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Ski-WM 2019 Swiss Made SCHWEIZER ILLUSTRIERTE SCHWEIZER ILLUSTRIERTE 18 19 Viele Medaillen werden bei der alpinen Ski-WM dank TOKO errungen. Die Tüftler der Wachsfirma im sankt-gallischen Alt- stätten zeigen, wie sie mit ihren Mischungen Feuz und Fanny Smith zum Sieg verhelfen. Die Schnellmac her TEXT THOMAS KUTSCHERA FOTOS JOSEPH KHAKSHOURI D raussen im Gang hängen zwei grosse Actionfotos. Eines von Olympiasiege- rin Wendy Holde- ner, das andere von Weltmeiste- rin Fanny Smith. Beide Schweizer Ski-Cracks haben ihr Bild hand- signiert – und gross daneben ge- schrieben : «Danke, Udo !» für Angewandte Wissenschaften hat Raunjak eine noch geheime Skiwachsmischung entwickelt. Das neue Wachs ist flüssig, dringt direkt in die Belagsstruktur ein und haftet doppelt so lang auf den Ski wie herkömmliche Gleitmittel. Und es macht schnell, das neue Wachs! In Gleittests wurden Zeitgewinne bis 0,3 Sekunden pro 20 Meter Strecke ermittelt. Erst- mals zum Einsatz kam das neue am Hauptsitz sind elf Angestellte tätig. Seit 15 Jahren arbeitet der Chemiker als Forschungs- und Entwicklungschef von Toko. «Wir haben das mit Abstand moderns- te und besteingerichtete Labor al- ler Wachsfirmen weltweit.» Hier analysiert er Skitests, tüftelt an neuen Produkten. CEO Lukas Keel, 52: «In unserem Business ist Udo der Wachspapst.» Mit Inge- nieuren der Zürcher Hochschule Und da steht der Mann, der Holdener, Smith und so viele an- dere Athleten im alpinen und nordischen Skisport so schnell macht : Udo Raunjak, 47, aus Kriessern SG. «Das ist mein Reich.» Raunjaks Blick schweift über seinen Arbeitsplatz : das kleine Labor des 103-jährigen Schweizer Traditionsunterneh- mens Toko AG. Es liegt im Gewer- begebiet von Altstätten SG. Hier Wissenschaft Seit 15 Jahren tüftelt Raunjak an neuen Wachs- mischungen. «Wir setzen auf umweltverträgliche Rohstoffe.» Dream-Team CEO Lukas Keel (im Langlaufdress) und Laborchef Udo Raunjak im Toko-Labor in Altstätten SG. In Gais AR Lukas Keel (r.) und Toko-Renntechniker Nordisch Andrej Neff testen verschieden gewachste Ski. Inhalt geheim Raunjak füllt Spezialwachs für Skicrosserin Fanny Smith ab. Ein Dösli kostet 200 Franken und reicht für drei Paar Ski. u

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Ski-WM 2019Swiss Made

SCHWEIZER ILLUSTRIERTE SCHWEIZER ILLUSTRIERTE18 19

Viele Medaillen werden bei der alpinen Ski-WM dank TOKO errungen. Die Tüftler

der Wachsfirma im sankt-gallischen Alt- stätten zeigen, wie sie mit ihren Mischungen Feuz und Fanny Smith zum Sieg verhelfen.

Die Schnellmac herTEXT THOMAS KUTSCHERA FOTOS JOSEPH KHAKSHOURI

D raussen im Gang hängen zwei grosse Actionfotos. Eines von Olympiasiege-rin Wendy Holde-

ner, das andere von Weltmeiste-rin Fanny Smith. Beide Schweizer Ski-Cracks haben ihr Bild hand-signiert – und gross daneben ge-schrieben: «Danke, Udo!»

für Angewandte Wissenschaften hat Raunjak eine noch geheime Skiwachsmischung entwickelt. Das neue Wachs ist flüssig, dringt direkt in die Belagsstruktur ein und haftet doppelt so lang auf den Ski wie herkömmliche Gleitmittel.

Und es macht schnell, das neue Wachs! In Gleittests wurden Zeitgewinne bis 0,3 Sekunden pro 20 Meter Strecke ermittelt. Erst-mals zum Einsatz kam das neue

am Hauptsitz sind elf Angestellte tätig. Seit 15 Jahren arbeitet der Chemiker als Forschungs- und Entwicklungschef von Toko. «Wir haben das mit Abstand moderns-te und best eingerichtete Labor al-ler Wachs firmen weltweit.» Hier analysiert er Skitests, tüftelt an neuen Produkten. CEO Lukas Keel, 52: «In unserem Business ist Udo der Wachspapst.» Mit Inge-nieuren der Zürcher Hochschule

Und da steht der Mann, der Holdener, Smith und so viele an-dere Athleten im alpinen und nordischen Skisport so schnell macht: Udo Raunjak, 47, aus Kriessern SG. «Das ist mein Reich.» Raunjaks Blick schweift über seinen Arbeitsplatz: das kleine Labor des 103-jährigen Schweizer Traditionsunterneh-mens Toko AG. Es liegt im Gewer-begebiet von Altstätten SG. Hier

Wissenschaft Seit 15 Jahren tüftelt Raunjak an neuen Wachs-mischungen. «Wir setzen auf umweltverträgliche Rohstoffe.»

Dream-Team CEO Lukas Keel (im Langlaufdress) und Laborchef Udo Raunjak im Toko-Labor in Altstätten SG.

In Gais AR Lukas Keel (r.) und Toko-Renntechniker Nordisch Andrej Neff testen verschieden gewachste Ski.

Inhalt geheim Raunjak füllt Spezialwachs für Skicrosserin Fanny Smith ab. Ein Dösli kostet 200 Franken und reicht für drei Paar Ski.

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der Aargauer für Toko beim En-gadin Skimarathon und ande- ren Volksläufen in Europa vor Ort. «Langlaufen boomt! Das Image des Altherrensports ist vor-bei, dank Dario Cologna und coo-ler Sportmode.» Auch Veloprofis wie Nino Schurter haben Langlau-fen als Wintertraining entdeckt. Die Frage, die Experte Stalder im-mer wieder hört: Was wachse ich heute? Sein Tipp: «Bist du in der

pflegemittel. Produziert werden sie von einer externen Firma im Zürcher Oberland, 1,4 Millionen Packungen jährlich. Vom Lager in München wird in 38 Länder ex-portiert. Der Grossteil der Wachs-produkte geht in den Sportfach-handel, in Schweizer Geschäften ist Toko Marktführer.

«Jeder, der seine Bretter an-schnallt, kennt Toko», sagt Chris-tian Stalder, 51. Seit 20 Jahren ist

Wachs an den Olympischen Winterspielen 2018. Schon ein Jahr vorher war Raunjak nach Pyeongchang in Südkorea gereist, um die speziellen Schneeverhält-nisse vor Ort zu untersuchen. Im Labor daheim flossen die erhobe-nen Daten dann in die Neuent-wicklung ein. Im Rennsport ist das Hightech-Wachs schon im Einsatz, auf dem Markt noch nicht. Das Geheimnis eines gutes Wachses? «Es hat ein breites Anwendungs-gebiet und ist einfach zu verarbei-ten.» Zurzeit forscht Raunjak mit der Firma Zeintra aus Wil SG an einer neuen Wachsbürste.

Hand aufs Herz, Herr Raun-jak: Welche Schweizer Olympia-Medaillen sind dem neuen Toko-Wundermittel zu verdanken? Udo schmunzelt. «Bei uns ist es wie bei den Ärzten – wir reden nicht über unsere Kunden.» Drei Namen nennt der Wachspapst trotzdem: Fanny Smith – die Skicrosserin wird von Toko gesponsert. Smith: «Toko macht mich noch schnel-ler.» Simon Ammann. Zu seinem legendären Olympia-Doppel sieg in Salt Lake City 2002 sprang der Toggenburger auch dank Geheim-wachs aus Udos Labor. Und Bern-hard Russi, Olympiasieger 1972: «Auch bei meinem WM-Sieg spielte Toko eine wichtige Rolle.»

Gegründet wurde Toko 1916 von Jakob Tobler als Firma für Hauspflegemittel. «To» steht für die beiden ersten Buchstaben von Tobler, «ko» kommt im Vornamen vor. Zu Beginn stellt der Chef sei-ne Produkte noch selber her, in ei-ner privaten Waschküche. Toblers Kassenschlager: Büffelbeize für tannige Böden und Juchtenmark für Stiefel. 1940 kommt das legen-däre Aufreibwachs «1 3 5» auf den Markt. 2003 wird die Firma von der Marke Mammut übernom-men, heute gehört sie zur norwegi-schen Sportindustriegruppe Brav.

260 Artikel hat Toko im Sorti-ment, auch Kleider- und Schuh-

Wachstipps den Serviceleuten der verschiedenen Ski-Nationen vor-legen. Diese entscheiden, ob sie mit Toko oder einem Konkurrenz-produkt wachsen. Udo Raunjak verfolgt die Rennen am Fernseher in seinem Labor. Danach beugt er sich wieder über seine Reagenz-gläser – und tüftelt weiter. Damit auch künftig möglichst viele Schweizer sagen können: «Danke, Udo!»

Not, hilft Toko rot.» Rot ist das Wachs für Schneetemperaturen von minus vier bis minus zwölf Grad. Auf Toko schwört auch Bundesprä sident Ueli Maurer – er nimmt regelmässig am Engadiner teil.

An der Ski-WM im schwedi-schen Åre ist Toko mit Renntech-niker Alpin Augusto Gillio, 55, vor Ort. Jeden Morgen wird er Skitests machen und dann seine

«Nicht nur Schweizer

Athleten fahren auf Toko ab»

AUGUSTO GILLIO, RENNTECHNIKER ALPIN

Wachstipps Toko-Renntechniker Alpin Au-gusto Gillio (r.) berät Niclas Cronsell. Dieser ist Servicemann von Loïc Meillard und arbei-tet hier im Skikeller des Schweizer Herren-teams im Hotel Steinmattli in Adelboden BE.

Aufs Milligramm Laborleiter Raunjak bei der Wachsherstellung. Gewisse chemische Rohstoffe kosten 20 000 Franken pro Kilo.

An der Labortür Auch Dario Cologna schwört auf Toko.

Klassiker Kombiwachs «1 3 5» und die heutige Wachslinie.

Pausenlos Im alpinen Ski-Weltcup ist Augusto Gillio überall dabei. Für die Rennen in Europa fährt er mit seinem Servicewagen 40 000 Kilome-ter pro Saison.

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