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DIE TIGERMÜCKE Filippo Cassina, Christian Valorzi, Romano Kohlmayer, Edith Bucher Biologisches Labor, Landesagentur für Umwelt 2014

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DIE TIGERMÜCKEFilippo Cassina, Christian Valorzi, Romano Kohlmayer, Edith Bucher

Biologisches Labor, Landesagentur für Umwelt 2014

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Stechmücken…• Insekten der Familie Culicidae, Ordnung Diptera (Zweiflügler)

- 2 Paar Flügel, eines davon ist zu Halteren (Schwingkölbchen) umgewandelt; - 3 Beinpaare; - Körper besteht aus Kopf, Brust und Hinterleib

• weltweit 3.540 Arten

• Ernährung:- Männliche Tiere ernähren sich ausschließlich von zuckerhaltigen Säften (z.B. Nektar und Honigtau)- Weibliche Tiere können sich zwar auch von zuckerhaltigen Säften ernähren, für die Produktion und Entwicklung der Eiern benötigen sie aber eine Blutmahlzeit.

Je nach bevorzugtem Wirt unterscheidet man - ornitophile (Vögel)- batracophile (Frösche)- mammophile/antropophile (Säugetiere/Menschen) Arten sowie - Generalisten (nicht wirtsspezifisch)

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Häufige Stechmücken in Italien•Gattung Anopheles

• sticht nachts• kann den Erreger der Malaria (Plasmodium)

übertragen• Körperhaltung schief zur Unterlage• auf Vögel und Säugetiere spezialisiert

•Gattung Culex• sticht nachts• Überträger viraler Krankheiten (West-Nil-Fieber,

Enzephalitis)• Körperhaltung +/- parallel zur Unterlage• auf Vögel und Säugetiere spezialisiert

•Gattung Aedes• Tigermücke (Aedes albopictus)• sticht auch tagsüber• Überträger zahlreicher viraler Krankheiten (Dengue,

Chikungunya)• Körperhaltung +/- parallel zur Unterlage• bevorzugt Säugetiere/Mensch, auch Generalisten

Anopheles

Culex/Aedes

Aedes albopictus

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Entwicklungszyklus

1. Die Eier werden in der Nähe kleiner Wasser-ansammlungen abgelegt.

2. Erst wenn die Eier von Wasser überflutet werden, können die Larven ausschlüpfen.

3. Nach vier Häutungen verpuppen sich die Larven. Metamorphose

4. Aus den Puppen schlüpfen die erwachsenen Mücken.Dauer eines Entwicklungszyklus von der Eiablage bis zur

erwachsenen Tigermücke: im Frühjahr etwa 15 -20, im Hochsommer jedoch nur 6-8 Tage!

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Unterschiede zwischen Larve und Puppe

• ernährt sich von tierischem und pflanzlichem Detritus

• Brust (Thorax) ohne Gliedmaßen jedes Körpersegment trägt Borstenbüschel

• Hinterleib (Abdomen) endet mit einem Atemrohr, ist mit Borsten-büscheln und 4 Analpapillen zur Fortbewegung ausgestattet

• Kopf und Brust verschmelzen zum Cephalothorax mit zwei Fortsätzen für die Atmung

• schlanker, gekrümmter Hinterleib endet in eine flossenähnliche Struktur

• nimmt keine Nahrung auf

Larve Puppe

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ökologische Bedeutung der Mücken

• Die Larven sind Nahrung für viele Fische und Amphibien.

• Die erwachsenen Mücken (vor allem die männlichen) ernähren sich von Blütennektar und werden so zu Bestäubern.Sie sind wichtige Nahrungsquellen für Vögel und Fledermäuse.

• Insbesondere in den arktischen Ökosystemen sind die Stechmücken ein wichtiges Glied in der Nahrungskette.

“…sie dienen zum Blutsaugen, sind sehr lästig und verderben einem den Sommer …”

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Morphologie der Mücke

• Körper gegliedert in– Kopf– Brust – Hinterleib

• 3 Beinpaare• nur Vorderflügel

vorhanden• Hinterflügel sind in

Schwingkölbchen (Halteren) umgewandelt Flugstabilisation

• Geschlechtsdimorphismus

KOPF

BRUST

HINTER-LEIB

Taster

MundapparatAntenne

Bein

Vorderflügel

Schwingkölbchen

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Geschlechtsdimorphismus

• Männchen: – auffallend stark

gefiederte Antennen– saugender

Mundapparat– lange Labialtaster

• Weibchen– kaum gefiederte

Antennen– stechend-saugender

Mundapparat– kurze Labialtaster

MÄNNCHEN WEIBCHEN

TasterAntenne

Antenne

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Der weibliche Mundapparat

• wird von 6 Stiletten gebildet:

• 1 Oberlippe• 2 Mandibeln • 1 Hypopharinx • 2 Maxillen• eingebettet in einer

verlängerten Unterlippe

• gerinnungshemmender Speichel

OberlippeMandibelnHypopharinxMaxillenUnterlippe

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Die Tigermücke(Aedes albopictus)

Identikit

• schwarzer Körper mit weißen Streifen auf Kopf, Brust, Hinterleib und Beinen

• Körpergröße: 4-10 mm

• dorsale weiße Linie auf Kopf und Brust

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Herkunft und Verbreitung

• Herkunftgebiet Südostasien• Ausbreitung durch den Transport

von Altreifen gefördert• 1990 erster Nachweis in Genua

Quelle: http://it.wikipedia.org/wiki/Aedes_albopictus

HerkunftsgebietVerbreitung Anfang der 90er Jahre

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Ausbreitung der Tigermücke in Italien

Fonte: http://www.regione.fvg.it/rafvg/cms/RAFVG/salute-sociale/zanzara-tigre/FOGLIA1/

• hohe ökologische Anpassungsfähigkeit: kommt mit klimatischen Bedingungen der mittleren Breiten zurecht

• Warentransport und Tourismus als Ursache für die weltweite Verbreitung in kürzester Zeit

• mehrere Mückengenerationen pro Jahr (multivoltin)

• Eiablage in unmittelbarer Nähe von kleinsten Wasseransammlungen

• kälteresistente, den Winter überdauernde Eier (Diapause)

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• Sie sticht untertags, während der Sommermonate vor allem am frühen Vormittag und am späten Nachmittag.

• Obwohl sie den Menschen bevorzugt, saugt sie auch Blut von Vögeln, Reptilien, Amphibien und Haustieren.

• Für eine Blutmahlzeit kann sie auch verschiedene Wirte stechen.

• Sie ist ein potentieller Überträgervon Arboviren.

Eigenschaften der Tigermücke

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Die Tigermücke als Krankheitsüberträger

• Sie kann über 20 verschiedene Arboviren übertragen, darunter Erreger von manchmal tödlich verlaufenden Infektionskrankheiten wie Dengue-Fieber, West-Nil-Fieber (Flavivirus) und Chikungunya (Alfavirus).

• Emilia-Romagna, August 2007: fast 250 Fälle von Chikungunya, einer akuten fiebrigen Erkrankung

Quelle: http://zanzara-tigre.clickstore.it/zanzara-tigre-impariamo-a-conoscerla

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• Wirtsfindung mit Hilfe der Sinnesorgane (Antennen) durch Wahrnehmung von Körperwärme und Körperausdünstung (ausgeatmetes Kohlendioxid sowie organische Moleküle, die über die Haut abgegeben werden) sowie von Bewegungen

• nimmt Gerüche bis zu einer Entfernung von 70 m, CO2 bis zu einer Entfernung von 20 m wahr

• fliegt meistens nicht höher als 1-2 m über dem Boden und legt keine großen Entfernungen zurück (max. 200 m)

• hält sich im Freien bevorzugt an geschützten, kühlen, schattigen Orten mit Hecken und Sträuchern oder hohem Graswuchs auf

• bevorzugt für die Eiablage – im Unterschied zu anderen heimischen Stechmückenarten - kleine Wasseransammlungen im städtischen Siedlungsgebiet

Biologie/Ökologie der Tigermücke

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Geeignete Standorte für die Eiablage

• Brutstätten im natürlichen Lebensraum– Baumhöhlen– Blattachseln– Felseinbuchtungen

• Bruststätten im städtischen Siedlungsraum– Straßenabläufe, Rinnsteine und

Gossen– Behälter: Flaschen, Dosen,

Gläser,… – Gießkannen, Eimer, Schüsseln– Blumenuntersetzer, Tränken,

Regentonnen, Plastikplanen– verstopfte Regenrinnen– Altreifen– dekorative Gartensteine mit

Vertiefungen Quelle: http://www.zanzaratigreonline.it/Lineeguidaperglioperatori.aspx

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Tigermückenerhebung in Südtirol

• Zielsetzung: Kenntnisse über die Tigermücken-Verbreitung und Erfassung der saisonalen Populationsdynamik

• Zweck: Vorraussetzung für das Ergreifen von Maßnahmen im Falle des Auftretens einer epidemischen Erkrankung, die durch die Tigermücke verbreitet wird

• Methode: Verwendung von Eiablagefallen, indirekte Methode zur quantitativen Abschätzung der Populationsdichte

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Eiablagefalle (Ovitrap)

• besteht aus einem schwarzen, mit Wasser gefüllten Plastikbecher mit eingetauchtem Holzfaserstab

= idealer Standort für Eiablage

• Beprobung erfolgt in regelmäßigen Zeitabständen (wöchentlich oder alle zwei Wochen)

• Die auf dem Holzfaserstab abgelegten Eier werden am Stereomikroskop ausgezählt.

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Bozen 2013

0

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11-50

51-100

101-300

keine Daten

>300

Anzahl Eier

Populationsdynamik wird beeinflusst von:

• Temperatur• Niederschlag• relativer Luftfeuchtigkeit

Woche 32: 1.-8.8.2013

Bozen18.7.-31.10.2013

durchschnittliche Anzahlan Eiern pro Falle

0

10

20

30

40

50

60

70

30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44

Woche Nr.

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Meran 2013

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11-50

51-100

101-300

keine Daten

>300

Anzahl Eier

Populationsdynamik wird beeinflusst von:

• Temperatur• Niederschlag• relativer Luftfeuchtigkeit

Meran27.7.-22.10.2013

durchschnittliche Anzahlan Eiern pro Falle

010203040506070

31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43

Woche Nr.

Woche 37: 3.-10.9.2013

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Bekämpfung der Tigermücke

• Bekämpfung der Larven (Larvizide)– Bacillus thuringensis israelensis (Bti)

• Dieses Bakterium produziert ein Toxin, das selektiv auf den Verdauungstrakt von Mückenlarven einwirkt und diese abtötet.

– Diflubenzuron• Diese organische Verbindung hemmt die Chitinsynthese, in der

Folge kann das Außenskelett der Larven nicht gebildet werden.

• Bekämpfung der erwachsenen Mücken (Adultizide)– Man rät vom Einsatz dieser Art von Insektiziden ab!

• Sie wirken nur kurze Zeit und können das Problem nicht lösen.• Sie schädigen viele andere Insektenarten u.a. Bienen.• Der Einsatz von Adultiziden birgt das Risiko von Resistenzbildung,

sie sollten ausschließlich bei Ausbruch einer Epidemie verwendet werden.

• Vorbeugung!

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Was können wir Bürger tun?

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• Die Tigermücke, ein großes, nicht zu unterschätzendes sanitäres Problem

• Ausbreitung gefördert durch Globalisierung und Klimawandel

• Vorsorge/Bekämpfung• Aktive Beteiligung jedes Bürgers bei der Beseitigung

von - auch kleinsten - Wasseransammlungen rund um Haus und Hof (belebte Teiche ausgenommen)

• Dort wo Wasseransammlungen nicht vermieden werden können (z.B. Gullys) Präventivbehandlung mittels Larviziden

Fazit

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© Wikipedia:CDC-Gathany-Aedes-albopictus-1.jpg

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