der Inhalt und die Schranken der Herausgabepflicht im allgemeinen Auftragsrecht definieren, wird den jeweiligen Begründungen bei den verschiedenen Mandatsverträgen besondere Beachtung geschenkt.

3.3.3.4.3 Ablieferungsobligation in einzelnen, besonderen Auftragsverträgen

3.3.3.4.3.1 Architektenvertrag Die Qualifikationsfrage bei Verträgen mit Architekten ist kontrovers. 495 Hinsichtlich der anwendbaren Rechtsregeln ist zwischen dem Planungsvertrag, dem Bauleitungsvertrag und einem Gesamtvertrag zu unterscheiden. In der Folge wird davon ausgegangen, dass in einem spezifischen Fall überhaupt Mandatsrecht zur Anwendung gelangt. 496 Die allgemeine Lehre zum Architektenrecht beschreibt den Umfang der Ablieferungsobligation wie folgt: Der Architekt ist vertraglich zur Erstellung eines Planes verpflichtet, was zugleich den Gegenstand der geschuldeten Leistungspflicht darstellt. 497 Damit umschreibt diese Lehre eine eher enge Auffassung der Ablieferungsobligation, wonach herauszugeben ist, was der Architekt zu schaffen sich vertraglich verpflichtet hat. In der Spezialliteratur zum Architektenvertrag wird demgegenüber die Ablieferungsobligation weiter umschrieben: � (...) un des devoirs de l�architecte consiste en la remise au client d�esquisses, dessins, plans, comptes, soumissions, offres, contrats d�adjudication, contrats avec d�autres mandataires, correspondance (notamment avec les autorités), quittances et autres documents. En revanche, l�architecte conservera les originaux des projets, qui demeurent sa propriété

494 BK-Fellmann, Art. 400 N 152 (mit weiteren Hinweisen). Siehe dazu Kapitel 1.3.4. 495 Gauch, N 47ff., insbesondere N 58ff., für die rechtliche Natur des sog. Gesamtvertrages

(mit weiteren Hinweisen). 496 Zur Qualifikationsfrage in der Gerichtspraxis (BGer in 4C.424/2004; BGE 127 III 543 E.

2a [kritisch besprochen von Tercier, Entwicklungen 2002, 307]) und in der neueren Lehre (Übersicht bei BK-Fellmann, Art. 394 N 182): Der Vertrag wird als einfacher Auftrag qualifiziert. Demgegenüber noch die �Aufspaltung� je nach infrage stehender Leistung: BGE 114 II 53ff., E.2 (in casu aber nur Werkvertragsrecht anwendbar, gestützt auf: BGE 109 II 462ff., E. 3d und BGE 98 II 305ff., E. 3). Siehe für den Fall eines Vertrages über die Schätzung einer Liegenschaft: BGE 127 III 328ff., E. 2 (kritisch besprochen von Werro/Haas, 63ff.).

497 Derendinger, N 145; Hofstetter, 2000, 119; BK-Fellmann, Art. 400 N 135; BK-Gautschi, Art. 400 N 7f. Analoges liesse sich etwa auch z. B. beim Ingenieur formulieren.

Page 156: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 110 -

et sur lesquels il jouit de son droit d�auteur. C�est en cela encore qu�il se distingue de l�entrepreneur, qui doit remettre l�ouvrage original au maître.� 498

Es ist offensichtlich, dass diese Auflistung gegenständlich sehr viel weitergehender ist, wird doch insbesondere von � ... und anderen Akten.� gesprochen. 499 Der Unterschied zwischen der allgemeinen Lehre und der Spezialliteratur zum Architektenrecht ist durch die Modifizierung der Pflichtenlage durch die SIA-Ordnungen (namentlich SIA-102 500 ) begründet. 501 Die SIA-102 Ordnung verlangt eine eigentliche Schlussdokumentation, deren Ziel es ist, den Auftraggeber informationell in den Stand zu versetzen, welcher für Betrieb und Unterhalt der abgelieferten Sache etc. notwendig ist. 502 Dabei soll dieses Dossier durch Dokumente ergänzt werden, die der Beauftragte von anderen Unternehmern und Spezialisten erhalten hat (und diesem erklärten Zweck dienen können). Nach allgemeiner Lesart umfasst diese Schlussdokumentation insbesondere auch �Originalpläne, Skizzen, Berechnungen usw.�. 503 Wie aus der Gegenüberstellung der allgemeinen Mandatslehre und der Spezialliteratur folgt, handelt es sich bei der weiten Fassung der Ablieferungsobligation also nicht um einen gesetzlich festgelegten Gegenstandsbereich der Ablieferungspflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR. Es handelt sich vielmehr um eine Beschreibung dessen, was der Architekt (oder der Ingenieur) dem Auftraggeber aufgrund vertraglich zusätzlich 504 übernommener Verpflichtungen, gestützt auf die SIA-Ordnung 102, herauszugeben hat. Demzufolge kann die eingangs erwähnte Umschreibung der allgemeinen Lehre als Ausdruck dafür herangezogen werden, was der eigentliche Ablieferungsgegenstand der

498 Abravanel, N 331. 499 Diese weite Umschreibung der Pflicht hat eine lange Tradition: Vgl. etwa der Entscheid

des AppGer BE vom 22.12.1943 in ZBJV 1943 268ff. 500 In den nachfolgend dargestellten Pflichten unterscheiden sich die SIA-Ordnung 1984 und

die SIA-Orndnung 2001 nicht in materieller Hinsicht. Für eine diesbezügliche Übersicht: Egli, SIA-Ordnung, 54 und 55.

501 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass diese Normwerke in einem konkreten Vertragsverhältnis nur dann zur Anwendung gelangen, wenn sie in den Vertrag übernommen worden sind. Dazu deutlich etwa BGE 126 III 388ff., Sachverhalt und E. 9 und bereits BGE 109 II 462ff., E. 4. Es handelt sich bei den SIA-Ordnungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen, weshalb die entsprechenden Regeln aus Lehre und Rechtsprechung Anwendung finden: Hess, 48ff.

502 Diese Dokumentation soll auf der Grundlage des Ausführungsplanes basieren, wobei alle Änderungen nachgeführt werden sollen, die während der ganzen Auftragsausführung vorgenommen wurden.

503 So insbesondere die Kommentierung von Hess, 123. 504 Die SIA-Ordnungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten nicht, weil ein

Architekt Vertragspartei ist, sondern nur, wenn dieses Regelungswerk vertraglich übernommen wird: Hess, 48f.; Egli, SIA-Ordnung, 47 (mit weiteren Hinweisen).

Page 157: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 111 -

Ablieferungsobligation im Architektenvertrag wäre, falls der Einfluss der SIA-Normen nicht berücksichtigt würde.

In systematischer Hinsicht von Interesse ist, wie die Spezialliteratur das Verhältnis zwischen der Ablieferungsobligation und der Rechenschaftspflicht beschreibt. Nach dieser Lehrmeinung hat ein Architekt keine Rechenschaftspflicht (�reddition des comptes�) über folgende Gegenstände abzugeben: �En revanche, le mandataire peut conserver ses calques, ses documents personnels ou préparatoires, ainsi que sa comptabilité quand bien même il doit la montrer in parte qua.� 505 In materieller Hinsicht wird hier im Zusammenhang mit der Rechenschaftspflicht ein Bereich umschrieben, welcher sich gegenständlich mit dem Begriff der sog. Handakten im Rahmen der Ablieferungsobligation deckt. 506 Es handelt sich dabei insbesondere um jene Dokumente und Gegenstände, die den eigentlichen Arbeitsprozess des Architekten widerspiegeln und nicht die eigentlich vertraglich versprochene Leistung betreffen. Damit kommt die Ansicht zum Ausdruck, dass die Rechenschaftspflicht nicht eine Informationspflicht ist, welche dem Auftraggeber Anrechte auf Informationen gibt, welche er, gestützt auf die Ablieferungsobligation, nicht erhalten kann. Damit wird zum einen der Natur der Ablieferungsobligation als einer Nebenleistungspflicht 507 und zum anderen den weiteren Ergebnissen aus der datenschutzrechtlichen Untersuchung entsprochen. 508 Darin widerspiegelt sich auch eine konsequente Inhaltsbeschreibung der verschiedenen Pflichten des Beauftragten, wie sie auch im Zusammenhang mit der Darstellung einer Vorlegungspflicht vertreten wird. 509

Im Ergebnis ergibt sich, dass der Architekt, gestützt auf die entsprechenden gesetzlichen und (insbesondere) vertraglichen Grundlagen, eine Anzahl von klar umschriebenen Gegenständen und Dokumenten herausgeben muss. Seine eigentlichen Vorarbeiten und damit der Arbeitsprozess muss er jedoch dem Auftraggeber nicht offenbaren, weder gestützt auf eine Ablieferungsobligation noch gestützt auf eine Rechenschaftspflicht. Besonders deutlich wird dabei auch, dass die Rechenschaftspflicht nicht weiter geht als die Ablieferungsobligation.

505 Abravanel, N 325 i.f. 506 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.4. Egli, SIA-Ordnung, 70, weist darauf hin, dass die

Neufassung von Art. 1.3.6 der SIA-Ordnung 102 inhaltlich keine Änderung brachte. 507 Siehe dazu Kapitel 1.3.4. 508 Siehe dazu Kapitel 3.4. 509 Siehe dazu Kapitel 3.3.4.

Page 158: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 112 -

3.3.3.4.3.2 Anwaltsvertrag Der Anwaltsvertrag unterliegt dem Recht des einfachen Auftrages gemäss Art. 394ff. OR. 510 Im Zusammenhang mit dem Anwaltsvertrag wurde ausgeführt, dass die Herausgabepflicht grundsätzlich durch das Bundeszivilrecht geregelt wird und weitere Normen des kantonalen-öffentlichen Rechts diese Pflicht nicht modifizieren können. 511 Danach sind unter dem Titel der Ablieferungsobligation Rechtsschriften oder Verträge etc. herauszugeben, die im Rahmen eines Auftrages redigiert worden sind. 512 Damit ist gerade das herauszugeben, was sich der Anwalt zu schaffen sich verpflichtet hat.

Der Anwaltsvertrag erlangt aber v.a. deshalb im Zusammenhang mit der Ablieferungsobligation Bedeutung, weil im Bereich des Anwaltsvertragsrechts der Begriff der sog. Handakten geprägt wurde. 513 Es handelt sich bei den sog. Handakten um Gegenstände und Informationen etc., welche nicht von der Ablieferungsobligation erfasst sind. In der deutschen Lehre wird in diesem Zusammenhang von sog. Arbeitsmitteln gesprochen: �Danach lässt sich sagen, dass der Beauftragte solche Unterlagen nicht herauszugeben hat, die ihn nur in die Lage versetzen sollen, die Geschäftsbesorgung durchzuführen und die nicht eigentlich Gegenstand der ihm aufgetragenen Tätigkeit sind.� 514 Hierbei kommt der Tatsache Wirkung zu, dass in diesen Verträgen die Ablieferungspflicht regelmässig nur eine Nebenleistungspflicht ist. Demzufolge wird jener Bereich gegenständlich aus dem Anwendungsbereich der Ablieferungsobligation ausgegrenzt, welcher nicht eigentlich als geschuldet angesehen werden kann. Wird in einem Auftragsvertrag die Ablieferungsobligation als Nebenleistungspflicht qualifiziert, so hat dies zur Folge, dass der Ablieferungsgegenstand im Einzelfall zu ermitteln ist. Diese Methode führt zwangsläufig zu einer eher engen Auffassung der Ablieferungspflicht.

Es ist auch die Regelungsidee und damit das Konzept der sog. Handakten, dass Informationen, Gegenstände oder Dokumente ausschliesslich dem Auftragnehmer zugeordnet werden. 515 Es handelt sich dabei aber um ein Konzept, welches im Bereich 510 Zuletzt: BGE 127 III 357ff., E. 1a. 511 Handbuch, 139. Testa, 49f. Aus der Rechtsprechung: RBUR 1996 Nr. 52 E. 2a (mit

weiteren Hinweisen). 512 BK-Fellmann, Art. 400 N 135; BK-Gautschi, Art. 400 N 7f; Derendinger, N 145; Testa,

38. 513 Möth, 59ff.; Dubach, 81a; Handbuch, 142. 514 Deutlich etwa MünchKomm-Seiler, § 667 Rdnr. 15f. (Hervorhebungen nur hier). 515 Es handelt sich dabei um eine Rechtsidee, welche in grundsätzlicher Weise auch im

schweizerischen Datenschutzrecht durch den Begriff der �Arbeitshilfe� im Rahmen von Art. 2 Abs. 2 lit. a DSG niedergelegt ist. Dazu ausführlich Kapitel 3.4.3.

Page 159: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 113 -

des Auftragsrechts allgemeine Anwendung finden soll. 516 Aus diesem Grund wird dieses Konzept in einem späteren Abschnitt im Detail dargestellt. 517

Bereits an dieser Stelle sei jedoch auf einen alten Entscheid der Luzerner Anwaltskammer vom 18. 11. 1932 hingewiesen, in welchem auch die Herausgabe von Handakten als gerechtfertigt erachtet wurde, weil ein anderer Anwalt das Mandat weiterführte. 518 Hier wurde im Zusammenhang mit dem Begriff der sog. Handakten entschieden, dass je nach Empfänger es gerechtfertigt erscheinen kann, ein Mehr an Informationsfluss zuzulassen resp. zu verfügen. 519

3.3.3.4.3.3 Arztvertrag Im Arztvertragsrecht handelt es sich bei der Ablieferungsobligation um eine deutliche Nebenleistungspflicht, welche allgemein als von eher untergeordneter Bedeutung ist. Entsprechend dieser Charakterisierung wird die Ablieferungsobligation im Arztvertrag eng umschrieben, was besonders deutlich bei der Behandlung der Herausgabepflicht der Krankengeschichte wird. Die entsprechende Herausgabepflicht der Krankengeschichte wird von der Lehre allgemein verneint. 520 Wie an anderer Stelle ausführlich dargelegt wird, handelt es sich bei der Krankengeschichte um den Inbegriff dessen, was ein Beauftragter im Rahmen seiner auftragsrechtlichen Dokumentationspflicht zu erfüllen hat. 521 Die entsprechende Dokumentation (Krankengeschichte) dient dabei der Ausführungsobligation des Beauftragten und stellt in einem grösseren Zusammenhang die Interessenwahrungspflicht des Beauftragten sicher. Es handelt sich aber bei dieser Dokumentation im Wesen um die Aufzeichnungen des Beauftragten, die seinen Interessen dienen, indem diese Dokumentation seine Pflichterfüllung sichert. Der Arzt hat dem Patienten die Heilbehandlung zugesichert, nicht jedoch die Anfertigung einer Krankengeschichte. Aus diesem Grunde ist der hL beizupflichten, dass ein Herausgabeanspruch, bezogen auf die Krankengeschichte, verneint wird.

Diesbezüglich ist aber darauf hinzuweisen, dass nach hL und Rechtsprechung in der Schweiz dem Patienten ein Recht auf Einsicht oder Kopie der Krankengeschichte 516 BK-Fellmann, Art. 400 N 136 (mit weiteren Hinweisen). 517 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.4. 518 Dubach, 81a, der diesem Entscheid offensichtlich zustimmt. 519 Siehe dazu die Ausführungen zu einem adressatenspezifischen Informationsrecht in

Kapitel 3.3.4. 520 Hofstetter, 2000, 120; BK-Fellmann, Art. 400 N 140 (je mit zahlreichen Hinweisen). 521 Siehe dazu Kapitel 3.2.3.3.

Page 160: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 114 -

zugestanden wird. 522 Damit werden das Konzept und der Regelungsgedanke der sog. Handakten aber unterlaufen, da durch die Gewährung dieser weiteren Informationsrechte der rechtlichen Natur der Krankengeschichte nicht entsprochen wird. Es ist wohl dieser Umstand, welcher in Deutschland zur Diskussion von sog. Alternativaufzeichnungen des Beauftragten geführt hat. 523 Es wird an anderer Stelle dargelegt, dass im Mandatsrecht keine eigentliche Vorlegungspflicht anerkannt werden kann, weshalb in dieser Hinsicht die hL abzulehnen ist. 524

Im Gegensatz dazu wird in der schweizerischen Lehre und Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass Röntgenbilder der Herausgabepflicht unterliegen. 525 Umstritten ist demgegenüber die Rechtslage in Deutschland: Einige Autoren wollen einen differenzierten Ansatz anwenden, weshalb grundsätzlich eine Herausgabe verneint wird, weil �die Röntgenbilder dazu [dienen], die Diagnose zu ermöglichen, sie lediglich ein Arbeitsmittel des Arztes sind, das nicht herausgegeben werden muss. Ist die Anfertigung von Röntgenbilder dagegen alleiniger Gegenstand des Vertrages (so bei einem speziellen Röntgenarzt)� 526, so wird eine Herausgabepflicht angenommen, aber aus anderem Rechtsgrund. 527 Andere Autoren nehmen nach Beendigung der Behandlung konsequent � jedenfalls vorübergehend � eine entsprechende Herausgabepflicht an. 528 Grundsätzlich ist der differenzierende Ansatz in der deutschen Lehre zu begrüssen, da dieser auch den Grundsatz in der schweizerischen Lehre beachtet, dass nur das eigentliche Arbeitsresultat abzuliefern ist. Abzuliefern sind nämlich einzig jene Sachen, die zu schaffen der Arzt sich vertraglich verpflichtet hat, wogegen für �Unterlagen, die den Beauftragten nur in die Lage versetzen sollen, die Geschäftsbesorgung durchzuführen und die nicht eigentlich Gegenstand der ihm aufgetragenen Tätigkeit sind, keine Herausgabepflicht [besteht].� 529 Es ist nicht ersichtlich, weshalb in der Schweiz dieser Grundsatz im Bereich der Röntgenbilder

522 Derendinger, N 146; BK-Fellmann, Art. 400 N 139f.; Hofstetter, 2000, 120 (je mit

zahlreichen Hinweisen). Für Deutschland: Deutsch/Spickhoff, Rz. 466 (mit weiteren Hinweisen).

523 Deutsch/Spickhoff, Rz. 454 (mit weiteren Hinweisen). 524 Siehe dazu Kapitel 3.3.4. 525 BK-Fellmann, Art. 400 N 137. In der Rechtsprechung wurde der Anspruch auf

Ablieferung der Röntgenbilder bejaht: OGer ZH in ZR 85 Nr. 57 E. 7. 526 MünchKomm-Seiler, § 667 Rdnr. 16 i.f. (mit umfangreicher Rechtsprechungsübersicht). 527 Aus Werkvertrag: § 631ff. BGB. 528 Deutsch/Spickhoff, Rz. 469 (mit zahlreichen Hinweisen). Die Herausgabepflicht erfolgt

gestützt auf die allgemeine Treuepflicht. 529 BK-Fellmann, Art. 400 N 136 (unter Hinweis auf die deutsche Lehre). Deutlich auch

(hinsichtlich der Ablieferungsobligation): Derendinger, N 145; Hofstetter, 2000, 120.

Page 161: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 115 -

durchbrochen wird. 530 In der schweizerischen Lehre wird die deutsche Auffassung insbesondere deshalb abgelehnt, weil der Patient die Röntgenaufnahmen bezahlt. 531 Wie sich in einem späteren Kapitel zeigen wird, ist die Frage der Kostentragung 532 kein hinreichendes Argument, die Herausgabe zu begründen. 533 Als weiterer Grund wird für die Herausgabe angeführt, dass es sich bei den Röntgenbildern um einen Bestandteil der Dokumentation handelt, welche anzulegen der Beauftragte verpflichtet ist. 534 Obgleich diese Feststellung richtig ist, so ist doch zu beachten, dass die Dokumentationspflicht von einer Herausgabepflicht deutlich zu unterscheiden ist: Die Dokumentationspflicht steht im Zusammenhang mit der allgemeinen Interessenwahrungspflicht, 535 weshalb eine Dokumentation grundsätzlich nicht bedeutet, dass diese oder Bestandteile davon herauszugeben sind. Die Dokumentationspflicht wird nämlich in erster Linie im Zusammenhang mit der Ausführungsobligation bestimmt und ist damit von ihrem Zweck determiniert. 536

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Ablieferungsobligation im Arztvertragsrecht eng zu umschreiben ist, wonach nach der hier vertretenen Ansicht die Krankengeschichte nie und die Röntgenbilder grundsätzlich nicht gestützt auf Art. 400 OR herzugeben sind.

3.3.3.4.3.4 Softwarevertrag Die Bestimmung der Rechtsnatur von Softwareverträgen ist komplex, was etwa beispielshaft eine Untersuchung zum sog. Softwarepflegevertrag zeigt. 537 Dies liegt in der Regel im Umstand begründet, dass in den entsprechenden Verträgen zahlreiche, 530 Es ist allerdings einzuräumen, dass diese Ansicht der hL und der einschlägigen

Gerichtspraxis in der Schweiz widerspricht: Derendinger, N 146; BK-Fellmann, Art. 400 N 138; BK-Gautschi, Art. 400 N 7b; BasK-Weber, Art. 400 N 13. Ausführlich auch: Honsell, 200ff., Brühwiler-Frésey, 169ff. und Schröder, 39ff.

531 BK-Fellmann, Art. 400 N 136 (mit zahlreichen weiteren Hinweisen). 532 Sei es im Rahmen des Gesamthonorars oder im Rahmen eines spezifischen

Aufwendungsersatzes. 533 Anders aber im Sinne eines starken Indizes für eine Herausgabepflicht (bei

Röntgenbildern): ZR 85 Nr. 57 E. 7. 534 BK-Fellmann, Art. 400 N 137. 535 Siehe dazu Kapitel 3.2.2 und 3.2.3. AGVE 1987 40ff., E. 3a: �Zur Ausführung des

Behandlungsauftrags des Zahnarztes gehören Untersuchungen und Diagnosen zur richtigen Behandlung der Zähne (vgl. BGE 110 II 375ff.), wofür Röntgenbilder erforderlich sind, wie der Beklagte selber einräumt.�

536 Vgl. dazu die Ausführungen zu einem adressatenspezifischen Informationsrecht in Kapitel 3.2.3.3. Insoweit ist den Einwänden von BK-Fellmann, Art. 400 N 138, Rechnung getragen.

537 Widmer, 29ff. Die Untersuchung kommt zum Schluss, dass der Softwarepflegevertrag als Innominatkontrakt zu qualifizieren ist. Ein weiteres Beispiel für die schwierige Rechtsfindung: Straub, 524ff.

Page 162: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 116 -

umfangreiche und verschiedenartige Leistungen erbracht werden. Die Rechtsprechung hatte unlängst die Gelegenheit, über die anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit einem EDV-Vertrag zu befinden: Das Bundesgericht betonte zum einen die Wichtigkeit, dass jeder EDV-Vertrag nach den Umständen des Einzelfalles zu qualifizieren ist und wies zum anderen darauf hin, dass die in der Lehre bestehende �Prädominanz des Werkvertragsrechts (...) nicht unbesehen angenommen werden darf.� 538

Im vorliegenden Fall hielt das Bundesgericht die Anwendung der Regelungen zum Kaufvertragsrecht für sachgerecht, da die entsprechenden Elemente überwogen und kein eigentlicher Softwareherstellungsvertrag 539 in Rede stand. 540 In casu wurde jedoch das Kaufvertragsrecht für anwendbar erklärt, da sich das Rechtsgeschäft als eine Kombination von Kaufverträgen darstellte. 541 In der Literatur zum Softwarevertrag wird die Ablieferungsobligation sowie die Rechenschaftspflicht im Softwarevertrag dargestellt, 542 wobei nachfolgend der Umfang und v.a. die entsprechende Begründung für diese Pflichten untersucht werden sollen:

Aus der Spezialliteratur zum Softwareherstellungsvertrag umschreibt einzig Gurovits die Ablieferungsobligation unter einem eigenen Titel gesondert. Danach sind herauszugeben: �... Unterlagen wie Tätigkeitslisten, Netzpläne, Termin- und Arbeitseinsatzpläne, Projektorganisationspläne oder Projektdokumentationen.� 543 Die Umschreibung macht deutlich, dass die Ablieferungsobligation weit gefasst wird. Aus der Systematik bei Gurovits ergibt sich, dass der Umfang der Ablieferungsobligation sowohl bei der Anwendung werkvertraglicher als auch bei mandatsrechtlicher Normen identisch ausfällt. 544 Die weit gefasste Ablieferungsobligation resultiert v.a. dadurch, dass diese Benutzerdokumentation 545 in vielen Fällen überhaupt erst die

538 BGE 124 III 456ff., E. 4b/bb. 539 Für die Anwendung der werkvertraglichen Regelungen: Gauch, N 334ff. 540 Werkvertrag soll grundsätzlich dort anwendbar sein, wo der Erfolg objektiv messbar

garantiert werden könne: Siehe dazu auch BGE 130 III 458ff., E. 4 (sowie BGE 127 III 328ff., E. 2: Vertrag über die Schätzung einer Liegenschaft).

541 Für eine Kommentierung des Entscheides: Roberto, 343 (mit weiteren Hinweisen). 542 Zu den einzelnen Belegstellen sogleich weiter unten. 543 Gurovits, 87f. i. V. m. 182: Die Ablieferungsobligation als eine allgemeine Pflicht eines

EDV-Beraters. 544 Siehe diesbezüglich die Systematik in der Arbeit von Gurovits, passim. 545 Siehe hierzu etwa Gurovits, 11 i.V.m. 25, bezüglich herzustellender Unterlagen im

Rahmen eines typischen sog. Projektmanagementvertrages.

Page 163: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 117 -

Nutzung der vertraglichen Hauptleistung ermöglicht. 546 Demnach ist eine eigentliche Benutzerdokumentation als stillschweigend vertraglich versprochen zu betrachten. 547 Daraus ergibt sich, dass die Ablieferungsobligation in diesem Bereich klar definiert ist.548

Nach der hier vertretenen Ansicht gründet sich dieser weit gefasste Herausgabeanspruch auf der folgenden Tatsache beim Softwarevertrag: Die Art der Vertragsabwicklung zeichnet sich im Softwarebereich in aller Regel durch eine intensive Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien aus. Die Praxiserfahrung zeigt, dass diese enge Zusammenarbeit zwischen den Parteien eine tatsächliche Voraussetzung für eine gute Realisierungsmöglichkeit der geschuldeten Vertragsleistungen ist. Obgleich es sich bei diesen Verträgen systematisch um zweiseitige, synallagmatische Vertragsverhältnisse handelt, ist, gestützt auf diese faktische Tatsache, festzustellen, dass dieser �Charakter der Vertragsbeziehungen zwischen dem eines Gesellschafts- und dem eines synallagmatischen Vertrages anzusiedeln [ist]�. 549 In der schweizerischen Lehre wurde denn auch bereits früh der Einfluss gesellschaftsrechtlicher Normen zur Lösung der sich stellenden Problemlagen vorgeschlagen. 550 Vor diesem Hintergrund ist es erforderlich, dass die entsprechenden vertraglichen Verpflichtungen (Ablieferungs- und Rechenschaftspflicht) diesen wertungsmässigen Einflüssen Rechnung tragen. Dabei wird in diesen Vertragskonstellationen der Interessengegensätzlichkeitscharakter zu Gunsten gewisser Tendenzen eines Interessenvergemeinschaftungsvertrages (Gesellschaftsvertrag) abgeschwächt. 551 Es ist gerade ein Charakteristikum der Personengesellschaftsverträge, dass eine allgemeine Vergemeinschaftung der Interessen verwirklicht ist. Dies gilt insbesondere auch für die Vergemeinschaftung einer Informationsordnung. 552

546 So auch Gauch, N 336f. 547 Gurovits, 89f. Gemäss diesem Autor ist diese Pflicht einzig durch Art. 398 Abs. 2 OR

gefordert. 548 Die Situation entspricht derjenigen im Architektenvertrag. Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.3.1. 549 Slongo, 163 (nach eingehender Analyse der Qualifikationsfrage; [Hervorhebungen nur

hier]). 550 Forstmoser, Vertragsprobleme, VIff. 551 Siehe dazu grundsätzlich Kapitel 1.3.1 und die Ausführungen zu einer

gesellschaftsrechtlich beeinflussten Informationsordnung in Kapitel 3.7.2. In diesem Sinn ist auch die Lehrmeinung von Gurovits, 89f., zu verstehen, der die entsprechende Grundlage der umfangreichen Pflicht in Art. 398 OR erblickt.

552 Siehe dazu ausführlich Kapitel 3.7.2.

Page 164: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 118 -

Daraus ist zu folgern, dass die weit umschriebene Ablieferungsobligation im Softwarevertrag durch rechtliche Konzepte überlagert wird, welche dem typischen Auftragsvertrag fremd sind. Von Interesse ist aber die Feststellung, dass die entsprechende Herausgabepflicht umfangmässig grösser ist, falls ein Vertrag Züge der Interessenvergemeinschaftung trägt. 553

3.3.3.4.4 Allgemeine Grenze der Ablieferungsobligation: sog. Handakten

3.3.3.4.4.1 Vorbemerkungen In den vorangehenden Abschnitten wurden die verschiedenen Bereiche der Ablieferungsobligation und die Ablieferungsobligation im dritten Bereich (Herausgabe des bei der Auftragsausführung Geschaffenen) in einigen ausgewählten Auftragsverträgen dargestellt. Dabei wurde gerade in der zuletzt erwähnten Untersuchung die Ablieferungspflicht aufgrund der Eigenheiten von einigen speziellen Mandatsverträgen untersucht. Ein anderer Ansatz zur Beantwortung des Inhalts der Ablieferungsobligation ist die Beschäftigung mit dem Begriff der sog. Handakten.

Die Auseinandersetzung mit dem Datenschutzrecht wird zeigen, dass die Rechtsordnung einen �Eigenbereich� des Beauftragten anerkennt. 554 Es geht dabei gegenständlich um den Bereich der internen Akten, Notizen, Arbeitshilfen und Gedächtnisstützen. In der Logik des Datenschutzrechts handelt es sich dabei um einen Bereich, welcher einzig dem Auftragnehmer zusteht und welcher frei von Informationszugangsrechten ist. Nachfolgend soll untersucht werden, ob auch das Auftragsrecht im Rahmen des Rechtsinstituts �Ablieferungsobligation� einen entsprechenden �Eigenbereich� des Auftragnehmers anerkennt. 555 Im Gegensatz zur Methodik im Datenschutzrecht (Interessenabwägung) soll hier im Auftragsrecht ein entsprechender, schuldrechtlich begründeter Eigenbereich anhand von konkreten Objekten beschrieben werden. Ziel dieser Untersuchung ist, ob sich die Dokumentation, welche sich aufgrund der Dokumentationspflicht ergibt, materiell unter diesen Bereich der sog. Handakten subsumieren lässt. Damit wären die entsprechenden Informationen aus der Dokumentation aus dem Bereich der

553 Für eine grundlegende Charakterisierung des Auftragvertrags kann auf die Ausführungen

in Kapitel 1.3 verwiesen werden. 554 Siehe dazu Kapitel 3.4.3. Einen analogen Ansatz im Schuldrecht findet sich auch deutlich

in ZR 93 Nr. 7 E. VIII.3 [S. 28, linke Spalte]. 555 Die Argumente des Prozessrechtes bleiben vorbehalten, da ein Beweiszweck andere

Wertungen mit sich bringt. Dieser generelle Vorbehalt für die Prozesssituation ist auch im Datenschutzgesetz verankert: Art. 2 Abs. 2 lit. c DSG: Siehe dazu Kapitel 3.4.3.4.

Page 165: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 119 -

Ablieferungsobligation ausgeschlossen. Die entsprechende Untersuchung soll anhand des Begriffs und der Funktion der sog. Handakten erfolgen.

3.3.3.4.4.2 Begriff und Funktion der sog. Handakten Durch die Definition von sog. Handakten 556 nimmt die Lehre gewisse Gegenstände generell von der grundsätzlich bestehenden Ablieferungsobligation aus. 557 Ein kleiner Teil der Lehre 558 unterscheidet weiter noch sog. Nebenakten, wobei aus den entsprechenden Aufzählungen hervorgeht, dass hierbei eine Unterscheidung unterbleiben kann. Durch die Anerkennung von sog. Handakten wird schuldrechtlich 559 eine Akten- resp. Informationsaussonderungsmöglichkeit grundsätzlich anerkannt.

In der deutschen Lehre zum Recht der sog. Handakten ist eine deutliche Fokussierung auf die Bereiche von Unterlagen, Dokumente etc. erkennbar, welche der Auftraggeber �erhalten� oder �empfangen� hat. 560 Neben diesen Bereichen der Ablieferungsobligation soll nachfolgend aber v.a. der dritte Bereich der Ablieferungsobligation untersucht werden, da dieser in der vorliegenden Arbeit von besonderer Bedeutung ist.

3.3.3.4.4.3 Generelle Inhaltsbeschreibung Bei der generellen Umschreibung der sog. Handakten ist der Begriff der Ablieferungsobligation selbst von Bedeutung, weil der Beauftragte grundsätzlich nur abzuliefern hat, �was zu schaffen er sich vertraglich verpflichtet hat.� 561 Wie die Ausführungen zu den einzelnen spezifischen Mandatsverträgen im Mandatsrecht gezeigt haben, muss damit der konkrete Auftragsvertrag daraufhin analysiert werden,

556 Der Begriff stammt wohl aus der deutschen Anwaltsrechtsliteratur (vgl. Körner, Die

Handakten des Rechtsanwaltes, Diss. Leipzig 1927; Friedländer, Kommentar zur Rechtsanwaltsordnung vom 1. 7. 1878, 3. Auflage, München 1930) und wurde für die Schweiz namentlich von Möth, Das Honorar des Anwalts, seine Handakten und das Recht ihrer Zurückbehaltung, Zürich 1937, übernommen. Zum heutigen Begriff der Handakten im deutschen Recht: Siehe etwa Feuerich/Braun, § 50 Rdnr. 6ff.

557 Derendinger, N 145; Hofstetter, 2000, 119f.; BK-Fellmann, Art. 400 N 116 und N 136; BasK-Weber, Art. 400 N 12; Werro, Commentaire, Art. 400 N 14; Handbuch, 142; Dubach, 81a. Aus der Rechtsprechung ZR 63 Nr. 106 E. 3 [Antwort auf eine sog. Einfrage]: �Man wird als solche [Handakten] alle diejenigen Akten aufzufassen haben, deren primärer Eigentümer der Anwalt ist oder die ihm zu freier Verfügung überlassen worden sind.�

558 Etwa Testa, 174. 559 ZR 63 Nr. 106 E. 3: Dieser Entscheid hält fest, dass bspw. das AnwG ZH diesen Begriff

nicht weiter umschreibt. 560 Ausführlich: Feuerich/Braun, § 50 Rdnr. 6; Henssler/Prütting, § 50 Rdn. 8f. Siehe dazu

Kapitel 3.3.3.2 und 3.3.3.3. 561 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.2.

Page 166: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 120 -

welche Arbeitsresultate als geschuldet gelten. 562 Bei den hier interessierenden Dokumenten handelt es sich um Unterlagen, die den Beauftragten regelmässig �nur in die Lage versetzen sollen, die Geschäftsbesorgung durchzuführen� und es sind Unterlagen, �die nicht eigentlich Gegenstand der ihm aufgetragenen Tätigkeit sind.� 563 Es handelt sich dabei insbesondere um eigentliche Arbeitshilfen, welche die (optimale) Ausführung der eigentlichen Ausführungsobligation und damit die Erstellung des eigentlichen Arbeitsresultats unterstützen. �In erster Linie dient sie [die Handakte] dem Rechtsanwalt selbst. Sie erleichtert ihm die Arbeit.� 564 Es sind dem Wesen nach regelmässig gerade jene Aufzeichnungen, die auch von der Dokumentationspflicht erfasst und damit vom Auftragsrecht gefordert werden. 565 Es ist jedoch klarzustellen, dass den Handakten damit eine Dokumentationsfunktion zukommt, das Rechtsinstitut �Handakte� jedoch nicht die Grundlage einer entsprechenden Dokumentationspflicht ist. 566

Für die Verdeutlichung dieser Zuordnung zu den sog. Handakten kann auf ein Urteil des Züricher Obergerichts hingewiesen werden, welches im Falle eines Factoringvertrages eine grosszügige Umschreibung der von der Ablieferungsobligation ausgenommenen Unterlagen festgehalten hat: �Die Beklagte wurde durch die Vorinstanz verpflichtet, alle ihr im Rahmen des �Auftrages� vom 29. November 1982 übergebenen Akten bzw. Geschäftsunterlagen unverzüglich dem Kläger auszuhändigen. Diese Herausgabepflicht erstreckt sich sowohl dem Inhalt der vorinstanzlichen Verfügung wie dem Sinn nach nur auf jene Unterlagen, die der Beklagten vom Kläger übergeben wurden, nicht aber auf die von der Beklagten in der Folge gestützt darauf erstellten eigenen Unterlagen; diese bilden weder Gegenstand des vorliegenden Verfahrens noch könnte der Kläger auf diese direkt einen Anspruch geltend machen.� 567 Diese Umschreibung ist v.a. auch deshalb von Interesse, weil der Entscheid verdeutlicht, dass selbst Unterlagen, die der Beauftragte aus der

562 So deutlich auch BK-Gautschi, Art. 400 N 7f, mit Hinweis auf BGE 78 II 376ff., E. 2

(Auftrag über die Führung einer Buchhaltung: In casu mussten sowohl die zur Auftragsausführung übergebenen Bücher und Belege als auch die erstellte Buchhaltung herausgegeben werden).

563 MünchKomm-Seiler, § 667 Rdnr. 15 i.f. 564 Feuerich/Braun, § 50 Rdnr. 2. 565 Siehe dazu Kapitel 3.2. 566 Henssler/Prütting, § 50 Rdnr. 5. 567 ZR 85 Nr. 15 E. 5 (Der Begriff �Handakten� wird nicht explizit erwähnt). Der

entsprechende Ansatz bezüglich sog. Handakten findet sich auch bereits in ZR 80 Nr. 24 E. 6.

Page 167: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 121 -

auftragsrechtlichen Pflichtenlage herzustellen verpflichtet ist 568 und die offenkundig sowohl im Interesse des Beauftragten als auch des Auftraggebers liegen 569, nicht der Herausgabepflicht unterstehen, weil diese eben als interne Akten qualifiziert werden. Mit diesem Entscheid wird der Bereich der Handakten also nicht etwa einschränkend ausgelegt, sondern im Gegenteil � gemäss den allgemeinen Grundsätzen zur Bestimmung der Ablieferungsobligation in diesem dritten Bereich � eher weit gefasst. Dies deckt sich auch mit weiteren Entscheiden, in denen im Rahmen der Aufzählung von konkreten Objekten der Bereich der sog. Handakten grosszügig und nicht abschliessend mit � ... und dgl.� umschrieben wurde. 570

Demgegenüber sind für die Inhaltsbestimmung der sog. Handakten folgende Aspekte nicht von Bedeutung: Die Frage der eigentumsrechtlichen Stellung an den Aktenbestandteilen 571 sowie die Frage, ob und auf welche Weise 572 bestimmte Arbeitsschritte oder Vorarbeiten dem Auftraggeber in Rechnung gestellt (verrechnet) werden. 573

3.3.3.4.4.4 Einzelne Objekte der sog. Handakten In der Folge werden bezüglich konkreter Objekte der Bestand und der Umfang der sog. Handakten und damit zugleich die Grenzen der Herausgabepflicht dargestellt. Dazu kann einleitend festgehalten werden, dass die Aufzählungen in der Lehre oft einen beispielhaften Charakter aufweisen 574 , wobei sich diese Offenheit auch in der Rechtsprechung wiederfindet. 575

568 So gehört die Buchführungspflicht des Factors zu den obligatorischen (Erni, 13 und 38)

resp. zwingenden (ZR 85 Nr. 15 E. 4a) Bestandteilen eines Factoringvertrages. 569 Erni, 38. 570 BGE vom 17. 6. 1980, in: ZR 80 Nr. 24 E. 3a. In einem Urteil vom 30.4.1993

(staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid ZR 93 Nr. 7 E. VIII.3 und XII) wurde diese Rechtsprechung bestätigt.

571 Siehe dazu die Darstellungen bei BK-Fellmann, Art. 400 N 136 und Derendinger, N 145. Anders demgegenüber Möth, 68. Aus der älteren Rechtsprechung: Entscheid KGer SG in SJZ 1923/1924 235 (betreffend Korrespondenz und Belege).

572 D.h. im Rahmen des Gesamthonorars oder spezifisch als Aufwendungsersatz. 573 Anders aber im Sinne eines starken Indizes für eine Herausgabepflicht (bei

Röntgenbildern): ZR 85 Nr. 57 E. 7. 574 Deutlich etwa BK-Fellmann, Art. 400 N 136, und BasK-Weber, Art. 400 N 12f. 575 ZR 80 Nr. 24 E. 3a (BGE vom 17. 6. 1980). In einem Urteil vom 30.4.1993

(staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid ZR 93 Nr. 7 E. VIII.3 und XII) wurde diese Rechtsprechung bestätigt.

Page 168: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 122 -

In allgemeiner Weise werden bei der Beschreibung des Begriffinhalts der sog. Handakten Notizen 576 und Entwürfe (auch Skizzen) 577 von der Ablieferungsobligation ausgenommen. 578 So sind �Vorarbeiten und Arbeitsunterlagen� und anderseits �Schriftstücke, die der Beauftragte herstellt, um später der Auskunftspflicht zu genügen (Protokolle, Journale) [...] und auch Dokumente, die über die Arbeitsorganisation Auskunft geben (z.B. Anweisungen an die Gehilfen, Arbeitsrapporte)� 579 als Gegenstände zu qualifizieren, welche zu den Handakten zählen und folglich nicht herauszugeben sind. Rechtsvergleichend kann auf die deutsche Lehre hingewiesen werden, welche etwa jene Bereiche der Arbeitstätigkeit des Rechtsanwaltes gänzlich von der Herausgabepflicht ausnimmt, �die er [Anwalt] zur eigenen Information angefertigt hat.� 580

Im Weiteren sind eigentliche Materialsammlungen 581 von der Ablieferungsobligation auszunehmen 582, vorausgesetzt, es handelt sich dabei nicht gerade um die vertraglich versprochene Leistung. 583 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass bei der rechtlichen Qualifikation einer Materialsammlung der Unterschied zu den erwähnten Notizen oft nur gradueller Natur ist oder sich durch die technischen Möglichkeiten erklärt. In funktionaler Hinsicht kommt Notizen oder Materialsammlungen dieselbe Bedeutung zu. Diese Sicht über Materialsammlungen entspricht auch der Rechtslage im deutschen Recht: �Darüber hinaus wird dem Anwalt bei der Ausführung des Mandates ein gewisser Freiraum zuzuerkennen sein, vertrauliche �Hintergrundinformationen� zu sammeln, die er auch und gerade im wohl

576 Kellerhals, 137, nimmt Notizen generell von der Ablieferungsobligation aus, �welche der

Anwalt anlässlich der Besprechungen mit dem Klienten aufgenommen hatte, (...).� In BGE vom 17. 6. 1980, in: ZR 80 Nr. 24 E. 3a, wurden allgemein Gesprächs- und Aktennotizen ausgenommen.

577 BGE vom 17. 6. 1980, in: ZR 80 Nr. 24 E. 3a. 578 BK-Fellmann, Art. 400 N 136; Derendinger, N 145; BasK-Weber, Art. 400 N 12; Dubach,

81a; Hofstetter, 2000, 119; Kellerhals, 137; Testa, 181. Auch Möth, 65 (oben) i.V.m. 63, scheint Entwürfe (von Briefen) von der Herausgabepflicht auszunehmen, da diese nicht ins Eigentum des Auftraggebers fallen.

579 Hofstetter, 2000, 119f. 580 MünchKomm-Seiler, § 667 Rdnr. 16 resp. 15 (Arbeitsmittel im Zusammenhang mit § 667

BGB i.V.m. § 50 BRAO). 581 Zu denken wäre etwa an Datenzusammenstellungen aus juristischen Datenbanken im

Falle eines Anwalts oder aber auch an verschiedene Laborergebnisse und Analysen, die ein Arzt in der eigenen Praxis durchführt (inkl. Röntgenbilder).

582 BK-Fellmann, Art. 400 N 136; BasK-Weber, Art. 400 N 12; Hofstetter, 1979, 93 (Hofstetter, 2000, 119, spricht im diesem Zusammenhang von einer �Dokumentation�).

583 Also insbesondere im Falle eines eigentlichen Informationsverschaffungsauftrages.

Page 169: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 123 -

verstandenen Interesse seines Mandanten sowie im Interesse der Rechtspflege diesem gegenüber verschweigen darf.� 584

Auf die gleiche Art ist auch die wissenschaftliche Auswertung zu behandeln, die der Beauftragte selbst ausführt. 585 Auch werden eigentlich vorbereitende Studien vom Herausgabeanspruch ausgenommen. 586 Damit unterstehen eigene, wenn auch umfangreiche Nachforschungen, die nicht aufgrund einer Vertragsauslegung in Form eines Gutachtens selbst als eigentliches Arbeitsresultat darzustellen und abzuliefern sind, nicht dem Herausgabeanspruch des Auftraggebers. Diese Arbeiten sind Vorstudien, die als interne Akten zu qualifizieren sind.

Aus der Darstellung der einzelnen Gegenständen, welche als sog. Handakten bestimmt werden können, wird ersichtlich, dass es sich hierbei um Informationen, Dokumente und Unterlagen handelt, die der Beauftragte regelmässig nur in die Lage versetzen sollen, die Geschäftsbesorgung durchzuführen und die nicht eigentlich Gegenstand der ihm aufgetragenen Tätigkeit sind. Es handelt sich dabei insbesondere um eigentliche Arbeitshilfen, welche die (optimale) Ausführung der eigentlichen Ausführungsobligation und damit die Erstellung des eigentlichen Arbeitsresultats unterstützen. Es sind Informationen, Dokumente und Unterlagen, die im Rahmen der Dokumentationspflicht durch den Auftragnehmer zu erfassen und zusammenzustellen sind. 587

Als eine weitere Art der internen Akten wird die Buchhaltung von der Herausgabepflicht ausgenommen. 588 Davon zu unterscheiden ist die Rechtslage, wenn eine Person als Organ die Geschäfte einer Gesellschaft führt: Die Ablieferungsobligation des Organs umfasst diesfalls bspw. auch die Geschäftskorrespondenz, die Bücher und Belege betreffend der Geschäfte dieser Gesellschaft. 589 Nach zutreffender Ansicht stellen jedoch Belege keine internen Akten 584 Ausführlich dazu: Feuerich/Braun, § 44 Rdnr. 24 i.V.m. § 667 BGB [�Aufzeichnungen

über derartige Vorgänge unterliegen gleichfalls nicht der Herausgabepflicht] resp. § 50 BRAO [Unterliegen als Handakten auch nicht der Einsichtspflicht; Siehe dazu für die Schweiz: Kapitel 3.3.2.] Dieser Freibereich wird auch unter Hinweis auf den Leitentscheid in BGHZ 109, 260ff. festgehalten.

585 Hofstetter, 1979, 93. 586 BasK-Weber, Art. 400 N 12. 587 Siehe dazu Kapitel 3.3. 588 Hofstetter, 1979, 93 (gestützt auf BK-Gautschi, Art. 400 N 7e): Die Buchhaltung ist

weder vorzulegen noch abzuliefern; BasK-Weber, Art. 400 N 12. So auch die Entscheide SJ 1958 520ff. [S. 522] und ZR 80 Nr. 24 E. 3a.

589 SJZ 1955 189ff., E. 2: Gestützt auf Art. 400 OR und Art. 962 OR. Dazu auch: BK-Gautschi, Art. 400 N 7e.

Page 170: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 124 -

dar, weshalb diese von der Herausgabepflicht erfasst werden. Dies deckt sich mit den Erkenntnissen aus dem Bereich der Rechenschaftspflicht, welche sich insbesondere auch durch die rechtshistorische Untersuchung haben gewinnen lassen. 590 Es handelt sich hier gewissermassen um eine Herausgabepflicht von Gegenständen, mit welcher die Abrechnungspflicht (und damit die Pflicht zur Rechenschaft) im Bereich der Pflicht zur Rechnungslegung und der Pflicht zur Rechnungsstellung (in der Form des Auslagenersatzrechts) spezifiziert belegt wird. 591

Abschliessend ist eine Herausgabepflicht auch bezüglich der Korrespondenz anzuerkennen. 592 Es handelt sich hierbei zum einen um Aktenbestandteile, die gerade in der Vertretung für den Auftraggeber erschaffen worden sind, zum anderen um Aktenbestandteile, die er durch die Tatsache des Bestandes eines Auftrages erhalten (resp. erlangt) hat. Es ist jedoch ergänzend darauf hinzuweisen, dass aus dieser Korrespondenz jene Bestandteile aussonderbar sind, die an den Beauftragten gerichtet sind (weil es sich diesbezüglich um interne Akten handelt). 593

3.3.4 Vorlegungspflicht und weitere Einsichtsrechte in die Dokumentation

3.3.4.1 Einleitung In Kapitel 3.2 wurden die Rechtsgrundlagen und der Inhalt der Dokumentationspflicht im Auftragsrecht dargestellt. Gemäss diesen Anforderungen verfügt der Beauftragte über eine eigentliche Dokumentation den ausgeführten Auftrag betreffend, welche einem bestimmten Zweck dient: Die entsprechenden Ausführungen haben ergeben, dass die Dokumentationspflicht die Möglichkeit der Rekonstruktion des Auftrages bezweckt. 594

Nachdem die Dokumentationspflicht im genannten Kapitel abgehandelt worden ist und nachdem in Kapitel 3.3.3 dargelegt werden konnte, dass die Information in der entsprechenden Dokumentation, gestützt auf die Ablieferungsobligation, nicht herauszugeben ist, soll nachfolgend untersucht werden, ob im Auftragsvertrag eine sog. Vorlegungspflicht betreffend dieser Dokumentation besteht. Durch eine

590 Siehe dazu Kapitel 2. Siehe weiter auch: BGE vom 17. 6. 1980, in: ZR 80 Nr. 24 E. 3a. 591 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4. 592 So bereits die alte Rechtsprechungspraxis: SJZ 1923/1924 235 [Kanton SG]; SJZ

1939/1940 240 (indirekt auch ZBJV 1943 268ff., 270) [Kanton LU resp. BE]; aus der neueren Rechtsprechung: BGE vom 17. 6. 1980, in: ZR 80 Nr. 24 E. 3a. Aus der Lehre: BasK-Weber, Art. 400 N 12; Dubach, 81a; ZK-Oser/Schönenberger, Art. 400 N 6.

593 So deutlich Fidek, 63 (mit weiteren Hinweisen). 594 Siehe dazu Kapitel 3.2.2 und 3.2.3

Page 171: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 125 -

Vorlegungspflicht würde der Beauftragte verpflichtet, dem Auftraggeber Einsicht in die entsprechende Dokumentation als solche zu gewähren. Das vorliegende Kapitel untersucht, ob der Auftraggeber die entsprechende Information als solche herausverlangen kann, weshalb im Sinne einer informationstheoretischen Fragestellung herausgearbeitet wird, ob die Information zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer fliessen soll oder nicht. Aus diesem Grund wird nachfolgend nicht zwischen einer Vorlegungspflicht, einer Verpflichtung zur Kopie oder einem Einsichtsrecht etc. unterschieden. 595 Nachfolgend werden diese Pflichten zusammenfassend mit dem Begriff �Vorlegungspflicht� bezeichnet.

3.3.4.2 Auftragsrechtliche Vorlegungspflicht

3.3.4.2.1 Anspruchsgrundlagen Die hier zu untersuchende Vorlegungspflicht hat ihre Rechtsgrundlage im materiellen Bundeszivilrecht: �Das materielle Recht, nach dem sich die Vorlegungspflicht (...) bestimmt, kann nicht kantonales, sondern muss eidgenössisches Recht sein.� 596 Nicht behandelt wird hier die Frage der Informationsbeschaffung im Rahmen eines Zivilprozesses, welche, gestützt auf die Möglichkeiten des Prozessrechts, erfolgt. Diese Informationsbeschaffung hat einen besonderen Hintergrund und die entsprechende Informationsordnung richtet sich nach der Interessenabwägung und nach den Kriterien, welche das Prozessrecht vorsieht. 597 Diese Rechtslage ist jedoch strikt von der Rechtslage, gestützt auf materiellrechtliche Rechtsgrundlagen, zu unterscheiden, welche das Thema der vorliegenden Arbeit sind und nachfolgend dargestellt werden.

Es wurde an anderer Stelle im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung der Pflicht des Beauftragten zur �Herausgabe des bei der Auftragsausführung Geschaffenen� erarbeitet, dass die eigentliche Herausgabepflicht der Krankengeschichte und damit der Dokumentation verneint wird. 598 Ein Teil der Lehre leitet nun aber einen 595 Für eine Übersicht der Bezeichnungen kann auf die in BK-Fellmann, Art. 400 N 136 i.f.

(allgemein) und BK-Fellmann, Art. 400 N 140 (Arztvertragsrecht) aufgeführte Lehre und Rechtsprechung verwiesen werden.

596 BGE 82 II 555ff., E. 7: Prozessrechtliche Überlegungen bleiben ohne Beachtung. Deutlich auch in diesem Sinn das BGer in einem Entscheid vom 17. 6. 1980, in: ZR 80 Nr. 24 E. 3a.

597 Es sei in diesem Zusammenhang auf eine neuere ausführliche Darstellung verwiesen, welche sich mit der prozessrechtlichen Situation beschäftigt: Gessler, 433ff. (mit zahlreichen Hinweisen). Dieser Autor betrachtet Art. 400 OR undifferenziert als allgemeines Informationsrecht (434), weshalb den entsprechenden Erläuterungen in dieser Hinsicht nur mit grossen Vorbehalten gefolgt werden kann.

598 Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.3.3.4.

Page 172: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 126 -

materiellrechtlichen, allgemeinen Vorlegungsanspruch aus einer Auslegung der Herausgabepflicht gemäss Art. 400 OR ab 599, obwohl gerade die Herausgabepflicht durch die Anerkennung der sog. Handakten begrenzt wird. 600 Ein anderer Teil der Lehre scheint den Vorlegungsanspruch, gestützt auf die Herausgabepflicht, einzig im Bereich des Arztvertragsrechtes anzuerkennen. 601 Wieder ein anderer Teil der Lehre leitet die Vorlegungspflicht als generellen Grundsatz aus der Rechenschaftspflicht in Art. 400 OR ab. 602 In dieser Hinsicht hinterlässt die Lehre eine gewisse Unsicherheit und Unentschlossenheit erkennen. 603 Die Lehre ist sich einzig darin einig, dass sich der entsprechende schuldrechtliche Anspruch der Vorlegungspflicht auf die Rechtsgrundlage in Art. 400 OR stützt. In der Spezialliteratur zum Arztvertragsrecht wird überdies angeführt, dass sich ein entsprechendes Auskunftsrecht, auch gestützt auf die datenschutzrechtliche Gesetzgebung, ergibt. 604 Nachfolgend wird Stellung zur schuldrechtlichen Vorlegungspflicht genommen; eine Stellungnahme zum datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch wird gesondert in einem separaten Kapitel erfolgen. 605

3.3.4.2.2 Stellungnahme Gestützt auf die Lehrmeinungen zum schuldrechtlichen Vorlegungsanspruch ist im Ergebnis festzuhalten, dass dadurch jene Information, die grundsätzlich unter dem Rechtstitel der eigentlichen Ablieferungsobligation zurückbehalten werden kann, unter einem weiteren Rechtstitel dem Auftraggeber zu vermitteln ist. Verdeutlicht werden kann diese Situation anhand der rechtlichen Behandlung der Krankengeschichte: Die Lehre verneint eine Herausgabepflicht der Krankengeschichte, bejaht aber eine umfassende Vorlegungspflicht der gesamten Dokumentation.

Wie einleitend angemerkt worden ist, kann aber aus der Optik des Informationsrechtes einzig entscheidend sein, ob der Patient an sich ein Recht auf die Information in der Form der Dokumentation hat oder nicht, weshalb diese Frage unabhängig von einem 599 Hofstetter, 2000, 120. 600 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.4. 601 BasK-Weber, Art. 400 N 13; Werro, Commentaire, Art. 400 N 15 (i.f.). 602 BK-Fellmann, Art. 400 N 136 i.f. Für den Fall der Einsicht in die Krankengeschichte:

Müller, 148. 603 Allgemeine Vorlegungspflicht: BK-Fellmann, Art. 400 N 136 i.f.; Derendinger, N 146;

Hofstetter, 2000, 120; Testa, 38 (bezogen auf den Anwaltsvertrag). Vorlegungspflicht nur bezogen auf den Arztvertrag: BK-Gautschi, Art. 400 N 7b und wohl auch BasK-Weber, Art. 400 N 12 i.f.

604 Müller, 148; Wiegand, Aufklärungspflicht, 200. 605 Siehe dazu Kapitel 3.4.4.

Page 173: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 127 -

konkreten Rechtstitel zu beantworten ist. Es kann nur darauf ankommen, ob Information gewährt wird oder nicht. Auf eine Unterscheidung von verschiedenen materiellen Rechtsansprüchen (Ablieferungsobligation, Rechenschaftspflicht, Vorlegungspflicht) kann es dabei gerade nicht ankommen. Diese Konsequenz im Informationsrecht findet sich etwa in der Lehre zum deutschen Berufsrecht der Anwälte, wo festgehalten wird, dass die Kriterien, die eine Herausgabepflicht bezüglich bestimmter Gegenstände (auch materialisierter Information) verbieten, auch im Rahmen der Rechenschaftspflicht zur Geltung gelangen können im Umfang, wie diese Argumente greifen können. 606 Übertragen auf die sich hier stellende Frage ist eine Vorlegungspflicht zu verweigern, soweit die Argumentation für die Anerkennung der sog. Handakten auch weiter Geltung beanspruchen kann. 607 Es ist deshalb in materieller Hinsicht nicht überzeugend, dass eine Wertentscheidung (für die Privatsphäre) im Bereich der Ablieferungsobligation, welche im Rahmen der Definition der sog. Handakten entwickelt wurde, bei der Betrachtung von weiteren Pflichten des Beauftragten (wie einer Rechenschafts- oder einer Vorlegungspflicht) nicht konsequent durchgehalten wird. Dies ist für das schweizerische Mandatsrecht deshalb besonders störend, da als Rechtsgrundlage einer Vorlegungspflicht einzig Art. 400 OR genannt wird und die Systematik der schweizerischen Gesetzgebung einen inneren Zusammenhang zwischen einer Ablieferungsobligation und einer Rechenschaftspflicht gerade besonders zum Ausdruck bringt. 608

Die Frage, ob der Herausgabeanspruch durch andere (resp. weiter gehende) Pflichten überlagert werden kann, beantwortet auch ein Entscheid des Bundesgerichts, welcher sich in genereller Weise mit dem Verhältnis verschiedener Informationsansprüche befasste: �Dies ergibt einen Vorbehalt in dem Sinne, dass interne Dokumente der Beklagten zum Vornherein von allen andern zu unterscheiden und von der Vorlegungspflicht auszunehmen sind. (...) Es geht daher nicht an, auch die Edition von bankinternen Dokumenten wie Gesprächs- und Aktennotizen, interne Entwürfe 609 und dgl. zu fordern.� 610 In diesem Entscheid verneint das Bundesgericht ein 606 Deutlich etwa Feuerich/Braun, § 44 Rdnr. 27 i.f. (unter Hinweis auf Feuerich/Braun, § 44

Rdnr. 24 und 25 sowie auf BGHZ 109, 260ff.). 607 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.4. 608 Siehe dazu Kapitel 2.8 und 3.3.2. 609 Das OGer ZH hatte in seinem auf eine bundesgerichtliche �Korrektur� gestützten, neuen

Entscheid auch allgemein interne Vertragsentwürfe zu diesen reinen internen Dokumenten geschlagen (ZR 80 Nr. 24 E. 6).

610 BGE vom 17. 6. 1980, in: ZR 80 Nr. 24 E. 3a. In einem Urteil (staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid ZR 93 Nr. 7 E. VIII.3 und XII) vom 30.4.1993 wurde diese Rechtsprechung bestätigt.

Page 174: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 128 -

Informationszugangsrecht ungeachtet der Tatsache, welches konkrete Informationsrecht gerade geltend gemacht wird. Das Bundesgericht scheidet in seiner Argumentation sog. Interna aus, welche sich gemeinsam dadurch auszeichnen, dass es interne Akten sind und damit generell vom Einblick durch den Auftraggeber ausgenommen sein sollen. Entscheidend ist nach der Grundaussage dieses Urteils, dass diese Interna für die andere Vertragspartei an sich nicht zugänglich sein sollen, weshalb in den hier betrachteten Konstellationen die entsprechende Information per se nicht zum Auftraggeber fliessen soll. Damit wird ein Konzept formuliert, wodurch ein definierter Bereich an �Information an sich� vor Informationsrechten geschützt wird. Es ist damit insbesondere nicht notwendig oder möglich, einen einzelnen Informationstitel (wie zum Beispiel eine Vorlegungspflicht) dahin auszulegen, ob ein Informationseinsichtsrecht besteht oder nicht. Es ist diese konzeptionelle Grundlage, welche mit den weiteren Ergebnissen der vorliegenden Arbeit übereinstimmt: Nur durch diese Sichtweise wird einer generellen Regelungsidee entsprochen, welche im Rahmen der Ablieferungsobligation hinter dem Konzept der sog. Handakten erscheint. 611 Weiter deckt sich diese Sichtweise auch mit den Ergebnissen der datenschutzrechtlichen Untersuchung der Informationsordnung im Mandatsvertrag, wonach auf der Grundlage einer Abwägung der Persönlichkeitssphären der beiden Vertragsparteien (Interessenabwägung) ein Eigenbereich des Beauftragten anzuerkennen ist, welcher sich gerade durch das Freisein von Informationsrechten auszeichnet. Auch auf diese Querverbindungen gestützt, ist deshalb anzuerkennen, dass einzig die Negierung einer weitergehenden Vorlegungspflicht mit den weiteren Erkenntnissen der vorliegenden Arbeit übereinstimmt und im Übrigen die Interessenabwägung respektiert wird, welche insbesondere das Datenschutzrecht vorgibt. 612

Nach der hier vertretenen Auffassung endet, gestützt auf die vorangehenden Überlegungen, die Vorlegungspflicht gegenüber dem Auftraggeber dort, wo insbesondere auch die Herausgabepflicht verneint wird. Deshalb kann, gestützt auf eine Rechenschaftspflicht, ebenfalls keine Vorlegungspflicht begründet werden. Diese Ausführungen führen damit zum Ergebnis, dass nach der hier vertretenen Auffassung grundsätzlich keine eigentliche Vorlegungspflicht betreffend die bestehende Dokumentation anerkannt werden kann.

611 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.4. 612 Siehe dazu Kapitel 3.4.3.

Page 175: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 129 -

Nachdem in diesem Kapitel dargestellt worden ist, dass die entsprechenden Informationen grundsätzlich keiner Vorlegungspflicht unterliegen, sind nachfolgend folgende weitere Präzisierungen vorzunehmen:

(1) Es wurde im Zusammenhang mit der Darstellung der Dokumentationspflicht herausgearbeitet, dass verschiedene Bereiche zu dokumentieren sind. Nach der hier vertretenen Auffassung besteht keine Vorlegungspflicht bezüglich jener Elemente der Dokumentationspflicht, welche die Bereiche �Sachverhalt� 613 und �Handlungen� beschreiben. 614 Demgegenüber ist eine entsprechende Vorlegungspflicht bezüglich des Bereiches der Dokumentationspflicht zu bejahen, welcher sich mit der Aufklärung des Auftraggebers befasst: Dieser Teil der Dokumentationspflicht ist individuell auf die Person des Auftraggebers bezogen, und es handelt sich insbesondere deswegen in diesem Bereich auch nicht um eine eigentliche Berichtspflicht, welche die Interessenwahrung an der Auftragsabwicklung betrifft. 615

(2) Obwohl nach der hier vertretenen Meinung keine Vorlegungspflicht (und damit auch keine Rechenschaftspflicht) bezüglich jener Elemente der Dokumentationspflicht besteht, welche sich mit den Bereichen �Sachverhalt� und �Handlungen� befassen, bedeutet dies selbstredend nicht, dass der Auftraggeber auf diese Informationen keinen Anspruch hat. Der entsprechende Anspruch auf dieses interne Dokument �Krankengeschichte� wird jedoch nicht durch eine Ablieferungsobligation, eine Rechenschaftspflicht oder eine Vorlegungspflicht gesichert, weshalb auf das Dokument an sich kein Anspruch besteht. Der entsprechende Anspruch auf einzelne Informationen ergibt sich allerdings aus dem Bestand und dem Umfang einer entsprechenden Aufklärungspflicht. 616 Damit ist dieser Anspruch auf Information jeweils abhängig vom konkreten Mandanten und von der konkreten Situation und es ist an der Person des Auftragnehmers zu entscheiden, über welche Umstände etc. er aufklären und beraten will. Damit bestimmt sich der Inhalt der Pflicht in einem konkreten Fall, weshalb keine allgemeinen Aussagen gemacht werden können. 617 Auf diese Weise wird der Tatsache entsprochen, dass es sich bei der Dokumentation um

613 Werro, Commentaire, Art. 400 N 15, will die Eintragungen in der Krankengeschichte,

welche im Zusammenhang mit der Anamnese stehen, von der Ablieferungsobligation ausnehmen.

614 Siehe dazu Kapitel 3.2.3.3.3. 615 Dazu spezifisch: Kapitel 3.2.3.3. 616 In diesem Sinne auch Werro, Commentaire, Art. 400 N 14 i.V.m. Art. 398 N 17. 617 Es kann an dieser Stelle auf die umfangreiche Literatur zur Aufklärungspflicht verwiesen

werden.

Page 176: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 130 -

ein internes Dokument handelt, welches als Bestandteil der sog. Handakten auch nicht der Herausgabeobligation unterliegt. 618 Aufgrund dieses Ansatzes kann der Anwendungsbereich der Informationspflichten �Rechenschaftspflicht� und �Aufklärungspflicht� deutlich unterschieden werden. 619

(3) Es ist bereits an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass sich eine mittelbare resp. indirekte Vorlegungspflicht auch bezüglich der Bereiche der Dokumentationspflicht ergeben kann, welche die Elemente �Sachverhalt� und �Handlungen� abdecken. Eine gewisse Offenlegung der entsprechenden Informationen (nicht der Dokumentation!) ergibt sich allerdings aus den Anforderungen aus der Pflicht zur Rechnungsstellung, welche an anderer Stelle ausführlich dargestellt wird. 620 Selbstredend erfolgt die Offenlegung (Vorlegung) jedoch nur in dem Ausmass, wie es die Pflicht zur Rechnungsstellung erfordert. In dieser Hinsicht ist auf folgende Besonderheit hinzuweisen: Im Zusammenhang mit der Rechnungsstellung gegenüber den Krankenversicherungseinrichtungen (und damit auch gegenüber dem Patienten) kann u.U. die Notwendigkeit bestehen, gegebenenfalls die einzelnen Therapiepunkte aufgrund der Diagnose zu begründen. 621 Die Diagnose und die dabei verordnete Therapieform wird wichtig sein, um die Effektivität der angeordneten Massnahme belegen zu können. In diesem Zusammenhang hat der Leistungserbringer sowohl die einzelne Leistung als auch den Zusammenhang resp. die Notwendigkeit der einzelnen Leistung zu belegen, will er die Forderung durchsetzen können. In entsprechendem Umfang fliessen die Informationen aus der Dokumentation im Rahmen der Pflicht zur Rechnungsstellung an den Auftraggeber. Aufgrund solcher spezifischen Regelungen � wie hier aus dem KVG � besteht die Möglichkeit, dass im Rahmen der Rechnungsstellung zahlreiche Informationen aus der Krankengeschichte (oder allgemeiner aus der Dokumentation über den Auftrag) offengelegt werden müssen, da hierdurch die allgemeine auftragsrechtliche Grundregelung durch eine spezifische Verpflichtung überlagert wird. Zentral ist jedoch der Hinweis, dass diese Rechtslage, welche sich aufgrund von Normen aus Spezialgesetzen ergibt, nicht verallgemeinert werden kann.

618 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.4. 619 So auch die Forderung von Werro, Commentaire, Art. 398 N 17 i.f. 620 Siehe dazu Kapitel 3.7.3. 621 Siehe dazu Kapitel 3.2.3.3.3.

Page 177: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 131 -

3.3.4.3 Adressatenspezifische Vorlegungspflicht In den vorangegangenen Abschnitten wurden der Bestand, der Gegenstand und die grundsätzlichen Schranken einer Dokumentationspflicht sowie das Verhältnis zu einer auftragsrechtlichen Vorlegungspflicht dargestellt. 622 Grundlegende Erkenntnis war, dass sich eine Dokumentationspflicht des Beauftragten und ein Informationsrecht (insbesondere Vorlegungspflicht) des Auftraggebers hinsichtlich wesentlicher Teile der Dokumentation nicht entsprechen. 623 Die Pflicht des Beauftragten und das Recht des Auftraggebers bestimmen sich grundsätzlich je unabhängig voneinander. Wie wird nun aber in dieser Rechtslage dem Interessenwahrungsgrundsatz im Auftragsrecht entsprochen?

Bei der Beantwortung dieser Frage ist ein Entscheid der Aufsichtskommission der Zürcher Rechtsanwälte von besonderer Bedeutung, welcher festgehalten hatte, dass Notizen und Materialsammlungen von der allgemeinen Herausgabepflicht nach Art. 400 OR ausgenommen sind, jedoch im konkreten Fall nach einem Anwaltswechsel der nachfolgenden Anwältin Einsicht in die Notizen und die Materialsammlung des ersten Anwaltes zu gewähren ist. 624 Auch wenn dieser Entscheid gewisse datenschutzrechtliche Fragen nach dem Eigenbereich des ersten Anwalts aufwirft 625, ist dem Urteil und damit der darin vertretenen Grundkonzeption zuzustimmen: Die im vorangehenden Abschnitt dargestellte Rechtslage der Informationsverweigerung gegenüber dem Auftraggeber wird im Gegensatz dazu gegenüber einem nachfolgenden Beauftragten nicht anerkannt. Rechtsvergleichend kann auch auf die (allerdings überholte) deutsche Rechtsprechung im Arztrecht hingewiesen werden: �Zunächst war dem Patienten das Recht zugestanden worden, die Herausgabe der Krankenunterlagen an den nachbehandelnden Arzt zu verlangen.� 626

Aus den folgenden Überlegungen ist dieser Ansatz jedoch sachlich richtig und rechtlich möglich: Bei richtiger Betrachtung will der Interessenwahrungsgrundsatz als grundlegendes Wesensmerkmal des Auftragsrechts die Ausführungsobligation als

622 Siehe dazu Kapitel 3.2 und 3.3.4. 623 Anspruch auf die Informationen in der Dokumentation bestehen nur im Bereich

�Aufklärung�: Siehe dazu Kapitel 3.2.3.3.4 und 3.3.4.3. 624 AKE 980667 vom 3.12.1998. 625 Siehe dazu Kapitel 3.4.4.2.3. 626 Deutsch/Spickhoff, Rz. 466 (mit Hinweisen auf die frühere Lehre und Rechtsprechung).

Es ist darauf hinzuweisen, dass diese Praxis aufgegeben wurde, weil nach heute geltendem Recht im Praxisübernahmevertrag nicht einfach die Übergabe der Behandlungsunterlagen vereinbart werden kann.

Page 178: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 132 -

solche sicherstellen. Damit orientiert sich dieser Grundsatz nicht an der Person des Auftraggebers, sondern �am Auftrag� als solchem. 627 Vor diesem Hintergrund entspricht es gerade der Wirkungsweise des Interessenwahrungsgrundsatzes, wenn eine Informationsordnung sicherstellen will, dass zwischen dem ersten und dem nachfolgenden Beauftragten ein Informationsfluss besteht. Damit ist einer Konzeption zuzustimmen, die aufgrund einer adressatenspezifischen Informationszuteilung gerade diesen Informationskanal fokussiert. Richtig ist deshalb nach der hier vertretenen Auffassung, dass das �Einblicksrecht� des nachfolgenden Berufskollegen weiter als dasjenige des Mandanten reicht. 628 Es ist gerade diese Regelung, durch welche die Dokumentationspflicht ihren eigentlichen Zweck vollständig verwirklichen kann: Im Zentrum der Dokumentationspflicht steht der Gedanke der Rekonstruierbarkeit der bisherigen Tätigkeit. 629 Aufgrund des hier dargestellten adressatenspezifischen Informationszugangsrechts steht diese Information gerade derjenigen Person zu, welche als neuer Beauftragter mit der allgemeinen Interessenwahrung erneut und unmittelbar betraut ist. 630 Die so verstandene Dokumentationspflicht resp. Vorlegungspflicht soll damit sicherstellen, dass ein Auftrag in andere Hände übertragen werden kann, ohne dass der Auftraggeber Nachteile zu erleiden hat. Bei der Auftragsausführung sollen damit etwa Zeitverzögerung, Doppelspurigkeiten und dadurch allenfalls realisierte (finanzielle) Schäden etc. vermieden werden. Damit realisiert diese Vorlegungspflicht die Interessenwahrungspflicht des Beauftragten konsequent und effektiv, da nach diesem Konzept der Zweck der Dokumentationspflicht bezüglich jener Person 631 verwirklicht wird, welcher die neue Interessenwahrungspflicht obliegt. Nach dieser Konzeption gelangt die Information ohne Qualitätsverlust zum nachfolgend Beauftragten, weil eine Vorlegungspflicht eines Fachmanns gegenüber einem anderen Fachmann besteht. Es entspricht dabei gerade auch einer Erfahrung in der Praxis, dass mit dieser Art des Informationskurzschlusses die Interessenwahrung auf hohem Niveau sichergestellt werden kann. 632 Es ist damit auch gerade eine Konzeption, welche einen Auftraggeber 627 Siehe dazu Kapitel 1.3.1 und 3.7.1. 628 Die Verteilungskriterien bei Informationen können nach Empfänger variieren: Druey,

Information als Gegenstand, 162 und 295ff. 629 Siehe dazu Kapitel 3.2.2 und 3.2.3. 630 Siehe dazu ZR 44 Nr. 160, E. 4: Als eigentliche Grundlage der Dokumentationspflicht

wurde ausdrücklich § 6 der Verordnung über die Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit vom 23.11.1933 bezeichnet, wobei festgehalten worden ist, dass �die allgemeine ärztliche Sorgfaltspflicht des Zahnarztes u. U. eine umfangreichere Krankengeschichte verlangt.�

631 Des neuen Beauftragten. 632 Zum Interessenschutz des ersten Beauftragten: Siehe dazu Kapitel 3.7.1 und 3.4.4.2.3.

Page 179: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 133 -

in der tatsächlichen Möglichkeit der Wahrnehmung seines Kündigungsrechts gemäss Art. 404 OR unterstützt, da eine entsprechende Informationsordnung die Abhängigkeit vom ersten Beauftragten verringert.

Die dargelegte Informationsordnung entspricht einem Regelungsgedanken, welcher bereits in einem alten Gerichtsentscheid wiedergegeben ist: �[Für den unerlässlichen Inhalt der Krankengeschichte] muss gelten, dass in diesem Dokument alles niedergelegt ist, was in späterer Zeit dem behandelnden Arzt resp. Zahnarzt oder einem anderen Fachmann die verstandesmässige Rekonstruktion des Krankheitsfalles einwandfrei wieder möglich macht.� 633 Entscheidend ist, dass hierbei die Vorlegungspflicht einer entsprechenden Dokumentation dem nachbehandelnden Berufskollegen oder einem weiteren Spezialisten zugesprochen wurde, wogegen der Patient als Vertragspartei des Arztes nicht einmal Erwähnung fand. 634 Demgegenüber ist in der Lehre und Rechtsprechung die deutliche Tendenz feststellbar, dass dem Patienten ein umfassendes Informationsrecht zugestanden wird. Dabei wird jeweils keine Unterscheidung zwischen einer Dokumentationspflicht und einer Vorlegungspflicht getroffen: �Soweit der Arzt zur Führung von Krankenunterlagen auftragsrechtlich verpflichtet ist, hat der Patient (...) ein Recht darauf, sie zu kennen.� 635 Die Rechtsprechung hat es im Zusammenhang mit einem Fall über Röntgenbilder abgelehnt, die Frage der Interessenwahrung überhaupt zu untersuchen, obwohl der beklagte Zahnarzt geltend machte, dass er all seine Pflichten mit der Weitergabe der Bilder an seinen Berufskollegen erfüllt habe. 636

Diese Gleichschaltung von Dokumentationspflicht und Vorlegungspflicht ist auch im Bereich des öffentlich-rechtlichen Arztrechts deutlich zu erkennen, wobei hier entsprechende gesetzliche Regelungen auch keine anderen Auslegungsmöglichkeiten

633 ZR 44 Nr. 160 E. 4 und 5 kann als Grundsatzentscheid für die Dokumentationspflicht des

Arztes bezeichnet werden. 634 Die dargestellte Informationsordnung findet ihre Entsprechung in der Inhaltsbestimmung

der Dokumentationspflicht: Die Aufzeichnungen, gestützt auf die Dokumentationspflicht, müssen einzig einem abstrakten Massstab genügen, weshalb es einen objektiven und notwendigen Inhalt der Dokumentationspflicht gibt. Es handelt sich um eine eigentliche Berichtspflicht, welche dem Gedanken der Rekonstruierbarkeit und dem Interessenwahrungsgrundsatz genügen muss: Siehe dazu Kapitel 3.2.3.3. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass der Teil �Aufklärung� der Krankengeschichte nicht diesem Massstab folgt, da hier eine eigentliche Aufklärungsleistung zu erbringen ist, welche jeweils individuell und nach den Fähigkeiten etc. des Beauftragten vorzunehmen ist.

635 So besonders deutlich: BJM 1986 202ff., 203 (wonach das Einsichtsrecht einzig durch das Interesse des Patienten selbst eingeschränkt wird).

636 ZR 85 Nr. 57 E. 7a.

Page 180: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 134 -

zulassen.637 Es kann dabei jeweils festgestellt werden, dass sowohl die Beschreibung der Dokumentationspflicht als auch die Beschreibung des Vorlegungs- resp. Einsichtsrechts umfassend sind. Da im Gegensatz zur Situation in den öffentlich-rechtlichen Spezialgesetzgebungen im Bereich des Auftragsrechts eine Auslegungsmöglichkeit besteht, kann der Ansicht nicht gefolgt werden, dass die Normen des öffentlichen Rechts blosse Abbildungen der schuldrechtlichen Pflichtenlage sind. 638 Darüber darf auch die entsprechende Lehre 639 und Rechtsprechung 640 nicht hinwegtäuschen. Aufgrund der jeweils klar zu unterscheidenden Rechtsgrundlagen kann auch aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nichts abgeleitet werden, weshalb die Rechtslage im privaten und öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis in ihrer Unterschiedlichkeit anzuerkennen ist.

Aus diesem Grund ist eine Vorlegungspflicht im Auftragsvertrag nur auf den Grundlagen des allgemeinen Schuldrechts zu bestimmen, was die Anerkennung des Konzepts der adressatenspezifischen Informationszuteilung ermöglicht. In diesem Sinne zeigt sich eine Übereinstimmung mit den Erkenntnissen, wie sie im Zusammenhang mit der Behandlung der Ablieferungsobligation (sog. Handakten) 641, des Datenschutzrechts (sog. Arbeitshilfen) 642 und des allgemeinen Interessenwahrungsgrundsatzes 643 erarbeitet worden sind.

637 Vgl. etwa § 14 der Patientenrechtverordnung des Kantons Zürich (Zürcherische

Verordnung über die Rechte und Pflichten des Patienten in staatlichen und vom Staat unterstützten Krankenhäusern) vom 28. 8. 1991, ZGS 813.13:�Der Patient kann Einsicht in die zur Krankengeschichte gehörenden Unterlagen oder Kopien davon verlangen wie (a) Ergebnisse apparativer Untersuchungen wie Röntgenbilder, Laborbefunde, EKG- und EEG-Befunde; (b) Aufzeichnungen über diagnostische, therapeutische und pflegerische Massnahmen; (c) klinischer Status; (d) eigene anamnestische Angaben; (e) Ergebnisse von Testen; (f) Operationsberichte.�

638 So aber ausdrücklich: Wiegand, Aufklärungspflicht, 198f. 639 An Stelle vieler: BK-Fellmann, Art. 400 139f. (mit weiteren Hinweisen). 640 Siehe insbesondere die vorgenannten Entscheide. 641 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.4. 642 Siehe dazu Kapitel 3.4.3. 643 Siehe dazu Kapitel 3.7.1.

Page 181: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 135 -

3.3.5 Fazit Aus der rechtshistorischen Untersuchung wird deutlich, dass es im Bereich der Ablieferungsobligation um die Realisierung und Konkretisierung des Konzepts der Nichtbereicherung im Mandatsrecht geht. Entsprechend zielt die Ablieferungsobligation auf eine Bereinigung der Vermögens- und Sachsphäre zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer ab. Aus dieser Beschränkung auf den sachlichen resp. vermögensrechtlichen Aspekt ergeben sich auch Rückschlüsse auf den Inhalt der Informationspflicht �Rechenschaft� als Rechnungslegungspflicht gemäss Art. 400 Abs. 1 OR.

Aufgrund der Behandlung von Ablieferungspflicht und Rechenschaftspflicht in der Lehre (Rechenschaftspflicht als komplementäres Informationsrecht) ist eine ausführliche Behandlung der Ablieferungsobligation erforderlich. Im Aufbau wurde dabei entsprechend der vorherrschenden Darstellung zwischen den drei klassischen Bereichen der Ablieferungsobligation unterschieden: In den beiden ersten Bereichen der Ablieferungsobligation (Herausgabe des bei der Auftragsausführung Erhaltenen und Erlangten) ergibt sich eine grundsätzlich umfassende Pflicht zur Ablieferung, da das entsprechende Interesse des Auftraggebers an der Fremdnützigkeit des Auftrages und an der Bereinigung der Sphären vollumfassend greifen kann. Entsprechende Ausnahmen ergeben sich nur in engen Bereichen, in denen der Beauftragte etwas auf Veranlassung des Auftraggebers von Dritten erhält oder auf eigene Initiative bei Dritten einholt, sofern gewisse Bedingungen gegeben sind. Zweck der entsprechenden Einschränkungen der Ablieferungsobligation in diesen Bereichen ist die Anerkennung des Eigenbereichs des Auftragnehmers in der Auftragsausführung, wie er sich aus der übrigen Rechtsordnung ergibt.

Bei der Klärung des Verhältnisses von Ablieferungsobligation und Informationspflicht �Rechenschaft� ist der dritte Bereich der Ablieferungsobligation (Herausgabe des bei der Auftragsausführung Geschaffenen) von besonderem Interesse. Ausgangspunkt der entsprechenden Untersuchung ist die konkrete Auseinandersetzung mit der Frage nach der Hauptpflicht des Beauftragten und ihrem Verhältnis zur Ablieferungspflicht. Obwohl in der Praxis Aufträge vorkommen können, bei denen die Ablieferungspflicht die Hauptpflicht ist, gilt für alle Aufträge, dass eine entsprechende Dokumentationspflicht grundsätzlich nicht Hauptpflicht sein kann. Entsprechend der Natur der Ablieferungspflicht als Nebenleistungspflicht ist der entsprechende Inhalt der Pflicht zu bestimmen. Zum einen wurde versucht, eine entsprechende Umschreibung der Ablieferungspflicht anhand der Darstellung von spezifischen Auftragsverträgen

Page 182: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 136 -

vorzunehmen. Die Ausführungen zur Ablieferungsobligation in den verschiedenen Vertragstypen (Anwaltsvertrag, Architektenvertrag, Arztvertrag und Softwareherstellungsvertrag) haben ergeben, dass im eigentlichen Auftragsvertragsrecht eine enge Fokussierung auf die zu liefernde Hauptleistungspflicht besteht. Besonders deutlich wird dies im Bereich des Anwaltsvertrags und des Arztvertrages. Eine weitergehende Informationspflicht stützt sich demgegenüber entweder auf eine entsprechende vertragliche Abrede (Architektenvertrag) oder auf die allgemeine Sorgfalts- und Treuepflicht des Beauftragten gemäss Art. 398 Abs. 2 OR (Softwarevertrag), wobei gerade im letzten Fall die sog. Vergemeinschaftungstendenz eines Vertragsverhältnisses mitberücksichtigt werden muss.

Die entsprechende Darstellung hat ergeben, dass die Erfassung der Ablieferungsobligation im Bereich des �Geschaffenen� (Dritter Bereich der Ablieferungsobligation) im Grundsatz schwierig ist. Es ist deshalb als ein weiterer Ansatz zur Bestimmung der Ablieferungsobligation ein Konzept gesucht worden, welches den weiteren Erkenntnissen aus der vorliegenden Arbeit (insbesondere aus den Bereichen des Datenschutzrechts und des Weisungsrechts) entgegenkommt. In diesem Dritten Bereich der Ablieferungsobligation wurde deshalb das Konzept der sog. Handakten eingeführt, welches sowohl konzeptionell als auch gegenständlich einen Bereich definiert, welcher von der Ablieferungsobligation ausgenommen wird. Sowohl durch die entsprechende generelle als auch spezifisch inhaltliche Umschreibung der sog. Handakten konnte ein klarer Bereich der Akten des Beauftragten definiert werden, welcher nicht der Herausgabepflicht untersteht. Dabei sind gerade die Aufzeichnungen, welche der Beauftragte, gestützt auf die ihm obliegende Dokumentationspflicht, vorzunehmen hat, zu den sog. Handakten zu zählen. Entsprechend sind solche Dokumentationen und die entsprechenden Informationen in diesen Dokumentationen nicht Gegenstand der Herausgabepflicht. Gerade in dieser Hinsicht ist bedeutend, dass zwischen der Herausgabepflicht und den weiteren Verpflichtungen des Beauftragten (namentlich zur Dokumentationspflicht und entsprechender Vorlegungspflichten) zu unterscheiden ist, da die Pflichten jeweils andere resp. eigene Zwecksetzungen verfolgen. Eine Informationspflicht, gestützt auf Art. 400 OR, ergibt sich entsprechend nur und insoweit, als eine konkrete Zuständigkeit (siehe dazu insbesondere die Ausführungen zum Weisungsrecht in Kapitel 3.5 und zum Widerrufsrecht in Kapitel 3.6) oder eine Interessenlage (siehe dazu die Ausführungen zur Abrechnungspflicht in Kapitel 3.7.3) ausgeführt werden kann.

Page 183: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 137 -

Die nachfolgenden Ausführungen zur Rechenschaftspflicht im Sinne einer an die Herausgabepflicht anschliessenden, aber weit gehenden Vorlegungspflicht ergaben, dass ein entsprechender Eigenbereich auch von den weiteren schuldrechtlichen Informationspflichten (Vorlegungspflicht, Recht auf Kopie etc.) zu beachten ist, da insbesondere nur bei dieser Betrachtung von einer eigentlichen Informationsordnung gesprochen werden kann. Im Ergebnis entspricht dies auch den Wertungen des Datenschutzrechts (siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.4). Deshalb kann von einem Bereich im Auftragsrecht gesprochen werden, welcher von materiell-rechtlichen Informationszugangsrechten des Auftraggebers frei ist. Durch die Anerkennung eines adressatenspezifischen Informationsrechts, nach welchem der nachfolgende Beauftragte entsprechende Informationen des vorangehenden Beauftragten einfordern kann, ist das schützenswerte Interesse des Auftraggebers an der Ausführung des Auftrages hinreichend gesichert. Durch dieses Konzept kann dem allgemeinen Interessenwahrungsgrundsatz im Auftragsrecht entsprochen werden, ohne dass die Interessen des Auftraggebers übergangen werden.

Nach der hier vertretenen Auffassung kann der Auftraggeber nur soweit Informationen, gestützt auf eine Informationspflicht �Rechenschaft�, fordern, als diese aus dem Bereich �Aufklärung� der Dokumentation stammen oder aufgrund der Abrechnungspflicht geltend gemacht werden können (siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.7.3).

Page 184: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 138 -

3.4 Datenschutzrechtliche Fragestellungen im schweizerischen Auftragsrecht

3.4.1 Vorbemerkungen In Kapitel 3.2 wurden die Rechtsgrundlagen, der Zweck sowie der Inhalt der Dokumentationspflicht und der sich daraus ergebenden Dokumentation ausführlich dargestellt. Im Anschluss an die ausführliche Darstellung des Gegenstandes der Ablieferungsobligation (Kapitel 3.3.3) und der Vorlegungspflicht (Kapitel 3.3.4) werden nachfolgend verschiedene Fragestellungen im Bereich des Datenschutzrechts untersucht, die in der hier interessierenden Frage der Informationsordnung im Auftragsrecht von Interesse sein können. Die bisherige Untersuchung hat ergeben, dass der Auftraggeber keinen Anspruch auf die Dokumentation anmelden kann, welche aufgrund der Dokumentationspflicht erstellt werden muss (Kapitel 3.2). Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, dass der Beauftragte die Dokumentation gegen die vorgenannten schuldrechtlichen Ansprüche schützen kann.

Auf das Rechtsverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer findet das Datenschutzgesetz grundsätzlich Anwendung (Art. 1 DSG und Art. 2 Abs. 1 DSG). Bei den hier interessierenden Fragestellungen handelt es sich vor allem um die Fragen des Anwendungsbereichs des Datenschutzrechtes (Kapitel 3.4.3) und der datenschutzrechtlichen Informationsordnung im Zusammenhang mit dem Auskunftsanspruch des Datenschutzrechts (Kapitel 3.4.4). Da die Rechtsprechung massgebend im öffentlich-rechtlichen Anwendungsbereich des Datenschutzrechts entwickelt wurde, wird diese auf ihre Übertragbarkeit auf die Situationen im Privatrecht untersucht, soweit es für die hier vorliegende Fragestellung von Bedeutung ist. 644

Beabsichtigt ist, durch die Auseinandersetzung mit dem Anwendungsbereich und dem Institut des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs Erkenntnisse zu erlangen, welche die bisherigen Ergebnisse der Arbeit aus der Darstellung der Dokumentationspflicht (Kapitel 3.2) und der Ablieferungspflicht (Kapitel 3.3) stützen können. Ferner soll dargelegt werden, dass sich die schuldrechtliche und die datenschutzrechtliche Rechtslage entsprechen, weil die jeweiligen Überlegungen und Ergebnisse ineinanderspielen und eine einheitliche Informationsordnung ergeben.

644 Dies ist möglich aufgrund der anerkannten Eigenart des Datenschutzrechts als

�Querschnittsmaterie� (zuletzt BGE 122 I 153ff., E. 2e, i.f.).

Page 185: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 139 -

3.4.2 Begriffe aus dem Datenschutzrecht Einleitend sollen einige zentrale Begriffe des Datenschutzrechts dargestellt werden, die im hier untersuchten Zusammenhang von Interesse sind.

3.4.2.1 Datenschutzrechtlich relevante Daten Der Auftraggeber produziert gemäss seiner mandatsrechtlichen Dokumentationspflicht eine eigentliche Dokumentation. 645 Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen beschränken ihn in dieser Pflicht nur dadurch, dass er die datenschutzrechtlichen Bearbeitungsgrundsätze gemäss Art. 4 DSG zu beachten hat. 646

Das bundesrechtliche DSG verwendet dabei in der überwiegenden Zahl der Fälle den Begriff �Daten� und vermeidet den Begriff �Information�. 647 Die weite Bedeutung dieses Begriffes wird durch folgende Umschreibung in der Lehre deutlich: �Obwohl Sachdaten (also unpersönliche Daten) nicht unter das DSG fallen, werden sie dann zu Personendaten, wenn sie mit einer Person verknüpft werden� 648 �bzw. verknüpfbar sind.� 649 Eine entsprechend weit gefasste Umschreibung findet sich auch in der Rechtsprechung: �Als Personendaten (...) gelten Angaben, die sich auf eine bestimmte oder bestimmbare Person beziehen. Unter Angaben ist jede Art von Information zu verstehen, die auf die Vermittlung oder die Aufbewahrung von Kenntnissen ausgerichtet ist, ungeachtet, ob es sich dabei um eine Tatsachenfeststellung oder um ein Werturteil handelt. (...) Entscheidend für die Qualifikation als Personendaten ist, dass sich die Angaben einer oder mehreren Personen zuordnen lassen.� 650

Aus diesen Umschreibungen in Lehre und Rechtsprechung wird deutlich, dass eine (einmal erstellte 651 ) Dokumentation eines Beauftragten grundsätzlich aus datenschutzrechtlich relevanten Personendaten besteht. Dies rechtfertigt eine Analyse der entsprechenden Dokumentation aus Sicht des Datenschutzrechts.

645 Siehe dazu Kapitel 3.2. 646 Art. 12 und 13 DSG in Verbindung mit Art. 4 DSG. 647 Dennoch kann zumindest im Bereich des Datenschutzes von einer Übereinstimmung der

beiden Begriffe ausgegangen werden (vgl. die Definitionen in Art. 3 DSG). Einzig in Art. 10 Abs. 1 lit. a, Art. 30 und Art. 32 Abs. 4 DSG wird explizit der Begriff �Information� verwendet.

648 Peter, 85. 649 Pedrazzini, Grundlagen, 20; Weber, Querbezüge, 124f. 650 VPB 62 Nr. 57 E. 4. (Eidg. Datenschutzkommission vom 21. 11. 1997). Dabei sind immer

auch die Möglichkeiten der Technik mitzuberücksichtigen. 651 Das Datenschutzrecht verpflichtet den Auftragnehmer nicht zur Erstellung einer

Dokumentation: Siehe dazu Kapitel 3.4.4.1.3.1.

Page 186: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 140 -

3.4.2.2 Begriff �Dokument� im Datenschutzrecht Der Begriff �Dokument� ist in den datenschutzrechtlichen Entscheiden von zentraler Bedeutung, wobei sich Burkert in einer Besprechung von BGE 125 II 225 ff. 652 mit der Relevanz dieses Begriffes einlässlich auseinander gesetzt hat. Nachfolgend soll die zentrale Aussage seiner Analyse wörtlich wiedergegeben werden: �Das Gericht hat eine Überprüfung für jedes der im Streit stehenden Dokumente vorgenommen. Es hat sich aber geweigert, im jeweiligen Dokument abschichtbare Informationseinheiten aufzusuchen und einer weiteren Beurteilung zu unterziehen. Das überrascht: In seiner Entscheidung BGE 119 Ia 71 (79) hatte es noch ein solches Verfahren der Informationstrennung angeregt, es allerdings dem �gewissen Spielraum� (hier des Ermessens) zugewiesen. Bedenklich aber ist die Verweigerung des Gerichts im Blick auf zukünftige Entscheide zu Informationsbegehren, eine Zukunft, die bereits zum Teil Gegenwart ist, denn der Begriff des �Dokuments� verliert im Zeitalter elektronischer oder zumindest informationstechnisch gestützter Verwaltung seine Trennschärfe. (...) und es liegt dann in den Händen derer, die über diese Datenbanken verfügen, aus diesen Informationspartikeln für den jeweiligen Zweck �Dokumente� herzustellen.(...) Bei der Überprüfung der jeweiligen Ausnahmen ist dann eben doch jene Überprüfung nach abschichtbaren Informationseinheiten vorzunehmen. (...) Diese Pflicht der Bewertung nach Informationselementen und nicht die pauschale Bewertung von eher zufälligen Informationsgesamtheiten trifft bereits die erstentscheidende Verwaltung, die ihre Beurteilungen an abschichtbare Informationseinheiten zu orientieren hat.�

Entscheidend für die Zwecke der vorliegenden Arbeit ist, dass die Idee der �abschichtbaren Information� und damit der gezielten Dokumentproduktion gerade im eigentlichen Informationsrecht �Datenschutzrecht� als sachlich richtig und möglich beurteilt wird. 653 Hierdurch wird im Datenschutzrecht die Idee gestützt, dass aus der Information immer auch eine Informationsselektion möglich ist. 654 Daraus ist zu folgern, dass niemand auf den Informationsbestand des Beauftragten an sich einen Anspruch erheben kann. Daher ist auch aus datenschutzrechtlicher Optik zwischen

652 Burkert, 1161f. (Hervorhebungen nur hier). 653 Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang aber auf BGE 129 I 249ff., in welchem das

BGer einen Auskunftsanspruch grundsätzlich ablehnte, weil die fragliche Dokumentation nicht nach Personen erschlossen war. Aufgrund der Besonderheiten des Falles ist dieser Entscheid m.E. nicht verallgemeinerungsfähig. Für eine ausführliche Besprechung des Entscheides: Sutter, 34.

654 Dies wird auch durch die Auslegung von Art. 2, Art. 8 und Art. 9 DSG deutlich.

Page 187: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 141 -

einer Dokumentationspflicht (resp. der entsprechenden Dokumentation) und einem Informationszugangsrecht zu unterscheiden. 655

3.4.3 Anwendungsbereich des Datenschutzrechtes

3.4.3.1 Prozessuale Vorbemerkungen In zwei neueren Entscheiden kommt zum Ausdruck, dass die Bestimmungen über den Anwendungsbereich des Datenschutzgesetzes (Art. 2 DSG) in der Rechtsprechung aus prozessualen Gründen nur eine untergeordnete Rolle spielen: So hat eine betroffene Bundesstelle Art. 2 Abs. 2 lit. a DSG offenbar eine geringe Bedeutung zugemessen, obwohl zumindest einige der herausverlangten Dokumente, gestützt auf diese Bestimmung, hätten zurückbehalten werden können. 656 Wie die bundesgerichtliche Formulierung 657 im Entscheid zeigt, hätte es im konkreten Fall durchaus Raum für eine Diskussion um die Bestimmungen über den Anwendungsbereich gegeben. Das Bundesgericht ist jedoch wegen mangelnder Substanziierung auf die entsprechenden Einwendungen seitens der Bundesstellen nicht eingegangen. Eine vergleichbare Situation zeigt sich in einem Entscheid der Eidgenössischen Datenschutzkommission vom 21.11.1997 658, in welchem die Anwendung der Ausnahmeregelung in Art. 2 Abs. 2 lit. c DSG deshalb versagt wurde, weil deren Anwendbarkeit bloss behauptet, aber nicht genügend einlässlich geltend gemacht worden ist.

Gestützt auf diese Entscheide, ist eine eigentliche Diskussion um die Bestimmungen über den Anwendungsbereich des DSG noch offen, weshalb nachfolgend die entsprechenden Überlegungen für den privatrechtlichen Bereich des Datenschutzgesetzes aufgezeigt werden sollen, soweit es für die Zwecke der vorliegenden Arbeit von Bedeutung ist. 659

655 Dies zeigt sich auch aus dem Regelungsgedanken, welcher in Art. 9 Abs. 1 lit. b DSG

verwirklicht wird: Siehe dazu Kapitel 3.4.4.2.2. 656 BGE 125 II 225ff., E. 2. 657 �Der Beschwerdeführer [EDA] macht nicht geltend, bei den strittigen Akten handle es

sich um interne Notizen zum persönlichen Gebrauch, auf die das Datenschutzgesetz nicht anwendbar ist (...).� (BGE 125 II 225ff., E. 2).

658 VPB 62 Nr. 57 E. 5. 659 Die Einschränkungen gemäss Art. 8 � 10 DSG sind nach hL im Bereich des Privatrechts

nur bedingt wirksam (unter Hinweis auf Art. 8 Abs. 2 lit. a DSG), da �alles� an Information herauszugeben ist. Dazu aber insbesondere die Ausführungen in Kapitel 3.4.4.

Page 188: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 142 -

3.4.3.2 Begriff �interne Akten� und neueres Datenschutzrecht Im allgemeinen Verwaltungsrecht 660 hat sich in der Zeit vor dem Datenschutzgesetz im Bereich des Akteneinsichtsrechts der Begriff �interne Akten� herausgebildet: Es handelt sich dabei um die Bezeichnung jener Aktenbestände, die grundsätzlich von einem Einsichtsrecht ausgenommen sind. In der Rechtsprechung 661 wird dieser Begriff in inhaltlicher Hinsicht wie folgt umschrieben: Unter den �internen Akten� sind �Entwürfe, Anträge, Handakten, Notizen, Mitberichte, Hilfsbelege usw.� 662 zu verstehen. Im Vergleich zum Privatrecht zeigt sich, dass sowohl die gedanklichen Grundlagen 663 (Meinungsbildung als interner Vorgang, welcher frei von Einsicht und Zugriffen sein soll) als auch die einzelnen Gegenstände mit dem Konzept der sog. Handakten im Bereich der Ablieferungsobligation übereinstimmen. 664

Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte hat in einer ausführlichen Stellungnahme 665 die Gelegenheit wahrgenommen, sich zum Verhältnis zwischen dem tradierten, allgemeinen Akteneinsichtsrecht und dem neuen datenschutzrechtlichen Akteneinsichtsrecht zu äussern. Dabei wurde das allgemeine Akteneinsichtsrecht und das Konzept der �internen Akten� stark kritisiert, 666 wobei die bisherige Praxis sogar als möglicherweise verfassungswidrig bezeichnet wurde. 667 Begründet wurde diese Haltung damit, dass Abgrenzungsfragen in der Praxis grosse Mühe bereiten, was im Resultat zu einem eingeschränkten Akteneinsichtsrecht führe, da viele Akten als intern bezeichnet würden. 668 Im Ergebnis wird das Konzept der �internen Akten� durch das

660 Art. 4 aBV, Art. 8 BV und allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetze. 661 BGE 125 II 473ff., E. 4a (gestützt auf BGE 122 I 153ff., E. 6a i.f.; BGE 117 Ia 90ff., E.

5b; BGE 115 V 297ff., E. 2g/aa; BGE 113 Ia 286ff., E. 2d); VPB 64 Nr. 105 E. 2a (Rat der Eidgenössischen Technischen Hochschule betreffend einer Kündigung); ZBl 1998 527ff. E. 1a (VwGer AG betreffend Submissionsrecht � Keine Einsicht in Konkurrenzofferten).

662 BGE 125 II 473ff., E. 4a. 663 Siehe dazu BGE 122 I 153ff., E. 6a: �Mit der Einschränkung des Akteneinsichtsrechts soll

verhindert werden, dass die ganze Meinungsbildung (...) ausgebreitet wird.� 664 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.4. 665 VPB 62 Nr. 59: Es handelte sich um eine Stellungnahme im Rahmen einer

Aufsichtsbeschwerde beim Bundesamt für Sozialversicherungen gegen die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA).

666 Im erwähnten Entscheid vergleicht der Eidg. Datenschutzbeauftragte diese �internen Akten� mit den Problemstellungen, welche bei sog. �Memofeldern�, �Bemerkungen� oder �Freitexten� auftreten können. Die entsprechende Kritik wurde auch vom BGer übernommen: BGE 125 II 473ff., E. 4c) dd).

667 VPB 62 Nr. 59 E. 2.3. und 4.1. [Fazit]. 668 VPB 62 Nr. 59 E. 2.2. und 3.4.

Page 189: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 143 -

Datenschutzrecht infrage gestellt 669 , da im Anwendungsbereich des neuen Datenschutzrechts die Unterscheidung �interne/externe Akten� als unzulässig betrachtet wird: �Eine generelle Verweigerung der Einsicht in interne Akten ist mit dem Grundrecht der persönlichen Freiheit nicht vereinbar. Sie verletzt das im DSG statuierte Auskunftsrecht.� 670 In gewisser Hinsicht wird diese Ansicht jedoch durch einen Entscheid der Datenschutzkommission relativiert, in welchem die Unterscheidung zwischen internen und externen Akten akzeptiert und ein Einsichtsrecht in die internen Akten mit folgender Überlegung verneint wurde: �Eine Bekanntgabe solcher Akten während einem hängigen Verfahren würde die unabhängige Meinungsbildung der Verwaltung in empfindlicher Weise stören.� 671

In diesen Stellungnahmen wird ersichtlich, dass das Konzept der �internen Akten� im öffentlich-rechtlichen Anwendungsbereich des neuen Datenschutzgesetzes kritisiert oder gar negiert wird. Zu beachten ist dabei, dass jeweils die Frage der Entscheiderheblichkeit von Akteninformationen für Verfügungen von Hoheitsträgern zu beantworten war. 672 Hierbei ist deutlich eine Tendenz festzustellen, im Unterordnungsverhältnis Staat � Individuum das Einsichtsrecht des Individuums vor dem Hintergrund des Datenschutzgesetzes als Konkretisierung des Persönlichkeitsschutzes grosszügiger auszugestalten. Zudem ist bezüglich der aufgeführten Entscheide der Hintergrund zu beachten, dass die jeweiligen Verfügungsakte (grundsätzlich) rechtlich anfechtbar sind, weshalb eine möglichst vollständige Öffnung der Entscheidungsgrundlagen angestrebt werden soll. Damit wirken sich hier das Rechtsschutzinteresse und die Begründungspflicht verwaltungsrechtlicher Akte zu Gunsten eines Informationsrechts des Individuums aus. Es ist jedoch für den privatrechtlichen Anwendungsbereich des Datenschutzrechtes (resp. des DSG) und für die Sachverhalte, die in dieser Arbeit zu

669 VPB 62 Nr. 59 E. 3.1: �Selbst wenn man davon ausginge, dass es sich vorliegend um

interne Akten handeln würde, müsste untersucht werden, ob nicht dennoch das Auskunftsrecht nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 19. 6.1992 über den Datenschutz geltend gemacht werden könnte.�

670 VPB 62 Nr. 59 E. 4.2: Grund dafür ist, dass das Einsichtsrecht auch im Persönlichkeitsrecht begründet ist: E. 1.3. In der Stellungnahme wird das Ergebnis alternativ weiter damit begründet, dass im Auskunftsrecht nach Art. 8 DSG das �bedeutendste Institut des Datenschutzgesetzes� und das �Herzstück der ganzen Vorlage� zu sehen ist (VPB 62 Nr. 59 E. 3.2.), was Einschränkungen offenbar nicht zulasse (unter dem Hinweis auf den Wortlaut �alles� in Art. 8 Abs. 2 lit. a DSG).

671 Der Entscheid ist wiedergegeben und kommentiert bei Uttinger, 539. 672 BGE 125 II 473ff., E. 4c) cc) :Verfügung der SUVA; BGE 121 I 225 E. 2a: Akteneinsicht

betr. einer Anwaltsprüfung; VPB 64 Nr. 105 E.2a: Beurteilung einer Kündigung. BGE 127 V 219ff., E. 2: Auskunftsrecht beinhaltet auch das Recht auf eine Kopie des medizinischen Gutachtens, welches die IV erstellen liess.

Page 190: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 144 -

untersuchen sind, zu beachten, dass keines der angeführten Sachelemente auf die privatrechtliche Rechtsbeziehung Auftragnehmer � Auftraggeber zutrifft: So handelt es sich beim Auftragsverhältnis gerade typischerweise nicht um ein Unterordnungsverhältnis der beteiligten Personen, sondern es stehen sich gleichgestellte Vertragsparteien gegenüber. Das Kriterium der Entscheiderheblichkeit von Information ist damit ein Argument, welches in der privatrechtlichen Beziehung so keine Entsprechung findet, da die Meinungsbildung unter Privaten grundsätzlich Privat- und damit Geheimsache ist. 673 Auch die Frage des nachgeschalteten Rechtsschutzes ist im Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ohne Bedeutung. Daraus folgt, dass die Argumente, die im öffentlich-rechtlichen Anwendungsbereich des DSG für eine Erweiterung der informationsrechtlichen Pflichtenlage angeführt werden, im hier relevanten privatrechtlichen Anwendungsbereich des DSG ins Leere stossen. Damit ist im privatrechtlichen Anwendungsbereich nach der hier vertretenen Auffassung die Informationsrechtsordnung autonom durch Auslegung der jeweiligen Bestimmungen des DSG zu bestimmen, was nachfolgend vorgenommen werden soll.

3.4.3.3 Art. 2 Abs. 2 lit. a DSG: �Notizen�, �Arbeitshilfen� und �Gedächtnisstützen�

3.4.3.3.1 Regelungsgedanke Im privatrechtlichen Anwendungsbereich des Datenschutzgesetzes ist folgende Aussage in der Botschaft als Ausgangspunkt zu nehmen: �Auch Notizen, die jemand zwar in Ausübung seines Berufes, aber nur als Arbeitshilfe zum persönlichen Gebrauch macht, etwa zur Gedächtnisstütze, fallen nicht unter das Gesetz." 674 Der Regelungsgedanke hinter dieser Ausnahmebestimmung ist der Schutz des �engsten Persönlichkeitsbereiches der Daten bearbeitenden Person selbst.� 675 In diesem Sinne ist es unerheblich, ob Daten aufgrund von Gegebenheiten aus dem Privatleben oder aber im Zusammenhang mit dem Berufsleben angefallen sind 676: Es wird allgemein

673 Dies wird bereits dadurch belegt, dass nach schweizerischer Rechtsauffassung bei

Kündigungen und bei Widerruf im Auftragsvertrag grundsätzlich keine Begründungspflicht besteht. Die Verweigerung von Begründungen kann allenfalls zu finanziellen Folgen führen (bspw. Art. 337 OR: ausserordentliche Kündigung; bspw. Art. 404 OR: Beendigung des Auftrages), was aber nichts an der Tatsache ändert, dass die Information verweigert werden kann.

674 BBl 1988 II 441. Die Botschaft stützt sich stark auf den Bericht zum EDSG-83 [S. 82ff.], was auch im Bereich von Art. 2 Abs. 2 lit. a DSG der Fall ist. Art. 2 Abs. 2 lit. a EDSG des Entwurfes in der Botschaft deckt sich inhaltlich mit Art. 2 Abs. 2 lit. a EDSG-83.

675 BBl 1988 II 441. 676 So im Ergebnis auch die Botschaft in BBl 1988 II 441.

Page 191: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 145 -

ein Bereich von Informationen beschrieben, welchem eine spezielle Behandlung zugestanden wird, gerade weil diese Informationen einen engen (resp. engeren) Bezug zu der Daten bearbeitenden Person aufweisen. Der hier niedergelegte Regelungsgedanke führt dazu, dass ein Informationsanspruch der Vertragspartei datenschutzrechtlich dort keine Beachtung findet, wo dieser �Kern- oder Eigenbereich� des Auftragnehmers betroffen ist. Damit endet das Informationsrecht des Auftraggebers dort, wo das Persönlichkeitsrecht (und damit das Datenschutzrecht) des Auftragnehmers seinen Eigenbereich statuiert. �Solche Datenbearbeitungen liegen gleichsam jenseits des Rechts. Hier kann von einer Daten bearbeitenden Person keine rechtliche Verantwortung verlangt werden.� 677

Gemäss Wortlaut in Art. 2 Abs. 1 lit. a DSG ist das Gesetz gemäss einer ersten Voraussetzung nicht anwendbar auf Personendaten, welche zum persönlichen Gebrauch bearbeitet werden. Vor dem oben dargestellten Hintergrund ist danach zu entscheiden, durch welche Eigenschaft sich dieser �persönliche Gebrauch� auszeichnet. Nicht gefolgt werden kann nach der hier vertretenen Meinung der Ansicht, dass die Ausnahmebestimmung nur jenen engen Bereich der sozialen Wirklichkeit beschreiben will, in dem eine sog. symmetrische Informationsverteilung herrscht. 678 Es würde sich dabei v.a. um soziale Beziehungen wie Freundschaften etc. handeln, in denen das Wissen typischerweise auf Gegenseitigkeit beruht. 679 Einer anderen Sichtweise muss bereits entgegengehalten werden, dass im Recht ein Ausgleich eines Informationsgefälles nur punktuell und grundsätzlich nicht gestützt allein auf eben diese Tatsache erfolgt. 680 Auch die Entstehungsgeschichte von Art. 2 Abs. 2 lit. a DSG gibt keine Hinweise auf eine entsprechend enge Sichtweise, welche einer eigentlichen Marginalisierung der Ausnahmebestimmung gleichkommen würde. Mit einer entsprechenden Marginalisierung würde sich geradezu jene Befürchtung im Datenschutzrecht verwirklichen, wonach gerade dieser �Freibereich� dem latenten Risiko seiner Negierung ausgesetzt ist. 681

677 Schweizer, 62f. 678 Diese einschränkende Sichtweise wird von Peter, 114, vertreten, wobei sich der Autor

dabei am deutschen DSG orientiert. 679 So im Ergebnis auch die Botschaft in BBl 1988 II 441. 680 Dazu grundsätzlich Druey, Information als Gegenstand, 200f. (und speziell für die

Aufklärungspflicht: Druey., Information als Gegenstand, 232 inkl. FN 32) sowie Druey, Informationspflichten, 39 (mit zahlreichen Hinweisen in FN 53).

681 Kleiner, 403: Der Bereich von Art. 2 Abs. 2 lit. a DSG wurde von Kleiner als �Freibereich� bezeichnet.

Page 192: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 146 -

Aufgrund des Normtextes ergibt sich, dass es sich zum anderen beim Kriterium der Nichtbekanntgabe an aussen stehende Personen um die zweite Voraussetzung für die Nichtanwendung des Datenschutzgesetzes (und damit der Bestimmung über den Anwendungsbereich gemäss Art. 2 Abs. 2 lit. a DSG) handelt. Es handelt sich beim Erfordernis der Nichtbekanntgabe an aussen stehende Personen um eine Anforderung, welche in den Materialien erst in den parlamentarischen Beratungen des Ständerates belegt ist. 682 Dabei zeigt sich aus den Materialien, dass hier ein Privatbereich als Gegensatz zur Veröffentlichung bezeichnet und umrissen werden sollte. 683 Die entsprechenden Ausführungen im Nationalrat legen eine Unterscheidung zwischen einer aussen stehenden Person (= einer nicht nahe stehenden Person) und einem Dritten nahe. 684 Danach ist � vereinfachend ausgedrückt � nicht jeder Dritte eine aussen stehende Person.

Vor diesem Hintergrund hebelt erst die Bekanntgabe im Sinne einer Veröffentlichung die Ausnahmebestimmung aus, weshalb nur schwer nachvollziehbar wäre, dass die Bekanntgabe innerhalb eines Unternehmens resp. einer Verwaltungsstelle ein den Ausnahmebereich sprengender Vorgang darstellen soll. 685 Insbesondere auch im privatrechtlichen Bereich des Datenschutzrechts muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass auch zwischen einem Dritten und einem �Nahestehenden� unterschieden wird. Im Auftragsrecht besteht die grundsätzliche Pflicht zur persönlichen Ausführung des Auftragsvertrages, was als Ausfluss eines zwischen den Vertragsparteien bestehenden Vertrauensverhältnisses zu begreifen ist. 686 Nur wer in der mandatsrechtlichen Beziehung als �aussen stehende Person� betrachtet werden kann, sprengt den Rahmen der Nichtbekanntgabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. a DSG. Dies muss dazu führen, dass etwa eine Person, welche im Sinne von Art. 68 OR oder Art. 398 Abs. 3 OR vom Beauftragten zur Auftragsausführung beigezogen wird, als �zulässiger� Dritter betrachtet wird. 687 Da hier einzig ein informationsrechtlicher Sachverhalt zu beurteilen ist, ist nicht zwischen einer eigentlichen Substitution und anderen Erfüllungsgehilfen zu unterscheiden. Dementsprechend ist auch nicht danach 682 Amtl. Bull. StR 1990 137 (Antrag der vorberatenden Kommission). 683 Amtl. Bull. StR 1990 137 (rechte Spalte). 684 So auch DSG-Buntschu, Art. 2 N 34. Zur Terminologie im DSG: Peter, 99 (insbes. FN

488). 685 DSG-Buntschu, Art. 2 N 34 i.f.; Peter, 115. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die

Lehrmeinungen in diesem Bereich pauschal ausgefallen sind. 686 An Stelle vieler: BK-Fellmann, Art. 398 N 527 und BK-Weber, Art. 68 N 27f. (je mit

weiteren Hinweisen). 687 Hierzu ausführlich: BK-Fellmann, Art. 398 N 524ff.; BasK-Weber, Art. 398 N 3.

Page 193: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 147 -

zu unterscheiden, ob der beigezogene Dritte derselben oder einer anderen rechtlichen Organisation angehört. Damit wird dem auftragrechtlichen Grundsatz entsprochen, wonach der Auftragnehmer für die Arbeitsorganisation zuständig ist 688 und es auch im Auftragsvertrag grundsätzlich keinen Schutz gibt, dass der Beauftragte die ganze Auftragserledigung persönlich 689 erfüllt. Die hier diskutierte datenschutzrechtliche Bestimmung von Art. 2 Abs. 2 lit. a DSG akzeptiert demnach im Bereich des privatrechtlichen Anwendungsbereichs die vom Auftragnehmer für die Auftragsabwicklung gewählte Organisation. 690

3.4.3.3.2 Inhaltliche Bestimmung eines sog. Eigenbereichs des Auftragnehmers

3.4.3.3.2.1 Keine Dokumentationspflicht Aufgrund datenschutzrechtlicher Normen ist es einer Person freigestellt, eine Datensammlung im datenschutzrechtlichen Sinne tatsächlich zu erstellen oder nicht. In einem Entscheid der Eidg. Datenschutzkommission wurde ein Protokoll über die Entlassung eines Mitarbeiters als zu dessen Personalakte gehörig beurteilt, weswegen er diesbezüglich einen Auskunftsanspruch im Sinne von Art. 8 DSG geltend machen konnte. Es wurde dabei festgehalten, dass ein solches Protokoll wohl typischerweise nur resp. v.a. dort besteht, wo es sich � wie hier im Falle des Eidg. Versicherungsgerichts � um ein Kollegium handelt. Sei aber ein entsprechendes Dokument vorhanden, so werde dieses vom Datenschutzgesetz auch grundsätzlich erfasst. Eine entsprechende Aufzeichnungspflicht ergibt sich aber einzig aus der (öffentlich oder privatrechtlich begründeten) Dokumentationspflicht. 691 Diese Dokumentationspflicht wurde an anderer Stelle im hier interessierenden Zusammenhang als eine schuldrechtliche Pflicht zur Dokumentation dargestellt, welche sich auf verschiedene Rechtsgrundlagen abstützt. 692 Demzufolge kann für die Inhaltsbestimmung grundsätzlich nicht auf die datenschutzrechtlichen Normen zurückgegriffen werden. 693

688 BK-Fellmann, Art. 398 N 527. 689 BasK-Weber, Art. 398 N 3. 690 In diesem Sinne wird also die Organisation als Informationsbewirtschaftung (Druey,

Information als Gegenstand, 295ff.) datenschutzrechtlich anerkannt. 691 So besonders deutlich VPB 62 Nr. 38 E. 3b. 692 Siehe dazu Kapitel 3.2. 693 Einzig die datenschutzrechtlichen Bearbeitungsgrundsätze gemäss Art. 4 DSG sind zu

beachten, wobei die Auswirkungen im untersuchten Bereich von geringer Bedeutung sind. Art. 12 und 13 DSG in Verbindung mit Art. 4 DSG.

Page 194: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 148 -

3.4.3.3.2.2 Inhalt des sog. Eigenbereichs Nachdem in den vorangehenden Abschnitten die Grundlagen erarbeitet wurden, soll in diesem Abschnitt der Eigenbereich des Auftraggebers in inhaltlicher Hinsicht umschrieben werden. Diese inhaltliche Beschreibung des Eigenbereichs ist nicht von vornherein klar. So bekennt etwa Ammann mit entwaffnender Offenheit, dass �[e]s Schwierigkeiten bereitet, für diese Ausnahme ein klares Abgrenzungskriterium zu finden.� 694 Auch Pedrazzini spricht davon, dass es sich bei der Beschreibung des sachlichen Anwendungsbereiches des Datenschutzgesetzes um eine der �schwierigsten Fragen� 695 im Bereich des Datenschutzrechtes handelt, wobei sich ein Freibereich sachlich aufdrängt, �ohne dass eine befriedigende Zäsur gefunden werden konnte.� 696

Zur Inhaltsbestimmung liefert aber der historische Gesetzgeber selbst einen zentralen Orientierungspunkt, da in den Materialien festgehalten ist, dass es sich hier um Notizen, Arbeitspapiere und Gedächtnisstützen handelt. 697 Gemeinsamer Nenner dieser beispielhaften Aufzählung ist, dass es sich um eigentliche Arbeitshilfen handelt, die den Beauftragten bei der Erledigung seines Auftrages unterstützen. Wie ein Vergleich zur Aufzählung im Konzept der �internen Akten� zeigt, ist materiell kein Unterschied zur hier dargestellten datenschutzrechtlichen Umschreibung ersichtlich. 698 Die jeweiligen �Frei- oder Eigenbereiche� decken sich und sind von einem Akteneinsichtsrecht (im Konzept der �internen Akten�) resp. vom datenschutzrechtlichen Anwendungsbereich ausgenommen. Eine Gegenüberstellung zu den Ausführungen im Bereich der sog. Handakten im Rahmen der Ablieferungsobligation zeigt ebenfalls, dass gerade diese eigentlichen Arbeitshilfen von der schuldrechtlichen Herausgabepflicht nicht erfasst werden. 699 Die beiden �Freibereiche� werden jedoch durch eine unterschiedliche Vorgehensweise bestimmt: Im Bereich der Ablieferungsobligation kann der Freibereich aufgrund einer eigentlichen Kasuistik anhand der einzelnen Gegenstände etc. bestimmt werden. Demgegenüber wird im Rahmen von Art. 2 Abs. 2 lit. a DSG der entsprechende

694 Ammann, Datenschutz, 249. 695 Pedrazzini, Ausbau, 318. 696 Pedrazzini, Ausbau, 319. Dieser Autor legte seine ganze Hoffnung in die klärende Kraft

von Präjudizien, die �mit einer guten Dosis bon sens (...) Korn vom Unkraut zu scheiden wissen (...).�

697 BBl 1988 II 441. Die Botschaft stützt sich stark auf den Bericht zum EDSG-83 [S. 82ff.], was auch im Bereich von Art. 2 Abs. 2 lit. a DSG der Fall ist. Art. 2 Abs. 2 lit. a EDSG des Entwurfes in der Botschaft deckt sich inhaltlich mit Art. 2 Abs. 2 lit. a EDSG-83.

698 Siehe dazu Kapitel 3.4. 699 Art. 400 Abs. 1 OR (siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.4).

Page 195: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 149 -

�Freibereich� als das Resultat dargestellt, das sich aus der Abwägung zwischen den Interessen der verschiedenen Parteien an ihrer jeweiligen Privatsphäre ergibt. Demnach ergibt sich bei der Bestimmung des �Freibereichs�, welche aufgrund von datenschutzrechtlichen Grundlagen erfolgt, eine inhaltliche Übereinstimmung mit den Ergebnissen, die sich aus der Behandlung der Ablieferungsobligation resp. der Vorlegungspflicht ergeben haben. 700

3.4.3.3.3 Einfluss des Interessenwahrungsgrundsatzes auf einen Eigenbereich Im Rahmen der Behandlung der Vorlegungspflicht wurde das Konzept der adressatenspezifischen Informationsweitergabe dargestellt. 701 Danach wird eine eigentliche Informationsweitergabepflicht gegenüber dem nachfolgenden Beauftragten, gestützt auf den Grundsatz der Interessenwahrung, festgeschrieben. Nach der hier vertretenen Auffassung behält dieses Konzept auch im Rahmen der datenschutzrechtlichen Bestimmungen Geltung, weshalb der Interessenwahrungsgrundsatz als zentrale Maxime des Mandatsrechts erfordert, dass der Eigenbereich gegenüber einem nachfolgenden Auftragnehmer reduziert ist. Da die entsprechenden Freibereiche jeweils durch eine Interessenabwägung definiert werden, zeigt sich das datenschutzrechtliche Regelwerk in dieser Hinsicht nämlich flexibel und trägt diese �Interessensituation� vollständig mit. Eine Interessenabwägung zwischen dem �alten� Auftragnehmer resp. seinem Eigenbereich und dem �neuen� Auftragnehmer resp. seiner Pflicht zur Interessenwahrung führt dazu, eine entsprechende Informationspflicht zu bejahen. Damit kann eine Dokumentation gegenüber dem Mandanten verweigert werden, wogegen dem nachfolgenden Beauftragten ein weiteres Informationsrecht zuzugestehen ist.

Im privatrechtlichen Anwendungsbereich des Datenschutzrechts geht es aber auch um die Grundfrage der Abgrenzung von Privatsphären, weshalb sich in inhaltlicher Hinsicht die Frage stellt, welche Informationen der (erste) Beauftragte auch dem nachfolgenden Beauftragten vorenthalten kann. In diesem Zusammenhang ist auf ein Entscheid der Aufsichtskommission der Zürcher Rechtsanwälte hinzuweisen, in welchem der nachfolgenden Anwältin nach einem Anwaltswechsel die vollständige Einsicht in die Notizen und die Materialsammlung des ersten Anwaltes zugestanden wurde. 702 Es ist fraglich, ob der Entscheid � der im Übrigen keine

700 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.4. und 3.3.4. 701 Siehe dazu Kapitel 3.3.4.3. 702 AKE 980667 vom 3.12.1998.

Page 196: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 150 -

datenschutzrechtlichen Überlegungen enthält � im Ergebnis richtig ist oder ob er in seiner Absolutheit doch nicht zu weit geht. Bei der Formulierung einer entsprechenden Informationspflicht ist eine klare Grundlage zu nennen, welche die Informationspflicht rechtfertigt. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass aufgrund der bisherigen Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit die entsprechende Grundlage und Rechtfertigung im Schuldrecht und nicht im Datenschutzrecht zu finden ist: Im vorliegenden Zusammenhang geht es zum einen um die Dokumentationspflicht (und damit um den Gedanken der Rekonstruktion) und zum anderen um den mit dieser Dokumentationspflicht verknüpften Interessenwahrungsgrundsatz. 703 Damit bestimmt sich der konkrete Umfang des entsprechenden Informationsrechts nach dem Interessenwahrungsgrundsatz. Die Analyse der schuldrechtlichen Informationslage in der vorliegenden Arbeit hat dabei allerdings ergeben, dass der neue Beauftragte über alle Information verfügen muss, damit er seinen Auftrag erfüllen und die Interessen des Auftraggebers wahrnehmen kann. Es kann in dieser Hinsicht auf die entsprechenden Ausführungen zur adressatenspezifischen Vorlegungspflicht verwiesen werden, wobei aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten zudem auf die Ausführungen im Zusammenhang mit Art. 9 Abs. 3 DSG hinzuweisen ist. 704

3.4.3.4 Art. 2 Abs. 2 lit. c DSG: Vorbehalt der Verfahrensrechte Bei Art. 2 Abs. 2 lit. c DSG handelt es sich um eine weitere Ausnahmebestimmung von der Anwendbarkeit des Datenschutzrechtes. Sie wird damit begründet, dass in hängigen Rechtsverfahren besondere Normwerke zur Anwendung gelangen, welche für die in diesen Situationen relevanten Interessenlagen eine zweckgerechtere Informationsordnung bereitstellen. Es muss jeweils durch Auslegung ermittelt werden, ob ein entsprechendes Verfahren überhaupt vorliegt. 705 Die Interessenabwägung soll daher in diesen Fällen nach den Kriterien der entsprechenden spezielleren Normwerke vorgenommen werden. 706 Dabei sind zwingende Prozessrechtsvorschriften (z.B. geheime Urteilsberatung) auch nach Abschluss des Verfahrens zu beachten und gehen dem Datenschutzrecht vor. 707

703 Siehe dazu Kapitel 3.2. 704 Siehe dazu Kapitel 3.3.4.3 und 3.4.4.2.3. 705 VPB 62 Nr. 40 E. 3c/ee: Innerstaatliches Rechtshilfeverfahren; VPB 62 Nr. 9 E. 2:

Verwaltungsverfahren im Asylbereich. 706 BBl 1988 II 442f. Siehe dazu die ausführliche Kommentierung der verschiedenen

Verfahren durch DSG-Buntschu, Art. 2 N 39ff. 707 VPB 64 Nr. 69.

Page 197: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 151 -

Die Begründung und die spezifische Regelung in Art. 2 Abs. 2 lit. c DSG belegen die Notwendigkeit, in Informationsrechtssachverhalten zwischen einem materiellrechtlichen und einem prozessualen Bereich zu unterscheiden. Die jeweils anwendbaren Normwerke sorgen für eine optimale und sachdienliche Lösung der sich jeweils im Einzelfall stellenden Interessenlagen.

Die Bedeutung dieser Ausnahmebestimmung ist je nach Auslegung unterschiedlich. Nach richtiger Lesart gibt diese Norm die Optik der Justizorgane wieder, weshalb sie auf eigentliche Prozessverhandlungen beschränkt ist. Demgegenüber lässt Art. 2 Abs. 2 lit. c DSG aber das gesamte Prozessumfeld unberührt. 708 Aus diesem Grunde ist diese Norm für die in dieser Arbeit untersuchte Fragestellung von untergeordneter Bedeutung.

3.4.4 Auskunftsrecht im Datenschutzrecht Nachfolgend wird die Informationsanspruchsordnung im privatrechtlichen Anwendungsbereich des DSG dargestellt und daraufhin untersucht, ob sich auch aus diesem Teil des Datenschutzrechts weitere Erkenntnisse für die Informationsordnung im Auftragsrecht ergeben.

3.4.4.1 Art. 8 DSG: Grundsätzliches Auskunftsrecht

3.4.4.1.1 Rechtsgrundlage Art. 8 DSG enthält ein grundsätzliches Auskunftsrecht bezüglich der Fragen, ob (Abs. 1) und welche (Abs. 2) Daten über eine Person vorhanden sind. Fraglich ist, ob sich ein Recht auf Auskunft neben Art. 8 DSG auch auf den allgemeinen Rechtsbehelf von Art. 28 ZGB stützen kann. 709 Bedeutung hat diese Frage insbesondere dann, wenn in einem konkreten Fall das DSG nicht anwendbar ist. 710 In dieser Frage ist der Lehre zu folgen, die Art. 28 ZGB nicht als � �allgemeines Ersatzrecht� bzw. als �allgemeines Auffangrecht� � betrachtet. 711 Dies insbesondere mit der Begründung, dass das Datenschutzrecht das Recht des Persönlichkeitsschutzes konkretisiert hat, weshalb grundsätzlich die gleichen Überlegungen zur Anwendung gelangen müssten. 712

708 So deutlich Schweizer, 63. 709 Ausführlich mit weiteren Nachweisen: Peter, 211f.; Riemer, 104f. 710 DSG-Buntschu, Art. 2 N 35 (mit weiteren Hinweisen). 711 Etwa Riemer, 104. Pedrazzini, Ausbau, 319 (lässt die Frage offen). 712 Vgl. Art. 1 DSG.

Page 198: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 152 -

3.4.4.1.2 Auskunftsrecht

3.4.4.1.2.1 Allgemeines Der Gesetzeswortlaut in Art. 8 Abs. 1 DSG bringt zum Ausdruck, dass �jede Person� Auskunft verlangen kann, wenn über sie Daten vorhanden sind. Die entsprechende Person muss dabei kein spezifisches Interesse nachweisen 713 und der Inhaber der Daten darf die Geltendmachung des Auskunftsrechtes nicht von irgendwelchen Bedingungen 714 (wie die Bezahlung des Honorars etc.) abhängig machen, da eine Interessenabwägung erst bei den Einschränkungen des Auskunftsanspruches vorzunehmen ist (Art. 9 f. DSG). 715 Das Auskunftsrecht wird als �der Schlüssel zum Datenschutz� 716 bezeichnet, weshalb dem Institut eine wichtige rechtliche und gesellschaftliche Bedeutung zugemessen wird: �Unabhängig von den Bestimmungen, die das Akteneinsichtsrecht regeln, verleiht das Verfassungsrecht also jeder betroffenen Person ein Recht auf Auskunftserteilung, und zwar einerseits über Daten, die von einer öff. Behörde zu seiner Person aufbewahrt werden, und anderseits über die gemachte Verwendung dieser Daten. Dieses Recht auf Auskunftserteilung ist übrigens in seinem Grundsatz durch die meisten Gesetzgebungen der westlichen Länder anerkannt. (...). Es ist dazu bestimmt, eine immer wichtigere Rolle beim Schutz des Individuums zu spielen, denn die elektronische Datenverarbeitung erlaubt die sofortige Verbreitung und Verarbeitung von Daten ... .� 717

Das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht beschränkt sich dabei auf die mit der anfragenden Person verbundenen Daten: �Eine Person kann nur über ihre eigenen Daten Auskunft verlangen; (...).� 718 Gestützt auf datenschutzrechtliche Ansprüche, kann eine Person insbesondere nicht über Angehörige oder Erben etc. Auskünfte verlangen. Dies folgt aus dem Umstand, dass hier der personenrechtliche Einschlag des Anspruches zu beachten ist. 719 Der Aussage, dass gemäss den

713 Pedrazzini, options, 34; Dubach, 215f. Dazu auch BGE 122 I 153ff., E. 6a und VPB 62

Nr. 9 E. 2c (Asylrekurskommission). Demgegenüber spricht ein Urteil der Eidg. Datenschutzkommission vom 26.5.1995 (VPB 62 Nr. 38 E. 3a) etwas verwirrend davon, dass �in bezug auf die Auskunft über eigene Daten normalerweise kein besonderer Interessennachweis nötig [sei].�

714 Page, 123. 715 BGE 122 I 153ff., E. 6d. Es ist an dieser Stelle jedoch bereits auszumachen, dass auch die

inneren Schranken des Auskunftsanspruchs gemäss Art. 8 DSG zu beachten sind: Siehe dazu Kapitel 3.4.4.1.2.3.

716 Belser, Auskunft, 55. 717 Pra 77 Nr. 7 E. 4d = BGE 113 Ia 257ff., E. 4d (Hervorhebungen nur hier). 718 BBl 1988 II 453. 719 Page, 121.

Page 199: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 153 -

datenschutzrechtlichen Grundsätzen, gestützt auf Art. 8 DSG, kein Rechtsanspruch besteht, Auskunft über sämtliche technisch möglichen Datenabfragen zu erhalten, kommt im hier untersuchten privatrechtlichen Anwendungsbereich aber kaum Bedeutung zu. 720 Hier werden Unterschiede zwischen datenschutzrechtlichen und auftragsrechtlichen Informationsansprüchen deutlich, indem letztere auch grundsätzlich Informationen umfassen können, die Daten bezüglich Dritter darstellen. 721 Hinsichtlich der Form von Auskünften wurde festgestellt, dass die Auskünfte grundsätzlich schriftlich zu erteilen sind, weshalb ein blosses Einsichtsrecht nicht ausreichend ist. 722 Hierbei ist die Möglichkeit der �abschichtbaren Information� von besonderer Bedeutung 723 , muss doch allenfalls die Dokumentation datenschutzrechtlich aufbereitet werden, bevor Auskunft erteilt werden kann.

Adressat des Auskunftsanspruchs ist der Inhaber einer Datensammlung gemäss Art. 3 lit. i DSG. 724 Die Bestimmung des Adressaten schafft in den hier behandelten Konstellationen des Auftragvertrages in der Regel keine Probleme, selbst wenn die Daten nicht unmittelbar im direkten Einflussbereich des Beauftragten abgelegt sind. 725 Für die Bestimmung des Adressatenkreises ist einzig entscheidend, wer in dem Sinne die Entscheidungsgewalt über die infrage stehende Datensammlung hat, dass er über Zweck und Inhalt der Datensammlung bestimmt. Jede dieser Personen ist Adressat und kann einzeln vom Ansprecher in die Pflicht genommen werden. 726 Die Eidg. Datenschutzkommission hat auch festgehalten, dass eine dezentrale oder gar eine unübersichtliche Datenverwaltung selbstverständlich keinen Einfluss auf den Bestand und den Umfang des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruches hat. 727

720 VPB 67 Nr. 70 E. 2. 721 Schweizer, 71. 722 BGE 123 II 534 E. 3 und BGE 125 II 321ff., E. 3. Für weitere Einzelheiten kann auf

DSG-Dubach, Art. 8 N 25ff. verwiesen werden. 723 Siehe dazu Kapitel 3.4.2.2. 724 Siehe diesbezüglich die Besonderheiten in Art. 8 Abs. 4 DSG. 725 Zu denken ist etwa an Bürogemeinschaften mit dezentralem Sekretariats- und

Archivsystem. In diesen Fällen kommt den Anforderungen von Art. 7 DSG und den Ausführungsvorschriften in der Verordnung zum DSG erhöhte Bedeutung zu.

726 Page, 126. Dies gilt sowohl für Art. 7 DSG als auch für Art. 8 � 10 DSG. 727 VPB 62 Nr. 55 E. 2. Gibt es mehrere Inhaber im besagten Sinne, so ist Art. 1 Abs. 5 der

Verordnung zum DSG einschlägig. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang aber auf BGE 129 I 249ff., in welchem das BGer einen Auskunftsanspruch grundsätzlich ablehnte, weil die fragliche Dokumentation nicht nach Personen erschlossen war. Aufgrund der Besonderheiten des Falles ist dieser Entscheid m.E. nicht verallgemeinerungsfähig. Eine ausführliche Besprechung des Entscheides ist erfolgt in: Sutter, 34.

Page 200: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 154 -

3.4.4.1.2.2 Datensammlung als Objekt: Erste Einschränkungen des Auskunftsrechts

�Objekte des Auskunftsrechts sind alle Angaben, die (...) in einer Datensammlung gespeichert sind.� 728 Da der Begriff der Datensammlung nach Art. 3 lit. g DSG weit gefasst ist, 729 ergeben sich aus dem Begriff der Datensammlung grundsätzlich keine Einschränkungen für den Beauftragten bzw. den Adressaten der Auskunftspflicht. 730 So kann der Begriff der Datensammlung nicht dadurch unterlaufen werden, dass der Inhaber derselben eine ungeordnete oder verstreute Ablage unterhält. 731 Einschränkungen des Begriffs der Datensammlung lassen sich auch nur bedingt aus der Praxis herleiten, da die entsprechende Rechtsprechung kein einheitliches Bild hinterlässt: So hat die Eidgenössische Datenschutzkommission mit Entscheid vom 21.11.1997 den Begriff �Datensammlung� im Sinne von Art. 3 lit. g DSG in der Weise konkretisiert, dass selbst Objekte wie �Korrespondenzen und weitere (...) registrierte Kontakte� vom Begriff der Datensammlung erfasst sind. 732 Demgegenüber hat die Eidgenössische Datenschutzkommission in einem Entscheid vom 26.5.1995 noch wesentlich zurückhaltender festgehalten, welche Objekte zu einer Personalakte gehören. So wurden Zirkularblätter des Eidgenössischen Versicherungsgerichtes aus dem Anwendungsbereich von Art. 8 DSG ausgenommen, obwohl �es denkbar [wäre], daraus gewisse Schlussfolgerungen zur beruflichen Qualifikation des Beschwerdeführers� zu ziehen. Diese Einschränkung erfolgte mit der Begründung, �weil sonst der Begriff der Personalakte jede Kontur verlieren könnte.� 733 Es ist darauf hinzuweisen, dass die Tendenz des zuletzt erwähnten Entscheides aufgrund der bisherigen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit vorzuziehen ist, da sich die Erwägungen des Entscheides aus systematischer Sicht in die Feststellungen zum Anwendungsbereich des DSG (Art. 2 Abs. 2 lit. a DSG) einreihen lassen. 734 Danach sind gewisse Dokumente, weil sie blosse Gedächtnisstützen der Arbeitspapiere sind, von vornherein vom Datenschutzrecht nicht erfasst.

728 DSG-Dubach, Art. 8 N 11. 729 DSG-Belser, Art. 3 N 28 DSG. 730 Vorbehalten ist selbstredend die Möglichkeit der �abschichtbaren Information�, welche

bereits dargestellt worden ist. Siehe dazu Kapitel 3.4.2.2. 731 VPB 62 Nr. 57. 732 VPB 62 Nr. 57 E. 5. 733 VPB 62 Nr. 38 E. 3b. 734 Siehe dazu Kapitel 3.4.3.

Page 201: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 155 -

Die Datensammlung als Objekt des Auskunftsanspruchs bedeutet weiter auch, dass die Daten, über die allenfalls Auskunft zu geben ist, zusammengestellt und aufbereitet sein müssen. 735 Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch bezieht sich aber grundsätzlich nur auf Daten, die in der entsprechenden Datensammlung (bereits) vorhanden sind. 736 Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch erfordert lediglich, dass über die Daten in einer Datensammlung Auskunft gegeben wird, die zum Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens in der Datensammlung vorhanden sind. Damit bildet auch der spezifische Auskunftsanspruch des DSG keine hinreichende Rechtsgrundlage für eine Dokumentationspflicht. 737 Es ist einmal Auskunft über alle Daten zu geben, �zumindest solange sie nicht im System gelöscht werden.� 738 In zeitlicher Hinsicht wurde zum Verhältnis einer gesetzlichen Aufbewahrungsdauer (in casu Patientenrechtsverordnung des Kantons Zürich, § 13: 10 Jahre) und dem datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch präzisierend ausgeführt: �Werden Krankengeschichten über diese Zeit hinaus tatsächlich aufbewahrt, erfordern Art. 4 BV und die Grundsätze des Datenschutzes, dass vom Einsichtsrecht effektiv immer noch Gebrauch gemacht werden kann.� 739 Der Auskunftsanspruch ist wegen dem personenrechtlichen Einschlag des Anspruchs unverzichtbar 740 und unverjährbar 741.

3.4.4.1.2.3 Umfang des Auskunftsrechts: Inhärente Grenzen Der Gesetzeswortlaut in Art. 8 Abs. 2 lit. a DSG statuiert eine Pflicht zur Auskunft über �alle (...) Daten�. Grundsätzlich (d.h. unter dem Vorbehalt der folgenden Ausführungen und Art. 9 f. DSG) ist damit die auskunftsersuchende Person über alle sie betreffenden Daten zu informieren. Diesbezüglich wurde in einem Entscheid zum öffentlich-rechtlichen Anwendungsbereich des DSG festgehalten, dass etwa ein Beratungsprotokoll einer Kollegialbehörde zur Personalakte des betroffenen Mitarbeiters gehört (soweit es seine Entlassung betrifft), weshalb es vom datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch erfasst ist. 742

735 Siehe dazu Kapitel 3.4.4.1.2. 736 Deutlich zuletzt BGE 125 II 473 E. 4c) bb). 737 Siehe dazu Kapitel 3.4.3.3.2.1. 738 VPB 62 Nr. 57 E. 5. 739 BGE 122 I 153ff., E. 5c. Allgemein zur elektronischen Aufbewahrung und Archivierung:

Weber, Aufbewahrung, 67ff. 740 Art. 8 Abs. 6 DSG. 741 VPB 62 Nr. 38 E. 2a. 742 So besonders deutlich VPB 62 Nr. 38 E. 3b. Siehe aber bezüglich der �Produktion� eines

solchen Protokolls die Ausführungen in Kapitel 3.4.3.3.2.1.

Page 202: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 156 -

In der Botschaft zum DSG wird dabei die Vollständigkeit und Richtigkeit der Informationsleistung gefordert: 743 Aus dem ersten Erfordernis wird von einem Teil der Lehre abgeleitet, dass etwa Teilauskünfte nur dann gegeben werden dürfen, wenn solche ausdrücklich verlangt wurden. 744 Die Richtigkeit von Informationen wird vom DSG vorausgesetzt und der Dateninhaber ist im Streitfall dafür beweispflichtig. 745

Bei der Bestimmung des Auskunftsanspruchs ist auf die eigentlichen Grundlagen des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs einzugehen. Wie die bundesgerichtliche Rechtsprechung zeigt, handelt es sich dabei um das informationelle Selbstbestimmungsrecht im Allgemeinen und um das Recht auf �richtige� Daten im Besonderen. 746 Die Fragestellung lautet hier, ob der Auskunftsanspruch gemäss Art. 8 DSG nicht auch inhärente Grenzen kennt, die gerade in seiner eigenen Begründung liegen und die im privatrechtlichen Anwendungsbereich des DSG zum Tragen kommen können. Ein Auskunftsrecht soll dabei nur bestehen, soweit die genannten Grundlagen überhaupt eine Wirkung entfalten können. Dieser Frage soll in den nachfolgenden Erwägungen nachgegangen werden:

Das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht wird zum einen damit begründet, dass die betroffene Person die Risiken der Bearbeitung �ihrer� Daten abschätzen und kontrollieren können soll. 747 In den hier untersuchten vertraglichen Beziehungen wird eine entsprechende Risikolage in der Regel aber gar nicht bestehen, da der Auftragnehmer insbesondere durch die Normen der Geheimhaltungspflicht (Art. 398 OR) geschützt wird. Es scheint deshalb schwer verständlich, vor diesem Hintergrund ein weit reichendes Auskunftsrecht, gestützt auf eine nicht existierende Risikolage, rechtfertigen zu wollen. Es ist im privatrechtlichen Anwendungsbereich des DSG zu beachten, dass selbst durch ein ausgedehntes Auskunftsrecht eine entsprechende �Risikolage� in den hier untersuchten Rechtsverhältnissen durch den Auftraggeber nicht beeinflusst wird. Damit fällt die Rechtfertigung eines weiten Informationsrechts, gestützt auf diese Grundlage, dahin.

743 BBl 1988 II 453. 744 DSG-Dubach, Art. 8 N 33. Zurückhaltender Peter, 220, der ein abgestuftes

Informationsverhalten zulassen will. 745 VPB 67 Nr. 70 E. 4a. 746 BGE 122 I 153ff., E. 6b/aa. In diesem Entscheid musste ein Auskunftsrecht (in

Ermangelung eines anwendbaren Datenschutzgesetzes) mittels allgemeinen datenschutzrechtlichen Überlegungen begründet werden. Aus der Lehre: DSG-Dubach, Art. 8 N 1f. (mit weiteren Hinweisen).

747 So deutlich Page, 116.

Page 203: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 157 -

Bezüglich der Grundlage des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist in den vorliegend zu untersuchenden Konstellationen auf die Ausführungen im Zusammenhang mit der Dokumentationspflicht hinzuweisen: 748 Es wurde bereits ausgeführt, dass das Datenschutzrecht keine Dokumentationspflicht begründet, sondern im Begriff der Datensammlung an eine bereits bestehende Dokumentation anknüpft. Aus dieser Ordnung folgt, dass das Datenschutzrecht die entsprechenden Charakteristika einer bestehenden Dokumentationspflicht anerkennt. Aus den entsprechenden Erwägungen zur Dokumentationspflicht haben sich folgende Erkenntnisse ergeben, welche hier von Bedeutung sind: Die Dokumentationspflicht ist, soweit sie im hier interessierenden Zusammenhang steht, als eine eigentliche Berichtspflicht ausgestaltet, da sowohl die Thematik als auch der eigentliche Inhalt vorgegeben sind. 749 Damit zeichnet sich die Dokumentationspflicht aber auch durch einen objektivierten Inhalt aus, der insbesondere von der Person des Auftraggebers losgelöst ist. Weiter zeichnet sich die Dokumentationspflicht des Beauftragten dadurch aus, dass innerhalb der Thematik eine beachtliche Autonomie des Beauftragten besteht, solange nur der Zweck der Rekonstruierbarkeit erfüllt ist. Es ist der Beauftragte, welcher sowohl die Sachurteile als auch die Werturteile im pflichtgemässen Ermessen aufzeichnet. Es ist der Beauftragte, welcher grundsätzlich autonom bestimmt, welche Daten im Detail aufgezeichnet werden, da es eine Dokumentation ist, die zuerst einmal seinen Zwecken dient. Es sind dies die Charakteristiken der Dokumentationspflicht, wie sie � was hier relevant ist � durch das Schuldrecht vorgegeben sind. Wie sich bereits ergeben hat, ist das Datenschutzrecht in dieser Hinsicht nachgelagert, weshalb die schuldrechtlichen Einflüsse voll durchschlagen können. Aufgrund der entsprechenden Erwägungen ist nicht ersichtlich, wo und in welcher Weise dem Auftraggeber ein Interesse an der Selbstbestimmung zugebilligt werden sollte. Vielmehr ergibt sich, dass für die informationelle Selbstbestimmung im hier untersuchten privaten Anwendungsbereich des Datenschutzrechts kein Raum bleibt. Damit kann auch diese Grundlage des Auskunftsanspruchs nicht ein weites Auskunftsrecht rechtfertigen, da die Selbstbestimmung im hier untersuchten Bereich grundsätzlich keine Bedeutung erlangt.

Die vorangehenden Ausführungen zeigen, dass im hier untersuchten privatrechtlichen Kontext (privatrechtliches Mandatsverhältnis) die Grundlagen für ein weites 748 Siehe dazu Kapitel 3.2. 749 Siehe dazu Kapitel 3.2.3.3.2 und 3.2.3.3.3.

Page 204: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 158 -

Auskunftsrecht im Datenschutzrecht nur sehr beschränkt Wirkung erlangen können. Es ist deshalb festzustellen, dass sich bereits aus diesen inhärenten Schranken wesentliche Argumente gegen ein umfassendes Auskunftsrecht anführen lassen. Es ist aus diesem Grund nicht einzusehen, weshalb im privatrechtlichen Anwendungsbereich des Mandatsrechts ein Auskunftsrecht bestehen soll, wonach alle Informationen herauszugeben sind. Es kann also festgehalten werden, dass sowohl eine systematische (insbesondere im Zusammenhang mit der Dokumentationspflicht) als auch eine zweckorientierte Auslegung ein grundsätzlich beschränktes oder gar fehlendes Auskunftsrecht ergeben. Aufgrund der Tatsache, dass der klare Wortlaut mit dieser Auslegung nur schwer vereinbar ist, werden nachfolgend die weiteren expliziten Einschränkungen des datenschutzrechtlichen Auskunftsrechts dargestellt, die auch im privatrechtlichen Anwendungsbereich des DSG relevant sind.

3.4.4.2 Art. 9 DSG: Ausdrückliche Einschränkungen des Auskunftsrechts

3.4.4.2.1 Vorbemerkungen Liegen Daten im Anwendungsbereich des Datenschutzgesetzes und muss ein grundsätzlicher Anspruch auf Information nach Art. 8 DSG bejaht werden, so stellt sich die Frage nach den ausdrücklichen Einschränkungen des Informationsanspruches gemäss Art. 9 f. DSG. 750 Die Regelungsidee von Art. 9 f. DSG ist eine Interessenabwägung, damit berechtigte und schützenswerte Geheimhaltungsinteressen 751 auch im Bereich des Datenschutzrechtes Anerkennung finden. 752 Die Einschränkungsgründe werden abschliessend 753 in Art. 9 f. DSG festgehalten. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass die entsprechenden Einschränkungsgründe in Art. 9 f. DSG allesamt und grundsätzlich restriktiv auszulegen sind. 754 Zuzustimmen ist der Rechtsprechung aber insoweit, als eine generelle Verweigerung der Einsicht in interne Akten unzulässig ist. 755 Dies ergibt sich aber aus dem Umstand, dass das

750 Pedrazzini, options, 34f., sieht in den Einschränkungen zuerst einmal die Funktion, dass

kein Anspruch absolut sein kann, was auch für das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht Geltung habe.

751 Burkert, 1160 (Bemerkung 2). 752 Aus der Rechtsprechung: BGE 122 I 153ff., E. 5d. Aus der Lehre: DSG-Dubach, Art. 9 N

1f. DSG. 753 Zuletzt BGE 125 II 473ff., E. 4a = VPB 62 Nr. 59 E. 3.3. Aus der Lehre: DSG-Dubach,

Art. 8 N 5. 754 In der Botschaft (BBl 1988 II 455) wurde bereits festgehalten, dass die entsprechenden

Einschränkungen restriktiv zu handhaben sind. Diese Aussage wurde in der Rechtsprechung (VPB 62 Nr. 59 E. 3.3) dahin gehend verschärft, als von einer �sehr restriktiven Anwendung� gesprochen wird.

755 VPB 62 Nr. 59 E. 3.3.

Page 205: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 159 -

Datenschutzrecht nun in Art. 8 � 10 DSG eine eigentliche, fein abgestimmte Regelung vorgibt, der zu entsprechen ist. Der Auskunftsanspruch und die Einschränkungsgründe sind nach der hier vertretenen Auffassung durch eine Auslegung zu bestimmen, welche nicht von vornherein eine restriktive sein darf, denn �[e]s ist kein Zufall, dass beim Auskunftsrecht die Ausnahmen von der Regel mehr Platz einnehmen als die Regel selbst.� 756

Eine gewisse restriktive Anwendung der Ausnahmebestimmungen ergibt sich aber zum einen daraus, dass in Art. 9 Abs. 1 � 3 DSG jeweils überwiegende Interessen gefordert werden. Zum anderen kann die Pflicht zur Angabe eines Grundes, weshalb der Inhaber der Datensammlung die Auskunft verweigert, einschränkt oder aufschiebt, zu einer gewissen Zurückhaltung führen. Dies, weil der Inhaber der Datensammlung nicht nur den Grund angeben muss, sondern auch für den Verweigerungsgrund beweispflichtig ist (Art. 9 Abs. 4 DSG). 757

Weiter wird in der Lehre zwischen den Einschränkungsgründen in Art. 9 Abs. 1 und Abs. 3 DSG unterschieden: Der Ingress zu Art. 9 Abs. 1 DSG sollte danach richtigerweise von �müssen� anstatt von �können� sprechen. Sind die Voraussetzungen von Abs. 1 lit. a und/oder lit. b gegeben, so muss die Auskunft verweigert etc. werden. 758 In den vorliegend untersuchten Beziehungen des Auftragsrechts wird es jedoch in der Regel eine Kann-Vorschrift sein, da der Beauftragte vor dem Hintergrund des Datenschutzrechts diese Daten zurückbehalten darf. Im Bereich von Abs. 3 steht es der Daten bearbeitenden Person und damit dem Inhaber der Datensammlung stets frei, sich so oder anders zu entscheiden. 759

3.4.4.2.2 Allgemeine Einschränkungen nach Art. 9 Abs. 1 DSG

3.4.4.2.2.1 Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG: Vorbehalt des �formellen Gesetzes� Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG sieht vor, dass der Inhaber der Datensammlung die Auskunft verweigern, einschränken oder aufschieben kann, soweit ein formelles Gesetz dies

756 Belser, Auskunft, 61. 757 In diesem Sinne obliegt die Beweislast betreffend der Interessensituation im Bereich von

Art. 9f. DSG dem Inhaber der Datensammlung: VPB 62 Nr. 55 E. 4b betreffend Art. 9 Abs. 2 lit. b DSG. �An die Begründung können indessen nicht so hohe Anforderungen gestellt werden, dass in ihr das mitgeteilt werden müsste, was wegen überwiegenden Geheimhaltungsgründen gerade nicht preisgegeben werden darf.�: DSG-Dubach, Art. 9 N 6 (mit weiteren Hinweisen); Peter, 223f.

758 Auch der Grad der Einschränkung ergibt sich aus den gleichen Erwägungen. Besonders deutlich im Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 1 lit. b DSG.

759 Zum Ganzen: DSG-Dubach, Art. 9 N 3.

Page 206: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 160 -

vorsieht. Bis heute ist keine Rechtsprechung zu Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG ergangen, weshalb nachfolgend der mögliche Anwendungsbereich dieser Norm im privatrechtlichen Anwendungsbereich des DSG dargestellt werden soll:

Die Ausführungen in der Botschaft und in der Lehre lassen darauf schliessen, dass dieser Norm im Bereiche des Privatrechts bloss ein geringer oder kaum möglicher Anwendungsbereich zugedacht wurde. 760 Die (öffentlich-rechtlich dominierte) Lehre scheint implizit davon auszugehen, dass der Vorbehalt des formellen Gesetzes ein expliziter Vorbehalt zu sein braucht. Die Lehre verweist im Zusammenhang mit Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG auf explizite Ausnahmen zum Auskunftsanspruch: �Art. 13 VwOG: Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Verhandlungen des Bundesrates sind nicht öffentlich.� [entspricht Art. 21 RVOG] oder Art. 14 des BG über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes vom 7. 10. 1994 und Art. 18 des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) vom 21. 3. 1997 (in Kraft seit 1.7.1998). 761 Demgegenüber werden keine Beispiele genannt, in welchen eine Auslegung einer Norm eines formellen Erlasses (im Sinne von Art. 3 lit. k Ziff. 1 DSG) zum gleichen Verweigerungsrecht führt. In der Rechtsprechung finden sich diesbezüglich keine klärenden Urteile: So musste die Eidgenössische Datenschutzkommission in einem Entscheid vom 21.11.1997 zu Art. 19 Abs. 1 lit. a DSG die entsprechende Frage, ob eine Auslegung von Art. 328 ZGB eine hinreichende Grundlage bildet, nicht entscheiden, da die Einwilligung bereits im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. b DSG bejaht werden konnte. 762

Es ist jedoch nicht ersichtlich, weshalb eine solchermassen formelle Argumentation bezüglich des gesetzlichen Vorbehaltes anwendbar sein soll: Hinsichtlich der Entstehungsgeschichte des DSG ist gerade in diesem Punkt darauf hinzuweisen, dass in Art. 34 EDSG-83 noch eine ausdrückliche Ermächtigung auf Gesetzesstufe verlangt worden ist. Sowohl Art. 6 EDSG in der Botschaftsvorlage als auch Art. 9 DSG des geltenden Rechts verwenden jedoch lediglich eine Formulierung, wonach ein formelles Gesetz eine solche Verweigerung vorsehen müsse. Damit wurde

760 BBl 1988 II 455; Peter, 222; Pedrazzini, options, 35; DSG-Dubach, Art. 9 N 11f. Noch

restriktiver spricht Belser, Auskunft, 61f., davon, dass Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG im Privatrecht nicht von Bedeutung sei.

761 Baeriswyl, Entwicklungen 1997, 395. 762 VPB 62 Nr. 58, Sachverhaltsdarstellung C. und E. 3a): In casu ging es um eine Mutter, die

gestützt auf das DSG Informationen aus den Nachforschungsakten des BAP bezüglich des Verschwindens ihres Sohnes forderte. Demgegenüber ist die Rechtslage, welche in BGE 128 I 63ff., E. 4.4 (Anspruch auf Kenntnis der Abstammung) zu beurteilen war, heute aufgrund des Wortlautes in Art. 268c ZGB klar, weshalb sich eine Auslegung erübrigt.

Page 207: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 161 -

insbesondere das Kriterium der �Ausdrücklichkeit� im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses fallen gelassen, weshalb sich eine entsprechend enge Auslegung umso weniger rechtfertigt oder gar aufdrängt.

Die Lehre scheint einer solchen �Verwässerung des Vorbehaltes� im Zusammenhang mit Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG reserviert gegenüberzustehen. Die Zurückhaltung ist im öffentlich-rechtlichen Anwendungsbereich des DSG auch berechtigt, da dort der allgemein gültige verwaltungsrechtliche Grundsatz der Gesetzmässigkeit zu beachten ist. Es handelt sich dabei jedoch um eine Einschränkung, welche nur im Bereich des öffentlichen Rechts Geltung beansprucht, im Privatrecht aber keine Entsprechung findet. 763 Dieser Zusammenhang kommt auch in einer Stellungnahme des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten vom 21.11.1997 zum Ausdruck: �Insbesondere ist weder im UVG noch in einem anderen formellen Gesetz eine Norm enthalten, die das Auskunftsrecht nach DSG einschränkt (vgl. Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG). Würde man eine das Auskunftsrecht beschränkende gesetzliche Grundlage schaffen, müsste sie zudem für den jeweiligen Zweck tatsächlich geeignet und notwendig sein (Grundsatz der Verhältnismässigkeit).� 764 Auch diese weiteren Anforderungen an eine gesetzliche Grundlage sind Beleg dafür, dass die Diskussion um den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG von der öffentlich-rechtlichen Sichtweise geprägt ist, denn auch diese Anforderungen finden im Privatrecht so keine direkte Entsprechung.

Die Ausführungen zeigen, dass sich eine allgemeine Einschränkung im Sinne eines expliziten Vorbehalts im privatrechtlichen Anwendungsbereich des DSG weder mit dem Wortlaut noch mit der Entstehungsgeschichte der Norm begründen lässt. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb im privatrechtlichen Anwendungsbereich des DSG, in welchem sich die Interessenabwägung als die Methode der Problemlösung präsentiert, eine enge Auslegung von Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG erfolgen soll. Entsprechend ist die Norm in der Weise zu lesen, dass im hier interessierenden Bereich auch die Auslegung einer privatrechtlichen Norm (wie bspw. Art. 400 Abs. 1 OR) zu beachten ist. Dies führt zum Resultat, dass die Auslegung schuldrechtlicher Pflichten (Rechenschaftspflicht, Ablieferungspflicht, Vorlegungspflicht, Dokumentationspflicht etc.) bei der Anwendung des Vorbehalts im Sinne von Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG zum allgemeinen Auskunftsanspruch gemäss Art. 8 DSG zu beachten sind: Die 763 Das vergleichbare Instrument im Privatrecht ist die Interessenabwägung: Peter, 132 und

134. 764 VPB 62 Nr. 59 E. 3.3.

Page 208: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 162 -

�Informationsordnungen�, welche die Auslegung der Rechenschaftspflicht, 765 der Ablieferungspflicht 766 , der Vorlegungspflicht 767 , der Dokumentationspflicht 768 etc. ergeben haben, behalten ihre Gültigkeit auch im Rahmen des datenschutzrechtlichen Auskunftsrechts. Damit wird die Informationsordnung, wie sie im Rahmen des Schuldrechts erarbeitet wurde, im Datenschutzrecht übernommen. Demgegenüber ist unbestritten, dass Berufsgeheimnisse als solche nicht gegenüber dem Mandanten angeführt werden können (bezüglich der sie betreffenden Informationen), weshalb diese datenschutzrechtlich keinen Vorbehalt im Sinne von Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG sind. 769

Damit wird in Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG eine Regelungskonzeption aufgenommen, die bereits in Art. 2 Abs. 2 lit. c DSG dargestellt werden konnte: 770 So wie das Datenschutzrecht den spezifischeren Informationsordnungen des Prozessrechtes den Vorrang lässt, so soll auch der allgemeine datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch den spezifischeren Regelungen der Informationsordnungen des materiellen Rechts den Vorrang lassen und die entsprechenden Vorentscheide übernehmen können. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im Umfang, wie schuldrechtliche Normen eine spezifische Informationsordnung festlegen, ein entsprechender gesetzlicher Vorbehalt im Sinne von Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG anzuerkennen ist. Damit kann ein Beauftragter auch im datenschutzrechtlichen Auskunftsverfahren jene Information verweigern, die er auch nach einer Auslegung der schuldrechtlichen Pflichten zurückhalten kann.

3.4.4.2.2.2 Art. 9 Abs. 1 lit. b DSG: Überwiegendes Drittinteresse Art. 9 Abs. 1 lit. b DSG sieht vor, dass der Inhaber der Datensammlung die Auskunft verweigern, einschränken oder aufschieben kann, soweit es wegen überwiegender Interessen eines Dritten erforderlich ist. Für diesen Fall ist der Lehre zuzustimmen, die den Ingress nicht als eine Kann-Vorschrift versteht: Wenn diese Interessen überwiegen, so hat der Inhaber der Datensammlung seine Auskunftsantwort

765 Siehe dazu Kapitel 3.7.3. 766 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.4. 767 Siehe dazu Kapitel 3.3.4. 768 Siehe dazu Kapitel 3.2. 769 Belser, Auskunft, 61f. Für das Beispiel des Bankgeheimnisses: BGE 93 III 4ff., E. 2c. 770 Siehe dazu Kapitel 3.4.3.4.

Page 209: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 163 -

entsprechend anzupassen. 771 Allerdings wird gefordert, dass es sich nicht um irgendein, sondern um ein überwiegendes Interesse des Dritten handelt, welches gerade im Zeitpunkt des Auskunftsgesuches konkret überwiegen muss. 772

In einem Entscheid der Eidgenössischen Datenschutzkommission vom 28.2.1997 773 wird zur Frage Stellung genommen, wie das Einsichtsrecht zu gewähren ist, wenn eine Datensammlung Informationen verschiedener Personen enthält: �Dieser Umstand bildet indessen für sich allein keinen genügenden Grund, um den Beschwerdeführern das ihnen grundsätzlich zustehende Auskunftsrecht generell zu verweigern; wäre dem so, würde es genügen, dass ein Aktendossier (Datenträger) Daten verschiedener Personen enthält, um all diesen Personen den vom Gesetzgeber mit der Schaffung des Auskunftsrechtes gewollten Rechtsschutz zu versagen. In solchen Fällen ist es vielmehr Sache des Inhabers der Datensammlung, die Datenträger in geeigneter Weise so zu bearbeiten, dass Daten bezüglich Dritter, die einer Auskunft verlangenden Partei nicht bekannt gegeben werden dürfen, verdeckt bleiben. (...) Jedenfalls aber vermag dieser Umstand allein, wie dargelegt, nicht zu einem Ausschluss des Auskunftsrechtes, gestützt auf Art. 9 Abs. 1 lit. b oder Art. 9 Abs. 2 lit. b DSG, zu führen. Vielmehr muss diesfalls eben dafür gesorgt werden, dass diejenigen Daten, die der Einsicht entzogen bleiben müssen, bei der Auskunftserteilung in geeigneter Weise abgedeckt werden.� Es kann diesbezüglich auch auf die Ausführungen im Zusammenhang mit dem Dokumentenbegriff resp. dem Konzept der abschichtbaren Information verwiesen werden. 774

Ein gutes Beispiel, wie ein Datenschutzgesetz (resp. in diesem Fall die allgemeinen datenschutzrechtlichen Grundsätze) die Rechtslage beeinflussen kann, findet sich im Bereich des öffentlichen Rechtes: �Die Vorschrift [§ 14 Abs. 2 lit. a Patientenrechtverordnung des Kantons Zürich] schliesst die Einsicht in Angaben von nicht zum Krankenhaus gehörenden Personen ohne Vorbehalt und � anders als die

771 In der Lehre wird in diesem Zusammenhang v.a. die Frage der Bekanntgabe von

Informanten diskutiert: vgl. DSG-Dubach, Art. 9 N 15ff. (mit Hinweis auf den grundlegenden Entscheid des BGer [publiziert in ZBl 1992 362ff.] für die Bekanntgabe der Namen von Informanten.

772 Zu den Einzelheiten: Page, 133f. Für jeden einzelnen Datenträger ist zu prüfen, welches Interesse überwiegt: VPB 62 Nr. 55 E. 4b.

773 VPB 62 Nr. 55 E. 2 (zu Art. 9 Abs. 1 lit. b und 9 Abs. 2 lit. b DSG). 774 Siehe dazu Kapitel 3.4.2.2. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang aber auf BGE 129

I 249ff., in welchem das BGer einen Auskunftsanspruch grundsätzlich ablehnte, weil die fragliche Dokumentation nicht nach Personen erschlossen war. Aufgrund der Besonderheiten des Falles ist dieser Entscheid m.E. nicht verallgemeinerungsfähig. Eine ausführliche Besprechung des Entscheides ist erfolgt in: Sutter, 34.

Page 210: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 164 -

Rechtsprechung zu Art. 4 BV und Art. 9 DSG � ohne Interessenabwägung im Einzelfall aus.� 775 Die verlangte Einsicht (betreffend Informationen von Informanten) konnte so von vornherein, gestützt auf diese Bestimmung, ausgeschlossen werden, was vom Bundesgericht geschützt wurde. Die Einschränkungsmöglichkeiten des Beauftragten, je nachdem, ob er mit datenschutzrechtlichen oder mandatsrechtlichen Informationsansprüchen konfrontiert wird, sind verschieden: �Die datenschutzrechtliche Auskunftspflicht kann gegenüber der Klientin oder dem Klienten gestützt auf entgegenstehende überwiegende Interessen von Dritten (z. B. eines Informanten) eingeschränkt oder verweigert werden (...), nicht aber wenn die Anwältin oder der Anwalt eine Beschränkung im Interesse der Klientschaft als geboten ansieht, wie dies bei der Rechenschaftspflicht der Fall sein kann.� 776 Im Rahmen von Art. 9 Abs. 1 lit. b DSG sind eben einzig die Interessen des Dritten geschützt.

3.4.4.2.3 Art. 9 Abs. 3 DSG: Vorbehalt des überwiegenden eigenen Interesses Private als Inhaber einer Datensammlung können zudem die Auskunft verweigern, einschränken oder aufschieben, soweit eigene überwiegende Interessen es erfordern und sie die Personendaten nicht an Dritte bekannt geben (Art. 9 Abs. 3 DSG). Wie der Wortlaut von Art. 9 Abs. 3 DSG zeigt (�zudem�), handelt es sich bei diesem Einschränkungsgrund um eine zusätzliche Möglichkeit der Informationsverweigerung.

Mit dem Erfordernis der Nichtweitergabe ist eine Auskunftsverweigerung nur unter der Voraussetzung möglich, �dass die Daten zum ausschliesslichen Eigengebrauch bestimmt sind.� 777 In der Lehre wird der Inhaber der Datensammlung funktional umschrieben, was zu einer grosszügigen Interpretation führt: 778 So wird etwa ausgeführt, dass die Bekanntgabe im Konzern noch nicht als Weitergabe qualifiziert. 779 Als Begründung für diese weite Auslegung wird einzig angeführt, dass eine Einschränkung des Auskunftsrechts erst möglich sei, wenn auch überwiegende Geheimhaltungsinteressen des Inhabers der Datensammlung bestehen. 780 Aus der

775 BGE 122 I 153ff., E. 5d. Im Entscheid wurde ebenfalls, gestützt auf datenschutzrechtliche

Grundüberlegungen, eine eigentliche Prozedur der Interessenabwägung begründet, die vergleichbar der Rechtslage in Art. 9 DSG ist.

776 Schweizer, 71. Zu denken wäre etwa an das sog. therapeutische Privileg. 777 Belser, Auskunft, 62. 778 Peter, 223; DSG-Dubach, Art. 9 N 31. 779 DSG-Dubach, Art. 9 N 31. Dabei werden alle Gesellschaften zu einem Konzern gezählt,

welche unter der gleichen Oberleitung stehen. 780 DSG-Dubach, Art. 9 N 31.

Page 211: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 165 -

Lehre geht jedoch hervor, dass dieses überwiegende Interesse des Dateninhabers 781 grundsätzlich angerufen werden kann, obgleich ein solches überwiegendes Interesse nicht vorschnell angenommen werden soll. 782 Die Frage ist, ob die Informationsweitergabe, gestützt auf das schuldrechtlich abgestützte Konzept der adressatenspezifischen Informationszuteilung, die Grenzen dieser Ausnahmebestimmung sprengt.

Es ist darauf hinzuweisen, dass gegenüber dem Auftraggeber überwiegende Interessen auf Geheimhaltung angeführt werden können. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die Ergebnisse aus der Auslegung von Art. 2 Abs. 2 lit. a DSG und Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG systematisch auch hier zu berücksichtigen sind. 783 Von entscheidendem Einfluss ist aber die Tatsache, dass die Weitergabe von Informationen, gestützt auf das Konzept der adressatenspezifischen Informationspflicht, nicht durch den freien Willen des Dateninhabers (= Auftragnehmers) vorgenommen wird. Es ist die mit der Auftragsannahme und Auftragsausführung vom Beauftragten übernommene Pflicht, das abstrakte Interesse des Auftraggebers und damit die Interessenwahrungspflicht zu erfüllen. Es ist die Interessenwahrungspflicht des Beauftragten, welche der Informationsverweigerung Grenzen setzt. 784 Deshalb verletzt nach der hier vertretenen Auffassung die Weitergabe der notwendigen Informationen an den nachfolgenden Beauftragten das Erfordernis der Nichtweitergabe nicht. Folglich ist auch Art. 9 Abs. 3 DSG als eine Grundlage für die Einschränkung resp. den Ausschluss des Informationsanspruchs nach Art. 8 DSG zu betrachten.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass, gestützt auf die datenschutzrechtlichen Bestimmungen, dem Beauftragten das Recht zusteht, seine Geschäftsgeheimnisse zurückzubehalten. Damit besteht die latente Gefahr der Unterminierung des entsprechenden Auskunftsrechts. 785 Vorliegend ist jedoch in diesem Zusammenhang

781 Die Botschaft und Lehre nennen hier v.a. die Problematik um befürchtete

Wirtschaftsspionage (BBl 1988 II 456; DSG-Dubach, Art. 9 N 33) oder Fälle aus dem Bereich des Rechtsmissbrauches (Page, 136: Bei wiederholten oder schikanösen Gesuchen). Gerade die letzten Fälle sind aber zu eng umrissen, kann doch ein überwiegendes Interesse eines privaten Inhabers einer Datensammlung nicht erst dort beginnen, wo er bereits den Schutz vor Rechtsmissbrauch nach Art. 2 ZGB geltend machen könnte. Damit hätte diese spezielle datenschutzrechtliche Normierung keinen (eigenen) Anwendungsbereich.

782 DSG-Dubach, Art. 9 N 34. 783 Siehe dazu Kapitel 3.4.3 und 3.4.4.2.2.1. 784 Dazu ausführlich Kapitel 3.3.4. 785 In diesem Sinne ist wohl auch die Kritik zu verstehen, die in dieser Norm eine echte

Abschwächung des Auskunftsrechtes sieht. Pedrazzini, options, 35, spricht in diesem Zusammenhang von einem �solide verrou, capable d�empêcher l�accès dans bien les cas.�

Page 212: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 166 -

darauf hinzuweisen, dass der Informationsfluss zwischen dem vormaligen und dem heutigen Auftragnehmer durch den Grundsatz der Interessenwahrung bestimmt wird. Gerade diesbezüglich hat die Rechtsprechung festgehalten, dass ein weit gehendes Informationsrecht besteht, das auch insbesondere Informationen aus dem Bereich der sog. Handakten erfasst. Diese Rechtslage wird durch datenschutzrechtliche Bestimmungen nicht beeinflusst, weshalb die �volle Informationspflicht� besteht, allerdings nur soweit, als es der Interessenwahrungsgrundsatz erfordert, was nur im Einzelfall bestimmt werden kann.

3.4.5 Fazit Die Erläuterungen im Zusammenhang mit den datenschutzrechtlichen Grundlagen haben gezeigt, dass das Datenschutzrecht eine wichtige Orientierungshilfe bei der Bestimmung der Informationsrechtsordnung im Auftragsrecht ist. Die Orientierungsfunktion ergibt sich auch insbesondere dadurch, dass im Datenschutzrecht eine grundsätzliche Interessenabwägung zwischen den Parteien vorgenommen wird. Die entsprechende Informationsordnung basiert entsprechend auf einer ganz grundlegenden Auseinandersetzung der sich gegenüberstehenden Interessenlagen, die in einem Auftragsvertrag bestehen. In dieser grundlegenden Auseinandersetzung macht das Datenschutzrecht auch deutlich, dass jeweils zwischen einer materiellrechtlichen und einer prozessualen Situation zu unterscheiden ist. Weiter macht die Auseinandersetzung mit der datenschutzrechtlichen Rechtslage deutlich, dass grundlegende Unterschiede zwischen dem öffentlichrechtlichen und dem privatrechtlichen Anwendungsbereich des DSG bestehen, die zu beachten und von entscheidender Bedeutung sind.

Betreffend die in der vorliegenden Arbeit interessierenden materiellrechtlichen Informationsansprüche des Auftraggebers können aus datenschutzrechtlicher Sicht die nachfolgenden Schlussfolgerungen festgehalten werden:

In einem ersten Schwerpunkt der Untersuchung wurde der Begriff der internen Akten auf ihre Bedeutung im privatrechtlichen Anwendungsbereich des DSG ausführlich untersucht. Es konnte dabei herausgearbeitet werden, dass im privatrechtlichen Anwendungsbereich aus den datenschutzrechtlichen Grundlagen keine

Page, 135, verweist an dieser Stelle auf die Bedeutung der richterlichen Entscheidung, da hier nur im Einzelfall eine Lösung formuliert werden kann.

Page 213: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 167 -

Dokumentationspflicht hergeleitet werden kann, weshalb diesbezüglich auf die schuldrechtliche Dokumentationspflicht (siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.2) verwiesen werden muss. Damit beginnen die Einwirkungen des Datenschutzrechts erst dort, wo Informationen vorhanden sind, die aufgrund der Dokumentationspflicht aufgezeichnet wurden (siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.2).

Der eigentlich zentrale Begriff im Zusammenhang mit dem Anwendungsbereich des DSG ist derjenige der Arbeitshilfe oder Gedankenstütze. Die Auslegung dieser Begriffe entscheidet über die Anwendbarkeit des DSG. Alles was gegenständlich darunter subsummiert werden kann, wird dem Anwendungsbereich des Datenschutzrechtes gemäss Art. 2 Abs. 2 lit. a DSG entzogen und ist damit weiter für das Auskunftsrecht nach Art. 8 � 10 DSG irrelevant. Als Ergebnis der Analyse konnte festgehalten werden, dass die Dokumentation (welche, auf die Dokumentationspflicht gestützt, erstellt worden ist) als die zentrale Aufzeichnungspflicht des Beauftragten nicht vom Datenschutzrecht erfasst ist, weil sie zu diesem Eigenbereich des Beauftragten zu zählen ist. Damit konnte eine inhaltliche Übereinstimmung zwischen dem Konzept der sog. Handakten im Bereich der Ablieferungsobligation, dem Konzept der adressatenspezifischen Informationszuteilung im Bereich der Informationspflicht �Rechenschaft� und dem Frei- oder Eigenbereich des Beauftragten im Anwendungsbereich des Datenschutzrechtes festgestellt werden.

Eine Auseinandersetzung mit den Grundlagen des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruches hat aufgezeigt, dass der allgemeine und grundsätzlich weit formulierte datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch (nach Art. 8 DSG) im privatrechtlichen Anwendungsbereich eigentliche inhärente Grenzen kennt, die in seiner eigenen Begründung liegen. Im Bereich des privatrechtlichen Anwendungsbereichs und besonders im hier untersuchten Bereich des Auftragsrechtes steht der Auskunftsanspruch auf unsicheren Grundlagen, da sowohl das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als auch das Recht auf �richtige Daten� in den hier untersuchten Konstellationen in aller Regel nicht eine echte Risikolage darstellen. Entsprechend lässt sich, gestützt auf diese Argumente, auch kein umfassendes Informationsrecht begründen.

Nach der hier vertretenen Ansicht sind auch die ausdrücklichen Einschränkungen des Auskunftsanspruches im Datenschutzrecht (Art. 9 f. DSG) auch im privatrechtlichen Anwendungsbereich von grundsätzlicher Bedeutung: Die entsprechende Auseinandersetzung hat ergeben, dass gerade der Einschränkungsgrund von Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG eine eigentliche Koordinationsfunktion zwischen verschiedenen

Page 214: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 168 -

Rechtsgebieten übernimmt (hier also zwischen Schuldrecht und Datenschutzrecht). Aufgrund der vorgenommenen Auslegung der entsprechenden Bestimmung ist der Entscheid über die Informationszuordnung bereits abschliessend und im Voraus im Auftragsrecht vorgenommen worden. Aus diesem Grund gewährt das Datenschutzrecht dem Dateninhaber die nämlichen Verweigerungsrechte, die das materielle Schuldrecht dem Auftraggeber gewährt. Es kann entsprechend auf die Rechtslage hingewiesen werden, wie sie in den Kapiteln 3.3, 3.5, 3.6 und 3.7 erarbeitet wurde. Im Ergebnis gewährt das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht deshalb dem Auftraggeber keine weitere Information.

Demgegenüber ermöglichen die weiteren ausdrücklichen Gründe für eine Informationsverweigerung gemäss Art. 9 Abs. 1 lit. b DSG und Art. 9 Abs. 3 DSG dem Dateninhaber resp. dem Beauftragten nur bedingt weitere Zurückbehaltungsrechte: Im Zusammenhang mit Art. 9 Abs. 1 lit. b DSG ist darauf hinzuweisen, dass der Beauftragte grundsätzlich rechtlich verpflichtet ist, seine Dokumentation so zu führen resp. so zu präsentieren, dass den gerechtfertigten Bedenken von überwiegenden Interessen eines Dritten entsprochen wird. Die diesbezügliche rechtliche Verpflichtung ergibt sich aus den Anforderungen des Datenschutzrechts, ein entsprechendes Dokument zu produzieren und weiter aus den allgemeinen Anforderungen der Geheimhaltungspflichten, die er, gestützt auf privatrechtliche oder öffentlichrechtliche Normen, zu beachten hat. Dem Verweigerungsrecht gemäss Art. 9 Abs. 3 DSG kommt demgegenüber im Bereich der adressatenspezifischen Informationsweitergabe Bedeutung zu, wobei aufgrund der zu erfüllenden Interessenwahrungspflicht grundsätzlich Zurückhaltung bei der Anrufung des entsprechenden Rechts geübt werden sollte, da die Informationsordnung vom Schuldrecht vorgegeben ist (siehe dazu insbesondere die Ausführungen in Kapitel 3.3.4).

Die entsprechenden Ausführungen zum Datenschutzrecht legen eine vielfältige Verflechtung zwischen den Anforderungen aus dem Schuldrecht und dem Datenschutzrecht offen. Dabei werden zentrale Aussagen aus der Analyse von schuldrechtlichen Rechtsinstituten durch die Ausführungen und die Rechtslage im Datenschutzrecht bestätigt. Entscheidend ist, dass gewisse Einzelfragen vorab durch das Schuldrecht abschliessend entschieden sind, die in der Informationsordnung des DSG zu beachten sind.

Page 215: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 169 -

3.5 Weisungsrecht und Informationsrecht gemäss Art. 400 OR

3.5.1 Vorbemerkungen Die rechtshistorische Darstellung in Kapitel 2 belegt, dass das mandatsrechtliche Weisungsrecht grundsätzlich nicht mit einer Informationspflicht �Rechenschaft� in Verbindung gebracht worden ist. Dies gilt auch für die schweizerische Gesetzgebungsgeschichte, wie sie im Rahmen dieser Arbeit dargestellt worden ist. 786 Historisch wurden gerade andere Informationspflichten im Zusammenhang mit dem Weisungsrecht genannt, welche begrifflich als �Auskunftspflicht� oder �Benachrichtigungspflicht� bezeichnet wurden. 787 Für die schweizerische Lehre gilt, dass der deutliche Zusammenhang zwischen einer Rechenschaftspflicht und einem Weisungsrecht erst seit den 1930er-Jahren festgestellt werden kann. 788

Nachdem in den Kapiteln 3.2 bis 3.4 die Informationsrechtslage insbesondere bezüglich der schriftlich fixierten Information (Dokumentation) dargestellt worden ist, sollen in den nachfolgenden Kapiteln (so auch in Kapitel 3.5) die weiteren Argumente für eine Informationspflicht �Rechenschaft� untersucht werden. Obwohl in der Lehre gemeinhin der Zusammenhang mit der Dokumentationspflicht resp. die Notwendigkeit der Dokumentation betont werden (siehe dazu Kapitel 3.2.), handelt es sich nach der Argumentation in der Lehre bei diesen behaupteten Anspruchsgrundlagen offensichtlich um einen Anspruch auf Information als solchen, ungeachtet, in welcher Form diese beim Auftragnehmer vorhanden ist. Diese Auffassung in der Lehre wird insbesondere in der Auseinandersetzung mit der sog. Vorlegungspflicht deutlich (Kapitel 3.3.4).

786 Siehe dazu Kapitel 2.8. 787 Deutlich bspw. die Debatten der Zweiten Kommission zum deutschen BGB: Siehe dazu

Kapitel 2.6.2.3. 788 Die besagte Verbindung wird erstmals von BK-Becker, Art. 400 N 1 hervorgehoben. Ein

Vergleich zwischen den Kommentaren ZK-Oser/Schönenberger (1936) und der Vorauflage ZK-Oser (ZK-Oser/Schönenberger, Art. 400 N 2; ZK-Oser, Art. 400 N 2) zeigt, dass der Zusammenhang zwischen der Rechenschaftspflicht und dem Weisungsrecht eine Erscheinung der Lehre der 1930er-Jahre ist. Während in der Monografie von Gautschi, Geschäftsführung und Auftrag, 193 aus dem Jahre 1953 noch eine gewisse Zurückhaltung zu erkennen ist, so wird in seinem Kommentar zum Auftragsrecht aus dem Jahre 1967 der Zusammenhang zwischen einem Informationsrecht �Rechenschaftspflicht� und dem Weisungsrecht nun deutlich und prominent hervorgehoben: BK-Gautschi, Art. 400 N 23c und Art. 397 N 19. In der neueren Lehre wird die Rechenschaftspflicht als eigentliches Informationsbeschaffungsvehikel dargestellt, welches jene Informationen liefert, die für die Ausübung des Weisungsrechts notwendig sind: So BK-Fellmann, Art. 400 N 14. Andere Lehrmeinungen stellen den Zusammenhang in der Weise dar, dass mit der Informationspflicht �Rechenschaft� die Überprüfung der Befolgungspflicht des Beauftragten ermöglicht werden soll (Kontrolle der Auftragsausführung): Derendinger, N 127; BasK-Weber, Art. 400 N 3.

Page 216: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 170 -

Dieser Anspruch auf Information, gestützt auf Art. 400 OR, wird insbesondere im Zusammenhang mit dem Weisungsrecht formuliert. In diesem Kapitel 3.5 werden die Grundlagen des Weisungsrechts im Auftrags- und im Einzelarbeitsvertrag erarbeitet (Kapitel 3.5.2) und die spezifische Informationsrechtslage im Einzelarbeitsvertrag dargestellt, soweit dies für die vorliegende Untersuchung von Relevanz ist (Kapitel 3.5.3). Aus diesen Ergebnissen wird die unterschiedliche Qualität in der Auftragsvertragsbeziehung einerseits und der Einzelarbeitsvertragsbeziehung anderseits abgeleitet (Kapitel 3.5.4) und die entsprechenden Konsequenzen für eine Informationsordnung im Auftragsrecht aufgezeigt (Kapitel 3.5.5). Abschliessend wird in diesem Zusammenhang zum einen der Auftragsvertrag als Organisation mit den entsprechenden Schlussfolgerungen für eine Informationsordnung untersucht (Kapitel 3.5.5.2) und zum anderen die im Zusammenhang mit einem Weisungsrecht des Auftraggebers notwendige Kommunikationsordnung dargestellt (Kapitel 3.5.5.3).

3.5.2 Grundlagen und Ausgestaltung der Weisungsrechte

3.5.2.1 Gesetzliche Grundlagen Im geltenden Recht ist das Weisungsrecht sowohl im Arbeitsvertragsrecht als auch im Auftragsvertrag kodifiziert: Art. 321d OR und Art. 397 OR. Während im Auftragsrecht in Art. 397 OR die einzige Grundlage für ein Weisungsrecht gesehen wird, 789 werden in der arbeitsrechtlichen Literatur eine Vielzahl von möglichen Rechtsgrundlagen aufgezählt 790: Art. 319 OR (im Sinne des Begriffs �Arbeitsvertrag�) Art. 321d OR 791, Art. 321a OR 792, Art. 324 OR 793, Art. 328 OR, Art. 641 ZGB 794 und das Gewohnheitsrecht. Ungeachtet der Tatsache, dass diverse Rechtsgrundlagen angeführt werden und dass insbesondere in der Kommentarliteratur die Ausführungen zum Weisungsrecht bei Art. 321d OR erfolgen, wird die Rechtfertigung des Weisungsrechts allgemein in der persönlichen, betrieblichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit und Unterordnung des Arbeitnehmers erblickt. 795 Es ist �in erster Linie eine persönliche Abhängigkeit und Unterordnung des Arbeitnehmers�, welche ihn 789 Siehe dazu etwa die Übersicht bei BasK-Weber, Art. 397 N 4ff. (mit weiteren Hinweisen). 790 Für eine entsprechende Übersicht und Nachweise: Stamm, 12ff. 791 Hüber, 100 (mit weiteren Hinweisen). 792 Allgemeine Sorgfalts- und Treuepflicht des Arbeitnehmers. 793 Namentlich gestützt auf den Gedanken der Betriebsrisikotragung. So wohl auch Vischer,

2005, 140 (bezüglich sog. Zielanweisungen). 794 Stamm (9 inkl. FN 48) räumt ein, dass die Eigentümerstellung bloss eine faktische

Grundlage für das Weisungsrecht sein kann, die aber rechtlich anzuerkennen ist. 795 ZK-Schönenberger/Staehelin, Art. 319 N 27.

Page 217: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 171 -

�den Anordnungen, Weisungen und der der Aufsicht des Arbeitgebers unterstellt und ihn damit rechtlich unterordnet.� 796 Diese Unterordnung als entscheidendes Merkmal des Arbeitsvertrages entsteht mit dem Stellenantritts, �d.h. durch Eingliederung des Arbeitnehmers in eine ihm fremde Arbeitsorganisation.� 797 Damit wird das Weisungsrecht als in der Struktur des Arbeitsvertrages, und damit losgelöst von einer einzelnen gesetzlichen Grundlage begründet gesehen. 798

3.5.2.2 Erscheinungsformen der Weisungsrechte im Arbeits- und Auftragsvertrag

Im Folgenden wird das Weisungsrecht 799 in seinen einzelnen Erscheinungsformen dargestellt: Verhaltensanweisungen, Zielanweisungen und Fachanweisungen. Dabei wird der Rechtsstellung des sog. fachlich freien Arbeitnehmers besondere Beachtung geschenkt, da seine faktische Position innerhalb des Arbeitsrechts Gemeinsamkeiten mit der Stellung des Beauftragten aufweist.

3.5.2.2.1 Verhaltensanweisungen Im Arbeitsvertragsrecht wird generell das Bestehen eines Verhaltensanweisungsrechtes bejaht. 800 Solche Weisungen regeln �allgemein das Verhalten während seiner Arbeitstätigkeit.� 801 Das entsprechende Weisungsrecht wird weit ausgelegt und ist rechtlich bindend, solange die Regelungen die allgemeinen Rechtsgrundsätze (Verhältnismässigkeit, Gleichbehandlung etc.) respektieren. 802 Die eigentliche Grundlage dieses Weisungsrechtes wird in der organisatorischen Eingliederung des Arbeitnehmers in einen Betrieb gesehen. 803 Deshalb gelten diese Weisungen für alle Arbeitnehmer, insbesondere ungeachtet des Umstandes, ob es sich um qualifizierte Arbeitnehmer handelt oder nicht (also auch für die sog. fachlich 796 ZK- Schönenberger/Staehelin, Art. 319 N 28. 797 BK-Rehbinder, Art. 319 N 6. 798 Siehe dazu die nachfolgenden Unterkapitel zu den verschiedenen Aspekten des

Weisungsrechts. 799 Zum Verhältnis Weisungsrecht � Vertrag: Bereiche, die vertraglich bestimmt werden oder

(nach einer Vertragsabrede) vertraglich zu bestimmen sind (bspw. Arbeitsbeginn an den Arbeitstagen), sind weisungsfreie Bereiche. Dies gilt sowohl für Einzelheiten der Arbeitsleistungen als auch für das Verhalten des Arbeitnehmers: Gewerbe Schiedsgerichtes BS in JAR 1990 131f. So ist auch insbesondere der Arbeitsort grundsätzlich nicht durch das Weisungsrecht zu bestimmen, wobei die Treuepflicht des Arbeitnehmers bei Dringlichkeit und Zumutbarkeit gewisse Zugeständnisse fordert: ZR 100 Nr. 87 [S. 246].

800 BK-Rehbinder, Art. 321d N 20; ZK- Schönenberger/Staehelin, Art. 321d N 10f. 801 ZK- Schönenberger/Staehelin, Art. 321d N 10. 802 AppGer TI in JAR 2004 551ff. 803 Deutlich Vischer, 2005, 141.

Page 218: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 172 -

weisungsfreien Arbeitnehmer). 804 Ohne eine entsprechende Eingliederung in einen Betrieb besteht aber auch im Arbeitsvertrag kein Verhaltensanweisungsrecht, soweit der Arbeitgeber kein Interesse an einer konkreten Anweisung geltend machen kann. Dieser Umstand kommt etwa beim Heimarbeitnehmervertrag zum Ausdruck. 805

Demgegenüber vertragen sich Verhaltensanweisungen i.d.R. nicht mit der Struktur des typischen Mandatsverhältnisses. 806 Dieser Bereich ist deshalb grundsätzlich als ein weisungsfreier Bereich des Beauftragten zu bezeichnen. 807 Findet aber die Arbeitsleistung dauernd oder vorübergehend in den Räumlichkeiten etc. des Auftraggebers statt, so sind die entsprechenden Verhaltensanweisungsvorschriften ebenfalls auf den Beauftragten anwendbar. Nach der hier vertretenen Auffassung ist die Grundlage der Verhaltensanweisung die Tatsache, dass eine entsprechende Einordnung in eine effektive und bestehende Organisation erfolgt und nicht etwa der Umstand, dass ein Subordinationsverhältnis besteht. 808 Punktuell, d.h. soweit eine entsprechende Einordnung faktisch erfolgt, sind somit Verhaltensanweisungen auch im Auftragsrecht anwendbar. Die Aussage, dass Verhaltensanweisungen im Auftragsrecht ausgeschlossen sind, geht deshalb zu weit. 809

Aus den entsprechenden Ausführungen wird deutlich, dass Verhaltensanweisungen in beiden Vertragsverhältnissen möglich sind, soweit eine Einordnung in eine effektive Organisation erfolgt. Dadurch wird sichergestellt, dass die Arbeitsorganisation überhaupt organisiert ist, was eine Grundbedingung für eine gemeinschaftliche Leistungserstellung ist. In der Praxis sind eigentlich keine Fälle denkbar, in denen eine Rechenschaftspflicht im Zusammenhang mit dem Verhaltensanweisungsrecht von Bedeutung sein könnte, weshalb dieser Bereich hinsichtlich der hier untersuchten Fragestellung von untergeordneter Bedeutung ist.

804 BK-Rehbinder, Art. 321d N 27; Hüber, 21f. 805 Siehe dazu Kapitel 3.5.3.4. 806 So auch die grundsätzliche Verneinung dieses Weisungsrechts bei BK-Fellmann, Art. 397

N 60. 807 BK-Fellmann, Art. 397 N 96. Ein Teil der Lehre anerkennt im Auftragsrecht keine

weisungsfreien Bereiche (Hofstetter, 2000, 104; Derendinger, N 115), was aber damit zu tun hat, dass Verhaltensanweisungen nicht als möglicher Gegenstand des Weisungsrechts im Auftragsvertrag anerkannt werden.

808 So aber BK-Fellmann, Art. 397 N 60. 809 So aber BK-Fellmann, Art. 397 N 60.

Page 219: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 173 -

3.5.2.2.2 Zielanweisungen Die Frage nach der rechtlichen Grundlage des Zielanweisungsrechts 810 wird in der arbeitsrechtlichen Literatur nicht einheitlich beantwortet: 811 Nach einem Teil der Lehre ergibt sich dieses Recht des Arbeitgebers aus dem Umstand, dass er auch grundsätzlich das Betriebsrisiko 812 zu tragen hat. 813 Demgegenüber ist ein anderer Teil der Lehre der Ansicht, dass das Zielanweisungsrecht ausschliesslich durch das rechtliche Subordinationsverhältnis im Arbeitsvertragsrecht begründet ist. 814 Einigkeit besteht hingegen in der arbeitsrechtlichen Literatur, dass auch der sog. fachlich weisungsfreie Arbeitnehmer dem Zielanweisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. 815 Im Auftragsrecht wird demgegenüber das Weisungsrecht wie folgt begründet: �[Die Zielanweisung] konkretisiert den Leistungsgegenstand des Auftragvertrages und bestimmt damit die Zielsetzung der Geschäftsführung oder der Dienstleistung des Beauftragten.� 816 Es handelt sich dabei um die Konkretisierung des Vertragsgegenstandes, weshalb der vertraglich vereinbarte Gegenstand des Auftrages als solcher nicht betroffen ist. 817 Dabei betrachtet die Lehre zum Auftragsrecht das Bestehen des Weisungsrechtes als in der Sache selbst begründet: Durch die Auftragsausführung soll sich das Interesse einer Person (Auftraggeber) unter Mithilfe einer anderen Person (Auftragnehmer) rechtlich und/oder tatsächlich verwirklichen. 818 �Man kann [das Weisungsrecht] als im Begriff der Dienstleistung enthalten betrachten, aus der einfachen Überlegung heraus, der dominus negotii wisse selbst am besten, was ihm dient und wie ihm gedient werden soll.� 819 In dieser Hinsicht ist der Auftraggeber Herr seines Geschäfts, 820 weshalb seine Interessen zu verwirklichen sind, soweit es der

810 In der arbeitsrechtlichen Literatur auch als Leistungs(an)weisungsrecht bezeichnet: z. B.

Hüber, 20f. 811 Nachweise bei Stamm, 33f., und bei Hüber, 21. 812 Vgl. Art. 324 OR. 813 Vischer, 2005, 140. 814 BK-Rehbinder, Art. 321d N 18. 815 Hüber, 21; Stamm, 34; BK-Rehbinder, Art. 321d N 18 und 25; Vischer, 2005, 141. 816 BK-Fellmann, Art. 397 N 61 (unter Hinweis auf Soergel-Beuthien, § 665 Rz 1f., mit

weiteren Hinweisen). 817 So grundsätzlich BK-Becker, Art. 397 N 1; BK-Gautschi, Art. 397 N 11a. 818 BasK-Weber, Art. 397 N 4; Werro, N 540. 819 BK-Gautschi, Art. 397 N 1c. Dies kann eine Anpassung des Ziels erforderlich machen,

was durch das Weisungsrecht des Auftraggebers realisiert wird. Ist damit allerdings eine Überschreitung der fines mandati verbunden, so liegt eine Offerte zu einem Ergänzungsvertrag vor, wobei diesfalls die Regelung von Art. 395 OR zu beachten ist: BK-Gautschi, Art. 397 N 3a.

820 Derendinger, N 118 i.f.

Page 220: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 174 -

Interessenwahrungsgrundsatz fordert. 821 Damit ist der Interessenwahrungsgrundsatz die Grundlage und die Rechtfertigung für das Zielanweisungsrecht im Auftragsvertrag.

Es wurde bereits an anderer Stelle herausgearbeitet, dass der Interessenwahrungsgrundsatz im Auftragsvertrag im Bereich der Ausführungsobligation vollständig zum Durchbruch gelangt, wogegen er im entgeltlichen Mandatsrecht in anderen Bereichen von seiner Eindeutigkeit eingebüsst hat. 822 Im Rahmen des Zielanweisungsrechts entspricht es bei einer Vielzahl der Fälle der Erfahrung, dass der Auftraggeber entweder eine mehr oder minder genaue Vorstellung über das Ziel einer Auftragsausführung hat oder aber das Ziel offensichtlich ist. In diesen Situationen kann sich der Auftraggeber also selbstständig mitteilen oder das Ziel des Auftrages liegt auf der Hand. Dabei ist nur ein minimaler Informationsaustausch für die Zielfestlegung notwendig, wobei offensichtlich ist, dass eine Rechenschaftspflicht hier keine Bedeutung hat. Es ist jedoch eine Vielzahl von Konstellationen denkbar, in denen das Zielanweisungsrecht nur nach sorgfältiger Abwägung zahlreicher Argumente möglich ist. Es sind in der Praxis wohl gerade jene Konstellationen, in denen nach einer erfolgten Auftragserteilung und entsprechender Arbeitsleistungen erneut Situationen entstehen, in denen Entscheidungen des Auftraggebers für das weitere Vorgehen notwendig werden. 823 In diesen Fällen sind eine eigentliche Aufklärung der Situation und eine Beratung hinsichtlich der sich stellenden Möglichkeiten notwendig, was ein Mindestmass an Kommunikation voraussetzt. Diese Kommunikation zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer läuft aber jenseits einer Rechenschaftspflicht ab, 824 welche als eine eigentliche Berichtspflicht die in diesen Situationen notwendige Kommunikation nicht sicherstellt. Es geht allerdings auch nicht an, diese Unmöglichkeit als einen Makel der Informationspflicht �Rechenschaft� anzusehen und die Informationspflicht entsprechend anzupassen. Es ist in dieser Hinsicht hinzunehmen, dass eine Berichtspflicht nicht auf Kommunikation ausgerichtet ist.

Für die Interessenwahrung im Auftragsrecht ist eine eigentliche Kommunikation notwendig, falls sich das Ziel der Arbeitsleistung nicht von selbst ergibt. Soll die Interessenwahrung im Auftragsvertrag wirklich wahrgenommen werden, so ist eine

821 Siehe dazu Kapitel 1.3.1 und 3.7.1. 822 Siehe dazu Kapitel 3.3.4, 3.4.3 und 3.7.1. 823 Zu denken ist etwa an eine Heilbehandlung, bei welcher nun über den weiteren Fortgang

der Therapie zu entscheiden ist, wobei sich verschiedene Alternativen anbieten. 824 Siehe dazu Kapitel 3.5.5.

Page 221: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 175 -

eigentliche Kommunikation gefordert, welche die Möglichkeiten einer Rechenschaftspflicht übertreffen. Dementsprechend sind die Konsequenzen für eine Informationsordnung im Auftragsrecht zu ziehen. 825

3.5.2.2.3 Fachanweisungen Die Fachanweisungen �betreffen die Methode oder Technik der Arbeitsausführung und die Handhabung der Arbeitsmittel�. 826 Damit decken die Fachanweisungen jenen Bereich des Weisungsrechts ab, welcher sich mit der Art und Weise der Arbeitsleistung und Zielerreichung beschäftigt. 827 Dieser Teil des Weisungsrechts wird in der allgemeinen arbeitsrechtlichen Lehre mit dem Hinweis auf das Subordinationsverhältnis des gewöhnlichen Arbeitnehmers begründet. 828

Eine besondere Stellung nimmt demgegenüber der sog. fachlich weisungsfreie Arbeitnehmer ein: In der arbeitsrechtlichen Lehre wird hierzu die Ansicht vertreten, dass der Umstand der tatsächlichen und damit auch rechtlich anerkannten Selbstständigkeit eines Arbeitnehmers zur fachlichen Weisungsfreiheit führen müsse. 829 Dabei wird klargestellt, dass das Fachwissen die eigentliche Ursache für die Selbstständigkeit des fachlich weisungsfreien Arbeitnehmers darstellt. 830 Es ist das Fachwissen (als Mehrwissen) und damit ein tatsächliches Wissensgefälle zwischen den Parteien, welches die geforderte Selbstständigkeit verleiht. 831 Hinsichtlich der Grenzen des Weisungsrechts �kann vom Grundsatz ausgegangen werden, dass ein fachunkundiger Arbeitgeber nicht befugt ist, einem fachlich qualifizierten Arbeitnehmer Fachanweisungen zu erteilen.� 832 Dies entspricht wohl auch der täglichen Erfahrung im Berufsleben, weshalb sich beispielsweise bei Dienstleistungen der sog. freien Berufe, die im Rahmen von Arbeitsverhältnissen erbracht werden, die Weisungsfreiheit von selbst ergibt. 833 Allerdings ist gerade im Arbeitsvertragsrecht eine Unterscheidung zwischen Zielanweisungsrecht und Fachanweisungsrecht nicht immer einfach zu erkennen, was insbesondere bei sog. fachlich weisungsfreien

825 Siehe dazu Kapitel 3.5.5 und 3.7.2. 826 ZK- Schönenberger/Staehelin, Art. 321d N 9. 827 BK-Rehbinder, Art. 321d N 19. 828 Siehe dazu Kapitel 3.5.2.2. 829 Siehe hierzu besonders deutlich BK-Rehbinder, Art. 321d N 30. 830 So auch der Titel bei Hüber in Kapitel 1.8 (S. 42ff.). 831 Hüber, 43f. 832 BK-Rehbinder, Art. 321d N 30. 833 Hüber, 28.

Page 222: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 176 -

Mitarbeitern zu Problemen führen kann: Aus der Rechtsprechung wird ersichtlich, dass das Weisungsrecht des Arbeitgebers nur in der Hinsicht beschränkt ist, als dass in diesen Konstellationen kein Weisungsrecht bezüglich des eigentlichen Inhalts der Arbeiten besteht. Demgegenüber darf der Arbeitgeber aber etwa bestimmen, mithilfe welcher Mittel ein bestimmtes Ziel zu erreichen ist 834: Der Heimleiter durfte einem Heilpädagogen genau vorschreiben, mithilfe welcher Mittel (Gutachten, Leistungsberichte) das Ziel (in casu einen Bericht zuhanden der IV-Stelle) zu erreichen ist. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers wird nur dort verneint, wo es um die inhaltliche Aussage der Gutachten oder Leistungsberichte gehen würde. Damit geht das Fachanweisungsrecht in der Tendenz doch weiter als im Auftragsvertrag, da hier das Vorgehen oder die Methode vom Arbeitgeber festgelegt werden kann.

Im Vergleich dazu präsentiert sich die Rechtslage des Fachanweisungsrechts im Auftragsvertrag wie folgt: Es ist grundsätzlich anerkannt, dass ein Auftraggeber �die Ausführung in allen Einzelheiten vorschreiben darf.� 835 Aus diesem Grund wird ausgeführt, dass das Auftragsrecht grundsätzlich keine weisungsfreien Bereiche kennt. 836 Diesen theoretischen Grundlagen ist jedoch die Erfahrung in der typischen Situation im Auftragsvertrag gegenüberzustellen: Die typische Situation zeichnet sich durch eine Konstellation des Wissensgefälles aus, was gerade auch die Erbringung von Arbeitsleistungen aus dem Bereich der sog. freien Berufe charakterisiert. 837 Für den sog. fachlich weisungsfreien Arbeitnehmer wurde in dieser Hinsicht das Folgende formuliert: �Je spezialisierter und anspruchsvoller eine Tätigkeit ist, desto mehr gewinnen Fachkenntnisse an Bedeutung und drängen die Weisungsfreiheit des Arbeitgebers in den Hintergrund.� 838 Dieses Konzept wird ausdrücklich auch für das Auftragsrecht übernommen. 839 Die Tatsache, dass im Arbeitsrecht gewisse Lehrmeinungen der damit einhergehenden Risikoerhöhung für den fachlich weisungsfreien Arbeitnehmer mit Bedenken gegenüber treten, 840 ist für den Bereich des Mandatsrechts ohne Bedeutung (vgl. Art. 398 OR).

834 ZR 100 Nr. 70. 835 BK-Fellmann, Art. 397 N 64. 836 BK-Fellmann, Art. 397 N 64 (mit zahlreichen Hinweisen). 837 Auffallend und bezeichnend in diesem Sinne ist, dass die rechtliche Situation

gleichqualifizierter Vertragsparteien nur im Bereich des Arbeitsrechts überhaupt diskutiert wird. Dazu: Hüber, 43.

838 BK-Rehbinder, Art. 321d N 26 (Hervorhebungen im Original). Vischer, 2005, 141, spricht in diesem Fall dem Arbeitnehmer das Recht zu, sich Weisungen zu widersetzen.

839 BK-Fellmann, Art. 397 N 94. 840 Deutlich z.B. Brühwiler, Art. 321d N 3b.

Page 223: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 177 -

Das Fachwissen eines Beauftragten führt zu einer Selbstständigkeit und Unabhängigkeit, deren Ausfluss unter anderem ein Bereich an fachlicher Weisungsfreiheit ist, welcher ein eigentlicher Autonomiebereich des Beauftragten festlegt. 841 In diesem Bereich also, in dem sich �die Frage stellt, wie diese Interessen [= Zielanweisungen] zu verwirklichen sind, ist der beauftragte Fachmann weitgehend frei.� 842 In den nachfolgenden Abschnitten ist darzulegen, welche Konsequenzen aus dem zugestandenen Autonomiebereich beim Weisungsrecht bei den hier zu behandelnden Informationspflichten zu ziehen sind. Es ist jedoch auch zu begründen, weshalb trotz vergleichbarer Situation zwischen einem Auftragnehmer und einem Arbeitnehmer die Informationsordnung in Arbeitsvertrag und Auftragsvertrag grundsätzlich verschieden ist. 843

3.5.3 Informationsrechte im schweizerischen Einzelarbeitsvertragsrecht

3.5.3.1 Allgemeines Wie einleitend in Kapitel 3.5.1 erwähnt, wird nachfolgend das Informationsrecht des Einzelarbeitsvertrages aufgearbeitet, soweit es für die vorliegende Untersuchung von Bedeutung ist. Die Ergebnisse der nachfolgenden Untersuchung dienen als Grundlage für die weitere Bearbeitung des Zusammenhangs zwischen Informationsrecht (insbesondere der Informationspflicht �Rechenschaft�) und Weisungsrecht im Auftragsrecht.

Das Informationsrecht im schweizerischen Einzelarbeitsvertragsrecht, wie es nachfolgend dargestellt wird, untersucht die Rechtslage im gewöhnlichen Arbeitsvertrag (Art. 321b OR), im Handelsreisendenvertrag (Art. 348 Abs. 3 OR) und im Heimarbeitnehmervertrag (Art. 352a OR). 844

841 Nach Fehlmann, 47, können die freien Berufe auch nur frei (d.h. ungestört von

Einmischungen) oder sonst überhaupt nicht in einer zweckmässigen Art ausgeübt werden. 842 BK-Fehlmann, Art. 397 N 94. 843 Dazu sogleich Kapitel 3.5.3. 844 Nachfolgend wird davon ausgegangen, dass nur ein Arbeitsverhältnis zu beurteilen ist.

Hierzu BGE 128 III 129ff., E. 1, wonach etwa bei einer Organstellung eines Arbeitnehmers verschiedene Regelungen zu beachten sind.

Page 224: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 178 -

3.5.3.2 Rechenschafts- und Herausgabepflicht des Arbeitnehmers nach Art. 321b OR

3.5.3.2.1 Rechtsgrundlage der Rechenschafts- und Herausgabepflicht Art. 321b OR regelt die Rechenschafts- und Herausgabepflicht des Arbeitnehmers, wobei der Gesetzesaufbau im Arbeitsvertragsrecht mit demjenigen des Auftragsrechts vergleichbar ist. Es ist demzufolge nicht erstaunlich, dass sowohl im Einzelarbeitsvertragsrecht als auch im Auftragsrecht Unsicherheiten bezüglich der Frage bestehen, welche Pflichten ihren Bestand in der allgemeinen Treuepflicht nach Art. 321a OR (bzw. Art. 398 OR) oder in der spezifischen Norm von Art. 321b OR (bzw. Art. 400 OR) haben. 845 So wird in der Lehre zum Arbeitsvertragsrecht die Meinung vertreten, dass sich die Rechenschafts- und Herausgabepflicht bereits aus Art. 321a OR ergebe. 846 In Zusammenhang mit der Rechenschaftspflicht im Rahmen von Art. 321b OR wird angemerkt, dass es sich dabei um nachgiebiges Recht handle, weshalb diese Pflicht eingeschränkt werden könne. 847 Nach richtiger Ansicht ist jedoch eine Wegbedingung nur der Ablieferungsobligation, jedoch nicht der Rechenschaftspflicht zulässig. 848

Der Arbeitnehmer soll die erhaltenen Sachen grundsätzlich sofort 849 herausgeben, weshalb als flankierende Massnahme eine aktive Informationspflicht gefordert wird. 850 In erster Linie hat der Arbeitnehmer diese Pflichten deshalb als Spontanpflichten wahrzunehmen. 851 Aus den Darstellungen ergibt sich, dass in demselben Umfang auch eine passive Pflicht zur Information des Arbeitnehmers besteht, weshalb die entsprechenden Pflichten auch auf Verlangen zu erfüllen sind. 852

845 Vgl. etwa die Unsicherheit betreffend die Begründung einer schuldrechtlichen

Dokumentationspflicht: Siehe dazu Kapitel 3.2. 846 BK-Rehbinder, Art. 321b N 1, spricht dabei von der Konkretisierung der allgemeinen

Treuepflicht (gemäss Art. 321a OR). Diese Sichtweise kann sich namentlich auch auf den Wortlaut der Botschaft stützen: BBl 1967 II 303 (wobei an entsprechender Stelle auf die Situation im Auftragsrecht hingewiesen wird). Demgegenüber sprechen ZK-Schönenberger/Staehelin, Art. 321a N 7 i.V.m. 321b N 4, und Geiser, Treuepflicht, 189, etwa davon, dass sich die Rechenschaftspflicht nur aus Art. 321b OR ergebe. Für das Auftragsrecht kann auf die Übersicht in BK-Fellmann, Art. 400 N 53, verwiesen werden.

847 BBl 1967 II 304. Schweingruber, Art. 321b N 1; ZK-Schönenberger/Staehelin, Art. 321b N 8.

848 Brunner/Bühler/Waeber, Art. 321b N 5. 849 BBl 1967 II 404. Die Vereinbarung von Terminen für die Abrechnung und Auszahlung ist

allerdings möglich: Schweingruber, Art. 321b N 2. 850 BK-Rehbinder, Art. 321b N 1, spricht in diesem Zusammenhang von einer Meldepflicht. 851 ZK-Schönenberger/Staehelin, Art. 321b N 4. Vgl. auch BBl 1967 II 303. 852 BK-Rehbinder, Art. 321b N 1; ZK-Schönenberger/Staehelin, Art. 321b N 4.

Page 225: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 179 -

3.5.3.2.2 Inhalt der Herausgabe- und Rechenschaftspflicht Die Materialien 853 verdeutlichen, dass der Anwendungsbereich der Ablieferungsobligation im Gegensatz zum Vorentwurf erweitert wurde: Nunmehr erstreckt sich die Herausgabepflicht auf alles, was der Arbeitnehmer in Ausübung seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit hervorbringt, wodurch dem Arbeitgeber das Recht am Arbeitsergebnis oder Arbeitserzeugnis zusteht. 854 In Zusammenhang mit der Umschreibung des Gegenstandes der Ablieferungsobligation zeigen sowohl die gesetzgeberischen Materialien als auch die Lehre eine deutliche Orientierung �an den Gegenständen�: Waren, Werkzeuge, Geräte, Urkunden, Geldbeträge. 855 Im Vergleich zur mandatsrechtlichen Umschreibung der Ablieferungspflicht fällt die entsprechende Umschreibung im Arbeitsvertragsrecht umfassender aus: Nach der in der Botschaft vertretenen Meinung unterliegen auch Berechnungen, Skizzen, Zeichnungen und dergleichen der Ablieferungspflicht. 856 Es handelt sich dabei um Gegenstände, die im Bereich des Mandatsrechts dem Bereich der sog. Handakten zugeteilt werden. Damit werden diese Gegenstände dort dem Eigenbereich des Auftragnehmers zugerechnet und in der Folge von der Ablieferungsobligation ausgenommen. 857

Aus den einzelnen Lehrmeinungen folgt, dass die Informationspflicht �Rechenschaftspflicht� im Bereich des Einzelarbeitsvertrages eigentlich zwei Aspekte abdeckt: (1) Zum einen sieht die Lehre einen engen Zusammenhang zwischen der Informationspflicht (Rechenschaftspflicht gemäss Art. 321b OR) und der eben beschriebenen Herausgabepflicht. Dies wird bereits durch den Umstand verdeutlicht, dass in einzelnen Abhandlungen die Rechenschaftspflicht nicht deutlich von der Herausgabepflicht unterschieden wird. 858 Die entsprechenden Anforderungen an die Rechenschaftspflicht, wonach die Rechenschaftspflicht wahrheitsgemäss, vollständig und rechtzeitig erfolgen soll, werden dabei auf die umfassende Herausgabepflicht bezogen. 859 (2) Zum anderen ist aber in der Lehre festzustellen, dass die

853 BBl 1967 II 303f. 854 Vgl. Art. 321b OR. 855 ZK-Schönenberger/Staehelin, Art. 321b N 4 i.V.m. N 2; BK-Rehbinder, Art. 321b N 1;

Brühwiler, Art. 321b N 1; Brunner/Bühler/Waeber, Art. 321b N 1. Die Aufzählungen dieser Autoren gehen auf eine entsprechende Formulierung in der Botschaft zurück: BBl 1967 II 303.

856 BBl 1967 II 304. 857 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.4. 858 Bspw. ZK-Schönenberger/Staehelin, Art. 321b N 2, und Vischer, 2005, 161f. 859 ZK-Schönenberger/Staehelin, Art. 321b N 4; BK-Rehbinder, Art. 321b N 1 (mit Hinweis

auf BBl 1967 II 303).

Page 226: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 180 -

Rechenschaftspflicht auch als eine umfassendere, von der Ablieferungsobligation losgelöste Informationspflicht beschrieben wird: �Soweit das zur Kontrolle durch den Arbeitgeber erforderlich ist, sind Abrechnungsunterlagen 860 wie Aufstellungen über die für den Arbeitgeber getätigten Geschäfte oder Listen und Belege über entgegengenommene Gegenstände zu erstellen.� 861 In diesem Zusammenhang wird in der Lehre auch festgehalten, dass der Arbeitnehmer einen �rapport complet� 862 resp. �tout information sur son activité� 863 im Rahmen der Rechenschaftspflicht liefern müsse.

In diesen Formulierungen wird das entscheidende Argument im Einzelarbeitsvertragsrecht angeführt: Die Rechenschaftspflicht hat im Einzelarbeitsvertragsrecht die Kontrolle sicherzustellen, welche diesen Vertragstypus aufgrund der Subordination des Arbeitnehmers auszeichnet. 864 Die Kontrolle im Arbeitsvertragsrecht wird dabei nicht durch die spezifische Rechenschaftspflicht des Arbeitnehmers eingerichtet, sondern die Kontrolle ergibt sich bereits aus den strukturellen Grundlagen des Arbeitsvertragsverhältnisses. 865 Die Rechenschaftspflicht erscheint dabei als blosses Vehikel, welches diese nachgelagerte Kontrolle sicherstellen will. 866 Aus diesem Umstand ergibt sich auch, weshalb auf die Rechenschaftspflicht im Einzelarbeitsvertrag nicht verzichtet werden kann: Gerade durch die Rechenschaftspflicht wird die Kontrollmöglichkeit verwirklicht, durch welche sich dieser Vertragstyp auszeichnet und vom Auftragsvertrag unterscheidet. Diese Art �Rechenschaftspflicht�, welche ein eigentliches Kontrollrecht verwirklicht, kann jedoch nicht mit einer Rechenschaftspflicht aus dem Auftragsrecht verglichen

860 Der Aspekt der Abrechnungspflicht wird insbesondere von Brunner/Bühler/Waeber, Art.

321b N 4, hervorgehoben, da diese Autoren einzig die Pflicht zur �Décompte� nennen. Eine solche Fixierung auf eine Ablieferungsobligation ergibt sich auch aus den Ausführungen bei Wyler, 81f.

861 BK-Rehbinder, Art. 321b N 1; Brühwiler, Art. 321b N 2. 862 Duc/Sabilia, Art. 321b N 2. 863 Tercier, N 3060. 864 Siehe dazu Kapitel 3.5.3 und 3.5.4. 865 Interessanterweise wird im Bereich des Arbeitsvertragsrechts auch keine Wechselwirkung

zwischen einer umfassenden Rechenschaftspflicht und einem arbeitsvertraglichen Weisungsrecht konstruiert, wie es im Bereich des Mandatsrechtes postuliert wird. Dies, obwohl das Weisungsrecht im Arbeitsvertragsrecht in einer viel umfassenderen Weise als im Auftragsrecht anzuerkennen ist.

866 Das entsprechende Kontrollrecht des Arbeitgebers gilt gemäss der Rechtsprechung (BGer in 4C.95/2004, E. 3.1.1) auch nach einer Freistellung oder Kündigung (in der Kündigungszeit). So konnte der Arbeitgeber, gestützt auf die Rechenschaftspflicht des Arbeitnehmers in Art. 321b OR, einen freigestellten Abreitnehmer anweisen, einen Bericht über alle Kontakte mit aussen stehenden Personen anzufertigen, mit denen er beruflich Kontakt hatte.

Page 227: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 181 -

werden, da dort keine Kontrolle, sondern grundsätzlich Autonomie des Beauftragten besteht. Damit hat die Rechenschaftspflicht im Einzelarbeitsvertrag und im Auftragsrecht eine ganz unterschiedliche Funktion und ist demzufolge inhaltlich anders besetzt. Eine Rechenschaftspflicht im Auftragsrecht bringt keine Kontrolle, weil damit die Charakteristik des Auftragsvertrages nicht anerkannt würde. 867 Die Rechenschaftspflicht im Mandatsrecht ist keine Kontrollpflicht, sondern eine sog. Berichtspflicht, weshalb durch sie die Information nur über ein entsprechend definiertes Thema in einer vorgegebenen Form geschuldet ist. 868

Aus diesen Überlegungen folgt, dass die Rechenschaftspflicht im Bereich des Arbeitsvertragsrechts eine eigentliche allgemeine Kontrollfunktion verwirklicht. Das allgemeine Kontrollrecht wird dabei noch durch eine konkrete Berichtspflicht ergänzt, weshalb in diesem Zusammenhang davon gesprochen werden kann, dass �[D]ie Rechenschaftspflicht aus der Meldepflicht und der Abrechnungspflicht [besteht].� 869

3.5.3.3 Berichterstattungspflicht des Handelsreisenden nach Art. 348 Abs. 3 OR

3.5.3.3.1 Anwendbare Rechtsnormen Die Untersuchung des Rechts des Handelsreisenden 870 in Bezug auf die dort geltende Informationsordnung ist deshalb von besonderem Interesse, weil es sich um ein Vertragsverhältnis handelt, welches typischerweise der Tatsache Rechnung tragen muss, dass eine unmittelbare Kontrolle nur bedingt möglich ist. Der Randtitel zu Art. 348a OR spricht von �II. (...) 1. Besondere Pflichten�, was die Frage zum Verhältnis zum allgemeinen Arbeitsvertragsrecht aufwirft: Nach Art. 355 OR finden die Vorschriften des Einzelarbeitsvertrages jedoch ergänzend auf den Handelsreisendenvertrag Anwendung. 871 Damit gelten für den Handelsreisenden

867 Siehe zum Ganzen Kapitel 3.5.5 und 3.7.2. 868 Siehe dazu Kapitel 3.7.3. 869 BK-Rehbinder, Art. 321b N 1. 870 Die rechtliche Abgrenzung zwischen einem Handelsreisenden und einem Agent kann nur

aufgrund einer Analyse sämtlicher Sachverhaltselemente vorgenommen werden. So hat das BGer in BGE 129 III 664ff., E. 3, in einem spezifischen Fall einen Arbeitsvertrag angenommen, da sowohl die bestehende hierarchische Struktur als auch insbesondere das umfangreiche Pflichtenheft Tatsachen waren, welche für einen Agenturvertrag untypisch sind.

Weiter kann nicht stillschweigend aufgrund der sich ändernden Umstände angenommen werden, dass ein Handelsreisendenvertrag in einen einfachen Einzelarbeitsvertrag umzuqualifizieren ist: KGer SG in JAR 2004 530f.

871 BK-Rehbinder, Art. 348a N 1, spricht in diesem Zusammenhang von einem Verhältnis der Konkretisierung.

Page 228: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 182 -

grundsätzlich auch die Ausführungen, welche im vorangehenden Abschnitt dargestellt wurden. 872

3.5.3.3.2 Zusätzliche Melde- und Berichtspflicht des Handelsreisenden Im Recht des Handelsreisenden sieht Art. 348 Abs. 3 OR zwei weitere besondere Informationspflichten vor: Zum einen ist es die Pflicht, über die Reisetätigkeit Bericht zu erstatten und zum anderen die Pflicht, den Arbeitgeber über Tatsachen im Zusammenhang mit dem Kundenkreis zu unterrichten. Wie der Gesetzeswortlaut ergibt, handelt es sich hierbei jeweils um sog. Spontanpflichten, da der Handelsreisende die entsprechenden Informationspflichten von sich aus erfüllen muss. Es handelt sich um eigentliche Meldepflichten.

Die Lehre zum Handelsreisendenrecht charakterisiert die entsprechenden Meldepflichten als eigentliche Berichtspflichten, wobei diese �typische Pflicht zur regelmässigen Berichterstattung (Rapportpflicht) Ausfluss seiner Treuepflicht ist.� 873 Ein Bericht ist dabei ungeachtet der gesetzlichen Grundlage dadurch gekennzeichnet, dass die zu liefernden Informationen vom Gesetz in gegenständlicher Hinsicht vorgegeben sind 874 und in der vorgeschriebenen Form dem Informationsadressaten übermittelt werden müssen. 875 Entsprechend dieser Charakterisierung wird die entsprechende Meldepflicht umschrieben: �Die Berichterstattung bezieht sich auf alle erheblichen Tatsachen, die für den Arbeitgeber von Interesse sind, 876 wie z. B. Kundenbesuche, Warennachfragen und -beurteilungen durch die Kundschaft, Grund für entgangene Bestellungen, Zahlungsmoral der Kunden, Verhalten der Konkurrenz.� 877 Die entsprechende Berichtspflicht zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass nur solche Informationen von der entsprechenden Berichtspflicht erfasst sind, die einen Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg haben können. 878 Die weitere Berichtspflicht des Handelsreisenden ist demgegenüber thematisch dadurch beschränkt, dass die

872 Siehe dazu Kapitel 3.5.3.2. 873 Schweingruber, Art. 348 N 2; ZK-Schönenberger/Staehelin, Art. 321a N 12. 874 Nach Druey, Informationspflichten, 29, ist ein Bericht dadurch gekennzeichnet, �dass das

Thema vorgegeben und als Ganzes abzudecken ist.� 875 Deutlich etwa beim Jahresbericht im Bereich des Aktienrechtes: Art. 662 Abs. 1 OR und

Art. 663d Abs. 1 OR. Dazu ausführlich: Gautschi, Grundsätzliches, 118 und 124f. Aus der neueren Literatur: Boemle, 19ff.

876 Unter Hinweis auf: BK-Rehbinder, Art. 348 N 8f.; Streiff/von Kaenel, Art. 348 N 5; Meyer, 37f.; Kornmeier, 92.

877 Siehe die Darstellung bei Schweingruber, Art. 348 N 2. 878 BK-Rehbinder, Art. 348 N 9.

Page 229: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 183 -

Berichterstattungspflicht �nur bezüglich Tatsachen besteht, die den Kundenkreis betreffen.� 879

Es ist darauf hinzuweisen, dass eine Berichtspflicht deutlich vom allgemeinen Kontrollrecht des Arbeitgebers zu unterscheiden ist, da sich das allgemeine Kontrollrecht bereits aus den strukturellen Grundlagen des Arbeitsvertragsrechtes ergibt. 880 Im Rahmen der Berichtspflichten verlieren deshalb auch die allgemeinen Informationsqualitätskriterien (Wahrheit, Rechtzeitigkeit und Vollständigkeit) grundsätzlich an Bedeutung, da durch die Beschreibung der Modalitäten (Thema, Inhalt, Form etc.) der Berichtspflicht die entsprechenden Fragen vorgegeben sind. Diese Kriterien werden im Zusammenhang mit Art. 348 Abs. 3 OR in den Kommentierungen richtigerweise auch nicht aufgeführt.

Abschliessend kann ausgeführt werden, dass zusätzlich zur Pflichtenlage nach Art. 321b OR ein rechtlich abgesicherter, aber beschränkter Informationsfluss anvisiert wird, der die Leistungserbringung unterstützen soll, gerade weil eine arbeitsteilige Organisation in �Produzent� und �Absatzmittler� gewählt worden ist. Diese gesetzlich normierte Berichtspflicht will gerade durch die geschuldeten Informationen ein spezifisches Informationsbedürfnis decken, welches durch die dezentrale Arbeitsorganisation geschaffen wird.

3.5.3.4 Rechenschaftspflicht des Heimarbeitnehmers nach Art. 352a Abs. 1 OR

3.5.3.4.1 Anwendbare Rechtsnormen Der Randtitel zu Art. 352ff. OR spricht von �II. Besondere Pflichten�, was die Frage zum Verhältnis zum allgemeinen Arbeitsvertragsrecht aufwirft: Nach Art. 355 OR finden die Vorschriften des Einzelarbeitsvertrages, ergänzend auf den Heimarbeitnehmervertrag, Anwendung. Damit gelten für den Heimarbeitnehmer grundsätzlich auch die Ausführungen, welche zur Rechenschaftspflicht gemäss Art. 321b OR dargestellt wurden. 881 Demgegenüber ist die Risikolage des Arbeitgebers

879 Schweingruber, Art. 348 N 2. 880 Siehe dazu Kapitel 3.5.2. 881 Siehe dazu Kapitel 3.5.3.2. Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass ein

Verhaltensanweisungsrecht bei einer dezentralen Arbeitsorganisation nur soweit reichen kann, als es die Interessen des Arbeitgebers erfordern. Dies folgt allgemein aus dem Bestand und den Schranken des Weisungsrechts des Arbeitgebers: ZK- Schönenberger/Staehelin, Art. 321d N 11 und 14ff.

Page 230: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 184 -

nicht mit derjenigen beim Handelsreisenden zu vergleichen, weshalb die Ausführungen zum Recht des Handelsreisenden hier keine Geltung haben. 882

3.5.3.4.2 Spezifische Rechenschaftspflicht Das Recht, welches auf den Heimarbeitnehmer anwendbar ist, kennt eine spezifische Informationspflicht, welche sich gegenständlich auf die besondere Risikolage dieses Vertragsmodells beschränkt: Wird das entsprechende Risiko im Bereich des Handelsreisenden durch einen entsprechenden Bericht über die Reisetätigkeit und über den zu bearbeitenden Kundenkreis abgefangen, so steht beim Heimarbeitnehmer die Überwachung der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Materialien und Gerätschaften im Zentrum des Interesses. 883

In der Lehre wird der Inhalt der Informationspflicht gemäss Art. 352a OR wie folgt eingegrenzt: �[D]er Heimarbeiter [ist] verpflichtet, über die Verwendung des Materials und der Arbeitsgeräte, die ihm vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden, Rechenschaft abzulegen.� 884 Und weiter: �Diese Rechenschaftspflicht besteht wie im Werkvertragsrecht (Art. 365 Abs. 2 OR) 885 und im Auftragsrecht (Art. 400 OR) in der Meldepflicht und in der Abrechnungspflicht.� 886 Diese Umschreibung der Rechenschaftspflicht im Recht des Heimarbeitnehmers entspricht auch der Auffassung des historischen Gesetzgebers. 887 Es handelt sich hierbei um eine deutliche Berichtspflicht, die ebenfalls keine allgemeine Kontrolle verschafft, sondern einzig in einem definierten Bereich vorbestimmte Informationen liefert. Vor diesem Hintergrund kommt den entsprechenden Lehrmeinungen, 888 die zu Beginn der Darstellung von Art. 352a OR jeweils in genereller Weise feststellen, dass das Informationsrecht aus Art. 352a OR weiter und umfassender sei als jenes in Art. 321b OR, kaum eigenständige Bedeutung zu.

882 Siehe Kapitel 3.5.3.3. 883 Waldner, 163 i.V.m. 124, sieht den eigentlichen Grund dieser Regelung in den besonderen

sachenrechtlichen Verhältnissen, die bei dieser Arbeitsorganisation vorliegen können. 884 ZK-Staehelin, Art. 352a N 3. 885 Bezüglich des anwendbaren Sorgfaltsmasstabes wird die Anwendung der entsprechenden

werkvertraglichen Regelung gefordert: ZK-Staehelin, Art. 352a N 2. 886 ZK-Staehelin, Art. 352a N 3. 887 BBl 1967 II 415. 888 BK-Rehbinder, Art. 352a N 1; ZK-Staehelin, Art. 352a N 1; Waldner, 163.

Page 231: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 185 -

3.5.3.5 Zwischenfazit Die Beschäftigung mit Art. 321b OR hat ergeben, dass eine Informationspflicht �Rechenschaftspflicht� im allgemeinen Einzelarbeitsvertragsrecht postuliert wird, welche auf die Herausgabepflicht in derselben Norm fokussiert ist, jedoch als allgemeines Instrument des Kontrollrechts im Einzelarbeitsvertrag eingerichtet ist. Dabei zeigt sich, dass die eigentliche Begründung des Kontrollrechts in der Eigenart des Einzelarbeitsvertrages liegt. Entsprechend realisiert die genannte Rechenschaftspflicht einzig die strukturell vorgegebene Möglichkeit eines Kontrollrechts, weshalb das Kontrollrecht �Rechenschaft� nicht Ursache, sondern nur Mittel zum Zweck ist.

Die Darstellung der Rechtslage des Handelsreisenden hat ergeben, dass es sich bei Art. 348 Abs. 3 OR um eine zusätzliche Informationspflicht handelt, die neben der allgemeinen Pflicht zur Rechenschaft von Art. 321b OR tritt und als Kontrollpflicht ausgestattet ist. Art. 348 Abs. 3 OR regelt als weitere Informationspflicht eine eigentliche Berichtspflicht, da das Thema der Informationspflicht spezifisch vorgegeben ist. Es handelt sich dabei um eine spezielle Pflicht des Handelsreisenden, welche besonders auf die Form der dezentralen Arbeitsteilung zugeschnitten ist und einen klar definierten Informationsbedarf bedient. Es handelt sich bei Art. 352a OR um eine zusätzliche Pflicht, welche neben die allgemeine Pflicht zur Rechenschaft von Art. 321b OR tritt, die als eigentliche Kontrollpflicht im Zusammenhang mit der Herausgabepflicht zu begreifen ist. Die Ausführungen haben ergeben, dass im Heimarbeitnehmerrecht die Informationspflicht �Rechenschaftspflicht� als eine deutliche Berichtspflicht ausgestaltet ist, da das Thema und der Inhalt dieser spezifischen Informationspflicht vorgegeben sind.

3.5.4 Unterschiedliche Qualität der Unterordnung und das Kontrollrecht

3.5.4.1 Allgemeines In Kapitel 3.5.2 wurde das Weisungsrecht im Auftrags- und im Einzelarbeitsvertrag vergleichend dargestellt. Es hat sich dabei gezeigt, dass die Weisungsrechte bei den einzelnen Vertragsverhältnissen jeweils in ein bestimmtes Vertragsmodell eingebunden sind. 889 Diese Tatsache führt dazu, dass das Weisungsrecht je nach Vertragstypus inhaltlich anders definiert ist. 890 Das Weisungsrecht kann jedoch auch

889 Grundlegend für das Vertragstypenrecht in allgemeiner Hinsicht: Dasser,

Vertragstypenrecht im Wandel, Zürich 2000, passim. 890 So deutlich der Ansatz bei Werro, N 536f.

Page 232: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 186 -

innerhalb eines Vertragstypus unterschiedlich sein. Dies führt etwa im Bereich des Vertragstypus �Einzelarbeitsvertrag� zur Unterscheidung zwischen dem gewöhnlichen und dem sog. fachlich weisungsfreien Arbeitnehmer. 891 Solche Unterscheidungen sind jedoch innerhalb des schweizerischen Mandatsrechtes (Art. 394 ff. OR) nicht möglich, da sowohl die gesetzliche Ordnung 892 als auch die bundesgerichtliche Rechtsprechung 893 davon ausgehen, dass das schweizerische Mandatsrecht einheitlich auf alle Verträge anzuwenden ist, welche als Aufträge zu qualifizieren sind.

3.5.4.2 Subordination als Abgrenzungskriterium Die auftragsrechtliche Lehre hat sich ausführlich 894 mit der Abgrenzung des Auftragvertrages vom Arbeitsvertrag befasst, was Beleg dafür ist, dass zwischen diesen beiden Verträgen auf Arbeitsleistung zahlreiche Berührungspunkte bestehen. Wurde in der älteren Lehre die Abgrenzung v.a. im Kriterium der Zeitdauer einer Arbeitsleistung gesucht, 895 so wird in der neueren mandatsrechtlichen Lehre 896 die Unterscheidung zwischen diesen Vertragstypen nach dem Kriterium der Abhängigkeit (als rechtliche Subordination) vorgenommen. 897 Grundsätzlich wird in der mandatsrechtlichen Lehre jedoch festgehalten, dass der Mandatsvertrag letztlich nur typologisch zu bestimmen ist. 898 Die nämliche Stellungnahmen findet man in der Rechtsprechung: Auch die Rechtsprechung anerkennt die Qualität der Unterordnung als grundsätzlich entscheidendes Abgrenzungskriterium zwischen den beiden

891 Dazu grundlegend die Dissertation von Hüber aus dem Jahre 1975; auch BK-Rehbinder,

Art. 321d N 24ff. In diesem Zusammenhang ist der Ansicht des BGer in BGE 130 III 213ff., E. 2.1, zu widersprechen: �Das schweizerische Arbeitsrecht unterscheidet nicht nach verschiedenen Arbeitnehmerkategorien.�

892 Das OR kennt nur ein Auftragsrecht. 893 In diesem Zusammenhang kann insbesondere auf BGE 110 II 181ff. hingewiesen werden,

wo bspw. eine Unterscheidung in ein �Berufsmandatsrecht� und in ein gewöhnliches Mandatsrecht kategorisch abgelehnt wird. Einen ähnlichen Sachverhalt lag auch dem folgenden Entscheid zugrunde: BGer in 4C.165/2000, E. 3 und 5.

894 Eine äusserst umfangreiche Übersicht zur Qualifikationsfrage findet sich bei Schneeberger, 128ff. Siehe dazu auch Dasser, N 101 (mit zahlreichen Hinweisen). Für eine allgemeine Übersicht kann auf die ausführliche Darstellung von Lehre und Rechtsprechung bei Rommé, 21ff., verwiesen werden.

895 BK-Becker, Art. 394 N 12; ZK-Oser/Schönenberger, Art. 394 N 21. Besonders auch für die Abgrenzung Auftrag � Agenturvertrag � Arbeitsvertrag: Kornmeier, 34.

896 Nachweise bei BK-Fellmann, Art. 394 N 308. Grundlegend für die Schweiz: Gautschi, Auftrag und Geschäftsführung, 72, und BK-Gautschi, Art. 394 N 62b.

897 Siehe hierzu aber die Fundamentalkritik von Rommé, 73ff, welcher das Kriterium (in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht) für �untauglich� hält (82), ohne aber eigentliche Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

898 Ausführlich: Derendinger, N 23ff.; BK-Fellmann, Art. 394 N 91ff. resp. N 310ff.

Page 233: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 187 -

Vertragstypen. 899 In der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung wird allerdings ebenfalls betont, dass über das �Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses eine Würdigung des Gesamtbildes nach dem Massstab der Verkehrsanschauung entscheidet.� 900 Es ist gerade wieder in den neueren Entscheiden ersichtlich, dass die wirtschaftliche Subordination im Sinne einer wirtschaftlichen Abhängigkeit 901 als ein zentrales Kriterium herangezogen wird, falls die rechtliche Subordination zu keinem eindeutigen Ergebnis führt. 902 In diesem Zusammenhang ist abschliessend festzuhalten, dass �es sich beim Arbeitnehmerbegriff um einen offenen Begriff handelt�, welcher ebenfalls �nur typologisch erfasst werden kann.� 903

3.5.4.3 Unterschiedliche Unterordnungsqualität und seine Auswirkungen Im vorliegenden Zusammenhang interessiert besonders das Weisungsrecht in der Erscheinungsform des Fachanweisungsrechts. Im Einzelarbeitsvertragsrecht wird das Fachanweisungsrecht (oft auch Direktionsrecht oder Leitungsmacht genannt), losgelöst von einer einzelnen gesetzlichen Rechtsgrundlage 904 , strukturell damit begründet, dass zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein Subordinationsverhältnis besteht. 905 Dieses Kriterium ist von der oft, aber nicht notwendigerweise damit

899 Grundlegend BGE 95 I 21ff., E. 5b. Ähnlich auch der Entscheid des BGer vom 4.2.2000

(4C.346/1999), wonach die rechtliche Subordination entscheidend sei, welche nur aufgrund aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden könne.

900 BGer in JAR 1998 104: Dabei spielt die Eingliederung, die Weisungsgebundenheit und die Kontrollbefugnis eine entscheidende Rolle. Weitere aktuelle Entscheide: LGVE 2002 I Nr. 25 (Platzwart); KGer BL in JAR 2003 145ff. (Fitnessinstruktorin).

901 Diese wirtschaftliche Abhängigkeit ist nicht zu verwechseln mit dem Abgrenzungskriterium �Unternehmerrisiko�. Siehe dazu ausführlich Rommé, 50ff., welcher dieses Kriterium gerade für nicht erheblich einstuft, da diesem Kriterium eine zu geringe Kennzeichnungskraft zukommt (Rommé, 72).

902 BGer in JAR 2001 135ff.: Der Umstand, dass ein Dienstleistender über eine längere Zeit zu mehr als 75 % ausgelastet wurde, sprach für den Umstand eines Arbeitsverhältnisses. Demgegenüber hat das OGer LU ein Arbeitsverhältnis gerade deshalb verneint, weil eine geringe Auslastung vorlag und ein jährliches Kündigungsrecht bestand (LGVE 2002 I Nr. 25: Platzwart).

�Wer als Arzt, Anwalt oder Architekt ausschliesslich in den Diensten einer Unternehmung steht, dort in den Betrieb integriert ist und laufend Arbeiten zugeteilt erhält, seht in einem Arbeitsverhältnis.�: OGer LU in JAR 2001 138ff.

903 OGer BL vom 21.5.1996 in JAR 1998 108 und 114. Diese Ansicht führte im erwähnten Entscheid dazu, dass nach Berücksichtigung aller Vertragsklauseln ein Arbeitsvertrag verneint worden ist, obwohl �es nicht abzustreiten ist, dass eine gewisse Unterordnung besteht.� Entscheidend ist die konkrete Stellung des Arbeitsleistenden, wobei Kriterien wie der Gegenstand der zu verrichtenden Arbeit (...), die Strenge der in Rede stehenden Haftung [Gautschi, Auftrag und Geschäftsführung, 71, mit der Begründung, dass beide Arbeitsleistungen nicht den Erfolg garantieren, sondern nur ein bestimmtes Mass an Sorgfalt festlegten] und die Art [so BK-Gautschi, Art. 394 N 62b] oder Höhe der Entlöhnung [so auch BGer vom 24.2.1997, in: JAR 1998 104f.] zu beachten sind.

904 Siehe dazu Kapitel 3.5.2.2. 905 Vischer, 2005, 138; BK-Rehbinder, Art. 321d N 17; ZK-Oser/Schönenberger, Art. 319 N

14; Stamm, 1f.; Hüber, 54; Werro, N 536.

Page 234: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 188 -

verbundenen Frage der Eingliederung in die betriebliche Organisation des Arbeitgebers zu unterscheiden, da dieses Kriterium weiter die Grundlage für das Verhaltensanweisungsrecht ist. 906 Eine Unterordnung erscheint allerdings als Wesensmerkmal einer jeden arbeitsteiligen Organisation. Jede arbeitsteilige Organisation hat eine tatsächliche und damit auch rechtliche Unterordnung zur Folge, wodurch sich die Vertragstypen �Auftragsvertrag� und �Arbeitsvertrag� von den blossen Verträgen mit Austauschcharakter unterscheiden. Sowohl der Arbeitsvertrag als auch der Auftragsvertrag machen eine organisatorische Einordnung in ein arbeitsteiliges Modell notwendig. Die Tatsache der Arbeitsteilung wird im Bereich des Auftragrechtes jedoch in der Weise verwirklicht, dass der Beauftragte seine Arbeitsleistung unter Wahrung einer gewissen Autonomie für einen anderen erbringen soll. Die Erbringung dieser Leistung erfolgt dabei ohne Frage im eigentlichen Interesse des Auftraggebers, doch ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es die Person des Auftragnehmers ist, welche die Leistungserstellung in eigener Organisation 907 und in eigener Verantwortlichkeit 908 erbringt. Diese Umstände können nicht ohne Folgen für die Bestimmung der Inhalte der mandatsrechtlichen Pflichten (Weisungsrecht, Befolgungspflicht, Informationspflicht etc.) sein. Die Darstellung des Informationsrechts im Einzelarbeitsvertragsrecht hat gezeigt, dass eine eigentliche Kontrolle eingerichtet wird, was dem Wesen des Arbeitsvertrages entspricht. 909 Demgegenüber wird dem Beauftragten im Auftragsrecht ein eigentlicher Autonomiebereich zugestanden, weshalb gerade kein generelles Kontrollrecht des Auftraggebers nachgeschaltet wird. Die Autonomie wird gerade im Unterschied zum Arbeitsrecht aufrechterhalten.

Daraus folgt, dass auch im Vertragstyp �Auftrag� eine gewisse Unterordnung gegeben ist. Entscheidend in Bezug auf die ableitbaren Rechtsfolgen ist jedoch, dass die jeweiligen Unterordnungen im Auftragsrecht und im Arbeitsvertragsrecht unterschiedliche Qualitäten aufweisen. Dieser Umstand führt dazu, dass an die jeweilige Art der Unterordnung auch unterschiedliche Inhalte von Rechten und Pflichten geknüpft werden. Um die unterschiedlichen Qualitäten der beiden hier gegenübergestellten Vertragstypen zu verdeutlichen, lässt sich feststellen, dass �[d]ie

906 So deutlich Stamm, 6; Hüber, 55 und 59.; Vischer, 2005, 138f. Diese Unterscheidung

wird von BK-Rehbinder, Art. 321d N 17, nicht gemacht. 907 Derendinger, N 33: �[D]er Beauftragte organisiert seine Arbeit in zeitlicher, räumlicher

und materieller Hinsicht selbstständig.� 908 Art. 399 OR. 909 Siehe dazu ausführlich Kapitel 3.5.3.

Page 235: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 189 -

Weisungsgebundenheit des Beauftragten nach Art. 397 OR und seine Pflicht zur Rechenschaftsablegung nach Art. 400 OR ihn ebenso wenig zum Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsvertragsrechtes machen wie die fachliche Weisungsfreiheit festangestellter Mitglieder bestimmter Berufsgruppen (z. B. Ärzte, Architekten, Juristen, Künstler usw.) diese zu Beauftragten im Sinne des Auftragrechtes [machen].� 910 Der bereits angesprochene Unterschied in der rechtlich relevanten Unterordnung des Arbeitnehmers liegt darin, dass �Weisungen und Instruktionen den Gang und die Gestaltung der Arbeit durch den Verpflichteten unmittelbar beeinflussen und dem Berechtigten eine Kontrollbefugnis zusteht.� 911 Es ist das eigentliche Kontrollrecht im Arbeitsvertragsrecht, welches den Unterschied in der rechtlich relevanten Unterordnung verdeutlicht und ausmacht. 912 Dieser Unterordnung des Arbeitnehmers entspricht informationsseitig die Anerkennung eines Kontrollrechts des Arbeitgebers. Dieses Kontrollrecht ist in den strukturellen Grundlagen des Arbeitsvertragsrechts begründet und findet deshalb im gesamten Einzelarbeitsvertragsrecht Anwendung, also insbesondere auch im Falle des sog. fachlich weisungsfreien Arbeitnehmers. 913

Die Situation im Auftragsrecht präsentiert sich anders: �Die Weisung [im Auftragsrecht] bestimmt den Umfang und die Ausführung des Auftrages näher, belässt aber dem Beauftragten stets eine gewisse Freiheit in der Ausführung des Auftrages und kann nicht in eine Kontrolle durch den Auftraggeber ausmünden. Insbesondere fehlt beim Auftrag eine Eingliederung des Beauftragten in den Betrieb des Auftraggebers. Ebenso kann die Rechenschaftspflicht des Beauftragten gemäss Art. 400 Abs. 1 nicht zu einer eingehenden Überwachung des Auftragnehmers führen.� 914 Dementsprechend zeichnet sich der Auftragsvertrag dadurch aus, dass gerade kein Kontrollrecht des Auftraggebers anzuerkennen ist, da die strukturellen Grundlagen des Auftragsrechts eine Autonomie des Auftragnehmers bewirken.

Dem zugestandenen Autonomiebereich des Auftragnehmers ist ein Ausgleichsmechanismus entgegenzustellen, wodurch wieder eine ausgeglichene Rechts- und Pflichtenlage im Auftragsverhältnis geschaffen wird: Dabei erscheint die

910 BK-Fellmann, Art. 394 N 309 (unter Bezugnahme auf BK-Rehbinder, Art. 319 N 52). 911 Vischer, 2005, 24 (mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BGer). Ohne weitere

Begründung jedoch anders: OGer ZH in ZR 101 Nr. 26 E. III/3.1 912 Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass den Arbeitgeber im

Verhältnis zu Drittpersonen auch eine eigentliche Pflicht zur Überwachung und Kontrolle trifft, will er Schadenersatzansprüche Dritter vermeiden oder reduzieren: Koller, 504f.

913 Siehe dazu Kapitel 3.5.2. 914 ZK- Schönenberger/Staehelin, Art. 319 N 38 (Hervorhebungen hur hier).

Page 236: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 190 -

strengere Verantwortlichkeit des Beauftragten als die Kompensation für den zugestandenen Autonomiebereich. Dies hat auch die Lehre zum Mandatsrecht anerkannt, wird doch die Verweisung von Art. 398 Abs. 1 OR auf Art. 321a bzw. 321e 915 OR unter dem Gesichtspunkt der Unterschiedlichkeit der Vertragstypen als �wenig glücklich� 916, �wenig nützlich� 917 oder schlicht als �gesetzgeberische Fehlleistung� 918 beurteilt. 919 Die angemessene Antwort auf den Autonomiebereich liegt demnach in einer durch das gesteigerte Vertrauen verschärften Haftung bzw. in einem höher anzusetzenden Sorgfaltsmassstab. 920 Damit hat die dem Auftragnehmer zugestandene Autonomie ihren Ausgleichsmechanismus in einer verschärften Verantwortlichkeit und nicht in einem umfassenden Kontrollrecht gefunden. Der rechtlich anerkannte Autonomiebereich des Beauftragten wirkt sich in einem reduzierten Weisungsrecht 921 und damit in einem beschränkten Informationsrecht aus. Dieser Zusammenhang wird im schweizerischen Recht auch an anderer Stelle in Betracht gezogen: In der Lehre wird ausgeführt, dass sich im Bereich des AFG die Geschäftsführung durch dieselben strukturellen Merkmale wie im Recht des Auftrages auszeichnet, weshalb unter anderem �[D]ie Anleger bei der Aufgabenerfüllung keinerlei Weisungsrecht haben.� 922 Dadurch wird eine weitgehende Autonomie der Fondsleitung anerkannt, was jedoch informationsseitig Folgen hat: �Nach geltendem Recht ist jedoch, wenn auch nur subsidiär, Auftragsrecht anwendbar (...). Im Hinblick darauf, (...) dass dem einzelnen Anleger gegenüber der Fondsleitung als Beauftragter kein Weisungsrecht zusteht, hat der Gesetzgeber das individuelle Auskunftsrecht eingeschränkt.� 923

915 In diesem Zusammenhang kann auf BGE 127 III 357ff., E. 1c, hingewiesen werden,

wonach �diese Verweisung dahingehend zu verstehen ist, dass der Beauftragte zwar nicht für die gleiche � weniger strikte � Sorgfalt wie der Arbeitnehmer, jedoch nach der gleichen Regel haftet.� Dazu auch ausführlich: Roberto, Gedanken, 34ff.

916 BK-Gautschi, Art. 398 N 24c. 917 Hofstetter, 2000, 126 (mit zahlreichen weiteren Hinweisen). 918 Derendinger, N 262; BK-Fellmann, Art. 398 N 480. 919 Eine Übersicht der Lehrmeinungen zu dieser Frage findet sich bei Schneeberger, 159. 920 Dazu Derendinger, N 262 und FN 212. 921 Siehe dazu insbesondere Kapitel 3.5.2.2.3. 922 Küng/Büchi, 148. 923 AppGer BE in BJM 1998 137 E. 3a. Dabei ist zu beachten, dass die weiteren spezifischen

Argumente des Anlagefondsrechtes, die in der Folge zur Begründung eines eigentlichen Kontrollrechtes führten, im allgemeinen Schuldrecht keine Bedeutung erlangen können: �Dem Gesetzgeber war allerdings bereits bei Erlass des geltenden Anlagefondsgesetzes bewusst, dass die gesetzlichen Publizitätsvorschriften und die eingebauten Kontrollmechanismen nicht genügen würden, den vom Gesetz angestrebten Schutz des Anlegers in jedem Fall zu gewährleisten. Die öffentliche Empfehlung zur Annahme und Verwaltung von Publikumsgeldern kann einen erhöhten Schutz der Anleger erforderlich machen. Und ein wirksamer Schutz der Anlegerrechte ohne umfassende Auskunfts- und Kontrollrechte ist kaum denkbar.�

Page 237: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 191 -

Im Sinne einer Zusammenfassung kann festgestellt werden, dass im Auftragsrecht gerade der Umstand des fehlenden Weisungsrechtes resp. der festgeschriebenen Autonomie des Beauftragten als Begründung und sachliche Rechtfertigung für ein inhaltlich beschränktes individuelles Informationsrecht angeführt werden kann, welches nicht die Qualitäten eines Kontrollrechts aufweisen darf. 924

3.5.5 Konsequenzen für eine Informationsrechtsordnung im Auftragsrecht

3.5.5.1 Allgemeines Im vorangehenden Abschnitt wurden die Grundlagen des Arbeitsverhältnisses dargestellt, wonach v.a. der Grad der rechtlichen Subordination als entscheidendes Kriterium für die Charakterisierung eines Arbeitsleistungsvertrages identifiziert wurde. Wie weiter ausgeführt worden ist, verlangt auch das Auftragsverhältnis nach einer gewissen Unterordnung, wobei die entsprechende Unterordnung eine andere Qualität als im Einzelarbeitsvertrag aufweist, weshalb sich der Auftragsvertrag durch eine fehlende Kontrolle vom Arbeitsvertrag abhebt. In diesem Abschnitt wird das Auftragsvertragsrecht von einem organisatorischen Standpunkt dargestellt, was die bisherigen Erkenntnisse insbesondere hinsichtlich der auftragsrechtlichen Informationsordnung (d.h. kein Kontrollrecht) bestätigen soll.

3.5.5.2 Auftragvertrag als Organisation Auch das Auftragsrecht zeichnet sich durch eine gewisse Unterordnung aus, wie die Ausführungen zum Weisungsrecht ergeben haben. 925 Beim Auftragsvertrag handelt es sich dem Wesen nach um einen sog. Interessenwahrungsvertrag, weshalb sich dieses Vertragsverhältnis durch gewisse kooperative Qualitäten auszeichnet. Es ist allerdings auf den deutlichen Unterschied zu den Interessenvergemeinschaftungsverträgen hinzuweisen, bei welchen die notwendige Kooperation durch die Methode der Entscheidfindung durch Beschluss begründet wird. 926 Demgegenüber ist die Beschlussfassung dem Auftragsrecht fremd, 927 weshalb beim Auftrag als einem Interessenwahrnehmungsvertrag die �Steuerung� durch das Mittel des Weisungsrechtes erfolgt. 928 Dies zeigt, dass die beteiligten Personen im Auftragsvertrag einander nicht als gleich gestellte Parteien gegenüber treten, sondern 924 Für die Konsequenzen: Siehe sogleich Kapitel 3.5.5. 925 Siehe dazu Kapitel 3.5.4. 926 BasK-Weber, Art. 394 N 34. 927 BasK-Weber, Art. 394 N 34. 928 Siehe dazu Kapitel 1.3.1 und 3.7.1.

Page 238: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 192 -

dass sich die Organisation �Auftragsverhältnis� durch eine gewisse Unterordnung des Auftragnehmers auszeichnet, ohne dass damit etwas über die Pflichtenlage ausgesagt würde.

Es ist die Funktion einer Organisation, dass in ihr verschiedene Prozesse einer festen Regelung zugeführt werden müssen, damit sie überhaupt bestehen kann. Dabei ist bei der Beantwortung der verschiedenen Prozesse die Tatsache zu beachten, dass gerade eine Organisation vorliegt und es darf diese Tatsache nicht übergangen werden. Bei der Regelung von Prozessen in Organisationen ist im Sinne des Gleichbehandlungsgebots zu beachten, dass die entsprechenden Lösungen in unterschiedlichen Vertragsbeziehungen auch unterschiedlich ausfallen sollen. Es ist im hier interessierenden Zusammenhang also insbesondere auch zu beachten, dass es sich beim Auftragsvertrag um einen Interessenwahrnehmungsvertrag und nicht um einen Interessenvergemeinschaftungsvertrag handelt. Im Gegensatz zum Personengesellschaftsvertrag (als Modell eines Interessenvergemeinschaftungsvertrags) sind die Vertragsparteien im Auftragsvertrag einander nicht gleich geordnet, sondern stehen auch in einer gewissen Unterordnung. Informationsseitig wird diesem Umstand damit am besten entsprochen, dass auch keine Vergemeinschaftung von Information zugelassen wird. 929

Jede Organisation bedeutet Aufgabenteilung, 930 was aufgrund der angesprochenen Unterordnung im Auftragsvertrag eine klare arbeitsteilige Leistungserstellung bedeutet. Aus diesem Grund zeichnet sich der Auftragsvertrag durch eine entsprechend charakteristische, organisatorische Komponente aus. Vor diesem Hintergrund ist im Zusammenhang mit der hier interessierenden Frage die Feststellung zentral, dass jede Organisation entsprechend der Aufgabenteilung eine Informationsbewirtschaftung 931 und eine Informationsverteilung 932 mit sich bringt. Damit wird ausgesagt, dass, auf diese Grundsätze gestützt, nicht alle Teile einer Organisation an der Verarbeitung von Informationen teilnehmen (müssen). 933 Mit anderen Worten: Die Aufgabenverteilung in einer Organisation bringt es mit sich, dass eine Informationszuteilung im Sinne einer Zuteilung von Exklusivbereichen

929 Siehe dazu für den Bereich des Personengesellschaftsrechts: Kapitel 3.7.2. 930 Organisation hat ihren Sinn gerade in der Aufgabenteilung: Druey, Information als

Gegenstand, 281. 931 Siehe dazu Druey, Information als Gegenstand, 297ff. 932 Siehe dazu Druey, Information als Gegenstand, 281f. 933 Druey, Information als Gegenstand, 147.

Page 239: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 193 -

zugestanden werden kann. So wie der Auftragsvertrag in grundsätzlicher Hinsicht kein Interessenvergemeinschaftungsvertrag ist, so findet auch in informationeller Hinsicht im Auftragsvertrag keine Vergemeinschaftung von Information statt. Diese Feststellung ist grundsätzlich bei jeder Informationspflicht des Beauftragten zu beachten, da andernfalls die Tatsache negiert wird, dass mit dem Auftragsvertrag eine Organisation vorliegt, die �bloss� der Interessenwahrung dient.

Die genannten allgemeinen Organisationsprinzipien sind insbesondere in allen Austauschbeziehungen zu beachten 934, also auch insbesondere im Auftragsvertrag 935 und es sind just jene Grundsätze, welche Informationsflüsse lenken. 936 Zentral ist die Beachtung der weiteren Konsequenz, dass einer entsprechenden Aufgabenteilung und der damit verbundenen Tatsache solcher Exklusivbereiche in rechtlicher Hinsicht durch die Statuierung von Zuständigkeiten entsprochen wird. 937 Nach dieser Konzeption muss sich ein Informationsfluss also auf der Basis einer konkret zu benennenden Zuständigkeit einer Vertragspartei rechtfertigen. 938 Im hier interessierenden Zusammenhang führt die Benennung einer konkreten Zuständigkeit des Auftraggebers im Zusammenhang mit dem Weisungsrecht im Auftragsvertrag dazu, dass im typischen Mandatsvertrag das Weisungsrecht auf das sog. Zielanweisungsrecht beschränkt ist, 939 da einzig in diesem Bereich des Weisungsrechts dem Auftraggeber als �dem eigentlichen Geschäftsherrn� eine Zuständigkeit zuzuerkennen ist. Demgegenüber ist im Bereich des Auftragsrechts eine grundsätzliche Freiheit von Fach- und Verhaltensweisungen anerkannt, weshalb es in diesen Bereichen des Weisungsrechts keine entsprechende Zuständigkeit des Auftraggebers geben kann. 940 Damit ist bezüglich der zuletzt genannten Bereiche des Weisungsrechts dem Auftraggeber auch kein Informationsrecht gegeben, weshalb den Beauftragten insbesondere über das �wie� der Auftragsausübung keine Informationspflicht trifft.

934 Druey, Information als Gegenstand, 284. 935 Siehe dazu Kapitel 1.3.1 und 1.3.3, aber auch 3.7.1. 936 Druey, Information als Gegenstand, 143. 937 Druey, Information als Gegenstand, 143: �Organisation schafft Zuständigkeiten, also

normative Grössen im Sinne eben dieser Rollenaufteilung.� 938 So hat bspw. der Verwaltungsrat gerade eine umfassende Zuständigkeit, wenn er von der

Möglichkeit in Art. 716 Abs. 2 OR nicht Gebrauch gemacht hat: Dazu Druey, Information als Gegenstand, 144.

939 Siehe dazu Kapitel 3.5.2.2.2. 940 Siehe dazu Kapitel 3.5.2.2.1 und 3.5.2.2.3. Gestützt auf diese Grundlagen, gelangt Druey,

Information als Gegenstand, 228, mittels eines Konzeptes der sog. Restzuständigkeiten zu einem vergleichsweise engen Informationsrecht �Rechenschaftspflicht� gemäss Art. 400 Abs. 1 OR.

Page 240: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 194 -

Gemäss diesen Ausführungen aus dem Auftragsrecht ist deshalb zu folgern, dass die informationsrechtlichen Institute des Mandatsrechts dem Auftraggeber jene Informationen liefern können müssen, welche für die Wahrnehmung des sog. Zielanweisungsrechts durch den Auftraggeber notwendig sind. 941 Dabei ist an dieser Stelle bereits festzuhalten, dass damit noch nichts über den dafür geeigneten Informationsrechtstitel ausgesagt ist. Dies ist Gegenstand des folgenden Abschnitts.

3.5.5.3 Auftragsrechtliches Weisungsrecht und notwendige Kommunikationsordnung

Wie die Ausführungen zu den organisationsrechtlichen Aspekten des Auftragsrechts ergeben haben, ist der Auftraggeber in die Lage zu versetzen, dass er sein Zielanweisungsrecht wahrnehmen kann. 942 Es wurde bereits an anderer Stelle ausgeführt, dass in der Praxis in dieser Hinsicht entweder klare Verhältnisse vorliegen oder aber eine grosse Offenheit anzutreffen ist. 943 Das Auftragsrecht zeichnet sich gerade im zuletzt genannten Fall durch seine Unbestimmtheit aus 944, da typischerweise keine standardisierbaren Leistungen in Rede stehen. Anderseits zeichnen sich aber auch gerade laufende Aufträge dadurch aus, dass immer wieder neue Entscheidungen über die Richtung einer Mandatsausführung getroffen werden müssen.

Es ist vielleicht gerade eine Besonderheit von Interessenwahrungsverträgen, dass es für die Wahrnehmung des hier in Rede stehenden Zielanweisungsrechts eines eigentlichen informationellen Austausches bedarf. Dabei zeigt bereits die allgemeine Erfahrung, dass für die Ausübung des entsprechenden Zielanweisungsrechtes eben nicht blosse Information, sondern eigentliche Kommunikation notwendig ist. Der notwendige Kommunikationscharakter der geforderten Informationsbeziehung ergibt sich dadurch, dass die �Erstellung� einer grundsätzlich nicht standardisierten Leistung �Zielanweisungsrecht� in Rede steht, weshalb in diesem Zusammenhang zutreffend von der Notwendigkeit des Dialogs gesprochen wird. 945 Dieser Aspekt einer mandatsrechtlichen Beziehung wird aber durch jene Informationspflichten abgedeckt, welche gewisse Qualitäten aufweisen: � [D]er Gedanke von Treu und Glauben [gibt] genau das wieder, was diese Kommunikationsnormen ausmacht.� 946 Die erwähnte 941 Druey, Information als Gegenstand, 142 und 338ff. 942 Siehe dazu Kapitel 3.5.5.3. 943 Siehe dazu Kapitel 3.5.2.2. 944 BasK-Weber, Art. 394 N 3. 945 Druey, Information als Gegenstand, 339. 946 Druey, Information als Gegenstand, 155 (Hervorhebungen im Original).

Page 241: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 195 -

Offenheit des Auftrages und die Zuständigkeit des Auftraggebers, die Zielanweisung zu geben oder anzupassen, erfordert Aufklärung und Beratung durch Kommunikation. Es ist dies gerade jener Bereich der Informationspflichten, in welchem ein ausgewiesener oder vermuteter Informationsbedarf hinreichende Grundlage für eine entsprechende Informationspflicht ist. 947 Es ist jener Bereich, in welchem �das allgemeine Gebot von Treu und Glauben als Hort des vertraglichen Informationsrechts� 948 gänzlich zur Geltung kommen kann. Dies hat auch die Rechtsprechung anerkannt, indem sie feststellt: �Ausfluss der Treuepflicht ist insbesondere, dass der Beauftragte den Auftraggeber beraten und informieren muss. Mit regelmässiger Beratung hat er dem Auftraggeber bei der Wahl der geeigneten Massnahmen behilflich zu sein. (...). Gegenstand der Informationspflicht bildet alles, was für den Auftraggeber von Bedeutung ist. Der Beauftragte hat als Fachmann dem Auftraggeber auch unaufgefordert über die Zweckmässigkeit des Auftrages und der Weisungen, die Kosten und Gefahren sowie die Erfolgschancen Auskunft zu geben.� 949 Gerade in diesem Bereich und bei diesen Pflichten kann der Interessenwahrungsgrundsatz des Auftragvertrages zur Geltung kommen, weshalb �in diesem Bereich der Vertrag seinen Austauschcharakter zugunsten der Vergemeinschaftung einbüsst (...).� 950 Hier hat der Beauftragte alle Information zu geben, die aufgrund der konkreten Situation erforderlich sind, damit der Auftrag erfüllt und insbesondere das Zielanweisungsrecht wahrgenommen werden kann.

Die Ergebnisse in dieser Arbeit haben gezeigt, dass die Rechenschaftspflicht als Informationsrechtstitel gemäss Art. 400 OR nicht Grundlage einer eigentlichen Kommunikation zwischen Auftraggeber und Beauftragten sein kann: Die verschiedenen Ansätze in der vorliegenden Arbeit belegen, dass, gestützt auf Art. 400 OR, nur standardisierte Informationen geschuldet sind, da es sich um eine eigentliche Berichtspflicht handelt. An dieser Stelle ist auch weiter auf die Tatsache hinzuweisen, dass die blosse Tatsache eines Informationsgefälles � und dies etwa im Gegensatz zu anderen Informationsrechten wie der Aufklärungspflicht � für die Begründung einer Informationspflicht �Rechenschaft� nicht ausreichend ist. 951 Zudem sind die entsprechenden Informationen in jedem Fall vergangenheitsbezogen und können damit

947 Dazu Druey, Information als Gegenstand, 284. 948 Dazu Druey, Information als Gegenstand, 340. 949 BGE 115 II 62ff., E. 3. 950 Druey, Information als Gegenstand, 340 (Hervorhebung im Original). 951 Druey, Information als Gegenstand, 323 und 341.

Page 242: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 196 -

wesensgemäss und grundsätzlich nicht oder doch nur sehr bedingt für die Wahrnehmung des sog. Zielanweisungsrechts des Auftraggebers dienen. 952 Es bleibt die abschliessende Feststellung, dass eine Rechenschaftspflicht i.S.v. Art. 400 Abs. 1 OR die notwendige Kommunikation für das entsprechende Weisungsrecht nicht sicherstellen kann. Das Informationsbedürfnis und der Gedanke des privatrechtlichen Schutzes der strukturell schwächeren Vertragspartei ist demgegenüber gerade die Begründung und Rechtfertigung anderer Informationspflichten wie der Aufklärungspflicht oder Beratungspflicht, die aber nach eigenen Regelungsgedanken zu definieren und von einer Informationspflicht �Rechenschaft� deutlich zu unterscheiden sind. 953 Es ist jener Bereich der Aufklärungs- und Beratungspflichten, in welchem umfassende Interessenwahrungspflichten postuliert werden 954 und es sind jene Pflichten, welche als eigentlicher Motor in der auftragsrechtlichen Beziehung erscheinen, soweit die Kommunikation zwischen den Vertragsparteien auf die Gestaltung der Zukunft der Vertragsbeziehung (und damit auf das Zielanweisungsrecht) gerichtet ist.

3.5.6 Fazit In diesem Kapitel wurden die Grundlagen von Arbeitsvertrag und Mandatsvertrag untersucht, soweit sie im hier interessierenden Zusammenhang des Informationsrechts relevant sind. Es hat sich bei dieser Untersuchung ergeben, dass informationsrechtlich der entscheidende Unterschied zwischen diesen beiden Arbeitsleistungsverträgen im Bestehen oder Nichtbestehen eines Kontrollrechtes liegt. Dabei stellt das Kontrollrecht im Bereich des Arbeitsvertrages die Entsprechung zum rechtlich relevanten Subordinationsverhältnis dar. Aus Sicht des Auftragvertrages und aus Sicht des Informationsrechts sind damit die Kontrolle resp. ein Kontrollrecht gerade begriffswesentlicher Bestandteil und Abgrenzungskriterium zu einem anderen Dienstleistungsvertrag: dem Arbeitsvertrag. Mit dem Vertragstyp �Auftragsvertrag� ist ein Kontrollrecht (des Auftragsgebers) demzufolge als grundsätzlich unvereinbar anzusehen, weshalb es als Wesensmerkmal des Auftragsvertrags anzusehen ist, dass die Leistungserbringung ohne eigentliche Kontrolle des Auftraggebers erfolgt.

952 Siehe dazu etwa die Ausführungen zur Ablieferungsobligation in Kapitel 3.3 resp. zur

Dokumentationspflicht in Kapitel 3.2. Weiter hat die Untersuchung ebenfalls ergeben, dass die Kommunikation adressatenspezifisch erfolgen kann: Siehe dazu Kapitel 3.3.4.

953 Siehe dazu für die Schweiz grundlegend Abegglen, passim (mit zahlreichen Hinweisen). 954 Ist der Gegenstand des übertragenen Mandatsvertrages aber eingeschränkt, so reduziert

sich auch die Pflicht zur generellen Interessenwahrung: BGE 119 II 333ff. E. 5a (in casu nicht Vermögensverwaltungsauftrag, sondern blosse Ausführung von einzelnen Börsentransaktionen).

Page 243: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 197 -

Es wurde das Weisungsrecht in seinen Teilaspekten Verhaltensanweisungsrecht, Fachanweisungsrecht und Zielanweisungsrecht dargestellt und auf die Besonderheiten und Gemeinsamkeiten im Arbeitsvertrags- und Auftragsrecht untersucht. Aus den entsprechenden Ausführungen ergab sich, dass es im Auftragvertrag � im Unterschied zum Arbeitsvertrag � nur eine bestimmte Informationsordnung gibt, welche generell in allen Fällen zur Anwendung kommt. Insbesondere die Auseinandersetzung mit dem Fachanweisungsrecht führte zur Erkenntnis, dass sich nur ein eingeschränktes Einwirkungsrecht des Auftraggebers mit dem Konzept der begriffsnotwendigen Autonomie des Auftragvertrages verträgt. Dabei entspricht dieses eingeschränkte Einwirkungsrecht der beschränkten Zuständigkeit des Auftraggebers im Bereich des Fachanweisungsrechts. Dem eingeschränkten Weisungsrecht entspricht informationsseitig ein eingeschränktes Informationsrecht, wodurch sich diese eine Informationsordnung im Auftragsrecht charakterisiert. Aufgrund dieser Überlegungen stellt das Weisungsrecht in der Ausprägung des Fachanweisungsrechts keine Grundlage für ein umfassendes Informationsrecht �Rechenschaft� dar. Die Ausführungen ergeben vielmehr, dass sich diese Situation im Bereich des Informationsrechts gemäss Art. 400 OR generell so auswirkt, dass gewisse Informationsdefizite in Kauf genommen werden. 955 Die Darstellung zeigt in diesem Zusammenhang, dass der Gesetzgeber in einem Grundsatzentscheid die Statuierung einer verschärften Haftung als Ausgleichsmechanismus für den zugestandenen Autonomiebereich des Beauftragten der Einrichtung eines umfangreichen Kontrollrechts vorgezogen hat. Damit unterscheidet sich die Informationsordnung auch etwa von der Rechtslage im Personengesellschaftsrecht: Jedem einzelnen Personengesellschafter wird aufgrund der Eigenart seiner Gesellschaftersituation entsprechend der allgemeinen Vergemeinschaftungstendenz ein Kontrollrecht zugestanden (siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.7.2). Auch in diesem Sinne entspricht das eingeschränkte Informationsrecht �Rechenschaft� einem generellen Einordnungsprinzip (nach Intensität einer vertraglichen Beziehung), da es sich beim Auftragsvertrag lediglich um einen Interessenwahrungsvertrag handelt.

Vor diesem Hintergrund wurde der Auftragvertrag als Organisation dargestellt und dahingehend untersucht, was sich aus einer entsprechenden Betrachtungsweise zum Verhältnis zwischen Weisungsrecht und Informationsrecht aussagen lässt. Die

955 Vgl. in diesem Zusammenhang jedoch die zahlreichen Informationspflichten des

Beauftragten, welche sich auf die Vertrauensgrundlage oder die allgemeine Sorgfalts- und Treuepflicht des Beauftragten stützen, die aber nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind.

Page 244: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 198 -

entsprechenden Ausführungen führen zu einer Informationsordnung, welche auf die konkreten Zuständigkeiten des Auftraggebers Bezug nimmt. Diese Zuständigkeit ergibt sich aufgrund des Zielanweisungsrechts des Auftraggebers. Dabei hat sich allerdings gezeigt, dass dieses zugestandene Weisungsrecht, welches sich auf die Zukunft der Ausführungsobligation auswirken soll, einzig aufgrund eines eigentlichen Kommunikationsrechts im Auftragsvertragsrecht wahrnehmen lässt. Die einzelnen Erörterungen der verschiedenen Informationsrechte und ihrer Grundlagen haben ergeben, dass sich insbesondere die Aufklärungs- und Benachrichtigungspflichten als Grundlage für eine entsprechend erforderliche Kommunikationsordnung anerbieten. Damit sind es diese weiteren Informationsrechte des Auftraggebers, welche der Zuständigkeit des Auftraggebers aufgrund seines Zielanweisungsrechts entsprechen. Demgegenüber zeigen die in dieser Arbeit vorgenommenen Überlegungen zur Informationspflicht �Rechenschaft�, wie sie in Art. 400 OR niedergelegt ist, dass die entsprechende Informationspflicht �Rechenschaft� die geforderte Kommunikation nicht gewährleisten kann. Damit entfällt aber auch aber auch die Rechtfertigung für ein �umfassendes Informationsrecht Rechenschaft�. Im Zusammenhang mit der im Auftragsvertrag anerkannten Autonomie des Auftragnehmers ergibt sich abschliessend die Feststellung, dass die Informationsordnung im Auftragsrecht im hier interessierenden Kontext auf das Zielanweisungsrecht ausgerichtet ist, welches sich direkt aus dem Interessenwahrungsgrundsatz ableiten lässt. Eine Informationspflicht �Rechenschaft�, welche sich auf Art. 400 Abs. 1 OR stützt, ist aber nicht das korrespondierende Informationsrecht, weshalb sich aus dem Weisungsrecht nichts für die Informationspflicht �Rechenschaft� ableiten lässt.

Abschliessend ist festzuhalten, dass das Verhaltensanweisungsrecht im Auftragsvertrag ohne jeden Einfluss auf die Informationsordnung in Art. 400 OR ist.

Page 245: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 199 -

3.6 Vertrauenssituation und Informationsrecht gemäss Art. 400 OR

3.6.1 Vorbemerkungen Dem Vertrauenselement wird im Auftragsvertrag eine grundlegende Bedeutung zugemessen, weshalb der Einfluss von Vertrauen auf das Informationsrecht gemäss Art. 400 OR untersucht werden soll, soweit es für die hier vorliegende Arbeit von Bedeutung ist. In Lehre und Rechtsprechung wird dabei das Informationsrecht, gestützt auf Art. 400 OR, im Zusammenhang mit dem Widerrufsrecht genannt, 956 wobei als eine mögliche Zwecksetzung der Informationspflicht �Rechenschaft� die (gezielte) Ausübung des Widerrufsrechts 957 gemäss Art. 404 OR in den Vordergrund gerückt wird. Die Ausübung des Widerrufsrechts beendigt dabei nicht das Auftragsverhältnis, sondern bewirkt nur die Beendigung der Ausführungsobligation. 958 Besonders deutlich zeigt sich dies etwa im Bereich der Informationspflichten (speziell auch Art. 400 OR) und weiteren Nebenpflichten, gestützt auf Art. 398 OR (wie etwa der Geheimnisschutzrechte etc.).

Obwohl das Widerrufsrecht als die �letzte Weisung� 959 im Auftragsvertrag vor dem Übergang in ein Liquidationsverhältnis betrachtet werden kann, rechtfertigt es sich, das Widerrufsrecht vor einem informationsrechtlichen Hintergrund gesondert zu behandeln. Es ist in der Folge zu untersuchen, ob und in welcher Weise das Widerrufsrecht in Art. 404 OR inhaltsbestimmend für eine Informationspflicht im Bereich gemäss Art. 400 OR sein kann. Bei der entsprechenden Analyse wird vom Tatsache �Vertrauen� als Vertragsgrundlage des Auftragsrechts ausgegangen (Kapitel 3.6.2). Anschliessend an die Darstellungen von �Vertrauen� als Wesensmerkmal des Auftragsvertrags (Kapitel 3.6.3) und von �Vertrauen� als Regelungsgedanken des Widerrufsrechts (Kapitel 3.6.4), werden die entsprechenden Schlussfolgerungen für ein entsprechendes Informationsrecht �Rechenschaft� gezogen, soweit sich diese Pflicht auf Art. 400 OR abstützen kann und im Zusammenhang mit einem Widerrufsrecht steht (Kapitel 3.6.5).

956 BGE 110 II 181ff., E. 2. Derendinger, N 127f.; Hofstetter, 2000, 115; BK-Gautschi, Art.

400 N 23a; BK-Fellmann, Art. 400 N 14. 957 Nach schweizerischer Terminologie wird mit dem Widerrufsrecht das Loslösungsrecht

des Auftraggebers bezeichnet: Übersicht bei BK-Fellmann, Art. 404 N 16. 958 Siehe dazu BK-Gautschi, Art. 400 N 2a. 959 Zur Rechtsnatur: BK-Fellmann, Art. 404 N 20f.

Page 246: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 200 -

3.6.2 Vertrauen als Vertragsgrundlage des Auftragsvertrags In diesem Unterkapitel sollen das Vertrauen als Vertragsgrundlage und die rechtlich relevante Funktion von Vertrauen dargestellt werden.

Die Vertrauensbeziehung war die eigentliche Grundlage des Mandatsrechts im römischen Recht: �Der Mandatsdienst war altruistisch und setzte Freundschaft zwischen Auftraggeber und Beauftragtem und das daraus resultierende gegenseitige Vertrauen voraus.� 960 Durch diese Umschreibung wird deutlich, dass die Mandatsbeziehung ausdrücklich an den vorrechtlichen Umstand �Vertrauen� anknüpft. Das Vertrauen und damit das Mandat hat seine Grundlage in einem sozialen Modell �Freundschaft�. Das rechtlich relevante Vertrauen (resp. die Freundschaft) erscheint dabei als ein Zustand einer zwischenmenschlichen Beziehung, welcher besteht oder eben nicht besteht. Entscheidende Funktion von Vertrauen im Zusammenhang mit Freundschaft ist, dass Vertrauen etwas ersetzen kann (z.B. gerade Information), wobei das Vertrauen aber selbst gerade nicht durch etwas anderes ersetzt werden kann. Somit kann der gewünschte Zustand �Vertrauen� durch blosse rechtliche Informationsmittel (oder überhaupt durch Information) gerade nicht erreicht werden. Diese Tatsache ist zu beachten, soll auch rechtlich anerkannt sein, dass �Vertrauen� Informationssurrogat ist. Diese informationsersetzende Funktion von Vertrauen rechtlich zu negieren bedeutet, dass das Vertrauen gerade in seinem Wesen und in seinen Wirkungen verkannt würde. 961

3.6.3 Vertrauen als Wesensmerkmal des Auftragsvertrags In der Abgrenzung des Auftragvertrages zu anderen Verträgen auf Arbeitsleistung kommt dem Argument �Vertrauen� kennzeichnende Funktion zu: �De même que l�élément déterminant du contrat de travail est le rapport de subordination, celui du contrat de mandat est le rapport de confiance.� 962 Die vorbestehende Vertrauensbeziehung ist demnach ein kennzeichnendes Wesensmerkmal des

960 So besonders deutlich BK-Gautschi, Art. 394 N 70a. 961 Luhmann, 43; Druey, Information als Gegenstand, 227f. Herbert Burkert, Votum in der

Schlussdiskussion des Schweizerischen Juristentages 1999 in Porrentruy: �Es hat sich im Verlaufe der Diskussion gezeigt, dass der Fundamentalwiderspruch der Informationsgesellschaft der ist, dass - weil uns Informationstechnologie und Kommunikationstechnik die Mittel an die Hand geben - wir Vertrauen durch Information zu ersetzen versuchen. Vertrauen bedeutet letztlich immer einen Rest an bewusst in Kauf genommenes Nicht-Wissen oder einen Informationsmangel, den man durch den Akt des Vertrauens bewusst überspringt.�

962 So etwa besonders deutlich Abravanel, N 305.

Page 247: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 201 -

Auftragvertrages, wodurch es sich von den anderen Verträgen auf Arbeitsleistung unterscheidet.

An anderer Stelle in dieser Arbeit wird dargelegt, dass die Tatsache eines rechtlich relevanten Subordinationsverhältnisses im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Basis für ein Kontrollrecht des Arbeitgebers darstellt. Demgegenüber weist die ebenfalls notwendige �Unterordnung� des Auftragnehmers eine andere Qualität auf, da sie stets einen eigentlichen Autonomiebereich des Auftragnehmers achtet. Daraus folgt im hier untersuchten Zusammenhang, dass ein Informationsrecht im Mandatsrecht konkret aus einer Norm und nicht aus der Struktur des Auftragsrechts zu begründen ist (Zuständigkeit). Es zeichnet den Mandatsvertrag gerade aus, dass dem Auftragnehmer eine gewisse Autonomie zugestanden wird, welche sich informationsseitig auch insbesondere dadurch äussert, dass dem Auftraggeber kein Kontrollrecht zugestanden wird. 963

Für die untersuchte Rechenschaftspflicht bedeutet dies, dass nur die konkrete Auslegung einer Gesetzesnorm und die damit verbundene Anerkennung einer Zuständigkeit zu einem Informationsrecht führen kann: Nur eine spezifische Zuständigkeit begründet einen entsprechende Informationsfluss. 964 Für den hier untersuchten Bereich folgt daraus, dass aus dem allgemeinen Vertrauensgedanke im Mandatsrecht weder Bestand noch Inhalt der entsprechenden Informationspflicht �Rechenschaftspflicht� abgeleitet werden kann. 965 Dass das �Vertrauen� ein allgemeines Wesensmerkmal des Auftragsvertrages ist, reicht für die Begründung einer Informationspflicht �Rechenschaft� nicht aus.

3.6.4 Vertrauen als Regelungsgedanke des Widerrufrechts im Auftragsvertrag

Konkret wird im Auftragsvertrag das Vertrauen als Grundlage des Vertrages sowie bei der Begründung einer jederzeitigen Beendigungsmöglichkeit des Mandatsvertrages angeführt. 966 Damit steht sowohl bei der Begründung als auch bei der Beendigung des Auftragvertrages das Vertrauen in der konkreten zwischenmenschlichen Beziehung im

963 Zum Ganzen: Siehe die entsprechenden Ausführungen in den Kapiteln 3.5 und 3.7.2. 964 Siehe dazu Kapitel 3.5.2 und 3.5.5. 965 Es wird hiermit nicht in Abrede gestellt, dass der Umstand des �Vertrauens� Grundlage

für andere Informationspflichten sein kann. Siehe dazu nachfolgend Kapitel 3.6.5. 966 Im deutschen Arztrecht wird die Rechtsfolge der Tatsache �Vertrauen� gerade in der

freien Kündbarkeit des Behandlungsvertrages gesehen: Hohloch, 2579 (mit weiteren Hinweisen).

Page 248: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 202 -

Vordergrund. 967 Gestützt auf die Ausführungen im vorangehenden Abschnitt, wird demgegenüber in der Phase der Vertragsabwicklung das Vertrauen bei zweiseitigen, synallagmatischen Verträgen wie dem Auftragsvertrag durch konkrete vertragliche Rechte und Pflichten überlagert. 968

Der Bestand des jederzeitigen Loslösungsrechtes ist gemäss Rechtsprechung gerade mit dem Verlust von Vertrauen zu rechtfertigen. Es handelt sich beim Vertrauensverlust wertungsmässig um einen wichtigen Grund, welcher die Auflösung des Rechtsverhältnisses rechtfertigt. 969 Entsprechend wird der Bestand des Widerufsrechts begründet. Ohne notwendiges Vertrauen ist eine Auftragsbeziehung nicht gegen den Willen des Aufraggebers fortzuführen. Entsprechend hat die Rechtsprechung wiederholt festgehalten, dass dieses Widerrufsrecht zwingender Natur ist. 970 Demgegenüber hat die Rechtsprechung explizit festgehalten, dass die blosse Tatsache, dass ein Dauerschuldverhältnis vorliegt, nicht für die Begründung eines entsprechenden Widerrufrechts hinreichend ist. 971

3.6.5 Widerrufsrecht im Auftragsvertrag und Informationsrecht Nachdem der Bestand des Widerrufsrechts begründet worden ist, stellt sich nachfolgend zum einen die Frage, ob eine allgemeine Informationspflicht zur Begründung resp. Aufrechterhaltung des Vertrauens anzuerkennen ist und zum anderen, ob eine entsprechende Informationspflicht ihre Rechtsgrundlage in Art. 400 OR haben könnte.

Ausgangspunkt zur Beantwortung dieser Fragen ist die Feststellung, dass sich ein geschäftsnotwendiges Vertrauen nur subjektiv aus der Sicht des jeweiligen 967 So deutlich etwa BGE 110 II 375ff., E. 1b (Zahnarztvertrag): �Le contrat est conclu

intuitu personae, en vertu des qualités réelles ou supposées du praticien, et il est dominé par un rapport de confiance, dont la rupture permet la révocation unilatérale des relations contractuelles.�

968 Anders demgegenüber im Bereich des Personengesellschaftsrechts gestützt auf die Tatsache, dass in diesen Rechtsverhältnissen ein �gegenseitiges Vertrauensverhältnis� besteht. Siehe dazu Kapitel 3.7.2.5.3.

969 Siehe dazu die ausführliche Rechtsprechung zur Kündigungsmöglichkeit bei Architektenverträgen: BGE 115 II 464ff., E. 2a (resp. BGE 104 II 108ff., E. 4). Eine kritische Übersicht mit zahlreichen Hinweisen zum Auflösungsrecht des Auftraggebers findet sich bei Weber, Probleme, 186ff.

970 Das BGer hat die zwingende Natur des Widerrufrechts erneut bestätigt: BGE vom 26.3.1997 (4C.443/1996), wiedergegeben in Münch, 333. Zur Anwendung von Art. 404 OR auf den umfassenden Ingenieurvertrag: BGer in SJ 2000 485ff. Aus der publizierten Rechtsprechung: BGE 109 II 462ff., E. 4; BGE 98 II 305ff., E. 2 (mit weiteren Hinweisen). Zu den unterschiedlichen Meinungen in der Lehre: BK-Fellmann, Art. 404 N 107ff.

971 ZR 103 Nr. 59 E. 3.4 (unter Hinweis auf BasK-Schluep/Amstutz, Einleitung von 184ff. N 170).

Page 249: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 203 -

Auftraggebers und der jeweiligen Situation (Konstellation) ergeben und bestimmen lässt. Es ist damit eine sehr persönliche Angelegenheit des Auftraggebers, weshalb Vertrauen auch als eine Grundlage in der zwischenmenschlichen Beziehung in Erscheinung tritt. Entsprechend ist aus informationstheoretischer Sicht festzustellen, dass eine undefinierbare Menge an Information notwendig wäre, um ein in einem individuellen Fall infrage stehendes Vertrauen durch Informationen zu begründen oder (wieder) bestärken zu können. Es lässt sich hierbei grundsätzlich keine Grenze der Relevanz definieren, weshalb ein entsprechendes Informationsrecht per definitionem grenzenlos wäre. Ebenfalls in informationsrechtlicher Hinsicht kann aber auch argumentiert werden, dass es Vertrauen (allein), gestützt auf Informationen, nicht gibt, weil Vertrauen gerade dort seine eigentliche Funktion entfaltet, wo Information ausgespart ist: Vertrauen fordert nicht Information, sondern ist rechtlich anzuerkennendes Informationssurrogat. 972 Vertrauen gründet aber gerade und vor allem auf anderen Grundlagen als Information, nämlich auf Erwartungen über bestimmte Verhaltensweisen, Reputation etc., also auf Umständen, die gerade informationsersetzend wirken.

Die Ergebnisse in dieser Arbeit zeigen, dass die Informationspflicht �Rechenschaftspflicht� eine eigentliche Berichtspflicht ist. 973 Im Zusammenhang mit der Rechenschaftspflicht ist anerkannt, dass der Auftraggeber die Informationspflicht gemäss Art. 400 OR auch während der Auftragsausführung durch blosses Verlangen auslösen kann. 974 Damit stehen dem Auftraggeber, gestützt auf Art. 400 OR, die entsprechenden, allerdings standardisierten Informationen für den allfälligen Entscheid über die �letzte Weisung� zur Verfügung. Gerade der beschränkte Inhalt des Informationsprogramms nach Art. 400 OR kann für den Entscheid, ob das notwendige Vertrauen noch vorhanden ist, besonders geeignet sein, da der Auftraggeber auf das Vertrauen (als dem Zustand der Nicht-Information) bauen muss. Damit dient die in dieser Arbeit untersuchte Rechenschaftspflicht einzig dazu, ein gewissermassen standardisiertes Vertrauen zu alimentieren, weil auch der Informationsinhalt standardisiert ist. Die Rechenschaftspflicht ist als eigentliche Berichtspflicht dabei eine Informationspflicht mit einem hohen Grad an Schematisierung und Objektivierung, welche von der Person des Auftraggebers abstrahiert. Entsprechend wird die Rechenschaftspflicht durch den konkreten Auftrag als solchen und nicht durch ein 972 Siehe dazu Kapitel 3.6.2. 973 Siehe dazu die Kapitel 3.2 und 3.7. 974 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.2.3.

Page 250: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 204 -

individuelles Vertrauen begründet. Damit kann der Inhalt der Rechenschaftspflicht nicht vor dem Hintergrund des allgemeinen Vertrauensgedanken gewonnen werden, wie dies bei anderen Informationspflichten der Fall ist.

In der Lehre wird aber auch etwa allgemein ausgeführt, dass �Vertrauen verpflichtet.� 975 Soweit diese Feststellung auch für sämtliche Informationspflichten Geltung beanspruchen will, führt dies zu Informationspflichten ohne eigentliche Begrenzungen. Mit diesem Ansatz liesse sich grundsätzlich jede Pflicht in beliebigem Umfang begründen, wobei gerade im Falle einer inhaltlich offen formulierten Informationspflicht (wie der Rechenschaftspflicht) dieser Ansatz grundsätzlich keine Erkenntnisse bringt. Es ist anzuerkennen, dass diese Forderung bei der Beschreibung von bestimmten Rechten und Pflichten Geltung beanspruchen kann. Dies trifft etwa dort zu, wo das Element �Vertrauen� als die eigentliche Grundlage für eine Institution des Auftragsrechts anerkannt wird: Dies trifft klassischerweise etwa auf das jederzeitige Widerrufsrecht gemäss Art. 404 OR oder auf die Diskretions- und Geheimhaltungspflicht gemäss Art. 398 OR 976 zu. Für beide Institutionen ist jedoch bezeichnend, dass sie nicht durch entsprechende Informationsrechte unterstützt werden: So ist das abhanden gekommene Vertrauen im Bereich der Auftragsbeendigung nach Art. 404 OR unbestrittenen die eigentliche ungeschriebene Grundlage des entsprechenden Widerspruchrechts. Es ist aber nicht Sinn und Zweck der entsprechenden Bestimmung, dass der Beauftragte zu einem Tun oder einer Aktivität gezwungen werden könnte. Deshalb wird dem Beauftragten auch nicht die Pflicht auferlegt, Informationen zu liefern, welche das Vertrauen unterstützen oder aufbauen könnten. Entsprechendes gilt etwa auch für die Diskretions- und Geheimhaltungspflichten des Beauftragten: Es ist nicht Sinn und Zweck der Diskretions- und Geheimhaltungspflicht, dass der Beauftragte zu einem Tun oder einer Aktivität gezwungen wird. Gefordert ist vielmehr etwa eine blosse Unterlassung, anderen Personen Informationen weiterzugeben etc. Entsprechend ist weder für die eine noch die andere Pflicht eine Informations- oder gar Kommunikationsordnung notwendig und eingerichtet, welche die entsprechend genannten Pflichten begleiten. Im Falle des Widerrufrechts bestimmt allein der Auftraggeber, ob das entsprechende Vertrauen vorhanden ist. Den Beauftragten trifft weder eine entsprechende �Informationsschuld� noch kann sich der Beauftragte entsprechend durch Lieferung

975 Büren, OR BT, 128. 976 Deutlich etwa BasK-Weber, Art. 394 N 11.

Page 251: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 205 -

von Information etc. zur Wehr setzen. Es ist in diesem Zusammenhang offensichtlich anerkannt, dass Information keine geeignete Lösung dieser �Vertrauensfrage� ist.

Die zuvor zitierte Lehre, wonach Vertrauen verpflichtet, gelangt demgegenüber in einem anderen Bereich zur Geltung: So ist die Aufklärungs- und Benachrichtigungspflicht des Beauftragten im allgemeinen Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien begründet. Im Unterschied zu den zuvor beschriebenen Pflichten ist es hier gerade die Informationspflicht selbst, die auf dem Vertrauensgedanken begründet wird. 977 Es sind gerade diese Informationspflichten, welche die eigentliche Kommunikationsordnung zwischen den Vertragsparteien sicherstellen. 978 Diese Kommunikation findet aus rechtlicher Sicht in jenem Bereich statt, wo sie aufgrund einer Vertrauensgrundlage vom Auftraggeber erwartet werden darf. 979 Wesensgemäss ist diese Informationspflicht als eine Kommunikationspflicht sehr unspezifisch und im Einzelfall zu bestimmen, da der Auftraggeber wesentlicher Bezugpunkt ist und der Informationsbedarf nach seinen individuellen Massstäben bestimmt wird. Die Rechenschaftspflicht ist demgegenüber nicht das Vehikel einer so verstandenen Kommunikationsordnung und unterliegt als eigentliche Berichtspflicht einer Schematisierung und Objektivierung, welche vom Auftraggeber abstrahiert und nach generellen Kriterien bestimmt wird. Dies führt zur Aussage, dass die inhaltliche Beschreibung der Rechenschaftspflicht nicht aufgrund des Vertrauensgedankens gewonnen werden kann.

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass den Auftragnehmer nur die Pflicht trifft, ein standardisiertes Vertrauen zu alimentieren, soweit es Art. 400 OR mit sich bringt. Reichen die entsprechenden Informationen, gestützt auf Art. 400 OR, nicht aus, so ist die gesetzlich vorgesehene Sanktion nicht ein umfassendes Informationsrecht, sondern die Möglichkeit des Widerrufs des Auftragsverhältnisses.

Es bleibt aus Sicht eines spezifischen Informationsrechts im Zusammenhang mit dem Widerrufsrecht abschliessend festzustellen, dass für eine eigentliche Wahrnehmung des Widerrufsrechts nur sehr wenig Information notwendig ist: Es bedarf eigentlich einzig der Information über die blosse Zustellmöglichkeit der Widerrufserklärung. Das

977 Abegglen, 141ff., sieht in seiner Monografie zur Aufklärungspflicht denn auch die

Vertrauenshaftung als dogmatische Grundlage dieser spezifischen Informationspflichten. Für die Bestimmung der Aufklärungspflichten: vgl. das Bewegliche System von Abegglen, 171ff.

978 Siehe dazu Kapitel 3.5.5. 979 Druey, Information als Gegenstand, 156.

Page 252: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 206 -

ausgeübte Widerrufsrecht leitet die Liquidation des Vertragsverhältnisses ein 980 , welches auf der Grundlage des mangelnden Vertrauens keine tragfähige Basis mehr hat. Mit dem Widerruf wird bspw. die Ablieferungsobligation aktualisiert, die im Zusammenhang mit der sich aktualisierenden Pflicht zur Rechnungslegung resp. Pflicht zur Rechnungsstellung steht. 981 Aufgrund dieser Ausführungen kann festgehalten werden, dass zwischen dem Widerrufsrecht und den genannten Informationspflichten gemäss Art. 400 OR kein besonderer Zusammenhang besteht.

3.6.6 Fazit Das Vertrauen ist die eigentliche Basis des Auftragvertrages, wobei im vorliegenden Zusammenhang mit der Informationspflicht �Rechenschaft� die Erkenntnis zentral ist, dass das Vertrauen grundsätzlich Informationssurrogat ist. Das richtige Verständnis der Funktion von Vertrauen führt dazu, dass, gestützt auf den blossen Hinweis, auf ein Vertrauensverhältnis im hier untersuchten Bereich der Rechenschaftspflicht nach Art. 400 OR keine Informationspflicht begründet werden kann. Eine entsprechende Informationspflicht kann sich nur, gestützt auf eine spezifische Zuständigkeit (siehe dazu Kapitel 3.5) oder gestützt auf ein besonders geschütztes Interesse, ergeben (siehe dazu Kapitel 3.7.3). Daran ändert auch die Feststellung nichts, dass das Vertrauen als Wesensmerkmal des Auftrages charakterisiert wird.

Es wurde dargestellt, dass dem Vertrauen im Bereich des Widerrufsrechtes eine zentrale Rolle zukommt, da es die rechtliche Basis für das Widerrufsrecht ist. Vertrauen ist dabei immer eine individuelle Angelegenheit. In informationsseitiger Hinsicht bedeutet dies, dass eine undefinierbare Menge an Information erforderlich wäre, damit Vertrauen aufrechterhalten werden könnte oder damit die Ausübung des Widerrufsrechts bewusst im Sinne einer Notbremse eingesetzt werden könnte. Im Ergebnis lässt sich die Relevanz an Information nicht bestimmen, wenn damit Vertrauen geschaffen werden soll. Dies widerspricht der Natur der Informationspflicht �Rechenschaft� als Berichtspflicht, welche auch während der Auftragsausführung einzig standardisierte Informationen bereitstellt. Daraus ergibt sich, dass durch eine Informationspflicht gemäss Art. 400 OR einzig gewisse vordefinierte Informationen geschuldet sind, die nur ein �standardisiertes Vertrauen� alimentieren können (siehe dazu die Ausführungen zur Abrechnungspflicht in Kapitel 3.7.3). 980 So wurde in BGE 78 II 123ff., E. 1a ausgeführt, dass �die Honorierung des

Willensvollstreckers nicht mehr zur Willensvollstreckung gehört, sondern zur Liquidation des Mandatsverhältnisses (...).�

981 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.

Page 253: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 207 -

Im Bereich des Auftragsrechts wird der Tatsache der unbestimmten Relevanz von Informationen in der Weise entsprochen, dass die Rechtsfolge von verlorenem Vertrauen nicht etwa ein umfassendes Informationsrecht ist, sondern die Möglichkeit der Wahrnehmung des jederzeitigen Widerrufsrechts. Es ist in diesem Zusammenhang anzuerkennen, dass es nicht der Zweck von Art. 404 OR ist, den Auftragnehmer zu einer Informationsleistung zu bringen. Mit anderen Worten: Weder die Tatsache, dass der Auftrag ein Vertrauensverhältnis ist noch die Tatsache, dass Art. 404 OR ein jederzeitiges Widerrufsrecht statuiert, verpflichtet den Beauftragten zu einer Handlung oder zu einer Informationsleistung.

Aus dem Umstand, dass das Widerrufsrecht die Liquidation des Vertragsverhältnisses einleitet und damit weitere Pflichten im Rahmen von Art. 400 OR besondere Bedeutung erlangen, kann nichts zu Gunsten eines Informationsrechtes �Rechenschaftspflicht�, gestützt auf den Umstand �Vertrauen�, hergeleitet werden.

Aus diesen Überlegungen folgt, dass die Informationsordnung gemäss Art. 400 OR unabhängig von der �Vertrauensfrage� und dem bestehenden Widerrufsrecht des Auftraggebers bestimmt werden kann.

Page 254: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 208 -

3.7 Interessensituation und Informationsrecht gemäss Art. 400 OR

3.7.1 Vorbemerkungen

3.7.1.1 Grundsatz der Interessenwahrung im Auftragsvertrag

3.7.1.1.1 Verwendete Begrifflichkeit Da sich der Beauftragte durch die Verpflichtung zur vertragsgemässen Erfüllung der ihm übertragenen Dienste zur Interessenwahrung verpflichtet (Art. 394 OR), wird nach Ansicht der hL das gesamte Vertragsverhältnis 982 durch den entsprechenden Grundsatz beeinflusst. Da auf der Basis des Interessenwahrungsgrundsatzes auch die Treuepflicht des Beauftragten begründet wird 983, wird nachfolgend vereinfachend einzig von der Pflicht zur Interessenwahrnehmung die Rede sein.

3.7.1.1.2 Typenmerkmal und Unterscheidungskriterium Es wurde in der vorliegenden Arbeit dargestellt, dass sich der Auftragsvertrag nur typologisch von den weiteren Verträgen auf Arbeitsleistung unterscheiden lässt. Die Wahrung von fremden Interessen ist dabei eines jener Typenmerkmale, das in der hL als Abgrenzungskriterium in den Vordergrund gerückt wird. 984 Der Grundsatz der Interessenwahrung wird in diesem Zusammenhang auch gerade als zentrales Unterscheidungsmerkmal zur Interessenvergemeinschaftung erkannt, wodurch die Abgrenzung zum Gesellschaftsvertrag erfolgt. 985

3.7.1.2 Frage nach dem �Anwendungsbereich� des Interessen-wahrungsgrundsatzes

3.7.1.2.1 Übergesetzliche Grundlage der Rechenschaftspflicht gemäss hL In der hL wird die Informationspflicht, welche in Art. 400 OR ihre Grundlage hat, �als Konsequenz der Wahrung fremder Interessen� 986 beurteilt, weil �[d]ie Pflicht zur Rechenschaftsablegung aus der Tatsache [folgt], dass der Beauftragte bei der

982 Hofstetter, 2000, 44 (mit weiteren Hinweisen); BasK-Weber, Art. 400 N 2. 983 BK-Fellmann, Art. 394 N 110 (mit zahlreichen weiteren Hinweisen); BasK-Weber, Art.

398 N 8 (mit weiteren Hinweisen). BK-Gautschi, Art. 400 N 22b: �Fasst man die Treuepflicht als allgemeine Interessenwahrungspflicht auf (...).�

984 BK-Fellmann, Art. 394 N 105 (mit zahlreichen weiteren Hinweisen). Siehe auch die Ausführungen in Kapitel 1.3.1 und 3.5.

985 Siehe dazu ausführlich Kapitel 3.7.2. 986 BasK-Weber, Art. 400 N 2. Von dieser �Konsequenz� spricht auch Hofstetter, 2000, 115.

Page 255: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 209 -

Ausführung des Auftrages fremde Interessen wahrnimmt.� 987 Auf dieser Basis wird in der hL in inhaltlicher Hinsicht eine �allgemeine Informationspflicht� 988 postuliert, wobei nicht zu verkennen ist, dass jeweils eine deutliche Orientierung am deutschen BGB erfolgt. Diese allgemeine Informationspflicht umfasst nach einem beachtlichen Teil der Lehre entsprechend eine Benachrichtigungs-, Auskunfts- und eine Abrechnungspflicht. 989 Im Ergebnis wird jeweils eine eigentlich umfassende Informationsordnung dargestellt, welche sich gleichermassen auf Art. 400 OR und Art. 398 OR abstützt. 990

3.7.1.2.2 Eigener Standpunkt in der vorliegenden Arbeit Nachfolgend wird ein eigener Standpunkt zur Frage der Wirkung des Interessenwahrungsgrundsatzes im Zusammenhang mit der Rechenschaftspflicht des Beauftragten formuliert. Grundlage für den eigenen Standpunkt bilden die Ausführungen in den vorangehenden Kapiteln der vorliegenden Arbeit, in welchen die zahlreichen Verpflichtungen des Beauftragten hinsichtlich ihres Zusammenhangs mit der Rechenschaftspflicht dargestellt worden sind:

Ausgangspunkt der aufgeworfenen Fragestellung nach der �Wirkungsweise� des Interessenwahrungsgrundsatzes ist die in dieser Arbeit vertretene Ansicht, dass der Auftragsvertrag grundsätzlich den Interessengegensatzverträgen zuzuordnen ist. 991 Die Tatsache, dass der Auftragsvertrag als ein Interessenwahrungsvertrag zu charakterisieren ist, kann aber nicht von der Tatsache ablenken, dass bei jeder mandatsrechtlichen Verpflichtung des Beauftragten spezifisch zu untersuchen ist, ob und in welchem Umfang der grundsätzliche Interessengegensatzcharakter des Mandatsvertrages durch den Umstand der Interessenwahrung überlagert wird. Es darf dabei aber der allgemeine Interessenwahrungsgrundsatz nicht vorschnell als Grundlage für eine spezifische Pflicht des Beauftragten herangezogen werden, weil damit der Grundcharakter der vertraglichen Beziehung (eine Austausch- und Interessengegensatzbeziehung) übergangen und damit missachtet wird. Weiter ist zu beachten, dass jeweils strikte zwischen einer allfälligen Verpflichtung des

987 BK-Fellmann, Art. 400 N 13. 988 BK-Gautschi, Titel �V. Die Rechenschaftspflicht als allgemeine Informationspflicht� zu

Art. 400 N 22ff.; BasK-Weber, N 2; Hofstetter, 2000, 115. 989 BasK-Weber, N 2; Hofstetter, 2000, 115; BK-Gautschi, Art. 400 N 22 und 23 (etwas

andere Begriffseinteilung). 990 BasK-Weber, N 2; Hofstetter, 2000, 115 (insbesondere FN 126); BK-Gautschi, Art. 400 N

22 und 23. In dieser Hinsicht differenzierter: BK-Fellmann, Art. 400 N 23ff. 991 Siehe dazu Kapitel 3.5 und 3.7.2.

Page 256: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 210 -

Beauftragten aus dem Auftragsvertrag und einem Informationsrecht des Auftraggebers zu unterscheiden ist. 992

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen zum möglichen Einfluss des Interessenwahrungsgrundsatzes auf die Pflichtenlage des Beauftragten werden nachfolgend die bisherigen Teilergebnisse der vorliegenden Arbeit gewürdigt. Dabei soll jeweils besonders herausgearbeitet werden, in welchen der untersuchten Bereichen überhaupt Raum für den Einfluss eines allgemeinen Interessenwahrungsgrundsatzes besteht:

(1) Die Beschäftigung mit der Dokumentationspflicht in Kapitel 3.2 hat ergeben, dass diese Pflicht in der Interessenwahrungspflicht des Beauftragten begründet ist und im Zusammenhang mit der Ausführungsobligation steht. Im Rahmen der Ausführungsobligation ist grundsätzlich anzuerkennen, dass der allgemeine Interessenwahrungsgrundsatz zur Geltung kommt. Die vertragsgemässe Ausführung des Auftrages fordert dabei vom Beauftragten die Erstellung einer entsprechenden Dokumentation. Es wurde aber in diesem Zusammenhang bereits an der entsprechenden Stelle dargestellt, dass die allgemeine Interessenwahrung aber gerade nicht fordert, dass der Auftraggeber ein Anspruch auf die entsprechende Dokumentation geltend machen kann, soweit die beiden zentralen Bereiche �Sachverhalt� und �Handlungen� betroffen sind. Die Untersuchung hat vielmehr ergeben, dass die Auftragsausführung �an sich� Schutzobjekt des allgemeinen Interessenwahrungsgrundsatzes ist, weil einzig sichergestellt werden soll, dass die Information in der gesamten Auftragsabwicklung zur Verfügung steht. Dies wird durch eine adressatenspezifische Vorlegungspflicht erreicht. 993 Damit führt die allgemeine Interessenwahrung aber insbesondere nicht dazu, dass das Informationsinteresse des Auftraggebers bedient würde. Das entsprechende Informationsbedürfnis wird nur bezüglich jenes Bereiches der Dokumentation bedient, welches den Bereich �Aufklärung� abdeckt. Die Interessenwahrungspflicht führt demnach auch vor dem Hintergrund der Ausführungsobligation nicht zum Informationsrecht des Auftraggebers.

(2) Die rechtshistorische Untersuchung in Kapitel 2 sowie die ausführliche Behandlung der Ablieferungspflicht in Kapitel 3.3 haben ergeben, dass die

992 Siehe hierzu insbesondere die Ausführungen zur Dokumentationspflicht in Kapitel 3.2

resp. zur Ablieferungsobligation in Kapitel 3.3. 993 Siehe dazu Kapitel 3.3.4.

Page 257: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 211 -

Interessenwahrung im Rahmen der Ablieferungsobligation vollständig verwirklicht wird, soweit es um die �Herausgabe des bei der Auftragsausführung Erhaltenen und Erlangten� 994 geht. In diesen Bereichen der Ablieferungsobligation gilt eine absolute Unterordnung der Interessen des Beauftragten und ihn trifft eine Pflicht zur Bereinigung der Vermögens- und Sachsphäre. Die Interessen des Beauftragten treten dabei gänzlich in den Hintergrund, da hier der zentrale Gedanke der Fremdnützigkeit 995 des Mandatsrechts seine volle Wirkung entfaltet. Informationsmässig kann bezüglich dieser Bereiche festgehalten werden, dass die Informationspflicht �Rechenschaftspflicht� in der Ausgestaltung der Pflicht zur Rechnungslegung ein eigentliches Kontrollrecht 996 des Auftraggebers einrichtet, soweit der Zweck der Rechnungslegung dies erfordert. 997 Gestützt auf diese Ausführungen, ist in diesen Bereichen der Ablieferungsobligation davon auszugehen, dass der Einfluss des allgemeinen Interessenwahrungsgrundsatzes zur Geltung gelangt.

Im Gegensatz dazu konnte aufgezeigt werden, dass im Bereich der �Herausgabe des bei der Auftragsausführung Geschaffenen� die Situation differenzierter ausfällt, da hier die Interessensituation des Beauftragten zu beachten ist. 998 In diesem Bereich der Ablieferungsobligation wird die Interessensituation des Beauftragten durch das Konzept der sog. Handakten verwirklicht, wobei das rechtlich geschützte Interesse des Auftraggebers auf das eigentliche Arbeitsresultat beschränkt wird. 999 Dieses Informationskonzept, das die Interessen der beteiligten Parteien im Rahmen der Ablieferungsobligation ausgleicht, schliesst den Einfluss eines allgemeinen Interessenwahrungsgrundsatzes aus. Wie die detaillierte Zuordnung einzelner Gegenstände und Informationen im Rahmen des Konzepts der sog. Handakten zeigt, besteht hierbei für eine allgemeine Beeinflussung durch den Interessenwahrungsgrundsatz kein Raum. Von besonderem Interesse ist dabei, dass insbesondere die eigentliche Dokumentation des Auftrages, welche, gestützt auf die Dokumentationspflicht, erstellt wird, nach der hier vertretenen Ansicht vom Anwendungsbereich der sog. Handakten erfasst wird. 1000 Damit vermag der allgemeine

994 Kapitel 3.3.3.2 und 3.3.3.3. 995 Siehe dazu auch Hofstetter, 2000, 115 (soweit dieser Autor sich auf die

Ablieferungsobligation bezieht). 996 BasK-Weber, Art. 400 N 8, spricht von einer �sachgerechten Kontrolle�. 997 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.4. 998 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4. 999 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.2 und 3.3.3.4.3. 1000 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.4.

Page 258: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 212 -

Interessenwahrungsgrundsatz in diesem Bereich keine Wirkung zu entfalten, da bereits eine konkrete abschliessende Ordnung geschaffen wurde.

(3) Die Ausführungen in Kapitel 3.4 zum Einfluss des Datenschutzrechts auf die vorliegende Informationsordnung im Auftragsrecht haben gezeigt, dass die Klärung der Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Anwendungsbereich des DSG zum einen und des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs zum anderen zugleich die Interessensfrage zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer entscheidet. Diese Auseinandersetzung der Interessen erfolgt im Rahmen der Erörterung von zahlreichen Grundsätzen und Einzelfragen des Datenschutzrechts (Abwägung zwischen Eigen- und Fremdbereich, informationelles Selbstbestimmungsrecht, Recht auf richtige Daten etc.), weshalb der allgemeine Grundsatz der Interessenwahrung ohne eigentliche Kennzeichnungskraft erscheint. In den Teilergebnissen der datenschutzrechtlichen Diskussion ist der Interessenausgleich bereits erfolgt, weshalb ein allgemeiner Einfluss eines Interessenwahrungsgrundsatzes unberücksichtigt bleibt. Vor diesem Hintergrund ergibt sich für den allgemeinen Interessenwahrungsgrundsatz im Datenschutzrecht kein weiterer Anwendungsbereich. Damit vermag der allgemeine Interessenwahrungsgrundsatz in diesem Bereich keine Wirkung zu entfalten, da das Recht bereits eine konkrete abschliessende Ordnung geschaffen hat.

(4) Die Auseinandersetzung in Kapitel 3.5 mit dem Weisungsrecht im Recht der Arbeitsleistung hat durch einen Vergleich zwischen Auftrags- und Arbeitsrecht ergeben, das sich der Auftragsvertrag in der Informationsordnung gerade durch das Fehlen eines generellen Kontrollrechts auszeichnet. Eine Gegenüberstellung des Auftragsvertrages und des Personengesellschaftsvertrages bestätigen diese Charakteristik des Auftragsvertrages. 1001 Dementsprechend ist ein Kontrollrecht des Auftraggebers auf bestimmte, vordefinierte Bereiche beschränkt (siehe etwa dazu die obigen Ausführungen zur Pflicht zur Rechnungslegung bezogen auf die Ablieferungsobligation). Die detaillierte Analyse des Weisungsrechts (Zielanweisungsrecht, Fachanweisungsrecht, Verhaltensanweisungsrecht) führte zum Ergebnis, dass sich, gestützt auf ein Weisungsrecht im Auftragsvertrag, einzig ein beschränktes Informationsrecht begründen lässt, welches sich auf Art. 400 OR abstützt. Das aus Sicht von Art. 400 OR beschränkte Informationsrecht erklärt sich aus den beschränkten Zuständigkeiten des Auftraggebers. Entscheidend ist aus Sicht eines Informationsrechtes, welches auf Art. 400 OR abgestützt werden soll, dass das

1001 Siehe dazu Kapitel 3.7.2.

Page 259: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 213 -

Weisungsrecht durch andere auftragsrechtliche Informationsrechte unterstützt wird: Benachrichtigungs- und Aufklärungspflicht. Es handelt sich diesbezüglich um Informationsrechte, welche sich einzig auf Art. 398 OR abstützen können und daher grundsätzlich ausserhalb des Gegenstandes der vorliegenden Arbeit liegen. Entsprechend führt der allgemeine Grundsatz der Interessenwahrung nicht zu einem Informationsrecht, welches seine Rechtsgrundlagen in Art. 400 OR hat, da dieses Informationsrecht die notwendige Kommunikation nicht bereitstellen kann.

(5) Die Darstellung der Rechtslage im Zusammenhang mit dem jederzeitigen Widerrufsrecht in Kapitel 3.6 hat ergeben, dass der allgemeine Interessenwahrungsgrundsatz nicht zu einem umfassenden Informationsrecht führen kann. Die Ausführungen zum Wesensmerkmal und zum Regelungsgedanken von �Vertrauen� im Auftragsrecht haben zum Ergebnis geführt, dass Vertrauen keine Grundlage für eine Informationspflicht ist, welche die Rechtsgrundlage in Art. 400 OR hat. Auch das Institut des jederzeitigen Widerrufsrechts kann keine Grundlage für ein hier untersuchtes Informationsrecht sein, da die entsprechende Sanktion für verlorenes Vertrauen die Möglichkeit der Wahrnehmung des jederzeitigen Kündigungsrechts ist. Damit vermag der allgemeine Interessenwahrungsgrundsatz in diesem Bereich keine Wirkung zu entfalten.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass bei richtiger Einordnung der Einfluss des allgemeinen Interessenwahrungsgrundsatzes stark eingeschränkt resp. bereits bei den Ausführungen in den einzelnen Kapiteln 3.2 bis 3.6 berücksichtigt ist. Dabei zeigt sich, dass es im Auftragsvertrag klar definierte Bereiche gibt, in denen der allgemeine Interessenwahrungsgrundsatz zu berücksichtigen ist und die Rechts- resp. Pflichtenlage des Beauftragten dadurch beeinflusst werden (Ausführungsobligation, Ablieferungsobligation). In den hier untersuchten informationsrelevanten Beziehungen im Rahmen von Art. 400 OR muss demgegenüber festgestellt werden, dass der allgemeine Interessenwahrungsgrundsatz grundsätzlich keine besondere oder weitergehende Wirkung entfaltet. Dieses Ergebnis entspricht aber auch der Tatsache, dass der Auftragsvertrag zuerst und dem Wesen nach ein Interessengegensatzvertrag ist.

3.7.1.3 Weitere Untersuchung aufgrund der bisherigen Ergebnisse In den nachfolgenden Abschnitten soll, gestützt auf die bisherigen Ergebnisse, das Informationsrecht vor dem Hintergrund der Interessensfrage weiter dargestellt werden, soweit es für die vorliegende Untersuchung sachdienlich ist. In einem ersten Teil sollen entsprechende Erkenntnisse in dieser Hinsicht durch eine Untersuchung der

Page 260: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 214 -

Informationsordnung im Personengesellschaftsrecht gewonnen werden (Kapitel 3.7.2). Nachfolgend soll das Interesse an der Rechnungsstellung (Abrechnung) untersucht werden, da es sich hierbei um ein konkretes Interesse des Auftraggebers handelt, welches in der rechtshistorischen Untersuchung gerade auch für die Schweiz belegt werden kann. 1002 Die Klärung der entsprechenden Interessenlage soll weiter dazu dienen, den Inhalt der Rechenschaftspflicht zu definieren, wie sie in Art. 400 OR festgelegt ist (Kapitel 3.7.3).

3.7.2 Informationsordnung im Personengesellschaftsrecht

3.7.2.1 Vorbemerkungen Die Unterscheidung zwischen Auftragsvertrag und Personengesellschaftsvertrag erfolgt grundsätzlich nach dem Kriterium der Interessenlagen. 1003 Nachfolgend werden deshalb in den Kapiteln 3.7.2.2 bis 3.7.2.4 die Informationsordnung im Personengesellschaftsrecht dargestellt und in Kapitel 3.7.2.5 die Grundlagen und damit die Rechtfertigung für ein entsprechendes Kontrollrecht erarbeitet. Zentral wird dabei die Beschäftigung mit den Interessenlagen in Auftrags- und Gesellschaftsvertrag und die entsprechenden Schlussfolgerungen für eine unterschiedliche Informationsordnung sein. Es soll dargelegt werden, dass die allgemeine Vergemeinschaftung im Personengesellschaftsrecht das Kontrollrecht begründet, wobei sich die Vergemeinschaftung der Interessen deutlich von der blossen Interessenwahrung unterscheidet. Die entsprechenden Ergebnisse sollen anhand der speziellen Situation des Kommanditärs in Kapitel 3.7.2.6 weiter überprüft werden.

3.7.2.2 Anwendbare Rechtsnormen für die Bestimmung des Informationsrechts

Verschiedentlich werden in Lehre und Rechtsprechung einzelne Aspekte des Rechts der einfachen Gesellschaft bei der Behandlung von auftragsrechtlichen Problemstellungen vergleichend erörtert. Bei der Untersuchung der informationsrechtlichen Sachverhalte stehen dabei Art. 540 und Art. 541 OR im Vordergrund. Von Interesse ist dabei jene Ausgestaltung der Geschäftsführung im Personengesellschaftsrecht, in der nur einzelne Gesellschafter die Geschäfte führen. Nach Art. 540 Abs. 1 OR wird dabei das Verhältnis zwischen den geschäftsführenden und den übrigen Gesellschaftern � unter Vorbehalt anderer Bestimmungen im Recht

1002 Siehe dazu allgemein Kapitel 2 und für die Schweiz im Besonderen Kapitel 2.8. 1003 An Stelle vieler: BK-Fellmann, Art. 394 N 345f. (mit zahlreichen weiteren Hinweisen).

Siehe dazu auch Kapitel 1.3.1 und 3.7.2.5.

Page 261: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 215 -

der einfachen Gesellschaft (Art. 530 � 551 OR) � durch das Auftragsrecht (Art. 394 ff. OR) bestimmt. Von besonderem Interesse ist also die Gegenüberstellung von Art. 540f. OR und Art. 400 OR.

In der Lehre zum Personengesellschaftsrecht wird die Frage, welche Normen in welcher Konstellation anwendbar sind, unterschiedlich beantwortet: Zum einen wird die Ansicht vertreten, dass Art. 400 OR einzig unter den geschäftsführenden Gesellschaftern, zwischen geschäftsführenden und den übrigen Gesellschaftern aber ausschliesslich Art. 541 OR zur Anwendung gelange. 1004 Zum anderen wird von einem überwiegenden Teil der Lehre jedoch die Meinung verfochten, dass das Informationsrecht gemäss Art. 541 OR jedem Gesellschafter � ungeachtet einer bestimmten Funktion � zusteht. 1005 Für die zweite Lesart kann insbesondere angeführt werden, dass sie sich auf den französischen Wortlaut abstützen kann 1006 und dass eine ausführliche ältere rechtsvergleichende Untersuchung 1007 zum Schluss gekommen ist, dass es sich bei dieser einheitlichen Rechtsanwendung gerade auch um eine wesentliche Rechtsentwicklung im deutschen Rechtskreis aus der Zeit der Gesetzesentstehung handelt. Wie auch die vorliegende Arbeit zeigen wird, ist dieser zweiten Lesart der Vorzug zu geben, da sie sich auch besser mit den informationsrechtlichen Charakteristika des Gesellschaftsvertrages verträgt. 1008 Damit findet die Regelungsidee von Art. 541 OR im Personengesellschaftsrecht stets Anwendung.

Diese Ansicht gilt aufgrund des Verweises von Art. 557 Abs. 2 OR auf Art. 541 OR gemäss Lehre und Rechtsprechung grundsätzlich auch im Anwendungsbereich des Kollektivgesellschaftsrechtes. 1009Dieselbe Rechtslage besteht grundsätzlich auch für

1004 BasK-Handschin, Art. 540 N 4. Diese Auslegung kann sich insbesondere auf den

deutschen Gesetzeswortlaut abstützen. 1005 ZK-Siegwart, Art. 541 N 3; Lasserre, 53 und 61; Patry, Précis, 229 und 291; BK-

Fellmann/Müller, Art. 541 N 17. So auch deutlich der Cour de justice civile in SJ 1988 30 E. 4. Für die Rechtslage gemäss Art. 540f. unter dem aOR: Hafner, Art. 398 N 3.

1006 Lasserre, 61 FN 1, betont in seiner Untersuchung, dass bei dieser Frage der deutsche Gesetzeswortlaut nicht massgebend sein könne.

1007 Vogelsang, 117. 1008 Siehe dazu die nachfolgenden Abschnitte. 1009 So der Cour de justice civile in SJ 1988 30 E. 3. Ferner: Lasserre, 53 i.V.m. 63 (Dieser

Autor gelangt zur Auffassung, dass das Kontrollrecht im Recht der Kollektivgesellschaft eher noch umfassender sei, da hier eine eigentliche Buchführungspflicht bestehe, was Auswirkungen auf die Situation des nicht geschäftsführenden Kollektivgesellschafters habe.); Job, 27; Patry, Précis, 291; ZK-Siegwart, Art. 557 N 2; BK-Hartmann, Art. 557 N 16; Steiger, 614.

Page 262: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 216 -

den gesetzlichen Vertreter oder gar für einen beauftragten Dritten des Gesellschafters.1010

3.7.2.3 Zweck der Informationspflicht: Verschaffung der Kontrollmöglichkeit In der Lehre wird einhellig die Auffassung vertreten, dass sich der Gegenstand dieser Informationspflicht gemäss Art. 541 OR aus dem Zweck der Norm ergeben müsse. Ungeachtet gewisser (grammatikalischer) Differenzen in der Lehre, 1011 hat sich im Bereich von Art. 541 OR einheitlich die Bezeichnung �Kontrollrecht� durchgesetzt, 1012 obwohl dies etwa durch den Wortlaut 1013 der Norm nicht nahegelegt wird. Der Zweck des Informationsrechtes von Art. 541 OR ist also die Kontrollmöglichkeit bezüglich dessen, was ein anderer, grundsätzlich mit gleichen Rechten und Pflichten ausgestatteter Vertragspartner, in der Rolle des Geschäftsführers geleistet hat. 1014 Wie im Einzelarbeitsvertragsrecht, wo die Rechenschaftspflicht das Kontrollrecht verwirklicht, 1015 kann auch im Personengesellschaftsrecht das entsprechende Kontrollrecht weder beschränkt noch wegbedungen werden 1016, da dieses Recht eine Grundlage des entsprechenden Vertragstypus darstellt.

In Abweichung zur mandatsrechtlichen Lehre wird teilweise gefordert, dass die Informationspflicht nicht jederzeit ausgelöst werden könne, da der Tatsache Rechnung zu tragen sei, dass ein Geschäftsbetrieb mit fester Geschäftsperiode vorliege. 1017 Richtigerweise ist jedoch festzuhalten, dass die Einrichtung einer Kontrolle ein Informationsrecht fordert, welches �en tout temps� abgerufen werden kann. 1018

1010 Ausführlich Patry, Précis, 230 (wobei v.a. die Rechtslage in Art. 600 Abs. 3 OR im Sinne

eines in maiore minus angeführt wird). Lasserre, 61, vertritt gestützt auf ZR 4 Nr. 192, die Ansicht, dass auch �der Beizug von Sachverständigen (...) eine persönliche Einsichtnahme ist.� Einschränkender: BasK-Handschin, Art. 541 N 7.

1011 BasK-Handschin, Art. 541 N 3, will alles zulassen, �was zur Erreichung des Zwecks nötig ist.� Demgegenüber anerkennt ZK-Siegwart, Art. 541 N 2, ein Informationsrecht nur soweit, als ein solches �unbedingt zu seiner [Ziel-] Erreichung erforderlich ist.�

1012 BasK-Handschin, Art. 541 N1; ZK-Siegwart, Art. 541 N 1; Patry, Précis, 291f.; BK-Fellmann/Müller, Art. 541 N 50.

1013 dt.: � ... Einsicht ... sich unterrichten lassen ... Übersicht anfertigen ...�; fr.: � ... se renseigner ... de consulter ... dresser un état sommaire ...�; it.: � ... diritto d� informarsi ... ispezionare ... estrarne un prospetto.�

1014 Steiger, 405 (der in diesem Zusammenhang auf das eingeschränktere Kontrollrecht des Kommanditärs hinweist). Siehe dazu Kapitel 3.7.2.6.

1015 Siehe dazu Kapitel 3.5.3. 1016 Art. 541 Abs. 2 OR. Aus der Rechtsprechung: Cour de justice civile in SJ 1988 30 E. 4. 1017 ZK-Siegwart, Art. 540 N 3; BK-Becker, Art. 540 N 3. 1018 Deutlich: Patry, Précis, 229 resp. 291; Steiger, 404; BK-Fellmann/Müller, Art. 541 N 77.

Demgegenüber ist ein Teil des Informationsrechts des Kommanditärs zeitlich eingeschränkt.

Page 263: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 217 -

Mangels einer spezifischen gesetzlichen Regelung handelt es sich hierbei um eine Kontrollpflicht, welche als eine reaktive Pflicht angelegt ist. 1019

3.7.2.4 Gegenstand des Kontrollrechts Gemäss der Zweckumschreibung soll das entsprechende Informationsrecht die Kontrollmöglichkeit verschaffen. 1020 Dabei kann etwa der nicht geschäftsführende Personengesellschafter einer einfachen Gesellschaft die entsprechende Kontrolle und damit die Kommunikation zwischen den Gesellschaftern erzwingen. 1021

Entsprechend der Eigenschaft eines Kontrollrechts hat die Rechtsprechung dieses Informationsrecht als ein �droit étendu� 1022 anerkannt. Dieser breiten Umschreibung folgt auch die Lehre, wenn von einem �droit de contrôle très étendu, aussi efficace que possible� 1023 oder davon gesprochen wird, dass dieses Informationsrecht �doit être comprise largement.� 1024 In diesem Zusammenhang wird in der Lehre ausgeführt, dass das Informationsrecht so weit reiche, wie es für die Zweckerreichung � ein effektives Kontrollrecht � eben notwendig sei. 1025

Aus diesen Umschreibungen in Lehre und Rechtsprechung wird deutlich, dass die Kontrolle und damit das Informationsrecht grundsätzlich grenzenlos sind. 1026 Dabei bezieht sich das Kontrollrecht zum einen auf die Überprüfung dessen, was als Gewinn- und Verlustbeteiligung ausgewiesen worden ist. 1027 Zum anderen umfasst die Kontrolle gemäss Art. 541 OR aber auch alle Informationen, mithilfe derer untersucht werden soll, �ob die Tätigkeit des Geschäftsführers eine pflichtgemässe war.� 1028 Entsprechend diesem umfassenden Anspruch, der dem Zweck von Art. 541 OR 1019 Steiger, 404, vertritt wohl ebenfalls diese Ansicht, da der �Geschäftsführer zur Auskunft

verpflichtet� sei. 1020 ZK-Siegwart, Art. 541 N 2; BasK-Handschin, Art. 541 N 3 und 5. 1021 SJ 1977 E. 2b (Aus der Regeste: �Un associé non gérant d�une société simple à qui

l�associé gérant refuse la communication pour contrôle des bilans, comptes d�exploitation, comptes de profits et pertes de la société a droit d�en requérir communication par voie de mesures provisionnelles.�

1022 SJ 1988 20 E. 4. 1023 Patry, Précis, 229. 1024 Tercier, N 5662 (aus der 2. Auflage). 1025 BasK-Handschin, Art. 541 N 3 und 5. Es sollen �umfassende Kenntnisse verschafft

[werden]�: BK-Fellmann/Müller, Art. 541 N 57. 1026 Patry, SPR VIII/1, 202: � ... praktisch unbegrenzt ... .�; Steiger, 404: �In sachlicher

Hinsicht ... grundsätzlich unbeschränkt.�; Lasserre, 62: �(...) le droit de regard de l�associé est illimité.�; Meier-Hayoz/Peter Forstmoser, § 12 N 58: �... umfassend ... .�

1027 ZK-Siegwart, Art. 541 N 1; BasK-Handschin, Art. 541 N 2. 1028 ZK-Siegwart, Art. 541 N 1 (mit Hinweisen auf die Rechtsprechung in HE 10, 291f. und

HE 13, 185ff.).

Page 264: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 218 -

entspricht, werden in der Lehre kaum Einschränkungen genannt, was konkret vom Kontrollrecht ausgenommen ist. 1029 So sind namentlich auch alle Entwürfe, Notizen und Protokolle 1030 sowie Bücher, Belege, Einsicht in die Depots und Warenlager und die Besichtigung von Grundstücken 1031 von diesem Kontrollrecht erfasst. 1032 Begrenzt wird dieses Informationsrecht nach allgemeiner Vorstellung offenbar einzig durch das Rechtsmissbrauchsverbot. 1033 Allerdings ist der Anwendungsbereich des Rechtsmissbrauchsverbots unklar, will doch das entsprechende gesellschaftsrechtliche Informationsrecht gerade die Kontrolle vermitteln. Aus diesem Grund ist es schwierig sich vorzustellen, in welchen Situationen die Ausübung dieses Anspruchs auf Kontrolle etwa zweckwidrig oder ohne ein schützenswertes Interesse erfolgt sein soll. 1034 Im Ergebnis entspricht das dargestellte Kontrollrecht �nichts anderem als dem umfassenden Gesellschafterrecht abzüglich der Geschäftsführungsbefugnis.� 1035

3.7.2.5 Grundlagen für ein umfassendes Kontrollrecht Die Situation zwischen geschäftsführenden und übrigen Gesellschaftern einerseits und Beauftragtem und Auftraggeber anderseits weisen Gemeinsamkeiten auf, weshalb auch bereits das Gesetz in Art. 540 Abs. 1 OR einen generellen Verweis auf das Recht des einfachen Auftrages enthält. Die vorgehenden Abschnitte in diesem Kapitel haben gezeigt, dass im Gesellschaftsrecht ein umfassendes Informationsrecht statuiert wird, welches als eigentliches Kontrollrecht ausgestaltet ist. 1036 Demgegenüber haben die bisherigen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit ergeben, dass die Informationspflicht �Rechenschaftspflicht� im Auftragsrecht eine beschränkte Informationspflicht ist, welche als eigentliche Berichtspflicht zu charakterisieren ist. Nachfolgend soll den

1029 In diesem Zusammenhang ist auch auffällig, dass keine einschränkenden Anführungen

dazu gemacht werden, was sich �vom Gang der Gesellschaftsangelegenheiten unterrichten� bedeutet: Vgl. ZK-Siegwart, Art. 541 N 5 und BasK-Handschin, Art. 541 N 4.

1030 BasK-Handschin, Art. 541 N 5. 1031 Christ, 46. 1032 Eine ausführliche Aufzählung findet sich bei BK-Fellmann/Müller, Art. 541 N 58. 1033 SJ 1988 20 E. 4 i.f.; ZK-Siegwart, Art. 541 N 9; BasK-Handschin, Art. 541 N 9 (mit

weiteren Hinweisen). Meier-Hayoz/Peter Forstmoser, § 12 N 58. 1034 Anwendungsfälle des Rechtsmissbrauchsgebots sind aber etwa: Unangemessen häufig

gestellte Auskunftsbegehren; Auskunftsbegehren über Sachverhalte, die sich der Anfrager gestützt auf seine Unterlagen auch selbst beantworten könnte; unangemessen langes Zuwarten mit dem Auskunftsbegehren.

1035 Christ, 46. 1036 Der Umstand, dass das Kriterium �Kontrolle� alleine nicht das Abgrenzungskriterium für

das Gesellschaftsrecht sein kann, ist an dieser Stelle nicht von entscheidender Bedeutung: Siehe dazu die Ausführungen von Rommé, 360f. Aus diesem Grund wird nachfolgend nicht auf die Kritik zur Vertragsqualifikation von Rommé, 348ff., eingegangen.

Page 265: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 219 -

Gründen nachgegangen werden, welche eine solch unterschiedliche Informationsordnung zwischen Auftragsvertrag und Personengesellschaftsvertrag 1037 rechtfertigen können. 1038

3.7.2.5.1 Besondere Risikolage des Personengesellschafters Im Bereich der einfachen Gesellschaft haftet jeder Gesellschafter primär und ausschliesslich, unbeschränkt und solidarisch. 1039 Demgegenüber haftet jeder Personengesellschafter bei einer Kollektivgesellschaft nur subsidiär, aber ebenfalls unbeschränkt. 1040 Damit bekleidet jeder Personengesellschafter, unabhängig von seiner konkreten Rolle innerhalb der Gesellschaft, eine rechtliche Stellung, die mit erheblichen Risiken verbunden ist. 1041 Gemäss der gesetzlichen Ordnung kann sich der Gesellschafter diesem hohen potenziellen Risiko, das in seiner Stellung als Gesellschafter begründet ist, grundsätzlich nicht entziehen. Die Rechtssprechung 1042 hat in diesem Zusammenhang in neuerer Zeit gerade wieder entschieden, dass die Haftung grundsätzlich immer gegeben ist, soweit die entsprechenden Handlungen der Mitgesellschafter nicht offensichtlich jenseits des Gesellschaftszwecks anzusiedeln sind. Dies stellt ein beträchtliches Risiko des Mitgesellschafters dar, entspricht aber dem Bedürfnis der Geschäftswelt. 1043 Die Risikoposition wird dabei durch die Tragweite einer gesetzlichen Vermutung der Vertretungsmacht eines Personengesellschafters unterstrichen. 1044 Schliesslich akzentuiert sich die Risikoposition des nicht geschäftsführenden Personengesellschafters noch dadurch, 1037 Die nachfolgend aufgeführten Argumente für ein umfassendes Kontrollrecht des

Personengesellschafters sind nach der hier vertretenen Auffassung die entscheidenden Merkmale, welche informationsrechtlich das Kontrollrecht rechtfertigen. Die Argumente ergeben sich aus dem �Wesen� der gesellschaftlichen Vereinigung und können nicht als blosse �Mystifizierungen� abgetan werden: Siehe hierzu die Aussagen von Rommé, 334.

1038 Damit wird hier insbesondere demjenigen Teil der Lehre nicht gefolgt, welcher die Auffassung vertritt, dass etwa �[i]m Unterschied zum Auftragsrecht das Recht der einfachen Gesellschaft keine umfassende Rechenschaftsablegung begründet�: BK-Fellmann/Müller, Art. 540 N 66.

1039 Art. 544 Abs. 3 OR. 1040 Ausführlich: Plattner, 9, 28ff. und 87ff. Die besondere Stellung des Kommanditärs wird

demgegenüber nachfolgend in Kapitel 3.7.2.6. gesondert dargestellt. 1041 Patry, Précis, 292; Steiger, 404. Besonders deutlich: Lasserre, 61, und BasK-Handschin,

Art. 541 N 1. 1042 ZR 103 Nr. 20 [S. 67]. Zustimmend Forstmoser/Peyer, Entwicklungen 2004, 519. 1043 Die Einschränkungen der Risikoposition, welche sich aus BGE 124 III 363ff., E. 2d

ergeben, finden wohl nur sehr beschränkt auf die Bereiche der freien Berufe Anwendung, weshalb die allgemeine Tragweite der Risikoexposition im Personengesellschaftsrecht in der Regel bestehen bleibt.

1044 BGE 123 III 355ff., E. 4a. Im Aussenverhältnis ergibt sich �[g]estützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung geradezu eine �Anscheinskaskade��, welche die Risikoposition des Personengesellschafters unterstreichen: Ausführlich dazu Guhl/Druey, § 62 N 40ff. und die kritische Besprechung von Fellmann/Müller, 637ff.

Page 266: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 220 -

dass diesem �kein Recht zur Anordnung von positiven Massregeln� 1045 zusteht: 1046 Dieser Gesellschafter kann demnach nicht � wie es beispielsweise im Arbeitsvertrag oder Auftragsvertrag vorgesehen und eingerichtet ist � konkrete Anweisungen an seine Mitgesellschafter erteilen.

Aufgrund dieser Tatsachen ist der nicht geschäftsführende Personengesellschafter einem Risiko ausgesetzt, welches mit der Position des Auftraggebers nicht verglichen werden kann. Das Personengesellschaftsrecht hat den Gesellschaftern entsprechend ein Informationsrecht zugestanden, welches als präventives Kontrollrecht den Gesellschafter darin unterstützt, das entsprechende Risiko zu bewirtschaften. Die Rechtsprechung sieht die Entsprechung für das strenge Haftungsregime in der Möglichkeit eines Kontrollrechts, welches der Personengesellschafter auch wahrnehmen müsse. So wurde einem Personengesellschafter gerade vorgeworfen, dass er �die interne Kontrolle der Gesellschaft vollständig vernachlässigt� habe, �[d]enn die Kontrolle der handelnden Organe liegt im Machtbereich der Mitgesellschafter�. 1047 Damit bestimmt die besondere Risikostellung des Personengesellschafters das entsprechende Kontrollrecht: Seine umfassende Risikosituation wird mit einem umfassenden Kontrollrecht ausgeglichen. Dieser Regelungsgedanke bringt es mit sich, dass jeder einzelne Gesellschafter grundsätzlich eine nicht bestimmbare Menge von Information einfordern kann, da die Relevanz (und damit die Menge) der Information nur individuell je nach bestehender Risikoneigung etc. bestimmt werden kann. Auch aus der Tatsache, dass ein individueller Ansatz zu beachten ist, folgt, dass jedem Gesellschafter grundsätzlich ein umfassendes Informationsrecht zusteht. Aus der Risikosituation des Personengesellschafters ergibt sich also, dass es sich im Falle des Informationsrechts gemäss Art. 541 OR um ein umfassendes und nur individuell bestimmbares Recht auf Information handelt. Mit dem umfassenden personengesellschaftlichen Kontrollrecht wird dem nicht geschäftsführenden Gesellschafter auch die Möglichkeit verschafft, durch seine ihm verbliebenen (indirekten) Mitwirkungsrechte das entsprechende Risiko weiter zu minimieren: Mitwirkung bei wichtigen Beschlüssen (Art. 535 Abs. 3 OR), Entzug der Geschäftsführungsbefugnis aus wichtigem Grund (Art. 539 Abs. 2 OR) und Klage auf

1045 ZK-Siegwart, Art. 541 N 2. 1046 Vorbehalten ist der Umstand, dass Gefahr im Verzug ist: ZK-Siegwart, Art. 535 N 12. 1047 ZR 103 Nr. 20 [S. 68].

Page 267: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 221 -

Auflösung der Gesellschaft (Art. 545 OR). 1048 Damit gründet das Informationsrecht auch auf einer Zuständigkeitsordnung, wie sie auch im Bereich des Auftragsrechts gefordert ist. 1049 Im Gegensatz zur Situation im Mandatsrecht wird hier jedoch diese Situation durch die Einflüsse der übrigen Argumente überlagert, welche im Personengesellschaftsrecht und damit in der Situation des Gesellschafters begründet sind. Aus diesen Gründen ist im allgemeinen Personengesellschaftsrecht das Informationsrecht nicht auf die Zuordnung entsprechender Zuständigkeiten limitiert, weshalb dem Personengesellschafter ein Kontrollrecht zusteht. Es sind diese anderen Umstände, welche die Kontrolle des Personengesellschafters gewissermassen losgelöst von konkreten Zuständigkeiten des Personengesellschafters rechtfertigen.

In diesem Zusammenhang ist auf die Risikoposition des Auftraggebers hinzuweisen: Die jüngere Rechtsprechung hat 1050 erneut betont, dass der Auftragnehmer �nicht für den Erfolg seiner Tätigkeit Gewähr zu leisten hat, sondern nur für das kunstgerechte Tätigwerden� und dass �[n]ach wie vor die Parteien das Prozessrisiko zu tragen [haben], das sie nicht über die Verantwortlichkeit des Anwalts verlagern können�. Das Bundesgericht sieht die Entsprechung für diese Risikoposition des Auftraggebers in einer umfassenden Aufklärungspflicht, weil der Auftraggeber nur auf diese Weise seine Risiken bewirtschaften kann: �Als Ausfluss der Treuepflicht obliegt es dem Anwalt insbesondere, seinen Mandaten über die Schwierigkeit und die Risiken der Geschäftsbesorgung umfassend aufzuklären, damit dieser sich über das von ihm zu tragende Risiko bewusst werde.� 1051 Entscheidend ist für die hier vorliegende Arbeit, dass die Aufklärungspflicht als die entsprechende Informationspflicht identifiziert wird, welche den Auftraggeber in seiner Situation unterstützen soll. 1052 Demgegenüber wird in diesem Zusammenhang die Rechenschaftspflicht nach der hier vertretenen Meinung richtigerweise nicht als die Informationspflicht dargestellt, welche zur Ausgleichung der Risikolagen dienlich sein soll.

Damit sind die bestehende Risikolage und die gewährten (beschränkten) Mitwirkungsrechte (als eine konkrete Zuständigkeitsordnung) eine Grundlage für ein 1048 Meier-Hayoz/Forstmoser, § 12 N 57 (gilt sowohl für die einfache Gesellschaft als auch für

die Kollektivgesellschaft). 1049 Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.5.2 und 3.5.5. 1050 BGE 127 III 357ff., E. 1b. 1051 BGE 127 III 357ff., E. 1d ([Hervorhebungen nur hier] unter Hinweis auf BK-Fellmann,

Art. 398 N 412). 1052 Siehe dazu auch die Kommentierung von Fellmann, Urteilsbesprechung, 194: Der Autor

findet diese Feststellung des BGer von besonderem Interesse, gerade weil für das BGer dieser Sachzusammenhang so klar zu sein scheint.

Page 268: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 222 -

umfassendes Kontrollrecht (insbesondere auch) des nicht geschäftsführenden Personengesellschafters. Dabei zeigt die spätere Auseinandersetzung mit der Rechtsstellung des Kommanditärs, dass es sich hierbei um eine wesentliche Grundlage des umfassenden Kontrollrechts handelt. 1053 Weiter zeigt die Rechtsprechung, dass die Aufklärungspflicht als die Pflicht im Auftragsrecht anerkannt wird, welche die entsprechende Risikosituation des Auftraggebers klären soll.

3.7.2.5.2 Gesellschaftsvertrag als Vergemeinschaftungsvertrag Gemäss Art. 530 OR ist eine Gesellschaft die vertragsmässige Verbindung von zwei oder mehreren Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln. Entscheidendes Element ist die �affectio societatis�, wodurch die Tatsache beschrieben wird, dass jeder Gesellschafter �den Willen zum partnerschaftlichen Zusammenwirken auf ein gemeinsames Ziel hat. (...) Demgemäss muss dieser Zweck dem Willen aller Gesellschafter entsprechen und zum eigentlichen Kern des Vertrages erhoben werden.� 1054 Die Gesellschaft zeichnet sich demnach durch die Förderung eines gemeinsamen Zwecks und einer Vergemeinschaftung aus, weshalb das Fehlen eines gemeinsamen Zwecks gerade das Abgrenzungskriterium zwischen der einfachen Gesellschaft und dem Auftragsvertrag bildet. 1055 Eine ausführliche Untersuchung deckt die verschiedenen Facetten von �Einheit� im Innenverhältnis einer Kollektivgesellschaft auf, wodurch die Verbundenheit zwischen den Gesellschaftern zum Ausdruck gelangt. 1056 Aufgrund dieser Ausführungen ist folgerichtig auch anzuerkennen, dass die Informationsordnung im Bereich des Personengesellschaftsrechts der Vergemeinschaftung Rechnung tragen soll. Dies wird durch die Tatsache verwirklicht, dass eine informationelle Gleichordnung aller Gesellschafter vorgesehen ist, indem Wissensdefizite ausgeglichen werden sollen. 1057

Besonders deutlich unterscheidet sich die Gemeinschaftlichkeit des zu erwirtschaftenden Ergebnisses bei der einfachen Gesellschaft von der Rechtslage im

1053 Siehe dazu Kapitel 3.7.2.6. 1054 Meier-Hayoz/Forstmoser, § 1 Rz. 50. BGer in SJ 2002 620ff., E. 3b: ��L�animus

societatis, qui caractérise la société simple, doit résulter de la volonté des parties (art. 18 CO).�

1055 BGer in SJ 2002 620ff., E. 3a. Aus der Lehre an Stelle vieler: BK-Fellmann, Art. 394 N 347 (mit weiteren Hinweisen).

1056 Es kann dazu auf die Ausführungen bei Vonzun, N 405ff., insbesondere N 406f. und N 409ff. verwiesen werden.

1057 BK-Fellmann/Müller, Art. 541 N 10.

Page 269: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 223 -

Auftragsrecht, weshalb diese Tatsache ebenfalls als Abgrenzungskriterium anerkannt wird. 1058 In der Lehre wird die Art der Eigentumsverhältnisse als weitere Ausprägung des Vergemeinschaftungsgedankens ebenfalls im Sinne eines Hilfskriteriums als Unterscheidung zwischen Gesellschafts- und Auftragsvertrag anerkannt. 1059 Obwohl in der neueren informationsrechtlichen Literatur allgemein darauf hingewiesen wird, dass zwischen sachenrechtlicher und informationsrechtlicher Zuordnung unterschieden werden muss, 1060 ist doch anzuerkennen, dass gerade der Zusammenhang zwischen Eigentum und Information immer wieder stark hervorgehoben wird: So hat etwa die Darstellung des Arbeitsvertragsrechts gezeigt, dass die Eigentumsfrage im Zusammenhang mit Informationspflichten resp. Kontrollrechten Bedeutung erlangt. 1061 Bezüglich des Personengesellschaftsrechts ist hierzu anzumerken, dass auch ausgeführt wird, dass das Gesamthandverhältnis als Grundordnung des Rechtes der einfachen Gesellschaft dazu führt, dass �das Kollektivistische der Mitgliedergesamtheit [betont wird].� 1062 Dieser �kollektivistischen Tendenz� wird im Rahmen des Personengesellschaftsrechts auf der Informationsebene am ehesten dadurch entsprochen, dass der �Vergemeinschaftung� der vorhandenen Informationen durch die Einrichtung eines weitgehenden Informationsrechtes entsprochen wird. In rechtshistorischer Hinsicht kann dieser Zusammenhang bei der Entstehung des aAFG aus dem Jahre 1966 erkannt werden, als überwiegend das Konzept der sog. �Miteigentumslösung� des Anlagefonds vertreten wurde 1063 : Das entsprechende Informationsrecht des Anlegers wurde deshalb weit ausgestaltet, weil fingiert wurde, der Anleger sei der eigentliche Eigentümer der Werte des Anlagefonds. Der Anleger wurde in der Tendenz so dargestellt, als wäre er weiter Eigentümer und müsse sich auch (gestützt auf die dazu notwendige Information) so verhalten (können). Die konzeptionelle Grundlage war dabei, �dass der Anlagefonds nach herrschender

1058 BGer in SJ 2002 620ff., E. 3c/dd (mit zahlreichen Hinweisen). Rommé, 356, hält dieses

Kriterium für nicht entscheidend. 1059 So etwa bei BasK-Weber, Art. 394 N 34. 1060 Druey, Information als Gegenstand, 93 (Kapitel 4. III), und 227 (speziell für die

Rechenschaftspflicht). 1061 Etwa (indirekt) im Bereich des Weisungsrechtes (Kapitel 3.5.2) und besonders deutlich

bei der Informationspflicht nach Art. 352a OR im Recht des Heimarbeitnehmervertrages (Kapitel 3.5.3.4.2).

1062 Fellmann, Grundfragen, 289 (mit weiteren Hinweisen). 1063 Für Einzelheiten: KF-Forstmoser, Art. 6 N 1 (mit dem Hinweis, dass diese Konstruktion

im aAFG später bewusst abgelehnt worden sei). Amonn, 281: �Weil man bei diesem Vorbild [i.e. dem �Investment-Trust� in der Gestalt des angelsächsischen �common law trust�] das Schwergewicht in der eigentümerähnlichen Rechtsstellung der Anleger erblickte, entschied man sich dabei für die sog. Miteigentumslösung.�

Page 270: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 224 -

Auffassung eine einfache Gesellschaft darstellt.� 1064 Das weitgehende Informations- resp. Kontrollrecht wurde demnach auf die sachenrechtliche Ordnung im Bereich des Personengesellschaftsrechts abgestützt.

Ein weiterer zentraler Unterschied zwischen Auftragsvertrag und Gesellschaftsvertrag ergibt sich aus der Ausgestaltung der Interessenlagen. Der Auftrag hat das (tatsächliche und/oder rechtliche) Handeln für eine andere Person zum Gegenstand. Obgleich dieser spezifische Vertrag typischerweise durch das Prinzip der Interessenwahrung charakterisiert wird (die Interessenwahrungspflicht ist zu den Typenmerkmalen des Auftragsrechts zu zählen 1065), lässt sich die Intensität dieser Pflicht nur aus den konkreten Umständen ableiten. 1066

Grundsätzlich ist im Auftragsrecht von der Prävalenz 1067 der Auftraggeberinteressen die Rede. Der Auftragsvertrag als ein besonderer Geschäftsbesorgungsvertrag zeichnet sich aber dadurch aus, dass es �... um die gemeinsame Verfolgung eines durch den einen Vertragpartner bestimmten Zwecks und damit für den Geschäftsbesorger um die Wahrung fremder Interessen [geht].� 1068 Allerdings sind aus rechtssystematischen Gesichtspunkten folgende Präzisierungen anzubringen: �Die synallagmatischen oder zweiseitigen Verträge, zu denen auch die Auftragsverhältnisse gehören, sind (...) durch den Interessengegensatz zwischen den Vertragsparteien sowie durch die Bestimmtheit ihres Gegenstandes charakterisiert; durch den Austausch von Gütern oder Dienstleistungen werden entgegengesetzte Interessen befriedigt.� 1069 So hat das Bundesgericht einen Private-Equity-Vertrag als einen Vertrag mit ausgeprägten synallagmatischen Charakteristiken erkannt, weshalb die gegensätzlichen Interessen die Unterstellung einer einfachen Gesellschaft nicht

1064 BJM 1967 37ff. (unter Berufung auf ein Urteil des AppGer BS vom 29.1.1965 in BJM

1965 94ff.). 1065 So BK-Fellmann, Art. 394 N 105ff. Das BGer spricht diesbezüglich etwa von der

�obersten Pflicht des Beauftragten�: BGE 108 II 197 ff., E. 2a. 1066 Dasser, N 601, mit weiteren Hinweisen und der Schlussfolgerung, �dass es Aufträge mit

sehr geringer Interessenwahrungspflicht gibt, aber umgekehrt auch Kaufverträge und andere mit einer solchen Pflicht.�

1067 Der Ausdruck stammt von BK-Gautschi, Art. 404 N 3c und 3d. Ihm folgend: Derendinger, N 36 FN 96.

1068 Furrer, 143 (Hervorhebungen nur hier). Dazu auch Derendinger, N 35ff. BGE 108 II 197ff., E. 2a: Es ist die oberste Pflicht des Beauftragten.

1069 BGE 104 II 108 E. 2. ZR 88 Nr. 104 E. III/1 unterscheidet ein Hauptinteresse und ein abgeleitetes Interesse, das aber für die Qualifikation des Vertragsverhältnisses [Realisierung eines Filmes] deshalb nicht von Bedeutung sein könne, weil es jeder Vereinbarung über Arbeitsleistung eigen sei. Ausführlich hierzu: Furrer, 142ff.

Page 271: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 225 -

zuliessen. 1070 Es darf nicht verkannt werden, dass insbesondere die Frage der Entgeltlichkeit des Mandats die Struktur und die Interessenlagen im ganzen Mandat nachhaltig beeinflusst hat. Durch die Frage der Entgeltlichkeit werden der Charakter der Interessengegensätzlichkeit des Auftrages und damit der Austauschcharakter des Mandatsvertrages stärker betont. Gerade die Lehre, welche sich mit dem Mandatsrecht in einem systematischen Zusammenhang beschäftigt 1071 , betont diesen Aspekt der Schwerpunktverschiebung. Bezogen auf den entgeltlichen Auftrag ist deshalb anzumerken: �Beim entgeltlichen Auftrag hat der Beauftragte ein Interesse am Entgelt, die Interessen des Auftraggebers sind andere; von Gemeinschaftlichkeit der Interessen kann keine Rede sein.� 1072 Und: �[I]m Rahmen des entgeltlichen Auftrages wird also nicht ein gemeinsamer Zweck verfolgt, sondern jede Partei verfolgt ihre eigenen Ziele.� 1073

Zusammenfassend und klarstellend ist festzuhalten, dass der unbedingte Vorrang der Interessen des Auftraggebers grundsätzlich nur bezüglich der Ausführungsobligation formuliert ist 1074 und damit die tatsächliche Abwicklung des Auftrages beschlägt. In diesem spezifischen Pflichtenbereich erscheint der Auftragsvertrag als ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, in welchem die Gegensätzlichkeit der Interessen durch eine Interessenwahrungspflicht überlagert wird: Der Beauftragte verpflichtet sich in einem Auftragsvertrag im Rahmen der Ausführungsobligation zur Wahrung der fremden Interessen. 1075 Damit ist die Ausführungsobligation der eigentliche Anwendungsbereich dieses Prinzips, in welchem das Typenmerkmal �Interessenwahrung� vollständig zum Tragen kommt. 1076

1070 BGE 4C.214/2003 in Pra 93 Nr. 162 E. 3. Dieser Entscheid wird in der Lehre allerdings

kritisiert: Forstmoser/Peyer, Entwicklungen 2004, 519. 1071 So BK-Gautschi, Art. 394 N 73b und besonders deutlich Furrer, 145f. (je mit weiteren

Hinweisen). Diese Akzentverschiebung der Interessenlage wird demgegenüber in der Kommentarliteratur nicht deutlich hervorgehoben: BK-Fellmann, Art 394 N 105ff.; BasK-Weber, Art. 394 N 8.

1072 Hofstetter, 2000, 25 (unter Hinweis auf BGE 104 II 108ff.). Auch Rommé, 350, unterscheidet nur �zwischen einer gesellschaftsvertraglichen und einer austauschvertraglichen Bindung. Dies jedenfalls solange, als nicht nachgewiesen ist, dass die Interessenwahrungs- und partiarischen Verträge keine Austauschverträge darstellen.�

1073 Furrer, 143. 1074 Deutlich: BK-Gautschi, Art. 394 N 44a, Art. 396 N 49a und Art. 404 N 3c resp. 3d. 1075 BK-Fellmann, Art. 394 N 105 und 107 (je mit weiteren Hinweisen). Grundsätzlich zum

Auftragsvertrag als Interessenwahrungsvertrag: Siehe Kapitel 1.3.1, 3.7.1 und 3.7.2. 1076 Siehe aber immerhin die nun gefestigte Rechtsprechung zum Problem des

Selbstkontrahierens bzw. der Doppelvertretung, wonach solche Geschäfte zulässig sind, wenn die Interessen des Auftraggebers und des Beauftragten gleichlaufen: Übersicht bei BK-Zäch, Art. 33 N 78ff.

Page 272: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 226 -

Im Prinzip kann nicht in Abrede gestellt werden, dass sich der Interessenwahrungsgrundsatz des Mandatsrechts auch auf andere Verpflichtungen des Beauftragten auswirken könnte. Dabei ist aber darauf zu achten, dass der Einfluss des Interessenwahrungsgrundsatzes nur konkret zu bestimmen ist aufgrund der gerade betrachteten Pflicht des Beauftragten. Es ist hierbei grundsätzlich zu akzeptieren, dass die besagte Gegensätzlichkeit der Interessen auch Konsequenzen im Bereich der einzelnen Verpflichtungen des Auftragnehmers hat.

Betreffend die Ablieferungsobligation galt bereits im klassisch-römischen Recht der allgemeine Grundsatz, dass der Beauftragte keinen Vermögensvorteil aus seinen Dienstleistungen ziehen dürfe. 1077 Diesbezüglich galt ein absoluter Massstab der Unterordnung der Interessen, der sich namentlich auch aus dem sozialen Grundmodell des mandatum erklärte. 1078 Dieser Massstab gilt grundsätzlich auch im modernen Schuldrecht bei der Bestimmung der mandatsrechtlichen Ablieferungsobligation nach Art. 400 Abs. 1 OR, wonach sich die Ablieferungspflicht auf �alles� erstreckt, was dem Geschäftsführer infolge seiner Geschäftsführung etc. �aus irgend einem Grunde zugekommen ist.� 1079

Der Grundsatz, welcher die Vermögensbereinigung regelt, findet im entgeltlichen Mandatsrecht informationsseitig seine Entsprechung in der Pflicht zur Rechnungslegung 1080 : Soweit der Grundsatz der Vermögensbereinigung durch die Ablieferungsobligation sichergestellt wird, ist die totale Interessenwahrung durch den Beauftragten gegeben. Die Pflicht zur Rechnungslegung über den Verbleib von anvertrauten Sachen/Geldern ist umfassend zu erfüllen. In diesem Bereich gibt es keinen Spielraum und die entsprechende Informationspflicht muss vollständig und detailliert erfolgen. Demgegenüber ist die Interessenfrage im Bereich des Vergütungsanspruchs und im Zusammenhang mit der Rechenschaftspflicht als Pflicht zur Rechnungsstellung differenzierter zu beantworten. Hier wirkt sich der anerkannte Interessengegensatz in der Weise aus, dass Information nicht vorbehaltlos, vollständig und ohne Ausnahme herauszugeben ist. Es ist zu beachten, dass die Grundlage der Rechnungsstellungspflicht in der Rechenschaftspflicht nach Art. 400 OR geregelt ist,

1077 DIG. 17.1.36.1. 1078 Siehe dazu Kapitel 2.1 (Freundschaft als Grundlage des Mandatsvertrages). 1079 Grundlegend: BK-Gautschi, Art. 400 N 6: �Das klassische Axiom der Nichtbereicherung

des Beauftragten und seine Einschränkung im modernen Auftragsrecht� (Titel von N 6). Siehe auch BK-Gautschi, Art. 394 N 24a und N 70b.

1080 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.

Page 273: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 227 -

weshalb es sich um eine definierte Berichtspflicht handelt. Aus diesem Grunde wird alle Information ausgeklammert, die etwa besonders auf den Auftraggeber zugeschnitten wäre. Das primäre Interesse bei der Rechnungsstellungspflicht liegt nämlich beim Auftragnehmer, welcher die Pflicht als Vorbedingung für die Durchsetzung seines Honoraranspruchs erfüllen will. Dass der Auftraggeber hierdurch einen gewissen Einblick in die Geschäftsabwicklung erhält, ist zwar zutreffend, aber nicht entscheidend. Der Auftraggeber erhält hierdurch nämlich nicht die Kontrolle über die Auftragsausführung, sondern nur eine beschränkte Kontrolle darüber, ob der Honoraranspruch gerechtfertigt ist. Abschliessend kann gesagt werden, dass die Informationspflichten, welche ihre Rechtsgrundlage in Art. 400 OR haben, durch den allgemeinen Interessenwahrungsgrundsatz gedeckt sind, soweit es der Zweck dieser Pflichten vorsieht. Ein allgemeines Informationsrecht (insbesondere im Sinne eines Kontrollrechts) kann sich jedoch grundsätzlich nicht allein auf den Interessenwahrungsgrundsatz abstützen, da die entsprechende Interessensituation zu konfus und unbestimmt ist. Ein entsprechendes Informationsrecht wäre konturlos resp. auf den Einzelfall bezogen, da eine Lösung nur im Rahmen einer eigentlichen Interessenabwägung gefunden werden könnte. Diese inhaltliche Bestimmung der Rechenschaftspflicht widerspricht aber gerade dem Wesen dieser Pflicht. 1081

Im Zusammenhang mit den Informationsrechten ist auf einen Entscheid des Zürcher Obergerichtes 1082 hinzuweisen, welches sich im Zusammenhang mit dem Einsichtsrecht (als Informationsrecht) im Rahmen eines atypischen Kaufvertrages mit Überlegungen der Informationssituation bei Interessenvergemeinschaftungs-, Interessenwahrungs- und Interessengegensatzverträgen auseinander gesetzt hatte. Gerade aufgrund dieses systematischen Ansatzes und durch den Vergleich der je verschiedenen Interessenlagen in diesen Vertragstypen (Kaufvertrag, Mandatsvertrag, einfache Gesellschaft) ist das Gericht zur Auffassung gelangt, dass im Bereich von Interessenwahrungsverträgen bloss eingeschränkte Informationsrechte anzuerkennen seien. 1083 Die oben wiedergegebenen Belegstellen belegen denn auch, dass der entgeltliche Auftragsvertrag in seinen Charakteristika deutlich den Austauschverträgen und nicht dem Gesellschaftsvertrag zuzuordnen ist. 1084 In der Tendenz steht demnach

1081 Bezüglich einer Interessenabwägung kann auch auf die Ausführungen zum

Datenschutzrecht hingewiesen werden: Siehe dazu Kapitel 3.4. 1082 ZR 75 Nr. 77 E. V. 7. 1083 Eine Abstufung zwischen den genannten Vertragskategorien ist auch im Bereich der

Aufklärungspflichten in BGE 124 III 155ff., E. 2 zu erkennen. 1084 Rommé, 350.

Page 274: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 228 -

der entsprechende Interessengegensätzlichkeitscharakter von Austauschverträgen im Vordergrund und verdrängt die Einflüsse der Interessenvergemeinschaftung. Ist jedoch in einer systematischen Einordnung anzuerkennen, dass sich der Auftrag als Interessenwahrungsvertrag qualitativ von den Verträgen auf Interessenvergemeinschaftung deutlich unterscheidet, so ist diese Unterscheidung auch im Bereich der Informationsrechte vorzunehmen. Es ist anzuerkennen, dass die Interessen des Auftraggebers nur indirekt die Interessen des Beauftragten sind, weshalb die Informationen des Beauftragten �nur indirekt� die Informationen des Auftraggebers sein können. 1085 Daran ändert auch nichts, dass der Beauftragte sein primär eigenes Interesse (in casu das Honorarinteresse) grundsätzlich nur unter der Bedingung maximieren kann, 1086 dass er bei der Auftragsausführung alle objektiv notwendige Sorgfalt walten lässt. 1087 Soll der unterschiedlichen Interessenlage informationsrechtlich entsprochen werden, so findet eben im Auftragsvertrag gerade keine Vergemeinschaftung von Information wie im Personengesellschaftsrecht statt.

Währenddem im Personengesellschaftsrecht die allgemeine Vergemeinschaftung der Interessen das breite Kontrollrecht rechtfertigt, ist bezüglich des Informationsrechts im Auftragsrecht festzuhalten, dass die entsprechenden Informationsrechte jeweils spezifisch begründet werden und im Zusammenhang mit konkreten Zuständigkeiten des Auftraggebers gerechtfertigt sein müssen. 1088 Unterstützt werden diese Feststellungen durch einen Entscheid 1089, wonach eine Interessenabwägung, ob und in welchem Umfang nach Treu und Glauben ein Informationsrecht zu gewähren sei, nur im Rahmen der reinen Interessengegensatzverträge stattfinden kann. 1090 Die Methode der Interessenabwägung für die Statuierung von Informationspflichten findet demnach im Bereich der Interessenwahrungsverträge und der Interessenvergemeinschaftungsverträge keine Anwendung. Damit ist insbesondere 1085 Dieser �indirekte Informationszugang� wird in rechtlicher Hinsicht in der Weise

verwirklicht, als nur jene Information zum Auftraggeber gelangt, welche etwa durch spezifische Informationsrechte (wie die Rechenschaftspflicht als Pflicht zur Rechnungslegung resp. Rechnungsstellung) vorgesehen ist. Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.

1086 Für Einzelheiten sei auf die Darstellung bei Furrer, 145f., verwiesen. 1087 Dies etwa im Gegensatz zur Regelung in Art. 538 OR. Ausführlich zum entsprechenden

Regelungsgedanken: Fellmann, Grundfragen, 312ff. 1088 Siehe dazu Kapitel 3.5.5. 1089 ZR 75 Nr. 77. In diesem Urteil wurde die Rechtsprechung von BGE 82 II 555ff.

übernommen und eine eigene ältere Praxis (ZR 55 Nr. 12) aufgegeben. In casu war in ZR 75 Nr. 77 ein (atypischer) Kaufvertrag zu beurteilen. Im Ergebnis kamen Art. 541 OR und Art. 400 OR allerdings nicht zur Anwendung, da die ersuchende Partei die entsprechenden Rechtsverhältnisse nicht darlegen konnte (einfache Gesellschaft) bzw. nicht behauptete (Auftrag).

1090 ZR 75 Nr. 77 E. V. 7. i.f.

Page 275: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 229 -

auch gesagt, dass im Bereich der hier interessierenden Informationspflicht eine historische und systematische Auslegung von Art. 400 OR und damit eine inhaltliche Bestimmung der �Rechenschaftspflicht� unter Auslassung einer Interessenabwägung vorzunehmen ist. 1091 Abschliessend sei auf eine Feststellung im bereits erwähnten Entscheid hingewiesen, in welcher das Verhältnis der Informationsrechte untereinander so festgehalten wurde, dass in Art. 541 OR ein �weitgehendes�, in Art. 400 OR demgegenüber ein �relativ umfassendes� Informationsrecht niedergelegt sei. 1092 Da sich diese Feststellung in einer Art Einleitung zum eigentlichen Urteilstext befindet, muss diese vor dem Hintergrund der nachfolgenden konkreten Erwägungen gelesen werden: Entscheidend ist, dass sich das Obergericht in diesem Zusammenhang bezüglich der Bestimmung des Umfangs eines Einsichtsrechtes nach Art. 400 OR auf eine Lehrmeinung abstützt, welche ausdrücklich festhält, dass das Informationsrecht zwar relativ weit, aber immerhin auf die für die Abrechnung massgebenden Bucheinträge und Belege beschränkt sei. 1093

Aus diesen Erwägungen ergeht, dass sich das Informationsrecht im Gesellschaftsvertrag durch die Tatsache charakterisiert, dass die entsprechende Informationsordnung auf der Grundlage der Vergemeinschaftung beruht. Die Vergemeinschaftung hat dabei verschiedene Ebenen: die Gesamthandschaft des Eigentums, die Interessenvergemeinschaftung und die Informationsvergemeinschaftung. Die Vergemeinschaftung ist die Grundlage, welche ein eigentliches Kontrollrecht im Personengesellschaftsrecht rechtfertigt, welches jedem Gesellschafter zusteht. Demgegenüber ist das Informationsrecht in reinen Interessengegensatzverträgen durch eine Interessenabwägung zwischen den beiden Parteien zu bestimmen. Bei Interessenwahrungsverträgen ist das Informationsrecht hingegen durch eine Auslegung von Art. 400 OR und der Festlegung von Zuständigkeiten des Auftraggebers zu definieren, was zu einzelnen Informationsrechten, jedoch zu keinem Kontrollrecht führen kann.

3.7.2.5.3 Gegenseitiges Vertrauensverhältnis und Einfluss der Treuepflicht Es ist das Verdienst der Untersuchung von Lasserre, dass im Personengesellschaftsrecht dem Kriterium des Vertrauenstatbestandes die richtige

1091 ZR 75 Nr. 77 E. VI. 4. bzw. 6 (unter Hinweis auf Ammann, Edition von Urkunden, 22f.). 1092 ZR 75 Nr. 77 E. V. 7. 1093 Guldener, 73 (in ZR 75 Nr. 77 E. V. 7. ausführlich zitiert). Es zeigt sich hier eine

Übereinstimmung mit den Ergebnissen, die an anderer Stelle in dieser Arbeit erarbeitet wurden.

Page 276: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 230 -

Bedeutung zugeordnet wird: �En effet, tous les membres sont des cocontractants, ayant éventuellement donné mandat à l�un d�entre eux de gérer leurs apports. Mais ils n�ont constitué aucune véritable entité économique, aucune personne autonome dont l�intérêt puisse être opposé au leur propre. Le rapport de confiance réciproque qui rendit possible un tel contrat suffit à justifier les révélations les plus étendues.� 1094 Es ist dem Umstand der im Recht der Personengesellschaft typischen gegenseitigen Vertrauensbeziehung zuzuschreiben, dass die rechtliche Beziehung zwischen den Gesellschaftern sehr intensiv ist und sie zu gleichgestellten Personen macht. Es handelt sich hierbei gerade um einen grundlegenden Unterschied zum zweiseitigen Vertragsmodell, auch wenn dieses � wie der Auftragsvertrag � als ein Interessenwahrungsvertrag ausgestaltet ist. 1095

Diese unterschiedliche Situation zwischen einem gesellschaftsrechtlichen und einem zweiseitigen-obligatorischen Rechtsverhältnis hat ihren Einfluss auch auf die informationsrechtliche Pflichtenlage, weshalb es sich aus dem Recht der Personengesellschaft ergibt, dass hier die �Treuepflicht (...) eine umfassende Aufklärungs- und Auskunftspflicht erheischt. (...) Wohl ist eine Anlehnung an die Auftragsbestimmung nahe liegend, doch steht das persönliche, gegenseitige Vertrauen im Vordergrund. Gerade das unterscheidet ja die Personengesellschaften von anderen obligatorischen Rechtsverhältnissen.� 1096 Es ist dieses gegenseitige Vertrauen, welches ein breites Informationsrecht im Sinne eines Kontrollrechtes rechtfertigt. Es wird u.a. dem Umstand des gegenseitigen Vertrauens zugeschrieben, dass in dieser Rechtsgemeinschaft der Gedanke der Informationsgemeinschaft verwirklicht werden soll.

Aus dieser Überlegung wird etwa auch in der Rechtsprechung 1097 festgehalten, dass dem Gesellschafter bereits aufgrund seiner Eigenschaft als Gesellschafter ein breites Informationsrecht zukomme. 1098 Es soll �in Gesellschaftsangelegenheiten keine Geheimnisse geben. Sie sind ja alle Herren der Gesellschaftsgeschäfte.� 1099 In dieser allgemeinen Gleichstellung der Personengesellschafter ist die entsprechende 1094 Lasserre, 62 (Hervorhebungen nur hier). Meier-Hayoz/Forstmoser, § 12 N 59 i.f. 1095 BK-Fellmann, Art. 394 N 124ff., insbesondere N 128; BasK-Weber, Art. 394 N 3. 1096 Job, 27 inkl. FN 148 (Hervorhebungen nur hier). Meier-Hayoz/Forstmoser, § 12 N 59 i.f. 1097 In SJ 1988 30ff. E. 4, hat der Cour de justice civile offensichtlich aufgrund dieser

Überlegungen entschieden. 1098 Aus der Lehre: Tercier, N 6715 i.f., welcher in diesem Zusammenhang von den �droits

sociaux� spricht. 1099 BK-Becker, Art. 540 N 4.

Page 277: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 231 -

informationsrechtliche Gleichbehandlung der Gesellschafter eingeschlossen, weshalb im Ergebnis alle Gesellschafter über den gleichen Informationsstand verfügen sollen, sofern ihre Situation vergleichbar ist. Letzteres trifft auf den Kommanditär gerade nicht zu. 1100 Im Vergleich zur Rechtslage im Mandatsrecht wird in diesem Zusammenhang gerade der Umstand betont, dass es im Recht der einfachen Gesellschaft eben gerade an jeder Unterordnung mangelt, weshalb hier anders als im Mandatsrecht zu entscheiden sei. 1101

3.7.2.6 Exkurs: Informationsrechtliche Stellung des Kommanditärs

3.7.2.6.1 Rechtsgrundlagen der Informationsordnung des Kommanditärs Da der Kommanditär nach Art. 600 Abs. 1 OR zur Geschäftsführung weder berechtigt noch verpflichtet ist 1102 und damit die Situation ebenfalls mit der Situation im Auftragsrecht vergleichbar ist, soll nachfolgend die informationsrechtliche Stellung des Kommanditärs dargestellt werden. Hier wie dort wird die �Geschäftsführung� grundsätzlich � gesetzlich vorgesehen � von der einen für die andere Person wahrgenommen. Das aOR enthielt bezüglich der Informationsrechte des Kommanditärs keine spezielle Regelung, wobei die Praxis das Informationsrecht in Bestand und Umfang gemäss Art. 541 OR (i.V.m. Art. 557 Abs. 2 OR resp. Art. 598 Abs. 2 OR) analog anwandte. 1103 Der heute geltende Art. 600 Abs. 3 OR 1104 ist im Vergleich zur älteren Praxis restriktiver ausgefallen. 1105 Dabei sei dieses eingeschränkte Informationsrecht ein Minimum dessen, �auf das der Kommanditär ohne weiteren Nachweis unbedingt Anspruch hat.� 1106 Nach der Lehre sind neben der informationsrechtlichen Norm von Art. 600 Abs. 3 OR verschiedene weitere

1100 Siehe dazu sogleich die nachfolgenden Ausführungen in Kapitel 3.7.2.6. 1101 BK-Becker, Art. 540 N 3 i.f., welcher im Zusammenhang mit der Behandlung von Art.

541 OR die Informationspflicht gemäss Art. 400 OR als eine blosse Pflicht zur Rechnungslegung bezeichnet (BK-Becker, Art. 540 N 2).

1102 Zur Erklärung dieser Norm: Steiger, 613 (v.a. weil die Vertretung einzig den Komplementären vorbehalten ist).

1103 Deutlich ZR 4 Nr. 192 [S. 314]. Dem Kommanditär wurde (zur Geschichte BK-Hartmann, Art. 600 N 1) in der Praxis das gleiche Kontrollrecht wie den von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschaftern eingeräumt. Ebenfalls kann dieses Ergebnis aus BGE 30 II 453 E. 8 [und ZR 3 Nr. 218: Vorentscheid] herausgelesen werden.

1104 Nach Christ, 40, soll es sich dabei um eine Rezeption von § 166 HGB handeln. Wichtig ist jedoch der ergänzende Hinweis, dass das schweizerische Recht den Abs. 2 von § 166 HGB gerade nicht übernommen hat, wonach im deutschen Personengesellschaftsrecht dem Kommanditär die weiteren Rechte eines von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafters nicht zustehen: BK-Hartmann, Art. 600 N 7.

1105 So auch Steiger, 405 inkl. FN 147 und 614; BK-Hartmann, Art. 600 N 7; (kritisch namentlich) ZK-Siegwart, Art. 541 N 2, und Art. 599/600 N 11; Handschin, Art. 600 N 5.

1106 ZK-Siegwart, Art. 599/600 N 14.

Page 278: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 232 -

Informationsrechte zu beachten, welche der Kommanditär geltend machen kann: �Die weiteren aus den Art. 535, 538, 540 f. OR sich ergebenden Kontrollrechte, namentlich diejenigen, welche Art. 600 OR nicht durch etwas Analoges ersetzt hat (persönliche Beobachtung des Ganges und Aufklärung über den Stand der Geschäftsangelegenheiten [...]), stehen damit dem Kommanditär ebenfalls zu, soweit ihre Ausübung mit dem Wohl der Gesellschaft und zur Wahrung seiner Interessen absolut unentbehrlich ist (...).� 1107 Entscheidend ist bei dieser Ansicht, dass der Kommanditär jeweils ein Interesse geltend machen können muss, weil nur insoweit ein Informationsrecht zu gewähren ist. Demnach ist der Lehre nicht beizupflichten, soweit sie schlussfolgert, dass Art. 600 Abs. 3 OR lediglich eine andere Formulierung (� ... ne contient qu� une seule redite ...�) der Rechtslage von Art. 541 OR sei. 1108

3.7.2.6.2 Gegenstand der Informations- und Kontrollrechte des Kommanditärs Im vorangehenden Abschnitt konnte dargelegt werden, dass dem Komplementär ein breites Informationszugangsrecht zugestanden wird, welches sich auf verschiedene Rechtstatsachen abstützen kann. Nachfolgend interessiert v.a. das spezifische Informationsrecht gemäss Art. 600 Abs. 3 OR und das Verhältnis zu den weiteren Informationsrechten des Kommanditärs. Die Informationsordnung des Kommanditärs setzt sich (1) zum einen aus einer eigentlichen Berichtspflicht betreffend die Bilanz und Erfolgsrechnung (Art. 600 Abs. 3 OR) und (2) zum anderen aus einem Informationsrecht nach Art. 541 OR zusammen, soweit letzteres nicht durch die spezifische Norm von Art. 600 Abs. 3 OR ersetzt wird. Nachfolgend sollen der jeweilige Gegenstand und die Rechtsnatur der Informationspflichten genauer bestimmt werden:

Der Bestand und der Umfang der spezifischen Berichtspflicht im Bereich von Art. 600 Abs. 3 OR sind durch den entsprechenden Prüfungszweck zu bestimmen. 1109 Nach diesem Recht kann der Kommanditär in sachlicher Hinsicht jene Informationen unter Einsichtnahme der Bücher und Papiere der Gesellschaft fordern, welche für die Überprüfung der Richtigkeit der Bilanz und der Erfolgsrechnung notwendig oder sachdienlich sind. Entsprechend sind denn auch bereits aufgrund des sachlichen Anwendungsbereichs des Informationsrechts blosse Ermessens- oder

1107 ZK-Siegwart, Art. 599/600 N 14 (Hervorhebungen nur hier). 1108 Lasserre, 65. 1109 BasK-Handschin, Art. 600 N 5.

Page 279: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 233 -

Zweckmässigkeitsfragen ausgeschlossen. 1110 Das Informationsrecht bezweckt, dass der Kommanditär die Übersicht über die finanziellen Grundlagen der Unternehmung erhält (Erfolgsrechnung, Bilanz und entsprechende Unterlagen). 1111 Aus dieser engen Zwecksetzung ergibt sich aber zugleich die Beschränkung des entsprechenden Informationsrechts: Es handelt sich beim Informationsrecht nach Art. 600 Abs. 3 OR um ein eigentliches Bücherkontrollrecht des Kommanditärs. Weiter sind im Zusammenhang mit dem Bücherkontrollrecht auch die entsprechenden zeitlichen Einschränkungen zu beachten: Der Kommanditär kann die Unterlagen nur zum �jeweiligen Rechnungsabschluss zum Anlass seiner Kontrolle nehmen.� 1112 Demgegenüber ist das entsprechende Informationsrecht der Komplementäre oder der einfachen Gesellschafter in sachlicher und zeitlicher Hinsicht grundsätzlich umfassend. 1113

Wie einleitend bereits ausgeführt worden ist, sind die übrigen Informationsrechte des Kommanditärs insoweit unberührt, als diese durch die Rechtslage in Art. 600 nicht berührt werden. 1114 Es wurde bei der Darstellung der Informationsordnung beim einfachen Gesellschafter resp. beim Komplementär ausgeführt, dass sich der Bestand der übrigen Informationsrechte (vorliegend also insbesondere jene Informationsrechte, welche sich auf Art. 541 OR stützen) insbesondere auch nach der Zuständigkeitsordnung richtet. Die Tatsache, dass das Kriterium der Zuständigkeitsordnung beim einfachen Gesellschafter resp. beim Komplementär durch weitere Umstände überlagert und damit �ausgehebelt� wird, trifft im Falle des Kommanditärs nicht zu, wie seine Stellung im Personengesellschaftsrecht zeigt. 1115 Damit richtet sich das weitere allgemeine Informationsrecht des Kommanditärs nach dem Grad der ihm zugestandenen Mitwirkungsrechte. Damit steht dem Kommanditär aber nur dort ein Informationsrecht zu, wo Geschäftsführungsangelegenheiten infrage stehen, die über den gewöhnlichen Betrieb hinausgehen. 1116 Dies aufgrund der Tatsache, dass der Kommanditär weder das Recht noch die Pflicht hat, sich an der sog.

1110 BK-Hartmann, Art. 600 N 9 i.f. 1111 ZK-Siegwart, Art. 599/600 N 12. 1112 BK-Hartmann, Art. 600 N 9. 1113 ZK-Siegwart, Art. 541 N 6, und Art. 599/600 N 13. Siehe dazu Kapitel 3.7.2.4. 1114 BK-Hartmann, Art. 600 N 7 i.f. Bei Art. 600 Abs. 3 OR handelt es sich also nur in diesem

beschränkten Bereich des Bücherkontrollrechts um eine lex specialis zu Art. 541 OR i.V.m. Art. 557 OR resp. Art. 598 Abs. 2 OR.

1115 Siehe dazu sogleich in Kapitel 3.7.2.6.3. 1116 Art. 600 Abs. 2 OR.

Page 280: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 234 -

gewöhnlichen Geschäftsführung zu beteiligen oder entsprechenden Widerspruch einzulegen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Grenze zwischen der gewöhnlichen und der aussergewöhnlichen Geschäftsführung schwierig zu ziehen ist, weshalb diese Grenzziehung �bei der Kommanditgesellschaft eher zum Nachteil des Kommanditärs erfolgt� 1117, da es [das Widerspruchsrecht] die Ausnahme bilden soll.� 1118 In der Literatur und der Rechtsprechung finden sich entsprechende Auflistungen betreffend die sog. aussergewöhnlichen Angelegenheiten. Deutlich wird dabei, dass es allesamt Fälle sind, in denen eigentliche faktische Vertragsveränderungen infrage stehen: Gesellschafterwechsel, 1119 Veränderungen der Beiträge, 1120 Anordnungen, welche die Existenz und das Ziel der Gesellschaft infrage stellen, der Verkauf des Geschäftes 1121 oder dessen Auflösung. 1122 Entsprechend dieser Zuständigkeitsordnung folgt, dass diese Eingriffsmöglichkeiten und damit die Mitwirkungsrechte des Kommanditärs nur sehr eingeschränkt sind. 1123 Daraus ergibt sich, dass diese weiteren oder übrigen Kontrollrechte nicht �[v]on grosser praktischer Bedeutung sind, wenigstens dann nicht, wenn ihnen keine aus der Geschäftsführung ableitbaren Mitspracherechte zur Seite stehen.� 1124

Aus den entsprechenden Ausführungen folgt, dass sich das Informationsrecht des Kommanditärs aus einem konkreten Bücherkontrollrecht und einem sehr eingeschränkten allgemeinen Informationsrecht (gestützt auf sein beschränktes Mitwirkungsrecht) zusammensetzt. Damit unterscheidet sich seine informationsrechtliche Situation deutlich von derjenigen eines einfachen Gesellschafters oder eines Komplementärs.

1117 ZK-Siegwart, Art. 599/600 N 6. 1118 BK-Hartmann, Art. 600 N 4. 1119 ZBJV 1908 441. 1120 So wurde in RVJ 1991 391 E. 9c i.f. ausgeführt, dass die Feststellung des Betrages der

Kommanditsumme eine Angelegenheit des Gesellschaftsvertrages sei. 1121 SJ 1928 245f. 1122 Übersichten finden sich bei: BK-Hartmann, Art. 600 N 2 und ZK-Siegwart, Art. 599/600

N 6. 1123 ZK-Siegwart, Art. 599/600 N 6. Zur historischen Auslegung dieser Norm: BK-Hartmann,

Art. 600 N 1 und 3. 1124 BK-Hartmann, Art. 600 N 10 i.f. Es ist grundsätzlich möglich, die Rechte des

Kommanditärs aufgrund des Gesellschaftsvertrages auszubauen: BK-Hartmann, Art. 600 N 12. Anderer Meinung: Senn, Kommentierung von Art. 600 Abs. 3 OR.

Page 281: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 235 -

3.7.2.6.3 Rechtfertigung für ein beschränktes Kontrollrecht des Kommanditärs Die Situationen bei einem Kommanditär und den übrigen Gesellschaftern einerseits und einem Beauftragtem und dem Auftraggeber anderseits weisen gewisse Gemeinsamkeiten auf, da weder der Auftraggeber noch der Kommanditär die Geschäfte führen. Die vorgehenden Abschnitte haben offengelegt, dass das Informationsrecht des Kommanditärs aus einem beschränkten allgemeinen Informationsrecht und einem auf das Bücherkontrollrecht beschränkten Kontrollrecht besteht. Nachfolgend wird die Frage untersucht, in welchen Umständen die Rechtfertigung für ein entsprechend beschränktes Informationsrecht des Kommanditärs liegt und welche Gemeinsamkeit mit der Situation im Auftragsrecht besteht:

Im Bereich des einfachen Gesellschafters und des Komplementärs wurde dargelegt, dass die typische Risikosituation der Gesellschafter eine massgebende Begründung für ein umfassendes Kontrollrecht ist. 1125 Im Falle eines Kommanditärs ist aber zu beachten, dass seine Haftung beschränkt ist. Diesem Umstand wird auch informationsrechtlich Bedeutung zugemessen: �Da die Haftung beschränkt ist, kann auch das Kontrollrecht beschränkt sein; es braucht nicht weiter zu gehen, als sein Zweck es erheischt.� 1126 Damit besteht zwischen dem Kommanditär und den übrigen Personengesellschaftern keine Schicksalsgemeinschaft, weshalb es auch gerechtfertigt erscheint, die Informationsgemeinschaft zu beschränken. 1127 Für den Fall, dass die Kommanditsumme und die Vermögenseinlage nicht übereinstimmen, kann sich der Kommanditär über das entsprechende eigentliche Bücherkontrollrecht informieren, wodurch er die Informationen erhält, die seiner eigenen Risikoposition entsprechen.

Es wurde bereits ausgeführt, dass im Falle des einfachen Gesellschafters und des Komplementärs die besondere Gesellschafterstellung eine weitere Begründung für ein umfassendes Kontrollrecht darstellt. Gerade dieser Gedanke wurde in der alten Rechtsprechung zur Rechtsstellung des Kommanditärs hervorgehoben: Danach �erschöpft sich die Rechtsbeziehung des Kommanditärs nicht in einer ökonomischen Beziehung, vielmehr ist die persönliche Beziehung zu den übrigen Gesellschaftern von

1125 Siehe dazu Kapitel 3.7.2.5.1. 1126 Christ, 44. 1127 Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass es sich dabei um ein zentrales Element handelt:

Siehe dazu Kapitel 3.7.2.5.

Page 282: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 236 -

wesentlicher Bedeutung, wobei dem persönlichen Moment des Vertrauens, das dem Gesellschaftsvertrag immanent ist�, besondere Bedeutung zukommt. 1128

Grundsätzlich kann gegen diese Feststellungen nichts eingewendet werden. Es ist jedoch festzuhalten, dass dieser Entscheid in seiner Aussage auch von der Lehre als überholt angesehen wird. 1129

Obwohl im Grundsatz die Überlegungen, wie sie in den vorangehenden Abschnitten zur Informationsordnung des Komplementärs dargestellt wurden, auch auf die Rechtsstellung des Kommanditärs anwendbar sind, 1130 sind doch die Besonderheiten der Rechtsstellung des Kommanditärs gerade auch hinsichtlich der entsprechenden Informationsordnung zu beachten: So kann das allgemeine Kontrollrecht, welches jedem unbeschränkt haftenden Gesellschafter gerade aufgrund dieser Eigenschaft zusteht, beschränkt werden, soweit sachliche Rechtfertigungsgründe vorliegen. 1131 Der entsprechende sachliche Rechtfertigungsgrund liegt aber etwa gerade in der spezifischen Beziehung, welche der Kommanditär zur Personengesellschaft hat. Einzig im Bereich der zugestandenen Mitwirkungsrechte kann ein Informationsinteresse, welches über das angesprochene Bücherkontrollrecht hinausgeht, rechtlich Anerkennung finden. Wie die vorausgehenden Ausführungen allerdings gezeigt haben, soll das Mitspracherecht dem Kommanditär nur dort zugestanden werden, wo in materieller Hinsicht eine Veränderung der gesellschaftsvertraglichen Basis in Rede steht. Nur in diesen Fällen ist auch der Kommanditär zur Geschäftsführung i.w.S. berechtigt. Nur in diesen eng umschriebenen Bereichen rechtfertigt sich ein entsprechendes Informationsrecht eines Kommanditärs. Es sind diese Bereiche, in denen der Kommanditär nicht als Kapitalgeber, sondern in seiner Stellung als Gesellschafter betroffen ist.

Es handelt sich bei diesem Informationsrecht jedoch nicht um ein allgemeines Kontrollrecht, weil dem Kommanditär wie etwa auch dem Auftraggeber gerade keine Geschäftsführungsfunktion zukommt. So wie im Personengesellschaftsrecht der Kommanditär den übrigen Gesellschaftern die Geschäftsführung zu überlassen hat, so hat auch der Auftraggeber im Auftragsvertragsrecht die Geschäfte einem anderen

1128 BGE 30 II 453ff., E. 8. 1129 Dies ergab die Analyse von Christ, 44 i.V.m. 39 FN 1 i.f. Immerhin gestand das KGer VS

einem Kommanditär das Kontrollrecht, offenbar einzig gestützt, auf seine Gesellschafterstellung zu: RVJ 1991 391 E. 9c und d.

1130 Siehe dazu Kapitel 3.7.2.5. 1131 So bereits ZK-Siegwart, Art. 599/600 N 7 (aber ohne Begründung).

Page 283: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 237 -

übertragen. Es liegt gerade im Wesen des Auftragsvertrages, dass der Auftraggeber zwar Geschäftsherr ist, aber die Ausführung übertragen hat. Hier wie dort wird der Übertragung der Geschäftsführung mit einer Einschränkung der Informationsrechte entsprochen. Die wichtigste Erkenntnis ist dabei, dass aufgrund der Rollenverteilung weder dem Kommanditär noch dem Auftraggeber ein Kontrollrecht oder allgemeines Informationsrecht zukommt. Es ergibt sich aus den bisherigen Erkenntnissen, dass sich das Informationsrecht des Kommanditärs wie das Informationsrecht des Auftraggebers aus einer rechtlich anerkannten Zuständigkeitsordnung ergeben muss. Diese Methode der Bestimmung von Informationsrechten erscheint als richtiger Ansatz für Rechtsverhältnisse im Vertragsrecht, in denen die Geschäftsführung durch ein gesetzlich vorgegebenes Modell durch eine andere Person erfolgt und das Rechtsverhältnis nicht durch die Idee der allgemeinen Vergemeinschaftung überlagert wird. Eine solche allgemeine Überlagerung findet im Bereich des einfachen Gesellschafters oder der Komplementäre statt, nicht jedoch im Bereich des Kommanditärs. Keine entsprechende Überlagerung findet im Auftragsrecht bezüglich des Verhältnisses zwischen dem Auftragnehmer und Auftraggeber statt. Im Auftragsverhältnis (wie auch im Rechtsverhältnis zwischen Kommanditär und den übrigen Gesellschaftern) stehen sich Personen mit unterschiedlichen Positionen gegenüber, weshalb sich die Situation weniger durch Gemeinsamkeiten, als durch je eigene Rollen charakterisiert. Zwischen diesen verschiedenen Rollen entscheidet jedoch eine konkrete Zuständigkeitsordnung über ein spezifisches Informationsrecht. Einem solchen spezifischen Informationsrecht kann jedoch nicht die Qualität eines Kontrollrechts zukommen. 1132

Im Ergebnis ist bezüglich der Situation des Kommanditärs festzuhalten, dass die Vergemeinschaftung nicht in derselben Intensität wie unter den übrigen Gesellschaftern verwirklicht ist. Seine Risiko- und Interessenlage ist besonders gelagert, weshalb auch seine Gesellschafterstellung an sich eine besondere ist. Dies trifft insbesondere auch auf die Frage zu, ob das gegenseitige Vertrauen eine gleich zentrale Rolle spielt wie zwischen den anderen Gesellschaftern. Es ist seine besondere Position als Personengesellschafter hinsichtlich Interessenlage, Vergemeinschaftung und gegenseitigem Vertrauen, welche eine besondere Informationsordnung für den Kommanditär rechtfertigt.

1132 Siehe dazu auch die Ausführungen in Kapitel 3.5.4 und 3.5.5.

Page 284: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 238 -

3.7.2.7 Fazit Die Auseinandersetzung mit dem Informationsrecht im Personengesellschaftsrecht hat ergeben, dass grundsätzlich jedem � die Ausnahme betrifft den Kommanditär � Personengesellschafter die Kontrollmöglichkeit über die Geschäftsführung verschafft wird. Das entsprechende Kontrollrecht ist als ein umfassendes Informationsrecht ausgestaltet, welches sich durch verschiedene Rechtstatsachen rechtfertigen lässt: durch die besondere Risikolage des Personengesellschafters, durch den Gesellschaftsvertrag als ein Vergemeinschaftungsvertrag, durch das gegenseitige Vertrauensverhältnis und den bestimmenden Einfluss der Treuepflicht.

Als grundlegender Gedanke ist hinter dieser Ausgestaltung des Informationsrechts in Art. 541 OR zu erkennen, dass die Gesellschafter trotz allfälliger unterschiedlicher Rollenverteilung innerhalb des Bereiches der Geschäftsführung informationsrechtlich als gleichgewichtige Vertragsparteien zu behandeln sind. Entsprechend handelt es sich beim relevanten Informationsrecht um ein Kontrollrecht, welches die Gleichordnung der Vertragsparteien zum erklärten und schützenswerten Ziel hat.

Die entsprechenden Ausführungen haben auch ergeben, dass sich das Informationsrecht des Auftraggebers und das Kontrollrecht des Personengesellschafters in ein einheitliches System von Interessenlagen einordnen lassen, welches die unterschiedliche Qualität der beiden Informationsrechte bestätigt. Eine entsprechende Gegenüberstellung von Verträgen, geordnet nach ihrer jeweiligen Interessenlage (Interessenvergemeinschaftungsverträge, Interessenwahrungsverträge, Interessengegensatzverträge), macht deutlich, dass der Auftrag als Interessenwahrungsvertrag kein umfassendes Informationsrecht kennt. Dieser systematische Ansatz hat gezeigt, dass im Bereich der Interessenwahrungsverträge im Grundsatz bloss eingeschränkte Informationsrechte anzuerkennen sind, welche jeweils besonders zu begründen sind.

Die Auseinandersetzung mit der mandatsrechtlichen Interessenwahrungspflicht hat weiter gezeigt, dass der Interessenwahrungsgrundsatz im Rahmen des entgeltlichen Mandatsrechts an Eindeutigkeit verloren hat und dass damit der Gegensätzlichkeitscharakter des heutigen Mandatsrechts zu betonen ist. Dieser Befund wird weiter dadurch untermauert, dass die Analyse der Interessenwahrungspflicht im Auftragsrecht ergeben hat, dass der Einfluss dieses Grundsatzes grundsätzlich auf die Ausführungsobligation und die Ablieferungsobligation (siehe dazu Kapitel 3.3 und 3.7.1) beschränkt ist. Entsprechend sind die in dieser Arbeit erarbeiteten Grundsätze für die Begründung einer Informationspflicht zu beachten, wonach einzig eine

Page 285: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 239 -

spezifische Zuständigkeit (siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.5) oder eine besondere Interessenlage (siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.7.3) eine Informationspflicht, gestützt auf Art. 400 OR, begründen können, ansonsten der Autonomiebereich des Beauftragten zu beachten ist (siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.3.4 und 3.4).

Weiter wurde im Sinne eines Exkurses die informationsrechtliche Stellung des Kommanditärs untersucht. Aufgrund der Ausführungen wird deutlich, dass die gesetzlich nicht vorgesehene und damit fehlende Geschäftsführungsbefugnis des Kommanditärs resp. des Auftraggebers als der eigentliche gemeinsame Grund für ein beschränktes Informationsrecht erscheint. Dies manifestiert sich dadurch, dass die Vergemeinschaftung im Falle des Kommanditärs viel weniger weit geht als zwischen den übrigen Personengesellschaftern. Seine Position ist näher bei der Situation der Interessenwahrung im Auftragsvertrag als bei der Interessenvergemeinschaftung des Gesellschaftsvertrages. Damit kann sich sowohl im Falle des Kommanditärs als auch im Falle des Auftraggebers ein entsprechendes Informationsrecht nur aus einer spezifischen Zuständigkeit oder einer spezifischen Interessenlage ergeben. Im Falle des Mandatsrechts fällt ein Informationsrecht (gestützt auf Art. 400 OR) vergleichsweise gering aus, weil der Auftraggeber immer Geschäftsherr bleibt und nie zum Mitgeschäftsführer wird. Diese Rolle ist einzig dem Beauftragten zugedacht, wie sich aus der Organisation des Auftragsvertrages ergibt.

3.7.3 Abrechnungspflicht und Informationspflicht in Art. 400 OR

3.7.3.1 Vorbemerkungen

3.7.3.1.1 Ergebnisse und Einordnung Die rechtshistorische Untersuchung in Kapitel 2 der vorliegenden Arbeit hat ergeben, dass die Informationspflicht �Rechenschaft� im engen thematischen Zusammenhang mit der Pflicht zur Rechnungslegung resp. im Falle des entgeltlichen Mandats zusätzlich in engem Zusammenhang mit der Pflicht zur Rechnungsstellung steht. Soweit die Pflicht zur Rechnungslegung in Rede steht, ist die Erkenntnis aus der rechtshistorischen und systematischen Untersuchung zentral, dass die Ablieferungsobligation als die Konkretisierung der Idee der Fremdnützigkeit des Mandatsrechts von besonderer Bedeutung ist: Es ist die Ablieferungsobligation, welche grundsätzlich den Inhalt der entsprechenden Informationspflicht vorgibt. Dabei wird die Ablieferungsobligation in den Fällen von der Rechenschaftspflicht substituiert, wo eine entsprechende Verwendung der Mittel des Auftraggebers zu

Page 286: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 240 -

belegen ist. In diesem Bereich handelt es sich bei der entsprechenden Informationspflicht �Rechenschaft� um eine thematisch und inhaltlich klar vorgegebene Informationspflicht, die als eine Berichtspflicht zu charakterisieren ist, welche durch den Zweck der Ablieferungsobligation vorgegeben ist. In diesem beschränkten Bereich ist durch die entsprechende Informationspflicht im Auftragsvertragsrecht eine vollständige Kontrolle des Auftraggebers eingerichtet, weshalb die diesbezügliche Informationspflicht umfassend, wahr und rechtzeitig erfolgen muss.

In der Lehre wird im Rahmen von Art. 400 OR eine allgemeine Abrechnungspflicht postuliert, welche neben der Rechnungslegungspflicht auch die Rechnungsstellungspflicht des Beauftragten umfasst. 1133 Die rechtshistorische Untersuchung belegt, dass sich aus dem traditionellen Bereich der Rechenschaftspflicht als der Pflicht zur Rechnungslegung mit der Anerkennung der Entgeltlichkeit des Mandatsrechts die Pflicht zur Rechnungsstellung entwickelt hat. Auch die Rechnungsstellungspflicht hat einem spezifischen Zweck zu dienen, woraus sich der vordefinierte Inhalt der Pflicht ergibt. 1134 Daraus ergibt sich, dass die gesamte Abrechnungspflicht eine Berichtspflicht ist, weil auch die Teilpflicht �Rechnungsstellungspflicht� die entsprechenden Qualitäten aufweist: Die entsprechende Informationspflicht ist thematisch vorgegeben und inhaltlich fixiert. Damit handelt es sich bei der Informationspflicht �Rechenschaft� gemäss Art. 400 Abs. 1 OR sowohl beim entgeltlichen als auch beim unentgeltlichen Auftragsvertrag inhaltlich um eine Informationspflicht, die einem Standardprogramm folgt.

Im Unterschied zur Pflicht zur Rechnungslegung ist jedoch im Rahmen der Pflicht zur Rechnungsstellung darauf hinzuweisen, dass das entsprechende Informationsrecht nicht zu einem Kontrollrecht führt. Die rechtssystematische Untersuchung verschiedener Bereiche des Mandatsrechts hat ergeben, dass aus den allgemeinen mandatsrechtlichen Instituten wie der Dokumentationspflicht 1135 , der Ablieferungspflicht 1136 , dem Datenschutzrecht 1137 , dem Weisungsrecht 1138 und dem

1133 BK-Fellmann, Art. 400 N 48ff.; BasK-Weber, Art. 400 N 7; Hofstetter, 2000, 115 und

118f. Zur Terminologie: Siehe Kapitel 1.3.6 und 3.7.3.1.2. 1134 Siehe dazu Kapitel 3.7.1.1.1. Zum Zweck der Rechnung: Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.4. 1135 Siehe dazu Kapitel 3.2. 1136 Siehe dazu Kapitel 3.3. 1137 Siehe dazu Kapitel 3.4. 1138 Siehe dazu Kapitel 3.5.

Page 287: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 241 -

Widerrufsrecht 1139 kein umfassendes Informationsrecht abgeleitet werden kann, welches sich auf die Rechtsgrundlage in Art. 400 OR stützt und welches die allgemeine Kontrolle über die Auftragsausführung gewährleistet. Aus den entsprechenden Ergebnissen der vorliegenden Arbeit ergibt sich, dass eben weder das Auftragsrecht als Organisationsrecht noch die spezifische Rechenschaftspflicht ein Kontrollrecht des Auftraggebers implementieren, welches umfassend und vollständig ist. Die bisherigen Darstellungen sowie die nachfolgende Auseinandersetzung mit der Abrechnungspflicht werden zeigen, dass diese Kontrolle nur in einem engen Sinne und auf eine definierte Art und Weise gewährt wird: Im Rahmen der Pflicht zur Rechnungslegung. Im Bereich der Rechnungsstellungspflicht ist demgegenüber danach zu fragen, welches besondere Interesse des Auftraggebers zu berücksichtigen ist, da sich eine Informationspflicht, gestützt auf Art. 400 Abs. 1 OR, nur durch eine besondere Zuständigkeit rechtfertigen lässt. 1140 In diesem Zusammenhang ergibt sich die Zuständigkeit des Auftraggebers aus der Pflicht des Auftraggebers, den Beauftragten für die Arbeitsleistung zu honorieren (Vergütungspflicht) und ihn schadlos zu halten (Auslagen- und Verwendungspflicht) sowie aus dem Recht auf die Fremdnützigkeit des Auftrages (Ablieferungsobligation). Soweit dem Auftraggeber in diesem Zusammenhang Rechte zugestanden werden (Überprüfung der Honorarnote etc.), ist auch eine Informationspflicht des Beauftragten gegeben. Es ist dementsprechend auch für den Bereich der Abrechnungspflicht festzuhalten, dass der Auftragsvertrag als Interessenwahrungsvertrag entgegen der hL zu keinem �an sich� weit gefassten allgemeinen Informationsrecht führt. 1141 Die Informationspflicht des Beauftragten, welche sich, gestützt auf Art. 400 OR, ergibt ist aus den eigenen Anforderungen unter Berücksichtigung der Ergebnisse, wie sie sich aus der historischen und systematischen Untersuchung aufgrund der vorliegenden Arbeit ergeben, zu erarbeiten. Die eigenen Anforderungen ergeben sich dabei für das allgemeine Mandatsrecht aus dem Zweck der Rechnung, 1142 da auch insoweit die Interessen des Auftraggebers berücksichtigt werden. Das Ergebnis des systematischen Teils dieser Arbeit kann dabei auf diese Weise zusammengefasst werden, dass ein eigentlicher Eigenbereich des Auftragnehmers identifiziert wird, welcher soweit aufrechterhalten wird, als die hier untersuchten Informationsrechte

1139 Siehe dazu Kapitel 3.6. 1140 Siehe dazu auch die Ausführungen in Kapitel 3.5.5. 1141 Aus der Lehre: BK-Fellmann, Art. 400 N 27ff.; Hofstetter, 2000, 116; BasK-Weber, Art.

400 N 4. Siehe in diesem Zusammenhang aber die Ausführungen in Kapitel 3.5 und 3.7.2. 1142 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.4.

Page 288: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 242 -

(Abrechnungspflicht), welche sich auf Art. 400 OR stützen, keinen spezifisch begründeten Anspruch vermitteln.

3.7.3.1.2 Begriffe Als Ergebnis der rechtshistorischen und der bisherigen systematischen Untersuchung ergibt sich somit, dass sich die Informationspflicht �Rechenschaft� des Beauftragten im Sinne von Art. 400 OR in der Pflicht zur Rechnungslegung resp. in der Pflicht zur Rechnungsstellung erschöpft. 1143 Es wurden bereits in der Einleitung zur vorliegenden Arbeit in Kapitel 1.3.5 und 1.3.6 Aussagen über die in der Lehre und in dieser Arbeit verwendete Terminologie gemacht. Im Sinne einer Bestätigung und weiteren Präzisierung werden nachfolgend die entsprechenden zentralen Begriffe dargestellt, welche für das Informationsrecht in Art. 400 OR von Bedeutung sind:

Die Pflicht zur Rechnungslegung ist � gemäss dem systematischen Aufbau des Mandatsrechts � auf die Ablieferungsobligation bezogen, da sie diese zentrale Pflicht des Beauftragten entweder vorbereitet oder ersetzt (indem etwa die Verwendung resp. der Konsum von anvertrauten Geldern belegt werden muss). 1144 Damit erscheint die Pflicht zur Rechnungslegung als den Teil der Rechenschaftspflicht des Beauftragten, welcher die Ein- und Ausgabeposten dokumentiert, die mit der Auftragsausführung verbunden sind und eine entsprechende Saldofeststellung enthält. 1145 Die Ein- und Ausgabeposten umfassen dabei den gesamten Geldverkehr (inkl. Vorschüsse, Teilzahlungen etc.), welcher im Zusammenhang mit der Auftragsausführung anfällt. Entsprechend entfaltet die Pflicht zur Rechnungslegung auch eine entsprechende Aufzeichnungs- und Buchführungspflicht, welche die entsprechenden Informationen in der geeigneten Weise festhält. Für eine entsprechende Dokumentation trägt der Beauftragte die Verantwortung. 1146

Die Pflicht zur Rechnungsstellung ist ein weiterer Bestandteil der Informationspflicht �Rechenschaft� des Beauftragten: Aufgrund der bisherigen Ausführungen erfüllt im Falle des entgeltlichen Mandatsvertrages der Beauftragte seine Rechenschaftspflicht, wenn er den Anforderungen aus der entsprechenden Pflicht genügt. Der Auslagen- und Verwendungsanspruch des Beauftragten nach Art. 402 Abs. 1 OR ist nicht von der 1143 Dies entspricht auch der Lehrmeinung von Werro, N 512ff., insbes. N 514, und Werro,

Commentaire, Art. 400 N 5. 1144 Siehe dazu Kapitel 3.3.2 und 3.3.3. 1145 BK-Becker, Art. 400 N 2; ZK-Fick/Morlot, Art. 400 N 8; ZK-Oser/Schönenberger, Art.

400 N 3. 1146 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.

Page 289: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 243 -

Pflicht zur Rechnungslegung abgedeckt, weil die Auslagen und Verwendungen das Vermögen des Beauftragten vermindern 1147 und der Anspruch nicht als Gegenleistung zur Ablieferungsobligation zu qualifizieren ist. 1148 Aus diesem Grund folgt, dass das Recht auf Auslagen- und Verwendungsersatz des Beauftragten ebenfalls neben dem Vergütungsanspruch Gegenstand der Pflicht zur Rechnungsstellung ist.

Nachfolgend werden in dieser Arbeit diese beiden Pflichten (inklusive des Auslagen- und Verwendungsanspruchs und der Belegungs- und Aufzeichnungspflicht) entsprechend unter dem Begriff der Abrechnungspflicht zusammengefasst. Wie die nachfolgenden Ausführungen in der vorliegenden Arbeit zeigen, können die Anforderungen an die Pflichten �Rechnungslegung� und �Rechnungsstellung� grundsätzlich einheitlich formuliert werden 1149, weshalb die beiden Pflichten unter diesem einheitlichen Oberbegriff zusammengefasst dargestellt werden können. Auf die jeweiligen Besonderheiten der Einzelpflichten der Abrechnungspflicht wird an den entsprechenden Stellen hingewiesen. Damit regelt die Informationspflicht �Rechenschaft� gemäss Art. 400 OR die Abrechnungspflicht, welche grundsätzlich in die Rechnungslegung und in die Rechnungsstellung (inkl. Auslagen- und Verwendungsersatz) unterteilt werden kann. Abgeschlossen wird die Darstellung der Abrechnungspflicht durch eine Auseinandersetzung mit der Belegungs- oder Aufzeichnungspflicht des Beauftragten, welche die Abrechnungspflicht erfordert und vervollständigt.

3.7.3.1.3 Weiterer Aufbau und allgemeines und besonderes Auftragsrecht Um die Einzelheiten der Abrechnungspflicht weiter behandeln zu können, müssen vorab die Grundlagen des Vergütungsanspruchs und des Anspruchs auf Auslagen- und Verwendungsersatz dargestellt werden (Kapitel 3.7.3.2 und 3.7.3.3). Im Anschluss daran kann die Abrechnungspflicht hinsichtlich ihres Bestandes, ihrer Form, ihres Zweckes und ihres Inhalts im Detail erarbeitet werden (Kapitel 3.7.3.4).

Die Rechtsentwicklung im Bereich der Abrechnungspflicht ist massgebend durch die Lehre und Rechtsprechung zum Anwaltsvertrag geprägt. Dadurch rechtfertigt sich eine

1147 BK-Fellmann, Art. 402 N 13. 1148 BGE 94 II 263ff., E. 3; ZK-Schraner, Art. 82 N 82; BK-Weber, Art. 82 N 23. Davon ist

zu unterscheiden, ob allenfalls ein allgemeines Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden kann. Siehe dazu BK-Fellmann, Art. 400 N 186ff. i.V.m. Art. 402 N 54.

1149 So verwendet etwa das OGer ZH bspw. in ZR 79 Nr. 62 die Begriffe �Rechnungsstellung� und �Rechnungslegung� als Synonyme. Eine entsprechende Gleichsetzung der Begriffe lässt sich auch in der rechtshistorischen Untersuchung für die Schweiz belegen: Siehe hierzu Kapitel 2.8.4.1.

Page 290: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 244 -

Auseinandersetzung mit diesem speziellen Rechtsgebiet. Dabei ist festzustellen, dass nicht durchwegs konsequent nach den anwendbaren Rechtsgrundlagen unterschieden wird. Aus diesem Grund wird in der nachfolgenden Untersuchung jeweils die Frage zu beantworten sein, ob eine entsprechende spezifische Aussage zum Anwaltsrecht allgemein auf das Auftragsvertragsrecht anwendbar ist oder ob es sich um eine Spezialregelung in einem spezifischen Mandatsverhältnis �Anwaltsvertrag� handelt. Aus diesem Grund sind die jeweiligen Stellungnahmen zur Abrechnungspflicht auf ihre �Verallgemeinerungsfähigkeit� zu überprüfen, wodurch der Regelungsinhalt der allgemeinen Norm von Art. 400 Abs. 1 OR (und damit der Abrechnungspflicht als Informationspflicht �Rechenschaft�) zu definieren ist.

3.7.3.2 Vergütungsanspruch des Beauftragten

3.7.3.2.1 Grundsätzliches zum Vergütungsanspruch Die Fragen im Zusammenhang mit der Entgeltlichkeit des Mandatsrechts (und damit der Vergütungsanspruch des Beauftragten) gehören zu den am intensivsten behandelten Bereichen des Auftragsrechtes. So befassen sich verschiedene Monografien schwerpunktmässig oder gar ausschliesslich mit diesem Aspekt des Auftragsrechts. 1150 Nachfolgend wird sich aus diesem Grund die Darstellung des Vergütungsanspruchs auf jene Aspekte beschränken, die im vorliegenden Zusammenhang von Interesse sind.

Die überwiegende Mehrzahl der Auftragsverträge ist entgeltlich, da entweder eine entsprechende Vereinbarung vorliegt oder eine Vergütung üblich ist. 1151 Im Falle einer entsprechenden Vereinbarung kann auf die Darstellung der entsprechenden Vergütungsformen verwiesen werden. 1152 Im vorliegenden Zusammenhang ist v.a. die Bestimmung der Höhe der Vergütung von Interesse, wenn eine solche nicht vereinbart, sondern bloss üblich ist: Ohne auf die verschiedenen grundsätzlichen Unterschiede in den einzelnen Lehrmeinungen einzugehen, ist darauf hinzuweisen, dass bei der

1150 In der schweizerischen Literatur ist insbesondere aus rechtshistorischer Sicht die

Dissertation von Schibli, Die Entwicklung des Mandats in der Schweiz, Basel 1929, zu erwähnen. Der Einfluss der Entgeltlichkeit des Mandatsvertrages wurde in verschiedenen Aspekten (namentlich im Bereich der Verschuldenshaftung, der Substitutenhaftung und der Beendigungsmöglichkeit nach Art. 404 OR) intensiv von Schneeberger (Diss. Bern 1992) untersucht. Monografisch wurde die Vergütung des Beauftragten von Gmür (Diss. Fribourg 1994) allgemein und von Höchli (Diss. ZH 1991) speziell für den Bereich des Anwalts dargestellt.

1151 Zum Ganzen sehr ausführlich und an Stelle vieler: BK-Fellmann, Art. Art. 394 N 362ff. Die entsprechende Beweislast liegt beim Beauftragten: BK-Fellmann, Art. Art. 394 N 382.

1152 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.2.5.

Page 291: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 245 -

Bemessung des Honorars nach Verkehrsübung (falls keine behördlich festgesetzten Tarife anwendbar sind) die Angemessenheit das zentrale Beurteilungskriterium ist 1153: Es muss �die Vergütung den geleisteten Diensten entsprechen, ihnen objektiv angemessen sein.� 1154 Wie aus der Rechtsprechung und der Lehre ergeht, spielt bei der entsprechenden Angemessenheitsprüfung insbesondere der entsprechende Zeitaufwand eine entscheidende Rolle. 1155 Damit ist auch in diesem Bereich des entgeltlichen Auftrags eine Anlehnung an die Überlegungen und die Funktionsweise des Zeithonorars gegeben, weshalb auch im Bereich des nicht vereinbarten, aber üblichen Entgelts die nachfolgenden Ausführungen zur Abrechnungspflicht anwendbar sind.

3.7.3.2.2 Entstehung des Vergütungsanspruchs Wurde eine Vergütung vereinbart oder ist sie üblich (Art. 394 Abs. 3 OR) 1156, so kann mit der hL davon ausgegangen werden, dass gemäss der allgemeinen Regel 1157 der Vergütungsanspruch grundsätzlich mit dem Vertragsabschluss des Auftrages entsteht. 1158 Weiter ist die folgende Tatsache zu beachten: �Es besteht zudem (...) kein Zusammenhang zwischen der Entstehung der Vergütungsforderung und der richtigen Erfüllung des Auftrages.� 1159 Eine davon grundsätzlich verschiedene Frage ist die mögliche Reduktion der Vergütung bei Schlechterfüllung des Mandatsvertrages. 1160

Die Ausnahme dieser allgemeinen Regel betrifft den Fall, in welchem durch besondere Abrede die Vergütung nur für den Fall der erfolgreichen Auftragsausführung (Erfolgshonorar) vereinbart wird. 1161 Die Verabredung einer erfolgsabhängigen Vergütung stellt eine Suspensivbedingung nach Art. 151 OR für die Entstehung des Vergütungsanspruches dar, 1162 weshalb der Anspruch bis zum Eintritt der vereinbarten Bedingung (noch) nicht entstanden ist.

1153 BK-Fellmann, Art. 394 N 409ff., und insbesondere N 413. 1154 BGE 117 II 282ff., E. 4. 1155 BGE 117 II 282ff., E. 4; BGE 101 II 109ff., E. 3. BK-Fellmann, Art. 394 N 413f.;

Hofstetter, 2000, 82; BasK-Weber, Art. 394 N 39. 1156 Dazu ausführlich Gmür, N 210ff. (mit weiteren Hinweisen). 1157 Tuhr/Escher, 45. 1158 Gmür, N 251f.; BK-Fellmann, Art. 394 N 467 (je mit weiteren Hinweisen). 1159 Derendinger, N 415. 1160 So nun auch das BGer in BGE 124 III 423ff., indem der Beauftragte auch im Fall

mangelhafter Ausführung des Auftrages Anspruch auf ein Honorar für die Tätigkeit hat, die vertragskonform ausgeführt worden ist.

1161 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.2.5.4. 1162 Gauch/Schluep/Rey, Nr. 4193f.

Page 292: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 246 -

3.7.3.2.3 Fälligkeit des Vergütungsanspruchs Von der Entstehung des Vergütungsanspruchs ist die Fälligkeit desselben zu unterscheiden, namentlich deshalb, weil der Beauftragte vorleistungspflichtig ist. 1163 Die Fälligkeit � d.h. die Forderbarkeit und Einklagbarkeit � der Vergütung muss nach den allgemeinen Regeln von Art. 75 OR bestimmt werden, wobei die Vergütung nach allgemeiner Ansicht �mit dem Abschluss der letzten unter einen bestimmten Auftrag fallenden Leistung fällig� 1164 sein soll. Es wird also darauf abgestellt, in welchem Zeitpunkt die eigentliche Hauptarbeitsleistung abgeschlossen ist. 1165 Der Auftraggeber ist dabei für die Erfüllung seiner Vorleistungspflicht beweispflichtig. 1166 Dabei ist zu beachten, dass � wie bei der Entstehung des Vergütungsanspruchs � auch die Fälligkeit unabhängig von der richtigen Erfüllung des Vertrages ist. 1167

Da auch die Frage der Fälligkeit der vertraglichen Vereinbarung offensteht, können Abreden (auch als AGB-Recht) über Kostenvorschüsse oder Abschlagszahlungen vereinbart werden. 1168 Für die Fälligkeit reichen dann je nach Abrede die Leistungen im vereinbarten Teilumfang. Die Fälligkeit kann aber auch sofort eintreten, wenn das Vertragsverhältnis durch Widerruf oder Kündigung (Art. 404 OR) beendet wird. 1169

3.7.3.2.4 Abrechnungspflicht als Vorleistungspflicht zum Vergütungsanspruch Falls der Vergütungsanspruch entstanden und fällig ist, so ist die Vergütung durch den Auftraggeber grundsätzlich ohne Weiteres zu leisten. Es kann nämlich festgehalten werden, dass der Beauftragte keine weitergehenden Bedingungen zu erfüllen hat. 1170 �Beim entgeltlichen Auftrag korrespondieren nämlich die Pflicht zum Tätigwerden und die Pflicht zur Entschädigung.� 1171 Von entscheidender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass die Lehre im Zusammenhang mit der Vergütungspflicht dem Auftraggeber ein grundsätzliches Leistungsverweigerungsrecht

1163 BK-Weber, Art. 75 N 80. 1164 BK-Weber, Art. 75 N 94; BK-Fellmann, Art. 394 N 469. 1165 Zum Ganzen im Zusammenhang mit einem besonderen Auftragsvertrag: Egli, N 1094ff.,

insbes. 1097. 1166 Derendinger, N 419. 1167 Derendinger, N 419 (mit illustrativen Beispielen). 1168 Gmür, N 259f.; BK-Fellmann, Art. 394 N 475; BK-Weber, Art. 75 N 59ff. Diese

Vereinbarung über die Fälligkeit ist von der Vereinbarung einer Stundung zu unterscheiden, die nicht die Entstehung der Forderung, sondern die Frage der Einforderbarkeit betrifft.

1169 Derendinger, N 418. 1170 BK-Fellmann, Art. 394 N 485. 1171 BK-Fellmann, Art. 400 N 178 (mit weiteren Hinweisen); BK-Weber, Art. 75 N 99.

Page 293: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 247 -

zugesteht (gestützt auf Art. 82 OR 1172 oder als eigentliches allgemeines Zurückbehaltungsrecht 1173).

In diesem Zusammenhang erscheinen die Abrechnungspflicht und damit die Informationspflicht �Rechenschaft� als Vorleistungspflicht des Beauftragten. Die Abrechnungspflicht als Vorleistungspflicht besteht sowohl im Bereich der Pflicht zur Rechnungslegung 1174 als auch im Bereich der Pflicht zur Rechnungsstellung (inkl. Auslagen- und Verwendungsersatzanspruch). 1175 Damit ist zu präzisieren, dass dem Auftraggeber das Recht zugestanden wird, die Vergütungsleistung solange zurückzuhalten, wie der Beauftragte der Abrechnungspflicht nicht nachgekommen ist. Hat der Auftraggeber eine Abrechnung vorgelegt, welche den Anforderungen der Abrechnungspflicht genügen, so entfällt grundsätzlich das entsprechende Leistungsverweigerungsrecht. Durch eine entsprechende Abrechnung hat der Auftraggeber auch sogleich den Nachweis der Erfüllung der vertraglichen Hauptleistungspflicht erbracht. 1176 Aus Sicht des Beauftragten ist abschliessend anzumerken, dass kein Austauschverhältnis �zwischen dem geschuldeten Honorar und der auftragsrechtlichen Herausgabepflicht� 1177 besteht, da die Herausgabepflicht in aller Regel eine blosse Nebenleistungspflicht ist.

3.7.3.2.5 Formen des Vergütungsanspruchs In der Folge werden in einem Überblick die verschiedenen Formen der Vergütung des Beauftragten dargestellt, da die Form der Vergütung für die weitere Auseinandersetzung mit der Pflicht zur Rechnungsstellung von zentraler Bedeutung ist. 1178

3.7.3.2.5.1 Pauschalvergütung Bei dieser Vergütungsform wird die Leistung zu einem zum Vornherein fixierten Preis versprochen, welcher grundsätzlich (einseitig) nachträglich nicht mehr abgeändert

1172 Derendinger, N 418 i.f. 1173 Dazu ausführlich ZK-Schraner, Art. 82 N 179ff., und BK-Weber, Art. 82 N 23ff. 1174 BK-Fellmann, Art. 400 N 50; BasK-Weber, Art. 400 N 10. 1175 BK-Fellmann, Art. 400 N 60. 1176 Siehe dazu oben Kapitel 3.7.3.2.2. 1177 BGE 122 IV 322ff., E. 3b. 1178 Für eine detaillierte Darstellung: Gmür, N 166ff. Für das Anwaltsrecht: Testa, 215ff.

(Vergütungsformen) und 192ff. (Überblick über die verschiedenen anwendbaren Honorarvorschriften am Beispiel des Zürcher Anwaltsrechts).

Page 294: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 248 -

werden kann. 1179 Das Kostenrisiko wird bei dieser Vergütungsabrede auf beide Parteien verteilt. 1180

In seiner Wirkungsweise bekommt diese Art der Vergütungsvereinbarung den Charakter eines Kaufpreises einer Leistung. 1181 In der Literatur wird deshalb teilweise betont, dass die Pauschalvergütung ähnliche Risikolagen schaffen kann wie die � etwa anwaltsrechtlich � verpönten Erfolgshonorare. 1182 Die Zulässigkeit ist trotzdem auch im Bereich des Anwaltsvertrages anerkannt 1183, wobei der Beauftragte den Beweis für das Vorliegen eines Pauschalhonorars zu erbringen hat. 1184

Es ist bei dieser Vergütungsform zu betonen, dass sich die Pauschalisierung auf die Abrede der Vergütung beschränkt, die primäre Leistungspflicht des Beauftragten (die eigentliche Ausführungsobligation) dagegen unberührt lässt 1185 : Der Beauftragte schuldet ungeachtet einer entsprechenden Abrede die versprochene Leistung in der geforderten Sorgfalt und hat unter Umständen mehrere Erfüllungsversuche zu unternehmen, bis die geschuldete Leistung als erfüllt betrachtet werden kann. 1186 Präzisierend ist abschliessend festzuhalten, dass weiter auch die mandatsrechtliche Ablieferungsobligation nicht von der Abrede betroffen ist, weshalb eine allfällige Pflicht zur Rechnungslegung unbeeinflusst bleibt.

3.7.3.2.5.2 Prozentvergütung Bei der Prozentvergütung wird das Entgelt des Beauftragten nach Prozenten eines bestimmten Interessenwertes bestimmt. 1187 Dabei bestimmt sich der Interessenwert jeweils nach dem in Rede stehenden Vertragsgebiet resp. -gegenstand: Massgebend ist beim Vermögensverwaltungsvertrag der Depotwert, bei gerichtlichen

1179 Zu den Abänderungsmöglichkeiten: BK-Fellmann, Art. 394 N 445 (der die analoge

Anwendung von Art. 373 Abs. 2 OR fordert); Egli, N 1071 (der die Anwendung der clausula rebus sic stantibus befürwortet). In diesen Lehrmeinungen kommt die Ansicht zum Ausdruck, dass in allen Fällen der Äquivalenzgedanke in einer Leistungsbeziehung nicht (ganz) aus den Augen gelassen werden darf.

1180 Gmür, N 171. Es muss aber angemerkt werden, dass sich das zu tragende Risiko nicht auf den gleichen Risikobereich bezieht.

1181 BK-Gautschi, Art. 394 N 76b. 1182 Schenker, 150. 1183 So bereits ZR 70 Nr. 107. 1184 AKE 90133, Entscheid vom 6. 9. 1990, der diesbezüglich ZR 70 Nr. 107 bestätigt. 1185 In diesem Sinne auch die Präzisierung von Gmür, N 168. 1186 Dazu ausführlich: Derendinger, N 95ff. Siehe dazu auch Kapitel 3.7.3.2.2. 1187 Lehrmeinungsübersicht bei BK-Fellmann, Art. 394 N 448.

Page 295: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 249 -

Auseinandersetzungen der Streitwert, beim Architektenvertrag der Bauwert resp. die Bausumme etc. 1188

Dieser Vergütungsform wird in der Rechtsprechung mit beachtlicher Zurückhaltung begegnet, wobei sie als grundsätzlich zulässig erachtet wird. Das Bundesgericht hat die mit dieser Vergütungsform verbundene Problematik in einem Entscheid deutlich dargestellt: �Eine Berechnung des Honorars nach Prozenten des Interessen- oder Streitwertes (sog. Prozentvergütung) ist in der Regel keine angemessene, der Billigkeit entsprechende Vergütung für Arbeit und Verantwortung (...), muss folglich, wenn sie nicht vereinbart ist, als Ausnahme durch besondere Umstände gerechtfertigt oder vom Gesetze, wie z.B. Provisionen für Mäkler und Agenten, ausdrücklich zugelassen sein.� 1189 Diese Rechtsprechung wird teilweise kritisiert, da sie den Anwendungsbereich dieser Form der Vergütung über Gebühr einschränke. 1190

3.7.3.2.5.3 Zeitvergütung Bei dieser Vergütungsform handelt es sich um eine Abrede, bei welcher die Vergütung nach dem aufgewendeten Zeitaufwand bemessen wird. Es handelt sich demnach in der Struktur um eine einfach funktionierende Vergütungsform, falls gewisse Bedingungen erfüllt sind: So muss insbesondere eine Einigkeit über den anwendbaren Stundensatz vorliegen, ansonsten eine wesentliche Basis der Berechnung der Vergütung nicht bestimmt ist. Wie die diesbezüglichen Lösungsvorschläge in der Lehre zeigen, ist eine entsprechende richterliche Lückenfüllung von verschiedenen Faktoren beeinflusst, weshalb eine Bestimmung im Nachhinein schwierig ist. 1191

Heikler ist die Frage, ob eine bestimmte, vom Beauftragten aufgewendete und geltend gemachte Zeit für die richtige Erledigung des entsprechenden Auftrages angemessen ist. Obwohl der Grundsatz anerkannt ist, dass kein Vergütungsanspruch für Leistungen besteht, die bei sorgfältigem Vorgehen des Beauftragten nicht erforderlich gewesen

1188 Beispiele zusammengestellt bei: Gmür, N 179. 1189 BGE 101 II 109ff., E. 2. Siehe in diesem Zusammenhang auch BGE 93 I 116ff., E. 5:

Anwaltshonorarabrede über CHF 5�000 für das einfache Inkasso einer Forderung von CHF 50�000 teilweise für nichtig erklärt. Aus der Lehre: Büren, OR BT, 136f.; BK-Gautschi, Art. 394 N 76 und 82.

1190 Gmür, N 182 i.f. 1191 So sind zu berücksichtigen: Schwierigkeit der Aufgabe; Dringlichkeit der Ausführung;

Ausbildung und Können des Beauftragten; das Mass der übertragenen Verantwortung etc. (dazu: BK-Fellmann, Art. 394 N 452 und N 460ff.).

Page 296: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 250 -

wären (sog. Mehraufwand) 1192, kann dieser Nachweis in der Praxis in aller Regel wohl nur in einzelnen, offensichtlichen Fällen gelingen.

Auch wenn die Grundstruktur dieser Vergütungsform einfach erscheint 1193 , zeigt gerade die reichhaltige Praxis im Bereich des Anwaltrechts, dass sie zahlreiche Fragen aufwirft. 1194 Dabei wird im Rahmen der Pflicht zur Rechnungsstellung auf zahlreiche Einzelheiten einzugehen sein. 1195

3.7.3.2.5.4 Erfolgshonorar Bei der Abrede über ein Erfolgshonorar können die Parteien vereinbaren, dass die Vergütung (oder ein Teil der Vergütung) vom Erfolg der Auftragserfüllung abhängig ist. 1196 Der Anspruch auf Vergütung des Beauftragten ist diesfalls suspensiv-bedingt. Die Frage der erfolgsorientierten Vergütung muss von der Frage unterschieden werden, ob die eigentliche primäre Arbeitsleistung des Beauftragten durch besondere Abrede mit einer (ausdrücklichen) 1197 Erfolgsgarantieerklärung versehen wurde. 1198 Eine Abrede über eine Erfolgshonorierung kann in Verbindung mit einer Erfolgsabrede, welche hinsichtlich der eigentlichen Auftragsleistung vereinbart wurde, dazu führen, dass ein entsprechendes Vertragsverhältnis als gesellschaftsrechtliche Verbindung zu qualifizieren ist. 1199 Es wurde in der systematischen Darstellung dieser Arbeit herausgearbeitet, dass diesfalls auch informationsrechtlich ein qualitativ anderer Sachverhalt zur Beurteilung ansteht, weshalb nachfolgend davon ausgegangen wird, dass keine entsprechende Abrede erfolgte.

Während im allgemeinen Auftragsrecht eine entsprechende Vereinbarung über ein Erfolgshonorar als zulässig betrachtet wird, bestehen 1200 im Bereich des (öffentlich- 1192 Pra 74 Nr. 179 E. 4. 1193 Es soll sich dabei gemäss Gmür, N 175, um die am häufigsten gewählte Vergütungsform

handeln. 1194 Ein besonders deutliches Beispiel ist vielleicht ZR 89 Nr. 85 E. 5 (mit dem Hinweis auf

zahlreiche Einzelfragen). 1195 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4. 1196 Ausführlich: Gmür, N 185ff.; Höchli, 81ff.; Schenker, 143ff. Gmür, N 187 und N 189,

unterscheidet dabei zwei Formen des Erfolgshonorars: (1) Absolutes Erfolgshonorar: Der Bestand der Forderung des Beauftragten hängt einzig davon ab, ob die Arbeitsleistung zum Erfolg geführt hat oder nicht. (2) Relatives Erfolgshonorar: Die Höhe der Forderung (der Bestand ist gegeben) hängt vom Grad der Erfolgserreichung ab.

1197 Eine solche Erfolgsgarantie setzt eine ausdrückliche Vereinbarung voraus, wodurch die Rechtslage gemäss Art. 398 OR weitgehend ersetzt wird: Derendinger, N 93.

1198 Siehe dazu den Überblick über den Meinungsstand bei BK-Fellmann, Art. 394 N 104. 1199 BK-Fellmann, Art. 394 N 454. 1200 Auf die Berechtigung dieser Beschränkung der Privatautonomie soll nicht näher

eingegangen werden: Siehe dazu die Übersicht bei Schenker, a.a.O., und Höchli, a.a.O.

Page 297: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 251 -

rechtlichen) 1201 Anwaltsrechtes Bedenken gegenüber dieser Form der Entschädigung. 1202 Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Bundesgericht bereits vor geraumer Zeit in Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde im Bereich des Anwaltsrechtes entschieden hat, dass ein Erfolgshonorar als Vergütungsbestandteil nicht zu beanstanden ist. 1203 Aus anwaltsrechtlicher Sicht ist weiter auch der Entscheid der Zürcher Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte vom 7. 10. 1999 zu beachten 1204: Darin wurde verdeutlicht, dass das Verbot des Erfolgshonorars 1205 auf den Bereich juristischer Tätigkeit eingeschränkt ist, �der durch eigentliche Anwaltstätigkeit in einem rechtlich geordneten Verfahren vor einer Behörde erzielt wird (Zivil- und Strafgericht, Strafuntersuchungs-, Vollstreckungs � oder Verwaltungsbehörde).� 1206 Diese Rechtsprechung hat auch unter dem Berufsregelregime von Art 12 lit. e BGFA Bestand. 1207

3.7.3.3 Anspruch auf Auslagen- und Verwendungsersatz und Befreiung In der Folge wird die neben der eigentlichen Vergütungspflicht des Auftraggebers nach Art. 394 Abs. 3 OR bestehende mandatsrechtliche Pflicht des Auftraggebers zum Auslagen- und Verwendungsersatz sowie zum Befreiungsanspruch gemäss Art. 402 Abs. 1 OR dargestellt. 1208

Für die ältere Literatur sei auf die Übersichten bei Wolffers, 165f. und Handbuch, 154f., verwiesen.

1201 In der Literatur werden die Schranken nicht aus dem allgemeinen Mandatsrecht abgeleitet: Deutlich Wolfers, 166 (mit weiteren Hinweisen).

1202 Demgegenüber bildet die dadurch möglicherweise teilweise Wegbedingung der Ablieferungsobligation kein Hindernis für eine solche Vereinbarung: Hofstetter, 2000, 119 inkl. FN 148.

1203 BGE 93 I 116ff., E. 5a (Der Prozessausgang darf auch � neben anderen Bemessungsfaktoren � Grundlage für die Vergütungsbestimmung sein); BGE 92 I 249ff., E. 5b (Gebühren der Geschäftsagenten [Gläubigervertreter im Sinne von Art. 27 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG]).

1204 ZR 99 Nr. 13 E. III = SJZ 2000 65f. 1205 Und damit der Anwendungsbereich dieser Berufsregel, in casu § 10 AnwG/ZH. 1206 In casu wurde eine Berufsregelverletzung nach § 10 AnwG/ZH erkannt, weil das

Testamentseröffnungsverfahren als ein solches Verfahren vor einer Behörde qualifiziert worden ist.

1207 Nater, 232 FN 13; Schenker, 144ff.; Valloni/Steinegger, 47f. Zu den allgemeinen Schranken des Erfolgshonorars gemäss Art. 12 lit. e BGFA: Fellmann, Kommentar, Art. 12 N 122ff. (mit weiteren Hinweisen).

1208 Die Schadenersatzpflicht nach Art. 402 Abs. 2 OR wird hier nicht weiter dargestellt. Der Schadenersatzanspruch folgt den allgemeinen Regeln einer vertraglicher Haftung: Ausführlich dazu BK-Fellmann, Art. 402 N 143ff.

Page 298: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 252 -

Hintergrund der Regelung des Anspruchs auf Auslagen- und Verwendungsersatz sowie des Anspruchs auf Befreiung ist die Idee, dass � in Entsprechung zur freundschaftlichen Basis des römischen mandatum 1209 � der Beauftragte auch keine Vermögensbeeinträchtigungen durch die Übernahme und Ausführung eines Mandates hinzunehmen habe. 1210 Insoweit wird der Charakter des Auftragsvertrages als Interessengegensatzvertrag betont, da zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer keine Interessenvergemeinschaftung und damit keine Schicksalsgemeinschaft bestehen. 1211

3.7.3.3.1 Auslagen- und Verwendungsersatzrecht

3.7.3.3.1.1 Begriff Der Anspruch auf Auslagen- und Verwendungsersatz besteht neben dem eigentlichen Vergütungsanspruch. 1212 Es handelt sich bei den Auslagen und Verwendungen um Dispositionen resp. Abflüsse, die freiwillige Vermögensschmälerungen des Auftraggebers betreffen. 1213 Es ist dabei begriffswesentlich, dass sich diese Vorgänge unmittelbar 1214 in der Vermögenssphäre 1215 des Beauftragten realisieren, sei es durch den Abgang von liquiden Mitteln (allgemein Auslagen genannt) oder sei es durch den Verbrauch resp. die spezifische übermässige Abnutzung von Sachen (allgemein Verwendungen genannt). Nachfolgend wird auch der Begriff �Aufwendung� als Oberbegriff für die Auslage und Verwendung gebraucht. 1216

1209 Siehe dazu Kapitel 2.1 und 3.3.2. 1210 BK-Fellmann, Art. 402 N 10, mit dem Hinweis, dass sich dadurch auch das

schenkungsähnliche Vertragsverhältnis vom unentgeltlichen Auftrag unterscheidet. Ausführlich zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag: Schmid, Nr. 492 i.f.

1211 Siehe dazu Kapitel 3.7.2. 1212 Der Vorausverzicht auf den Aufwendungsanspruch führt dazu, dass schenkungsähnliche

Aspekte in bzw. neben das Mandatsverhältnis treten: Bei einem (ursprünglichen) unentgeltlichen Auftrag wird das Vertragsverhältnis als ein �schenkungsähnlicher einseitiger Vertrag� (Derendinger, N 42) gedeutet werden müssen. Bei einem entgeltlichen Vertrag wird die Vereinbarung so ausgelegt, dass der Aufwendungsanspruch im Vergütungsanspruch enthalten sein soll (sog. Totalpauschale): BK-Fellmann, Art. 402 N 64 i.V.m. Art. 394 N 447.

1213 An Stelle vieler: Gmür, N 113. 1214 Als Ersatzrecht werden unter diesem Titel nur tatsächliche Vermögensverminderungen

ausgeglichen: BK-Gautschi, Art. 402 N 10b. 1215 BK-Fellmann, Art. 402 N 21. 1216 Zur Frage der Terminologie in der Lehre ausführlich: Gmür, N 113 FN 37. Das BGer

verwendet den Terminus �Aufwendung� bisweilen auch als Oberbegriff: BGE 78 II 51ff., E. 4.

Page 299: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 253 -

Ein besonderes Problem bei der Unterscheidung zwischen Vergütung und Aufwendung ist die Beurteilung der sog. Generalunkosten. 1217 Es handelt sich dabei um Kosten, die bereits im Rahmen der Berechnung der Vergütung des Auftragnehmers abgegolten sind. 1218 Es besteht dabei latent eine gewisse �Umgehungsgefahr�, weil Auslagen oder Verwendungen separat geltend gemacht werden, die eigentlich Bestandteil des Vergütungsanspruches sind. 1219 Es ist aber aus der dispositiven Natur von Art. 402 Abs. 1 OR zu folgern, dass Generalunkosten vertraglich als Auslagen bezeichnet und behandelt werden können 1220, wobei die Beweislast (Behauptungs- und v.a. die Substanziierungslast) nach allgemeinen Regeln grundsätzlich beim Beauftragten liegt. 1221

3.7.3.3.1.2 Modalitäten Wie bereits festgehalten wurde, handelt es sich beim Aufwendungsersatz um einen Bereich, welcher zur Pflicht zur Rechnungsstellung gehört. 1222 Aus diesem Grunde gelten die entsprechenden Ausführungen zur Entstehung und Fälligkeit des Vergütungsanspruchs analog. 1223

Allerdings bestehen auch eine Anzahl Unterschiede zum Vergütungsanspruch, wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen: Im Zusammenhang mit dem Rückbehaltungsrecht des Auftraggebers ist darauf hinzuweisen, dass entsprechende Austauschbeziehungen in der Regel nicht bestehen. So hat das Bundesgericht festgehalten: �Beim entgeltlichen Auftrag steht der Anspruch des Beauftragten auf Ersatz der Auslagen und Verwendungen und Befreiung von eingegangenen Verbindlichkeiten nicht ohne weiteres in einem Austauschverhältnis zu den Gegenständen, die er nach Art. 400 Abs. 1 OR dem Auftraggeber abzuliefern hat.� 1224 1217 Ausführlich: Gmür, N 115 (allgemein) und 124ff. (betreffend Abfragekosten); BK-

Fellmann, Art. 401 N 26ff. 1218 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.2. 1219 BK-Fellmann, Art. 402 N 25 und N 28. 1220 BK-Fellmann, Art. 402 N 59 i.f. 1221 Siehe in diesem Zusammenhang z.B. auch Art. 6 Abs. 1 der Honoraransätze der Zürcher

Rechtsanwälte: �[D]ie Kosten mandatsbezogener, nicht administrativer Computerdienstleistungen, insbesondere der Benutzung juristischer Datenbanken, dürfen in Rechnung gestellt werden.� Positiv äussert sich dazu namentlich Höchli, 7.

1222 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.1.2. 1223 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.2. 1224 BGE 122 IV 322ff., E. 3b [�Gleiches hat zu gelten für das Verhältnis zwischen dem

geschuldeten Honorar und der auftragsrechtlichen Herausgabepflicht, sofern diese nur eine Nebenleistungspflicht ist.�]. Dies in Bestätigung zu BGE 94 II 263ff., E. 3a. Siehe dazu auch den ausführlichen Aufsatz von Abegg, 862ff. Siehe demgegenüber auch BK-Fellmann, Art. 402 N 54.

Page 300: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 254 -

Wie der Vergütungsanspruch entsteht auch der Verwendungsanspruch mit dem Mandatskonsens und damit mit dem Vertragsschluss. Eine andere Frage ist, ob sich dieser Anspruch bei Schlechterfüllung etc. reduziert: Es kann notwendig werden, dass die einzelnen Aufwendungen auf bestimmte Teilbereiche des Mandates aufgeteilt werden müssen, woraus folgt, dass dieser Anspruch in seinem Bestand nicht von der richtigen Ausführung des Auftrages abhängt, wohl aber unter Umständen in seinem Umfang. 1225 Für den Auslagen- und Verwendungsanspruch ist wie bei der Pflicht zur Rechnungsstellung der Beauftragte beweispflichtig. Dabei scheint es in der Lehre keine Einigkeit zu geben, was im Detail unter diesem Titel das Beweisthema sein soll: Während Gmür 1226 und Gautschi 1227 der Ansicht sind, dass das Beweisthema die Auslagen und Verwendungen als solche darstellen, so geht Fellmann � obwohl von Gmür in seinem Sinne zitiert � weiter, indem �er [der Beauftragte] deren Höhe und Notwendigkeit (...) darzutun und nötigenfalls zu beweisen hat.� 1228 Diese Fragestellungen werden im Rahmen der Bestimmung des Inhalts der Abrechnungspflicht zu beantworten sein. 1229

3.7.3.3.2 Befreiungsanspruch �Eine Verbindlichkeit im Sinne von Art. 402 Abs. 1 OR liegt vor, wenn der Beauftragte im Interesse des Auftraggebers, aber in eigenem Namen gegenüber einem Dritten eine Schuldverpflichtung eingeht.� 1230

Der Befreiungsanspruch wandelt sich in einen Aufwendungsersatzanspruch, wenn der Befreiungsanspruch erlischt. 1231 Insbesondere aus diesem Grund gelten die Anmerkungen zum Aufwendungsersatzrecht auch für den Befreiungsanspruch. 1232 Nachfolgend wird aus diesem Grund der spezifische Befreiungsanspruch nicht mehr gesondert behandelt.

1225 Dazu ausführlich: BK-Fellmann, Art. 402 N 36, 38 und 75ff. 1226 Gmür, N 114. 1227 BK-Gautschi, Art. 402 N 12c. Die Belegstelle bei diesem Autor macht besonders deutlich,

dass �nur� die Aufwendung und die Tatsächlichkeit derselben vom Auftraggeber zu beweisen ist.

1228 BK-Fellmann, Art. 402 N 50 (Hervorhebung nur hier). 1229 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.6 und 3.7.3.4.7. 1230 An Stelle vieler: BK-Fellmann, Art. 402 N 88. 1231 Gmür, N 140f.; BK-Fellmann, Art. 402 N 91 und N 112. 1232 Gmür, N 136.

Page 301: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 255 -

3.7.3.4 Abrechnungspflicht: Pflicht zur Rechnungslegung und zur Rechnungsstellung

3.7.3.4.1 Vorbemerkungen Nachdem in den vorangehenden Abschnitten die Grundlagen zum Vergütungsanspruch und Verwendungsersatzanspruch dargelegt wurden, soll in den folgenden Abschnitten die Abrechnungspflicht 1233 ausführlich dargestellt werden. Dabei werden folgende zentrale Aspekte der Abrechnungspflicht untersucht: Bestand der Abrechnungspflicht, Form der Abrechnung, Zweck der Abrechnungspflicht und Inhalt der Abrechnungspflicht. In zwei weiteren Abschnitten werden der Inhalt beim Auslagen- und Verwendungsersatz sowie die spezifische Belegungs- und Aufzeichnungspflicht des Beauftragten im Rahmen der Abrechnungspflicht dargestellt.

3.7.3.4.2 Bestand der Abrechnungspflicht

3.7.3.4.2.1 Genereller Anwendungsbereich Grundsätzlich ist die Pflicht zur Rechnungslegung in all jenen Situationen anzuerkennen, in denen der Grundsatz der Fremdnützigkeit als Ausfluss des allgemeinen Interessenwahrnehmungsgrundsatzes zur Anwendung kommt. 1234

Die eigentliche Pflicht zur Rechnungsstellung besteht demgegenüber in jenen Fällen, in denen ein entgeltliches Mandat vorliegt 1235 und der Beauftragte den Vergütungsanspruch gegen seinen Auftraggeber durchsetzen will. Bevor der Beauftragte nicht eine den Anforderungen entsprechende Rechnung gestellt hat, ist die Durchsetzung des Anspruches nicht möglich. 1236 Wo nachfolgend von der Pflicht zur Rechnungsstellung gesprochen wird, wird dieser Anspruch auf Aufwendungsersatz mitumfasst, sofern nichts anderes angeführt wird. 1237

1233 Zum Begriff: Siehe dazu Kapitel 3.7.3.1.2. 1234 Siehe dazu insbesondere Kapitel 3.3. 1235 Siehe dazu Kapitel 1.3.2.2. 1236 Siehe dazu die Ausführungen zur Vorleistungspflicht des Beauftragten in Kapitel

3.7.3.2.3. 1237 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.1.2.

Page 302: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 256 -

3.7.3.4.2.2 Pflicht zur spontanen Endabrechnung Nach dem Wortlaut von Art. 400 Abs. 1 OR hat der Beauftragte der Abrechnungspflicht grundsätzlich nur �auf Verlangen� nachzukommen. 1238 Es ist jedoch in diesem Zusammenhang einmal zu beachten, dass die entsprechende Aufforderung auch implizit erfolgen kann: So wurde in der Rechtsprechung festgehalten, dass in der ersten Aufforderung des Beauftragten, den Fall abzuschliessen, auch die Aufforderung enthalten ist, der Abrechnungspflicht nachzukommen. 1239

Im Gegensatz zum klaren Wortlaut ist für den Gegenstand der Rechnungslegung weiter anerkannt, dass unmittelbar nach Beendigung des Mandates eine spontane Endabrechnungspflicht besteht (d.h. auch ohne Begehren 1240 ). 1241 Für diese Spontanpflicht können folgende Gründe angeführt werden: �Diese Pflicht vom Begehren des Klienten abhängig zu machen, ist im Gesetze nicht begründet und wäre, angesichts der in der Regel abhängigen Stellung des Klienten, unangemessen.� 1242 Die spontane Informationspflicht rechtfertigt sich deshalb, weil Vermögensinteressen des Auftraggebers unmittelbar betroffen sind und die Rechtslage klar ist (es handelt sich um eine klar definierte Berichtspflicht). 1243 Die Bereinigung der Vermögenssphäre beschlägt sowohl den Bereich der Rechnungslegungspflicht als auch den Bereich der Rechnungsstellungspflicht, weil der Auftraggeber ein Interesse hat, dass eine schnelle Bereinigung des gesamten Verhältnisses erfolgt. 1244 Vor diesem Hintergrund kann festgehalten werden, dass eine allgemeine spontane Endabrechnungspflicht anzuerkennen ist. Dies rechtfertigt sich dadurch, dass mit der Beendigung des Auftrags das organisatorisch-arbeitsteilige Rechtsverhältnis in ein allgemeines

1238 Auch wenn etwa über den Streitwert noch keine Einigung herrscht (AKE 980067 vom

3.12.1998). 1239 ZR 89 Nr. 52 E. a) aa). 1240 ZR 89 Nr. 52 E. a) aa). 1241 Hofstetter, 2000, 118; BK-Fellmann, Art. 400 N 67; BasK-Weber, Art. 400 N 20. Aus der

Rechtsprechung: ZR 83 Nr. 53 E. IV. 5d (Es handelt sich dabei um den vorinstanzlichen Entscheid zu BGE 110 II 181ff.).

1242 Anwaltsrechtlich wurde die Spontanpflicht vom KGer SG in dieser Weise bereits 1911 begründet: Zürcher, 218.

1243 BK-Fellmann, Art. 400 N 67, nimmt eine Spontanpflicht an, weil �die Vermögensinteressen des Auftraggebers unmittelbar berührt sind.�

1244 So deutlich für das Anwaltsrecht: Höchli, 118: �Weil die Rechnung die Eintreibung der Honorarforderung bezweckt, soll der Anwalt (...) unaufgefordert (...) Rechnung stellen.�

Page 303: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 257 -

Liquidationsverhältnis übergeführt wird. 1245 Für die Frage des Inhalts der Spontanpflicht kann auf die späteren Ausführungen verwiesen werden. 1246

In zeitlicher Hinsicht kann, die spontane Endabrechnungspflicht betreffend, nur angeführt werden, dass sie sich grundsätzlich bei Beendigung des Auftrages aktualisiert. Eine genaue Frist lässt sich demgegenüber nicht festmachen, wie auch die umfangreiche Rechtsprechung zum Anwaltsrecht zeigt. 1247 Diese Sichtweise wird weiter durch die gerichtliche Praxis untermauert, welche zum zeitlichen Aspekt der Erfüllung der Abrechnungspflicht ausgeführt hat, dass den Anwalt eine Benachrichtigungspflicht bei Verzögerung der Rechnungsstellung trifft. 1248 Aufgrund der gemachten Ausführungen kann diese Aussage für das gesamte Auftragsrecht verallgemeinert werden. Letzten Endes ist aber in diesem Zusammenhang lediglich auf die Vorleistungspflicht des Beauftragten 1249 und auf die Klagemöglichkeiten des Auftraggebers hinzuweisen, da es sich bei der Informationspflicht �Rechenschaft� um eine Nebenleistungspflicht handelt. 1250

3.7.3.4.2.3 Pflicht zur Zwischenabrechnung auf Verlangen Durch allgemeine Abrede zwischen den Parteien besteht die Möglichkeit zu vereinbaren, dass in bestimmten Intervallen eine Abrechnung zu erfolgen hat. Aufgrund des klaren Wortlautes von Art. 400 Abs. 1 OR ist aber nicht ohne Weiteres der Meinung zu folgen, dass auch bereits eine Üblichkeit (Usanz) eine entsprechende Pflicht begründen kann. 1251

Weiter stellt sich die Frage, ob allgemein eine Pflicht zur Zwischenabrechnung auf Verlangen anzuerkennen ist und wie eine allfällige Pflicht zur Zwischenabrechnung ausgestaltet ist. Ausgangspunkt in diesem Zusammenhang bildet ein Entscheid der 1245 Das Rechtsverhältnis ist nach der Beendigung allgemein auf die Sphärenbereinigung

zwischen den Parteien ausgerichtet. Für den Fall des Widerrufs: Siehe dazu Kapitel 3.6. 1246 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5. 1247 Siehe dazu eine Übersicht bei Testa, 205ff. Zu ergänzen wäre in diesem Zusammenhang,

dass eine anwaltsrechtliche Pflichtwidrigkeit vorliegt, wenn über mehrere Jahre nicht Rechnung gestellt wird: Entscheid der AK SG vom 26.11.2003 (AW.2003.5-AWK), wiedergegeben in Fellmann, Kommentar, Art. 12 N 171 FN 605

1248 ZR 89 Nr. 52 E. a/aa (mit Hinweisen auf die frühere Rechtsprechung). Aus der Lehre: Gmür, N 422. Die ältere kantonale Rechtsprechung und Lehre schien bald einmal bereit gewesen zu sein, eine verzögerte Rechnungsstellung disziplinarrechtlich zu sanktionieren: Fidek, 65 (mit zahlreichen Hinweisen auf die ältere Praxis).

1249 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.2.3. 1250 Siehe dazu Kapitel 1.3.4. Zur klageweisen Durchsetzung des Anspruchs: BK-Fellmann,

Art. 400 N 88ff. 1251 So aber BK-Fellmann, Art. 400 N 64. Eingeschränkt auf den Bereich des Bankverkehrs:

Druey, Informationspflichten, 32.

Page 304: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 258 -

Zürcher Aufsichtskommission 1252, in welchem einzig, gestützt auf § 12 AnwG, auch ohne besondere vertragliche Vereinbarung auf Verlangen des Auftraggebers ausdrücklich die Pflicht zur Vorlegung einer Zwischenabrechnung während laufendem Mandat anerkannt wurde. Dabei ist festzuhalten, dass es sich bei einer Zwischenabrechnung nicht um eine Endabrechnung handelt, weshalb die Anforderungen an die diesbezügliche Abrechnung grundsätzlich nicht derjenigen einer Endabrechnung zu entsprechen haben. Allerdings wurde dem Auftraggeber im entsprechenden Entscheid auf (weiteres) Verlangen sogar der Anspruch auf eine spezifizierte Zwischenabrechnung zugestanden. 1253 In diesen Fällen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass bei entsprechendem zusätzlichen Begehren die Anforderungen an die Endabrechnung zu beachten sind. 1254 Immerhin gilt dieser Massstab für eine Zwischenabrechnung nur bei �doppeltem� (und ausdrücklichem) Verlangen, weshalb der gewöhnlichen Zwischenabrechnung eine gewisse Unschärfe zuzugestehen ist. Der Auftragnehmer kann eine Abrechnung also in dieser Hinsicht besonders kennzeichnen. Es muss eine gewisse Ungenauigkeit in der Weise akzeptiert werden, als ein Nachforderungsrecht aufgrund einer Schlussabrechnung nicht ausgeschlossen ist.

In einem späteren Entscheid des Zürcher Obergerichtes 1255 wurde eine entsprechende Pflicht zur Zwischenabrechnung im Falle eines Willensvollstreckers sowohl aus Anwaltsrecht 1256 als auch aus allgemeinem Schuldrecht (Art. 400 Abs. 1 OR) 1257 abgeleitet. Dabei hat das Gericht nicht (nur) mit dem Wortlaut der entsprechenden Normen argumentiert, sondern auch die tatsächliche praktische Situation in den Vordergrund gerückt, dass �das Mandat weitläufig und (...) lange andauernd sein dürfte (...) und damit die dereinstige Aufwandkontrolle über die Gebühr erschwert wäre, wenn eine detaillierte Rechnung erst nach Mandatsabschluss vorgelegt würde.� 1258 In den entsprechenden Erwägungen wird das Interesse des Auftraggebers an der Aufwandkontrolle als Grundlage der Pflicht zur Zwischenabrechnung erwähnt. Dies kann auch während der Auftragsausführung und grundsätzlich in allen

1252 AKE 91206 vom 7. 11. 1991. 1253 AKE 91206 vom 7. 11. 1991. 1254 Siehe dazu ausführlich Kapitel 3.7.3.4.5. 1255 ZR 94 Nr. 64 E. 3b und 3d. 1256 Der Willensvollstrecker war auch Anwalt: ZR 94 Nr. 64 E. 3b. 1257 Allgemeine Anwendbarkeit des Auftragsrechtes und von Art. 400 Abs. 1 OR im

Speziellen auf das Willensvollstreckermandat: ZR 94 Nr. 64 E. 3b. 1258 ZR 94 Nr. 64 E. 3b (letzter Absatz; Hervorhebung nur hier).

Page 305: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 259 -

Mandatsverträgen � und damit nicht nur im Anwaltsvertrag � vorliegen. Gestützt auf diese Rechtsprechung, ist deshalb anzuerkennen, dass das Recht auf (spezifizierte) Zwischenabrechnung auf Verlangen im Bereich der Abrechnungspflicht bei allen Mandatsverhältnissen existiert.

Deutlich wird aus den Erwägungen des Entscheides auch, dass nur ein spezifisches Kontrollinteresse des Auftraggebers bedient wird: Das Interesse des Auftraggebers an der Aufwandkontrolle. Die Abrechnung soll ihm � der teilweisen Auftragsausführung nachgelagert � das Instrument zu einer beschränkten Kontrolle bieten. Dadurch wird dem Auftraggeber kein generelles, sondern nur ein beschränktes Kontrollrecht zugestanden 1259 , soweit ganz spezifische Vermögensinteressen des Auftraggebers betroffen sind. Damit ist das spezifische Vermögensinteresse, grundsätzlich bloss eine �angemessene Vergütung zu bezahlen�, im Fokus der entsprechenden Informationspflicht. Demgegenüber ist das allgemeine Vermögensinteresse des Auftraggebers gerade nicht umfasst, weshalb etwa die mögliche Geltendmachung von allfälligen Schadenersatzansprüchen nicht Zweck der entsprechenden Informationspflicht ist.

Zu beachten ist, dass das Motiv unbeachtlich ist, aus welchem der Auftraggeber eine Zwischenabrechnung verlangt. Der Auftraggeber muss also kein spezifisches Interesse nachweisen. Es obliegt allein im Belieben des Mandanten, wann und warum er eine entsprechende Zwischenabrechnung verlangen will. 1260 Der entsprechende Entscheid stellt weiter auch klar, dass es im freien Ermessen des Auftraggebers ist zu bestimmen, welche Rechnungsposten allenfalls spezifiziert resp. belegt werden sollen. 1261

3.7.3.4.2.4 Pflicht zur spontanen Zwischenabrechnung Nachdem in den vorangehenden Abschnitten die Pflicht zur Zwischenabrechnung auf Verlangen dargestellt worden ist, soll nachfolgend untersucht werden, ob eine entsprechende Pflicht zur spontanen Zwischenabrechnung anzuerkennen ist. In der deutschen Rechtsprechung ist diesbezüglich höchstrichterlich anerkannt, dass bei andauernder Verwaltung unter gewissen Umständen eine periodische (spontane)

1259 Siehe dazu Kapitel 3.5, insbesondere Kapitel 3.5.3 zum Einzelarbeitsvertrag, wo ein

Kontrollrecht im Auftragsvertrag aus strukturellen Überlegungen verneint wurde. 1260 Gemäss dem Entscheid AKE 90029 ergibt sich dies bereits aus dem Umkehrschluss von

ZR 55 Nr. 174. Selbstredend steht auch dieses Recht unter dem Vorbehalt des Rechtsmissbrauchsverbots, wobei aus der Rechtsprechung zu entnehmen ist, dass der Rechtsmissbrauch nicht leichtfertig anzunehmen ist.

1261 Dazu auch ZR 83 Nr. 59 E. IV. 5d [S. 151, rechte Spalte].

Page 306: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 260 -

Pflicht zur Rechnungsstellung bestehen kann. 1262 Dabei liegt die eigentliche Begründung für eine periodische Rechnungsstellungspflicht in der andauernden vertraglichen Beziehung.

In der Schweiz ist in dieser Hinsicht zwischen der Pflicht zur Rechnungslegung und der Pflicht zur Rechnungsstellung zu unterscheiden: Im Rahmen der Pflicht zur Rechnungslegung ist aus den bereits angeführten Gründen ein enger Zusammenhang mit der Ablieferungsobligation gegeben. Die Verpflichtungen aus der Ablieferungsobligation sind denn auch von entscheidendem Einfluss auf die entsprechende Informationspflicht. So bestimmt die Ablieferungsobligation Folgendes: Was der Beauftragte bei der Auftragsausführung erlangt 1263, ist, �soweit nichts anderes vorgesehen ist, sofort nach Erwerb herauszugeben.� 1264 Daraus ergibt sich grundsätzlich eine Spontanpflicht zur Rechnungslegung des Beauftragten, da auch die rechtshistorische Untersuchung zeigt, dass sich �die Wendung �auf Verlangen� nur auf die Pflicht zur Rechenschaftsablegung und nicht auf die Ablieferungspflicht bezieht.� 1265 Entsprechend wäre insbesondere bei jeder Einnahme eine entsprechende Rechnung fällig. In diesem Zusammenhang kann jedoch � wie bei der Pflicht zur spontanen Endabrechnung 1266 � keine generelle Rechnungslegungsperiode festgestellt werden, wobei sich hier die Verzinsungspflicht als �Korrekturinstrument� anbietet. Die Verzinsungspflicht beginnt dabei ohne Mahnung, wobei generell im Zusammenhang mit der Ablieferungsobligation zu beachten ist, dass immer der gesamte Vermögensvorteil aus einer Mandatsführung dem Auftraggeber zukommen soll. 1267 Aus diesem Grund sind die allgemeinen Grundsätze der Verzinsung (Art. 400 Abs. 2 OR i.V.m. Art. 104 OR) als �Mindestmassstab� zu betrachten ,1268 da ohnehin jeglicher Vorteil herauszugeben ist.

Differenzierter präsentiert sich die Rechtslage in der Schweiz betreffend die Pflicht zur Rechnungsstellung: Grundsätzlich wird die Informationspflicht �Rechenschaft� als

1262 BGH in WM 1984 1164ff. (betreffend einer dauernden Beauftragung eines

Inkassounternehmens). 1263 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.3. 1264 BK-Fellmann, Art. 400 N 160 (Hervorhebung nur hier); BK-Weber, Art. 75 N 95. 1265 BK-Fellmann, Art. 400 N 158 i.V.m. N 6 (mit weiteren Hinweisen). Wie die

rechtshistorische Untersuchung gezeigt hat, wurde bereits unter dem PGB eine solche spontane Pflicht im Rahmen der Rechnungslegung anerkannt: Siehe dazu Kapitel 2.8.1.6 und 2.7.

1266 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.2.2. 1267 Siehe dazu Kapitel 3.3.2 und 3.3.3. 1268 Siehe dazu BK-Fellmann, Art. 400 N 167.

Page 307: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 261 -

eine Pflicht auf Verlangen qualifiziert. 1269 In der Rechtsprechung finden sich jedoch auch Ansätze einer spontanen Pflicht zur Zwischenabrechnung. So wurde etwa in einem etwas älteren Zürcher Entscheid im Falle eines Erbschaftsverwalters (Art. 554 ZGB) aus Art. 400 OR abgeleitet, dass der �Erbschaftsverwalter (...) während seiner Verwaltungstätigkeit mit den bereits bekannten Erben Kontakt aufnehmen, sie � nebst den jährlichen Berichten � auch laufend (...) informieren (...) [solle].� 1270 In rechtssystematischer Hinsicht deckt sich die Postulierung einer Spontanpflicht, gestützt auf Art. 400 OR, auch mit der älteren Lehre zum Recht des Handelsreisenden, soweit diese gewisse Pflichten aus Art. 400 OR abgeleitet hat: Dies ergibt sich daraus, dass eine Informationspflicht �sofort nach Ausführung eines jeden Geschäftes 1271 oder periodisch je nach den Gepflogenheiten der Firma des Geschäftsherrn� 1272 anerkannt wurde. 1273 Ebenfalls in rechtssystematischer Hinsicht ist hier auf jene Rechtsverhältnisse hinzuweisen, in denen (allenfalls aufgrund von spezifischeren Normen) eine eigentliche �Aufklärungspflicht� bezüglich des Vergütungsanspruchs und der Vorschusspflicht anerkannt ist (was bspw. auf den Anwaltsvertrag zutrifft) 1274: Die entsprechende Aufklärungspflicht über die Grundsätze der Rechnungsstellung umfasst grundsätzlich Informationen über �Vorschüsse, den Zeitpunkt der Rechnungsstellung, die Art des Honorars sowie allfällige Zahlungsfristen.� 1275 Die entsprechende Aufklärungspflicht über die Grundsätze der Rechnungsstellung trifft den Anwalt selbstredend bereits vor Vertragsabschluss 1276, wobei, gestützt auf Art. 12 lit. i BGFA und nicht gestützt auf Art. 400 OR 1277 , auch eine spontane 1278 und periodische Aufklärungspflicht über die Höhe des geschuldeten Honorars mitumfasst

1269 BK-Fellmann, Art. 400 N 66 (mit weiteren Hinweisen). 1270 OGer ZH in SJZ 1983 110 E. 2 [S. 112, linke Spalte, oben]. 1271 Dies entspricht der Pflicht zur sofortigen �Ausführungsanzeige�. 1272 So deutlich Kornmeier, 41. 1273 Für die Schweiz sei im Besonderen darauf hingewiesen, dass das Institut der

Ausführungsanzeige in der Lehre v.a. im Zusammenhang mit dem Bankvertragsrecht erläutert wird, wobei festgestellt wird, dass diese Pflicht die Rechenschaftspflicht nach Art. 400 OR nicht erfüllen könne, da zusätzlich eine eigentliche Abrechnungspflicht gefordert wird: Rüegg, 123f.

1274 Für den Anwaltsvertrag Testa, 232ff. 1275 Fellmann, Kommentar, Art. 12 N 157. Valloni/Steinegger, 48: �Bei einem Honorar nach

Stundenaufwand dürfte wohl auch die Angabe des Stundenansatzes dazuzuzählen sein.� 1276 Zum genauen Zeitpunkt: Testa, 233. 1277 Valloni/Steinegger, 49. 1278 Testa, 234 inkl. FN 1424, stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, dass die

entsprechende Information nur auf Verlangen geschuldet sei. Betreffend den Anforderungen aus einer Vorschussleistung: Testa, 237 (unter Hinweis auf das Handbuch, 216).

Page 308: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 262 -

ist. 1279 Nicht aus dem Wortlaut oder den Materialien zum BGFA ergibt sich jedoch, in welchen Intervallen eine entsprechende spontane Aufklärungspflicht zu erfüllen ist. In der Lehre bestehen hierzu unterschiedliche Ansichten, wobei sich das Intervall nur aufgrund der konkreten Sachverhaltselemente in jedem Einzelfall bestimmen lasse. Die Rede ist etwa von einer vierteljährlichen oder jährlichen spontanen Abrechnungspflicht. 1280 Zu ergänzen ist in diesem Kontext, dass eine anwaltsrechtliche Pflichtwidrigkeit vorliegt, wenn über mehrere Jahre keine Rechnung gestellt wird. 1281

Aus den vorangegangenen Erwägungen ergibt sich, dass eine Pflicht zur spontanen Zwischenabrechnung, nur gestützt auf spezialgesetzliche Rechtsgrundlagen, anerkannt ist. Demgegenüber kann eine entsprechende Pflicht zur spontanen Zwischenabrechnung im Sinne der Pflicht zur Rechnungsstellung, also nicht gestützt auf das allgemeine Auftragsrecht, abgeleitet werden.

3.7.3.4.2.5 Verjährung, Rechtsmissbrauch und Kosten Die Ansprüche aus Art. 400 OR verjähren zehn Jahre nach Beendigung des Auftragsvertrages. 1282 Vor diesem Hintergrund ist � die Aufforderung zur Spezifizierung betreffend � nicht a priori einzusehen, weshalb es bis zu diesem Zeitpunkt ein Fall von Rechtsmissbrauch sein soll, wenn entweder der Anspruch jahrelang nicht erhoben wurde oder eine Prüfung der summarischen Erfüllung der Rechenschaftspflicht erst nach langer Zeit erfolgt. 1283 Aus diesem Grund sollte der Rechtsmissbrauch nur sehr zurückhaltend angenommen werden. 1284 Allerdings wurde in der Rechtsprechung etwa ausgeführt, dass ein Begehren auf Spezifizierung der Rechnung nach drei Jahren gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstösst. Im entsprechenden Entscheid dringt aber die Meinung durch, dass anschliessend an diese

1279 Diese Pflicht kannten vor in Kraft treten des BGFA verschiedene kantonale

Anwaltsgesetze: Vgl. BBl 1999 VI 6058. 1280 Fellmann, Kommentar, Art. 12 N 171 (mit weiteren Hinweisen). 1281 Entscheid der AK SG vom 26.11.2003 (AW.2003.5-AWK), wiedergegeben in Fellmann,

Kommentar, Art. 12 N 171 FN 605. 1282 Art. 127 OR. OGer ZH in ZR 80 Nr. 24 E. 1 und die hL (Nachweise bei BK-Fellmann,

Art. 400 N 99 [mit weiteren Hinweisen]). 1283 Vgl. hierzu das KassGer ZH in SJZ 1955 189f., 190 (rechte Spalte) für Art. 400 OR (in

casu stand die Pflicht eines Verwaltungsrates in Rede, wobei Art. 400 OR als anwendbar erklärt worden ist).

1284 Siehe dazu auch die Bemerkungen bei BK-Fellmann, Art. 400 N 83 i.f. (mit Hinweisen auf die deutsche Kommentarliteratur).

Page 309: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 263 -

selbst gewählte und verschuldete Verspätung die weiteren Rechtsansprüche (Schadenersatz) wohl am Rechtsmissbrauchsverbot scheitern könnten. 1285

Der Beauftragte hat seine Arbeit zu dokumentieren. 1286 Die entsprechende schuldrechtliche Dokumentationspflicht dient dabei auch als Grundlage für die Abrechnungspflicht 1287, weshalb der Beauftragte seine Arbeit auch in dieser Hinsicht zu organisieren und dokumentieren hat. Der Beauftragte hat eine entsprechende Buchführung sicher zu stellen. 1288 Gestützt auf diese Grundlagen wird deutlich, dass die Kosten der Abrechnungspflicht grundsätzlich zulasten des Beauftragten gehen, was sowohl für die pauschale Abrechnungspflicht 1289 als auch die detaillierte Abrechnungspflicht 1290 zutrifft. 1291 Nach der Rechtsprechung 1292 ist der Bestand einer entsprechenden Pflicht auch dann zu bejahen, wenn der Auftraggeber die Informationen bereits besitzt, weshalb die Pflicht unter Umständen wiederholt zu erfüllen ist. 1293 In diesem Fall gehen die Kosten jedoch zulasten des Auftraggebers.

3.7.3.4.3 Form der Abrechnung Die Abrechnungspflicht hat letzten Endes die Erstellung einer Urkunde zum Zweck und hat deshalb in schriftlicher Form zu erfolgen. 1294 Fraglich ist, inwieweit die entsprechende Pflicht auch mündlich erfüllt werden kann. In dieser Frage ist zwischen (1) der Pflicht zur Rechnungslegung und (2) der Pflicht zur Rechnungsstellung zu unterscheiden:

(1) Aufgrund der Eigenart der Pflicht zur Rechnungslegung hat diese stets in schriftlicher Form zu erfolgen, da sich die Ergebnisse (insbesondere die Saldoziehung)

1285 RJV 1989 327 E. 3f/cc. Damit findet aber eine Vermischung von verschiedenen

Ansprüchen statt. 1286 Siehe dazu ausführlich Kapitel 3.2. 1287 Siehe dazu Kapitel 3.2.3. 1288 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.7.4. 1289 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.1. 1290 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.2. 1291 Hofstetter, 2000, 118. Für das Anwaltsrecht besonders deutlich: Testa, 201f. (unter

Hinweis auf die entsprechende Rechtsprechung). 1292 BGer in ZR 80 Nr. 24 E. 1. 1293 BGer in ZR 80 Nr. 24 E. 1. Nach Ansicht des BGer rechtfertigt sich diese Rechtslage v.a.

dann, wenn der Auftraggeber dem Beauftragten �umfassende und langfristige Befugnisse einräumt�. (Für den Bankvertrag hatte sich das BGer auf Bodmer/Kleiner/Lutz, Kommentar zum Bankengesetz, Zürich 1976, Art. 47 N 8, abgestützt). Grundsätzlich verneinend: BK-Fellmann, Art. 400 N 85 (mit Hinweis auf die deutsche Literatur).

1294 So auch das BGer in BGE 110 II 181ff., E. 2 (gestützt auf Hofstetter, 1979, 92). Ferner auch: BasK-Weber, Art. 400 N 7.

Page 310: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 264 -

nur auf diese Weise darstellen lassen. Selbstredend ist dies der Fall, wenn umfangreichere Transaktionen zu belegen sind.

(2) Demgegenüber ist im Bereich der Pflicht zur Rechnungsstellung zu differenzieren: Weil der Zweck der Abrechnung die Erstellung einer Urkunde ist, hat auch die erste Rechnungsstellung schriftlich zu erfolgen. Es bedarf in dieser Hinsicht nicht einer speziellen Aufforderung oder Anweisung seitens des Auftraggebers. Damit erscheint in diesem Bereich eine mündliche Rechnungsablegung zum Vornherein als rechtlich ungenügend. 1295 Damit wird der Grundsatz der Schriftlichkeit etwa dann nicht erfüllt, wenn ein Beauftragter �in seinem Büro anhand der Akten [mündlich] Rechnung ablegt.� 1296 Demgegenüber kann eine Spezifizierung der Pflicht zur Rechnungsstellung auch in mündlicher Form erfolgen, solange der Auftraggeber keine spezielle Anweisung für eine schriftliche Spezifizierung erteilt. Fordert der Auftraggeber eine schriftliche Spezifizierung, so muss ein Auftragnehmer die entsprechenden Details in schriftlicher Form nachreichen, auch wenn diese Informationen teilweise oder vollständig zuvor dem Auftraggeber mündlich dargelegt wurden. In diesem Sinne besteht die Abrechnungspflicht solange � und ist erst dann vollständig erfüllt �, bis eine in schriftlicher Form, den zeitlichen und inhaltlichen Erfordernissen (Spezifikationspflicht) genügende Abrechnung dem Auftraggeber übergeben 1297 worden ist.

3.7.3.4.4 Zweck der Abrechnungspflicht und speziell der Zweck der Rechnung

3.7.3.4.4.1 Vorbemerkungen Wie bereits ausgeführt wurde, besteht die Abrechnungspflicht aus der Pflicht zur Rechnungslegung und aus der Pflicht zur Rechnungsstellung. 1298

Der Zweck der Pflicht zur Rechnungslegung besteht darin, dass die Ablieferungsobligation vorbereitet und dokumentiert wird. Die Rechnungslegungspflicht gibt demzufolge Auskunft über den Bereich der Mandatsführung, welcher mit den Ein- und Ausgaben verbunden ist (inkl.

1295 Anderer Meinung Bachtler, 314. Die Frage wird offen gelassen von Höchli, 118. 1296 AKE 90218 vom 6.12.1990 und AKE 940209 vom 1.12.1994. So bereits schon LGVE

1963 I Nr. 220 = SJZ 1966 127 (gestützt auf BK-Gautschi, Art. 400 N 27c). 1297 BasK-Weber, Art. 400 N 7: �Zur Erfüllung der Abrechnungspflicht gehört auch die

Übergabe der Honorarrechnung.� LGVE 1963 I Nr. 220 = SJZ 1966 127 (gestützt auf BK-Gautschi, Art. 400 N 28).

1298 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.1.2.

Page 311: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 265 -

Saldoziehung). 1299 Dabei ist diese Pflicht auf die Ablieferungsobligation fixiert und durch sie bestimmt, weshalb kein weiteres besonderes Interesse des Auftraggebers zu begründen ist. 1300 Wie bereits ausgeführt wurde, handelt es sich um eine eigentliche Berichtspflicht mit klarem Inhalt, welche dem Auftraggeber ein beschränktes Kontrollrecht zugesteht. 1301

Einleitend zur Informationspflicht gemäss Art. 400 Abs. 1 OR wurde ausgeführt, dass mit der Pflicht zur Rechnungsstellung lediglich ein spezifisches Interesse bedient wird, welches im Zusammenhang mit einer bestimmten Zuständigkeit des Auftraggebers steht: 1302 Als Zweck der Rechnung und damit der Rechnungsstellungspflicht soll gemäss Lehre und Rechtsprechung die Überprüfbarkeit der Angemessenheit der Honorarforderung ermöglicht werden. 1303 Aufgrund dieser Zwecksetzung (nachfolgende Kapitel 3.7.3.4.4.2 und 3.7.3.4.4.3) sind die inhaltlichen Anforderungen an die Pflicht zur Rechnungsstellung zu formulieren (Kapitel 3.7.3.4.5), da der genannte Zweck die eigentliche Grundlage der Pflicht zur Rechnungsstellung ist. 1304

3.7.3.4.4.2 Überprüfbarkeit der Rechnung Als erste Anforderung an die Abrechnungspflicht wird die Überprüfbarkeit der Rechnung resp. der Honorarnote genannt. Dieser Aspekt hat sowohl bei der Pflicht zur Rechnungslegung als auch bei der Pflicht zur Rechnungsstellung eine Bedeutung.

Bei dem Kriterium der Überprüfbarkeit stellt sich vorerst die Frage, auf welche Tatsachen sich eine �Überprüfung� überhaupt beziehen soll. Die erste Feststellung ist dabei, dass sich die Überprüfbarkeit nur auf die Angemessenheit bezieht, weshalb von vornherein eine zentrale Einschränkung hingenommen wird: Es sollen etwa nicht die Vertragsausführung als solche oder gar einzelne Details der Auftragsausführung kontrolliert, sondern bloss die Angemessenheit des Honorars überprüft werden. Damit wird bereits in der Anlage eine deutliche Unschärfe (resp. eine Einschränkung in der Überprüfbarkeit) in Kauf genommen. Überprüft werden sollen offenbar weder einzelne Leistungen oder gar die Details der Leistungen (z.B. Vorgehensweise etc.)

1299 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.1.2. 1300 Siehe dazu auch Kapitel 3.3.2, 3.3.3 und 3.7.1. 1301 Siehe dazu insbesondere die nachfolgenden Ausführungen zu Kapitel 3.7.3.4.4.2. 1302 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.1.1. 1303 Statt vieler neuerdings ZR 99 Nr. 50 E. 1. Aus der Lehre an Stelle vieler: BK-Fellmann,

Art. 400 N 50. 1304 So auch Testa, 201.

Page 312: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 266 -

noch die Richtigkeit 1305 der einzelnen Leistung, sondern nur die Angemessenheit der ganzen Leistungserbringung. Entsprechend ist nicht die Leistung als solche im Fokus dieser Verpflichtung des Beauftragten, sondern nur ihr Verhältnis zu einer konkreten Vergütung. Eine �prüfbare Rechnung� 1306 untersucht damit nicht die Leistung an sich, sondern setzt sie lediglich in eine Beziehung zu einer Vergütung. Dabei gibt die Umschreibung der zugestandenen Überprüfbarkeit durch den Auftraggeber den Ansatz wieder, dass eine deutliche Fokussierung auf die Gesamtleistung oder auf Untergruppen von Leistungen erfolgt. 1307

Diese Darstellung des Kriteriums �Überprüfbarkeit� stimmt auch mit den Ergebnissen in der vorliegenden Arbeit überein: Die Überprüfbarkeit impliziert einen möglichen Kontroll- und Überwachungsgedanken, wodurch ein in der Tendenz weites Informationsrecht gefordert wird. Die Ausführungen im systematischen Teil der vorliegenden Arbeit haben aber ergeben, dass im Gegensatz zum Arbeitsvertragsrecht und im Gegensatz zum Personengesellschaftsrecht im Mandatsrecht gerade kein allgemeines Kontrollrecht besteht. 1308 Die entsprechende Beschränkung der �Kontrolle� im Mandatsrecht beansprucht ihre Gültigkeit sowohl im Zusammenhang mit dem Weisungsrecht des Auftraggebers, welches die zukünftige Gestaltung des Mandats betrifft, als auch im Zusammenhang mit der Abrechnungspflicht, welche die vergangene Geschäftsführung thematisiert. Es kann deshalb bei der inhaltlichen Definition der Anforderung �Überprüfbarkeit� im Rahmen einer Pflicht zur Rechnungsstellung nicht um die Einrichtung einer eigentlichen nachgeschalteten Kontrolle gehen, da dies der Eigenart des Auftragsrecht widerspricht. Entsprechend kann eine Überprüfung (da nur die blosse Angemessenheit in Rede steht) nicht so weit reichen, dass die arbeitsteilige Organisation des Auftrages und damit der zugestandene Autonomiebereich des Auftragnehmers in der Phase der Rechnungsstellung wieder negiert werden. Die Anerkennung und Aufrechterhaltung eines Freibereichs des Auftragnehmers 1309 ist in systematischer Hinsicht entsprechend auch im Bereich der Abrechnungspflicht sicherzustellen. Den entsprechenden Überlegungen ist deshalb bei der Ausgestaltung der Pflicht zur Rechnungsstellung Beachtung zu schenken. Die Überprüfbarkeit wird nur insoweit indirekt zur Grundlage eines Kontrollrechts, als die

1305 Betreffend der Richtigkeit der aufgeführten Tatsachen: Siehe sogleich unten. 1306 So die Formulierung von BK-Fellmann, Art. 400 N 50. 1307 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.2. 1308 Siehe dazu Kapitel 3.5 und 3.7.2. 1309 Siehe dazu Kapitel 3.2.3, 3.3.3.4.4 und 3.4.3.

Page 313: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 267 -

Pflicht zur Rechnungsstellung die Darstellung entsprechender Informationen verlangt. Dabei beantwortet die Frage der Spezifizierungspflicht, wie konkret und detailliert die Leistung in der Rechnung aufzuschlüsseln ist. 1310 Abschliessend kann auch angeführt werden, dass die Tatsache des Vertrauensverhältnisses 1311 zwischen den Vertragsparteien auch im Rahmen der Abrechnungspflicht seine Wirkung entfalten soll, zumal einzig die Frage der Angemessenheit des Honorars zu überprüfen ist.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Überprüfbarkeit der Rechnung keine (nachgelagerte) Kontrolle über die Auftragsausführung bewirkt. Dieser Grundgedanke des Zwecks der Rechnung ist zu beachten, wenn die Anforderungen an die Spezifizierungspflicht formuliert werden. Diese Aussagen haben für das gesamte allgemeine Mandatsrecht Bedeutung.

3.7.3.4.4.3 Angemessenheit der Rechnung (resp. der Honorarforderung) Als zweite Anforderung an die Abrechnungspflicht wird die Angemessenheit der Rechnung genannt. Der eigentliche Hauptanwendungsbereich der Überprüfung der Angemessenheit ist der Vergütungsanspruch im Rahmen der Pflicht zur Rechnungsstellung (inkl. Verwendungsersatzrecht). Bei der Frage der Angemessenheit handelt es sich um die letzten Endes unlösbare Frage der Äquivalenz von sich gegenüberstehenden Leistungen (Leistung und Gegenleistung), wie sie sich allgemein im Vertragsrecht stellt: Welcher Preis ist für eine bestimmte Leistung (gerade noch) gerechtfertigt (iustum pretium)?

Ausgangspunkt der Betrachtung ist, dass die Frage der Vertragsgerechtigkeit nicht eine Frage aus dem Bereich von Art. 394 � 405 OR ist, sondern dass es sich dabei um eine Frage des Allgemeinen Teils des Schuldrechts handelt. Nach dem Konzept der Vertragsgerechtigkeit ist im Vertragsrecht die Idee eines Ausgleichs von Leistungen immanent. In der Rechtsprechung zum Auftragsrecht finden sich einige Beispiele, in denen in dieser Hinsicht der Gedanke der Vertragsgerechtigkeit aufgegriffen und thematisiert wurde: Im Rahmen eines Auftrages zur Ausarbeitung eines Gutachtens wurde ausgeführt, dass � wenn die Vergütungshöhe nach allgemeinen Grundsätzen bestimmt werden muss � � [immer] dazu gehört, dass die Vergütung den geleisteten Diensten entsprechen, ihnen objektiv angemessen sein muss.� 1312 Im Rahmen eines

1310 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.2. 1311 Zur Einfluss von �Vertrauen�: Siehe dazu Kapitel 3.6. 1312 BGE 101 II 109ff., E. 2. Siehe dazu auch Kapitel 3.7.3.4.4.1.

Page 314: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 268 -

Entscheides zum Arztvertragsrecht hat das Bundesgericht 1313 festgestellt, dass �dem Wesen des entgeltlichen Auftrages als einem gegenseitigen Rechtsgeschäft die annähernde Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung� entspricht. Eine besondere Bedeutung erlangen in diesem Bereich auch die Ausführungen des Zürcher Obergerichtes aus dem Bereich des Anwaltsrechts: �Es ist ständige, jahrzehntelang geübte und vom Obergericht und Bundesgericht geschützte Praxis der Gebührenkommission, Willensvollstrecker-Honorare ungeachtet ihrer Berechnungsgrundlage durch die Anzahl der aufgewendeten (...) Stunden zu teilen und den so errechneten Stundenansatz auf seine Angemessenheit hin zu überprüfen.� 1314

Aus diesen Erwägungen ergibt sich zum einen, dass der Gedanke der Vertragsgerechtigkeit im Auftragsvertrag als einem Interessenwahrungsvertrag in der gleichen Weise wie bei den (übrigen) Austauschverträgen mit Interessengegensätzlichkeitscharakter anerkannt und verwirklicht werden soll. Daraus folgt, dass der Beauftragte, gestützt auf die Tatsache, dass der Auftrag eine Interessenwahrungspflicht kennt, in dieser Hinsicht keiner stärkeren Verpflichtung unterworfen ist als eine andere Vertragspartei in einem anderen zweiseitigen Rechtsverhältnis. Aus dem Interessenwahrungsgrundsatz darf insbesondere keine höhere Begründungspflicht des Beauftragten im Vergleich zu anderen Vertragsverhältnissen abgeleitet werden. Zum anderen zeigen die entsprechenden Erwägungen aus der Rechtsprechung, dass in der Tendenz eine �Globalüberprüfung� vorgenommen wird: Diese Art der Angemessenheitsprüfung will eine Überprüfung auf eigentliche �Ermessensfehler� einschränken. Gerade die Rechtsprechung zum Anwaltsrecht zeigt deutlich, dass der Beauftragte auf eine gewisse Verhältnismässigkeit verpflichtet werden soll und damit eigentliche �Extremfälle� gemassregelt werden sollen. 1315 Dies zeigt sich grundsätzlich auch bei der Festlegung der Vergütung aufgrund der Üblichkeit: �Bei der Honorarfestlegung hat der Beauftragte einen gewissen Ermessensspielraum; ein richterliches Eingreifen ist nur geboten, wenn ein Missverhältnis zwischen dem Wert der Leistung und dem Honorar besteht.� 1316 Damit wird das Element des Ermessens auch in die Pflicht zur Rechnungsstellung hineingetragen, was eine �Unschärfe� an sich bedeutet. Dieses

1313 BGE 82 IV 145ff., E. 2. 1314 ZR 94 Nr. 64 E. 3c. 1315 ZR 94 Nr. 64 E. 3c und 3d: Prozenthonorarabrede bei einem anwaltlichen

Willensvollstreckermandat betreffend eines Nachlasses im Wert von CHF 400 Mio. 1316 BasK-Weber, Art. 394 N 39.

Page 315: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 269 -

zugestandene Ermessen ergibt sich auch aus den typischerweise angeführten Kriterienkatalogen zur Bestimmung der Angemessenheit. 1317 Die Frage der Angemessenheit wird auch im Bereich des Auslagen- und Verwendungsersatzrechtes gemäss Art. 402 OR als einem Bereich der Pflicht zur Rechnungsstellung diskutiert, wobei die Frage der Angemessenheit mit dem Begriff der Notwendigkeit und der Verhältnismässigkeit beantwortet wird. 1318

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Angemessenheit der Rechnung keine (nachgelagerte) Kontrolle über die Auftragsausführung einführt. Es handelt sich dabei um einen Grundsatz, welcher im gesamten Mandatsrecht Anwendung findet. Dem ist Rechnung zu tragen, wenn die Anforderungen an die Spezifizierungspflicht formuliert werden.

3.7.3.4.5 Inhalt der Abrechnungspflicht (Gegenstand der Rechnung) Nachdem im vorangehenden Abschnitt der Zweckgedanke der Abrechnung (insbesondere im Zusammenhang mit der Pflicht zur Rechnungsstellung) dargestellt worden ist, ist an dieser Stelle der konkrete Inhalt der Abrechnungspflicht zu erarbeiten. Dabei sind die Erkenntnisse aus dem Abschnitt über den Zweck der Rechnung zu berücksichtigen, wie sie als Anforderungen aus dem allgemeinen Mandatsrecht formuliert wurden. 1319 Bei der Inhaltsbestimmung der Abrechnungspflicht kommt dem Anwaltsrecht eine zentrale Rolle zu, da sich insbesondere die Rechtsprechung intensiv mit der entsprechenden Rechtslage auseinander setzte. 1320 Nachfolgend ist deshalb insbesondere auch die Verallgemeinerungsfähigkeit der entsprechenden Aussagen zu beantworten.

Nachfolgend wird in einem ersten Teil der Inhalt der Abrechnungspflicht im Zusammenhang mit dem Vergütungsanspruch (Pflicht zur Rechnungsstellung) dargestellt (Kapitel 3.7.3.4.5), wobei jeweils ergänzende Hinweise auf die Pflicht zur Rechnungslegung erfolgen. Nachfolgend wird der Inhalt der Abrechnungspflicht im Zusammenhang mit dem Auslagen- und Verwendungsersatzrecht dargestellt (Kapitel 3.7.3.4.6).

1317 BGE 101 II 109ff., E. 2 (gestützt auf BGE 78 II 123ff., E.2). 1318 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.6.2. 1319 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.4. 1320 Hinsichtlich der Rechtsgrundlagen ist zu beachten, dass aus der Aufklärungspflicht in Art.

12 lit. i BGFA keine Pflicht für eine detaillierte Rechnungslegung resp. Rechnungsstellung abgeleitet werden kann: Fellmann, Kommentar, Art. 12 N 172.

Page 316: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 270 -

3.7.3.4.5.1 Inhalt der ersten Abrechnung

3.7.3.4.5.1.1 Anwendungsbereich einer ersten (pauschalen) Abrechnung

�Die gesetzliche Pflicht, dem Klienten auf erstes Verlangen Rechnung abzulegen, bedeutet, dass der Anwalt sobald als möglich und zweckmässig abzurechnen hat.� 1321 In einem Entscheid der Aufsichtskommission 1322 wurde zudem entschieden, dass es für die Pflichterfüllung unerheblich sei, zu wessen Gunsten der Saldo lautet. 1323 In der Lehre wird die Meinung vertreten, dass es in der Mehrzahl der Fälle 1324 einer detaillierten Abrechnung gar nicht erst bedarf, da der Auftraggeber keine solche verlangt. 1325 Die Erwartungshaltung des Auftraggebers gehe dahin, dass �(...) in der Regel der Klient vorerst an einer detaillierten Rechnung gar nicht interessiert [sei].� 1326 Diese tatsächliche Erfahrung 1327 wird in der Praxis in der Weise berücksichtigt, als zwischen verschiedenen Stufen bei der Abrechnungspflicht zu unterscheiden ist. Nach ständiger Rechtsprechung der Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte des Kantons Zürich ist es anwaltsrechtlich zulässig und damit unter § 12 Abs. 2 AnwG/ZH rechtsgenügend, wenn der Rechtsanwalt grundsätzlich zunächst eine nicht spezifizierte Abrechnung übergibt. 1328 Eine entsprechende Rechtslage ergibt sich auch für das allgemeine Auftragsrecht, weshalb jeder Beauftragte grundsätzlich vorerst einmal eine unspezifizierte Abrechnung vorlegen kann, um seiner Pflicht gemäss Art. 400 Abs. 1 OR zu genügen. 1329 Entsprechend dieser Praxis enthält eine solche erste, nicht spezifizierte Rechnung beim entgeltlichen Mandat in inhaltlicher Hinsicht als Mindestbestandteile typischerweise zwei Positionen: Als Minimalstandard wird zum einen die Vergütung und zum anderen die Aufwendung gefordert. 1330 Bei

1321 Testa, 204, gestützt auf: ZR 89 Nr. 52, AKE 970536 vom 4.12.1997 und AKE 980659

vom 5.11.1998. Siehe dazu ausführlich Testa, 205ff. 1322 AKE 142/88 vom 2.11.1988 bei Späh, 404. 1323 Dies ist insbesondere bei Vorschüssen und Anzahlungen zu beachten: ZR 94 Nr. 64 E. 3b. 1324 Zum Bestand der Abrechnungspflicht: Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.2. 1325 Umbricht, 32, vertritt für den Bereich des Anwaltsvertrages die Meinung, dass eine

�Detaillierung einer Honorarnote höchstens in einem Prozent aller Fälle erforderlich ist.� 1326 So deutlich Höchli, 118. 1327 Testa, 200, führt aus seiner Praxiserfahrung an, dass dies v.a. bei Klienten der Fall sei, mit

welchen ein Vertrauensverhältnis aufgrund lange andauernder vertraglicher Beziehung besteht.

1328 ZR 79 Nr. 62 E. 3 (ausdrücklich bestätigt in ZR 89 Nr. 52 E. a) aa) und ZR 99 Nr. 50 E. 1). Aus der Lehre: Höchli, 118; Umbricht, 33; Fellmann, Kommentar, Art. 12 N 172.

1329 ZR 79 Nr. 62 E. 3 (ausdrücklich bestätigt in ZR 89 Nr. 52 E. a) aa) und ZR 99 Nr. 50 E. 1).

1330 ZR 90 Nr. 50 E. 2 (Mit dem Zusatz, dass die Mehrwertsteuer getrennt auszuweisen ist, auch in einem Fall, in dem der Leistungsempfänger klarerweise nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist: Umbricht, 32).

Page 317: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 271 -

unentgeltlichen Aufträgen verändert sich der Umfang entsprechend: �Die Pflicht zur Rechnungsstellung entfällt, wenn der Anwalt gegenüber dem Klienten ausdrücklich auf jegliches Honorar verzichtet.� 1331 Nach richtiger Betrachtung sollte dies jedoch nur für Aufträge gelten, bei denen die Abrede der Unentgeltlichkeit zu Beginn vereinbart worden ist. 1332 Weiter ist, die Aufwendung betreffend, darauf hinzuweisen, dass hier � im Gegensatz zur Vergütung � kein Totalbetrag ausgewiesen werden darf. Dies folgt aus dem Zweck der Rechnung im Bereich der Aufwendungen. 1333

Wie aus den Ausführungen deutlich wird, handelt es sich dabei um die Anforderungen und Möglichkeiten, welche im Zusammenhang mit der Pflicht zur Rechnungsstellung stehen. Im Bereich der Pflicht zur Rechnungslegung besteht eine abweichende Rechtslage, wie sich bereits aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum allgemeinen Mandatsrecht ergibt: Im Zusammenhang mit dem Entscheid der Vorinstanz wird das Verhältnis der verschiedenen Arten der Abrechnungspflicht bezüglich der Pflicht zur Rechnungslegung deutlich darstellt: �Die Verpflichtung (...) verlangt vom Beauftragten vorerst, eine vollständige und detaillierte schriftliche Abrechnung zu erstatten.� 1334 Aus den weiteren Ausführungen des Entscheides lässt sich ableiten, dass die oben zitierte Aussage ausdrücken will, dass vorerst auch eine spezifizierte, aber (noch) unbelegte (d.h. nicht mit Belegen und anderen Dokumenten versehene) 1335 Rechnungslegung ausreichend ist. Dementsprechend ist also im Falle der Pflicht zur Rechnungslegung zwischen den beiden folgenden Stufen der Abrechnungsformen zu unterscheiden: Zum einen die spezifizierte Rechnungslegung und zum anderen die spezifizierte und belegte Rechnungslegung. 1336 Soweit die Pflicht zur Rechnungsstellung betroffen ist, kann nichts Gegenteiliges zu den Aussagen im letzten Abschnitt abgeleitet werden: Wie die entsprechende prozessuale Vorgeschichte 1337 zeigt, wurde in casu bereits einer pauschalen Pflicht zur Rechnungsstellung nachgekommen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass grundsätzlich eine allgemeine Möglichkeit einer ersten pauschalen Abrechnung besteht, soweit damit die Pflicht zur

1331 Testa, 200; Umricht, 32. Dies ergibt sich auch aus AKE 980667 vom 1.12.1998. 1332 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.2. 1333 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.6.3. 1334 BGE 110 II 181ff., E. 2. 1335 Zur Belegspflicht: Siehe Kapitel 3.7.3.4.7. 1336 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.7.2 und 3.7.3.4.7.4. 1337 Publiziert in ZR 83 Nr. 59 E. IV. 5d.

Page 318: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 272 -

Rechnungsstellung betroffen ist. Es ist jedoch dem Mandanten selbstredend unbenommen, bereits während des Vertrages (Zwischenabrechnung) 1338 oder sogleich nach Beendigung des Vertrages das Begehren nach einer spezifizierten Rechnung zu stellen. 1339 Der Beauftragte hat der jeweiligen Anweisung Folge zu leisten und allenfalls sogleich eine spezifizierte Rechnung vorzulegen. Demgegenüber ist im Bereich der Pflicht zur Rechnungslegung sogleich eine spezifizierte Abrechnung vorzulegen.

3.7.3.4.5.1.2 Ausnahmefall:Abrechnungspflicht bei �zerstörtem� Vertrauen

In der Praxis wird die Möglichkeit der pauschalen Abrechnung vor allem unter der Bedingung zugelassen, dass �ein solides Vertrauensverhältnis besteht.� 1340 Damit wird die Stufe der Abrechnungspflicht etwa vom konkret vorliegenden Beendigungsgrund des Auftrags beeinflusst: Wurde das Vertragsverhältnis beendet, weil in einem konkreten Fall die Vertrauensgrundlage einer auftragsrechtlichen Beziehung nicht mehr gegeben war, so besteht entsprechend den obigen Ausführungen die Möglichkeit einer (vorerst) pauschalen Rechnungsstellungspflicht nicht. Damit ist gewissermassen die Ursache für die Abrechnung (einfache Erfüllung oder Beendigung im Sinne von Art. 404 OR) dafür entscheidend, ob eine pauschale oder spezifizierte Pflicht zur Rechnungsstellung vorliegt. Die entsprechende Grundlage für eine pauschale Rechnungsstellung ist etwa auch entzogen, wenn sich bereits aus Umständen während des Bestandes des Mandatsverhältnisses Zweifel über ein bestehendes Vertrauensverhältnis zeigen. 1341 Im Bereich der Pflicht zur Rechnungsstellung wirkt sich demnach mangelndes (oder geschwundenes) Vertrauen in der Weise aus, dass die �Wohltat� einer bloss pauschalen Informationspflicht entfällt.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang jedoch auch die Feststellung, dass die Unzulässigkeit einer pauschalen Rechnungsstellung und damit das mangelnde Vertrauen zwischen den Vertragsparteien nicht dazu führen, dass die entsprechende (spezifizierte) Abrechnungspflicht inhaltlich umfassender definiert wird. 1342 Dies ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass es sich bei dieser Informationspflicht um ein Standardprogramm (eine Berichtspflicht) handelt, welches in ganz grundsätzlicher 1338 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.2.3. 1339 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.2. 1340 Testa, 200. Zur grundsätzlichen Bedeutung der Vertrauensbeziehung im Mandatsrecht:

Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.6. 1341 Siehe diesbezüglich etwa einen Sachverhalt, wie er in ZR 83 Nr. 59 wiedergegeben ist. 1342 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.2.

Page 319: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 273 -

Weise von solchen zwischenparteilichen Umständen abstrahiert und damit davon unabhängig ist. In welchem Umfang (Inhalt) eine spezifizierte Rechnungsstellungspflicht im Sinne der Abrechnungspflicht gemäss Art. 400 OR besteht, wird in den nachfolgenden Abschnitten gesondert dargestellt.

3.7.3.4.5.1.3 Möglichkeit der Begrenzung auf eine pauschale Abrechnung

In der Folge ist die Anschlussfrage zu untersuchen, in welchen Fällen eine Möglichkeit der Begrenzung auf eine pauschale Abrechnung (Pflicht zur Rechnungsstellung) besteht. In diesem Zusammenhang sind die Fragen im Zusammenhang mit dem vorausgehenden und dem nachträglichen Verzicht zu beantworten:

Der Vorausverzicht auf die spezifizierte Rechnungsstellung verstösst gegen Art. 400 OR. Die Ratio der entsprechenden Norm ist, dass �[E]ine Überprüfung der Angemessenheit eines vereinbarten Honorars nur möglich ist, wenn der Anwalt die erforderliche Substantiierung erbringt.� 1343 Ein neuerer Entscheid der Aufsichtskommission 1344 befasst sich in diesem Zusammenhang mit der Zulässigkeit der Beschränkung der Spezifizierungspflicht, welche in einem Vollmachtsformular enthalten war. Die Formulierung lautete: �Wenn der Auftraggeber eine Detaillierung der Honorarrechnung verlangt, so anerkennt der Auftraggeber ausdrücklich, dass sich der Beauftragte darauf beschränken kann, die gesamthaft aufgewendete Zeit anzugeben und die Tätigkeit stichwortartig aufzuführen; Dies gilt nur, soweit die Abrechnung nicht aufgrund des Streitwerts erfolgt.� Es wurde dabei festgehalten, dass es sich dabei (je nach anwendbarer Honorarbemessungsmethode) um einen Vorausverzicht auf die Spezifizierungspflicht handelt, wodurch der Mandant auf einen wesentlichen Teil der Abrechnungspflicht verzichtet. Der Entscheid stellt in diesem Zusammenhang klar, dass diese Abrede sowohl gegen Anwaltsrecht (Berufsrecht im Sinne von § 12 Abs. 2 AnwG/ZH) als auch gegen die schuldrechtliche Pflicht zur Rechnungsstellung (im Sinne von Art. 400 OR) verstösst. Der Auftraggeber verzichtet nämlich dabei auf eine Rechtsposition, bevor er die Folgen dieses Vorausverzichts abschätzen kann, womit er sich jeder Überprüfungsmöglichkeit berauben würde. 1345

1343 ZR 91 Nr. 72 E. 1. 1344 ZR 97 Nr. 50 E. 2.3. Entscheid am 8. 5. 1998 vom BGer bestätigt. Vgl.: SJZ 1998 300ff. 1345 Testa, 200. In BGE 132 III 460, E. 4.2 und 4.3 wird demgegenüber die Gültigkeit einer

Verzichtsvereinbarung postuliert, wobei die entsprechenden Anforderungen im Einzelfall schwierig zu ermitteln sind (wie der zu beurteilende Fall gezeigt hat).

Page 320: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 274 -

Die Aufsichtskommission der Zürcher Rechtsanwälte hat in ZR 91 Nr. 72 E. 1 entschieden, dass schuldrechtlich und anwaltsrechtlich ein Verzicht auf Spezifizierung nur dann Geltung erlangt, wenn der Verzicht nachträglich erfolgt. 1346 Wie sich aus den Ausführungen zum Vorausverzicht ergibt, bedeutet �nachträglich� nachfolgend auf die erste, pauschale Rechnungsstellung. Dabei ist erforderlich, dass der nachträgliche Verzicht explizit erfolgen muss. Ein Verzicht aus einer umfangreichen Korrespondenz gilt auch dann nicht als erklärt, wenn bloss einzelne (wenige) Briefe näheren Aufschluss fordern. 1347 Ein nachträglicher Verzicht kann auch nicht etwa aus dem Umstand abgeleitet werden, dass sich der Auftraggeber vorerst mit einer ersten zusammenfassenden Rechnungsstellung begnügt. Die Spezifizierungspflicht ist in solchen Fällen nur aufgeschoben und der Beauftragte ist �von der Detaillierungspflicht bis zum Eintreffen einer anders lautenden Weisung entbunden.� 1348 Es ist dem Auftraggeber unbenommen, weitere Aufschlüsse zu verlangen, sei dies die Spezifizierung bezüglich einzelner Rechnungsposten oder sei dies die Spezifizierung bezüglich der ganzen Rechnung. In diesen Fällen liegt es allein im Ermessen des Auftraggebers, ob und für welche Positionen Aufschluss verlangt wird, da seine Motive unbeachtlich sind. 1349 In zeitlicher Hinsicht ist zu beachten, dass in diesen Fällen im Anwaltsrecht ein grundsätzlich strenger Massstab angelegt wird, innert welchem Zeitraum die spezifizierte Rechnung nachzureichen ist. 1350 Die solchermassen �aufgeschobene� Spezifizierungspflicht besteht in zeitlicher Hinsicht so lange, bis die Abrechnungspflicht vollständig erfüllt 1351 wurde oder die Verjährung 1352 eintritt.

3.7.3.4.5.2 Inhalt der Pflicht zur sog. spezifizierten Abrechnung

3.7.3.4.5.2.1 Vorbemerkung

Im Folgenden wird dargestellt, wie die spezifizierte Abrechnung im Einzelnen zu umschreiben ist. Dabei sind insbesondere die Ausführungen zum Zweck der Rechnung 1346 ZR 101 Nr. 26 E. III/3.1. 1347 ZR 83 Nr. 59 E. IV. 5d. 1348 Hofstetter, 2000, 118: Der Beauftragte ist �nur solange von ihr entbunden, als der

Auftraggeber nicht Rechenschaft im Einzelnen verlangt.� 1349 Besonders deutlich: ZR 83 Nr. 59 E. IV. 5d [S. 151, rechte Spalte]. 1350 ZR 79 Nr. 62 E. 3 und ausdrücklich bestätigt in ZR 89 Nr. 52 E. a) aa). Es ist allerdings zu

beachten, dass die zeitlichen Anforderungen an die Vorlegung einer spezifizierten Rechnung aus dem Bereich des Anwaltsrechts nicht verallgemeinerungsfähig sind. Zum Anwaltsrecht ausführlich: Testa, 205ff.

1351 Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.7.3.4.5.2 und 3.7.3.4.7. 1352 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.2.5.

Page 321: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 275 -

von Bedeutung, 1353 da das Postulat der Überprüfbarkeit der Angemessenheit der Rechnung grundsätzlich 1354 in jedem Auftragsvertrag Gültigkeit hat und damit stets zu beachten ist. Nach der hier vertretenen Ansicht besteht im allgemeinen Auftragsrecht jedoch eine gewichtige Ausnahme bei der Vereinbarung von sog. pauschalen Vergütungsformen. 1355

Im Zusammenhang mit der Spezifizierungspflicht ist der deutliche Einfluss des Anwaltsrechts zu erkennen, weshalb hier die Frage zu beantworten ist, ob die im Anwaltsrecht aufgestellten Massstäbe auch im allgemeinen Mandatsrecht Geltung beanspruchen können (Frage der Verallgemeinerungsfähigkeit 1356). Ebenfalls ist die Frage zu untersuchen, welchen Einfluss die Art der Vergütung (Vergütungsform 1357) auf den Inhalt der Spezifizierungspflicht hat. 1358

3.7.3.4.5.2.2 Entwicklungen am Beispiel des Anwaltsrechts

Die Spezifizierungspflicht bei der Rechnungsstellung ist im Bereich des Anwaltsvertragsrechts ein zentrales Thema, weshalb eine entsprechende Rechtsentwicklung gerade in diesem Bereich besonders deutlich auszumachen ist. Entsprechend der Häufigkeit der vereinbarten Vergütungsformen wird die Entwicklung nachfolgend grundsätzlich am Beispiel des Zeithonorars dargestellt. 1359 Die Darstellung der Spezifizierungspflicht im Rahmen des Auslagen- und Aufwendungsersatzrechts erfolgt in einem separaten Abschnitt. 1360 In der Folge sollen die wichtigsten Entwicklungsschritte dokumentiert und kommentiert werden, welche im Zusammenhang mit der Spezifizierungspflicht festzustellen sind:

Als Ausgangspunkt der entsprechenden Entwicklung einer Spezifizierungspflicht kann etwa ZR 55 Nr. 177 [S. 375] herangezogen werden, welcher sich allerdings noch sehr unbestimmt zur entsprechenden Thematik äussert: Im genannten Entscheid wurde noch die Meinung vertreten, dass es auch unter dem Gesichtspunkt der

1353 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.4. 1354 In AKE 980667 vom 3.12.1998 hat die Aufsichtskommission allerdings entschieden, dass

die Pflicht zur Rechnungsstellung gänzlich entfällt, wenn der Anwalt gegenüber dem Klienten ausdrücklich auf jegliche Honorierung verzichtet (zitiert nach Testa, 200). Siehe dazu aber Kapitel 1.3.2 und 3.7.3.2.1.

1355 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.2.5 und 3.7.3.4.5.2.4. 1356 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.2.3. 1357 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.2.4. 1358 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.2.4. 1359 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.2.5.3. 1360 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.6.

Page 322: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 276 -

Spezifizierungspflicht ausreichend sei, wenn im Falle der Führung eines Prozesses das Honorar als eine Gesamtgebühr in Rechnung gestellt werde. Dabei brauche der so ermittelte Betrag nicht auf einzelne Bemühungen für diesen Prozess aufgeteilt zu werden. Dies wurde auch insbesondere damit begründet, dass die anwendbare obergerichtliche Gebührenordnung für Rechtsanwälte in diesem Falle eine Gesamtgebühr vorsah. Die Gebührenordnung wurde dabei als Ausdruck und Orientierungspunkt dessen angesehen, was Art. 400 Abs. 1 OR bezüglich des Inhaltes (Gegenstand und Umfang) der Abrechnung offenlässt. 1361 Noch in LGVE 1971 I Nr. 121 [S. 140] wurde für den Fall, dass mehrere Verfahren innerhalb des gleichen Mandates betreut werden, bloss gefordert, dass für jedes Verfahren einzeln die Pauschalgebühr aufzuführen ist.

Es ist dann aber in den Entscheiden der 1960er-Jahre festzustellen, dass eine allgemeine und weiter gehende Detaillierung bei der Rechnungsstellung gefordert wird: So wurde in ZR 63 Nr. 107 [S. 252] etwa festgehalten, dass der Beauftragte auch bei einer Prozessführung immerhin die einzelnen Bemühungen aufzuführen habe. Weiter wurde nun vermehrt der Zweck der Rechnung 1362 als Kriterium für die Inhaltsbeschreibung der Rechnungsstellungspflicht herangezogen. Dabei wurde der entsprechende Überprüfungsgedanke der Rechnung ganz zentral in ZR 66 Nr. 85 E. 2 hervorgehoben, wobei die Schlussfolgerungen für die inhaltliche Bestimmung der Abrechnungspflicht noch durch eine gewisse Zurückhaltung gekennzeichnet sind: �... wird es meistens auch unumgänglich sein, auch die für die Bemühungen aufgewendete Zeit einzeln oder wenigstens gesamthaft anzugeben.� Die Unbestimmtheit der Formulierung der Abrechnungspflicht lässt eine Orientierungsmöglichkeit am Einzelfall erkennen, wird doch in den einzelnen Formulierungen von �meistens� und �einzeln oder wenigstens gesamthaft� gesprochen.

Obgleich auch in den späteren Entscheiden mit dem Zweck der Rechnung argumentiert wurde, zeigt sich in den nachfolgenden Jahren ein deutlicher inhaltlicher Ausbau der Abrechnungspflicht. So wurde etwa in ZR 78 Nr. 111 E. 2 angemerkt, dass im Falle einer verlangten detaillierten Abrechnung �[der Anwalt] also seine Bemühungen und den dazu erforderlichen Zeitaufwand im Einzelnen aufführen muss.� Im Vergleich zur Rechtssprechung in den 1960er-Jahren fehlen in diesen Erwägungen jede Einschränkung oder Zurückhaltung bezüglich der inhaltlichen Umschreibung der 1361 Vgl. Art. 394 Abs. 3 OR. Siehe dazu BasK-Weber, Art. 394 N 39 und BK-Fellmann, Art.

394 N 403ff. 1362 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.4.

Page 323: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 277 -

Rechnungsstellungspflicht. In ZR 79 Nr. 62 E. 2 kann der eigentliche Höhepunkt der Entwicklung ausgemacht werden, in welchem eine äusserste Detaillierung im Rahmen der Pflicht zur Rechnungsstellung gefordert wird: �In der Rechnung sind jene Angaben zu machen, die nötig sind, damit Klient und allenfalls der Richter die Angemessenheit der Honorarforderung prüfen können. Neben der Aufzählung der einzelnen Bemühungen und Angaben über den Streitwert und den verwendeten Stundenansatz kommt vor allem dem in Rechnung gestellten Zeitaufwand entscheidende Bedeutung zu. (...). Es sind demnach in erster Linie die einzelnen Bemühungen und die für jede dieser Bemühungen aufgewendete Zeit zu nennen. (...) Eine wirkungsvolle Kontrollmöglichkeit besteht nämlich nur dann, wenn der Klient weiss, wie viel Zeit der Anwalt für jede einzelne Leistung einsetzt. Eine derartige Rechnungsstellung erscheint im Interesse des rechtssuchenden Publikums notwendig und gerechtfertigt sowie zur Klarstellung erforderlich (...).� Obwohl die dargestellte Rechtsprechung grundsätzlich in ZR 86 Nr. 106 bestätigt wurde 1363, ist die Gelegenheit benutzt worden, gewisse �Präzisierungen� zum Detaillierungsgrad der Abrechnung anzuführen. Nachfolgend werden diese Präzisierungen sowie die weiteren Anforderungen in Einzelfragen im Zusammenhang mit der Spezifizierungspflicht, wie sie von der Rechtsprechung vorgenommen worden sind (namentlich von der Aufsichtskommission), zusammengefasst dargestellt:

(1) Unter dem Vorbehalt, dass die Überprüfbarkeit gewährleistet bleibt, ist es zulässig, �verschiedene gleichartige Bemühungen von durchschnittlicher Dauer (z. B. Telephongespräche, schriftliche Mitteilungen) zusammenzufassen.� 1364 Daraus ergibt sich der allgemeine Grundsatz, �(...) dass eine zweckmässige, verständliche und nachvollziehbare Zusammenfassung einzelner Bemühungen in Gruppen durchaus zulässig ist.� 1365 Nicht zusammengefasst werden können jedoch dem Wesen nach unterschiedliche Bemühungen eines Arbeitstages, da hierbei die Überprüfbarkeit verunmöglicht wird. 1366 In casu wurde die Zusammenfassung von Grundstückbesichtigung, Aktenstudium, Verfassung eines Briefes und dreier Telefongespräche mit einem Gesamtaufwand von fünf Stunden beanstandet. Bei

1363 In ZR 86 Nr. 106 E. 1 wird der erwähnte Entscheid ZR 79 Nr. 62 E. 2 beinahe im Volltext

zitiert. Die Ausführungen von ZR 86 Nr. 106 wurden in ZR 89 Nr. 52 E. a)bb) und ZR 99 Nr. 50 E. 1 erneut bekräftigt.

1364 Hervorhebung nur hier. 1365 ZR 86 Nr. 106 E. 4 (Entgegnung zum Einwand der beklagten Partei, eine Abrechnung

werde �monströs�). 1366 ZR 86 Nr. 106 E. 3.

Page 324: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 278 -

solchen Zusammenfassungen könne der Auftraggeber nicht beurteilen, für welche der Leistungen wie viel Zeit verwendet wurde.

Nicht zulässig in der anwaltlichen Rechnungsstellung ist weiter auch eine Zusammenfassung von diversen Telefonaten: �Der Anwalt muss mindestens die Zahl der getätigten Telefonate aufführen und den Gesprächspartner nennen. Nur so kann überprüft werden, ob der geltend gemachte Zeitaufwand angemessen ist.� 1367

(2) Demgegenüber wurde aber dem Beauftragten zugestanden, dass er die Erstellung einer einheitlichen Leistung zusammengefasst darstellen kann, da dies die Überprüfbarkeit der Angemessenheit für diese Leistung nicht tangiert. So kann die Redaktion (bspw. einer Rechtsschrift etc.) �gesamthaft zur Darstellung� gebracht werden, obwohl sie in verschiedenen Schritten entstanden ist. Dies betrifft v.a. den Umstand, dass solche Akten in verschiedenen Schritten an unterschiedlichen Daten etc. angefertigt werden.

(3) Im Praxisalltag zeigt sich, dass die Notierung von �jeder Minute� schwierig ist, weshalb eine gewisse Pauschalierung auch im Bereich des Anwaltsvertrages möglich sein soll. Aus dem angesprochenen Entscheid ergeht aber deutlich, dass Auf- und Abrundungen als heikel beurteilt werden und im einzelnen Fall dokumentierbar sein müssen. 1368 Dass im vorliegenden Fall die kleinste verrechnete Zeiteinheit 0.5 Stunden betraf, wurde nicht ausdrücklich kritisiert. Es ist aber auf die Rechtsprechung in ZR 97 Nr. 50 E. 2.6 hinzuweisen, wonach die Abrede in der Vollmacht, für Kurzbeanspruchungen mindestens eine Viertelstunde zu belasten, als mit dem Anwaltsrecht für unvereinbar angesehen worden ist. Dabei ist zu beachten, dass die Detaillierungspflicht und damit die Ausweisung des effektiven Zeitaufwandes � gerade beim Zeithonorar � grundsätzlich nicht wegbedungen werden kann. 1369 Hinzuweisen ist, dass die Zusammenfassung von Positionen und deren Auf- oder Abrundung generell als ein unzulässiges Prozedere beurteilt worden ist. 1370

Zusammenfassend ergibt sich für die Spezifizierungspflicht im Anwaltsrecht, dass die Leistungen, welche im Rahmen der Auftragsausführung erbracht wurden, grundsätzlich einzeln aufgeführt werden müssen. In beschränktem Masse ist eine

1367 AKE 950457 vom 2.5.1996. 1368 ZR 86 Nr. 106 E. 3. 1369 Damit dürfte auch nicht möglich sein, dass für Telefonate etc. (d.h.

Kurzbeanspruchungen) generell 15 Minuten in den time-sheets eingesetzt werden. 1370 ZR 86 Nr. 106 E. 3.

Page 325: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 279 -

Zusammenfassung gleichartiger Leistungen möglich, wobei dies gerade bei Telefonaten, Besprechungen und Briefen wiederum nicht zugelassen wird. In diesen Positionen ist eine detaillierte Offenlegung des Zwecks und des Gesprächspartners gefordert. Ungleiche Leistungen können demgegenüber nicht zusammengefasst dargestellt werden. Die anwaltsrechtliche Rechnungsstellungspflicht erfordert, dass der Zeitaufwand zu jeder Leistung einzeln angeführt wird. Der Anspruch aus dem Verwendungsersatz ist separat und detailliert auszuweisen. 1371 Im Ergebnis fordert die spezifizierte anwaltsrechtliche Rechnungsstellung eine chronologisch geführte Auflistung aller einzelnen Leistungen, welche ihrerseits mit einem bestimmten Zeitaufwand in Verbindung gebracht werden müssen. Damit ist der Zweck der Rechnung, nämlich die Überprüfung der Angemessenheit der Rechnung, in einem Masse erfüllt, dass jede einzelne Position auf ihre Angemessenheit überprüft werden kann.

Vor diesem Hintergrund ist die Bemerkung von Umbricht 1372 zur Rechnungsstellungspflicht von Rechtsanwälten wohl zu verstehen: �Die schwierigste Aufgabe des Anwaltsberufs ist die Rechnungsstellung.� 1373

3.7.3.4.5.2.3 Allgemeine Verallgemeinerungsfähigkeit?

Wie im vorangehenden Abschnitt dargestellt wurde, wird der Inhalt der Spezifizierungspflicht in der anwaltsrechtlichen Rechnungsstellung sehr detailliert vorgegeben. Die hier interessierenden Fragen sind deshalb, ob sich diese Art der spezifizierten Abrechnung für das allgemeine Auftragsrecht sachlich rechtfertigen lässt und ob die dargestellte Spezifizierungspflicht als Abrechnungspflicht gemäss Art. 400 OR mit Geltung für das gesamte Auftragsrecht verallgemeinert werden kann.

Ausgangspunkt zur Beantwortung dieser Fragen ist die Besinnung auf den Zweck der Abrechnung: Der Zweck der Rechnung ist die Überprüfung der Angemessenheit der Rechnung. 1374 Es ist damit nicht der eigentliche Zweck der Rechnung, etwa die Vertragsausführung als solche oder gar einzelne Details der Auftragsausführung zu kontrollieren. Überprüft werden soll bloss die Angemessenheit des Honorars. Im Blickpunkt der entsprechenden Abrechnungsverpflichtung ist nicht die Leistung als 1371 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.6.3. 1372 Umbricht, 33. 1373 Umbricht, 33. Dazu auch die Bemerkung von Späh, 403, wonach die Fragen rund um die

korrekte Rechnungsstellung immer wieder Gegenstand von Verzeigungen in der aufsichtsrechtlichen Praxis seien.

1374 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.4.

Page 326: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 280 -

solche, sondern nur ihr Verhältnis zu einer Vergütung (weshalb auch von einer sog. �prüfbaren Rechnung� gesprochen wird 1375 ). Dabei entspricht es dem Wesen der massgebenden Kriterien bei dieser Überprüfung, dass eine Fokussierung auf die Gesamtleistung oder auf Untergruppen von Leistungen erfolgt. 1376 Damit wird von vornherein in diesem Überprüfungskonzept eine deutliche Unschärfe in Kauf genommen.

Eine Spezifizierungspflicht, wie sie im vorangehenden Abschnitt für das Anwaltsrecht dargestellt wurde, führt demgegenüber zu einer eigentlichen, wenn auch nachgeschalteten Kontrolle über die Tätigkeiten des beauftragten Anwalts. Die Art der Detaillierung erfordert die Aufführung einer Vielzahl von spezifischen Leistungen unter Angabe der entsprechenden Zeitangabe, was eine Transparenz in die ganze Auftragsausführung bringt, die sich nicht ohne Weiteres mit den allgemeinen Charakteristika des Auftragsrechts verträgt: 1377 vor den Doppelpunkt Wie die bisherigen Ausführungen im rechtssystematischen Teil der Arbeit aufgezeigt haben, zeichnet sich der Auftragsvertrag gerade durch einen dem Auftraggeber zugestandenen Autonomiebereich aus. 1378 Vor diesem Hintergrund sind die weit gehenden Detaillierungsvorschriften aus dem Anwaltsvertrag im allgemeinen Auftragsvertrag kaum zu rechtfertigen, weshalb die Spezifizierungspflicht im allgemeinen Mandatsvertragsrecht gesondert zu umschreiben ist.

Die Auseinandersetzung mit dem Zweck der Rechnung und den Argumenten �Überprüfbarkeit� und �Angemessenheit� haben ergeben, dass gerade keine nachgeschaltete Kontrolle beabsichtigt ist, soweit sie über eine Globalkontrolle hinausreicht. 1379 Eine detaillierte Spezifizierungspflicht widerspricht einer bewusst in Kauf genommenen �Unschärfe� im Recht der Rechnungsstellung, wie sie bereits in der Zweckumschreibung angelegt ist. Die Rechtfertigung der weiter gehenden Spezifizierungspflicht im Bereich des Anwaltsrechts ist spezifisch im besonderen Verhältnis zwischen Klient und Anwalt zu suchen, wodurch diese Beziehung auch im Interesse einer weiteren Öffentlichkeit steht. 1380 Es besteht deshalb auch ein grundsätzlich öffentliches Interesse, dass die Spezifizierungspflicht in einem 1375 So die Formulierung von BK-Fellmann, Art. 400 N 50. 1376 Siehe dazu insbesondere Kapitel 3.7.3.4.4.1. 1377 Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.5 und 3.7.2. 1378 Siehe dazu Kapitel 3.2, 3.3.3.4.4 und 3.4.3. 1379 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.4. 1380 Siehe dazu ZR 79 Nr. 62 E. 2 und ZR 86 Nr. 106 E. 3 und 4.

Page 327: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 281 -

entsprechenden Detaillierungsgrad besteht. Der Rechtssuchende, der den Anwalt gerade auch in einem eigentlichen Monopolbereich aufsucht (Betreuung von Rechtsverfahren etc.), soll in diesem besonderen Verhältnis besonders geschützt werden. Aufgrund der Stellung als Anwalt trifft dies nicht im eigentlichen Monopolbereich zu, sondern umfasst seine gesamte Tätigkeit, da diese Art der Rechnungsstellung mit seiner Eigenschaft als Anwalt verbunden wird. Der Regelungsgedanke, dass der Anwalt aufgrund seiner Eigenschaft einer besonderen Verpflichtung im Rahmen der Abrechnungspflicht unterliegt, gelangt auch sehr deutlich im Zusammenhang mit der Spezifizierungspflicht zum Vorschein, wenn ein Mandat mit besonderer Vergütungsform in Rede steht. 1381

Aus diesen Überlegungen folgt, dass die im Anwaltsvertrag dargestellte Spezifizierungspflicht im Rahmen der Pflicht zur Rechnungsstellung nicht verallgemeinert werden kann. Eine Spezifizierungspflicht im allgemeinen Mandatsrecht nach Art. 400 Abs. 1 OR muss folglich aus den Erwägungen abgeleitet werden, wie sie sich aus den Ergebnissen des rechtssystematischen Teils der vorliegenden Arbeit und im Zusammenhang mit der Analyse des Zwecks der Rechnung ergeben. Da hierbei jedoch die Thematik und der Inhalt vorgegeben werden können, handelt es sich bei der Pflicht zur Rechnungsstellung und damit bei der gesamten Abrechnungspflicht um eine eigentliche Berichtspflicht, welche nachfolgend inhaltlich für den Bereich des allgemeinen Auftragsrechts dargestellt werden soll. Aufgrund der bisherigen Ergebnisse aus der Arbeit können folgende inhaltliche Aussagen für eine Berichtspflicht �spezifizierte Abrechnung� mit Geltung für das gesamte Mandatsrecht festgehalten werden:

(1) Es wird durch die Spezifizierungspflicht im allgemeinen Auftragsrecht kein Informationsrecht eingerichtet, welches nachträglich eine eigentliche Kontrolle über die Auftragsausführung schaffen will.

(2) Thematisch ist die Berichtspflicht auf die Abrechnungspflicht begrenzt, welche eine blosse Überprüfung der Angemessenheit der Rechnung bezweckt.

(3) Der Zweck der Rechnung bringt es mit sich, dass nicht jede Teilleistung aufzuführen und mit der Angabe des Preises zu versehen ist. Der eigentliche Zweck der Rechnung setzt lediglich voraus, dass die (zusammengefassten) Leistungen,

1381 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.2.4.

Page 328: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 282 -

welche in einem inneren Zusammenhang stehen, separat mit einem Preis versehen werden.

(4) Setzt sich demnach der Auftrag aus Teilleistungen zusammen, die aber letztlich eine Leistung darstellen, weil alle Teilleistungen einen inneren Zusammenhang aufweisen, so ist auch nur die Auflistung einer Leistung und eines Zeitaufwandes resp. einer Preisangabe geschuldet.

(5) Es wird eine �Unschärfe� in der Rechnungsstellung bewusst in Kauf genommen. Aus diesem Grund müssen nicht alle Leistungen aufgeführt werden. Im Unterschied zur anwaltlichen Rechnungsstellung können gleichartige und verschiedenartige Leistungen zusammengefasst werden, soweit ein innerer Zusammenhang gegeben ist.

(6) Dabei reicht ein genereller Beschrieb der eigentlichen Tätigkeitsfelder aus, welcher die einzelnen Leistungen abstrakt zusammenfasst.

(7) Die getrennte Aufführung von Telefonaten und Besprechungen ist nicht notwendig.

(8) Die Angaben der jeweiligen Personen, mit welchen Besprechungen und Telefonate stattgefunden haben, sind nicht erforderlich.

(9) Aus dem Kriterium der Angemessenheit folgt, dass sowohl die Grundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruches (insbesondere Vergütungsform) als auch der Totalbetrag anzuführen sind. 1382 Bei einem Zeithonorar ist also entweder der entsprechende Stundenansatz (gegebenenfalls pro zusammengefasste Leistung) oder die Stundenanzahl offenzulegen. Sind verschiedene Personen auf Seiten des Auftragnehmers mit der Ausführung des Auftrages beschäftigt, reicht die Angabe eines durchschnittlichen Stundensatzes aus. Diese Angaben sind anzuführen, weil im Zusammenhang mit der Pflicht zur Rechnungslegung die Spezifizierung insbesondere auch aufdecken will, �ob die Geschäfte getreulich und haushälterisch besorgt worden sind.� 1383

(10) Eine Abrechnung, welche den vorangehenden Ausführungen entspricht, ist im Rahmen des allgemeinen Auftragsrechts als �vollständig� zu betrachten. Damit erfüllt

1382 Zur Spezifizierungspflicht bei den verschiedenen Vergütungsformen: Siehe dazu Kapitel

3.7.3.4.5.2.4. 1383 Hofstetter, 2000, 118. Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.4.

Page 329: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 283 -

eine entsprechende Abrechnung das Qualitätskriterium �Vollständigkeit�, welches im Zusammenhang mit Informationspflichten nach Art. 400 OR gefordert wird.

(11) Als weiteres Qualitätsmerkmal einer Informationspflicht im Kontext von Art. 400 Abs. 1 OR (und damit auch der Abrechnungspflicht) wird die �Richtigkeit� der entsprechenden Informationen angeführt. Im Rahmen der Informationspflichten von Art. 400 OR ist zu fordern, dass die Richtigkeit der aufgeführten Tatsachen in einer Rechnung überprüfbar ist. Dies erfolgt im Bereich der Pflicht zur Rechnungslegung mit der entsprechenden Aufzeichnungs- und Belegungspflicht (Entsprechendes gilt im Bereich des Auslagenersatzrechts nach Art. 402 OR). Im Rahmen der Pflicht zur Rechnungsstellung (und damit im Zusammenhang mit der Überprüfung des Honorars) ist zu beachten, dass gerade die in der geforderten Art aufgeführten Informationen deren Richtigkeit bestätigen: �Ist der Anwalt den Anforderungen an die Spezifizierung der einzelnen Positionen einer Honorarrechnung nachgekommen, ist in aller Regel davon auszugehen, dass die darin enthaltenen Angaben über den Zeitaufwand richtig in dem Sinne sind, dass sie keiner weiteren Begründung bedürfen.� 1384 Damit hat der Beauftragte seine Beweislast erfüllt. 1385 Mit anderen Worten: Da es sich bei der Pflicht zur Rechnungsstellung um eine Berichtspflicht handelt, wird der Inhalt und damit die Richtigkeit der Pflicht gerade durch die Pflicht selbst definiert, weshalb es keine eigentliche weitere Kontrolle gibt. 1386 Entsprechend ist im Zusammenhang mit der Pflicht zur Rechnungsstellung der eigenständige Beweis der Richtigkeit nicht vorgesehen. 1387 Diesem Umstand ist bei der Formulierung von Belegungs- und Aufzeichnungspflichten im Rahmen der Pflicht zur Rechnungsstellung Beachtung zu schenken. 1388 Bei vollständig erfüllter Abrechnungspflicht ist es Sache des Auftraggebers, Mängel an den Arbeitsleistungen und damit die allfällige Reduktion der Vergütung darzulegen.

(12) Abschliessend wird auch die �Wahrheit� der Information als Qualitätskriterium im Zusammenhang mit einer Informationspflicht gemäss Art. 400 OR aufgeführt. Dabei handelt es sich um ein Kriterium, welches im Rahmen der gesamten 1384 Testa, 202 (mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). 1385 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.2.3. 1386 In diesem Sinne wohl auch ZR 91 Nr. 72 E. 1, in welchem die Begriffe �Spezifizierung�

und �Substantiierung�, bezogen auf die Pflicht zur Rechnungsstellung, als Synonyme verwendet werden.

1387 Zur sehr umfassenden Spezifizierungspflicht des Anwaltes im Falle der Bestreitung der Forderung durch den Klienten: Testa, 202 (mit Hinweis auf den illustrativen Entscheid in ZR 89 Nr. 85).

1388 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.7.4.

Page 330: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 284 -

Abrechnungspflicht zu beachten ist. 1389 Es gilt der Grundsatz, dass jede Information im Rahmen der Rechnungsstellungspflicht dem Qualitätskriterium �Wahrheit� entsprechen muss. In diesem Zusammenhang ist betreffend des Auslagen- und Verwendungsersatzrechtes speziell darauf hinzuweisen, dass das Wahrheitsgebot den Beauftragten auch verpflichtet, die Unterscheidung zu den sog. Generalunkosten, welche im Rahmen des allgemeinen Vergütungsanspruchs abgedeckt sind, korrekt vorzunehmen. Im Übrigen ermöglicht in der Praxis die Art der Belegung der entsprechenden Positionen die Überprüfung der Wahrheit der Information. 1390

Diese Ausführungen zeigen, dass ausserhalb des Anwaltsvertragsrechts die Pflicht zur Rechnungsstellung eine weniger weit zu spezifizierende Informationspflicht ist, da einzig der allgemeine Zweck der Rechnung inhaltsbestimmend ist. Solange der Zweck der Rechnung erfüllt wird, hat der Auftragnehmer Freiheit in der Rechnungsstellung. Dies entspricht auch der allgemeinen Feststellung im Zusammenhang mit dem Mandatsrecht, dass dieser Vertrag ohne Kontrollrecht besteht. 1391 Aufgrund der Ausführungen präsentiert sich die Abrechnungspflicht als eine standardisierte Informationspflicht, welche als Berichtspflicht das Thema und den Inhalt vorgibt. Mit einer entsprechend spezifizierten Rechnung erfüllt der Auftragnehmer alle Anforderungen ein eine Abrechnungspflicht und damit alle Anforderungen einer Informationspflicht �Rechenschaft�, welche ihre Rechtsgrundlage in Art. 400 Abs. 1 OR hat. In rechtshistorischer Hinsicht kann sich diese Art der Spezifizierungspflicht, welche sich am Zweck der Rechnung orientiert, auch auf die frühe Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 398 aOR abstützen, 1392 welche der Rechtslage unter Art. 400 OR entspricht. Damit kann angemerkt werden, dass es sich bei der Abrechnungspflicht um den tradierten Pflicht- und Regelungsinhalt der Informationspflicht �Rechenschaft� handelt. 1393

3.7.3.4.5.2.4 Einfluss der Vergütungsform auf die Spezifizierungspflicht

Es wurde bereits verschiedentlich darauf hingewiesen, dass den entsprechenden Ausführungen zur Spezifizierungspflicht im Rahmen der Abrechnungspflicht grundsätzlich die Abrede eines Zeithonorars unterstellt wurde. Im Falle der

1389 Hofstetter, 2000, 118. 1390 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.7.3. 1391 Siehe dazu Kapitel 3.5 und 3.7.2. 1392 Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 2.8.4.2. 1393 Siehe dazu Kapitel 2.8, aber auch das ganze Kapitel 2.

Page 331: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 285 -

Vereinbarung eines Zeithonorars 1394 findet die in den vorgängigen Abschnitten dargestellte Spezifikationspflicht Anwendung. Damit erscheint die Vergütung nach dem Zeithonorar auch im Bereich der Spezifizierungspflicht als Normalfall. Die Ausführungen zur Spezifizierungspflicht haben gezeigt, dass zwischen den Anforderungen des Anwaltsrechts und des allgemeinen Mandatsrechtes zu unterscheiden ist: Im zuletzt genannten Fall ist eine inhaltlich deutlich weniger detaillierte Pflicht der Abrechnung zu beachten, da die allgemeinen Überlegungen zum Zweck der Rechnung und die Struktur des Mandatsrechts zu berücksichtigen sind. 1395

In diesem Abschnitt soll weiter geklärt werden, welche Aussagen über die Spezifizierungspflicht bei anderen Vergütungsformen 1396 anzubringen sind. Im Bereich der übrigen pauschalen Vergütungsformen (Pauschalvergütung, Prozentvergütung und Erfolgsbeteiligung) fällt die Beantwortung der Frage nach dem Einfluss der Vergütungsform auf die entsprechende Pflicht zur Rechnungsstellung differenziert aus. Wie sich nachfolgend zeigen wird, ist ebenfalls eine Differenzierung zwischen der Rechtslage im spezifischen Anwaltsvertrag einerseits und im allgemeinen Auftragsrecht anderseits vorzunehmen. Hierzu ist bereits an dieser Stelle festzuhalten, dass im allgemeinen Auftragsrecht zwischen den übrigen pauschalen Vergütungsformen (Erfolgs-, Prozent- oder Pauschalhonorar) keine Unterscheidungen zu treffen sind. Allerdings ist bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich bezüglich der Belegungspflicht entsprechende Unterschiede zwischen den verschiedenen Vergütungsformen ergeben. 1397

Im Zusammenhang mit der Spezifizierungspflicht bei der Vereinbarung von Erfolgs-, Prozent- oder Pauschalhonoraren wird ausgeführt, dass eine Spezifizierungspflicht �naturgemäss� dahinfalle: Aus dem Umstand der Statuierung von Pauschalierungen in der auf Anwälte anwendbaren Kostenverordnung 1398 hat die Anwaltskammer des Kantons Luzern die Schlussfolgerung gezogen, dass aus �der Natur der Sache nach einer Spezifikation der einzelnen Verrichtungen nicht verlangt werden kann.� 1399 Diesbezüglich wird in der Lehre darauf hingewiesen, dass in diesen Fällen ein �Anspruch auf Rechenschaftsablegung mangels Rechtsschutzbedürfnis des 1394 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.2.5.3. 1395 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.4 und 3.5. 1396 Siehe dazu die Übersicht in Kapitel 3.7.3.4.5.2.4. 1397 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.7.2 � 3.7.3.4.7.4. 1398 (Alte) Verordnung über die Kosten in den Zivil- und Strafverfahren des Standes Luzern. 1399 LGVE 1971 I Nr. 121 [S. 139]. Dieser Ansicht folgt auch Gmür, N 421 FN 336.

Page 332: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 286 -

Auftraggebers zu verneinen ist.� 1400 Aufgrund dieser Situation kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass einer pauschalierten Vergütung eine �pauschale� Informationspflicht �Rechenschaft� gegenüber steht, die sich in extremis auf die Mitteilung der Auftragserfüllung und der Angabe des Totalbetrages beschränken würde. In diesem Fällen decken sich die Anforderungen mit jenen aus einer ersten, pauschalen Rechnungsstellung. 1401 Im Rahmen der Aufzeichnungspflichten ist in den Fällen von Prozent- oder Erfolgsvergütungen allerdings die Berechnungsgrundlage in der Abrechnung offenzulegen. 1402 Diese Offenlegung erübrigt sich allerdings im Falle einer Vereinbarung eines Pauschalbetrages. Eine zusätzliche Abgrenzungsfrage stellt sich allenfalls deshalb, wenn zu klären ist, ob es sich bei der Abrede um eine Vereinbarung einer sog. Totalpauschale handelt, welche auch die Beträge aus dem Bereich des Auslagen- und Verwendungsersatzrechtes beinhaltet. 1403

Mit der entsprechenden Grundsatzfrage hatten sich auch die Zürcher Rechtsprechungsinstanzen im Rahmen des Anwaltsrechts in den letzten Jahren mehrmals auseinanderzusetzen. Im Gegensatz zur dargestellten Praxis und Lehre zum allgemeinen Mandatsrecht wurde hier die Zwecksetzung der Rechnung 1404 generell und verstärkt in den Vordergrund gerückt, was zu einer allgemeinen Anwendbarkeit der Spezifizierungspflicht auch bei der Vereinbarung einer anderen Vergütungsformen als dem Zeithonorar führte. So hatte die Aufsichtskommission 1405 entschieden, dass die Honorarrechnung auch bei einer Pauschalhonorarabrede überprüfbar sein müsse, weshalb der Verzicht auf eine Spezifizierung grundsätzlich nicht möglich und folglich in der Pauschalabrede auch nicht enthalten sein könne. Noch allgemeiner hat das Zürcher Obergericht 1406 festgehalten, dass etwa ein anwaltlicher Willensvollstrecker (und damit jeder Anwalt) seinem Klienten ungeachtet der vereinbarten Vergütungsform Rechenschaft über den Zeitaufwand geben muss, weil nur auf diese Weise die Angemessenheit der Honorarforderung überprüfbar ist. Damit kommen in

1400 BK-Fellmann, Art. 400 N 84 (unter Hinweis auf die deutsche Lehre). 1401 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.1. 1402 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.7.4. 1403 Nach Gmür, N 169, und BK-Fellmann, Art. 394 N 447, ist es eine Frage der Auslegung,

ob eine sog. einfache Pauschale oder eine sog. Totalpauschale vereinbart worden ist. 1404 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.4. 1405 AKE 90133, Entscheid vom 6. 9. 1990. 1406 ZR 94 Nr. 64 E. 3c. [S. 197, linke Spalte]. Diese Rechtslage wurde in ZR 99 Nr. 50 E. 2

bestätigt.

Page 333: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 287 -

dieser Rechtsprechung die Forderung der Vertragsgerechtigkeit und damit der Äquivalenzgedanke deutlich zum Ausdruck, 1407 welche in allen Anwaltsverträgen zu erfüllen sind.

Die angesprochene aufsichtsrechtliche Rechtsprechung äussert sich bezüglich der hier interessierenden Frage zum Verhältnis von Anwaltsrecht und allgemeinen Mandatsrecht (und damit zur Verallgemeinerungsfähigkeit der entsprechenden Aussagen) und hält fest, dass sich die dargestellte Rechtslage sowohl aufgrund des kantonal-öffentlichen Anwaltsrechts (§ 12 und 13 AnwG/ZH) als auch aufgrund des Bundeszivilrechts (Art. 400 Abs. 1 OR) ergebe. Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich bei der allgemein und stets anwendbaren Spezifizierungspflicht im Anwaltsrecht um eine Rechtslage, welche auch im gesamten Anwendungsbereich von Art. 400 Abs. 1 OR Anwendung findet. Zur Aussage über die Verallgemeinerungsfähigkeit ist aber einzuwenden, dass bereits bei der Frage der Spezifizierungspflicht eine sachlich gerechtfertigte und deutliche Unterscheidung zwischen der Rechtslage im Anwaltsrecht und im allgemeinen Auftragsrecht vorgenommen wurde. 1408 Es kann aus diesem Grunde auch hier nicht angenommen werden, die Rechtslage im Zusammenhang mit der Spezifizierungspflicht bei pauschalen Vergütungen im Bereich des Anwaltsrechts entspreche auch der Rechtslage im allgemeinen Mandatsvertragsrecht. Bezüglich der Frage der Verallgemeinerungsfähigkeit ist aus Sicht des allgemeinen Auftragsrechts festzuhalten, dass die Abrede einer bestimmten Vergütungsform im allgemeinen Mandatsrecht ohne jede besondere Einschränkung erfolgen kann. Da auch keine nachträgliche Kontrolle eingerichtet wird und keine öffentlichen Interessen zu beachten sind, gestaltet sich die entsprechende Informationspflicht �Abrechnung� wesentlich undetaillierter. 1409 Es ist weiter im einfachen Auftragsvertrag angelegt, dass sich zwei gleichwertige Vertragsparteien gegenüberstehen, welche aufgrund ihrer Stellung keines spezifischen und generellen Schutzes bedürfen. Aufgrund dieser Erwägungen ist deshalb in der hier sich stellenden Frage der Spezifizierungspflicht bei pauschalen Vergütungsabreden im allgemeinen Auftragsrecht der Ansicht zu folgen, 1410 welche einer entsprechenden Vertragsabrede (Erfolgs-, Prozent- oder Pauschalhonorar) und den entsprechenden Konsequenzen

1407 Besonders deutlich auch Tercier, N 4779, für den Fall der richterlichen Bestimmung des

Honorars, falls diesbezüglich eine Lücke vorliegt. 1408 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.2.3. 1409 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.2.3. 1410 Gmür, N 421 FN 336; BK-Fellmann, Art. 400 N 84 (unter Hinweis auf die deutsche

Lehre).

Page 334: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 288 -

(keine Spezifizierung) im Rahmen der Abrechnungspflicht gemäss Art. 400 OR den Vorrang vor allgemeineren Überlegungen zum Zweck der Rechnung einräumt: 1411 Aus diesem Grund besteht im Anwendungsbereich des allgemeinen Mandatsrechts (und damit gestützt auf Art. 400 OR) bei der Vereinbarung einer Pauschalvergütung keine Spezifizierungspflicht.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das allgemeine Mandatsrecht keine Spezifikationspflicht im Rahmen der Pflicht zur Rechnungsstellung anerkennt, wenn eine besondere Vergütungsart (Erfolgs-, Prozent- oder Pauschalhonorar) verabredet wurde. Auch in dieser Frage ist zwischen dem Anwaltsrecht und dem allgemeinen Mandatsrecht zu unterscheiden.

3.7.3.4.6 Inhalt der Pflicht beim Auslagen- und Verwendungsersatzanspruch

3.7.3.4.6.1 Vorbemerkungen Der Begriff und die Modalitäten des Anspruchs auf Auslagen- und Verwendungsersatz wurden bereits dargestellt. 1412 Da diese Ansprüche von der Pflicht zur Rechnungsstellung mitumfasst werden, ist weiter auf die Ausführungen zum Zweck der Rechnung hinzuweisen, wobei �Überprüfbarkeit� und �Angemessenheit� die zentralen Begriffe sind. 1413

Im Bereich des Anspruchs auf Auslagenersatz kommt der Frage der Überprüfbarkeit eine zentrale Funktion zu: In erster Linie ist in diesem Bereich eine klare Leistung zu beurteilen, für die der Auftragnehmer vom Auftraggeber Ersatz fordert. Dabei fällt die Überprüfbarkeit der Auslage in diesem Bereich in der Regel mit der Frage der Belegungspflicht zusammen, weshalb auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen werden kann. 1414 Demgegenüber ist die Frage der Angemessenheit sowohl im Bereich des Auslagen- als auch des Verwendungsersatzes von Bedeutung, da dieses Kriterium bei der Beurteilung der Notwendigkeit und Verhältnismässigkeit entscheidend ist. Es ist in diesem Zusammenhang auch sicherzustellen, dass die Abgrenzung zu den Generalunkosten beachtet wird.

1411 Anders die bundesgerichtliche Rechtsprechung, welche auch hier eine Spezifizierung

fordert, weil die der Zweck der Rechnung fordert: Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.7.3.2.1 (BGE 117 II 282ff. und BGE 101 II 109ff.).

1412 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.3. 1413 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.4. 1414 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.7.3.

Page 335: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 289 -

3.7.3.4.6.2 Gegenstand und Zweck der Spezifizierung Grundsätzlich müssen Auslagen und Verwendungen zum Zweck der Auftragsausführung erbracht worden sein, wenn ein entsprechender Ersatz geltend gemacht und durchgesetzt werden soll. Dabei müssen die Auslagen und Verwendungen �zur Ausführung des Auftrages erforderlich sein.� 1415 Für die praktische Handhabung dieses Massstabes kann auf die Lehre zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag verwiesen werden, in welcher der in Art. 422 Abs. 1 OR geregelte analoge Anspruch wie folgt angewendet wird: 1416 �Wie sich aus dem französischen Gesetzestext klar ergibt, sind die notwendigen Verwendungen in jedem Falle zu ersetzen, die nützlichen hingegen nur, soweit sie verhältnismässig waren (�le maître doit rembourser au gérant (...) toutes ses dépenses nécessaires ainsi que ses dépenses utiles justifiées par les circonstances.�).� 1417 Auf diese Weise kann die einzelne Position qualifiziert und beurteilt werden. 1418 Die Grenze der Verhältnismässigkeit wäre aber etwa dort erreicht, wo bereits gemäss einer hypothetischen ex ante Beurteilung eine Auslage oder Verwendung als nicht notwendig qualifiziert werden müsste. 1419 Unerheblich ist aber in jedem Fall, ob die Auslage oder Verwendung tatsächlich nützlich war. 1420

3.7.3.4.6.3 Zwingende Spezifizierungspflicht Im Rahmen der Vergütungspflicht wurde dargestellt, dass eine erstmalige Geltendmachung des Honoraranspruchs durch den Auftragnehmer grundsätzlich pauschal erfolgen kann (pauschale Rechnungsstellung). 1421

Im hier untersuchten Zusammenhang ist es aber gerade die im vorangehenden Abschnitt dargestellte Notwendigkeits- und Verhältnismässigkeitsprüfung, welche eine detaillierte Einzelauflistung jeder Auslage und jeder Verwendung erforderlich 1415 BK-Fellmann, Art. 402 N 40 (mit weiteren Hinweisen). 1416 Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass aus einer anderen Terminologie nichts

abgeleitet werden kann. Nach Ansicht von BK-Gautschi, Art. 402 N 2a (mit Hinweisen auf die Rechtsprechung), �erwachsen dem vertragslosen Geschäftsführer nach Art. 422 OR die nämlichen Ansprüche wie dem unentgeltlichen Mandatar aus Art. 402 OR.�

1417 Schmid, Nr. 497 (Hervorhebungen im Original). 1418 Siehe diesbezüglich auch die deutsche Rechtslage in § 670 BGB, wonach jene

Aufwendungen durch den Auftraggeber zu ersetzen sind, die der Beauftragte �den Umständen nach für erforderlich halten durfte (...).� Gefordert wird die Ausübung eines pflichtgemässen Ermessens (Soergel-Beuthien, § 670 Rz 5), wobei der Massstab der sog. subjektiv vernünftigen Prognose gerichtlich Anwendung findet (BGH NJW 1989, 1285).

1419 BK-Fellmann, Art. 402 N 77 (Dieser Autor nennt diese Aufwendungen �unberechtigte Aufwendungen�).

1420 BK-Fellmann, Art. 400 N 46. 1421 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.1.

Page 336: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 290 -

macht. Dabei ist erforderlich, dass insbesondere �Drittkosten (...) mindestens herkunfts- und betragsmässig sichtbar gemacht werden.� 1422 Damit ist eine detaillierte und transparente Abrechnung erforderlich. Durch diese Art der Offenlegung in der Abrechnung wird auch das Sonderproblem der Abgrenzung zu den sog. Generalunkosten gelöst. Im Zusammenhang mit dem Verwendungsersatzrecht wurde dementsprechend in der Rechtsprechung bereits früh festgehalten, dass die Auslagen und Verwendungen einzeln aufgeführt werden müssen. 1423 �Danach kann die Kosten- und Honorarnote allgemein gehalten sein. Die Kosten sind dabei getrennt aufzuführen.� 1424 Es ist der Ansicht zu folgen, dass eine Abrechnung zum Vornherein ungenügend ist, wenn die Barauslagen (und Verwendungen) nicht einzeln aufgeführt und nicht vom Honorar unterschieden werden. 1425 Dies deckt sich auch mit der Rechtsprechung, wie sie im Rahmen der allgemeinen Spezifizierungspflicht ergangen ist, wird doch dort �selbstverständlich auch eine detaillierte Spesenrechnung� gefordert. 1426

Im Gegensatz zur mangelnden Verallgemeinerungsfähigkeit im Bereich des Vergütungsanspruchs 1427 gelten diese Ausführungen aber sowohl im Bereich des Anwaltsrechts als auch im Bereich des allgemeinen Auftragsrechts. Abschliessend ist anzuführen, dass die Spezifizierungspflicht in diesem Bereich auch unabhängig von der vereinbarten Vergütungsform ist, weshalb der entsprechende Anspruch auf Auslagen- und Verwendungsersatz grundsätzlich stets von vornherein zu spezifizieren ist. Die Ausnahme betrifft einzig die Abrede einer sog. Totalpauschale. 1428

Damit gilt als erste Stufe der Geltendmachung des Anspruchs auf Auslagen- und Verwendungsersatz die detaillierte Auflistung jeder einzelnen Position. In der zweiten Stufe ist demgegenüber eine Begründung mittels Belegen gefordert (sog. Belegungspflicht). 1429

1422 Testa, 203 (unter Hinweis auf AKE 90168 vom 7.2.1991). 1423 ZR Nr. 66 Nr. 85 E. 2 mit Hinweis auf die frühere Rechtsprechung in ZR 55 Nr. 177 [S.

375]. In LGVE 1971 I Nr. 121 wurde bezüglich der Auslagen festgehalten, dass diese spezifiziert aufgeführt werden müssen.

1424 So die Walliser Rechtsprechung in RJV 1989 327 E. 3f/bb (i.V.m. 3f/cc). 1425 Das führt letztlich zur Aussage, dass die minimale Rechnung zwei Rechnungsposten hat:

Umbricht, 33. 1426 ZR 79 Nr. 62 E. 2 (Es ist der Höhepunkt der Spezifizierungspflicht). 1427 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.2.3. 1428 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.3. 1429 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.7.3.

Page 337: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 291 -

3.7.3.4.7 Belegungs- und Aufzeichnungspflicht bei der Abrechnungspflicht Wie bereits zuvor dargelegt worden ist, ist die Belegungs- und Aufzeichnungspflicht als ein Bestandteil der Abrechnungspflicht anzusehen. 1430 In diesem Abschnitt wird einzig eine Belegungspflicht und Aufzeichnungspflicht dargestellt, soweit sie sich auf der Grundlage der Abrechnungspflicht gemäss Art. 400 Abs. 1 OR ergeben. 1431

3.7.3.4.7.1 Vorbemerkungen

3.7.3.4.7.1.1 Belege

Es handelt sich bei den Belegen um jene Bestandteile der Abrechnungspflicht, welche die Richtigkeit (und Wahrheit) einzelner Positionen der Abrechnung belegen können. Bei Belegen im hier dargestellten Sinne handelt es sich um Aufzeichnungen, die dem Beauftragten von Dritten in schriftlicher Form zugehen. Aus der Belegungspflicht folgt auch die vorgelagerte Pflicht zur Aufbewahrung der Belege. 1432 Die Aufbewahrungspflicht richtet sich dabei nach verschiedenen Grundsätzen, etwa Art. 962 OR, AnwG etc. 1433

Als Teil der Abrechnungspflicht sind diese Belege auf ausdrückliches Verlangen des Auftraggebers von der entsprechenden Informationspflicht �Rechenschaft� erfasst, wodurch eine Pflicht zur spezifizierten und belegten Abrechnung resultiert. 1434 Die Rechtsprechung hat bezüglich der Belegungspflicht klargestellt, dass es �keine Ausnahme bezüglich Führung von Rechenschaftsablegung, Buchhaltung, Belegsammlung und dergleichen (...)� 1435 gibt, weshalb etwa in diesem Entscheid die beklagte Partei erfolglos behauptete, sie habe die Belege bereits entsorgt. Damit gibt es etwa auch keinen Beweisnotstand aus Mangel an Belegen, der sich zu Gunsten des Beauftragten auswirken könnte. 1436 Die Belegungspflicht ist ein eigentliches Standardprogramm im Rahmen der Abrechnungspflicht von Art. 400 OR, weshalb etwa ein Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Vertragsparteien ohne Einfluss auf 1430 Siehe dazu Kapitel 3.7.1.1.1. 1431 Für die allgemeine Dokumentationspflicht: Siehe dazu Kapitel 3.2. Zur

Ablieferungspflicht gewisser Aufzeichnungen: Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.4 und 3.3.4. 1432 BK-Fellmann, Art. 400 N 45f. 1433 Siehe dazu ausführlich: Weber, Aufbewahrung, 67ff. 1434 Hofstetter, 2000, 118. BGE 110 II 181ff., E. 2. 1435 ZR 83 Nr. 59 E. IV. 5b. Ebenso der entsprechende Berufungsentscheid in BGE 110 II

181ff., E. 2. 1436 In BGE 110 II 181ff., E. 2 wird die Anwendung der Grundsätze aus BGE 108 II 204ff., E.

6b (Rechtsfolgen der Beweisnot im Falle der Liquidation von Konkubinatsverhältnissen) explizit abgelehnt, da bereits in jenem Entscheid die Anwendung des Auftragsrechtes explizit vorbehalten worden war.

Page 338: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 292 -

die entsprechende Verpflichtung ist. 1437 Es kann aus diesen Gründen von der allgemeinen Pflicht zur Belegung der Abrechnung gesprochen werden, welche im gesamten Mandatsrecht Anwendung findet.

3.7.3.4.7.1.2 Aufzeichnungen

Im Gegensatz zu den Belegen handelt es sich bei den Aufzeichnungen um Dokumente, die vom Beauftragen selber erstellt werden, welche gewisse Tatsachen festhalten sollen. In diesem Zusammenhang kann auf die Ausführungen zur schuldrechtlichen Dokumentationspflicht verwiesen werden, bei welcher die Abrechnungspflicht des Beauftragten explizit auch als eine Grundlage der entsprechenden Pflicht genannt wird. 1438 Aufgrund dieses Umstandes ist nachfolgend herauszuarbeiten, welche Aufzeichnungen aus der Dokumentationspflicht im Zusammenhang mit der Abrechnungspflicht vorzulegen und übergeben werden müssen.

3.7.3.4.7.2 Im Zusammenhang mit der Pflicht zur Rechnungslegung Im Rahmen dieser Arbeit wurde verschiedentlich ausgeführt, dass die Pflicht zur Rechnungslegung als fester Bestandteil der Abrechnungspflicht und damit der Informationspflicht �Rechenschaft� im Sinne von Art. 400 OR inhaltlich mit der Ablieferungsobligation verbunden ist. 1439 In erster Linie werden deshalb vom Beauftragten Aufzeichnungen über Ein- und Ausgaben gefordert, wobei diese �Buchführungspflicht� selbstredend keine eigentliche oder vollständige doppelte Buchhaltung sein muss. 1440 Der Gegenstand der Belegungs- und Aufzeichnungspflicht in diesem Bereich der Abrechnungspflicht erklärt sich weitgehend durch den Gegenstand der Pflicht zur Rechnungslegung selbst. In inhaltlicher (aber auch formeller) Hinsicht müssen die Aufzeichnungen die entsprechenden Zwecksetzungen erfüllen können: Substanziierung der Ablieferungsobligation und entsprechende Kontrolle über die diesbezüglichen finanziellen Aspekte der Mandatsbeziehung. Der Beauftragte ist damit verpflichtet, eine Zusammenstellung der Ein- und Ausgaben auszuhändigen und die Saldoziehung vorzunehmen.

Im Zusammenhang mit der Pflicht zur Rechnungslegung ist zu beachten, dass in diesem beschränkten Bereich eine eigentliche Kontrolle des Auftraggebers realisiert

1437 BGE 110 II 181ff., E. 2. 1438 Siehe dazu Kapitel 3.2.3.2. 1439 Siehe dazu Kapitel 3.3 und 3.7.3.1.2. 1440 BasK-Weber, Art. 400 N 7.

Page 339: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 293 -

wird. Aus diesem Grund sind hier allenfalls ergänzende Erklärungen zu einzelnen Positionen (Buchungen) notwendig, sofern die Angaben der ordnungsgemäss vorgenommenen Buchführung nicht selbsterklärend sind. In diesem beschränkten Bereich der Abrechnungspflicht ist gegen eine Pflicht zur Erstellung eines eigentlichen ergänzenden Berichtes nichts einzuwenden 1441, da in diesem Bereich die Grundsätze der Fremdnützigkeit und der Interessenwahrung uneingeschränkt zur Geltung gelangen. 1442 Eine entsprechende Berichtspflicht kann sich etwa ergeben, wenn die eigentliche Buchführung nicht ohne Weiteres nachvollziehbar ist oder allenfalls erläuternder Bemerkungen bedarf, die das Verständnis erst ermöglichen. 1443 So ist etwa vorstellbar, dass verschiedene Positionen nur durch eine Erklärung plausibel und überprüfbar werden. Im Bereich der Pflicht zur Rechnungslegung ist entsprechend anzuerkennen, dass die Pflicht zur Rechnungslegung �die erschöpfende und verständliche Zusammenstellung� 1444 der entsprechenden Tatsachen fordert. Entsprechend der eingerichteten Kontrolle soll hier, gestützt auf die Grundsätze der Fremdnützigkeit und der Interessenwahrung, volle Transparenz und deshalb vollständige Offenlegung (auch von Zusammenhängen) realisiert werden. Falls sich in diesem Zusammenhang auch Belege im Besitz des Auftragnehmers befinden, sind diese � auf Aufforderung des Auftraggebers � vorzulegen, wodurch die belegte und damit vollständige Erfüllung der Pflicht zur Rechnungslegung erfolgt.

3.7.3.4.7.3 Im Zusammenhang mit dem Auslagen- und Verwendungsersatzrecht Die Bedeutung der Belege liegt deutlich im Bereich der Auslagen im Sinne von Art. 402 Abs. 1 OR. Mit der entsprechenden Belegung erfüllt der Auftragnehmer die ihn diesbezüglich treffende Spezifizierungspflicht im Rahmen seiner allgemeinen Abrechnungspflicht. Der Beauftragte hat sich in diesem Zusammenhang um entsprechende Belege zu bemühen. Im Bereich der Auslagen sind jedoch folgende Grenzen der Belegung zu beachten: Belege können etwa dort nicht beigebracht werden (und werden demnach auch im Rahmen der Abrechnungspflicht nicht gefordert), wo nach dem normalen Geschäftsleben keine Quittungen etc. ausgestellt werden und sich

1441 In der hL ist jedoch allgemein von einer Berichtspflicht die Rede, falls dies die Umstände

erfordern (d.h. im ganzen Bereich der Rechenschaftspflicht): BK-Fellmann, Art. 400 N 52 (unter Hinweis auf BK-Gautschi, Art. 400 N 28c).

1442 Siehe dazu Kapitel 3.3 und 3.7.1. 1443 Dies entspricht auch einer Vorstellung in der frühen Rechtsprechung der Schweiz zu Art.

398 aOR: Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 2.8.4.1. 1444 BK-Fellmann, Art. 400 N 48.

Page 340: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 294 -

in der Folge auch tatsächlich keine im Besitz des Beauftragten befinden. 1445 Die Rechtsprechung hat in diesem Zusammenhang allerdings klargestellt, dass es sich dabei um Ausnahmefälle handeln muss, 1446 steht doch bereits das Belegprinzip der Buchhaltung einer davon abweichenden Auffassung entgegen. In der Praxis wird diese Ausnahme in aller Regel ohnehin nur bei Beträgen von untergeordneter Bedeutung Anwendung finden.

Im Zusammenhang mit der Verwendung sind keine Belege von Dritten vorhanden, sondern die Belegung stützt sich einzig auf Aufzeichnungen des Beauftragten. Dabei gilt als Verwendung der Verbrauch (resp. auch die übermässige Abnutzung) von Sachen, die keinen unmittelbaren Geldaufwand darstellen. 1447 Aufgrund der notwendigen Abgrenzung zu den Generalunkosten wird deutlich, dass der Auftragnehmer nur jene Aufwendungen unter dem Rechtstitel des Anspruchs auf Verwendungsersatz geltend machen können soll, die in einem unmittelbaren und ausschliesslichen Zusammenhang mit dem konkret in Rechnung gestellten Auftrag stehen. Nur wenn die allgemeinen Anforderungen (Notwendigkeit, Verhältnismässigkeit) für die Geltendmachung der Verwendung erfüllt sind, gilt eine Aufwendung als belegt. Es liegt dabei in der Natur der Sache, dass hier der Auftragnehmer in die Lage versetzt ist, den entsprechenden Beleg selbst auszustellen. Der Beleg im Zusammenhang mit dem Verwendungsersatz stellt deshalb einen blossen Ausweis darüber dar, was der Auftragnehmer unter dem entsprechenden Rechtstitel �Verwendung� behauptet. Indem der Auftragnehmer aber seine diesbezüglichen Behauptungen einzeln aufführen muss, 1448 ist zum einen die Pflicht zur Spezifizierung der Rechnung erfüllt und zum anderen die damit verbundene Beweislast für diesen besonderen Teil der Abrechnungspflicht erbracht. 1449 Erforderlich ist, dass der Beauftragte alle Informationen aufführt, welche eine Überprüfbarkeit (auf Notwendigkeit und Verhältnismässigkeit) einer geltend gemachten Verwendung ermöglichen.

1445 BK-Fellmann, Art. 400 N 46. 1446 BGE 110 II 181ff., E. 2. 1447 BK-Fellmann, Art. 402 N 16f. 1448 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.6.3. 1449 BK-Fellmann, Art. 402 N 50 (mit dem Hinweis, dass der Richter im Prozess die

Aufwendungen auch schätzen kann). Hinsichtlich der Qualitätskriterien �Vollständigkeit� und �Richtigkeit� gelten analog die Ausführungen zur Spezifizierungspflicht im Bereich der Pflicht zur Rechnungsstellung: Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.2.3.

Page 341: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 295 -

3.7.3.4.7.4 Im Zusammenhang mit der Pflicht zur Rechnungsstellung

3.7.3.4.7.4.1 Gegenstand

Die Belegungs- und Aufzeichnungspflicht ist vor dem Hintergrund der Ausführungen zum Zweck der Rechnung 1450 und den Ergebnissen im Bereich der Spezifizierungspflicht 1451 zu formulieren.

Dabei bezieht sich eine entsprechende Pflicht von vornherein einzig auf die mögliche Belegung von Positionen, welche aufgrund der Pflicht zur Rechnungsstellung überhaupt spezifiziert werden müssen. Es handelt sich bei der Belegungs- und Aufzeichnungspflicht deshalb nicht um ein eigenständiges Informationsrecht, da es dem Auftraggeber keine weiteren (oder weitergehenden) Informationen verschafft.

Es wurde bereits im Rahmen der Spezifizierungspflicht des Vergütungsanspruchs auf die grundsätzliche Unschärfe der Rechnungsstellungspflicht hingewiesen, welche im Bereich des allgemeinen Mandatsrechts besteht. 1452 Aus diesem Grund ist als Ausgangspunkt auf ein Urteil des Bundesgerichts hinzuweisen, welches in einem Entscheid betreffend einer Vermögensverwaltung allgemein festgehalten hat, dass es für die Abrechnung nicht notwendigerweise Quittungen bedarf, �sondern es genügen jene schriftlichen Aufzeichnungen, die der Beauftragte nach Vertrag gehalten ist, über seine Tätigkeit zu verfassen.� 1453 Unter den �schriftlichen Aufzeichnungen� versteht das Bundesgericht offenbar das Anlegen einer Krankengeschichte und die Führung der Buchhaltung, da im Entscheid einzig auf die Lehrmeinung von Hofstetter 1454 verweisen wurde.

Nachfolgend soll dargestellt werden, ob im Rahmen der Abrechnungspflicht die entsprechenden Aufzeichnungen tatsächlich vorzulegen sind. In diesem Zusammenhang ist auf die Teilergebnisse in dieser Arbeit hinzuweisen, in denen dargelegt werden konnte, dass es, gestützt auf verschiedene Rechtsgrundlagen, einen Eigenbereich des Auftragnehmers gibt, welcher von den Informationsrechten des Auftraggebers zu respektieren ist:

1450 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.4. 1451 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.2. 1452 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.2.3. 1453 BGE 110 II 181ff., E. 2. 1454 Siehe dazu: Hofstetter, 1979, 90.

Page 342: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 296 -

(1) Soweit eine Offenbarungspflicht der Buchhaltung angesprochen wird, kann auf die folgenden spezifischen Ausführungen hingewiesen werden: Bei den Ausführungen zur Dokumentationspflicht konnte aufgezeigt werden, dass eine Aufzeichnungspflicht deutlich von einer Informationspflicht zu unterscheiden ist, was im Falle der Buchhaltung noch verstärkt Geltung hat. 1455 So konnte bei der Behandlung des Gegenstandes der Ablieferungsobligation dargelegt werden, dass eine Herausgabepflicht (und damit eine entsprechend hier diskutierte Belegungspflicht) bezüglich der Buchhaltung nicht gegeben ist. Die Buchhaltung gehört nach allgemeiner Auffassung zum Bereich der sog. Handakten, welche gerade von der Ablieferungsobligation und einer Vorlegungspflicht ausgenommen sind. Abschliessend ist auch darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Buchhaltung im Übrigen auch nicht um Informationen handelt, die der Auftragnehmer, gestützt auf die Erfordernisse des Interessenwahrungsgrundsatzes, an einen nachfolgenden Auftragnehmer herauszugeben hätte. 1456

Im Sinne einer Schlussfolgerung muss für das allgemeine Mandatsrecht gefordert werden, dass die Buchhaltung nicht als ein Gegenstand bezeichnet werden kann, welcher durch die Belegungspflicht im Rahmen der Abrechnungspflicht des Beauftragten erfasst wird. Damit wird ein Vergütungsanspruch auch dann durchsetzbar, wenn er nicht durch die Buchhaltung belegt wird. Anders ist die Rechtslage nur im Bereich der Pflicht zur Rechnungslegung, da hier eine Kontrolle durch den Auftraggeber ermöglicht werden soll. 1457

(2) In der im Entscheid zitierten Lehrmeinung wird weiter die Krankengeschichte als möglicher Gegenstand erwähnt. Es handelt sich bei der Krankengeschichte um jenes Informationsaggregat, dass der Auftragnehmer aufgrund einer schuldrechtlichen Dokumentationspflicht herzustellen verpflichtet ist. 1458 Wie bereits im Rahmen der Behandlung der Dokumentationspflicht ausgeführt worden ist, kann auch die Pflicht zur Rechnungsstellung als eine Rechtsgrundlage der Dokumentationspflicht angesehen werden. 1459

1455 Siehe diesbezüglich die Ausführungen im Rahmen der Dokumentationspflicht in Kapitel

3.2, 3.3.3.4.4 und 3.3.4. 1456 Siehe dazu Kapitel 3.3.4. 1457 Siehe dazu Kapitel 3.7.1 und 3.7.3.4.7.2. 1458 Siehe dazu Kapitel 3.2. 1459 Siehe dazu Kapitel 3.2.3.2.

Page 343: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 297 -

Es wurde aber bereits ausgeführt, dass unter schuldrechtlichen Gesichtspunkten eine Vielzahl von erstellten Dokumenten unter den Bereich der sog. internen Handakten fällt, weshalb diese von der Herausgabepflicht und entsprechend vom Einsichtsrecht ausgenommen sind. 1460 Dies trifft nach der hier vertretenen Ansicht auch gerade auf den überwiegenden Teil einer solchen Dokumentation (Krankengeschichte) zu.

Bei der Formulierung von Pflichten des Auftragnehmers ist stets zwischen einer Aufzeichnungspflicht des Beauftragten und einem Informationsrecht des Auftraggebers zu unterscheiden. Einer generellen Auffassung, dass die Aufzeichnungen aufgrund der Dokumentationspflicht zur Belegung der Forderungen des Beauftragten dem Auftraggeber übergeben werden oder sonst wie offengelegt werden müssten, kann aufgrund der in dieser Arbeit gewonnen Erkenntnissen nicht zugestimmt werden. Es handelt sich hierbei regelmässig um Daten, die dem eigentlichen Arbeitsbereich des Beauftragten zuzurechnen sind und damit den �Zugriffsschutz� beanspruchen können, wie er sich aus allgemeinen Überlegungen aus dem Informationsrecht im Mandatsvertrag und aus der datenschutzrechtlichen Informationsordnung ergibt. 1461 Es wäre zudem ein Wertungsbruch, falls der Auftragnehmer aufgrund einer �blossen� Pflicht zur Rechnungsstellung� (inkl. der entsprechenden Belegungspflicht) Informationen offenlegen müsste, die er selbst aufgrund von zentraleren Rechtsinstituten des Auftragsrechts (z.B. Interessenwahrungsgrundsatz etc.) nicht beizubringen hätte.

Der Auftragnehmer hat jedoch die entsprechenden Informationen in der Dokumentation zu erfassen, soweit es die Spezifizierungspflicht mit sich bringt. Im allgemeinen Auftragsrecht ist dies insbesondere dort der Fall, wo die Zeitvergütung verabredet wurde (oder keine eigentliche explizite Vereinbarung über die Vergütungsform getroffen worden ist). Allerdings ist auch hier zwischen Aufzeichnungspflicht und Offenlegungspflicht zu unterscheiden: Im Rahmen des allgemeinen Auftragsrechts ist in diesem Zusammenhang auf die �entlastende� Funktion der korrekt wahrgenommenen Pflicht zur Rechnungsstellung hinzuweisen: �Ist der Anwalt den Anforderungen an die Spezifizierung der einzelnen Positionen einer Honorarrechnung nachgekommen, ist in aller Regel davon auszugehen, dass die darin enthaltenen Angaben über den Zeitaufwand richtig in dem Sinne sind, dass sie

1460 Siehe dazu Kapitel 3.3.3.4.4 1461 Siehe dazu Kapitel 3.3.4 und 3.4.3.

Page 344: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 298 -

keiner weiteren Begründung bedürfen.� 1462 Was für den Anwalt gilt, gilt auch für jeden Beauftragten. Mit der entsprechenden Rechnung hat damit der Beauftragte seine Beweislast erfüllt. 1463 Da es sich bei der Pflicht zur Rechnungsstellung um eine Berichtspflicht handelt, wird der Inhalt und damit die Richtigkeit der Pflicht gerade durch die Pflicht selbst definiert und es gibt keine weitere und spezifische Kontrolle mehr. 1464 Entsprechend ist im Zusammenhang mit der Pflicht zur Rechnungsstellung der eigenständige Beweis der Richtigkeit nicht vorgesehen, weshalb keine weiteren Aufzeichnungen beizubringen sind.

Der dargestellte Mechanismus wirkt sich im Rahmen einer Belegungs- und Aufzeichnungspflicht im Bereich der Rechnungsstellungspflicht also in der Weise aus, dass es eine solche Belegungs- und Aufzeichnungspflicht nach der hier vertretenen Ansicht faktisch nicht gibt. Aus den angeführten Gründen ist der bundesgerichtlichen Rechtsprechung deshalb insofern nicht zu folgen, als diese eine tatsächliche Herausgabe oder Vorlegung der genannten Dokumente verlangt.

3.7.3.4.7.4.2 Einfluss der Vergütungsform auf den Gegenstand

In der Auseinandersetzung mit dem allgemeinen Mandatsvertragsrecht wurde dargelegt, dass die Frage der Vergütungsform einen entscheidenden Einfluss auf die Frage der Spezifikationspflicht hat: 1465 Im Falle einer pauschalierten Vergütungsabrede besteht im allgemeinen Mandatsrecht � im Gegensatz zum Anwaltsrecht � keine Spezifizierungspflicht.

Entsprechend hat die Frage der Vergütungsform auch einen Einfluss auf die Belegungs- und Aufzeichnungspflicht des Beauftragten: Die in den vorangehenden Abschnitten dargestellte Rechtslage gilt in all jenen Fällen, in denen ein Zeithonorar zwischen den Parteien vereinbart wurde. Bezüglich der Fälle, in denen eine besondere pauschale Vergütung vereinbart wurde, sind jeweils diejenigen Belege und Aufzeichnungen der Rechnung beizufügen, welche die Berechnung des Honorars bestimmen (bspw. Berechnung des Streitwertes und entsprechende Dokumentation, Darstellung des Erfolgseintritts etc.). 1466 Aufgrund der Vielfalt der Lebenssachverhalte 1462 Testa, 202 (mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). 1463 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.2.3. 1464 In diesem Sinne wohl auch ZR 91 Nr. 72 E.1, in welchem die Begriffe �Spezifizierung�

und �Substantiierung� bezogen auf die Pflicht zur Rechnungsstellung als Synonyme verwendet werden.

1465 Siehe dazu Kapitel 3.7.3.4.5.2.4. 1466 Testa, 200.

Page 345: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 299 -

ergibt sich der konkrete Gegenstand jeweils nur aufgrund des konkreten Umstandes, weshalb nur der Einzelfall beurteilt werden kann.

3.7.3.5 Fazit Nachdem in Kapitel 3.7.1 die Interessensituation im Auftragsvertrag im Allgemeinen und der mögliche Einfluss auf das Informationsrecht im Sinne von Art. 400 OR im Besonderen dargestellt wurde und in Kapitel 3.7.2 ein Vergleich der informationellen Rechtslagen in Auftragsvertrag und Personengesellschaftsvertrag vorgenommen worden ist, bildete die Auseinandersetzung mit der sog. Abrechnungspflicht den Schwerpunkt dieses Kapitels (Kapitel 3.7.3). Im Rahmen der Abrechnungspflicht wurden folgende Fragen geklärt und es folgt anschliessend eine Zusammenfasung der einzelnen Ergebnisse: Bestand der Abrechnungspflicht, Form der Abrechnung, Zweck der Rechnung, Inhalt der pauschalen Abrechnung, Inhalt der spezifizierten Abrechnung, Inhalt der Belegungs- und Aufzeichnungspflicht im Rahmen der Abrechnungspflicht.

Die entsprechenden Ausführungen zum Bestand der Abrechnungspflicht haben ergeben, dass das schweizerische Auftragsrecht eine allgemeine spontane Endabrechnungspflicht anerkennt. Von dieser spontanen Endabrechnungspflicht ist sowohl die Pflicht zur Rechnungslegung als auch die Pflicht zur Rechnungsstellung betroffen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass sich im schweizerischen Recht keine allgemeinen Fristen definieren lassen. Die Darstellung der Abrechnungspflicht hat weiter ergeben, dass, gestützt auf die Rechtsprechung, auch eine allgemeine Verpflichtung zur (spezifizierten) Zwischenabrechnung auf Verlangen bei allen Mandatsverhältnissen anzuerkennen ist (Pflicht zur Rechnungslegung und Pflicht zur Rechnungsstellung). Differenzierter ist die Rechtslage jedoch im Bereich einer Verpflichtung zur spontanen Zwischenabrechnung: Die Analyse der Rechtslage hat ergeben, dass im schweizerischen Mandatsrecht im allgemeinen Auftragsrecht nur eine Verpflichtung zur spontanen Rechnungslegung begründet werden kann, wobei sich eine eigentliche Rechnungsperiode nicht allgemein definieren lässt. Eine Verpflichtung zu spontanen Zwischenrechnungsstellung ist nur, gestützt auf spezialgesetzliche Grundlagen, anzuerkennen, wie es etwa auf die Situation des Anwalts zutrifft.

Die Abrechnung hat grundsätzlich in schriftlicher Form zu erfolgen. Im Rahmen der Pflicht zur Rechnungsstellung ist darauf hinzuweisen, dass eine Spezifizierung vorerst auch in anderer Form erfolgen kann, solange der Auftraggeber nicht ausdrücklich nach einer schriftlichen Spezifizierung verlangt.

Page 346: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 300 -

Der Inhalt der Abrechnung wird massgeblich durch die Zwecksetzung der Rechnung bestimmt, weshalb in der Darstellung vorab eine ausführliche Stellungnahme zu dieser Thematik erfolgte. Der Zweck der Pflicht zur Rechnungslegung besteht darin, dass die Ablieferungsobligation vorbereitet und dokumentiert wird. Daraus leitet sich auch direkt der Inhalt der Pflicht ohne Weiteres ab. Im Gegensatz dazu verfolgt der Zweck der Pflicht zur Rechnungsstellung das Ziel der Überprüfbarkeit der Angemessenheit der Honorarforderung. Bereits aus der rechtshistorischen Untersuchung (siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 2, insbesondere Kapitel 2.8) ist bekannt, dass durch dieses Instrument die Fremdnützigkeit des Mandats sichergestellt werden sollte. Entsprechend ist es nicht Zweck der Pflicht zur Rechnungsstellung, dass die Leistungen oder Tätigkeiten etc. überprüft werden. Im Fokus der Zwecksetzung steht neben der Sicherung der Fremdnützigkeit des Auftrages insbesondere die Gewährleistung einer gewissen Vertragsgerechtigkeit (im Sinne der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung).

Vor diesem Hintergrund wurde der Inhalt der Abrechnungspflicht (speziell der Pflicht zur Rechnungsstellung) untersucht. Es hat sich dabei gezeigt, dass das schweizerische Recht grundsätzlich eine erste und pauschale Art der Rechnungsstellung zulässt, sofern keine gesetzlichen Bestimmungen entgegenstehen oder anders lautende vertragliche Abreden bestehen. Eine solche erste, nicht spezifizierte Rechnung enthält beim entgeltlichen Mandat in inhaltlicher Hinsicht als Mindestbestandteile typischerweise zwei Positionen: Als Minimalstandard wird zum einen die Vergütung und zum anderen die Aufwendung gefordert (zur Spezifizierungspflicht der Aufwendungen sogleich unten). Die Möglichkeit einer ersten und pauschalen Art der Rechnungsstellung ist dort nicht gegeben, wo das Mandatsverhältnis durch ausserordentliche Umstände beendigt worden ist, indem bspw. der Auftrag widerrufen worden ist. Im Bereich der Rechnungslegung besteht demgegenüber eine grundsätzlich andere Rechtslage: Im Rahmen der Pflicht zur Rechnungslegung ist die erste Rechnung bereits zu spezifizieren, aber noch nicht zu belegen.

Grundsätzlich besteht keine Möglichkeit der Begrenzung auf eine pauschale Rechnungsstellung, da damit der Zweck der Rechnung unterlaufen werden kann. Währenddem ein Vorausverzicht von vornherein unbeachtlich ist, bedeutet ein nachträglicher Verzicht in der Regel nur ein Aufschub der Spezifizierungspflicht. Analoges gilt auch für die Pflicht zur Rechnungslegung, weshalb diese Grundsätze für die gesamte Abrechnungspflicht gelten.

Page 347: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 301 -

Aufgrund der bisherigen Ergebnisse aus der Arbeit konnten folgende inhaltliche Aussagen für eine Berichtspflicht �spezifizierte Abrechnung� (bei der Pflicht zur Rechnungsstellung) mit Geltung für das gesamte Mandatsrecht festgehalten werden:

(1) Es wird durch die Spezifizierungspflicht im allgemeinen Auftragsrecht kein Informationsrecht eingerichtet, welches nachträglich eine eigentliche Kontrolle über die Auftragsausführung ermöglicht. Thematisch ist die Berichtspflicht auf die Abrechnungspflicht begrenzt, welche eine blosse Überprüfung der Angemessenheit der Rechnung bezweckt.

(2) Der Zweck der Rechnung bringt es mit sich, dass nicht jede Teilleistung aufzuführen und mit der Angabe des Preises zu versehen ist. Der eigentliche Zweck der Rechnung setzt lediglich voraus, dass die (zusammengefassten) Leistungen, welche in einem inneren Zusammenhang stehen, separat mit einem Preis versehen werden. Setzt sich demnach der Auftrag aus Teilleistungen zusammen, die aber letztlich eine Leistung darstellen, weil alle Teilleistungen einen inneren Zusammenhang aufweisen, so ist auch nur die Auflistung einer Leistung und eines Zeitaufwandes resp. einer Preisangabe geschuldet. Es wird eine �Unschärfe� in der Rechnungsstellung bewusst in Kauf genommen. Aus diesem Grund müssen nicht alle Leistungen aufgeführt werden. Es können gleichartige und verschiedenartige Leistungen zusammengefasst werden, soweit ein innerer Zusammenhang gegeben ist. Dabei reichen jeweils generelle Leistungsbeschriebe/Bezeichnungen aus.

(3) Die Grundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruches (insbesondere Vergütungsform) sowie der Totalbetrag sind anzuführen. Bei einem Zeithonorar ist dementsprechend entweder der Stundenansatz (pro zusammengefasste Leistung) oder die Stundenanzahl offenzulegen. Es reicht die Angabe eines durchschnittlichen Stundensatzes.

(4) Eine Abrechnung, welche den gesamten vorangehenden Ausführungen entspricht (siehe die gesamten Ausführungen dieses Fazit), erfüllt die Informationsqualitätskriterien, welche im Rahmen der Informationspflichten gemäss Art. 400 OR formuliert werden: Vollständigkeit, Rechtzeitigkeit und Wahrheit.

Aufgrund der Ausführungen präsentiert sich die Abrechnungspflicht als eine standardisierte Informationspflicht, welche als Berichtspflicht das Thema und den Inhalt vorgibt. Mit einer entsprechend spezifizierten Rechnung erfüllt der Auftragnehmer alle Anforderungen der Abrechnungspflicht und damit alle

Page 348: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 302 -

Anforderungen einer Informationspflicht �Rechenschaft�, welche ihre Rechtsgrundlage in Art. 400 Abs. 1 OR hat.

Die Untersuchung des Einflusses der Vergütungsform auf die Spezifizierungspflicht hat zu den folgenden Ergebnissen geführt: Im allgemeinen Mandatsrecht entfällt eine Spezifizierungspflicht bei der Verabredung einer pauschalen Vergütungsform (Prozent-, Pauschal- und Erfolgshonorar). Dabei unterscheidet sich die allgemeine Rechtslage deutlich von der Rechtslage im Bereich des Anwaltsvertrages, wo auch bei pauschalen Vergütungen die Möglichkeit der Überprüfbarkeit der Angemessenheit von Honorarforderungen verlangt wird. Diese unterschiedliche Behandlung kann aufgrund der unterschiedlichen Rechtsgrundlagen gerechtfertigt werden, auch wenn im allgemeinen Auftragsrecht die Überprüfbarkeit grundsätzlich infrage gestellt wird.

Die Ausführungen zum Auslagen- und Verwendungsersatzrecht haben deutlich gemacht, dass in diesem Bereich � wie im Bereich der Pflicht zur Rechnungslegung � eine pauschale Rechnungsstellung nicht möglich ist, weshalb die Beträge bereits in einer ersten Rechnungsstellung spezifiziert, allerdings noch nicht belegt aufgeführt werden müssen. Diese Spezifizierungspflicht ergibt sich aus der Tatsache, dass jede Aufwendung auf ihre Notwendigkeit und Verhältnismässigkeit überprüft werden können soll.

Die Untersuchung der Belegungs- und Aufzeichnungspflicht, welche die Abrechnungspflicht vervollständigt, hat gezeigt, dass zwischen den drei Bereichen �Rechnungslegung�, �Rechnungsstellung� und �Auslagen- und Verwendungsersatzrecht� zu unterscheiden ist:

(1) Die Pflicht zur Rechnungslegung ermöglicht dem Auftraggeber ein beschränktes Kontrollrecht, soweit die Rechnungslegung überhaupt reicht. Entsprechend hat der Beauftragte die Aufzeichnungen im Rahmen einer Berichtspflicht als Teil der Pflicht zur Rechnungslegung zu übergeben. In diesem beschränkten Bereich soll Transparenz herrschen, weshalb der Auftragnehmer bei Bedarf dazu verpflichtet werden kann, erläuternde Bemerkungen anzubringen oder Gesamtdarstellungen zu erstellen, wenn dadurch das Verständnis der tatsächlichen Situation erst ermöglich wird.

(2) Im Zusammenhang mit den Auslagen ist die Belegungspflicht zentral. Grundsätzlich ist jede Auslage zu belegen, ansonsten sie nicht geltend gemacht werden kann. Im Zusammenhang mit den Verwendungen ist die Aufzeichnungspflicht von Bedeutung, ist doch darzulegen, warum eine ersatzfähige Verwendung vorliegt. Diese

Page 349: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 303 -

Aufzeichnungen sind notwendig, damit auch eine Abgrenzung zu den sog. Generalunkosten möglich wird.

(3) Im Zusammenhang mit der Pflicht zur Rechnungsstellung ist darauf hinzuweisen, dass insbesondere die schriftlichen Aufzeichnungen wie Buchhaltung und Dokumentation des Auftrages, welche aufgrund der Dokumentationspflicht zu erstellen ist, auch nicht im Rahmen der Abrechnungspflicht (Pflicht zur Rechnungslegung und Pflicht zur Rechnungsstellung) herauszugeben sind (siehe dazu insbesondere die Ausführungen in Kapitel 3.2 und 3.3). Aus diesem Grunde gibt es im Bereich der Pflicht zur Rechnungsstellung keine weitere Belegungspflicht, da insbesondere eine Abrechnung, welche allen Anforderungen der Spezifikation genügt, die Vermutung der Vollständigkeit, Wahrheit und Richtigkeit beanspruchen kann.

Die gesamten Ausführungen zur Abrechnungspflicht haben ergeben, dass die Abrechnungspflicht � neben der Dokumentationspflicht � die zentrale Pflicht im Rahmen der Rechenschaftspflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR darstellt.

Page 350: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 304 -

4 Fazit der vorliegenden Arbeit

4.1 Erklärtes Ziel Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Erarbeitung eines Beitrages zum Verständnis des Informationsrechts im Auftragsrecht. Dabei sollen ein konkretes Verständnis der Informationspflicht �Rechenschaft� geschaffen und der Inhalt der entsprechenden Pflicht definiert werden. Nachfolgend werden die entsprechenden Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zusammengefasst dargestellt:

4.2 Ergebnis der rechtsgeschichtlichen Darstellung Die rechtshistorische Darstellung der Rechenschaftspflicht in Kapitel 2 der vorliegenden Arbeit hat ergeben, dass seit jeher die Rechnungslegung zentraler Inhalt der Pflicht war. Dieses Ergebnis hat die Beschäftigung mit den römischen Rechtsquellen und den einzelstaatlichen deutschen Kodifikationen von Hessen, Bayern und Sachsen ergeben. Der entsprechende Befund bestätigt sich auch bei der Analyse des ALR, des ABGB und des Code Civil. Dieses Rechtsverständnis setzt sich weiter auch in der Kodifikationsgeschichte zum Dresdener Entwurf und zum BGB fort, wobei im letztgenannten Fall aufgezeigt werden konnte, dass die Einflüsse der Zweiten Kommission und damit die Schaffung einer allgemeinen Informationsnorm nicht auf die schweizerische Rechtsentwicklung eingewirkt haben.

Soweit die Rechtslage in der Schweiz in rechtshistorischer Hinsicht untersucht wurde, ergibt sich ursprünglich eine klare Orientierung an der Pflicht zur Rechnungslegung, wobei sowohl im Rahmen des PGB als auch des aOR resp. OR alsdann die Pflicht zur Rechnungsstellung als weiterer Inhalt der Rechenschaftspflicht erkannt worden sind. Typisch für die Rechtslage im Rahmen des PGB ist etwa die Auffassung, dass das Vertrauen beim Eingehen einer mandatsrechtlichen Beziehung eine Relativierung der Informationspflichten mit sich bringt. Aus der entsprechenden Untersuchung wird deutlich, dass das Auftragsrecht kein allgemeines Informationsrecht �Rechenschaftspflicht� gewährt.

Dabei hat nach der hier vertretenen Ansicht die schweizerische (bundesgerichtliche) Rechtsprechung den Inhalt der infrage stehenden Rechenschaftspflicht in der Weise konkretisiert, als die Verwirklichung des Zwecks der Rechnung ins Zentrum gestellt wird. Dabei bezweckt diese Pflicht die Gewährleistung, dass der Auftraggeber die Angemessenheit einer Honorarforderung überprüfen kann. Die entsprechende

Page 351: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 305 -

Spezifizierungspflicht fordert deshalb die inhaltliche Detaillierung der Information, aber eben nur, soweit es dieser spezifische Zweck es rechtfertigt.

In diesem Sinne ergab die rechtshistorische Untersuchung, bezogen auf die Rechtslage im geltenden Obligationenrecht, in Gesetzgebung, Lehre und Rechtsprechung ein einheitliches Bild: Im Ergebnis ist die mandatsrechtliche Rechenschaftspflicht die Pflicht zur belegten oder anderswie justifizierten Rechnungslegung resp. zur spezifizierten Rechnungsstellung. Inhaltlich handelt es sich dabei gemäss der Begriffsbestimmung in dieser Arbeit um die sog. Abrechnungspflicht.

4.3 Ergebnis der rechtssystematischen Darstellung Neben der rechtshistorischen Untersuchung in Kapitel 2 wurden in der rechtssystematischen Darstellung zahlreiche Argumente daraufhin untersucht, was sich aus ihnen für den Bestand und den Inhalt der Informationspflicht �Rechenschaft� ableiten lässt. In der entsprechenden Darstellung wurden insbesondere verschiedene Typenmerkmale und Institutionen des Auftragvertrages auf ihren Einfluss auf die entsprechende spezifische Informationspflicht �Rechenschaft� des Beauftragten untersucht. Die Ergebnisse lassen sich anschliessend wie folgt zusammenfassen:

4.3.1 Dokumentationspflicht Die Darstellung ergab, dass der Beauftragte einer eigentlichen Aktenführungspflicht zu genügen hat, welche seine Auftragsausführung dokumentiert (Rekonstruktion). Diese Pflicht lässt sich aus verschiedenen Rechtsgrundlagen ableiten, was aber auch bedeutet, dass diese Dokumentation auch verschiedenen Rechtsansprüchen zu genügen hat. Es ist deshalb zu differenzieren, in welchem Ausmass hier die Rechenschaftspflicht von Bedeutung ist.

Nach der hier vertretenen Ansicht ist die zentrale Grundlage der Dokumentationspflicht jedoch der allgemeine Interessenwahrungsgrundsatz des Beauftragten, weshalb die entsprechende Aufzeichnungspflicht vor allem Ausfluss der Ausführungsobligation resp. in diesem Zusammenhang zu begreifen ist. Dabei stellt die Dokumentationspflicht den Auftrag in seiner informationsmässigen Dimension sicher, hat aber insbesondere grundsätzlich nicht den Zweck, eine informierte Gegenpartei zu haben oder zu schaffen. Geschützt resp. beabsichtigt ist vor allem einmal die Ausführung des Auftrages selbst. Gestützt auf diese Einordnung, ist die Unterstützung der Auftragsausführung als solche oberste Leitidee der Dokumentationspflicht, weshalb bloss ein abstraktes Interesse des Auftraggebers an einer optimalen Auftragsausführung verwirklicht wird. Diese Differenzierung hat ihre

Page 352: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 306 -

Bedeutung insbesondere darin, dass die Rechtspositionen, bezogen auf diese Dokumentation, entsprechend ausgestaltet werden können. �Begünstigt� von dieser Rechtslage ist damit der Auftragnehmer, da seine Interessen geschützt werden, soweit sich die Dokumentationspflicht auf die Rechenschaftspflicht als Grundlage stützen kann.

In inhaltlicher Hinsicht weist die Dokumentation drei Bereiche auf: �Sachverhalt�, �Handlungen� und �Aufklärung�. Die Ausführungen haben ergeben, dass es sich um eine umfangreiche und detaillierte Dokumentation handeln kann, die etwa auch den im Zusammenhang mit der Rechenschaftspflicht entwickelten Informationsqualitätskriterien �Vollständigkeit�, �Wahrheit� und �Rechtzeitigkeit� zu genügen hat. Dabei ist festzustellen, dass die Dokumentationspflicht in den Bereichen �Sachverhalt� und �Handlungen� eine eigentliche Berichtspflicht darstellt, da jeweils Thema und Inhalt vorgegeben sind. In dieser Hinsicht kann die Tatsache bejaht werden, dass die Rechenschaftspflicht eine wesentliche Grundlage der Dokumentationspflicht ist. Es wurde weiter aufgezeigt, dass demgegenüber der Bereich �Aufklärung� bei der Dokumentationspflicht eine andere Qualität aufweist, weshalb andere Rechtsfolgen (Vorlegungspflicht) resultieren.

Im Ergebnis ist die mandatsrechtliche Dokumentationspflicht, soweit sie sich auf die Rechenschaftspflicht abstützt, eine Arbeitsunterlage, die dem Beauftragten resp. der Abwicklung des Auftrages abstrakt dient. Die Interessenwahrung zielt dabei einzig auf die Auftragsausführung als solche und deren abstrakte Sicherung, nicht aber auf einen informierten Auftraggeber ab (Ausnahme: Aufklärungspflicht als einem Bereich der Dokumentationspflicht, wobei eben anzumerken ist, dass dieser Teil einer Dokumentationspflicht sich nicht auf die Rechtsgrundlage einer Rechenschaftspflicht [Art. 400 Abs. 1 OR] abstützen kann.).

4.3.2 Ablieferungsobligation Die Ablieferungsobligation realisiert das mandatsrechtliche Konzept der Nichtbereicherung, weshalb eine allgemeine Bereinigung der Vermögens- und Sachsphäre eingerichtet wird. Dies trifft auf zwei von drei Bereichen der Ablieferungsobligation (Herausgabe des bei der Auftragsausführung Erhaltenen und Erlangten) unbeschränkt zu, weshalb in diesen Bereichen das Interesse des Auftraggebers vollständig zum Durchbruch gelangt. Entsprechend ist der Inhalt der Ablieferungspflicht und die dazugehörende Pflicht zur Rechenschaft gemäss Art. 400 Abs.1 OR in diesen Bereichen zu formulieren.

Page 353: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 307 -

Die Ausführungen haben aber weiter ergeben, dass die Situation im dritten Bereich der Ablieferungsobligation (Herausgabe des bei der Auftragsausführung Geschaffenen) anderen Kriterien folgt. Die Darstellung dieser Ablieferungsobligation und die Auseinandersetzung mit dem Leistungsgegenstand im Auftragsrecht führten zum Ergebnis, dass das Auftragsrecht nur im Rahmen des eigentlichen Arbeitsresultates das Interesse des Auftraggebers im Sinne einer eindeutigen Interessenvorherrschaft anerkennt. Im Übrigen kann keine zwingende Interessenprävalenz des Auftraggebers festgestellt werden, was dazu führt, dass grundsätzlich kein Informationsrecht �Rechenschaft� besteht.

Die weitere Analyse hat ergeben, dass in dieser Rechtslage das Konzept der sog. Handakten die notwendige Klärung im Rahmen dieses Bereichs der Ablieferungsobligation bringen kann. Es handelt sich dabei um ein Konzept, welches im Auftragsrecht allgemein anwendbar ist. Dieses beschreibt sowohl konzeptionell als auch gegenständlich einen Bereich, welcher von der Ablieferungsobligation ausgenommen wird (Eigenbereich des Auftragnehmers). Damit ist die Rechtslage anders zu beurteilen als in den beiden anderen Bereichen der Ablieferungsobligation. Gestützt auf die Ablieferungsobligation, kann etwa die Herausgabe der Arbeitsunterlage, welche im Rahmen der Dokumentationspflicht erstellt worden ist, grundsätzlich verweigert werden (Ausnahme: Dokumentation über die Aufklärungspflicht, wobei eben anzumerken ist, dass dieser Teil einer Dokumentationspflicht sich nicht auf die Rechtsgrundlage einer Rechenschaftspflicht [Art. 400 Abs. 1 OR] abstützen kann.).

Es wurde auch dargelegt, dass die Rechenschaftspflicht als komplementäres Informationsrecht zur Herausgabepflicht die gleichen Beschränkungen wie die Herausgabepflicht aufweist. Damit wird der entsprechende Eigenbereich der sog. Handakten einheitlich geachtet, auch von den weiteren schuldrechtlichen Informationspflichten (Vorlegungspflicht, Recht auf Kopie etc.), weshalb in dieser Hinsicht von einer einheitlichen Informationsordnung gesprochen werden kann.

Durch die Anerkennung eines adressatenspezifischen Informationsrechts, nach welchem der nachfolgende Beauftragte entsprechende Informationen des vorangehenden Beauftragten einfordern kann, ist das Interesse des Auftraggebers an der gesamten Auftragsausführung des Auftrages hinreichend gesichert, weshalb auch die eigentliche Zwecksetzung der Dokumentationspflicht voll zur Geltung kommt. Dieses Konzept ermöglicht es, durch ein entsprechendes Verständnis der

Page 354: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 308 -

Interessenwahrungspflicht die gegenläufigen Interessen von Auftragnehmer und Auftraggeber zu koordinieren.

4.3.3 Datenschutzrecht

Das Datenschutzrecht stellt eine wichtige Orientierungshilfe in der Informationsordnung des Auftragsvertrags dar, weil diese Ordnung auf einer grundsätzlichen Interessenabwägung zwischen den Parteien basiert. Die daraus resultierende Informationsordnung liefert deshalb einen verlässlichen Anhaltspunkt darüber, wie die Informationsordnung allgemein ausgestaltet sein sollte, damit die Interessen angemessen / �gerecht� berücksichtigt worden sind.

In diesem Zusammenhang wurde deutlich, dass zwischen einer materiellrechtlichen und einer prozessualen Rechtslage zu unterscheiden ist. Da sich die vorliegende Arbeit mit der materiellen Rechtslage auseinander setzt, war einzig diese Informationsordnung darzustellen. Aus den entsprechenden materiellrechtlichen Schlussfolgerungen wird deutlich, dass das Datenschutzrecht auf die Daten zurückgreifen muss, welche schuldrechtlich aufzuzeichnen sind (Dokumentationspflicht).

Die Abwägungen im Rahmen des datenschutzrechtlichen Anwendungsbereichs haben ergeben, dass die Dokumentation als die zentrale Arbeitsunterlage des Beauftragten nicht vom Datenschutzrecht erfasst ist, weil sie zum Eigenbereich des Beauftragten zu zählen ist. Dies widerspiegelt aber auch gerade eine zentrale Erkenntnis in der Informationsordnung des Auftragsvertrages, wie sie aus der Analyse der schuldrechtlichen Normen gewonnen werden konnte.

Weiter wurde in der Auseinandersetzung mit den Grundlagen des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruches aufgezeigt, dass der allgemeine datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch im hier untersuchten privatrechtlichen Anwendungsbereich inhärente Grenzen kennt, welche dem Auskunftsanspruch die eigene Basis entziehen. Entsprechend kann die Grundlage für ein entsprechendes Auskunftsrecht erst gar nicht begründet werden. Zudem konnte dargestellt werden, dass die Informationsordnung, welche schuldrechtlich begründet wird, durch die ausdrücklichen Einschränkungen des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs gestützt wird.

Im Ergebnis werden zentrale Aussagen aus der Analyse von schuldrechtlichen Rechtsinstituten und Typenmerkmalen des Auftragsvertrags durch die Ausführungen

Page 355: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 309 -

und die Rechtslage im Datenschutzrecht bestätigt, was zur Feststellung führt, dass hier eine einheitliche, rechtliche Grundordnung herrscht.

4.3.4 Weisungsrecht Die Gegenüberstellung zwischen Auftragsvertrag und Arbeitsvertrag hat die verschiedenen Grundlagen und Wirkungsweisen der Weisungsrechte in den beiden Vertragstypen offengelegt.

In informationsrechtlicher Hinsicht liegt der entscheidende Unterschied zwischen diesen beiden Arbeitsleistungsverträgen im Bestehen oder Nichtbestehen eines Kontrollrechtes, welches im Bereich des Arbeitsvertrages dem rechtlich relevanten Subordinationsverhältnis entspricht. Das Kontrollrecht (des Auftraggebers) ist demgegenüber als grundsätzlich mit dem Auftragsvertrag unvereinbar anzusehen.

Hinsichtlich des hier zu untersuchenden Informationsrechts (Rechenschaftspflicht) zeichnet sich das Auftragsrecht durch eine einheitliche Informationsordnung aus. Dabei wurde im Zusammenhang mit der Darstellung des Fachanweisungsrechts das eingeschränkte Einwirkungsrecht des Auftraggebers herausgearbeitet, was im Resultat auch mit dem Autonomiekonzept des Auftragvertrags harmoniert, welches im Rahmen der Ausführungen zur Dokumentationspflicht, Ablieferungspflicht und zum Datenschutzrecht dargestellt worden ist.

Dem eingeschränkten Weisungsrecht entspricht informationsseitig ein eingeschränktes Informationsrecht, wodurch sich die hier untersuchte Informationsordnung im Auftragsrecht auszeichnet. Es wurde dabei dargestellt, weshalb aus dem bestehenden Weisungsrecht in der Ausprägung des Fachanweisungsrechts nichts für ein umfassendes Informationsrecht �Rechenschaft� abgeleitet werden kann. Die Untersuchung ergab, dass der Gesetzgeber in einem Grundsatzentscheid die verschärfte Haftung als Ausgleichsmechanismus für den zugestandenen Autonomiebereich gewählt hat, wodurch sich die Rechtslage auch zu derjenigen im Personengesellschaftsrecht unterscheidet. In diesem Sinne entspricht das eingeschränkte Informationsrecht �Rechenschaft� auch einem generellen Einordnungsprinzip (Interessengegensatz, Interessenwahrnehmung, Interessenvergemeinschaftung, geordnet nach Intensität einer vertraglichen Beziehung), da es sich beim Auftragsvertrag lediglich um einen Interessenwahrungsvertrag handelt.

Die Beschäftigung mit dem Auftrag als Organisation führte zu einer Informationsordnung, welche sich über konkrete Zuständigkeiten des Auftraggebers

Page 356: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 310 -

definieren muss: Eine Informationspflicht, gestützt auf Art. 400 OR, ergibt sich diesbezüglich nur und insoweit, als eine konkrete Zuständigkeit oder eine Interessenlage gegeben ist. In genereller Weise zeigte sich bei der entsprechenden Untersuchung, dass für die Wahrnehmung des Zielanweisungsrechts jedoch eine eigentliche Kommunikationsnorm notwendig ist, weshalb sich insbesondere die Aufklärungs- und Benachrichtigungspflichten als Grundlagen für eine entsprechend erforderliche Kommunikationsordnung anbieten. Die Rechenschaftspflicht kann aber nach der hier vertretenen Ansicht diese Kommunikation gerade nicht sicherstellen, weshalb, gestützt auf Art. 400 OR, auch die Rechtfertigung für ein �umfassendes Informationsrecht Rechenschaft� mangels Zuständigkeit resp. Interesse entfällt.

4.3.5 Vertrauen Das entsprechende Kapitel untersuchte die Wirkungsebenen von Vertrauen im Auftragsvertrag. Dabei wurde das Vertrauen als eigentliche Basis des Auftragvertrags, als eigentliches Informationssurrogat und als Grundlage für das mandatsrechtliche Widerrufsrecht dargestellt.

Es wurde ausgeführt, dass nach richtigem Verständnis der Funktion von Vertrauen � gerade gestützt darauf � kein allgemeines Informationsrecht hergeleitet werden kann, soweit es um eine Informationspflicht im Rahmen der Rechenschaftspflicht gemäss Art. 400 OR geht.

Die Darstellung hat insbesondere ergeben, dass die einzige Rechtsfolge von verlorenem Vertrauen die Möglichkeit der Wahrnehmung eines jederzeitigen Widerrufsrechts und nicht etwa ein umfassendes Informationsrecht ist. Dies folgt v.a. aus dem Umstand, dass �Vertrauen� den Beauftragten nie zu einem aktiven Unterfangen zwingt, soweit es die hier untersuchten Informationspflichten �Rechenschaft� gestützt auf Art. 400 OR betrifft.

4.3.6 Interessenwahrungsgrundsatz In der vorliegenden Arbeit wurden drei Aspekte des Interessenwahrungsgrundsatzes dargestellt und daraufhin untersucht, welchen Einfluss sie auf ein Informationsrecht �Rechenschaftspflicht� haben:

Die Ausführungen zum allgemeinen Interessenwahrungsgrundsatz haben gezeigt, dass der Auftragsvertrag grundsätzlich als Austauschvertrag zu verstehen ist. Dabei zeigen gerade die Darstellungen in den anderen Kapiteln, dass die allgemeine Wirkung eines Interessenwahrungsgrundsatzes auf das hier untersuchte Informationsrecht aus dem

Page 357: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 311 -

Grunde beschränkt ist, weil die jeweiligen konkreten Lösungen der Fragestellungen, welche in den einzelnen Kapiteln dieser Arbeit dargestellt wurden, bereits den Aspekt der allgemeinen Interessenwahrung berücksichtigt haben. Damit bleibt der Einfluss der allgemeinen Interessenwahrung bei richtiger Einordnung grundsätzlich aus. Dies harmoniert mit der Feststellung, dass sich die konkreten Informationspflichten im Auftragsvertrag aus einer besonderen Zuständigkeit oder einer besonderen Interessenlage ergeben müssen. Es ist dies die Sichtweise, welche den Blick für die Wirkung des Interessenwahrungsgrundsatzes nicht verklärt, weshalb auch die Gefahr gebannt ist, den Interessenwahrungsgrundsatz als Ersatzgrundlage für Informationspflichten des Beauftragten zu verwenden.

Das Personengesellschaftsrecht zeichnet sich durch eine besondere Interessenlage zwischen den Gesellschaftern aus. Informationsseitig wird grundsätzlich jedem Personengesellschafter entsprechend dieser besonderen Situation ein umfassendes Kontrollrecht zugestanden, was dem Wesen des Gesellschaftsvertrages als einem Interessenvergemeinschaftungsvertrag entspricht. Der grundlegende Gedanke der Gleichbehandlung der Parteien führt zur informationsrechtlichen Gleichstellung der Vertragsparteien. Dabei lassen sich die Informationsrechtsordnung und damit die spezielle gesellschaftsrechtliche Interessenlage in ein einheitliches System einordnen (Interessenvergemeinschaftungsverträge, Interessenwahrungsverträge, Interessengegensatzverträge). Hierbei erscheint der Auftragsvertrag als Interessenwahrungsvertrag und damit als ein Vertragsmodell, welches kein allgemeines Kontrollrecht kennt und entsprechend auch kein umfassendes Informationsrecht einrichtet.

Eine angesprochene spezifische Interessenlage und eine entsprechende Zuständigkeit sind im Rahmen der Abrechnungspflicht (und damit bei der Pflicht zur Rechnungslegung und zur Rechnungsstellung) gegeben. In diesem Zusammenhang ergibt sich die Zuständigkeit des Auftraggebers aus der Pflicht des Auftraggebers, den Beauftragten für die Arbeitsleistung zu honorieren (Vergütungspflicht), ihn schadlos zu halten (Auslagen- und Verwendungspflicht) sowie aus dem Interesse, dass sich der Auftragsvertrag durch die Fremdnützigkeit auszeichnet (Ablieferungsobligation). Soweit dem Auftraggeber in diesem Zusammenhang Rechte zugestanden werden (Überprüfung der Angemessenheit einer Honorarforderung, Interesse an der Fremdnützigkeit etc.), ist auch eine Informationspflicht des Beauftragten anzuerkennen.

Page 358: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 312 -

4.4 Abrechnungspflicht als Rechenschaftspflicht Gemäss der Zielsetzung der vorliegenden Arbeit soll ein konkretes Verständnis der Informationspflicht �Rechenschaft� gemäss Art. 400 Abs. 1 OR gewonnen und der Inhalt der entsprechenden Pflicht definiert werden. Die rechtshistorischen und rechtssystematischen Untersuchungen führen nach der hier vertretenen Ansicht zum Ergebnis, dass die Rechenschaftspflicht in inhaltlicher Hinsicht als Informationspflicht jene Informationen liefert, die im Rahmen einer spezifizierten Abrechnung (unter Berücksichtigung des Zwecks der Rechnung) bereitzustellen sind. Nach der hier vertretenen Ansicht erfüllt die Rechenschaftspflicht im Auftragsrecht, soweit es ihre Wirkung gegenüber dem Auftraggeber betrifft, damit informationsrechtlich ein Standardinformationsprogramm. Dies charakterisiert die Rechenschaftspflicht im Auftragsvertrag gemäss Art. 400 Abs. 1 OR als eigentliche Berichtspflicht, da die Pflicht sowohl thematisch wie auch inhaltlich vorgegeben ist.

Im Hinblick auf die rechtshistorischen Wurzeln dieser Pflicht kann damit festgestellt werden, dass die Rechenschaftspflicht nach der hier vertretenen Ansicht ein tradiertes Rechtsinstitut ist. Die entsprechende Untersuchung hat gezeigt, dass die Rechenschaftspflicht einen klaren Inhalt hat und � allerdings in einem klar definierten Bereich � Transparenz (Vollständigkeit, Rechtzeitigkeit, Wahrheit) resp. Interessenausgleich (Fremdnützigkeit) im Auftragsverhältnis herstellen will. In diesem Zusammenhang macht gerade auch die Dokumentationspflicht deutlich, welche Interessen im Rahmen der Rechenschaftspflicht gemäss Art. 400 Abs. 1 OR geschützt werden sollen (Auftraggeberinteresse an Information versus Interesse an einer abstrakten Auftragsausführung als solcher). Es zeigt sich nach der in dieser Arbeit vertretenen Auffassung, dass die Bereiche �Information an sich� (die Dokumentation) und �Information für den Auftraggeber� genau abgegrenzt werden müssen. Aufgrund der vorliegenden Untersuchung ist � gestützt auf Art. 400 Abs. 1 OR � dieser Bereich (gewissermassen die Schnittmenge der beiden Bereiche) die Abrechnungspflicht, weshalb sich die entsprechende Informationspflicht darauf beschränkt.

Aus der rechtshistorischen Untersuchung und aus der Gesetzessystematik geht hervor, dass zwischen der Rechenschaftspflicht und der Ablieferungsobligation ein enger Bezug besteht. Die entsprechende Darstellung hat gezeigt, dass � aus informationsrechtlicher Sicht � im hier interessantesten Bereich dieser Pflicht (Herausgabe des bei der Auftragsausführung Geschaffenen) nur im Bereich des eigentlichen Arbeitsresultats die Interessenprävalenz des Auftraggebers deutlich wird (Orientierung am Arbeitsresultat). Die Anerkennung der sog. Handakten im

Page 359: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 313 -

Auftragsrecht (und damit eines sog. Eigenbereichs des Auftragnehmers) führt nämlich dazu, dass das Informationsrecht �Rechenschaftspflicht� nach Art. 400 Abs. 1 OR einzig im Zusammenhang mit der Ablieferungsobligation im Bereich der Pflicht zur Rechnungslegung und / oder Abrechnungspflicht umfassend anerkannt werden kann. Hier (Herausgabe des bei der Auftragsausführung Erhaltenen und Erlangten) sichert die Ablieferungsobligation das mandatsrechtliche Konzept der Nichtbereicherung, weshalb in diesen Bereichen das Interesse des Auftraggebers auf Information im Rahmen der Rechenschaftspflicht anzuerkennen ist. Dabei ist von Bedeutung, dass die Rechenschaftspflicht die Wertungen der Ablieferungsobligation mitträgt, weshalb sie keinen komplementären Informationsanspruch zur Herausgabepflicht darstellt.

Die Untersuchung hat gezeigt, dass im Rahmen der Pflicht zur Rechnungslegung die Fremdnützigkeit des Auftragsvertrages in der Weise bestimmend ist, dass in diesem Bereich die Rechenschaftspflicht gemäss Art. 400 Abs. 1 OR eine eigentliche Kontrollpflicht werden kann. Thematisch betrifft dies zwei Bereiche der Ablieferungsobligation (Herausgabe des bei der Auftragsausführung Erhaltenen und Erlangten). Die Untersuchung der Abrechnungspflicht zeigt aber weiter, dass die Rechenschaftspflicht gemäss Art. 400 Abs. 1 OR im Rahmen der Pflicht zur Rechnungsstellung gerade nicht zu einem Kontrollrecht führt. Weder das auftragsrechtliche Weisungsrecht noch das Vertrauenskonzept oder die Interessensituation, welche dem Auftragsvertrag unterlegt sind, rechtfertigen ein entsprechendes Kontrollrecht. Eine Kontrolle wird nur zugestanden, wo es der Zweck der Rechnung erfordert, da nur insoweit die Interessen des Auftraggebers berücksichtigt werden. Dabei geben die Anforderungen aus der Spezifizierung der Abrechnung das Mass der Kontrollmöglichkeit vor. Vor diesem Hintergrund erfolgt diese Spezifizierung nach den folgenden Grundsätzen:

1. Es muss nicht jede Teilleistung aufgeführt werden.

2. Alle Leistungen mit einem inneren Zusammenhang können zusammengefasst dargestellt werden.

3. Es können gleichartige und verschiedenartige Leistungen zusammengefasst werden, soweit ein innerer Zusammenhang gegeben ist.

4. Es wird eine �Unschärfe� in der Rechnungsstellung bewusst in Kauf genommen.

5. Es reichen generelle Leistungsbeschriebe/Bezeichnungen.

Page 360: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 314 -

Die Angabe der Vergütungsform und Angabe des (durchschnittlichen) Stundensatzes oder der aufgewendeten Stunden ist notwendig

Abschliessend kann festgehalten werden, dass die Rechenschaftspflicht im Auftragsrecht gemäss Art. 400 Abs. 1 OR die Pflicht zur Rechnungslegung resp. die Pflicht zur Rechnungsstellung ist. In inhaltlicher Hinsicht liefert die Informationspflicht �Rechenschaft� jene Informationen, die im Rahmen einer spezifizierten Abrechnung (aufgrund des Zwecks der Rechnung) im Sinne eines Standardinformationsprogramms (Berichtspflicht) zu übermitteln sind. Soweit es das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer betrifft, ist die Abrechnungspflicht der Anwendungsbereich der Rechenschaftspflicht gemäss Art. 400 Abs. 1 OR.

***

Page 361: Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten Ein Beitrag zum ...FILE/dis3216.pdf · Die Rechenschaftspflicht des Beauftragten - Ein Beitrag zum Informationsrecht im Auftragsvertrag DISSERTATION

- 315 -

Lebenslauf

Ausbildung

1993 Maturität, Typus B

1993 � 1998 Studium an der Universität St. Gallen (HSG) (lic. iur)

2000 � 2004 Swiss Tax Academy, Abschluss zum eidg. dipl. Steuerexperten

Berufliche Erfahrung

1998 � 2000 Assistent bei Prof.Dr. Druey an der Universität St. Gallen (HSG)

2000 � 2006 PricewaterhouseCoopers AG, Zürich, Steuerabteilung

2006 - Tax Manager bei Cofra Holding AG