Die unaufhaltsame Karriere des Antisemiten und SS-Obersturmbannführer Dr. Fritz Arlt

12

Click here to load reader

description

Vom Theologie Studenten über SS-Obersturmbannführer bis zum Agent des BND

Transcript of Die unaufhaltsame Karriere des Antisemiten und SS-Obersturmbannführer Dr. Fritz Arlt

Page 1: Die unaufhaltsame Karriere des Antisemiten und SS-Obersturmbannführer Dr. Fritz Arlt

Die unaufhaltsame Karriere des Antisemiten und SS-Obersturmbannführer Dr. Fritz Arlt

Fritz Arlt, geboren am 12. April 1912 in Niedercunnersdorf/Oberlausitz, stammte aus einem

christlich-konservativen Elternhaus, besuchte ein ebenso christlich-konservatives Internat und

erlangte das Abitur in Bautzen. 1929 betätigte er sich bereits (nach Generalgouverneur Dr.

Hans Frank, Krakauer Zeitung, 24. 9. 1940) im NS-Jungvolk und der HJ.

Sein Studium an der Universität Leipzig begann er 1932 als Mitglied der NSDAP (Nr. 1 376

685). Im Semester 1932/33 spielte der neue Student schon im Nationalsozialistischen

Deutschen Studentenbund, der die Studentenschaft der Leipziger Universität beherrschte, eine

wichtige Rolle. „Stud. theol. Fritz Arlt“ vertrat zudem als „außerordentliches Mitglied des

AStA“ die Theologiestudenten der Leipziger Universität. An dieser Universität besetzte er im

April 1933 den Posten eines Leiters des Wirtschaftshauptamtes und das für das politische und

rassenpolitische Vorgehen der Nazis wichtige Amt des Vorsitzenden des Studentenwerkes.

In seinem Lebenslauf von 1936 gab Arlt an, dass er Theologie, Religionsgeschichte sowie

Philosophie und Anthropologie studiert habe. Schon am 31. März 1936 promovierte Arlt an

der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig „in den Hauptfächern“ und legte eine

Dissertation zur „Vergleichende rassen- und völkerpsychologische Untersuchung“ vor, die er

selbst zusätzlich im Titel als „- Ein Beitrag zur Rassenbiologie -“ bezeichnete.

In der Dissertation drückte Arlt insbesondere seien „verehrten Lehrer“ der Universität

Leipzig, Professor Arnold Gehlen seien ergebensten Dank für die Förderung und

Unterstützung aus.

Arnold Gehlen, seit 1929 Dozent an der Universität Leipzig, 1933 Mitglied der NSDAP, 1934

Professor für Soziologie, ab 1935 in der Hochschulgruppe der NSDAP der Universität

Leipzig Amtsleiter für Wissenschaft, hatte sich 1934 und 1935 mit Forderungen zur

„Neuorientierung in der Philosophie“ als Handlungslehre für den Nationalsozialismus und

1

Page 2: Die unaufhaltsame Karriere des Antisemiten und SS-Obersturmbannführer Dr. Fritz Arlt

einer zu schaffenden Ethik des Nationalsozialismus hervorgetan. Als Soziologe agierte er

auch auf dem Feld der Psychologie. Insbesondere die rassenpolitische Orientierung Gehlens,

vermischt mit aggressiver Ostpolitik, beeinflusste das Werden von Arlt. Gehlen, der wie viele

andere Hochschullehrer der Leipziger Universität für ergebenen und fanatischen Nachwuchs

für die NS-Herrschaft sorgte, erlangte als Spezialist 1938 an die „Grenzlanduniversität“

Königsberg neue „Verdienste“ und erhielt, nach der Besetzung Österreich, zur Festigung des

NS-Einflusses an der Wiener Universität den Lehrstuhl für Psychologie. Von dort aus

arbeitete Gehlen als Helfer für die Expansionspolitik nach Südosteuropa.

Nach 1945 wurde der NS-Theoretiker und Praktiker 1947 Professor in Speyer und ab 1962

an der Technischen Hochschule in Aachen. Er betätigte sich in Kreisen ehemalige Nazi-

Experten für Osteuropa, schrieb in neonazistischen, rechtskonservativen Blättern, war aktiv in

der von Adenauer geförderten Deutschlandstiftung, wieder mit ehemaligen

Gesinnungsgenossen, tätig und erhielt, gefördert vom NS-Propagandaexperten Kurt Ziesel

von der Deutschlandstiftung und vom Deutschlandmagazin, 1970 den Adenauer-Preis für

Wissenschaft. 1959 gründete die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände die

Walter-Raymond-Stiftung. Dort traf sich dann der Professor mit seinen NS-Doktoranden Arlt

wieder.

Der Arlt drückte in seiner Schrift obendrein Prof. Dr. Reche, Ordinarius und Direktor des

Instituts für Rassen- und Völkerkunde an der Universität Leipzig und Direktor des

Völkerkundemuseums, seinen Dankt für die Unterstützung aus. Reche, Mitglied der NSDAP,

fanatischer Rassentheoretiker, leitete bereits 1927 als Schriftleiter die Zeitschrift „Volk und

Rasse“, unterzeichnete ein Bekenntnis zu Hitler, war Mitherausgeber der Schrift „Der

Biologe“ von SS-Ahnenerbe, Verfasser der Denkschrift „Leitsätze zur

bevölkerungspolitischen Sicherung des deutschen Ostens“ und später im Vorstand der

deutschen Gesellschaft für Rassenhygiene und der Deutschen Gesellschaft für

2

Page 3: Die unaufhaltsame Karriere des Antisemiten und SS-Obersturmbannführer Dr. Fritz Arlt

Rassenforschen. Dieser Hochschullehrer hatte das Profil Arlts als treuen und blind gläubigen

Nationalsozialist und extremen Rassist in dessen frühen Jahren stark mit geprägt.

Arlt hebt in seinem Lebenslauf hervor, er habe bereits ab 1934 das Kreisamt der NSDAP für

Rassen- und Bevölkerungspolitik in Leipzig geleitet. Der ehemalige Student und

Hoheitsträger der NSDAP praktizierte mit aller Härte Rassenpolitik in Leipzig und begann

gezielt Untersuchungen über Juden in Leipzig zu verfassen. Besonders eine „Volkspolitische

Untersuchung über die Juden in Leipzig“, die 1938 der Verlag von S. Hirzel in Leipzig

veröffentlichte, erregten Aufsehen unter den Nationalsozialisten.

In der Einleitung zu ihr ging der NS-Rassenpolitiker von Hitlers angeblicher Erkenntnis aus,

dass allein durch das Blut der „Endkampf“ gegen die Juden begründet sei. Mit der

Untersuchung von Großstadtjuden wolle der Autor eine Hilfe für diesen Kampf gegen Juden

leisten.

Es war aber nicht nur nicht nur ein Material für die Verfolgung der Juden in Leipzig

entstanden. Die Art und Weise der Erfassung aller Juden vom Kleinkind über den

Erwachsenen, vom Arbeiter bis zum Bankbesitzer, unabhängig von ihrer Religion und

politischen Einstellung, beeindruckte den Chef des Reichssicherheitshauptamtes der SS, SS-

Obergruppenführer Reinhard Heydrich, der diese Methoden zur Erfassung von Juden in ganz

Deutschland und im Ausland einsetzen wollte.

Der Gauleiter von Schlesien, Norbert Wagner, ernannte 1936, abgestimmt mit der

Reichsleitung der NSDAP und der SS, Arlt, wegen seiner Leistungen bei der Verfolgung von

Juden, zum Leiter des Rassenpolitischen Amtes im Gau Schlesien. Wagner beförderte

Gauamtsleiter Pg. Arlt im Juli 1939 obendrein zum „alleinigen Beauftragten für alle Fragen

der Sippenforschung und Sippenkunde in Schlesien“. Arlt leitete die Arbeitsgemeinschaft für

Sippenkunde und gab das „Nachrichtenblatt der Arbeitgemeinschaft für Sippenkunde im Gau

Schlesien“ heraus.

3

Page 4: Die unaufhaltsame Karriere des Antisemiten und SS-Obersturmbannführer Dr. Fritz Arlt

Arlt intensivierte nicht nur die antisemitische Propaganda, die er im „Führerblatt Gau

Schlesien“ für verbindlich erklären lies, sondern der Gauamtsleiter spannte die Vertreter von

Archiven, der evangelischen und katholischen Kirche ein, um alle Unterlagen und

Kirchenbücher, selbst im kleinsten Dorf oder Kirchenspiel, zu durchforsten, „auszuschöpfen“,

um „fremdrassischen Einfluss“ festzustellen. Zu dem gab er die Schriftenreihe „ Rasse Volk

Erbgut in Schlesien“ heraus. Bereits bis 1941 erscheinen in Breslau 15 derartige

Publikationen zu verschiedenen Themen des Rassismus der NSDAP. In dieser Zeit fand die

„Arisierung“ im Gau Schlesien und die Gettoisierung aller Juden den Höhepunkt.

Arlt war schnell zum offiziellen Mitarbeiter des Rassenpoltischen Amtes der NSDAP, unter

Reichsleiters für Rassenpolitik, Dr. Walter Groß, aufgestiegen. Dort wirkte er gemeinsam mit

Prof. Dr. Oberländer. (Blätter des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP, Berlin 1937, H.8, S.

28 ff.) Er publizierte aktiv in der vom Deutschen Volksverlag, Dr. E. Boepple, (später

Staatssekretär im Besetzten Polen) herausgegebene antisemitische Monatszeitschrift

„Weltkampf“, die der Reichsleiter der NSDAP, Alfred Rosenberg sowie Adolf Hitler

großzügig unterstützten.

Der Gauamtsleiter bereitete auch den kommenden Krieg vor, in dem er die Ämter und

Bevölkerung vor „Einsickerung minderwertiger Rassenangehörige“, vor Rassenmischung und

Umgang mit Kriegsgefangenen vorbereitete und warnte. Zudem begann er, ein Netz von

Propagandaeinrichtungen aufzubauen, die den nationalsozialistischen rassistischen

Überlegenheitswahn für einen Aggressionskrieg förderten. Im Februar 1940 wies er im

„Führungsblatt Gau Schlesien der NSDAP“ an, die deutschen Frauen rassisch „sauber zu

halten“ und alle Abweichungen und Kontakte zu Fremdrassischen zu überwachen, zu melden

und zu bestrafen.

Noch im Februar 1940 berief die NSDAP und SS Arlt zum Leiters des Referates

Bevölkerungswesen und Fürsorge beim Generalgouverneur im besetzten Polen. Dieses

4

Page 5: Die unaufhaltsame Karriere des Antisemiten und SS-Obersturmbannführer Dr. Fritz Arlt

Referat entwickelte sich in wenigen Monaten zu einem „Gruppendezernat

Bevölkerungswesen und Fürsorge der Inneren Verwaltung des Generalgouverneurs“, mit den

Referaten Deutsche Volksgruppen, Ukrainer, Goralen, Judenreferat, Emigranten sowie zudem

einem Referat Statistik, Umsiedlungswesen und Kriegsgefangene.

Arlt organisierte die Aussiedlung von Polen und Juden aus dem Generalgouvernement und

die „größte Umsiedlung“ von Volksdeutschen, die er als Siedler und Beherrscher des

besetzten Polens einsetzte. Gleichzeitig wurden die Volksdeutschen, die sich im

wehrpflichtigen Alter befanden, im „Sonderdienst“, einer militärischen Einheit des

Generalgouverneurs, organisiert und zur gewaltsamen Herrschaftssicherung eingesetzt.

Ein zentrale Aufgabe des Gruppenreferates bestand darin, die Ausgrenzung und Vernichtung

von Juden planmäßig zu organisieren. So förderte das Referat auch die Bildung von Gettos

und KZ.

Als eine Art Richtlinie für die Besatzungspolitik gab Dr. Arlt, als Führer des

Gruppendezernates eine, „Nur für den Dienstgebrauch“ bestimmte „Übersicht die

Bevölkerungsverhältnisse im Generalgouvernement“ heraus. Sie erschien als Heft 3 der

„Volkspolitischer Informationsdienst der Regierung des Generalgouvernements, Innere

Verwaltung, Bevölkerungswesen und Fürsorge“ in Krakau 1940.

Arlt widmete sich besonders der ukrainischen Volksgruppen im Generalgouvernement. Die

Ergebnisse und die Aufgaben für die nationalsozialistischen Besatzer verbreitete er bereits am

1. September 1940 im „Nur für den Dienstgebrauch“ bestimmten „Volkspolitischen

Informationsdienst, Heft 1, Krakau 1940, unter dem Titel: „Die Ukrainische Volksgruppe im

Generalgouvernement“. 5

In dem umfangreichen Heft entwickelt der Leiter des Gruppenreferates, wie die Ukrainer

gegen die Polen ausgespielt werden müssen und sprach ihnen deshalb ein gehobeneres

Rassenmerkmal gegenüber Polen zu. Er hob aber zudem die umzusiedelnden, zu

5

Page 6: Die unaufhaltsame Karriere des Antisemiten und SS-Obersturmbannführer Dr. Fritz Arlt

überwachenden und geistig zu gewinnenden Ukrainer für den Kampf gegen die UdSSR

hervor. Schon vor dem Beginn des Krieges hatte sich Arlt zu Fragen des möglichen Umgangs

mit der ukrainischen Bevölkerung geäußert.

Arlt legte damit einen Grundstein, dass 1941, vorwiegend im erobertem Galizien, dem

späteren Teil des Generalgouvernements, der SS-Gruppenführer und Gouverneur von

Galizien, Otto Wächter, beginnen konnte, eine gut ausgerüstete SS-Division und drei

Polizeiregimenter aus ukrainischen Nationalisten und Faschisten für den Kampf gegen

Ukrainer, Russen und Polen aufstellen konnte.

So vermerkte Arlt 1940 in dem „Nur für den Dienstgebrauch“ bestimmten

Informationsdienst, besonders ab S. 51, dass von seinem Amt und der SS bei der Umsiedlung

von Deutschen, Russen und Ukrainern bereits eine spezielle Auslese von Ukrainern

vorgenommen wurde. Später seine Flüchtlinge und „illegale Emigranten“ dazu kommen. So

verpflege, betreue und unterrichte die NSDAP und SS schon jetzt in verschiedenen

sogenannten „N. S. V. - Lagern“ 40 000 Personen, die für den kommenden Einsatz im

antibolschewistischen Kampf bereitstehen.

Es muss jedoch bemerkt werden, dass die Faschisten die Ukrainer nur für ihr strategisches

Ziel ausnutzen wollten. Die „Deutsche Ukraine-Zeitung, Luzk, vom 5 . Januar 1942 sprach

das offen aus: „Mit der Eroberung der Ukraine wurde Deutschland und mit ihm Europa

endgültig blockadefest.“ Dieses Gebiet der UdSSR sollte den deutschen Faschisten und ihrem

SS-Europa als der Lieferant von Nahrungsmitteln und Hilfskräften, mit denen man „deutsches

Blut schone“, dienen.

Unter Arlt wuchsen in den einzelnen Distrikten des besetzten Polen Judenreferate, die alle

begannen, Juden zu kennzeichnen, zu registrieren und in Gettos zu sperren. Gauamtsleiter

Arlt erhielt wegen seiner Aktivität für das System des Massenmordes im Juli 1940 noch das

Amt eines Schulungsleiters der Partei der NSDAP im besetzten Polen.

6

Page 7: Die unaufhaltsame Karriere des Antisemiten und SS-Obersturmbannführer Dr. Fritz Arlt

Arlt engagierte sich auch im vom Generalgouverneur Frank gegründeten „Institut für deutsche

Ostarbeit“, einer ideologisch und politischen Stabsstelle. Auf Konferenzen, wie der im Juni

1940, propagierten Prof. Dr. Aubin, Dr. Seraphim, Prof. Dr. Oberländer und Dr. Arlt, unter

großen Beifall der mehrheitlich versammelten SS-Führer, eine angeblich notwendige

„Säuberung“, „Kolonisierung“ sowie „Germanisierung“ der Ostgebiete und des gesamten

Ostens und Südosten Europas.

Am 24. September 1940, so die „Krakauer Zeitung“, empfing Generalgouverneur Dr. Frank

den Pg. Gauamtsleiter Arlt. Er dankte diesem ihm für seinen „vorbildlichen Aufbau“ seines

Bereiches und die Leistungen als Schulungsleiter der NSDAP. Dann gratulierte er Arlt zur

Beförderung zum SS-Sturmbannführer und Stabsführer sowie Beauftragten des Reichsführers

SS, Himmler, im Bereich des Reichskommissars für die Festigung des deutschen Volkes.

Arlt wechselte, von Himmler angefordert, in den neuen Reichsgau Oberschlesien, wo er

besonders in den großen aus Polen einverleibten Gebieten, die polnische Bevölkerung zu

verdrängen und die Germanisierung des gesamten Gaues zu fördern hatte. Zudem war die

Vertreibung aller Juden aus dem Reichsgau oder ihre Einweisung in Arbeitslager oder KZ

sein Aufgabengebiet.

„Im Auftrag der Haupttreuhandstelle Ost und des Reichsführers SS, Reichskommissar für die

Festigung des deutschen Volkstums, stellte Arlt 1942 eine Leitlinie für „Siedlung und

Landwirtschaft in den Gebieten Oberschlesiens“ zusammen, die 1942 in Berlin erschien.

Die Konzentration von deutschen Arbeitskräften war deshalb der wichtigste strategische

Schwerpunkt, weil im Rahmen der „Wirtschaftlichen Neuordnung Europas“ in Oberschlesien,

in einem angeblich nicht von Luftangriffen gefährdeten Raum, ein zweites Rüstungszentrum,

neben dem Ruhrgebiet, der europäischen NS-Großraumwirtschaft, entstehen sollte. Bereits ab

Frühjahr 1940 schwor der Reichsamtsleiter der NSDAP, Werner Daitz, die NS-Führer und

Unternehmern in Oberschlesien auf diesen Kurs ein.

7

Page 8: Die unaufhaltsame Karriere des Antisemiten und SS-Obersturmbannführer Dr. Fritz Arlt

In Oberschlesien leitete Pg. Oberbereichsleiter und Stabsführer Dr. Arlt das neugeschaffene

Gauhauptamt für Volkstumsfragen und arbeitete mit den Dienstellen der NSDAP, besonders

der SS eng zusammen. Gauleiter Fritz Bracht ernannte Arlt, so der „Gau Oberschlesien, NSG,

Nationalsozialistischer Gau – Presse – Dienst“ Kattowitz, 258/42, vom 22., Juli 1942 zudem

zum Gauschulungsleiter in Oberschlesien..

Für seine Taten im Sinne des Reichsführers SS bei der Vertreibung polnischer Bauern und

Ansiedlung von Galiziendeutschen sowie anderen Volksdeutschen, den Aufbau eines

„soldatischen Gaues“ und der Unterstützung der Rüstung, bekam Arlt schon im März 1941

großes Lob ausgesprochen. (Oberschlesische Wanderer, 23. März 1941) Die

„Dienstalterslisten der Schutzstaffel der NSAP des SS-Personalhauptamtes“ führten Dr. Fritz

Arlt ab 9. 11. 1941 als dem SS-Hauptamt/RKF (Reichskommissarführer) unmittelbar

unterstellten SS-Obersturmbannführer.

Zur „Festigung des deutschen Volkstums“ und der Vertreibung von Polen und Juden, gesellte

sich die Kriegs- und Rassenpropaganda unter den neu angesiedelten Volksdeutschen. Dazu

erklärte Gauleiter Bracht vor Volksdeutschen in Kattowitz, dass man gegen das „freche,

arbeitsscheue Gesindel“ der Polen noch „zu loyal und großzügig“ sei, „dieses polnische

Gesindel wird ausgemerzt werden“, der Rest der Polen müsse dann aus Oberschlesien

verschwinden, so der „Oberschlesische Wanderer, Amtliches Organ der NSDAP“, vom 26.

Januar 1942. Brachts Ankündigung erhielt den Rang einer „Führungsaufgabe“ .

Vor allem ab Ende 1942 nahmen die Auftritte Arlts zur Belehrung und Ermahnungen der

Parteigenossen über ihre Pflichten und Aufgaben zu. Dabei verkündete Arlt: „Das zukünftige

Deutschland wird nationalsozialistisch und ewig sein!“

Als Gauleiter Bracht im März 1943 das „Zentralinstitut für Oberschlesischen

Landesforschung“ in Kattowitz eröffnete, hielt Arlt ein Referat, in dem er die Forschung als

8

Page 9: Die unaufhaltsame Karriere des Antisemiten und SS-Obersturmbannführer Dr. Fritz Arlt

Hilfsmittel für die NS-Propaganda einstufte, besonders aber für die „Eindeutschung“ der

Gebiete um Kattowitz.

Der Präsident des Führungsringes der Gesellschaft für europäische Wirtschaftsplanung und

Großraumwirtschaft, Reichsamtsleiter der NSDAP, Werner Diatz drückte auf den Ausbau des

neuen Industriezentrums in Oberschlesien. Am 1. Juli 1942 meldete „Der Oberschlesische

Wanderer“, der Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion, Albert Speer besichtige

das Zentrum der Industrie in Oberschlesien. Noch im Januar 1943 gründete die NSDAP eine

Gauwirtschtaftskammer, die vorwiegend Generaldirektoren und Aufsichtsräte führten. Der

Krieg verschlang immer mehr die dazu nötigen Arbeitskräfte. So begann die Gauleitung

bereits ab 1941 verstärkt ausländische Arbeitskräfte nach Oberschlesien zu importieren. Im

Herbst 1943 solle es 148 593 gewesen sein, die in 445 Arbeitslager, unter Betreuung der

DAF, untergebracht waren. Zudem Verpflichtete die Gauleitung Polen zur Arbeit im

industriellen Zentrum, die jedoch als rassisch minderwertige Arbeiter behandelt wurden und

denen oft sogar die Todesstrafe drohte. Gleichzeitig warnten NS-Führer aber auch vor einer

Polonisierung der Industriezentrums in Oberschlesiens. So wurden auch nicht alle Juden aus

diesem Gau in KZ ausgewiesen, sondern in in Arbeitslagen „durch Arbeit vernichtet“.

Alfred Rosenberg, Reichsleiter der NSDAP, Rassenpolitiker der NS-Führung und neu

ernannter Reichsminister für die besetzten Ostgebiet, Prof. Dr. Walter Groß, Leiter des

Rassenpoltischen Amtes der NSDAP, und einige SS-Führer mischten sich in die Politik in

Oberschlesien ein und wollten eine schärfere Vernichtungspolitik von Juden und Polen in

dem Reichsgau.

Als auch der Krieg im Osten im Jahre 1943 immer verlustreicher und aussichtsloser wurde,

delegierte das SS-Hauptamt Arlt, wie viel andere SS-Führer aus Ämtern, in eine

SS-Kampfgruppe, um Kriegserfahrungen zu sammeln.

9

Page 10: Die unaufhaltsame Karriere des Antisemiten und SS-Obersturmbannführer Dr. Fritz Arlt

Im Jahre 1943 wirkte er nur kurz nochmals in Oberschlesien, bevor in das SS-Hauptamt, mit

nseinen Erfahrungen, nach Berlin zur Leitung der SS-Freiwilligendienststelle Ost (Balten,

Ukrainer, Weißruthenen, Kosaken) berief. Das SS-Personalhauptamt führte Dr. Fritz Arlt in

seiner Dienstaltersliste der Schutzstaffel der NSDAP, mit Stand vom 1. Oktober 1944, als SS-

Obersturmbannführer, ausgezeichnet mit dem Ehrendegen und Dienstring der SS und der

Dienststellung: Hauptamt RKF (Reichskommissarführer). In seinem „Lebenslauf“ gab Arlt

an, anschließend bis 1945 eine ukrainischen SS-Einheit bis Kriegsende geführt zu haben, die

er in den illegalen Kampf entließ. (Lebenslauf von Dr. Fritz Arlt in: Fritz Arlt, Polen-,

Ukrainer-, Juden-Politik, Lindhorst 1995, S. 143 ff.)

Dem von Arlt verfassten „Lebenslauf“ 1996 war besonders vermerkt, er habe schon 1945 für

„die Amerikaner“ (dem Geheimdienst) „in Sachen ostpolitische Beziehungen/Psychologische

Kriegführung“ gewirkt, das in einer Zeit, wo in Gebieten Polens und der Ukraine, mit Hilfe

des US-Geheimdienstes von München aus, noch Krieg bis 1948 geführt wurde.

Arlt stand auch im Dienste der von den US-Geheimdienst geschaffener Organisation Gehlen

und trug den Decknamen „Werner“. (Angehörige von NS-Diensten im BND, Enzyklopädie

Marjorie)

Reinhard Gehlen, offiziell Chef der Abteilung Fremde Heere Ost der Wehrmacht, war laut

Geheimer Kommandosache für Diversion in der UdSSR, besonders im Abschnitt Süd

verantwortlich. Er setzte diese Arbeit unter amerikanischer Flagge fort und leitet nach 1956

den Bundesnachrichtendienst, der aus einer von den USA finanzierten Dienststelle entstand.

Von 1949 bis 1953 beriet dann der SS-Obersturmbannführer und NS-Vernichtungsexperte im

Stab des Bundeskanzleramtes des Dr. Konrad Adenauer in ostpolitischen Fragen, Problemen

der Kriegsgefangenen und stellte Weichen für ehemalige Führungskräfte der Nazis.

10

Page 11: Die unaufhaltsame Karriere des Antisemiten und SS-Obersturmbannführer Dr. Fritz Arlt

Professor Theodor Oberländer schickte zum Beispiel der amerikanische Geheimdienst in die

Bundesregierung, wie der WDR mit einem Schreiben des CIA an Adenauer belegte. Arlt war

nicht der einzige NS-Kriegsverbrecher, der für die Amerikaner für den kalten und einen

möglichen neuen heißen Krieg gearbeitet hatte und Schlüsselpositionen in der

Bundesregierung und anderen Institutionen des Landes besetzte.

Hans Martin Schleyer, Mitglied der NSDAP, der SS und des SD, hatte Erfahrung bei der

„Säuberung“ von Hochschulen, der Arisierung der Tschechischen Wirtschaft sowie ihre

Einordnung in die Rüstung gesammelt. Er steig ab 1952 in der Daimler Führungs-Hierarchie

auf. Unter seiner neuen Funktionen als Manager und Chef der größten Wirtschaftsverbände,

machten wieder alte NS-Führungskräfte große Karriere. So wurden der SS-General,

Einsatzgruppenleiter, Spitzenkraft des SD und NS-Rechtserneuerer, Prof. Reinhard Höhn,

nach 1945 Chef der Harzburger Akademie, der SD-Chef für Gegnererkundung, Überwachung

und geistige Kriegführung, Prof. Dr. Franz Alfred Six, Mitarbeiter der Harzburger Akademie,

wie Lutz Hachmeister in seiner Biographie über Schleyer aufzeigte.

Arlt ebenso großzügig gefördert, wurde 1954 Mitglied der Geschäftsführung im von den

Wirtschaftsverbänden geförderten Deutschen Industrieinstitut, 1955 Mitglied der

Geschäftsführung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, verantwortlich

für „Bildungs- und Jugend- und Gesellschaftspolitik“ sowie Geschäftsführer der Walter-

Raymond-Stiftung.

Der Stabsführer des Reichskommissars Himmler, SS-Führer, Architekt und Organisator des

Holocaust und der Vertreibung im Osten, fanatischer Parteigenosse im Kampf gegen

Demokratie und Parlamentarismus, war unter dem Freund von Helmut Kohl und Förderer von

Kurt Biedenkopf, H. M. Schleyer, „verantwortlich“ für die Jugendpolitik und

Gesellschaftsstrategie in der Bundesrepublik. Arlts „Leistungen“ zur Motivierung der

11

Page 12: Die unaufhaltsame Karriere des Antisemiten und SS-Obersturmbannführer Dr. Fritz Arlt

Führungskräfte und der Jugend hob der „Jahresbericht“ der Bundesvereinigung der Deutschen

Arbeitgeberverbände“ von 1974 ausdrücklich hervor.

SS-Obersturmbannführer Arlt publizierte im „Zentralorgan“, „Der Arbeitgeber“, der

Bundesvereinigung zu Bildungsfragen, gegen die „Emanzipation“ in der Pädagogik, gegen

Linke, Liberale und gab im Sinne „einer Wende nach rechts“ Schriften heraus.

Ab 1972 soll Arlt freier Unternehmensberater gewesen sein.

Von 1992/93 an begann er eine Schrift unter dem Titel „Polen-, Ukrainer-, Juden-Politik“

vorzubereiten. In dieser Schrift polemisierte er gegen alle, die sich mit seiner NS-Tätigkeit

und anderen ehemaligen NS-Führern unter den Führungskräften von Wirtschaft und Politik

auseinander setzten. Seien Tätigkeit zur Erfassung der Juden in Leipzig, als Gauamtsleiter für

Rassenfragen sowie Gauamtsleiter für die Schulung der NSDAP, als Oberbereichsleiter der

NSDAP, seine Leistungen für Himmler sowie im SS-Hauptamt stellte er als „Unterstützung

des Freiheitskampfes im Osten“ hin. Der Feind der Demokratie hatte sich als nun kalter

Krieger zu Verbündeten und zum Helden des Westens verwandelt, weil er wieder dem

Kampf gegen den „Osten“ diente.

Die Schrift von Arlt, die 1975, viele Jahre nach der Wende erschien, trug den bezeichnenden

Titel: „Polen-, Ukrainer-, Juden - Politik im Generalgouvernement für die besetzte polnische

Gebiete 1939/40 und in Oberschlesien 1941/43 und im Freiheitskampf der unterdrückten

Ostvölker“. Damit bekannte sich Arlt als eine Schlüsselfigur aus der Bundesrepublik, zur

Fortsetzung des Diversion im Osten.

Prof. Dr. O. Seifert, ergänzt Ende 2013

12