Dielektrische Relaxationsspektroskopie an · PDF filelegteselektrischesFeld...

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  • Fortgeschrittenes PraktikumAbteilung B - 3.2026. Juli 2016

    Dielektrische Relaxationsspektroskopiean Polymeren

    1 Einleitung

    Die Eigenschaften von Polymeren werden sowohl durch ihre Struktur (Kettenstruktur und berstruk-turen) als auch durch ihr molekulares Bewegungsverhalten bestimmt. Die Untersuchung molekularerBewegungsprozesse in Polymeren und in weicher Materie ganz allgemein ist daher von entscheidenderBedeutung zum Verstndnis der Struktur-Eigenschafts-Beziehung solcher Materialien. Hier setzen die sogenannten Relaxationsmethoden an.

    Die dielektrische Relaxationsspektroskopie bietet gegenber der mechanischen Relaxationsspektroskopieden Vorteil, dass ein sehr groer Frequenzbereich untersucht werden kann. Die dielektrische Breitband-spektroskopie erlaubt Messungen in einem Bereich von 106 Hz bis 1012 Hz. Bei Polymeren erhlt mandabei Informationen ber die Dynamik der Kettensegmente, ber den Glasbergang, aber auch berdie elektrischen Eigenschaften der Polymere, wie z.B. die frequenzabhngige Leitfhigkeit. Der Versuchbefasst sich mit der Dynamik molekularer Dipole, die mit der Polymerkette gekoppelt sind.

    2 Grundlegende Gren

    Die Definition der elektrischen Polarisation ~P fr ein bezglich des elektrischen Feldes isotropes Materiallautet:

    ~P = 0 ( 1) ~E. (1)

    0 ist die elektrische Feldkonstante und die dielektrische Permittivitt.Die Polarisation ~P entsteht durch das Einbringen von Materie in ein elektrisches Feld ~E und setzt sich ausder Verschiebungspolarisation und der Orientierungspolarisation zusammen. Die Verschiebungspo-larisation entsteht durch Verschiebung der Elektronenhlle gegenber dem Kern. Bei der Orientierungs-polarisation richten sich die vorhandenen permanenten Dipole im elektrischen Feld aus um in einenenergetisch gnstigeren Zustand zu gelangen. In Gleichung 1 wurde die Annahmen gemacht, dass dieDielektrizittszahl ein Skalar ist, d.h. dass die Materie zwischen den Kondensatorplatten bezglich deselektrischen Feldes isotrop ist. Im Allgemeinen ist ein Tensor 2. Stufe. Auerdem wird zunchst alskonstante Gre betrachtet, daher die Bezeichnung Dielektrizittskonstante. Fr das im Versuch unter-suchte Polymer kann die letzte Annahme nicht mehr aufrecht erhalten werden, da die Dipolbeweglichkeitvon der Messfrequenz und der Temperatur abhngt. Bei dem zu untersuchendem Polymer handelt es sichum Polyvinylacetat mit einem permanenten Dipolmoment senkrecht zur Kette. Man spricht dabei voneinem Typ A Polymer, s. Abb. 1.

    Abbildung 1: Typ A Polymere: Permanente Dipole senkrecht zur Polymerkette.

    1

  • Bringt man polarisierbare Materie in ein elektrisches Wechselfeld

    ~E = ~E0 sin (t) (2)

    mit der Amplitude ~E0 und der Kreisfrequenz = 2 f , so beobachtet man eine Frequenzabhngig-keit von . Zur einfacheren Darstellung verwendet man eine komplexe Darstellung der dielektrischenFunktion ():

    () =

    () i

    () (3)

    Dabei sind

    und

    der Real- und der negative Imaginrteil der komplexen Dielektrizittszahl. Wenndie molekularen Dipole dem ueren Feld nicht mehr folgen knnen, beobachtet man eine Phasenver-schiebung zwischen dem angelegten elektrischen Feld ~E und der dielektrischen Verschiebung ~D um einenPhasenwinkel :

    ~D = ~D0 sin (t ) , (4)

    wobei die Gren

    ,

    und in folgender Beziehung stehen:

    tan () =

    ()

    ()(5)

    Die Dielektrizittskonstante fr Materialien ohne Phasenverschiebung wird definiert als Verhltnis derKapazitt eines Kondensators mit Materie C zu seiner Leerkapazitt C0. Fr ein elektrisches Wechselfel-des wird daraus:

    () =C

    C0, (6)

    wobei die komplexe Kapazitt C ber die folgende Beziehung mit der komplexen elektrischen ImpedanzZ verknpft ist:

    C =1

    iZ(7)

    Damit sind die grundlegenden fr den Versuch notwendigen Gren definiert.

    3 Relaxationsprozesse

    3.1 Relaxation in der Zeitdomne

    Abbildung 2 gibt das Verhalten der Polarisation ~P in Abhngigkeit der Zeit t wieder, wenn ein zuvor ange-legtes elektrisches Feld ~E (t) abgeschaltet wird. Man erkennt zwei Prozesse. Direkt nach dem Ausschaltendes elektrischen Feldes (t = t0) kommt es zu einem nahezu instantanen Verschwinden der (durch dasangelegte elektrische Feld induzierten) Verschiebungspolarisation ~Pind. Dies geschieht innerhalb einertypischen Zeitskala von etwa < 1010 s. Als zweiter Prozess ist ein langsames (im einfachsten Fall ex-ponentielles) Abfallen der Polarisation zu erkennen. Diesen Abfall in ~P (t) kann man damit erklren, dassdie orientierten Dipole mit zunehmender Zeit durch thermische Ste wieder in eine statistische Vertei-lung zurckkehren. Bei dieser Relaxation der permanenten Dipole fllt die durch das Feld eingebrachteOrientierungspolarisation ~Por auf Null ab. Bei einem exponentiellen Abfall der Orientierungspolarisationwird der Abfall auf den e-ten Teil durch die Relaxationszeit charakterisiert.Diese Relaxation der Orientierungspolarisation geschieht bei Polymeren und anderen Glasbildnern beiTemperaturen oberhalb der Glasbergangstemperatur. Bei Polymeren ist die Relaxation der moleku-laren Dipole dabei mit kooperativen Umlagerungen der Kettensegmente verknpft. Man nennt diesenRelaxationsprozess Segmentrelaxation oder -Prozess.Eine Untersuchung des Relaxationsverhaltens in Abhngigkeit der Zeit nennt man Relaxationsexperimentin der Zeitdomne.

    2

  • E(t)

    P(t)

    tt0

    Pind

    Por(t = t0)

    Por(t > t0)

    Abbildung 2: Relaxation in der Zeitdomne.

    3.2 Relaxation in der Frequenzdomne

    Relaxationsprozesse lassen sich vielfach besser in der so genannten Frequenzdomne beobachten. Hier-bei wird die Frequenz des angelegten elektrischen Wechselfeldes variiert. Im idealisierten Falle isolierter,permanenter Dipole im viskosen Medium beobachtet man dabei folgendes Verhalten fr den Real- undImaginrteil der dielektrischen Funktion (s. Abbildung 3). Einen solchen Relaxationsprozess mit nur ei-ner Relaxationszeit nennt man auch Debye-Relaxation.

    2,0

    2,2

    2,4

    10-1 100 101 102 103 104 105 106

    10-3

    10-1

    stat

    8

    '

    Frequenz / Hz

    ''

    f0

    Abbildung 3: Debye-Relaxation.

    Wie ist dieses Verhalten zu verstehen? Liegen niedrige Frequenzen an, knnen die Dipole des Materi-als ohne Verzgerung dem elektrischen Feld folgen. Bei hheren Frequenzen jedoch schaffen die Dipolees nicht mehr dem elektrischen Feld instantan zu folgen und der Realteil der dielektrischen Funkti-on

    fllt mit steigender Frequenz. Der Imaginrteil

    zeigt ein Maximum. Fr den Debye-Relaxator

    3

  • gilt am Maximum = 1, wobei der Relaxationszeit in der Zeitdomne entspricht. Bei mittlerenFrequenzen kommt es zwischen dem elektrischen Feld und dem Verschiebungsstrom zu einer Phasenver-schiebung. Die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung des Kondensators ist ungleich /2und es kommt zu Energieverlusten fr das elektrische Feld.

    () bezeichnet man auch als Speicher- und

    () als Verlustanteil der dielektrischen Funktion.Bei sehr hohen Frequenzen knnen die Dipole dem elektrischen Feld nicht mehr folgen und bleiben in ih-rer statistischen Verteilung. Der Imaginrteil der dielektrischen Funktion geht fr sehr groe Frequenzengegen Null. Der Beitrag der Orientierungspolarisation zum Realteil wird ebenfalls Null, jedoch verbleibtein konstanter Beitrag zu

    durch die sehr viel schnellere, induzierte Polarisation.Treten bei anderen Frequenzen weitere Relaxationen auf, so kann es zu weiteren Stufen in

    () undMaxima in

    () kommen. Ein solcher Relaxationsmechanismus ist z.B. die so genannte - oder Johari-Goldstein-Relaxation in Glasbildnern, die von lokalen Bewegungen der Molekle herrhrt.

    In realen Systemen kommt es hufig zu Verbreiterungen und Asymmetrien an den Flanken der

    ()-Kurven. Zur Begrndung kann man zwei Modelle zur Betrachtung ziehen. Zum einen kann man anneh-men, dass es eine Verteilung von Dipolen in der Probe gibt, die mit unterschiedlichen Relaxationszeitenrelaxieren, da sie sich in unterschiedlichen Umgebungen befinden. In diesem Fall treten unterschiedlicheWechselwirkungen auf und dadurch relaxieren manche Dipole schneller und andere langsamer.Ein anderer Ansatz zur Begrndung der Verbreiterung der Relaxationsprozesse ist, dass sich alle Dipo-le zwar gleich verhalten, dass ihre Relaxationsgeschwindigkeiten jedoch nicht konstant sind, sondernmit fortschreitender Relaxation geringer werden. In den letzten Jahren wird ausgehend von NMR-Experimenten die erste Vorstellung (Dipole in verschiedenen Umgebungen) favorisiert.Einen mathematischen Zugang zu den Verteilungsfunktionen erhalten wir ber folgende (halbseitige)Fouriertransformation, die sich mit Hilfe des linearen Superpositionsprinzips ergibt:

    1 i

    0

    (t)exp (it) d t =dip () 1

    stat 1(8)

    mit (t) = (t)

    , = stat , stat = lim0

    , = lim

    (9)

    Fr die normierte Relaxationsfunktion (t) lassen sich nun verschiedene Anstze machen. Beispielswei-se kann man einen exponentiellen Abfall (Debye-Prozess, siehe Abbildung 3) ansetzen.

    (t) = exp

    t

    (10)

    Hieraus ergibt sich die Debye-Gleichung in der Frequenzdomne:

    dip ()

    stat =

    1

    1+ i(11)

    Ein anderer Ansatz ist die gestreckte exponentielle Kohlrausch-(Williams-Watts)-Funtkion:

    (t) = exp

    t

    (12)

    Dabei gilt fr den Exponenten 0< 1. Fr die Frequenzdomne gibt es nur numerische Lsungen.Ausgehend von der Debye-Gleichung wurden folgende empirische Relaxationsfunktionen vorgeschlagen:

    Cole-Cole Funktion: CC () = +

    1+ (iCC)

    mit 0< 1 (13)

    Cole-Davidson Funktion: CD () = +

    (1+ iCD) mit 0< 1 (14)

    Havriliak-Negami Funktion: HN () = +

    1+ (iHN) mit 0< , 1 (15)

    4

  • Da es sich um empirische Funktionen handelt,