Die unendliche Weite des Raumes D. Diderot zu einem Bild ... · Magazin Notizen Die unendliche...
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Magazin
Notizen
Die unendliche Weite des Raumes D. Diderot zu einem Bild von C.-J. VernetAus dem Französischen von Hans Magnus Enzensberger
„Veränderte Lebenswelten - veränderter Deutschunterricht?“Bericht über das 9. Symposium Deutschdidaktik Heike Witting
Kurz-RezensionJugendliche in der Literatur
Basisartikel
Schreiben zu Bildern Herausgeber des Thementeils:Otto Ludwig/Kaspar H. Spinner Otto Ludwig/Kaspar H. Spinner 11
Modelle
1.-4. Schuljahr
2. - 4. Schuljahr
6 .-8 . Schuljahr
8. Schuljahr
9./10. Schuljahr
Sekundarstufe II
Sekundarstufe I und II
Sekundarstufe (I und)
Schreiben zu BilderbüchernUnterrichtsanregungenKaspar H. Spinner 17
„Dann war der Kakadu fassungslos“Grundschüler schreiben zu einem BildClaudia Winter 21
Ich sehe - Ich fühle - Ich wünsche - Ich denkeEine UnterrichtsanregungMaud Kreisel 24Produktiver Umgang mit Bildern von Ren6 MagritteMichael Fox/Klaus Lottmann 26
betrachten- beschreiben- verdichten - sehenEine 10. Hauptschulklasse und die„Vorahnung des Bürgerkrieges“ von DaliJutta Wermke 35
Schreibe, w ie du siehst!Zur Prägung einer Beschreibung durch WahrnehmungsmusterDieter Matthias 41Die Bilder zum Sprechen bringenÜber kulturelle Praxis im DeutschunterrichtGünther Lange 49
Zu Bildern Schularbeiten schreibenEin „Menüvorschlag“Johann Waser/Ida Dehmer 57
Zu diesem Heft
Kinder und Jugendliche heute werden groß in einer Welt der Bilder. Das Sehen und die Bilderwelten dominieren in einer Realität, die zunehmend unübersichtlicher, undurchschaubarer und weniger „bildhaft“ wird. Eine Situation, in der das Vorurteil, Kinder und Jugendliche seien zerstreuter, unfähig sich zu konzentrieren, schnell für die Wahrheit gehalten wird. Aber muß der Blick nicht notwendig „flüchtig“ werden, will man den „laufenden“ Bildern standhalten?Mit der „Zerstreutheit“ der Wahrnehmung wächst aber auch die Sehnsucht nach Momenten der sinnlichen Konzentration. Wer Intensität sucht, der braucht Zeit, braucht „stehende“ Bilder, braucht die Langsamkeit des schweifenden Blickes, braucht Nähe - und Distanz.Eine normierte Form der Bildbeschreibung wird diesem Bedürfnis nicht gerecht. Sie schließt subjektive Zugänge und Sichtweisen aus und wird damit weder den ästhetischen Potentialen von Bildern noch dem Schreiben von Kindern und Jugendlichen gerecht. Angemessener ist es, in vielfältiger Weise zum Schreiben zu Bildern anzuregen: Von der Beschreibung des Sichtbaren über die Schilderung von Eindrücken bis hin zum Verfassen von Gedichten und Erzählungen... Gerade dann bietet sich die Chance, die Unterschiede der Medien produktiv zu nutzen. Erst so können durch das Schreiben Assoziationen, die Bilder hervorgerufen, „Lücken“, die sie lassen, sprachlich ausformuliert, Deutungsspielräume gefüllt und Bilder zum Sprechen gebracht werden.Bilder, die sich für ein solches Schreiben eignen, stellen die Modelle zu diesem Heft vor. Es handelt sich um Fotos, um Abbildungen aus Bilderbüchern, um Personen- und Landschaftsbilder, um stimmungsvolle und abstrakte Bilder, um realistische und surrealistische Bilder.Selbst an den Modellen zu diesem Heft werden Sie ablesen: Wer zu Bildern schreibt, schreibt anders!Im Magazin bringen wir einen Text von D. Diderot zu einem Bild vor C.-J. Vernet. Darüber hinaus berichten wir vom 9. Symposium Deutschdidaktik, bei dem es u. a. auch um Bilder und das Schreiben zu Bildern ging.
Redaktion PRAXIS DEUTSCH
PRAXIS DEUTSCH wird herausgageben vom Friedrich Verlag in Velber in Zusamm enarbeit m it K lett und in Verbindung mit JQrgen Baurmann, Klaus Gerth, Gerhard Haas, Bettina Hurrelmann, Angelika Linke, Otto Ludwig, Wolfgang Menzel, Henning Rischbieter, Kaspar H. Spinner und G erhard V o ig t. Redaktion'. Uwe Brinkmann (verantw.); Titel: Beate Franck-Gabay; Verkaufs-und Anzeigenleitung: Bernd Schräder; Anzeigenabwicklung: Telefon (0511) 4 00 04-23. Anzeigenpreisliste Nr. 10 vom 1. 1. 1990. Vertrieb und Abonnement: Telefon (0511) 4 00 04-52.
Verlag: Erhard Friedrich Verlag GmbH & Co. KG., Postfach 10 01 50, 3016 Seelze 6, Telefon (0511) 4 00 04-0, Tele-Fax0511/4000-419Redaktionssekretariat: Renate Hartmann, Tel. (0511) 4 00 04-33 und -27. Das Jahresabonnement für PRAXIS DEUTSCH besteht aus 6 Einzelheften und einem Jahresheft. Der Einzelheftbezugspreis im Abonnement beträgt DM 10,80, Jahresheft DM 19,00, ges. Inland DM 83,80, Ausland DM 85,60. Alle Preise verstehen sich zzgl. Versandkosten. Die Mindestbestelldauer des Abonnements beträgt 1 Jahr. Es läuft weiter, wenn nicht 6 Wochen vor dem berechneten Zeitraum gekündigt wird. Bei Umzug bitte Nachricht an den Verlag mit alter und neuer Anschrift sowie der Abo-Nummer (steht auf der Rechnung). PRAXIS DEUTSCH ist zu beziehen durch den Buch- und Zeitschriftenhandel oder direkt vom Verlag. Auslieferung in Österreich durch ÖBV Klett Cotta, Hohenstauffengasse 5, A-1010 Wien. Auslieferung in der Schweiz durch Bücher Balmer, Neugasse 12, CH-6301 Zug. Weiteres Ausland auf Anfrage. © Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte Vorbehalten. Auch unverlangt eingesandte Manuskripte werden sorgfältig geprüft. Unverlangt eingesandte Bücher werden nicht zurückgeschickt. Die als Arbeitsblatt oder Material bezeichneten Unterrichtsmittel dürfen bis zur Klassen- bzw. Kursstärke vervielfältigt werden. Mitglied der Fachgruppe Fachzeitschriften im VDZ und im Börsenverein des Deutschen Buchhandels. ISSN 0341-5279. ISBN 3-617-02113-1. Herstellung: PädagogikaZentrale, Druck:Druckerei Schröer, Seelze. Einem Teil der Auflage liegt ein Prospekt des Diesterweg Verlages bei. Wir bitten um freundlicher Beachtung!
1 . - 4 . Schuljahr
Schreiben zu BilderbüchernUnterrichtsanregungen
Kaspar H. Spinner
Vom Bild zum T extBilderbücher sind die ersten Bücher, zu denen Kinder eine intensive Beziehung entwickeln und durch die sie zur Literatur hingeführt werden. An ihnen lernen sie, sich auf symbolisch (bildlich und sprachlich) wiedergegebene Welt einzulassen; sie üben sich darin, einen Geschichtenzusammenhang zu erschließen (jüngere Kinder schauen zunächst noch jedes Bild für sich an, nicht als Station in einer Erzählfolge); und sie werden vom Bild zur geschriebenen Sprache geleitet, da viele Bilderbücher beides miteinander verbinden.Trotz dieser Bedeutung, die das Bilderbuch für die literarische Sozialisation besitzt, findet es im Schulunterricht wenig Beachtung.Dabei bietet es vielerlei Möglichkeiten, das Lesen- und Schreibenlernen zu stützen und von Anfang an den Umgang mit ganzen Büchern zu praktizieren. Ein Lese- und Schreibunterricht, der sich ausschließlich auf Fibeln stützt, läuft Gefahr, die vorschulischen, am Bilderbuch orientierten Bucherfahrungen ungenutzt zu lassen.Im folgenden möchte ich einige Anregungen geben, wie man mit dem Bilderbuch vom Anschauen zum Schreiben hinführen kann. Ich stelle eine Reihe von Büchern vor, die besonders dazu geeignet sind, ja, die z. T. sogar ausdrücklich zum Schreiben anregen. Über die vorgeschlagenen Beispiele hinaus mögen die Hinweise eine Anregung für die Unterrichtenden sein, selbst nach Bilderbüchern Ausschau zu halten, die sich für entsprechende Aufgabenstellungen eignen.
Methodische VorbemerkungEs sei gleich vorweg auf eine allgemeine Schwierigkeit verwiesen, die sich bei jeder Verwendung von Bilderbüchern im Unterricht ergibt: Sie sind in der Regel so teuer, daß sie kaum in Klassensätzen durch die Schule oder von jedem Kind einzeln gekauft werden können. Es erfordert deshalb
einen gewissen Aufwand, wenn man mit einer ganzen Klasse an einem Bilderbuch arbeiten will. Das gemeinsame Anschauen ist nur bei kleineren Klassen praktikabel; in vielen Fällen wird man einzelne Seiten kopieren oder sie mit dem Episkop oder als Dia projizieren müssen.Besser geeignet ist das Bilderbuch für in
dividualisierenden Unterricht. Dazu wäre es wünschenswert, daß eine Auswahl von Bilderbüchern in der Klassenbücherei vorhanden ist. Die Kinder können sich dann einzeln oder zu zweit ein Buch auswählen. In Klassen, die schon lesen können und in denen die Freiarbeit eingeführt ist, kann ein Blatt mit einer Schreibanregung in jedes Bilderbuch (oder in einen Karteikasten) gelegt werden, so daß sich die Kinder selbständig an die Bearbeitung machen können.
Beispiele1. Vom Wort zum Satz und zur Geschichte Für jüngere Kinder gibt es viele Bilderbücher, die keine zusammenhängende Geschichte erzählen, auf den einzelnen Bildtafeln aber eine Fülle von Einzelheiten präsentieren. Die bekanntesten Bücher stammen von Ali Mitgutsch (z. B.: Rund
herum in meiner Stadt, Bei uns im Dorf und Komm mit ans Wasser)] Bei uns im Dorf zeigt z. B. viele Tätigkeiten, die Menschen auf dem Dorf ausüben - von der Landwirtschaft über die Holzverarbeitung bis zum Freizeitverhalten in Sommer und Winter. Die Kinder können eine Menge kleiner Vorfälle entdecken, z. B. auf dem Winterbild eine Schneeballschlacht zwischen zwei Kindergruppen, eine Frau, die mit der Einkaufstasche auf dem Eis ausrutscht, ein Auto, das angeschoben werden muß, einen Jungen, der im Eis des Weihers eingebrochen ist usw. Solche Bildtafeln verlocken zum genauen, verweilenden Anschauen und können ein Gegengewicht bilden zur Gewöhnung an das flüchtige Sehen, zu dem die audiovisuellen Medien erziehen. Die Aufmerksamkeit für die kleinen Szenen innerhalb der Bilder kann durch kleine Schreibaufträge gestützt werden. Je nach Stand des Schreiblernprozesses sind unterschiedliche Schwierigkeitsstufen möglich;- In der frühen Phase des Schreibenlernens können die Kinder suchen, ob sie auf einer Bildtafel etwas finden, was sie schon schrei
ben können (z. B. „Haus“, „Hund", „Eis“, aber auch „taufen“, „bauen“ usw.), bzw. Dinge auswählen, deren Schreibung sie gerne lernen möchten.- Auf einer nächsten Stufe bilden die Kinder zu einzelnen Personen (oder auch Personengruppen) einen Satz, der die ausgeübte Tätigkeit benennt. Dabei können sie für die Personen einen Namen erfinden. Es sind dann Sätze zu erwarten wie „Peter ist vom Schlitten gefallen“ oder „Die Kinder bauen ein Schneehaus“.
Bilder verlocken zum verweilenden Anschauen
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Bilder fördern das verstehende Schauen
- Noch weiter führt die Anregung, aufzuschreiben, was einzelne Figuren sagen (es ist typisch für Ali Mitgutschs Bilder, daß sie viele Gesprächsszenen enthalten); also z. B.: „Komm, gib mir die Hand, ich zieh dich raus!".- Schließlich können sich Kinder kleine Fortsetzungsgeschichten zu einzelnen Vorfällen auf den Bildern ausdenken, z. B. wie die Rettung des Jungen, der ins Eis eingebrochen ist, weitergeht.
2. Sich in eine Figur hineindenken Bilderbücher geben nicht nur äußerlich Sichtbares wieder. Wenn sie z. B. handelnde Personen zeigen, dann sind auch Handlungszusammenhänge, -motive und -folgen angesprochen. Das Anschauen von Bilderbüchern fordert also dazu heraus, mehr zu verstehen, als was äußerlich
dargestellt ist. Ein Verfahren, dieses verstehende Schauen zu fördern, besteht im Nachvollzug der Gedanken und Gefühle einzelner Figuren. Dafür eignet sich z. B. das ebenfalls textlose Bilderbuch von Andre Dahan: Helico und das Vögelchen. Es handelt von einem Vögelchen, das aus dem Nest gefallen ist und nun von Helico, einem Menschen, der auf einem Blatt fliegen kann, aufgezogen wird. Besonders ausführlich wird gezeigt, wie Helico dem Vögelchen das Fliegen beibringt. Die Kinder sollen sich nun zu jedem Bild überlegen und aufschreiben, was das Vögelchen in der dargestellten Situation sagt oder denkt, z. B. „Hilf mir, ich bin aus dem Nest gefallen“ oder „Ich hab Angst, von der Mauer runterzufliegen“. Durch diese Aufgabe werden die Kinder angehalten, sich intensiv auf die dargestellten Situationen
einzulassen und sich neben der äußeren Entwicklung auch die innere des Vögelchens zu vergegenwärtigen. Da der Betrachter zunächst das Geschehen aus der Sicht des Helico mitvollzieht (man achtet vor allem darauf, was er tut), hält die vorgeschlagene Aufgabe dazu an, auch die Perspektive der zweiten Figur nachzuvollziehen. Ein solches mehrperspektivisches Verstehen ist eine wichtige Voraussetzung für das Verstehen von Erzähltexten.
3. Ein Bilderbuch textenTextlose Bilderbücher bieten die Möglichkeit, einen begleitenden Text zu verfassen. Besonders reizvoll ist das z. B. bei dem Buch von Raymond Briggs: Mein Schneemann. Ein Junge baut einen Schneemann, der dann im Traum des Jungen lebendig wird, ins Haus kommt, mit dem Jungen fliegend eine Reise unternimmt, beim Morgengrauen mit ihm zurückkehrt und sich wieder in den Garten stellt. Als der Junge aufwacht, rennt er hinaus und sieht, daß der Schneemann zusammengeschmolzen ist. Im Stil einer Bildergeschichte enthalten die meisten Tafeln mehrere (bis zu zwölf) Einzelbilder. Damit wird das Buch ausgesprochen handlungsreich (mit vielen hübschen kleinen Szenen, z. B. wie sich der Schneemann im Keller des Hauses vergnügt in die Tiefkühltruhe legt). Das Schreiben zu diesem Buch wird entsprechend zu einem kleineren Projekt. Man kann z. B. so vorgehen, daß man das Buch fotokopiert und in die einzelnen Bilder bzw. Bildstreifen (dort, wo drei Bilder nebeneinander stehen) zerschneidet. Die Schreibarbeit wird nun aufgeteilt; einzeln oder in kleinen Gruppen schreiben die Kinder zu jeweils einigen Bildern. Wie in Bilderbüchern mit Text soll als Adressat ein Leser vorgestellt werden, der Text und Bild sieht - der zu verfassende Text braucht also nicht, wie bei dem weitverbreiteten Erzählen nach einer Bildergeschichte, ohne Bild verständlich zu sein. Für die Herstellung einer gemeinsamen Schlußfassung werden die fotokopierten Bilder angemalt und mit den Textteilen zusammengefügt. So entsteht ein ganzes Buch.Vom Buch ist übrigens in einer jüngeren Auflage eine verkürzte Fassung mit begleitendem Text erschienen (Ein Schneemann zu Besuch. Schneider 1990). Die Qualität ist allerdings sprachlich und grafisch so schlecht, daß von dieser Ausgabe unbedingt abzuraten ist.
4. Geschichten erfinden zu surrealen BildernSurreale Bilder vermögen in besonderem Maße die Phantasie anzuregen. Dies macht sich das Bilderbuch von Anita Albus: Der Himmel ist mein Hut, Die Erde ist mein Schuh zunutze, das als Vorlage fürs Schreiben konzipiert ist. Die Bilder zeigen
phantastische Situationen, z.B. eine Klo- schüssel, in der ein Ozeandampfer schwimmt, ein Zug, der auf dem Meeresboden fährt, ein Baum, der in einem Haus wächst. Zu jedem Bild ist ein Titel formuliert, aber kein begleitender Text, denn die Kinder sollen sich selbst Geschichten ausdenken. Hinten im Buch sind Textbeispiele von Grundschulkindern abgedruckt. Ein Siebenjähriger hat z. B. zum „Zug im Meer“ geschrieben:„Es war einmal eine kleine Lok Die fuhr von Frankfurt bis zur Nordsee. Aber da ist sie umgefallen. Da freuten sich die Fische. Die Fische stiegen ein und der Fahrer stieg aus und holte die Fische raus und sie schwammen weg und waren sehr traurig. Der Fahrer stieg ein und fuhr weg. Und der Fischer fischte die kleine Lok hoch. “Die Bilder eignen sich als Schreibanregung für alle Altersstufen - ich habe sie sogar in einer Schreibwerkstatt mit Erwachsenen eingesetzt.Im Magazin der Kinderliteratur von Hans- Joachim Gelberg, Der bunte Hund, findet sich ab der Nr. 3 jeweils ebenfalls ein sur- real-phantastisches Bild als Schreibanregung. Die Kinder können ihre Texte für einen Erzählwettbewerb einsenden.
5. Geschichtenanfänge weiterspinnen Ähnliche Möglichkeiten bietet das Buch von Renate Steinchen (Hrsg.): Karoline im Land der Bilder. Auch dieses Buch enthält einzelne, voneinander unabhängige Bildtafeln, gemalt von verschiedenen Künstlern. Sie sind in ihrem Stil unterschiedlich, in der Mehrzahl ebenfalls mit surreal-phan- tastischer Tendenz. So bringt z. B. ein Postbote einen Elefanten in einem Päckchen, oder es hat sich ein Riese über ein Bahngeleise gelegt. Zu jedem Bild ist ein Satz oder Satzteil als Geschichtenan
fang formuliert, bei den erwähnten Beispielen etwa: „Eines Tages kam ein Päckchen ..." bzw. „Da lag er nun ...", Die Kinder können die Geschichten fortsetzen. Dieses Buch eignet sich besonders für die Freiarbeit; Kinder, die Lust haben, eine Geschichte zu schreiben, holen sich das Buch und wählen selbständig ein Bild mit einem Geschichtenanfang aus.
6. Geschichten weitererzählenMehr Text ist in dem Buch von Sabine Lohf
und Hermann Krekeler: Paula und der Kräuterblitz vorgegeben. Zu jedem Bild findet man eine Geschichte, zu der man noch eine Fortsetzung schreiben kann. So erzählt die Geschichte Schön ist’s im Schuh! von einer Mäusefamilie, die einen weggeworfenen Schuh zu ihrer Wohnung macht; auf die Dauer wird es den Mäusen aber etwas eng im Schuh, und sie überlegen, was sie machen könnten. Sie denken, sie fänden vielleicht einen zweiten Schuh. Mit Satz „Aber wo sollen wir ihn suchen?“
Surreale Bilder regen die Phantasie besonders an
Geschichten zu Bildern lassen sich weiterschreiben: „Wo sollen wir ihn suchen, den zweiten Schuh?“
Mit Figuren in Bilderbüchern können die Schüler ins Gespräch kommen
endet die abgedruckte Geschichte.Mit diesem Buch kann man auch gut im Klassenverbund arbeiten. Man zeigt z. B. im Sitzkreis ein Bild, liest die abgedruckte Geschichte vor (gibt sie u. U. auch fotokopiert aus) und läßt dann die Kinder an ihrem Platz eine Fortsetzung schreiben.
7. Den Brief einer Figur schreiben Eine bekannte Schreibaufgabe zu Büchern besteht darin, die Kinder einen Brief verfassen zu lassen, den eine Figur geschrieben haben könnte. Ein ungewohnter Anlaß zu einem solchen Vorgehen ist in dem Bilderbuch von Ingrid und Dieter Schubert: Irma hat so große Füße gegeben. Das Buch handelt von Lore und der Hexe Irma. Lore leidet darunter, daß sie große Ohren hat und von den anderen Kindern „Lore, Segelohre“ gerufen wird. Die
kleine Hexe Irma ihrerseits ist von den anderen Hexen geflohen, weil sie wegen ihrer großen Füße ausgelacht wird. Lore und die Hexe Irma helfen sich nun gegenseitig, ihre Minderwertigkeitsgefühle zu überwinden. Am Schluß geht Irma zu den anderen Hexen zurück, wo sie nun freundlich aufgenommen wird. Lore erhält von der Hexe einen Brief in Bildern (ähnlich einer Bildergeschichte), der auf der letzten Seite abgedruckt ist. Auf der vorletzten Seite steht dazu: „Den Brief kannst du lesen. (...) Und was meinst Du wohl, was Lore der kleinen Hexe geantwortet hat? Wenn Du willst, kannst Du Lores Brief auf die Seite daneben schreiben oder malen.“ Die Kinder können eine schriftliche Übersetzung zum Hexenbrief und einen Antwortbrief Lores verfassen. Im ersten und am Anfang des zweiten Schuljahres kann die Übersetzung
des Hexenbriefes mündlich erfolgen und der Antwortbrief als Bildergeschichte gemalt werden - je nach Stand des Schrifterwerbs mit mehr oder weniger eingefügten Wörtern.
8. Zum Schluß ein Mitmachbuch Eine Vielzahl von Anregungen zum Ergänzen durch Malen, Schneiden und Schreiben enthält das Buch von Friedrich Karl Waechter: Opa Huckes Mitmachkabinett. Als Anregung zum Seiberschreiben gibt es darin unvollständige Geschichten, Bilder, Fotos und Comics mit leeren Sprechblasen. Vielleicht greifen die Kinder nicht nur die Vorschläge von Waechter auf, sondern versuchen, selbst für Mitschüler ein kleines Mitmachkabinett zusammenzustellen. Dazu müssen sie sich Geschichtenanfänge ausdenken, Bilder und Fotos zum Schreiben suchen und Comics mit leeren Sprechblasen zeichnen usw. Die Kinder, die sich sonst immer in der Rolle der Ausführenden sehen, übernehmen so selbst die Rolle desjenigen, der Anregungen gibt und Aufgaben stellt. Das stärkt ihre Selbsttätigkeit.
Erw ähnte BilderbücherAnita Albus: Der Himmel ist mein Hut, Die Erde ist mein Schuh. Frankfurt a. M.: Insel 1973. DM 20,00 Raymond Briggs: Mein Schneemann. München: Bertelsmann 1978. DM 19,80 Andre Dahan: Helico und das Vögelchen. München: Bertelsmann 1988. DM 28,00Hans-Joachim Gelberg (Hrsg.): Der bunte Hund. Weinheim: Beltz. Erscheint in loser Folge seit 1981. DM 9,80 Sabine Lohf und Hermann Krekeler: Paula und der Kräuterblitz. Ravensburg: Maier 1989. DM 7,95 Ali Mitgutsch: Bei uns im Dorf. Ravensburg: Maier 341990. DM 18,80 Ali Mitgutsch: Komm mit ans Wasser. Ravensburg: Maier 271989. DM 18,80 Ali Mitgutsch: Rundherum in meiner Stadt. Ravensburg: Maier 361990.DM 18,80Ingrid und Dieter Schubert: Irma hat so große Füße. Aarau: Sauerländer 1986. DM 22,80Renate Steinchen (Hrsg.): Karoline im Land der Bilder. Berlin: Mann 1988.DM 22,00Renate Steinchen (Hrsg.): Karoline im Land vo de Bilder. Kreuzlingen: Neptun. 1988. SFr 19,80 (schweizerdeutsche Ausgabe)Friedrich Karl Waechter: Opa Huckes Mitmach-Kabinett. Weinheim: Beltz 1976. DM 16,80
A nm erkungloh danke Frau Ingeborg Schwägerl von der Grund- und Hauptschule Neugablonz für die Unterrichtsanregung zu „Mein Schneemann“ von R. Briggs.
K aspar H. Spinner ist Professor für Didaktik der Deutschen Sprache und Literatur an der Universität Augsburg und Mitherausgeber dieser Zeitschrift.