Die Uraufführung in Rothenburg löste unmittelbare ... · Konzept aufgeht.“ Schließlich sei...

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Freitag, 29. Juli 2016 FA Nr. 174 ROTHENBURG STADT UND LAND ROTHENBURG – Amüsante Pre- mierenvorstellung an einem lauen Sommerabend vor vollbesetzten Rängen: Spritzig und witzig startete das Toppler Theater am Mittwoch- abend mit der Uraufführung „Drei Morde, Küche, Bad“ in die zweite Spielzeit der „Kriminalen Saison“. Die Entstehungsgeschichte zu der Kriminalgroteske ist fast selbst ein Krimi. In einer launigen Rede bei der Premierenfeier im stimmungsvoll be- leuchteten Klosterhof erzählte Jürgen Klatte von der ehrenamtlichen Thea- terleitung von einer nervenaufreiben- den Herausforderung. „Es gab einen Titel, aber noch keine einzige Zeile Text.“ Es war ein anfängliches Wag- nis, das zwei Profis zum Erfolg führ- ten: der Autor Carsten Golbeck und die Regisseurin Katja Wolff, beides bekannte Namen in der deutschen Theaterszene. Wie man die beiden vielbeschäftig- ten Berliner ködern konnte? „Wir ha- ben sie nach Rothenburg eingeladen und sie waren angetan von der Stadt und von dem schönes Theater- chen“, freute sich Jürgen Klatte und sagte ein „dickes Danke“ für das „tolle Drehbuch“ und die „temperamentvolle Inszenie- rung“ Seine Glückwünsche sprach er auch den vier Schau- spielern und dem Bühnenbild- ner Jan Freese aus, der die Kulis- se zum „Sanierungsfall“ mach- te – passend zum Thema Wohn- raumverknappung und Immobi- lienspekulationen. Ein dickes Lob gab es ebenso für Regieassis- tent Norman Schock und Harald Köhler, zuständig für Licht- und Tontechnik. „Sie waren alle ihr Geld wert“, betonte Jürgen Klat- te. Seine Aussage wurde von der Beifallsbekundung des Publikums begleitet. „Es kommt auf die Qualität an, was sich auf der Bühne tut. Wir predigen Armut und nicht Elend“, fügte er an. Vom Erfolg war auch die Regisseu- rin aufgekratzt. „Alle Sachen, die wir uns ausgedacht haben, haben funk- tioniert. Man ist immer gespannt, wie das Publikum reagiert und ob das Konzept aufgeht.“ Schließlich sei Theater auch Geschmackssache, das dürfe man bei der künstlerisch-gestal- tenden Arbeit nicht vergessen. „Dass sich ein Publikum spaltet, damit muss man leben“, sagte Katja Wolff. Seine Erleichterung und Freude teilte Carsten Golbeck mit der Regis- seurin. „Ich bin über die Reaktionen sehr froh“. Vor der Premiere seien al- le von Aufregung überflutet gewesen. Bei der Premierenfeier genoss er zu- sammen mit dem Ensemble das Ge- fühl der Erleichterung. „Mit dem Stück wollte ich das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Charaktere und Kulturen zeigen und Assoziationen zum Thema ansto- ßen.“ Die bitterböse, schwarze Schlusspointe soll zum Nachdenken anregen: „Was kann mein Part sein, dass Konflikte anders enden.“ Sein Stück „Oben bleiben“ (wir be- richteten) mit der Schauspielerin Ge- rit Kling nahm gegen Ende ebenfalls eine überraschende Wende: „Da ging es mir um die Würde eines Men- schen, dem wir dabei zuschauen, wie er von der Gesellschaft ausrangiert wird, weil er aufgrund des höllischen Spiels mit dem Älterwerden an Marktwert verliert.“ An insgesamt 22 Tagen im Juli und August haben Zuschauer die Mög- lichkeit, die frisch geschriebene Kri- minal-Komödie im Toppler Theater zu erleben. Die letzte Vorstellung von „Drei Morde, Küche Bad“ findet am 27. August statt. Noch am Premieren- abend äußerte ein Kulturschaffender aus Weimar Interesse, das Stück auf die große Theaterbühne zu holen: „Es hat einen hohen Unterhaltungswert.“ Jutta Striffler hat „die Intensität und Emotionalität vom Hocker gerissen.“ Der Schuss Lokalkolorit kam gerade bei den Einheimischen „klasse“ an. Oberbürgermeister Walter Hartl fand das Stück „kurzweilig vergnüglich, aber keinesfalls oberflächlich.“ Der Kommentar des Tourismusdirektors Dr. Jörg Christöphler: „Zeitgemäß, peppig, frisch, – genau die richtige Mischung für ein Sommertheater mit Super Drive.“ sis Das Interesse geht weiter Die Uraufführung in Rothenburg löste unmittelbare Signalwirkung aus Bühnenpoeten Kreativ: Die Worte fließen lassen ROTHENBURG – Das Jugendzen- trum Rothenburg und die Evangeli- sche Jugendsozialarbeit Rothenburg gGmbH (EJSA) richten am Samstag ab 19 Uhr einen Dichterwettstreit „Unter den Linden aus“. An der Veranstaltung nehmen er- fahrene Poeten als auch neue Protago- nisten der Dichterszene aus Bayern teil: Rapper Erwin Henle aus Dinkels- bühl, DJ Felix Kaden aus Erlangen, die Fürtherin Lara Ermer, Miguel Fu- gaz aus Eichstätt, Oliver Walter aus Spalt und Pascal Simon aus Regens- burg. Martin Hönl aus Dietenhofen über- nimmt wie schon im vergangenen Herbst im Jugendzentrum die Mode- ration des Abends. Besonders ist das junge Publikum eingeladen. Bis zum 21. Geburtstag ist der Eintritt frei. An- sonsten kostet der Eintritt drei Euro. Die Veranstaltung wird von der Stadt Rothenburg und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert. Bei schlechtem Wetter geht es in die Scheune. Jubiläums-Veranstaltung ROTHENBURG – Zum 25-jährigen Jubiläum des Rothenburger Sommer- Ferienprogramms findet am morgi- gen Samstag ein Fest ab 14 Uhr auf dem Gelände der Valentin-Ickelsa- mer-Mittelschule statt. Es wird einen Ballonflugwettbewerb geben, bei dem Kinder, deren Karte zurückkommt, im Herbst zu einer Verlosung eingela- den werden. Musikalisch wird die Trommelgruppe der jungen Flücht- linge aus der Gipsmühle das Fest be- gleiten. Die rund 100 ehrenamtlichen Mitarbeiter spendieren ihre Geträn- ke- und Essensgutscheine. Fünf Ro- thenburger Bäcker steuern 250 Ge- bäckstücke bei. Der Erlös des Festes kommt den Rothenburger Kindergär- ten zugute. Schau in der Burgtor-Galerie ROTHENBURG – Die Kunstschau in den beiden ehemaligen Torwärter- häuschen am Burgtor hat heute und am Samstag von 14 bis 18 Uhr geöff- net. Die Insinger Künstlerin Maria Semmer und Kulturschaffende aus Rom stellen Druckgrafik, Malerei, Fo- tografie, Collagen, Zeichnungen und Skulpturen aus. Rockklassiker für guten Zweck ROTHENBURG – Die Gruppe „Six- bag“ gastiert am Samstag um 20.30 Uhr im Theater am Burgtor mit Rock- balladen und Rockklassikern – halb- akustisch, aber auch rockig. Der Ein- tritt ist frei. Der Erlös geht an die Grie- chenlandhilfe und an Flüchtlingskin- der in Rothenburg. Blech trifft Orgel Sommerliche Musik in St. Jakob ROTHENBURG Im Rahmen der Kirchenmusikwoche gestaltet der Posaunenchor von St. Jakob un- ter der Leitung von Ulrich Knörr heu- te um 19 Uhr eine sommerliche Blä- ser- und Orgelmusik. Auf dem Programm steht ein bunter Mix aus alter (Anonymus, Bach, Re- ger) und neuer (Grünert, Fünfgeld, Haffner, Seitz) Bläsermusik aus den verschiedenen Bläserheften des Po- saunenchorverbandes. Roter Faden im Programm ist die Melodie des Sommerliedes „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“, die von verschie- denen Komponisten bearbeitet wor- den ist. Jürgen Klatte bereichert das Programm an der Orgel mit Werken von Buxtehude, Pachelbel, Albinoni, Bach und Widor. Jürgen Klatte (li) sprach einen Toast auf die erfolgreiche Aufführung des Ensembles aus. Theatersommer im Klosterhof: Frischer Wein untermalte die anregenden Gespräche. Blumen und frohe Mienen zum Schluss: Den Akteuren fiel ein Stein vom Herzen. Fotos: diba/sis ROTHENBURG – Besser geht es schlichtweg nicht! Zwar neigt das mittelfränkisch sozialisierte Gemüt bekanntlich nicht zu Begeisterungs- ausbrüchen, wenn ihm etwas ge- fällt, aber der Applaus für die Uraufführung der Komödie „Drei Morde, Küche, Bad“ von Carsten Golbeck darf getrost als Mutation bezeichnet werden: Jubel, verzück- tes Trampeln – jüngst steppte der Bär nicht nur auf, sondern auch vor der Toppler-Bühne. Dieses tapfere kleine Theater lässt sich nicht beir- ren und tätigte mit der Wahl seiner zweiten Eigenproduktion einen Glücksgriff. Ein volles Haus dankte aus ganzem Herzen für eine in jeder Hinsicht begeisternde Vorstellung. Carsten Golbeck – Junge, Junge, der kann Stücke schreiben! Man denkt flüchtig an Oscar Wilde, an Yasmina Reza, an Patrick Süskind, aber übrig bleibt Golbeck. Ein voll- kommener Guss aus perfekt getim- tem Handlungsablauf mit dem hin- tergründigen Wetterleuchten eines herzhaft grimmigen, wahrheitslie- benden Humors zeichnet das schwarze Lustspiel aus um Men- schen im Kampf um eine Wohnung. Ein bewundernswertes Kunststück, wie die aktuelle Misere auf dem Im- mobilienmarkt als satirisches Motiv gleichsam in der Horizontalen glän- zend unterhält, dabei aber vertikal ins Klamme zielt. Denn schnell wird es sehr kühl, wenn im Stück beispielsweise die Frage gestellt wird, wie denn eine echte Solida- rität mit Flüchtlingen Realität wer- den soll, wenn sie unter den Gastgebern nicht funktioniert; nicht funktionieren kann, weil der Wohn- raum auch für sie selbst knapp ist und der Bestand außerdem ein Ob- jekt der Begierde nach Rendite. Zum brillanten Funkeln trug vom Ensemble bis zur Musik (Carsten Gerlitz) einfach alles bei. Bis ins Detail spannungsvoll, klug witzig bis zur Verblüf- fung die Regieeinfälle von Katja Wolff, kon- genial unterstützt durch das Bühnenbild (subtile Symbolik der transparenten Folien) und die Kostüme von Jan Freese, ergänzt durch wirkungsvolle Lichtstimmungen von Harald Köhler. Ein pas de quatre, dessen Krimi-Anteile so unaufdringlich wie letztlich geheimnis- voll fesseln. Der Plot ist einfach und raffiniert zugleich: Ein älteres und ein jüngeres Paar treffen sich in einer Wohnung, für die sie beide einen gültigen Kauf- vertrag haben. Betrug, Bereiche- rungsgier: Viel Raum für eine stets unterschwellige, aber deutliche Ebene der Zeitkritik in einer amü- santen Komödie. So viel sei verra- ten: Auch die in der Wohnung aufgefundene Leiche hat einen ak- tuellen Vertrag für just diese Bleibe in der Tasche ... Slapstick, Rap, Tanz und Gesang würzen die Handlung. Das ältere Paar – Alt 68er Uwe (Stefan Gossler) mit Fengshui-Enthusiastin Irene (Michaela Hanser) befehden sich sanft, aber unerbittlich. Sie ätzt eso- terisch fundiert mit wunderbar sit- zender Stimme wie Artikulation und mahnt zur Körperertüchtigung: „Tu was für dich, ich brauche dich noch!“. Er kontert mit Marx oder auch mal mit Rilke: „ Wer spricht von Siegen? Überstehn ist alles.“ Nach der Pause beglückt er das Pu- blikum mit einem champagnerge- schwängerten Potpourri politka- barettistischer Brettl-Sangeskunst, für die man sich sofort ein eigenes Programm von ihm wünscht. Eine echte Granate umgangs- sprachlich, umwerfend komisch ist die Schauspielerin Britta Boehlke als Ghetto-Gewächs Jana, die end- lich den smarten Erben und Im- mobilien-Fuzzi Philipp „Dobbler“ heiraten will. Spontan gab es Sze- nenapplaus für ihren schreistarken Wutanfall über den säumigen Bräu- tigam. So schlecht ist der aber gar nicht: Er will seiner Liebsten einen Jacuzzi mit Rutschbahn bis in die Tauber bauen und plant für seine chinesischen Kunden in Rothen- burg eine Luxus-Wohnanlage mit Burgzimmern samt bruchsicherer Sonderverglasung. Friedrich Witte zeichnet die Figur von aalglatt ver- logen bis ins Weinerliche blendend. Fazit: Sternstunde im „TT“! bhi M. Hanser, S. Gossler, F. Witte, B. Boehlke mit mysteriösem Fund (v. l.) Fotos: Pfitzinger Eindrucksvolle Bühnenstimmung (J. Freese; Licht: H. Köhler) „Dobblers“ Sternstunde Kulturkritik: Bravouröse Uraufführung im Toppler-Theater

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Freitag, 29. Juli 2016 FA Nr. 174ROT HEN BURG STADT UND LAND

ROTHENBURG – Amüsante Pre-mierenvorstellung an einem lauenSommerabend vor vollbesetztenRängen: Spritzig und witzig startetedas Toppler Theater am Mittwoch-abend mit der Uraufführung „DreiMorde, Küche, Bad“ in die zweiteSpielzeit der „Kriminalen Saison“.

Die Entstehungsgeschichte zu derKriminalgroteske ist fast selbst einKrimi. In einer launigen Rede bei derPremierenfeier im stimmungsvoll be-leuchteten Klosterhof erzählte Jürgen

Klatte von der ehrenamtlichen Thea-terleitung von einer nervenaufreiben-den Herausforderung. „Es gab einenTitel, aber noch keine einzige ZeileText.“ Es war ein anfängliches Wag-nis, das zwei Profis zum Erfolg führ-ten: der Autor Carsten Golbeck unddie Regisseurin Katja Wolff, beidesbekannte Namen in der deutschenTheaterszene.

Wie man die beiden vielbeschäftig-ten Berliner ködern konnte? „Wir ha-ben sie nach Rothenburg eingeladenund sie waren angetan von der Stadt

und von dem schönes Theater-chen“, freute sich Jürgen Klatteund sagte ein „dickes Danke“ fürdas „tolle Drehbuch“ und die„temperamentvolle Inszenie-rung“ Seine Glückwünschesprach er auch den vier Schau-spielern und dem Bühnenbild-ner Jan Freese aus, der die Kulis-se zum „Sanierungsfall“ mach-te – passend zum Thema Wohn-raumverknappung und Immobi-lienspekulationen. Ein dickesLob gab es ebenso für Regieassis-tent Norman Schock und HaraldKöhler, zuständig für Licht- undTontechnik. „Sie waren alle ihrGeld wert“, betonte Jürgen Klat-te. Seine Aussage wurde von derBeifallsbekundung des Publikumsbegleitet. „Es kommt auf die Qualitätan, was sich auf der Bühne tut. Wirpredigen Armut und nicht Elend“,fügte er an.

Vom Erfolg war auch die Regisseu-rin aufgekratzt. „Alle Sachen, die wiruns ausgedacht haben, haben funk-tioniert. Man ist immer gespannt, wiedas Publikum reagiert und ob dasKonzept aufgeht.“ Schließlich seiTheater auch Geschmackssache, dasdürfe man bei der künstlerisch-gestal-tenden Arbeit nicht vergessen. „Dasssich ein Publikum spaltet, damitmuss man leben“, sagte Katja Wolff.

Seine Erleichterung und Freude

teilte Carsten Golbeck mit der Regis-seurin. „Ich bin über die Reaktionensehr froh“. Vor der Premiere seien al-le von Aufregung überflutet gewesen.Bei der Premierenfeier genoss er zu-sammen mit dem Ensemble das Ge-fühl der Erleichterung. „Mit demStück wollte ich das Zusammenlebenvon Menschen unterschiedlicherCharaktere und Kulturen zeigen undAssoziationen zum Thema ansto-ßen.“ Die bitterböse, schwarzeSchlusspointe soll zum Nachdenkenanregen: „Was kann mein Part sein,dass Konflikte anders enden.“

Sein Stück „Oben bleiben“ (wir be-richteten) mit der Schauspielerin Ge-rit Kling nahm gegen Ende ebenfallseine überraschende Wende: „Da ginges mir um die Würde eines Men-schen, dem wir dabei zuschauen, wieer von der Gesellschaft ausrangiertwird, weil er aufgrund des höllischenSpiels mit dem Älterwerden anMarktwert verliert.“

An insgesamt 22 Tagen im Juli undAugust haben Zuschauer die Mög-lichkeit, die frisch geschriebene Kri-minal-Komödie im Toppler Theaterzu erleben. Die letzte Vorstellung von„Drei Morde, Küche Bad“ findet am27. August statt. Noch am Premieren-abend äußerte ein Kulturschaffenderaus Weimar Interesse, das Stück aufdie große Theaterbühne zu holen: „Eshat einen hohen Unterhaltungswert.“Jutta Striffler hat „die Intensität und

Emotionalität vom Hocker gerissen.“Der Schuss Lokalkolorit kam geradebei den Einheimischen „klasse“ an.Oberbürgermeister Walter Hartl fanddas Stück „kurzweilig vergnüglich,aber keinesfalls oberflächlich.“ DerKommentar des TourismusdirektorsDr. Jörg Christöphler: „Zeitgemäß,peppig, frisch, – genau die richtigeMischung für ein Sommertheater mitSuper Drive.“ sis

Das Interesse geht weiter Die Uraufführung in Rothenburg löste unmittelbare Signalwirkung aus

Bühnenpoeten Kreativ: Die Worte fließen lassen

ROTHENBURG – Das Jugendzen-trum Rothenburg und die Evangeli-sche Jugendsozialarbeit RothenburggGmbH (EJSA) richten am Samstagab 19 Uhr einen Dichterwettstreit„Unter den Linden aus“.

An der Veranstaltung nehmen er-fahrene Poeten als auch neue Protago-nisten der Dichterszene aus Bayernteil: Rapper Erwin Henle aus Dinkels-bühl, DJ Felix Kaden aus Erlangen,die Fürtherin Lara Ermer, Miguel Fu-gaz aus Eichstätt, Oliver Walter ausSpalt und Pascal Simon aus Regens-burg.

Martin Hönl aus Dietenhofen über-nimmt wie schon im vergangenenHerbst im Jugendzentrum die Mode-ration des Abends. Besonders ist dasjunge Publikum eingeladen. Bis zum21. Geburtstag ist der Eintritt frei. An-sonsten kostet der Eintritt drei Euro.Die Veranstaltung wird von der StadtRothenburg und dem Bundesamt fürMigration und Flüchtlinge gefördert.Bei schlech tem Wetter geht es in dieScheune.

Jubiläums-Veranstaltung ROTHENBURG – Zum 25-jährigen

Jubiläum des Rothenburger Sommer-Ferienprogramms findet am morgi-gen Samstag ein Fest ab 14 Uhr aufdem Gelände der Valentin-Ickelsa-mer-Mittelschule statt. Es wird einenBallonflugwettbewerb geben, bei demKinder, deren Karte zurückkommt,im Herbst zu einer Verlosung eingela-den werden. Musikalisch wird dieTrommelgruppe der jungen Flücht-linge aus der Gipsmühle das Fest be-gleiten. Die rund 100 ehren amtlichenMitarbeiter spendieren ihre Geträn-ke- und Essensgutscheine. Fünf Ro-thenburger Bäcker steuern 250 Ge-bäckstücke bei. Der Erlös des Festeskommt den Rothenburger Kindergär-ten zugute.

Schau in der Burgtor-GalerieROTHENBURG – Die Kunstschau

in den beiden ehemaligen Torwärter-häuschen am Burgtor hat heute undam Samstag von 14 bis 18 Uhr geöff-net. Die Insinger Künstlerin MariaSemmer und Kulturschaffende ausRom stellen Druckgrafik, Malerei, Fo-tografie, Collagen, Zeichnungen undSkulpturen aus.

Rockklassiker für guten ZweckROTHENBURG – Die Gruppe „Six-

bag“ gastiert am Samstag um 20.30Uhr im Theater am Burgtor mit Rock-balladen und Rockklassikern – halb-akustisch, aber auch rockig. Der Ein-tritt ist frei. Der Erlös geht an die Grie-chenlandhilfe und an Flüchtlingskin-der in Rothenburg.

Blech trifft OrgelSommerliche Musik in St. Jakob

ROTHENBURG – Im Rahmender Kirchenmusikwoche gestaltetder Posaunenchor von St. Jakob un-ter der Leitung von Ulrich Knörr heu-te um 19 Uhr eine sommerliche Blä-ser- und Orgelmusik.

Auf dem Programm steht ein bunterMix aus alter (Anonymus, Bach, Re-ger) und neuer (Grünert, Fünfgeld,Haffner, Seitz) Bläsermusik aus denverschiedenen Bläserheften des Po-saunenchorverbandes. Roter Fadenim Programm ist die Melodie desSommerliedes „Geh aus, mein Herz,und suche Freud“, die von verschie-denen Komponisten bearbeitet wor-den ist. Jürgen Klatte bereichert dasProgramm an der Orgel mit Werkenvon Buxtehude, Pachelbel, Albinoni,Bach und Widor. Jürgen Klatte (li) sprach einen Toast auf die erfolgreiche Aufführung des Ensembles aus.

Theatersommer im Klosterhof: Frischer Wein untermalte die anregenden Gespräche.

Blumen und frohe Mienen zum Schluss: Den Akteuren fiel ein Stein vom Herzen. Fotos: diba/sis

ROTHENBURG – Besser geht esschlichtweg nicht! Zwar neigt dasmittelfränkisch sozialisierte Gemütbekanntlich nicht zu Begeisterungs-ausbrüchen, wenn ihm etwas ge-fällt, aber der Applaus für dieUraufführung der Komödie „DreiMorde, Küche, Bad“ von CarstenGolbeck darf getrost als Mutationbezeichnet werden: Jubel, verzück-tes Trampeln – jüngst steppte derBär nicht nur auf, sondern auch vorder Toppler-Bühne. Dieses tapferekleine Theater lässt sich nicht beir-ren und tätigte mit der Wahl seinerzweiten Eigenproduktion einenGlücksgriff. Ein volles Haus dankteaus ganzem Herzen für eine in jederHinsicht begeisternde Vorstellung.

Carsten Golbeck – Junge, Junge,der kann Stücke schreiben! Mandenkt flüchtig an Oscar Wilde, anYasmina Reza, an Patrick Süskind,aber übrig bleibt Golbeck. Ein voll-

kommener Guss aus perfekt getim-tem Handlungsablauf mit dem hin-tergründigen Wetterleuchten einesherzhaft grimmigen, wahrheitslie-benden Humors zeichnet dasschwar ze Lustspiel aus um Men-schen im Kampf um eine Wohnung.Ein bewundernswertes Kunststück,wie die aktuelle Misere auf dem Im-mobilienmarkt als satirisches Motivgleichsam in der Horizontalen glän-zend unterhält, dabei aber vertikalins Klamme zielt. Denn schnellwird es sehr kühl, wenn im Stückbeispielsweise die Frage gestelltwird, wie denn eine echte Solida-rität mit Flüchtlingen Realität wer-den soll, wenn sie unter denGastgebern nicht funktioniert; nichtfunktionieren kann, weil der Wohn-raum auch für sie selbst knapp istund der Bestand außerdem ein Ob-jekt der Begierde nach Rendite.

Zum brillanten Funkeln trug vomEnsemble bis zur Musik (Carsten

Gerlitz) einfach allesbei. Bis ins Detailspannungsvoll, klugwitzig bis zur Verblüf-fung die Regieeinfällevon Katja Wolff, kon-genial unterstütztdurch das Bühnenbild(subtile Symbolik dertransparenten Folien)und die Kostüme vonJan Freese, ergänztdurch wirkungsvolleLichtstimmungen vonHarald Köh ler.

Ein pas de quatre,dessen Krimi-Anteileso unaufdringlich wieletztlich geheimnis-voll fesseln. Der Plot

ist einfach und raffiniert zugleich:Ein älteres und ein jüngeres Paartreffen sich in einer Wohnung, fürdie sie beide einen gültigen Kauf-vertrag haben. Betrug, Bereiche-rungsgier: Viel Raum für eine stetsunterschwellige, aber deutlicheEbe ne der Zeitkritik in einer amü-santen Komödie. So viel sei verra-ten: Auch die in der Wohnungaufgefundene Leiche hat einen ak-tuellen Vertrag für just diese Bleibein der Tasche ...

Slapstick, Rap, Tanz und Gesangwürzen die Handlung. Das älterePaar – Alt 68er Uwe (Stefan Gossler)mit Fengshui-Enthusiastin Irene(Michaela Hanser) befehden sichsanft, aber unerbittlich. Sie ätzt eso-terisch fundiert mit wunderbar sit-zender Stimme wie Artikulationund mahnt zur Körperertüchtigung:„Tu was für dich, ich brauche dichnoch!“. Er kontert mit Marx oderauch mal mit Rilke: „ Wer sprichtvon Siegen? Überstehn ist alles.“

Nach der Pause beglückt er das Pu-blikum mit einem champagner ge -schwängerten Potpourri po lit ka- barettistischer Brettl-Sangeskunst,für die man sich sofort ein eigenesProgramm von ihm wünscht.

Eine echte Granate umgangs-sprachlich, umwerfend komisch istdie Schauspielerin Britta Boehlkeals Ghetto-Gewächs Jana, die end-lich den smarten Erben und Im -mobilien-Fuzzi Philipp „Dobbler“heiraten will. Spontan gab es Sze-nenapplaus für ihren schreistarkenWutanfall über den säumigen Bräu-tigam. So schlecht ist der aber garnicht: Er will seiner Liebsten einenJacuzzi mit Rutschbahn bis in dieTauber bauen und plant für seinechinesischen Kunden in Rothen-burg eine Luxus-Wohnanlage mitBurgzimmern samt bruchsichererSonderverglasung. Friedrich Wittezeichnet die Figur von aalglatt ver-logen bis ins Weinerliche blendend.

Fazit: Sternstunde im „TT“! bhi

M. Hanser, S. Gossler, F. Witte, B. Boehlke mit mysteriösem Fund (v. l.) Fotos: Pfitzinger

Eindrucksvolle Bühnenstimmung (J. Freese; Licht: H. Köhler)

„Dobblers“ SternstundeKulturkritik: Bravouröse Uraufführung im Toppler-Theater