DIE WAHRE VERFORMUNGS GESCHWINDIGKEIT BEIM …

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Institut für Reaktorwerkstoffe KERNFORSCHUNGSANLAGE JOLICH des Landes Nordrhein-Westfalen-e.V. DIE WAHRE VERFORMUNGS- GESCHWINDIGKEIT BEIM ZUGVERSUCH The true rate of deformation in a tensile test La vitesse de deformation reelle lors de I' essai de traction von F. Jül-221-RW September 1964

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Institut für Reaktorwerkstoffe

KERNFORSCHUNGSANLAGE JOLICH

des Landes Nordrhein-Westfalen-e.V.

DIE WAHRE VERFORMUNGS­

GESCHWINDIGKEIT BEIM ZUGVERSUCH

The true rate of deformation in a tensile test

La vitesse de deformation reelle lors de I' essai de traction

von

F. E.~resch

Jül-221-RW September 1964

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Berichte der Kernforschungsanlage Jülich Nr. 221

Institut für Reaktorwerkstoffe Jül - 221 - RW

Dok.: Tensile Tests - Deformotion Rate

OK: 620.1.052.3/.5: 620.172 : 620.171.313: 669.14/.15

Zu beziehen durch i ZENTRALBIBLIOTHEK der Kernforschungsanlage Jülich, Jülich, Bundesrepublik Deutschland

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Sonderdruck aus „Materialprüfung" Bd. 6 (1964) Nr. 9, S. 3081313

Die wahre Verformungsgeschwindigkeit beim Zugversuch

Von Dr.-lng. F. Ee_resch, Jülich DK 620.1.052.3/.5: 620.172: 620.171.313: 669.14/.15

Materialprüf. 6 (1964) Nr. 9 S. 308/13 (6 Fig. 1 Tab. 7 Ref.)

Manuskript-Eing. 24. April 1964

The true rate of deformation in a tensile fest

La vitesse de deformation reelle lors de l'essai de traction

Mitteilung aus dem Institut für Reaktorwerkstoffe der Kernforschungsanlage Jülich

Erweiterte Fassung des auf der Hauptversammlung der Deutschen Gesellschaft für Metallkunde in Berlin am 13. Juni 1963 gehaltenen Vortrags

Inhaltsangabe

Die beim Zugversuch ermittelten physikalischen und technologischen Werkstoffkennwerte hängen von den elastischen Eigen­schaften der Zugprüfmaschine ab, so daß bei hohen Anforderungen an die Meßgenauigkeit Korrekturen an dem gemessenen Wert anzubringen sind. Es werden für die Vorgänge, welche beim Zugversuch in der Probe und der Prüfmaschine bei gegebener Querhauptgeschwindigkeit ablaufen, Gleichungen aufgestellt, die die Abhängigkeit der gemessenen Werkstoffkennwerte von den mechanischen Eigenschaften der untersuchten Probe und den elastischen Eigenschaften der Zugprüfmaschine zeigen. So kann z. B. die Abweichung der wahren Verformungsgeschwindigkeit der Probe von der durch die Prüfmaschine aufgeprägten Verformungsgeschwindigkeit (der Querhauptgeschwindigkeit) je nach Werkstoff und Probengröße über 90% betragen. Die allgemein üblichen Begriffe „harte" und „weiche" Zugprüfmaschine werden an Hand von Beispielen erläutert.

Summary

The physical and technological characteristics of a material determined by means of a tensile test depend upon the elastic properties of the testlng machine so that some corrections should be applied to achieve a high degree of accuracy. Equations are set up for the processes occurring in the specimen and the testing machine during a tensile test at a given crosshead speed. These equations show the dependence of the measured characteristics of a material upon the mechanical properties of the specimen and upon the elastic properties of the testing machine. The true deformation rate of the specimen may deviate from the deformation reite imposed by the testing machine (i. e. the crosshead speed) by more than 90% according to size and material of the specimen. The general terms "hard" and "soft" tensile testing machine are explained with the help of examples.

Resume

Les caracteristiques physiques et technologiques des materiaux qui ont ete determinees par l'essai de traction dependent des proprietes elastlques de la machine utilisee pour cet essai, de sorte qu'une grande precision de mesure exigee oblige 0: corriger les valeurs mesurees. Des formules sont etablies pour les processus ayant lieu lors de l'essai de rupture, dans l'eprouvette d'une part et dans la machine d'autre part, 0: une vitesse de la traverse donnee. Ces formules demontrent l'interdependance des caracterlstiques mesurees d'un materiau, des particularites mecaniques de l'eprouvette et des proprietes elastlques de la machine d'essai. Ainsi, par exemple, la divergence de la vitesse de deformation reelle de l'eprouvette par rapport 0: la vitesse de deformation engendree par la machine d'essai (vitesse du chariot transversal) peut depasser les 90%, suivant materiau et taille de l'eprouvette. Sur la base d'exemples, les termes generalement usites de «machine d'essai de traction dure resp. molle» sont expliquees.

1. Einleitung

Bei zahlreichen physikalischen und technischen Messun­gen wird der Meßwert durch die Meßvorrichtung ver­ändert, so daß bei hohen Anforderungen an die Meßgenauig­keit eine Korrektur an dem zu messenden Wert anzubringen ist. Beim Zugversuch erfährt die Probe eine homogene , Normalbeanspruchung, indem ein Querhaupt der Prüf­maschine, Fig. 1, mittels des Spannwerks abgezogen wird, und die Probe über die andere Einspannung dieser Bewe­gung den Verformungswiderstand entgegensetzt. Eine rein elastische Verformung der Probe kommt zum Stillstand, wenn das Flächenintegral über die Spannung in der Probe gleich den äußeren Kräften ist. Das Maschinengestell bildet den Kraftschluß zwischen den beiden Einspannungen, so daß die mittleren Spannungen in der Probe und der Prüf­maschine gleich sind.

Die Bauelemente der Prüfmaschine erfahren ebenso wie die Probe durch den Kraftschluß eine Verformung. Es wird beobachtet, daß der Weg zwischen dem abgezogenen und dem feststehenden Querhaupt größer ist als die verfor­m:ungsbedingte Längenänderung der Probe, Fig. 1 und 2 [1 bis 3]. Die resultierende Verformung der Bau- und Meß­elemente der Prüfmaschine ist also eine Verlängerung. Da die Meßvorrichtung beim Zugversuch aus diesen verschiedenen Elementen der Prüfmaschine einschließlich der Kraftmeßein­richtung besteht, muß die aus ihrer Verformung resultierende Verlängerung bei dem Meßergebnis berücksichtigt werden.

2. Vorgänge beim Zugversuch

Besonders übersichtlich gestalten sich die Vorgänge in der Zugprüfmaschine und der beanspruchten Probe bei Maschinen mit mechanischem Antrieb und elektronischer Kraft- und Dehnungsmessung. Beim Zugversuch wird die Probe dadurch beansprucht, daß eine ihrer Einspannungen gegen die andere mittels eines Querhaupts mit einer be­stimmten Geschwindigkeit VQ abgezogen wird. Da ermittelt wurde, daß der Weg LQ dieses Querhaupts größer als die verformungsbedingte Dehnung der Probe ist, so ist die wahre Verformungsgeschwindigkeit vw der Probe sicher kleiner als die Querhauptgeschwindigkeit VQ. Bei mecha­nischer Dehnungsmessung der Probe über den Weg des Querhaupts wird wegen der Dehnung der Bau- und Meß­elemente ein zu großer Wert ermittelt. Die elektronische Kraftmessung selbst ist letzthin die Messung der elastischen Dehnung eines Federgliedes in der Kraftmeßeinrichtung. Sprunghafte Längenänderungen der Probe bei einer Zwil­lingbildung oder beim Übergang von der oberen zur unteren Streckgrenze verändern über den Kraftschluß der Prüf­maschine die mittleren Spannungen in der Probe und in der Meßvorrichtung. Die Kraftmeßeinrichtung kann daher nur einen den Federungseigenschaften der Bau- und Meß­elemente der Prüfmaschine entsprechenden Anteil der wahren Kraftänderung erkennen lassen. Die elektronische Dehnungsmessung der Probe wird durch die Verformung der Zugprüfmaschine nicht beeinflußt.

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Die Meßanordnung zur Ermittlung der physikalischen und tech­nologischen Eigenschaften einer Probe bei homogener Normalbean­spruchung in einer Zugprüfmaschine wird in Abechn. 3 durch ein mechaniechee Ereatzechaltbild wiedergegeben. Die Vorgänge beim Zugversuch laeeen eich dann übersichtlich durch Gleichungen dar­stellen.

3. Mechanisches Ersalz$chaltbild für den Zugversuch

In Fig. 3 wird - ebenso wie auch u. a. von SIEBEL [1], BRITTAIN [2] und EPPRECHT [3] angegeben - gezeigt, daß die resultierende Verformung von Zugprüfmaschinen eine Verlängerung ist. Ihren Bau- und Meßelementen können dann Federn in Serienschaltung zugeordnet werden, wie es Fig. 1 in willkürlicher Zuordnung zeigt. Mit „Probe" wird im folgenden nur der lange prismatische oder zylin­drische Teil der Meßlänge bezeichnet. Die Verformung der konischen Übergänge und der Einspannköpfe wird Bau­elementen der Zugprüfmaschine zugeordnet.

Der Verformungswiderstand, den die Probe der Ver­formung entgegensetzt, ist abhängig von der Geschwin­digkeit, mit der die Verformung der Probe aufgeprägt wird; z.B. ist die obere Streckgrenze weicher Stähle eine Funktion der Deformationsgeschwindigkeit. Letztere kann durch verschiedene Prüfverfahren, z. B. mit mechanischen Zugprüfmaschinen und Umlaufschlagwerken, in weiten Grenzen von 10-s bis 105 sec-1 verändert werden. Im folgenden wird vorausgesetzt, daß die Verformungs­geschwindigkeit klein gegen die Schallgeschwindigkeit ist, weil nur dann den Bau- und Meßelementen der Zugprüf­maschine und der Probe eine homogene Verteilung der Kraft P zugeordnet werden kann.

Fig. 1 : Mechanische Zugprüfmaschine und ihr Ersatz­schaltbild mit einer mechanischen Serienschaltung von Federn der Längen l

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Mechanical tensile testing machine and its sche­matic diagram showing spring elements in series with the lengths l

Machine d'essai de traction mecanique et Bon schema d'analogie represente par des elements elastiques en serie, les eiements ayant les lon­gueurs l K Kraftmeßeinrichtung

load meaeuring device meeure de la force

Q Querhäupter crossheads traverses

W Probe specimen eprouvette

E Einspannvorrichtung gripping device dispositif d'amarrage

S Maschinengestell und Spannwerk

frame and bracing bati et tendeur

Lo meßbarer Weg des Querhaupts(= lp) measurable displacement of the crosshead deplacement meeurable de la traverse

Unter der Einwirkung einer Kraft P haben die den Maschinenelementen und der Probe zugeordneten Federn im Ersatzschaltbild, Fig. 1, die Längen ZK (Kraftmeß­einrichtung), Zo (Querhäupter), lw (Probe), lB (Einspann­vorrichtung) und ls (Maschinengestell und Spannwerk). Die gesamte Anordnung der Federn hat dann für konstante Temperatur die · Länge

lp = ZK + lo + lw + lB + ls = lw + L. (1)

Dabei wird gemäß Fig. 1 mit

L = LQ - lw = lK + lQ + lB + ls (2)

der Weg der Maschinenelemente bezeichnetl), Wird ein Querhaupt mit der Geschwindigkeit VQ in der Zeit dt ab­gezogen, so erhöht sich die Kraft um dP, und die Federn verlängern sich auf

lP+dP = lp + (dZw/dP + dlK/dP + dlB/dP + + dZs/dP + dZo/dP) dP (3)

oder unter Berücksichtigung von Gl. (2) auf

lP+dP = lp + (dlwfdP + dL/dP) dP. (3a)

Die Verlängerung der Meßvorrichtung einschließlich der Probe wird in der Zeit

dt = dlfvQ = (ZP+dP - lp)/VQ

zurückgelegt. Für die wahre Verlängerung der Probe

dlw = (dlw/dP) dP

(4)

(5)

ist somit die wahre Verformungsgeschwindigkeit nach Gln. (3 bis 5)

dlw/dP vw = dlw/dt = VQ • dlw/dP + dL/dP (6)

Die auf die jeweilige (wahre) Meßlänge Zw der Probe bezogene wahre Dehngeschwindigkeit ist dann

dew/dP ww = dew/dt = VQ dlw/dP + dL/dP • (7)

Es wird bezeichnet mit

bw (P) = dlw/dP (S)

die reziproke Federkonstante der Probe, mit

dL/dP = dlK/dP + dZo/dP + dlE/dP + dls/dP = bM(P) (Sa)

die reziproke Federkonstante der Maschine; Fig. 2 zeigt den funktionalen Verlauf von bM für die Zugprüfmaschinen B, C, D und E.

Man erhält mit Gln. (S) und (Sa) für Gl. (6)

bw (9)

Die reziproken Federkonstanten bw bzw. bM der Probe und der Prüfmaschine sind im allgemeinen Funktionen der Kraft P; nur für den Bereich rein elastischer Ver­formung von Probe und Prüfmaschine sind sie Konstanten. Mithin ist

VW ~ VQ (10)

und

vw = (b b_; b ) 'VQ oder vw =const ·vQ. (11) W M elast

Das Gleichheitszeichen in Gl. (10) gilt für bM = 0.

1) Der meßbare Weg LQ des Querhaupts entspricht der Linge IP der Fedem Im Ersatzschaltblld; es gilt formal LQ=lp.

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+- -,-1 1 ' 1

!J'f p•lp, fjö 11 max

-~--

qe

E

belasten loading chargement

-- entlasten unloading dechargement

dL Fig. 2: Reziproke Federkonstante dP = bMverschiedener

mechanischer (B, C, D) und einer hydraulischen Zugprüfmaschine (E)

dL Reciprocal spring constant dP = bM of different

mechanical (B, C, D) and one hydraulic (E) tensile testing machines

dL diff' La constante elastique inverse dP = bM de e-

rentes machines d'essai de traction, mecaniques (B, C, D) et hydraulique (E)

Gln. (9) und (11) beschreiben die Geschwindigkeit vw, mit welcher sich die Probe dehnt, wenn ein Querhaupt mit der Geschwindigkeit VQ abgezogen wird. Die Länge lw der Probe selbst in Abhängigkeit vom Weg LQ des Quer­haupts ergibt sich dann aus

bw Zw = bw + bMLQ. (12)

Entsprechend gilt also auch lw ;;; LQ und

Zw = (b b_; b ) · LQ oder lw = const · LQ. (13) w M elast

Für die Werkstoffkennwerte der Probe ist die Kenntnis der Kraft P erforderlich, welche sich in Abhängigkeit vom Weg LQ des Querhaupts, der unabhängig Veränderlichen, im Kraftschluß der Prüfmaschine einstellt. Es gilt wegen Gl. (8) für bw = const die Identität

1 P = bwlw. (14)

Mit Gl. (12) folgt dann für die an der Probe wirkende Kraft

P = LQ (15) bw + bM

Gln. (9), (12) und (15) sind die für den Zugversuch charakteristischen Gleichungen.

4. Diskussion 4.1. Verformung

Zur Ermittlung der Verformung L von vier verschiedenen Zugprüfmaschinen B, C, D und E ist jeweils der gleiche lange Proportionalstab aus St 50 (B 10x 100 DIN 50 125) mit bekanntem Elastizitätsmodul E elastisch verformt worden, indem ein Querhaupt mit der Geschwindigkeit VQ

abgezogen wurde. Bei den mechanischen Zugprüfmaschinen B, C und D wird dabei die Kraft auf einem zeitproportional

mit der Geschwindigkeit Vp ablaufenden Diagramm auf­gezeichnet. Ist s der Wert der Abszisse (Zeitachse} eines Punktes der Kurve mit bekannter Kraft P (Ordinate), so ergibt sich der Weg des Querhaupts der betreffenden Zug­prüfmaschine aus

VQ LQ = s - ·

Vp

Trägt man in das Diagramm die Gerade der - der jeweiligen elastischen Verlängerung entsprechenden -Probenlänge

Vp lo Zw =- - P

VQ FE

ein (lo = Meßlänge und F =Querschnitt der Probe}, so kann man die zu jeder Kraft P gehörende Strecke L an der Zugprüfmaschine nach Gl. (2) direkt ablesen.

Zum Vergleich ist die Verlängerung L einer hydrau­lischen Zugprüfmaschine E, welche mit einer Kraft­Konstanthalte-Vorrichtung ausgerüstet ist, ermittelt wor­den, indem der Weg des abgezogenen Querhaupts mit einer Meßuhr gemessen worden ist. Die Verformung der Elemente von Zugprüfmaschinen, z. B. die Durchbiegung eines Quer­haupts, kann ebenfalls mit Meßuhren ermittelt werden. In Fig. 3 sind die Verformungen L der vier Zugprüf­maschinen B, C, D und E dargestellt.

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Fig. 3: Verformung L verschiedener mechanischer (B, C, D) und einer hydraulischen Zugprüfmaschine (E) in Abhängigkeit von der relativen Last P/PmH• siehe auch Fig. 2

Deformation L of different tensile testing machines, three of the mechanical (B, C, D) and one of the hydraulic (E) type, as functions of the relative load P / P max, see also Fig. 2

Deformation L de differentes machines d'essai de traction, mecaniques (B, C, D) et hydraulique (E), en fonction de la charge relative P/Pmax• voir aussi fig. 2

Im Bereich kleiner Lasten entsteht die Hysterese der Verformungskurven u. a. durch Gleitvorgänge in Ver­bindungen, während sie im Bereich hoher Lasten durch Vorgänge im Spannwerk bedingt sein kann.

Im elastischen Bereich der Dehnung einer Probe ist deren Elastizitätsmodul E mit deren reziproken Feder-

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J<-----1-

i--~~.,.~~~~0=6mmr--+---~

7·1-----+----ll-·0-=~m~m-m-+--t--i

as O'a J~---~--~'---~~-.---' o IM39'1.lf-·6110 'HJ O' 60 kp/mrrf' 8U

0,9

(/5 -- -

fX, ----

0

St 50: as Streckgrenze yield point limite elastique appe.rente

Fig. 4: Fig. 5 und 6:

Fig.5 Fig.5

-----· do-6mm i-----~-+--~-1.1 do-tJmm

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i10 60kp/mni'

GB Zugfestigkeit - tensile strength - resistanoe a Ja traotion

Reziproke Federkonstante 'dlw/dP = bw von langen Propor­tionalstäben in Abhängigkeit von der wahren Spannung <1

Wahre Verformungsgeschwindigkeit vw =ex VQ und die über den Weg des Querhaupts gemessene wahre Probenlänge lw = ex LQ langer Proportionalstäbe für die mechanischen Zugprüfmaschinen B (Fig. 5) und C (Fig. 6)

ReciproceJ spring constant dlw/dP = bw of a tensile test specimen {with a gauge length of 10 times the initial diameter d0) in dependence on the true tension u

True rate of deformation vw =ex VQ as a function of the load for the same specimen as in Fig. 4. The curve also shows the dependence for the true gauge length lw = ex LQ of the specimen on the distance travelled by the crosshead. The curves are given for machines B (Fig. 5) and C (Fig. 6)

La constante elastique inverse dlw/dP = bw de longs barreaux proportionnels en dependance de la contrainte reelle <1

La vitesse de deformation reelle vw = °' VQ et la longueur reelle mesuree de l'eprouvette sur la course de la traverse lw =ex LQ de longs barreaux propor­tionnels en acier 50 kgf/mm2, pour des machines d'essai de traction B (fig. 5) et c (fig. 6)

konstanten bw durch die Beziehung

Z nd bw=-=---=

FE !!....a2E 4

:n;

4n --- =const :n:dE

(16)

verknüpft. Dabei ist F = 4 d2 der Querschnitt von Propor-

tionalstäben der Länge l = nd (n = 5, 10). Allgemein be­steht zwischen der wahren Spannung u, der wahren Dehnung e und der reziproken Federkonstanten bw der Probe die Beziehung

da/de = l/F bw. (17)

Nach Gln. (16) und (17) wurde für einen langen Propor­tionalstab aus St 50 die in Fig. 4 gezeigte Abhängigkeit der reziproken Federkonstanten bw von der wahren Span­nung a ermittelt; im Bereich der oberen und unteren Streckgrenze wurde die Abhängigkeit nicht bestimmt.

4.2. Verformungsgeschwlndlgkeit

Nach Gln. (9) und (12) wird die wahre Verformungs­geschwindigkeit vw sowie die wahre jeweilige Länge lw der Probe als Funktion der Bewegung des Querhaupts ermittelt durch den Quotienten (mit ex = vw/vQ = lw/LQ)

bw °' (P) = b b

W + M (18)

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Fig. 5 und 6 zeigen die Abhängigkeit von ex für die Zug­prüfmaschinen B und C für lange Proportionalstäbe aus St 50; im Bereich der Streckgrenze bleibt ex wiederum unbestimmt.

Die wahre Verformungsgesohwindigkeit sowie die über den Weg des Querhaupts gemessene wahre Probendehnung kann in Abhängigkeit von der Probengröße bei verschiedenen Prüfmaschinen leicht um mehrere 100% schwanken. Im Bereich der plastischen Verformung vo11 Metallen sowie von Kunststoffen gilt bM ~ bw und damit°' ""' 1. In Tab. 1 sind für verschiedene Werkstoffe Werte für das Verhältnis der wahren Verformungsgeschwindigkeit vw zur Querhauptgeschwindig­keit VQ bzw. der wahren Probenlänge Zw zum Weg des Querhaupts LQ angegeben.

Bei Metallen und Kunststoffen ist die Fließgrenze von der Verformungsgeschwindigkeit abhängig. Nach Messun­gen von SCHULZ [4] erhöht sich die obere Streckgrenze von SM-Stahl um etwa 10%, wenn die Deforroations­geschwindigkeit von 5 · 10-s auf 10-4 sec-1 ansteigt. In diesem Fall müssen also Proben verschiedener Größe unter­schiedliche Werte für die Streckgrenze haben, wenn bei glei­cher Querhauptgeschwindigkeit VQ die wahre Verformungs­geschwindigkeit vw nach Fig. 6 um den Faktor 2 variiert.

Beim Überschreiten der oberen Streckgrenze eines niedrig legierten Stahls oder der Fließgrenze eines Kunststoffs macht die Dehngeschwindigkeit einen Sprung, worauf schon EPPRECHT [3] hinwies. Die reziproke Federkonstante eines Kunststoffs hat nach Überschreiten der Fließgrenze vielfach einen endlichen negativen Wert, während die reziproke Federkonstante eines Stahls nach Überschreiten der ausgeprägten oberen Streckgrenze in vielen Fällen vernachlässigbar klein ist.

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Bezeichnet man mit vw+ und vw- die wahren Ver­formungsgeschwindigkeiten beim Belasten bzw. Entlasten und entsprechend mit bM+• bM-• bw+, bw- die entsprechen­den reziproken Federkonstanten von Zugprüfmaschine und Probe und berücksichtigt das negative Vorzeichen von bw _, so beträgt dieser Sprung der wahren Verformungsgeschwin­digkeit beim Überschreiten der Fließgrenze eines Kunst­stoffs oder der ausgeprägten oberen Streckgrenze eines niedrig legierten Stahls

( bw+ .

vw+ - vw- = Llvw = VQ bw+ + bM+ + lbw-1 ) - lbw-1 + bM- •

(19)

Bei einer steifen Zerreißmaschine kann

bM+ = bM- = bM

gesetzt werden. Bei der Diskussion von GI. (19) sind zwei Fälle zu unterscheiden:

bw+, lbw-1 > bM,

bw+, lbw-1 < bM.

(20)

(21)

Die üblichen Bezeichnungen „harte" und „weiche" Zug­prüfmaschinen werden durch die Ungleichungen (20) bzw. (21) genauer definiert. Sie beziehen die Steifheit der Maschine auf die V erformungseigenschaften eines speziellen Werkstoffs. So ist die Ungleichung (20) im allgemeinen für Kunststoffe erfüllt, während Ungleichung (21) für Metalle gilt.

Man erhält nach GI. (19) für den Sprung der wahren Verformungsgeschwindigkeit eines Kunststoffs beim Über­schreiten der Fließgrenze

Llvw = - VQ bM (1/bw+ + 1/lbw-ll < 0. (22)

EPPRECHT [3] gibt Beispiele für die große Abhängigkeit der elastischen und plastischen Eigenschaften von der Ver­formungsgeschwindigkeit bei Kunststoffen. Er weist darauf hin, daß „richtige" Last-Verformungs-Diagramme nur mit „harten" Zugprüfmaschinen erhalten werden können. Je mehr die linke Seite der Ungleichung (20) die rechte über­wiegt, je „härter" also die Zugprüfmaschine ist, um so kleiner ist die Zunahme der wahren Verformungsgeschwin­digkeit nach dem Überschreiten der Fließgrenze.

Die wahre Verformungsgeschwindigkeit bei Metallen nimmt beim Überschreiten der oberen Streckgrenze vielfach ab. Man erhält für den Sprung auf Grund von Gl. (21)

VQ bw+ + lbw-1 LI vw = -- • ---,--,--,-,----:,-----=-b M 1-I bw-l/bM + bw+/bM

(23)

ff.3. Laständerung

Die diskontinuierlichen bleibenden Verlängerungen dl„z, welche bei einer Zwillingbildung oder beim Übergang von der oberen zur unteren Streckgrenze in metallischen Proben auftreten können, sind mit einer Laständerung dP in der Prüfmaschine verbunden. Berücksichtigt man, daß eine gleiche Laständerung dP bei unveränderter Probe ent­steht, wenn das abgezogene Querhaupt um den Weg

(24)

z~kgenommen wird, so folgt aus Gl. (15) für die dabei auftfetende Laständerung im Kraftschluß der Prüf­mas~hine

1 dP = - bw + bM dl1>1 • (25)

Gl. (24) ist erfüllt, weil die erwähnten sprunghaften Längenänderungen dl1>1 mit Geschwindigkeiten ablaufen, welche groß gegen die Abzugsgeschwindigkeit VQ sind. Der Spannungsabfall an einer Probe der Länge l, mit einem

Querschnitt F und einem Elastizitätsmodul E ergibt sioh somit zu

Ebl l dO" = - F · bw + bM · (26)

Für bM ~ bw, also eine ideal-steife Zugprüfmaschine, gilt unter Berücksichtigung von Gl. (16) für den dann sich einstellenden Spannungsabfall

dO" = - E de1>1

und nach Gl. (25) für den entsprechenden Lastabfall

dPo = - dl„1/bw.

(27)

(28)

Für das Verhältnis des praktisch meßbaren Lastabfalls nach Gl. (25) zu dem, welcher sich bei einer „idealsteifen" Zugprüfmaschine nach Gl. (28) einstellen würde, ergibt sich der Quotient

dP bw

dPo = bw + bM • (29)

Es ist zu beachten, daß Gln. (25 bis 29) nur für elastische Verkürzungen der Probe gemäß Gl. (16) nach einer sprung· haften Längenänderung gültig sind. Für Gl. (29) gelten Fig. 5 und 6 nicht.

Tabelle 1

Kennwerte für Proportionalstäbe in Abhängigkeit vom E-Modul

Characteristics for proportional specimens in dependence of Young's modulus

Caracteristiques des barreaux de tra'ction proportionnels en dependance du module d'elasticite

Elastizitäts-reziproke

Federkonstante Quotient Werkstoff modul (elastisch)

E bw "' kp/mm• mm/kp -

St 50 .............. 21 000 6,00. 10-• 0,092

Al-Leg •............ 6 000 2,12. 10-• 0,26

Kunststoff ......... 100 1,27. 10-• 0,96

Tab. 1 zeigt die Abhängigkeit der wahren Verformungs­geschwindigkeit vw = rx VQ bzw. der Probenlänge lw =rxLQ

bei langen Proportionalstäben (d = 10 mm) nach Gln. (9) und (12) vom Elastizitätsmodul verschiedener Werkstoffe. Die Werte für rx zeigen außerdem diese Abhängigkeit für das Verhältnis des meßbaren zum theoretisch ideal mög­lichen Kraftabfall bei einer sprunghaften bleibenden Längenänderung der Probe nach Gl. (29). Die Werte gelten für die Zugprüfmaschine C mit einer reziproken Feder­konstanten bM = 6 • 10-4 mm/kp im Kraftbereich P > 0,1 · Pmax•

KRISCH und SCHWEITZER [5; 6] leiten in kürzlich erschienenen Arbeiten eine Gleichung für das Verhältnis zweier wahrer Dehngeschwindigkeiten ab, welche zwei ver­schiedenen Punkten der Spannungs-Dehnungs-Kurve zu­zuordnen sind. In diese Gleichungen gehen die reziproken Federkonstanten entsprechend Gl. (9) ebenfalls linear ein. Die Gültigkeit der Gleichung für das Verhältnis zweier Dehngeschwindigkeiten wird dort an verschiedenen Bei­spielen bestätigt.

5. Zusammenfassung

Verschiedene der beim Zugversuch gemessenen Werk­stoffkennwerte, wie z. B. die Streckgrenze, sind von der Verformungsgeschwindigkeit abhängig. Die Dehnung der Probe wird unter gewissen Umständen - z.B. bei Ein­kristallen oder bei W armzerreißversuchen - über die Bewegung des Querhaupts oder über Marken, die an den

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Einspannvorrichtungen angebracht sind, gemessen. Sowohl die so gemessene Probendehnung als auch die aus ihr ermittelte oder direkt an der Meßlänge mit Feindehnungs­messer gemessene wahre Verformungsgeschwindigkeit sind von den Verformungseigenschaften der Zugprüfmaschine abhängig. Es ist jedoch immer zu empfehlen, die Ver­längerung der Probe direkt an der Meßlänge zu messen [7]. Im elastischen Bereich der Verformung einer Probe ist eine einmal eingestellte Belastungsgeschwindigkeit kon­stant, wenn die Verlängerung der Zugprüfmaschine rein elastisch ist, ihre reziproke Federkonstante also einen konstanten Wert hat. Bei nicht rein elastischer Verlänge­rung der Zugprüfmaschine kann dann eine konstante Belastungsgeschwindigkeit nur durch eine Regelvorrichtung

. eingehalten werden, ohne die sie sich sonst leicht um mehrere 100% ändern kann. Eine nicht direkt an der Probe ermittelte Dehnung muß korrigiert werden.

Die Korrekturen, welche zur Erzielung einer konstanten Belastungsgeschwindigkeit bzw. zur Ermittlung der Deh­nung der Probe aus nicht an der Meßlänge gemessenen Verläng~rungen anzubringen sind, sind Funktionen der reziproken Federkonstanten von Zugprüfmaschine und Probe. Die reziproke Federkonstante der Zugprüfmaschine ist eine Funktion ihrer durch den Kraftschluß mit der Probe bedingten Verlängerung. In diese Verlängerung geht linear der Weg der Kraftmeßeinrichtung ein. Extrem kleine Wege der Kraftmeßeinrichtung sind somit nicht erforderlich; sie sind meßtechnisch auch weniger stabil.

Der .Kraftabfall bei sprunghafter bleibender Längen­änderung der Probe - z.B. beim Übergang von der oberen zur unteren Streckgrenze - ist ebenfalls eine

Funktion der reziproken Federkonstanten von Probe und Zugprüfmaschine. Bei Stahl können unter Berücksichtigung der Probenabmessungen etwa 10% .vom theoretisch mög­lichen Wert dieses Kraftabfalls gemessen werden.

Die mit den - im Ersatzschaltbild eingeführten - Federn gekoppel­ten Massen der Zugprüfmaschine sind bei den vorliegenden tl'ber­legungen nicht berücksichtigt worden. Hierüber und insbesondere über die Eigenfrequenzen von Zugprüfmaschinen wird fu einer weiteren Arbeit berichtet.

Herrn Professor Dr.-Ing. F. BoUenrath danke i~h verbindlich für das Iriteresse und die fördernde Kritik an der Arbeit, den Herren Ing. K. Souschek und K. Täuber für ihre Mitarbeit bei der Aus­führung der Messungen und Anfertigung der Zeichnungen.

Literatur-Angaben

[1] •Handbuch der Werkstoffprüfung, 2. Aufl. Hrsg. E. Siebel, N. Ludwig. 2. Bd. Die Prüfung der metallischen Werkstoffe. Berlin: Springer-Verlag 1955. ,

[2] Brittain, J. 0.: Modern applications of the theories of elasticity and plasticity to metals. Symposium on Analytical Methode in the Study of Stress-Strain Behavior, Boston, Maas. (USA), Oktober 1960. '

[3] Epprecht, A. G.: Neue Hilfsmittel zur Festigkeitsprüfung. Schweiz. Arch. angew. Wiss. Techn. 26 (1960) Nr. 2 S. 3/7.

[4] Schulz, E. H.: Iri [1], S. 62. [5] Krisch, A., R. Schweitzer: Einfluß der Prüfmaschine auf die Dehn­

geschwindigkeit beim Zugversuch. Stahl u. Eisen 83 (1963) Nr. 5 s. 282/90.

[6] - , - : Die Kenngrößen der Zugprüfmaschine und ihr Einfluß auf die Dehngeschwindigkeit an der unteren Streckgrenze. Stahl. u. Eisen 83 (1963) Nr, 5 S. 290/98.

[7] Seeger, A.: Kristallplastizität. Iri: •Handbuch der Physik. Hrsg. S. Flügge. Bd. VII/2. Berlin: Springer-Verlag 1958, S. 1/208.

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