Differentialkalorimetrie (DSC) und ... · Differentialkalorimetrie (DSC) und...
Embed Size (px)
Transcript of Differentialkalorimetrie (DSC) und ... · Differentialkalorimetrie (DSC) und...
-
Differentialkalorimetrie (DSC) und Differentialthermoanalyse (DTA)
bei hohen Drücken
Untersuchungen zum Phasenverhalten ausgewählter
Triacylglycerine, Flüssigkristalle und Anthrachinonfarbstoffe
bis 200 MPa
Dissertationzur Erlangung des Doktorgrades
der Naturwissenschaften
der Fakultät für Chemie
der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von
Stefan Masberg
aus Bottrop
Referent: Prof. Dr. G. M. Schneider
Korreferent: Prof. Dr. A. Würflinger
Bochum, Dezember 1999
-
Referent: Prof. Dr. G. M. Schneider, Lehrstuhl für Physikalische Chemie II,
Ruhr-Universität Bochum
Korreferent: Prof. Dr. A. Würflinger, Lehrstuhl für Physikalische Chemie II,
Ruhr-Universität Bochum
Drittprüfer: Prof. Dr. H.-J. Götze, Lehrstuhl für Analytische Chemie,
Ruhr-Universität Bochum
Disputation: 8. Dezember 1999
-
Meinen Eltern
-
Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis I
Zusammenfassung V
1 Einleitung 1
1.1 Mesomorphe Übergänge kristalliner Festkörper 1
1.2 Plastische Kristalle 3
1.3 Flüssigkristalle 4
1.3.1 Klassifizierung der Flüssigkristalle 5
1.3.2 Thermotrope calamitische Flüssigkristalle 8
1.3.2.1 Die nematische Phase 9
1.3.2.2 Die cholesterische Phase 12
1.3.2.3 Die smektischen Phasen 13
1.3.3 Polymorphismus der thermotropen Flüssigkristalle 15
1.3.4 Hochdruckuntersuchungen an Flüssigkristallen 16
1.3.5 Identifizierung der flüssigkristallinen Phasen 17
2 Theoretische Grundlagen 19
2.1 Thermodynamische Grundlagen der Kalorimetrie 19
2.2 Klassifikation der Phasenumwandlungen 26
3 Differential Scanning Calorimetry(DSC) 32
3.1 DSC-Meßprinzip 32
3.1.1 Normaldruck-DSC 34
3.1.2 Hochdruck-DSC 36
3.2 Apparativer Aufbau 37
3.2.1 Übersicht über die Meßanordnung 37
-
Inhaltsverzeichnis
II
3.2.2 Hochdruckautoklav 40
3.2.3 Meßkopf 41
3.2.4 Elektrische Durchführung 45
3.2.5 Meßzellen 48
3.2.6 Temperiermantel 50
3.2.7 Druckerzeugung und -messung 50
3.2.8 Meßwerterfassung 52
3.3 Auswertung von DSC-Peaks 53
3.3.1 Einfluß der Versuchsbedingungen auf die Peakform 54
3.3.2 Festlegung des Umwandlungspunktes 54
3.3.3 Peakfläche und Umwandlungsenthalpie 56
3.3.4 Umwandlungsentropie und –volumen 58
3.4 Meßtechnik 59
3.4.1 Meßmethode 59
3.4.2 Kalibrierung des DSC-Kalorimeters 59
3.4.2.1 Temperaturkalibrierung 60
3.4.2.2 Enthalpiekalibrierung 65
3.4.3 Meßgenauigkeit 68
3.4.3.1 Fehlerabschätzung bei der Temperatur- und Druckmessung 68
3.4.3.2 Fehlerabschätzung bei der Enthalpiebestimmung 69
4 Differentialthermoanalyse (DTA) 71
4.1 Definition und Grundlagen der Differentialthermoanalyse 71
4.2 DTA-Apparatur 76
4.2.1 Aufbau des Autoklavs 76
4.2.2 Druckversorgung 79
4.2.3 Temperaturregelung 79
4.2.4 Meßwerterfassung 80
4.2.5 Meßzellen 80
4.3 Kalibrierung der Thermoelemente 83
-
Inhaltsverzeichnis
III
5 Untersuchungen zum Phasenverhalten des ausgewählten Triacylglycerins
1,2,3-Tris-eicosanoyloxypropan (Triarachidin, AAA) 86
5.1 Einführung 86
5.2 Chemischer Aufbau und Nomenklatur der Fette 87
5.3 Modifikationen der Triacylglycerine 89
5.4 Umwandlungen zwischen den polymorphen Modifikationen 93
5.5 Meßergebnisse und Diskussion 95
5.5.1 Phasendiagramm 97
5.5.2 Phasenumwandlungsenthalpie, -entropie und -volumen 99
6 Untersuchungen zum Phasenverhalten ausgewählter Flüssigkristalle 105
6.1 Flüssigkristalle mit lateralen aromatischen Verzweigungen 105
6.1.1 2,5-Bis(4-n-octyloxy-benzoyloxy)benzoesäure-4-nitro-benzylester 107
6.1.2 2,5-Bis(4-n-octyloxy-benzoyloxy)benzoesäure-4-cyan-benzylester 109
6.1.3 2,5-Bis(4-n-octyloxy-benzoyloxy)benzoesäure-2-cyan-benzylester 110
6.1.4 2,5-Bis(4-n-octyloxy-benzoyloxy)benzoesäure-3-cyan-benzylester 111
6.2 Phasenverhalten der 1-[4-Alkylbiphenyl]-2-[4-isothiocyanatophenyl]ethane
6-TPEB und 10-TPEB 115
6.2.1 1-[4-Hexylbiphenyl]-2-[4-isothiocyanatophenyl]ethan (6-TPEB) 116
6.2.2 1-[4-Decylbiphenyl]-2-[4-isothiocyanatophenyl]ethan (10-TPEB) 117
7 Das Phasenverhalten ausgewählter Anthrachinonfarbstoffe 126
7.1 Überblick über die Meßsubstanzen 126
7.2 DSC-Messungen bei Normaldruck 128
7.3 DSC- und DTA-Hochdruckmessungen 133
7.3.1 Phasenverhalten von 1,4-Bis-(n-propylamino)-9,10-anthrachinon
(AC03) 133
7.3.1.1 Meßergebnisse und Diskussion 134
-
Inhaltsverzeichnis
IV
7.3.2 Phasenverhalten von 1,4-Bis-(n-butylamino)-9,10-anthrachinon
(AC04) 139
7.3.2.1 Meßergebnisse und Diskussion 139
7.3.2.2 Abschätzung des gelösten Gasanteils 143
8 Wärmekapazitätsbestimmung 147
8.1 Grundlagen der Wärmestromkalibrierung 147
8.2 Meßergebnisse und Diskussion 149
9 Ausblick 154
10 Anhang 155
A1 Verzeichnis der Abbildungen 155
A2 Verzeichnis der Tabellen 159
A3 Verzeichnis der Lieferfirmen 161
A4 Literaturverzeichnis 162
-
Zusammenfassung
V
Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit wurde das Phasenverhalten ausgewählter Triacylglycerine,
Flüssigkristalle und Anthrachinonfarbstoffe mit thermischen Meßverfahren, der Differential-
kalorimetrie (DSC) und der Differentialthermoanalyse (DTA), unter hohen Drücken
untersucht.
Das verwendete Hochtemperatur-DSC-Hochdruckkalorimeter, das nach dem Prinzip der
leistungskompensierenden DSC arbeitet, kann in einem Druckbereich von Normaldruck bis
etwa 200 MPa und in einem Temperaturbereich von 293 K bis etwa 500 K eingesetzt werden.
Die DTA-Hochdruckapparatur ist für Drücke bis 300 MPa ausgelegt, der nutzbare
Temperaturbereich liegt bei 273 K bis 465 K und ist durch das Zellenmaterial (Indium bzw.
Blei) begrenzt.
Als Vertreter der Triacylglycerine wurde das 1,2,3-Tris-eicosanoyloxypropan (Triarachidin,
AAA) gewählt. DTA-Hochdruckuntersuchungen wurden bereits von Ernst [65], Becker [93]
und Wagner [110] vorgenommen. Die in dieser Arbeit mittels DSC gewonnenen
Meßergebnisse wurden mit denen von Ernst verglichen. Aus den erhaltenen Umwandlungs-
temperaturen und -enthalpien wurden Entropie- und Volumenänderungen der Phasen-
übergänge in Abhängigkeit vom Druck entlang der jeweiligen Koexistenzlinie berechnet.
Unter den gewählten experimentellen Bedingungen waren für Triarachidin zwei
Phasenübergänge zu beobachten, wobei die Phasen folgendermaßen durchlaufen wurden:
α→β→l. Für den Übergang α→β ist aus den Thermogrammen deutlich ersichtlich, wie der
zugehörige Peak von endotherm nach exotherm wechselt. Ollivon und Perron [106] nehmen
an, daß es sich bei der Umwandlung nicht um eine reine fest-fest-Umwandlung unter
Reorganisation der Kristallstruktur handelt, sondern daß intermediär eine Schmelze
durchlaufen wird. Demnach vollzieht sich die Umwandlung in zwei Schritten: Schmelzen der
α-Modifikation zur instabilen α-Schmelze, die exotherm zur stabilen β-Modifikation
kristallisiert.
Die verzweigten flüssigkristallinen Substanzen 2,5-Bis(4-n-octyloxy-
benzoyloxy)benzoesäure-4-nitro-benzylester, -4-cyan-benzylester, -3-cyan-benzylester und -2-
cyan-benzylester wurden von Prof. Dr. W. Weißflog, Universität Halle, zur Verfügung
-
Zusammenfassung
VI
gestellt. An allen vier Substanzen wurden DSC-Messungen unter Normaldruck
vorgenommen, der -3-cyan-benzylester wurde zusätzlich unter Druck mittels DTA untersucht.
Es zeigt sich, daß die strukturell sehr ähnlichen Substanzen deutliche Unterschiede im
Phasenverhalten besitzen.
2,5-Bis(4-n-octyloxy-benzoyloxy)benzoesäure-4-nitro-benzylester zeigt beim Erwärmen die
Phasenabfolge kristallin → smektisch A → isotrop flüssig. Beim ersten Aufheizen konnte
eine weitere, metastabile kristalline Phase beobachtet werden.
2,5-Bis(4-n-octyloxy-benzoyloxy)benzoesäure-4-cyan-benzylester durchläuft ebenfalls die
Phasenabfolge kristallin → smektisch A → isotrop flüssig. Der Austausch der Nitrogruppe
durch die Cyangruppe bewirkt keine grundsätzliche Änderung im Phasenverhalten unter
Normaldruck. Die Phasenumwandlungen treten jedoch bei niedrigeren Temperaturen auf.
Beim 2,5-Bis(4-n-octyloxy-benzoyloxy)benzoesäure-3-cyan-benzylester tritt die
Phasenabfolge kristallin → nematisch → isotrop flüssig auf. Je nach thermischer
Vorbehandlung weisen die Thermogramme außerdem eine fest-fest-Umwandlung auf, wobei
die metastabile kristalline Phase nach längerem Tempern nicht mehr zu beobachten ist. Das
Phasenverhalten dieser Substanz wurde bis zu einem Druck von 257.5 MPa untersucht.
2,5-Bis(4-n-octyloxy-benzoyloxy)benzoesäure-2-cyan-benzylester zeigt unter Normaldruck
beim Aufheizen einen fest-fest-Übergang und das Schmelzen der kristallinen Phase. Beim
Abkühlen aus der isotrop flüssigen Phase wird monotrop eine nematische Phase durchlaufen.
Weiteres Abkühlen führt zur Bildung einer metastabilen kristallinen Phase, welche sich dann
beim darauf folgenden Aufheizen exotherm in eine stabile kristalline Phase umwandelt.
Das Hochdruckphasenverhalten der Flüssigkristalle 6-TPEB und 10-TPEB, zweier Homologe
der 1-[4-Alkylbiphenyl]-2-[4-iso-thiocyanatophenyl]ethane (n-TPEBs), wurde von Ernst [65]
mittels DTA untersucht. Nach Angaben von Jadzyn [129] sollten Homologe mit n ≥ 4 die
Phasenabfolge kristallin → smektisch B → nematisch → isotrop flüssig zeigen.
DSC-Normaldruckmessungen an 6-TPEB zeigen die erwarteten Umwandlungen.
Thermogramme des 10-TPEBs weisen darüberhinaus eine fest-fest-Umwandlung auf. Das
Phasenverhalten des 10-TPEBs wurde bei 140 MPa an einer Substanz hoher Reinheit
(> 99.6%) untersucht. Das Auftreten einer zusätzlichen smektischen Phase (siehe Ernst [65])
konnte nicht bestätigt werden.
-
Zusammenfassung
VII
Bei den Dispersionsfarbstoffen, die bezüglich ihres Phasenverhaltens untersucht wurden,
handelt es sich um acht Homologe der Reihe der 1,4-Bis-(alkylamino)-9,10-anthrachinone
(mit Alkyl = Methyl (AC01), Ethyl (AC02), Propyl (AC03), Isopropyl (iso-AC03), Butyl
(AC04), Pentyl (AC05), Octyl (AC08) und Octadecyl (AC18), sowie um die Substanzen C. I.
Disperse Red 60 (DRed60) und C. I. Disperse Blue 60 (DBlue60). Von Wagner [132] mit
einer Strömungsmethode durchgeführte Untersuchungen zur Löslichkeit von Anthrachinon-
farbstoffen in nah- und überkritischem CO2 ergaben, daß sich die Löslichkeit beim Übergang
von AC02 zu den Homologen mit zusätzlichen CH2-Gruppen beträchtlich erhöht. Wagner
stellte fest, daß offensichtlich ein starker Einfluß der Kristallstruktur der untersuchten
Dispersionsfarbstoffe auf die Löslichkeit vorliegt. Im Einklang damit stehen die im Rahmen
dieser Arbeit gewonnenen Ergebnisse der DSC-Normaldruckmessungen, nach denen bei den
gut löslichen Derivaten AC03, iso-AC03, AC04 und AC05 polymorphes Verhalten zu
beobachten ist, bei den schlecht löslichen Farbstoffen AC01 und AC02 dagegen nicht.
Hochdruckuntersuchungen wurden an AC03 und AC04 vorgenommen. Bei den an AC03
durchgeführten DSC-Messungen in offenen Meßzellen unter Verwendung von Argon und
CO2 als Druckgas konnte über den gesamten Druckbereich nur der Schmelzpeak beobachtet
werden. Unter Argoneinfluß ist beim Höchstdruck von 136 MPa eine Temperaturerhöhung
von 14.1 K gegenüber dem Normaldruckwert festzustellen. Besonders interessant ist die
Tatsache, daß das berechnete Umwandlungsvolumen beim Höchstdruck um den Faktor drei
größer ist, als der unter Normaldruck ermittelte Wert. In Gegenwart von CO2 tritt für die feste
Gleichgewichtsphase zunächst eine Schmelzpunktserniedrigung ein, wobei im Bereich bis 8.5
MPa eine Abnahme der Schmelztemperatur um 8.2 K zu verzeichnen ist.
An AC04 wurden DTA-Messungen in geschlossenen und offenen Meßzellen unter
Argondruck durchgeführt. Im Gegensatz zu AC03 zeigt AC04 in beiden Fällen auch unter
Druck polymorphes Verhalten. Im Druckbereich bis 225 MPa ist die Phasenabfolge kristallin
(s2) → kristallin (s1) → isotrop flüssig zu beobachten.
-
Einleitung
1
1 Einleitung
1.1 Mesomorphe Übergänge kristalliner Festkörper
Ein kristalliner Festkörper zeichnet sich normalerweise durch zwei Ordnungsprinzipien aus:
die regelmäßige Anordnung der Molekülschwerpunkte im Kristallgitter, auch positionelle
Fernordnung genannt, und die Orientierungsfernordnung, welche die Ausrichtung der
Molekülachsen der auf den Gitterplätzen sitzenden Moleküle zueinander beschreibt. Beim
Aufheizen eines solchen Kristalls gehen bei einer bestimmten Temperatur die positionelle
Fernordnung und die Orientierungsfernordnung gleichzeitig verloren, der Kristall schmilzt.
Begleitet wird dieser Vorgang von drastischen Änderungen der zugehörigen
thermodynamischen Größen Enthalpie, Entropie und Volumen.
Es gibt eine Vielzahl von hauptsächlich organischen Verbindungen, die beim Erwärmen nicht
direkt vom kristallinen in den isotrop-flüssigen Zustand übergehen, sondern innerhalb
begrenzter Temperaturbereiche eine oder auch mehrere zusätzliche Phasenumwandlungen
durchlaufen, bei denen die Bewegungsfreiheit der einzelnen Moleküle jeweils sprunghaft
zunimmt [1, 2]. Diese mesogenen Phasen besitzen Eigenschaften, die zwischen denen des
kristallinen Festkörpers und der isotropen Flüssigkeit liegen.
Man unterscheidet zwischen flüssigkristallinen (positionell fehlgeordneten) und plastisch-
kristallinen (orientierungsfehlgeordneten) Phasen, die beide eine geringere Ordnung als der
Kristall, aber eine höhere Ordnung als die isotrope Schmelze aufweisen. Flüssigkristalline
Mesophasen bilden sich, wenn beim Schmelzvorgang zunächst die positionelle Fernordnung
verlorengeht, aber zumindest noch ein Teil der Orientierungsfernordnung erhalten bleibt. Die
sogenannte plastisch-kristalline Mesophase entsteht, wenn, ausgehend vom kristallinen
Festkörper, zunächst der Verlust der Orientierungsfernordnung unter Beibehaltung der
positionellen Ordnung erfolgt. Bei höheren Temperaturen gehen beide mesogenen Phasen in
eine isotrope flüssige Phase über.
-
Einleitung
2
Abbildung 1.1: Schematische Darstellung mesomorpher Übergänge eines kristallinen
Festkörpers
-
Einleitung
3
Die vorliegende Separierung des Schmelzvorgangs dieser Substanzen in einzelne Teilschritte
ermöglicht eine getrennte Untersuchung der sich sonst überlagernden Effekte. Neben
Verfahren wie Kernresonanzspektroskopie, Röntgenstrukturanalyse, Infrarotspektroskopie,
Polarisationsmikroskopie, dielektrische Messungen oder Neutronenstreuung dient dazu auch
die Differentialkalorimetrie, insbesondere, wenn als zusätzlicher Parameter der Druck variiert
werden kann [6]. Einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Meßmethoden an
Flüssigkristallen und an plastischen Kristallen geben Sherwood [2], Schmid [3], Gray [4],
Parsonage und Staveley [1] sowie Aston [5]. Ferner berichtet Randzio [149] sehr ausführlich
über Entwicklung und Fortschritte kalorischer Meßmethoden in neuerer Zeit.
1.2 Plastische Kristalle
Bereits im Jahre 1935 lieferte Timmermans [7, 8] eine erste Zusammenstellung über
”plastische Kristalle”, denen er aufgrund ihrer wachsartigen Konsistenz diesen Namen gab.
Ähnlich dem Verhalten der Flüssigkristalle, repräsentieren plastische Kristalle einen Zustand,
der zwischen dem Idealkristall und der isotropen Flüssigkeit liegt. In der plastischen Phase
liegen die Moleküle mit ihren Schwerpunkten auf definierten Gitterplätzen. Aufgrund einer
gewissen ”Globularität” der Moleküle, das heißt, bedingt durch ihre meist sphärische Gestalt
(z. B. tetraedrische Moleküle wie t-Butylchlorid [10, 11, 12]), können sie jedoch im
Gegensatz zu Molekülen im Idealkristall mehr oder weniger freie Rotationsbewegungen
ausführen [15]. In der Literatur werden plastische Phasen aufgrund dieser
Rotationsbewegungen auch häufig als ”Rotatorphasen” bezeichnet. Nach Timmermans
können Moleküle auch dann plastische Phasen ausbilden, wenn durch Rotation um eine ihrer
Hauptträgheitsachsen ein sphärischer Rotationskörper gebildet wird. Dies trifft beispielsweise
auf scheibenförmige Moleküle wie Cyclohexan [13] oder Cyclohexen [10, 12] zu. Eine
weitere Gruppe globularer Moleküle sind Käfigmoleküle, wie Adamantan oder Diamantan
[14, 12]. Da beim Übergang vom geordneten Kristall in den plastisch-kristallinen Zustand die
Orientierungsfernordnung verlorengeht, während die positionelle Fernordnung erhalten bleibt,
werden plastische Kristalle heute zunehmend als ”Orientationally Disordered Crystals
(ODIC)” bezeichnet.
-
Einleitung
4
Im folgenden werden einige charakteristische Eigenschaften plastischer Kristalle aufgeführt:
- Als wesentliches Merkmal für das Vorliegen einer plastisch-kristallinen Phase ist die geringe
molare Schmelzentropie anzusehen. Sie liegt im Bereich von 0.4 R S 2.5 Rsl
m⋅ < < ⋅∆ , also
zwischen 3.3 und 21 J⋅mol-1⋅K-1, während bei Molekülkristallen im allgemeinen Schmelz-
entropien größer als 42 J⋅mol-1⋅K-1 zu beobachten sind [7].
- Dampfdruck, Schmelztemperatur und Tripelpunktsdaten liegen im Vergleich zu den nicht
plastisch-kristallinen Isomeren relativ hoch [9].
- Es tritt mindestens eine Fest-Fest-Umwandlung mit erheblicher Enthalpie- und
Entropieänderung auf. Die molaren Umwandlungsenthalpien beim Übergang von der
kristallinen zur plastischen Phase sind dabei in der Regel um das Fünffache größer als die
molaren Schmelzenthalpien [15].
- Die plastische oder Hochtemperaturphase besitzt ein hohes Maß an
Orientierungsfehlordnung und Selbstdiffusion [3]. Die Aktivierungsenergie für die
Reorientierung beträgt ≈ 10 kJ⋅mol-1, für die Selbstdiffusion liegt sie dagegen bei ≈ 50 - 150
kJ⋅mol-1.
- Im allgemeinen ist die Symmetrie der Kristallgitter in der plastischen Phase weit höher, als
die Symmetrie der Moleküle es erwarten läßt [16]. Die Rotatorphase weist fast immer
kubische [16, 17], seltener hexagonale [18] oder orthorhombische Gitter [19] auf.
1.3 Flüssigkristalle
Das Phänomen des flüssigkristallinen Zustandes wurde vor über einem Jahrhundert zum
ersten Mal beobachtet. Der Botaniker Friedrich Reinitzer [20] entdeckte im Jahre 1888 bei
zwei von ihm synthetisierten Estern des Cholesterins, dem Benzoat und dem Acetat, ein ”
anomales ” Schmelzverhalten. In einem Brief an den Physiker Otto Lehmann [21] berichtete
Reinitzer, er habe bei den Estern ” zwei Schmelzpunkte ” gefunden. Die Substanzen
schmelzen ” zu einer trüben, jedoch völlig flüssigen Flüssigkeit ”, die bei höheren
Temperaturen plötzlich völlig klar wird.
Erst zu einem späteren Zeitpunkt ließ sich diese Beobachtung damit erklären, daß sich die
Moleküle in einer zwischen dem Zustandsgebiet des kristallinen Festkörpers und der isotropen
-
Einleitung
5
Flüssigkeit gelegenen ” Mesophase ” befinden können, in der noch ein gewisses Maß an
Orientierungsfernordnung erhalten ist. Reinitzer hat also das thermische Verhalten einer
thermotropen, mesogenen Substanz beschrieben, ohne daß er damals jedoch das seiner
Beobachtung zugrundeliegende physikalische Phänomen sofort erkannt hat. Die von Reinitzer
bemerkte Trübung beruht auf der Bildung kleiner orientierter Bereiche, an deren Grenzflächen
das Licht gestreut wird. Die Schmelze wird beim Übergang von der flüssigkristallinen in die
isotrop flüssige Phase klar. Deshalb wird diese Zustandsänderung als Klärpunkt bezeichnet.
Die Erforschung der theoretischen Grundlagen über den Zusammenhang zwischen der
Struktur und dem Auftreten flüssigkristalliner Phasen seit ihrer Entdeckung 1888 bis etwa
1930 wurde neben F. Reinitzer und O. Lehmann noch maßgeblich von G. Friedel geprägt.
Nach 1930 kam die Erforschung der Flüssigkristalle zunächst zum Stillstand, da man ihre
technischen Anwendungsmöglichkeiten nicht zu nutzen wußte. Dies änderte sich erst Mitte
der sechziger Jahre. Flüssigkristalle werden heute vor allem in der Displaytechnik sowie der
Thermographie und der Gaschromatographie als stationäre Phase verwendet.
Nähere Informationen über die historische Entwicklung auf dem Gebiet der
Flüssigkristallforschung bietet sehr ausführlich der Übersichtsartikel ”History of Liquid
Crystals” von Kelker [22]. Ein detaillierter Überblick über theoretische Überlegungen,
experimentelle Methoden und Anwendungen der Flüssigkristalle in den verschiedenen
Forschungsbereichen wird von den Autoren Kelker und Hatz [23] in ihrem ”Handbook of
Liquid Crystals” und von Stegemeyer [41] in einer Zusammenstellung der Arbeiten
verschiedener Autoren vermittelt.
1.3.1 Klassifizierung der Flüssigkristalle
Flüssigkristalle sind kondensierte Aggregate, die in Ein- oder Mehrstoffsystemen als Phasen
in bestimmten Temperatur-, Druck- und Konzentrationsbereichen existieren [24]. Molekulare
Einheiten mit einer ausgeprägten Formanisotropie sind für die Bildung dieser
Phasenstrukturen verantwortlich.
Grundsätzlich lassen sich Flüssigkristalle vom thermodynamischen Standpunkt in zwei
Klassen unterteilen: die thermotropen und die lyotropen Flüssigkristalle (Abbildung 1.2).
-
Einleitung
6
-
Einleitung
7
Das Auftreten und Verschwinden flüssigkristalliner Mesophasen thermotroper Flüssigkristalle
wird allein durch die Temperatur bestimmt. Dem gegenüber stehen die lyotropen
Flüssigkristalle, welche Mischungssysteme amphiphiler Substanzen mit Lösungsmitteln
darstellen. Neben der Temperatur ist hierbei vor allem die Konzentration des Lösungsmittels
für die Bildung des mesomorphen Bereichs entscheidend. Abhängig von der Beschaffenheit
der amphiphilischen Einheiten unterscheidet man mizellare und polymere Systeme. Die dabei
möglichen Phasenstrukturen sowie Eigenschaften dieser Systeme sind in der Literatur
beschrieben [4, 25, 26].
Flüssigkristalle, die in der Lage sind, sowohl thermotrope als auch lyotrope Phasen
auszubilden, werden als amphotrop bezeichnet.
Die Unterteilung der thermotropen Flüssigkristalle beruht auf der Unterscheidung zwischen
hochmolekularen oder polymeren Flüssigkristallen und niedermolekularen Flüssigkristallen.
Die erstgenannte Gruppe läßt sich weiterhin in Haupt- und Seitenkettenpolymere einteilen, je
nachdem, ob die flüssigkristallinen Monomereinheiten linear zu einem Makromolekül
verknüpft sind oder als Seitenkette einer nicht mesomorphen Hauptkette fungieren [27, 28].
Die Aufteilung innerhalb der Gruppe der niedermolekularen thermotropen Flüssigkristalle
erfolgt nach der Geometrie der Moleküle, weil durch diese spezifische Phasenstrukturen
induziert werden. Die erste der im folgenden aufgeführten vier Untergruppen bilden die
calamitischen Flüssigkristalle, für deren Bildung stabförmige Moleküle verantwortlich sind.
Zu dieser Gruppe zählen auch die von Reinitzer untersuchten Cholesterylester, weshalb die
Phasentypen und Strukturen dieser Mesophase die wohl am besten untersuchte und gegenüber
den anderen Gruppen am genauesten charakterisierte Gruppe ist. Die stabförmige
Molekülform (rod-like), meist aus einem starren, aromatischen System bestehend, welches
mit flexiblen terminalen Gruppen substituiert ist, induziert Phasenstrukturen der Typen
nematisch (n), cholesterisch (ch) und smektisch (sm) (siehe Kapitel 1.3.2).
Die zweite Gruppe niedermolekularer thermotroper Flüssigkristalle bilden die
scheibenförmigen Moleküle (disk-like). Bis zum Zeitpunkt der Synthese diskotischer
Mesogene durch Chandrasekhar [29] galt die starre, stabförmige Molekülform als
Voraussetzung für die Entstehung flüssigkristalliner Phasen. Im einfachsten Fall bestehen die
Moleküle der diskotischen Mesophasen aus hexasubstituierten Benzolringen, welche durch
-
Einleitung
8
Stapelung Säulenaggregate ausbilden können. Verschiedene Anordnungen dieser Formationen
führen zu der für diskotische Flüssigkristalle typischen Polymorphie [30, 31].
Eine Weiterentwicklung der diskotischen Flüssigkristalle führt von den planaren Molekülen
zu den pyramidischen, schalenförmigen (bowl-like) Anordnungen [32, 33]. Die
Phasenstrukturen dieser der dritten Gruppe niedermolekularer thermotroper Flüssigkristalle
zuzuordnenden pyramidischen Mesogenen unterscheiden sich wesentlich von den
diskotischen Modifikationen.
Die vierte Gruppe niedermolekularer thermotroper Flüssigkristalle bilden die sogenannten
Phasmide. Malthète et al. [34] synthetisierten erstmalig flüssigkristalline Verbindungen mit
starrer, stabähnlicher Geometrie und scheibenförmigen Molekülenden. Dem entsprechend
weisen Moleküle dieser Substanzklasse mesomorphe Eigenschaften auf, die zwischen denen
der calamitischen und diskotischen Flüssigkristalle liegen.
Darüberhinaus sind in neuerer Zeit noch andere Arten von Molekülen untersucht worden.
Dazu zählen z. B. die sogenannten Schwalbenschwanz- bzw. Doppelschwalbenschwanz-
moleküle oder auch gebogene, bananenförmige Verbindungen [148].
Es zeigt sich, daß es zunehmend schwieriger wird, eine Einteilung in die einzelnen Gruppen -
calamitisch, diskotisch, pyramidisch und phasmidisch - vorzunehmen, da die
Phasenstrukturen nicht mehr getrennt beziehungsweise unabhängig voneinander betrachtet
werden können.
1.3.2 Thermotrope calamitische Flüssigkristalle
Die im Rahmen dieser Arbeit untersuchten flüssigkristallinen Verbindungen gehören zur
Substanzklasse der thermotropen calamitischen Flüssigkristalle. Im folgenden werden deshalb
die Phasenstrukturen dieser Gruppe etwas ausführlicher behandelt.
Die heute üblichen Bezeichnungen für die flüssigkristallinen Phasen beruhen auf historischen
Beobachtungen und wurden von G. Friedel [35] geprägt. Folgt man der Nomenklatur von
Friedel, so wird eine Klassifizierung der thermotropen Flüssigkristalle in drei Kategorien
vorgenommen: nematisch (n), cholesterisch (ch) und smektisch (sm). Bei diesen
Bezeichnungen handelt es sich um aus dem Griechischen entnommene Ausdrücke für die
Beschreibung makroskopischer Eigenschaften der verschiedenen flüssigkristallinen Phasen.
-
Einleitung
9
So wurden smektische Phasen (griech.: Seife) zuerst bei Seifen beobachtet, während
nematische Phasen (griech.: Faden) bei polarisationsmikroskopischer Vergrößerung
charakteristische Fadentexturen zeigen.
1.3.2.1 Die nematische Phase
In Abbildung 1.3 ist die Anordnung langgestreckter Moleküle in einer nematischen Phase
schematisch dargestellt. Im Gegensatz zu der völlig ungeordneten, isotropen Flüssigkeit gibt
es hier eine Fernordnung der Orientierung. Eine Translationsfernordnung der Molekülschwer-
punkte ist in der nematischen Phase, ebenso wie in der isotropen Flüssigkeit, nicht gegeben.
Abbildung 1.3: Schematische Darstellung der unterschiedlichen Strukturmerkmale
verschiedener flüssigkristalliner Phasen
-
Einleitung
10
Die nematische Phase zeigt aufgrund von Vielfachstreunung eine starke Trübung. Die
Temperatur, bei der die nematische und auch alle anderen flüssigkristallinen Phasen in die
isotrop flüssige Phase übergehen, wird als Klärpunkt bezeichnet. In der Regel wird dieser
Übergang als Umwandlung erster Ordnung interpretiert [37]. Die zugehörigen Enthalpie-
änderungen liegen im Bereich von 0.4 bis 4.2 kJ⋅mol-1. Besitzt eine Substanz mehrere
flüssigkristalline Phasen, so ist die nematische Mesophase die Hochtemperaturphase.
Wichtigstes Strukturmerkmal nematischer Phasen ist die bevorzugte Parallelorientierung der
Moleküllängsachsen. Diese Vorzugsrichtung wird als Direktor n bezeichnet. Abbildung 1.4
zeigt die schematische Anordnung der Moleküle in der nematischen Mesophase.
Abbildung 1.4: Anordnung der Moleküle in einem nematischen Flüssigkristall [36]
Eine weitgehend vollständige Parallelorientierung ist aufgrund thermischer Fluktuationen der
Moleküle jedoch nicht gegeben. Vielmehr ordnen sich die Moleküle mit ihrer Längsachse
unter einem Winkel ϑ in einer statistischen Verteilung um den Direktor n an (siehe
Abbildung 1.5). Ein Maß für die Parallelstellung der Moleküle stellt der Ordnungsparameter S
dar:
S = −12
3 12cos ϑi (1.1)
-
Einleitung
11
Der Ordnungsparameter ist von der Temperatur abhängig. Er kann theoretisch Werte
zwischen S = 0 in der isotropen Phase und S = 1 im Falle eines idealen Flüssigkristalls
annehmen. Eine ideale Parallelorientierung aller Moleküle, also S = 1, läßt sich in der Praxis
z. B. durch eine Ausrichtung in einem elektrischen oder in einem magnetischen Feld erreichen
[38]. Im Normalfall finden sich in der Nähe des Klärpunktes Werte um S = 0.4, die mit
abnehmender Temperatur auf S = 0.8 ansteigen [39]. Maier und Saupe [40] beschreiben dieses
Verhalten in ihrer molekularstatistischen Theorie.
Abbildung 1.5: Schematische Darstellung der Orientierung der Molekülachse eines
Einzelmoleküls zum Direktor n
Da den Molekülen in der nematischen Phase die laterale Kohäsion fehlt, kann es im
Gegensatz zu den smektischen Phasen (vgl. Abbildung 1.3 und Kapitel 1.3.2.3) nicht zu
einem schichtförmigen Aufbau kommen. Die Moleküle können vielmehr frei aneinander
vorbeigleiten. Aus diesem Grunde sind nematische Phasen viel dünnflüssiger als die
smektischen Phasen.
-
Einleitung
12
1.3.2.2 Die cholesterische Phase
Die Struktur der cholesterischen Mesophase steht in enger Verwandtschaft mit der
nematischen Phase. Beiden flüssigkristallinen Phasen ist eine Parallelorientierung der
Moleküllängsachsen gemeinsam. Bei der cholesterischen Phase ist jedoch der Direktor in
benachbarten Schichten um einen konstanten Winkel gleichsinnig verdreht und beschreibt
eine Schraube mit konstanter Ganghöhe um die zu ihm senkrechte Helixachse (Abbildung
1.6). Die Helix kann unterschiedlichen Drehsinn besitzen, den man durch das Vorzeichen der
Ganghöhe unterscheidet.
Die cholesterische Phase tritt bei Molekülen mit einer chiralen Molekülstruktur auf, oder sie
entsteht durch Zugabe einer chiralen Verbindung zu einer nematischen Phase. Prinzipiell
lassen sich cholesterische Phasen als spontan verdrillte nematische Phasen auffassen, die oft
auch als chiral-nematische Phasen bezeichnet werden.
Abbildung 1.6: Schematische Darstellung der Helixstruktur der cholesterischen Phase
-
Einleitung
13
1.3.2.3 Die smektischen Phasen
Ebenso wie in der nematischen Phase richten sich die Moleküle in den smektischen Phasen
parallel zu einer Vorzugsrichtung aus. Zusätzlich tritt jedoch eine Positionsfernordnung der
Molekülschwerpunkte auf, wodurch sich als besonderes Merkmal der verschiedenen
smektischen Phasen die Anordnung der Moleküle in gegeneinander verschiebbaren Schichten
ergibt. Daraus resultiert die große Viskosität und Oberflächenspannung dieser Phasen im
Gegensatz zu der niederviskosen nematischen Phase. Aufgrund des höheren
Ordnungszustandes treten die smektischen Phasen in der Regel bei tieferen Temperaturen als
die nematische und cholesterische Phase auf.
Es existieren ungefähr 20 verschiedene Typen von smektischen Phasen, von denen einige in
Abbildung 1.7 dargestellt sind. Diese Vielfalt ist zurückzuführen auf die unterschiedlichen
Orientierungen des Direktors n zu den Schichtebenen sowie auf Unterschiede in der
Ausprägung der Schichtstruktur und der Positionsordnung innerhalb der Schichten. Nach
Diele und Sackmann [42] lassen sich die verschiedenen smektischen Phasen auf der Basis von
umfangreichen Mischbarkeitsuntersuchungen klassifizieren. Sie werden dabei chronologisch
nach der Reihenfolge ihrer Entdeckung mit smektisch A (smA), smektisch B (smB),
smektisch C (smC), ... bezeichnet.
Prinzipiell kann eine Unterteilung der smektischen Phasen in zwei Gruppen vorgenommen
werden, je nachdem, ob die Molekülschwerpunkte innerhalb der Schichten statistisch oder
regelmäßig verteilt sind.
Die erstgenannte Gruppe wird z. B. durch die Phasen smektisch A (smA) und smektisch C
(smC) vertreten. In diesen smektischen Phasen besteht keinerlei Positionsordnung der
Moleküle; jede Schicht stellt quasi eine zweidimensionale Flüssigkeit dar. Besondere
Eigenschaften zeigen smektisch A-Phasen von stark polaren Molekülen, die ein Dipolmoment
in Richtung der Moleküllängsachse aufweisen. Eine Zuordnung der unterschiedlichen
Modifikationen smektisch A1 (smA1), smektisch A2 (smA2), smektisch Ad (smAd), etc. erfolgt
hier aufgrund des Quotienten aus Schichtdicke und Moleküllänge [43].
Der zweiten Gruppe gehören die sogenannten hexatisch smektischen und die kristallin
smektischen Phasen an. In den Schichten der Phasen smektisch Bhex (smBhex), smektisch I
(smI) und smektisch F (smF) besteht eine hexagonale Nahordnung der Molekülposition und
eine Orientierungsfernordnung der hexagonalen Einheitszelle.
-
Einleitung
14
Abbildung 1.7: Strukturmerkmale verschiedener smektischer Phasen [42]
-
Einleitung
15
Demgegenüber liegt bei den Phasen smektisch Bcryst (smBcryst), smektisch J (smJ), smektisch
G (smG), smektisch E (smE), smektisch K (smK) und smektisch H (smH) eine
dreidimensionale Fernordnung der Molekülpositionen vor.
Die smektischen Phasen in den einzelnen Gruppen unterscheiden sich jeweils in dem Winkel
des Direktors n zur Schichtebene. Bei den orthogonalen Phasen steht der Direktor senkrecht
auf den Schichtebenen, während er bei den getilteten Phasen gegenüber der Schichtnormalen
geneigt ist.
1.3.3 Polymorphismus der thermotropen Flüssigkristalle
Flüssigkristalle weisen häufig eine ausgeprägte Polymorphie auf. Bei vielen thermotropen
Flüssigkristallen können sich zwischen der festen Phase und der isotropen Flüssigkeit mehrere
flüssigkristalline Phasen ausbilden, welche durch thermodynamisch definierte Umwandlungs-
punkte voneinander getrennt sind. Als ”enantiotrop” werden dabei anisotrope Phasen
bezeichnet, die oberhalb des Schmelzpunktes liegen und deren Umwandlungen in benachbarte
Phasen reversibel verlaufen. Man kann sie sowohl durch Erwärmung aus der fest-kristallinen
Phase als auch durch Abkühlung der isotropen Flüssigkeit erhalten. Im Gegensatz dazu stehen
die sogenannten ”monotropen” Phasen. Diese sind stabil gegenüber benachbarten
flüssigkristallinen Phasen aber metastabil bezüglich nicht benachbarten festen Phasen. Sie
treten beim Abkühlen unterhalb des Schmelzpunktes auf, da sich der Schmelzpunkt in vielen
Fällen weit unterkühlen läßt.
Aufgrund der Tatsache, daß die smektischen Phasen einen höheren Ordnungszustand
aufweisen als die nematische oder cholesterische Phase, sind die smektischen Phasen bei allen
polymorphen Flüssigkristallen immer die Tieftemperaturmodifikationen der flüssigkristallinen
Phasen. Bezüglich der in den einzelnen Phasen vorliegenden Ordnungszuständen ergibt sich
beim Abkühlen eine thermische Abfolge flüssigkristalliner Phasen [41], wobei natürlich nicht
alle Phasen von einer Verbindung durchlaufen werden müssen:
isotrop → nematisch (cholesterisch) → smA → smC → smBhex → smI → smF →
smBcryst → smJ → smG → smE → smK → smH → kristallin [44].
-
Einleitung
16
Einige Flüssigkristalle weisen eine Abweichung von dieser Abfolge auf. Bei diesen
Flüssigkristallen tritt beim Abkühlen eine Phase, die schon bei höheren Temperaturen zu
beobachten ist, bei tieferen Temperaturen noch einmal auf. Die wiederholt auftretende Phase
wird als ”Reentrantphase” bezeichnet. Cladis [45] entdeckte dieses Phänomen zuerst in
binären Mischungen, dann auch bei Hochdruckuntersuchungen an 4-n-Octyloxy-4’-
cyanobiphenyl (8 OCB) [46]. Später konnte das Reentrantverhalten von Hardouin et al.
[47] auch bei einer reinen Substanz unter Normaldruck nachgewiesen werden.
Untersuchungen von Shashidhar [48] ergaben, daß das Reentrantverhalten einer
flüssigkristallinen Verbindung an das Vorhandensein von zwei oder drei Phenylringen mit
stark polaren, endständigen Gruppen wie -CN oder -NO2 geknüpft ist. Eine
Zusammenfassung auf dem Gebiet der Reentrantphänomene gibt Cladis [49]. Grundsätzlich
tritt dieses Verhalten jedoch nur selten auf und sollte als Ausnahmeerscheinung angesehen
werden [41].
1.3.4 Hochdruckuntersuchungen an Flüssigkristallen
Neben der starken Temperaturabhängigkeit des mesomorphen Zustandes zeigen
Flüssigkristalle ebenfalls eine Abhängigkeit von den herrschenden Druckverhältnissen.
Aufgrund vieler an flüssigkristallinen Verbindungen durchgeführten Hochdruckmessungen
können folgende Charakteristika und Phänomene der Flüssigkristalle zusammengestellt
werden:
- Die Umwandlungstemperaturen zeigen eine starke Druckabhängigkeit.
- Es können sowohl druckinduzierte Phasen auftreten als auch bestimmte flüssigkristalline
Zustände durch Druckeinfluß verschwinden.
- Die Existenz trikritischer Punkte auf einer T(p)-Kurve weist auf einen Wechsel der Ordnung
einer Phasenumwandlung von erster zu höherer Ordnung hin.
- Bei einigen flüssigkristallinen Verbindungen kann beim Abkühlen die ungewöhnliche
Phasensequenz i → n → smA → nre → cr beobachtet werden, wobei eine reentrant
nematische Phase auftritt. Das Reentrantphänomen ist nicht nur auf die nematische Phase
beschränkt, sondern läßt sich auch bei der smektisch A- und smektisch C-Phase beobachten.
-
Einleitung
17
- Der Ordnungsgrad S zeigt in der nematischen Phase eine deutliche Druck- und
Temperaturabhängigkeit.
- Bei Hochdruckuntersuchungen ist eine Änderung der Ganghöhe der Helix einer
cholesterischen Phase festzustellen.
Einen Überblick über Hochdruckuntersuchungen an Flüssigkristallen gibt der Review-Artikel
von Chandrasekhar und Shashidhar [50].
1.3.5 Identifizierung der flüssigkristallinen Phasen
Mit Hilfe von thermischen Untersuchungsmethoden, wie die in dieser Arbeit benutzte
Differential Scanning Calorimetry (DSC) und Differentialthermoanalyse (DTA), lassen sich
Phasenumwandlungen detektieren und Umwandlungstemperaturen bestimmen. Über die Art
der Umwandlung und Zuordnung von Phasen lassen sich allerdings nur begrenzt Aussagen
machen. Schmelzumwandlungen sind meist mit großen Enthalpieänderungen, d. h. großen
Peakflächen, verbunden, während Klärpeaks dagegen typischerweise extrem scharf sind und
sich über ein sehr kleines Temperaturintervall erstrecken. Um beispielsweise verschiedene
auftretende smektische Phasen im T(p)-Diagramm zuordnen zu können, benötigt man jedoch
zusätzliche Informationen.
Eine eindeutige Identifizierung eines flüssigkristallinen Phasentyps ist nur durch
Röntgenstrukturanalyse möglich. Diese Untersuchungsmethode liefert Informationen über die
Moleküllängen, Schichtdicken und Schichtabstände, wodurch Rückschlüsse auf die
Phasenstrukturen gezogen werden können. Da in der Vergangenheit eine Vielzahl
flüssigkristalliner Phasenstrukturen derart bestimmt worden sind, ist heute oft nur eine
Zuordnung zu bereits bekannten Strukturen erforderlich.
Eine weitverbreitete Methode der Zuordnung, welche auf der optischen Anisotropie der
Flüssigkristalle basiert, ist die polarisationsmikroskopische Untersuchung. Nach Friedel wird
das mikroskopische Bild einer flüssigkristallinen Phase im polarisierten Licht als Textur
bezeichnet. Diese Texturen sind, abhängig vom Phasentyp, von unterschiedlichen
Erscheinungsformen, wie z. B. Fantextur, Mosaikstruktur, Schlierentextur, usw. [23, 41]. Sie
können optisch verfolgt und zur Charakterisierung der flüssigkristallinen Phasentypen
-
Einleitung
18
herangezogen werden. Die bei Normaldruck erhaltenen Phasensequenzen (vergleiche Kapitel
1.3.3) basieren auf dieser Untersuchungsmethode.
Eine geeignete Meßmethode zur Identifizierung flüssigkristalliner Phasen unter Druck bietet
die von Hermann [51] konzipierte Diamanthochdruckzange (DAC). Mit der DAC ist es
möglich, polarisationsmikroskopische Untersuchungen unter sehr hohen Drücken durch-
zuführen.
-
Theoretische Grundlagen
19
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Thermodynamische Grundlagen der Kalorimetrie
Ein Kalorimeter ist eine Meßvorrichtung, mit der die Änderung der inneren Energie
∆U = U2 - U1 indirekt bestimmt werden kann, nachdem eine Zustandsänderung in einem
System stattgefunden hat [52]. Für eine infinitesimale Zustandsänderung gilt nach dem ersten
Hauptsatz der Thermodynamik:
dU = dQ + dW = dQ + dWrev + dW’ (2.1)
Q ist die mit der Umgebung ausgetauschte Wärme, Wrev stellt die am Gesamtsystem geleistete
reversible Volumen-, Deformations-, Elektrisierungs-, Magnetisierungsarbeit usw. dar und in
W’ sind alle übrigen Arbeitsanteile (z. B. Reibungsarbeit, elektrische Arbeit von äußeren
Stromquellen) zusammengefaßt [53]. Falls an Arbeitsanteilen nur reversible Volumenarbeit
zu berücksichtigen ist, gilt:
dU = dQ - pdV (2.2)
Ist das System thermisch isoliert, d. h. adiabatisch (dQ = 0), und wird gleichzeitig das
Volumen konstant gehalten (dV = 0), so ist in einem geschlossenen System (dn = 0) dU
= 0 bzw. U = const (Satz von der Erhaltung der Energie).
Da die Innere Energie U eine Zustandsfunktion ist, während Q und W im allgemeinen keine
Zustandsfunktionen sind, folgt, daß zwar dU, aber nicht dQ und dW totale Differentiale sind.
Die Erfahrung zeigt, daß für einen reversiblen Vorgang in einem geschlossenen System die
Größe
dSdQ
Trev≡ (2.3)
ein totales Differential und die so definierte Entropie S eine Zustandsfunktion ist. Für alle
irreversiblen Vorgänge in einem geschlossenen System ist
-
Theoretische Grundlagen
20
dSdQT
> . (2.4)
Die Beziehungen (2.3) und (2.4) sind Formulierungen des zweiten Hauptsatzes der
Thermodynamik. Beschränkt man sich auf reversible Vorgänge und berücksichtigt an
Arbeitsanteilen nur reversible Volumenarbeit, so ergibt eine Kombination des ersten
Hauptsatzes (Gleichung 2.2) und des zweiten Hauptsatzes (Gleichung 2.3) für ein
geschlossenes System:
dU = TdS - pdV (2.5)
Die Berücksichtigung einer Stoffmengenänderung in Gleichung (2.5), z. B. bei chemischen
Reaktionen oder Materieaustausch mit der Umgebung (offenes System, dn ≠ 0), führt zu:
dU TdS pdV dni ii
k= − +
=∑µ
1, (2.6)
wo ∂∂
µUni S V n
ij j i
≡
≠, , ( )
das chemische Potential der Komponente i ist.
Für viele Anwendungen ist die Benutzung der Enthalpie H anstelle der Inneren Energie U
günstiger:
H ≡ U + pV
(2.7)
dH = dU + Vdp + pdV
Einsetzen von (2.5) in (2.7) liefert
dH = TdS + Vdp (2.8)
-
Theoretische Grundlagen
21
Weil in der Definitionsgleichung von H nur Zustandsgrößen auftreten, ist die Enthalpie H
selbst eine Zustandsfunktion mit den Variablen Temperatur, Druck und Stoffmengen der
beteiligten Komponenten k: H = f (T, p, n1, n2, ..., nk); dH ist ein totales Differential. Eine
Enthalpieänderung während eines Phasenübergangs oder einer chemischen Reaktion innerhalb
eines geschlossenen Systems wird demnach beschrieben durch:
dHHT
dTHp
dp Hn
dnp n T n i T p n
ii
k
i i j j i
= +
+
= ≠∑∂∂
∂∂
∂∂, , , , ( )1
(2.9)
Weil gilt:
∂∂
∂∂
Sp
VTT p
= −
,
∂∂HT
Cp
p
≡ und
∂∂
Hn
Hi T p n
ij j i
≡
≠, , ( )
läßt sich Beziehung (2.9) umformen zu:
dH C dT V TVT
dp H dnpp n
i ii
k
i
= + −
+
=∑∂∂ , 1
, (2.10)
wobei Hi die partielle molare Enthalpie der Komponente i und Cp die Wärmekapazität für
p=const ist.
Bei chemischen Reaktionen gilt ferner:
H dn H di ii
k
r i ii
k
= =∑ ∑= ⋅
1 1∆ ξ , (2.11)
mit d dnii
iξ ν≡
1,
wo ξi die sogenannte Reaktionslaufzahl bezüglich der Komponente i ist.
-
Theoretische Grundlagen
22
Einsetzen der Beziehung (2.11) in Gleichung (2.10) liefert die “Grundgleichung der
Kalorimetrie”:
dH C dT V TVT
dp H d dQ Vdp dWpp n
r ii
k
i eli
= + −
+ ⋅ = + +
=∑∂∂ ξ, .
∆1
(2.12)
Für die Koexistenz zweier Phasen ‘‘ und ‘ bei einer streng reversiblen Phasenumwandlung
erster Ordnung in einem Einstoffsystem (Gesamtstoffmenge 1 mol) müssen folgende zwei
Gleichgewichtskriterien erfüllt sein:
1. ∆ ∆ ∆trs m trs m trs trs mG H T S= − = 0 (2.13)
mit: ∆ trs m m mG G G= −'' ' Änderung der molaren Gibbs-Energie
∆ trs m m mH H H= −' ' ' Änderung der molaren Enthalpie
∆ trs m m mS S S= −' ' ' Änderung der molaren Entropie
2. ( ) ( ) ( )d G Gp dpG
TdTtrs m
trs m
T
trs m
p
∆∆ ∆
=
+
=
∂∂
∂∂
0
bzw. (2.14)
( )d G V dp S dTtrs m trs m trs m∆ ∆ ∆= − = 0
Die für die Beziehungen (2.13) und (2.14) notwendigen Gleichgewichtsbedingungen lauten:
T T' ''= ,
p p' ''= ,
G Gmi mi*' *''= bzw. allgemein µ µi i
' ''=
und beschreiben das thermische, mechanische und stoffliche Gleichgewicht.
-
Theoretische Grundlagen
23
Aus Gleichung (2.13) folgt für die Entropieänderung ∆trsSm bei der Umwandlungstemperatur
Ttrs unmittelbar:
∆∆
trs mtrs m
trsS
HT
= (2.15)
Gleichung (2.14) liefert die sogenannte verallgemeinerte Clausius-Clapeyron-Gleichung für
die Steigung der Phasenkoexistenzlinie im p-T-Diagramm:
dpdT
SVkoex
trs m
trs m
=
∆∆
(2.16)
Bei bekannter p-T-Abhängigkeit und bekannten ∆trsHm-Werten, die direkt aus den DSC-
Messungen erhalten werden, sind somit aus den Gleichungen (2.15) und (2.16) die Daten für
die Umwandlungsentropien und die Umwandlungsvolumina zugänglich.
Die Druckabhängigkeit der Enthalpieänderung und der Temperatur einer Phasenumwandlung
der Phase ‘ in die Phase ‘‘ entlang der Koexistenzlinie in einem geschlossenen System (keine
chemische Reaktion, dni = 0) ist aus dem totalen Differential der molaren
Umwandlungsenthalpie erhältlich. Die Gleichungen (2.9) und (2.10) lauten dann:
d HH
TdT
Hp
dptrs mtrs m
p
trs m
T∆ =
+
∂∆∂
∂∆∂
(2.17)
d Hdp
CdTdp
V TV
Ttrs m
koextrs p m
koextrs m
trs m
p
∆∆ ∆
=
+ −
,
∂∆∂
(2.18)
Planck-Gleichung
Darüberhinaus können auch Ausdrücke für die Druckabhängigkeit der Umwandlungsentropie
und des Umwandlungsvolumens entlang der Koexistenzlinie angegeben werden:
-
Theoretische Grundlagen
24
d SS
TdT
Sp
dptrs mtrs m
p
trs m
T∆ =
+
∂∆∂
∂∆∂
(2.19)
d Sdp
CT
dTdp
VT
trs m
koex
trs p m
koex
trs m
p
∆ ∆
=
−
, ∂∆∂
(2.20)
d VV
TdT
Vp
dptrs mtrs m
p
trs m
T∆ =
+
∂∆∂
∂∆∂
(2.21)
d Vdp
VT
dTdp
Vp
trs m
koex
trs m
p koex
trs m
T
∆
=
+
∂∆∂
∂∆∂
(2.22)
Die Einführung des isobaren thermischen Ausdehnungskoeffizienten αp (Gleichung 2.23)
bietet die Möglichkeit, Gleichung (2.18) umzuformulieren:
α∂∂p m
m
pVVT
≡
1(2.23)
[ ]( )d Hdp C dTdp V T V Vtrs m koex trs p m koex trs m m p m p∆
∆ ∆
=
+ − −,
' ' ' ' ' 'α α (2.24)
wobei [ ]∂∆∂∂∂
∂∂
α αtrs mp
m
p
m
pm p m p
VT
VT
VT
V V =
−
= −
' ' '' ' ' ' ' '
d Hdptrs m
koex
∆
und
dTdp koex
sind aus den DSC-Messungen direkt ableitbar, ∆ trs mV wird
aus diesen Größen berechnet, und mit Meß- oder Literaturdaten für die Dichten der
-
Theoretische Grundlagen
25
koexistierenden Phasen ‘ und ‘‘ als Funktion der Temperatur läßt sich ∂∂
∂∂
VT
VT
m
p
m
p
' ' '
−
und damit auch ∆ trs p mC , bestimmen.
Außerdem kann der Ausdruck ∂∂
∂∂
VT
VT
m
p
m
p
' ' '
−
auch über isotherme
Kompressibilitätsdaten κT errechnet werden. Verwendung und Umformung von Gleichung
(2.21) liefert dann:
d VdT
VT
Vp
dpdT
trs m
koex
trs m
p
trs m
T koex
∆
=
+
∂∆∂
∂∆∂
bzw. (2.25)
∂∂
∂∂
VT
VT
m
p
m
p
' ' '
−
= d V
dTtrs m
koex
∆
−−−−
∂∂
∂∂
Vp
Vp
m
T
m
T
' ' '
−
dpdT koex
und mit: κ∂∂T m
m
TVVp
≡ −
1(2.26)
∂∂
∂∂
VT
VT
m
p
m
p
' ' '
−
= d V
dTtrs m
koex
∆
−−−− [ ]V Vm T m T' ' '' ''κ κ−
dpdT koex
(2.27)
Die Terme, die sich auf die Koexistenz beziehen, sind aus den Messungen erhältlich. Die
Kompressibilitätsdaten können für viele Substanzen der Literatur entnommen werden.
-
Theoretische Grundlagen
26
2.2 Klassifikation der Phasenumwandlungen
Betrachtet man einfache Phasenübergänge wie z. B. das Schmelzen, so sind im allgemeinen
starke Änderungen von Enthalpie, Entropie und Volumen am Umwandlungspunkt
charakteristisch. Die chemischen Potentiale zweier im Gleichgewicht nebeneinander
vorliegenden Phasen sind zwar gleich, aber die Werte der molaren Enthalpien und Entropien,
sowie der Molvolumina sind meistens sehr verschieden. Außerdem stellt man fest, daß sich
bei gewöhnlichen Phasenübergängen die Werte der Wärmekapazität Cp und der
Kompressibilität κ nicht sehr schnell ändern, wenn man sich aus der Phase ‘‘ bzw. ‘ kommend
dem Umwandlungspunkt nähert [54]. Es sind jedoch auch Phasenübergänge zu beobachten,
bei denen weder eine Volumenänderung, noch eine Enthalpie- oder Entropieänderung auftritt.
Die Klassifizierung von Phasenumwandlungen im Hinblick auf deren Ordnung erfolgt nach
der Theorie von Ehrenfest [55]. Demnach weist eine Phasenumwandlung n-ter Ordnung für
einen reinen Stoff an der Phasengrenze eine Unstetigkeit der n-ten Ableitung der molaren
Gibbsenergie Gm nach der Temperatur und dem Druck auf:
∂
∂
∂
∂
nm
np
nm
np
GT
GT
' ' '
≠
bzw.
∂∂
∂∂
nm
nT
nm
nT
Gp
Gp
' ''
≠
(2.28)
Für eine Phasenumwandlung erster Ordnung zwischen den Phasen ‘ und ‘‘ gelten folgende
Beziehungen:
∆ trs m m mG G G= − =' ' ' 0 (2.29)
∂∆∂
∂∂
∂∂
trs m m
p
m
pm m trs m
GT
GT
GT
S S S =
−
= − + = − ≠
' ' '' ' ' ∆ 0 (2.30)
T S Htrs m trs m⋅ = ≠∆ ∆ 0 (2.31)
∂∆∂
∂∂
∂∂
trs m m
T
m
Tm m trs m
Gp
Gp
Gp
V V V
=
−
= − = ≠
' ' '' ' ' ∆ 0 (2.32)
-
Theoretische Grundlagen
27
Umwandlung erster Ordnung Umwandlung zweiter Ordnung
Abbildung 2.1: Klassifizierung von Phasenübergängen nach Ehrenfest (nach [1]). Dargestellt ist
u. a. der Verlauf der molaren Gibbsenergie als Funktion der Temperatur für eine Umwandlung
zweiter Ordnung (rechts oben). Die Abbildung macht deutlich, daß die Ehrenfest-
Klassifizierung bei Umwandlungen zweiter Ordnung nicht anwendbar ist, da “1” immer die
stabilere Phase ist und somit keine Umwandlung eintritt. Eine genauere Betrachtung dieser
Problematik findet sich bei Parsonage und Staveley [1].
-
Theoretische Grundlagen
28
Die sprunghaften Änderungen der molaren Größen Enthalpie, Entropie und Volumen sind
also charakteristisch für Phasenumwandlungen erster Ordnung. Die erste Ableitung der
molaren Gibbsenergie zeichnet sich demnach durch eine Diskontinuität aus. In Abbildung
(2.1) sind die Änderungen einiger thermodynamischer Größen am Phasenübergang
schematisch dargestellt.
Liegt eine Umwandlung zweiter Ordnung vor, so zeigt sich die Diskontinuität erst in der
zweiten Ableitung der molaren Gibbsenergie nach der Temperatur und dem Druck. Es gelten
dann folgende Zusammenhänge:
∆ trs mG = 0 (2.33)
∂∆∂trs m
ptrs m
GT
S = − =∆ 0 (2.34)
∂
∂
2
2 0∆ ∆trs m
p
trs p mGT
CT
= − ≠
,(2.35)
beziehungsweise:
∂∆∂trs m
Ttrs m
Gp
V
= =∆ 0 (2.36)
∂
∂κ
2
2 0∆
∆trs m
Tm trs
Gp
V
= − ⋅ ≠ (2.37)
∂∂ ∂
α2
0∆
∆trs m m trs pG
p TV
= ⋅ ≠ (2.38)
Diese Umwandlungen sind also mit einer kontinuierlichen Änderung der molaren Größen
Enthalpie, Entropie und Volumen verbunden. Eine Diskontinuität tritt jedoch in der molaren
-
Theoretische Grundlagen
29
Wärmekapazität Cp, im isobaren thermischen Ausdehnungskoeffizienten αp und in der
isothermen Kompressibilität κT auf.
Für Phasenumwandlungen erster Ordnung kann die verallgemeinerte Clausius-Clapeyron-
Gleichung
dpdT
SV
HT Vkoex
trs m
trs m
trs m
trs m
= = ⋅
∆∆
∆∆
(2.39)
zur Beschreibung der Gleichgewichtskurve der koexistierenden Phasen benutzt werden.
Bezogen auf Umwandlungen zweiter Ordnung ergeben sich entsprechende Beziehungen:
d SS
TdT
Sp
dptrs mtrs m
p
trs m
T∆ =
+
=
∂∆∂
∂∆∂
0 (2.40)
d VV
TdT
Vp
dptrs mtrs m
p
trs m
T∆ =
+
=
∂∆∂
∂∆∂
0 (2.41)
Unter Verwendung von α∂∂p m
m
pVVT
=
1 und κ
∂∂T m
m
TVVp
= −
1 erhält man durch
Umformen Ausdrücke, welche die Druckabhängigkeit der Umwandlungstemperatur für die
Koexistenzkurve analog zu Gleichung (2.39) beschreiben:
dpdT
CT Vkoex
trs p m
m trs p
= ⋅ ⋅
∆∆
,
α(2.42)
dpdT koex
trs p
trs T
=
∆
∆
α
κ(2.43)
Phasenumwandlungen höherer Ordnung sind gewöhnlich nur selten zu beobachten. In den
meisten Fällen ist vor der Phasenumwandlung in einem weiten Bereich eine kontinuierliche
-
Theoretische Grundlagen
30
Änderung der Wärmekapazität zu verzeichnen. Bei Annäherung an den Umwandlungspunkt
nimmt die Wärmekapazität von niedrigen Temperaturen herkommend immer stärker zu. Am
Umwandlungspunkt selbst ist, wie bei Umwandlungen erster Ordnung, eine Unendlichkeits-
stelle vorhanden (siehe dazu A. B. Pippard in [1]). Wegen der Ähnlichkeit des Kurvenverlaufs
mit dem griechischen Buchstaben Lambda (λ), werden solche Phasenumwandlungen auch als
λ-Übergänge bezeichnet.
Abbildung 2.2: Änderung der molaren Wärmekapazität Cp,m bei einem λ-Übergang
Eine Möglichkeit, mittels DSC-Messungen die Ordnung einer flüssigkristallinen
Phasenumwandlung zu bestimmen, wird von Navard und Mitarbeitern [56, 57] vorgeschlagen.
Aus dem Verhältnis N der Peakhöhen bei doppelter Heizrate und Einwaage zur üblichen
Heizrate und Einwaage soll auf die Ordnung des Phasenübergangs geschlossen werden
können:
Nhh
='
(2.44)
mit: h = Peakhöhe
h’= Peakhöhe bei doppelter Heizrate oder doppelter Einwaage
-
Theoretische Grundlagen
31
Ergibt sich N = 2, handelt es sich um eine Umwandlung zweiter Ordnung. Liegt N in den
Grenzen 1 < N < 2 , so ist dies eine Umwandlung erster Ordnung. Experimentelle
Ergebnisse zeigen, daß sich nur bei sehr reinen Substanzen Aussagen über die Ordnung der
Phasenumwandlung machen lassen, da verunreinigte Proben ebenfalls den Wert N = 2 liefern
können, obwohl es sich um einen Übergang erster Ordnung handelt. Außerdem können
zusätzlich Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Peakhöhe auftreten, wenn die
Umwandlung keinen scharfen Peak zeigt oder der Peak sehr klein ist.
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
32
3 Differential Scanning Calorimetry (DSC)
Bei der Untersuchung temperaturabhängiger Stoffeigenschaften besitzen die
Differentialthermoanalyse (DTA) und die Differential Scanning Calorimetry (DSC) ein weites
Anwendungsfeld bei wissenschaftlichen Forschungsaufgaben und in der Industrie.
Die DSC ist wie die DTA eine weitverbreitete Methode der thermischen Analyse und findet
Anwendung bei der Bestimmung thermodynamischer Daten von chemischen Substanzen. Es
lassen sich Wärmeumsätze bei physikalischen Umwandlungen (z. B. Modifikations-
umwandlung, Verdampfung, Schmelze) und bei chemischen Reaktionen (z. B. Zersetzung,
Wasserabspaltung) bestimmen, sowie Reinheitsuntersuchungen durchführen [58]. Des
weiteren eröffnet sich die Möglichkeit, Wärmekapazitäten zu messen, reaktionskinetische
Untersuchungen durchzuführen, sowie, anhand gemessener Daten, Phasendiagramme zu
erstellen.
3.1 DSC-Meßprinzip [58, 59, 60, 61]
Im allgemeinen wird bei beiden Verfahren eine Probe (sample) neben einer
Vergleichssubstanz (reference) einem streng linearen Temperaturprogramm unterworfen.
Über Temperatursensoren, die sich an jeder der beiden Meßstellen befinden, werden jeweils
die Proben- und die Referenztemperatur, sowie die Systemtemperatur in Abhängigkeit von der
Zeit registriert. Befindet sich das System im thermischen Gleichgewicht, so ist im Idealfall die
Temperaturdifferenz zwischen beiden Meßstellen gleich Null oder nimmt im realen Fall
zumindest einen konstanten Wert an. Eine Änderung der Temperaturdifferenz zwischen Probe
und Referenz zeigt eine Änderung im thermischen Verhalten einer der beiden Substanzen an.
Dieser thermische Effekt ist solange beobachtbar (Peak), bis er durch Wärmefluß aus der
Umgebung, d.h. aus dem gesamten System, zur Seite mit der niedrigeren Temperatur
kompensiert ist.
Als Vergleichssubstanz wählt man meist Stoffe, die im untersuchten Temperaturbereich dem
thermischen Verhalten der Probe ähnlich sind, jedoch keine Peaks zeigen (Inertsubstanz).
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
33
Im Unterschied zur DTA sind bei der DSC Probe und Referenz mit getrennten elektrischen
Heizelementen, die durch eine Regelelektronik gesteuert werden, versehen, was einen
Unterschied hinsichtlich der Art der Meßsignale und der daraus folgenden Auswertung
bewirkt.
Abbildung 3.1: Meßanordnung der DTA (a) und der DSC (b) [61]
Die DTA liefert lediglich die Differenztemperatur als Meßgröße. Um Aussagen über
Enthalpieänderungen machen zu können, müssen die Wärmekapazitäten von Probe und
Referenz, sowie deren Wärmeübergangskoeffizienten zur Umgebung und zur Meßstelle bei
der jeweiligen Meßtemperatur bekannt sein.
Bei der DSC können Probe und Referenz stets auf gleicher Temperatur gehalten werden. Ein
thermischer Effekt, sei er endotherm oder exotherm, wird dadurch kompensiert, daß die
entsprechend kältere Seite während einer entsprechenden Zeit mit einer zusätzlichen
Heizleistung versorgt wird. Hier ist also die Differenzheizleistung zwischen beiden Seiten das
Meßsignal, wodurch die DSC auch als ”Dynamische Leistungs-Differenz-Kalorimetrie”
bezeichnet wird.
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
34
3.1.1 Normaldruck-DSC
In Abbildung 3.2a) ist die prinzipielle Funktionsweise der DSC, so wie sie in den DSC-
Geräten der Firma Perkin-Elmer verwirklicht wird, schematisch dargestellt. Die Proben- (S)
und die Referenzzelle (R) befinden sich jeweils in einem zylindrisch geformten
Meßpfännchen mit eingebauten Platinwiderständen, welche als Widerstandsthermometer (TS,
TR) und als Heizwiderstände (HS, HR) fungieren. Die Drähte sind durch eine
Aluminiumoxidschicht voneinander isoliert. Mit den getrennten Heizelementen, deren
elektronische Steuerung über zwei getrennte Regelkreise erfolgt, werden die Meßpfännchen
streng linear aufgeheizt. Der erste Regelkreis dient dabei zur Einstellung der
Durchschnittstemperatur, während der zweite Regelkreis aus dem Differenztemperaturregler
besteht. Ein massiver Aluminiumblock, der die beiden DSC-2-Halter umschließt, sorgt für
eine konstante Umgebungstemperatur.
Die an den Platinwiderstandsthermometern abgegriffenen Spannungen US und UR werden
einem Zerhacker (Z) zugeführt. Dieser besteht aus zwei elektronischen Einheiten, der
Eingangsstufe und der Zerhackerstufe. Zunächst bildet die Eingangsstufe die
Differenzgleichspannung und die Mittelwertgleichspannung. Die Zerhackerstufe erzeugt dann
aus diesen Gleichspannungen auf elektromechanischem Weg mit einer Frequenz von 60 Hz
zwei Wechselausgangsspannungen ∆U und Uav.
Uav dient als Stellgröße für den ersten Regelkreis. Die Durchschnittstemperatur der
Meßstellen wird mit der Programmtemperatur verglichen. Ein Programmverstärker bewirkt
dann die Einstellung eines Durschnittsheizstromes, um ein Temperaturgleichgewicht
herzustellen. Ist die Programmtemperatur höher als die der Spannung proportionalen
Durchschnittspfännchen-temperatur, wird die Heizleistung erhöht, ist sie geringer als die
Durchschnittstemperatur, wird die Heizleistung gesenkt.
Das Auftreten eines thermischen Effektes bewirkt eine Änderung der Temperaturdifferenz
zwischen Probe und Referenz und damit einhergehend eine Änderung des Widerstandes des
Probenfühlers. Die zur Widerstandsänderung proportionale Spannungsdifferenz ∆U dient als
Stellgröße für den zweiten Regelkreis, der die elektrischen Heizer ansteuert. Die
Temperaturdifferenz wird dann mit Hilfe eines Verstärkers, der einen differentiellen
Heizstrom mit positivem oder negativem Vorzeichen liefert, sofort wieder auf Null geregelt.
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
35
a)
b)
Abbildung 3.2: Schematische Darstellung des DSC-Prinzips [62]
a) Normaldruck-DSC
b) Hochdruck-DSC
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
36
Dieses Prinzip wird auch ”Null-Balance” Prinzip genannt. Die benötigte Zusatzheizleistung
wird in Abhängigkeit von der Zeit aufgetragen. Die Fläche unter dem Peak ergibt die
elektrische Energie, die zur Kompensation des thermischen Effektes in der Probe aufgebracht
werden muß. Diese Energie entspricht direkt der Umwandlungsenthalpie.
3.1.2 Hochdruck-DSC
Das Prinzip der Hochdruck-DSC veranschaulicht Abbildung 3.2b). Aufgrund der großen
Autoklavenmassen ist es nicht mehr möglich, die Temperaturführung allein durch die
Platinwiderstandsdrähte in den Meßpfännchen zu bewerkstelligen. Der Regelkreis zur
Einstellung der Durchschnittstemperatur wird daher notwendigerweise durch einen externen
Regelkreis, d. h. durch eine von außen auf die Autoklaven wirkende Heizung mit einem
eigenen Programmgeber, ersetzt. Ein Pt-100 Widerstandsthermometer im Temperiermantel, in
welchem die Autoklaven symmetrisch angeordnet sind, liefert die Ist-Temperatur und dient
als Regelgröße für den externen Regelkreis. Der Temperaturprogrammgeber liefert den
Sollwert und ermöglicht die Einstellung unterschiedlicher Temperaturprogramme.
Im Gegensatz zur Normaldruck-DSC erfolgt die Temperaturbestimmung an den
Meßpfännchen bei der Hochdruck-DSC nicht mehr über die mittlere Spannung Uav, sondern
über den direkt an dem Probenmeßpfännchen abgegriffenen Spannungsabfall. Auf diese
Weise wird also nicht die mittlere Temperatur von Proben- und Referenzstelle, sondern
unmittelbar die Probentemperatur gemessen.
Der Regelkreis für den differentiellen Heizstrom bleibt wie bei dem Normaldruck-Prinzip
bestehen, so daß die Leistungskompensation weiterhin stattfindet. Da die Temperatur des
Temperiermantels beim Aufheizen allerdings immer um ein ∆T größer ist als die eigentliche
Meßpfännchentemperatur, kann es bei starken thermischen Effekten neben der Kompensation
durch die eingebauten Heizdrähte zu einer teilweisen Kompensation durch den sogenannten
Umgebungsanteil [14] kommen. Dies muß bei der Kalibrierung des Kalorimeters
berücksichtigt werden.
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
37
3.2 Apparativer Aufbau
Die in dieser Arbeit für die Messungen von Phasenübergängen bei hohen Drücken und hohen
Temperaturen verwendete DSC-Apparatur ermöglicht Messungen in einem Arbeitsbereich
von 293 K bis 480 K bei Drücken von Normaldruck bis zu 200 MPa.
Die von Schmidt [63] aufgebaute Autoklaveneinheit entstand in Anlehnung an eine bereits
vorhandene Tieftemperatur-Hochdruck-DSC-Anlage, welche von Arntz [64] konstruiert und
von Wenzel [10] und Ellert [59] weiterentwickelt wurde. Die Druckversorgung, ein Großteil
der Regel- und Steuerelektronik, sowie die Datenerfassung wurden von der existierenden
Apparatur übernommen und stehen wahlweise beiden Autoklaveneinheiten zur Verfügung.
Bei der in den folgenden Kapiteln beschriebenen Apparatur handelt es sich ausschließlich um
die Hochtemperatur-DSC-Anlage.
Ergänzend zur Hochdruck-DSC steht ein Gerät des Typs DSC-7 der Firma Perkin-Elmer für
Normaldruckmessungen mit einem Arbeitsbereich von 273 K bis 773 K zur Verfügung. Über
ein Interface können die Meßdaten einem IBM-kompatiblen Rechner zugänglich gemacht
werden. Die Auswertung und Bearbeitung der Meßdaten erfolgt über die mitgelieferte Pyris-
Software, welche in einer aktuelleren Version neben Temperatur- und
Enthalpiebestimmungen auch die Bestimmung von Wärmekapazitäten ermöglicht.
3.2.1 Übersicht über die Meßanordnung
Abbildung 3.3 liefert eine schematische Übersicht über die gesamte Meßanordnung. Die
beiden identisch angefertigten Hochdruckautoklaven (j und l) bilden das Herzstück dieser
Anlage. Sie enthalten die Meßköpfe mit dem Probenmeßpfännchen und dem
Referenzmeßpfännchen der Firma Perkin-Elmer [L 1].
Die Autoklaven sind von einem Temperiermantel (h) aus Aluminium umschlossen, welcher
über insgesamt dreizehn Heizpatronen beheizt und über Bohrungen mit Preßluft gekühlt
werden kann. Die Heizpatronen sind dabei so angeordnet, daß jeder Autoklav gleichmäßig
von acht Heizpatronen umgeben ist. Die Temperaturmessung des Mantels erfolgt über zwei
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
38
Abbildung 3.3: Gesamtansicht der Meßanordnung [63]
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
39
a Druckgasvorrat b Kompressor
c Manometer d Druckmeßdose
e Thermostat f Digitalvoltmeter
g Temperaturprogrammgeber h Temperiermantel
i Heizungsregler j, l Autoklaven
k Pt-100 Widerstandsthermometer m, n Digitalvoltmeter
o DSC-2 Gerät r Meßverstärker
s Digitalvoltmeter t Interface
u Computer v Drucker
Ta Autoklavtemperatur
Ts Pfännchentemperatur der Probe
p Druck
q Differenzheizleistung
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
40
Pt-100 Platinwiderstandsthermometer (k), wobei eines zur Meßwertaufnahme dient, während
das andere Pt-100 zusammen mit dem Temperaturprogrammgeber (g) und dem
Heizungsregler (i) die im Temperiermantel befindlichen Heizpatronen ansteuert.
Die Druckversorgung erfolgt mittels eines durch Preßluft angetriebenen zweistufigen
Kompressors (b) [L 2], mit dem das Druckgas, wahlweise Helium [L 3] oder Argon [L 3], aus
einer Vorratsflasche (a) durch ein Kapillarsystem in die Autoklaven gedrückt wird.
Zur Druckkontrolle stehen ein Manometer (c) [L 4] mit einem Druckbereich von 0,1 MPa bis
400 MPa, sowie eine über einen Thermostaten (e) [L 5] temperierte Dehnungsmeßstreifen-
Druckdose (d) [L 6] mit angeschlossenem Digitalvoltmeter (f) [L 7] zur Verfügung.
Die Meßköpfe sind über druckdichte elektrische Zuleitungen mit einem DSC-2 Gerät (o) [L 1]
verbunden, von dem aus die Meßgrößen für die Meßpfännchentemperatur (Ts) und die
Differenzheizleistung (q) über Digitalvoltmeter (m und n) angezeigt werden und einem
Interface (t) [L 8] für die Rechnerauswertung zugeführt werden. Außerdem ist das Interface
mit der Druckmeßdose und über einen Meßverstärker (r) mit einem der beiden
Platinwiderstandsthermometer des Temperiermantels verbunden.
Die Meßdaten werden innerhalb des Interface über einen 12 bit Analog/Digital-Wandler
digitalisiert und einem Computer (u) [L 9] mit angeschlossenem Drucker (v) [L 10] zugeführt.
Mit Hilfe eines von Ellert [59] erstellten Programmes werden die Meßdaten ausgewertet und
die Meßergebnisse grafisch dargestellt.
3.2.2 Hochdruckautoklav
Abbildung 3.4 zeigt schematisch den Aufbau eines der beiden identischen
Hochdruckautoklaven (f). Er ist aus Nimonic 90 gefertigt, einem Werkstoff, der gute
Hochdruckeigenschaften, z. B. eine hohe Fließgrenze und eine große Zugfestigkeit, besitzt.
Der obere und untere Teil des Autoklavkörpers wird jeweils durch einen axial durchbohrten,
aus einer Chrom-Nickel-Legierung (Inconel 716) gefertigten Stempel (a und g) verschlossen.
Die Stempel arbeiten nach dem Bridgman-Prinzip, wobei die eigentliche Abdichtung durch
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
41
Dichtringe (d) aus Polyethylen (RCH 100) erfolgt, welche, um ein Wegfließen des Materials
unter Druck zu verhindern, in Deltaringe aus Messing (c) eingebettet sind. Oberhalb des
Deltaringes befindet sich ein Stützring (b) aus 17-4 PH.
Der obere Bridgmanstempel muß zum Einsetzen der Meßzellen herausgeschraubt werden.
Durch ihn wird das Druckgas in den Autoklaven geleitet. Durch den unteren
Bridgmanstempel werden die elektrischen Zuleitungen des Meßkopfes (e) über ein
Kupplungsstück nach außen geführt.
3.2.3 Meßkopf
Die Autoklaven enthalten jeweils einen der beiden identisch ausgelegten
Hochdruckmeßköpfe. Abbildung 3.5 stellt schematisch den Aufbau eines Meßkopfes (c bis l)
und seine Anordnung im Autoklav dar, während Abbildung 3.6 eine perspektivische Ansicht
des Meßkopfes liefert.
Wiedergegeben sind zunächst die Autoklavwand (b), die beiden den Autoklaven
verschließenden Bridgmanstempel (a und n) und der Meßkopf selbst (c bis l), der über ein
Schraubgewinde fest mit dem unteren Stempel verbunden ist.
Das aus einer Platin-Iridium-Legierung bestehende Meßpfännchen (e), das die Meßzelle (d)
aufnimmt, ist ein Standardmeßpfännchen aus dem für Normaldruckmessungen ausgelegten
Meßkopf eines DSC-2-Gerätes der Firma Perkin-Elmer [L 1], kann aber ohne Veränderungen
für Hochdruckmessungen verwendet werden. Das zylindrische Meßpfännchen ist auf einer
Kupferscheibe befestigt und enthält in seinem Boden zwei identische, um 90° versetzt
übereinander angeordnete Platindraht-Widerstände, von denen einer als Temperaturfühler und
der zweite als Heizwiderstand arbeitet. In die Kupferscheibe sind außerdem vier elektrisch
voneinander isolierte Metalldrähte montiert, an die, oberhalb der Kupferscheibe, dünne
Platinbändchen zur elektrischen Verbindung an die Platinwiderstände des Meßpfännchens
angelötet sind. Unterhalb der Kupferscheibe sind an diesen Metalldrähten die
Kupferdrahtzuleitungen (m) angelötet.
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
42
a oberer Bridgmanstempel b Stützring
c Deltaring d Dichtring
e Meßkopf f Autoklav
g unterer Bridgmanstempel
Abbildung 3.4: Aufbau des Hochdruckautoklavs [59]
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
43
a oberer Bridgmanstempel b Autoklavwand
c Deckel d Meßzelle
e Meßpfännchen f, k Teflonhülse
g Teflonscheibe i Quarzfaser
l Messinghalterung m elektrische Zuleitungen
n unterer Bridgmanstempel
Abbildung 3.5: Aufbau des Meßkopfes [61]
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
44
Abbildung 3.6: Perspektivische Ansicht des Meßkopfes [59]
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
45
Die Kupferscheibe mit dem Meßpfännchen ist mit zwei Schrauben über eine Teflonscheibe
(g) auf einer Messinghalterung (l) befestigt, die an der Unterseite mit einem Gewinde in den
unteren Bridgmanstempel eingeschraubt ist. Aus konstruktionstechnischen Gründen mußte die
Kupferscheibe dazu von 22 mm Durchmesser auf 19 mm abgedreht werden.
Da Temperaturunterschiede zwischen der Autoklavwand und dem Meßpfännchen Gaswirbel
verursachen können, ist das Meßpfännchen von einer Teflonhülse (f) umgeben. Über der
Hülse befindet sich ein Deckel (c) aus Polyethylen. Zwei weitere Teflonhalbschalen (k)
umgeben die Messinghalterung. Die Zwischenräume (i) sind mit Quarzfaser ausgestopft.
3.2.4 Elektrische Durchführung
Bei den erwähnten elektrischen Zuleitungen handelt es sich pro Autoklav um vier mit Capton-
Folie isolierte Kupferdrähte mit einem Durchmesser von 0.8 mm. Um die elektrischen
Zuleitungen gegen den Außendruck abzudichten, werden sie durch den unteren
Bridgmanstempel einem Kupplungsstück zugeführt, das in Abbildung 3.7 schematisch und in
Abbildung 3.8 perspektivisch mit einem 120° Schnitt dargestellt ist.
Der Bridgmanstempel (a) wird mit einer Schraube (b) und einem Stützring (c) über eine
Konusdichtung mit dem Kupplungsstück verbunden. Die Dichtung der Kupferdrähte erfolgt
durch einen 10 mm langen Teflonzylinder (f), der zwischen zwei 5 mm dicken
Messingscheiben (e und g) mittels einer Schraube (i) und eines Stützringes aus gehärtetem
Stahl (h) zusammengepreßt wird. Der Teflonzylinder und die Messingscheiben enthalten vier
Bohrungen mit einem Durchmesser von 1 mm, durch die die Kupferdrähte geführt sind.
Durch das Zusammenpressen des Zylinders beginnt die Teflonmasse zu fließen und quetscht
die Drähte ein. Zusätzlich sind die Bohrungen (d) mit dem Klebstoff UHU Plus [L 11] gefüllt.
Außerdem soll ein kleiner Edelstahlkeil in der Nut des Kupplungsstückes und der unteren
Messingscheibe verhindern, daß sich beim Anziehen der Schraube Teflonzylinder und
Messingscheibe gegeneinander verschieben und somit die Isolierung der Kupferdrähte
beschädigt wird.
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
46
a Bridgmanstempel b, i Schraube
c, h Stützring d Kleber
e, g Messingscheibe f Teflonzylinder
Abbildung 3.7: Aufbau des Kupplungsstückes [61]
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
47
Abbildung 3.8: Perspektivische Ansicht des Kupplungsstückes [59]
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
48
3.2.5 Meßzellen
Für DSC-Messungen unter hohem Druck ist es erforderlich, daß die Meßzellen mehrere
Bedingungen gleichzeitig erfüllen. Zunächst muß eine hysteresefreie Druckübertragung auf
die Substanz gewährleistet sein. Die verwendeten Meßzellen dürfen sich unter Druck nicht
verformen, da ein schlechter Kontakt zum Meßpfännchen eine Änderung des
Wärmeübergangskoeffizienten bewirkt. Außerdem darf das druckübertragende Medium nicht
mit der Substanz in Berührung kommen, da dies eine Verunreinigung zur Folge hätte, die sich
auf die Umwandlungsgrößen auswirkt.
Bei den in dieser Arbeit verwendeten Meßzellen handelt es sich um Hochdruckzellen der
Firma Perkin-Elmer in etwas abgewandelter Form (Abbildung 3.9a). Die Meßzellen sind aus
rostfreiem, korrosionsgeschütztem Stahl gefertigt. Sie bestehen aus einem Unterteil (e) und
einem aufschraubbaren Deckel (a), wiegen etwa 0.62 g, haben ein nutzbares Volumen von
25 µl und können bis zu maximal 400° C benutzt werden. Diese Zellen sind normalerweise
für Messungen an flüchtigen Substanzen vorgesehen und halten mit entsprechenden Kupfer-
Dichtungsringen einem Innendruck von 15 MPa stand. Um einen hohen äußeren Druck auf
das Zelleninnere übertragen zu können, wurde in den Deckel der Zelle ein Loch (Durchmesser
1 mm) gebohrt. Eine Membran aus Aluminium (b) schützt die Substanz (d) nach dem
Einfüllen in das Unterteil der Zelle vor dem direkten Kontakt mit dem Druckgas. Die
Membran, eine kreisförmige Aluminiumscheibe mit einem Durchmesser von 6.5 mm und
einer Dicke von 0.1 mm, wird mit UHU Plus (c) [L 11] auf das Unterteil geklebt.
Anschließend wird der Deckel auf das Zellenunterteil geschraubt.
Membran und Klebestelle stellen die Schwachpunkte dieser Konstruktion dar. Insbesondere
organische Flüssigkeiten neigen dazu, über den Rand der Zelle zu kriechen und ein sicheres
Verkleben der Membran zu verhindern. Auch das Aufschrauben des Deckels muß mit
Vorsicht geschehen, um die Membran nicht zu beschädigen, da diese sonst bei hohen Drücken
reißt.
Für Normaldruckmessungen oder für die Messungen an offenen Zellen wurden die schon in
früheren Arbeiten [59, 63] benutzten ”large volume” Zellen von Perkin-Elmer [L 1]
verwendet (Abbildung 3.9b). Das Unterteil, welches ein Fassungsvermögen von ungefähr 60
µl besitzt, und der dazugehörige Deckel sind aus korrosionsgeschütztem, rostfreiem Stahl
gefertigt und werden durch einen O-Ring abgedichtet.
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
49
a)
a aufschraubbarer Deckel b Aluminiummembran
c Kleber d Probensubstanz
e Zellenunterteil
b)
a Deckel b O-Ring
c Zellenunterteil
Abbildung 3.9: Aufbau der Meßzellen
a) Stahl-Hochdruckkapsel
b) ”large volume” Zelle
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
50
Der Vorteil dieser Zelle gegenüber der zuvor beschriebenen Hochdruckkapsel liegt darin, daß
sie bei gleicher Substanzmenge noch nicht vollständig gefüllt ist und somit ein Auslaufen der
Substanz aus der Zelle vermieden wird.
3.2.6 Temperiermantel
Der in Abbildung 3.10 dargestellte Temperiermantel ist aus Aluminium gefertigt und so
konstruiert, daß die beiden identischen Hochdruckautoklaven symmetrisch von insgesamt
dreizehn Heizpatronen umgeben sind. Die Heizpatronen, die eine Länge von 160 mm und
einen Durchmesser von 8 mm aufweisen, erbringen eine Heizleistung von je 200 Watt [63].
Sie werden über einen Programmgeber und einen Regler angesteuert, welcher für den
Temperaturbereich von 273 K bis 773 K ausgelegt ist und zusammen mit dem
Temperaturprogrammgeber Heizraten von 0.1 K ⋅ min -1 bis 10 K ⋅ min -1 erlaubt. Die Ist-
Werte für diese Regelung liefert ein über eine Bohrung in den Temperiermantel eingelassenes
Pt-100 Widerstandsthermometer. Durch die symmetrische Anordnung der Heizelemente soll
eine lineare Aufheizrate beider Autoklaven und der darin befindlichen Meßköpfe
gewährleistet werden. Das Auftreten zu unterschiedlicher Temperaturen des Proben- und
Referenzmeßkopfes soll auf diese Weise verhindert und eine Grundliniendrift minimiert
werden. Darüberhinaus reduziert ein den Temperiermantel umgebender, mit einem Asbest-
Ersatzstoff gefüllter Blechmantel die Wärmeableitung an die Umgebung während des
Aufheizens.
Nach einer erfolgten Messung kann über weitere, insgesamt vierzehn Bohrungen Preßluft
durch den Temperiermantel geleitet werden, um die Autoklaven wieder abzukühlen. Die
Abkühlgeschwindigkeit ist dabei allerdings nicht regelbar.
3.2.7 Druckerzeugung und -messung
Zur Druckerzeugung wird ein mit Preßluft angetriebener zweistufiger Kompressor [L 2] ver-
wendet. Als druckübertragendes Medium stehen wahlweise Helium [L 3] oder Argon [L 3]
zur Verfügung. Die Druckkontrolle erfolgt über ein Präzisionsmanometer [L 4] mit einem
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
51
Abbildung 3.10: Darstellung des Temperiermantels [63]
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
52
Meßbereich von 0.1 MPa bis 400 MPa und über eine Dehnungsmeßstreifen-Druckdose [L 6],
die von einem Temperiermantel aus Kupfer umgeben ist und über einen Thermostaten [L 5]
auf 313 K temperiert wird, um von der veränderlichen Raumtemperatur unabhängig zu sein.
Ein an die Druckdose angeschlossener Rechenverstärker ermöglicht es, daß der aktuelle
Druck während der Messung durch ein Digitalvoltmeter [L 7] angezeigt und über einen A/D-
Wandler kontinuierlich von einem Rechner [L 9] erfaßt werden kann. Eine kontinuierliche
Druckmessung ist hier notwendig, da der Druck während des Aufheizens der Autoklaven
ständig steigt.
3.2.8 Meßwerterfassung
Zur Meßwerterfassung dient ein von Ellert [59] angeschlossenes Rechnersystem und die dazu
erstellte Software. Die Meßsignale der bei der Hochdruck-DSC benötigten vier Meßgrößen:
Differenzheizleistung, Zellentemperatur, Autoklavtemperatur und Druck werden einem am
Lehrstuhl gebauten Interface zugeführt. Über vier unabhängige Eingangskanäle werden die
analogen Ausgangsspannungen der jeweiligen Meßstellen einem 12-bit Analog/Digital-
Wandler zugewiesen, wobei softwaremäßig zwischen den einzelnen Eingangskanälen
umgeschaltet werden kann. Die digitalisierten Signale werden über einen IEEE-Bus [L 8]
einem Computer [L 9] zur Aufnahme sowie weiteren Verarbeitung und Speicherung
zugeführt.
Der erste Eingangskanal besitzt einen Eingangsspannungsbereich von -500 bis +500 mV und
wird für die der Differenzheizleistung proportionale Spannung verwendet.
Dem zweiten Kanal wird die am Probenpfännchen abgegriffene Spannung zugeführt. Der
Eingangsbereich von 0 bis 500 mV ist softwaremäßig auf einen Bereich von 0 bis 2500 mV
erweiterbar. Da ein Spannungswert von 500 mV ungefähr Raumtemperatur zuzuordnen ist,
wird für die Hochtemperatur-DSC-Anlage der größere Bereich benutzt. Dabei ist jedoch zu
berücksichtigen, daß die maximale Auflösung der Meßsignale vom
Eingangsspannungsbereich abhängt. Die maximale Empfindlichkeit liegt auf Grund des 12-bit
A/D-Wandlers bei 1/4096 des zu digitalisierenden analogen Spannungsbereiches, so daß bei
vergrößertem Meßbereich ein Genauigkeitsverlust in Kauf genommen werden muß.
Über den dritten Kanal kann wahlweise die der Temperaturanzeige des DSC-Gerätes
proportionale Spannung eingelesen oder die vom Pt-100 gelieferte und über einen
-
Differential Scanning Calorimetry (DSC)
53
Meßverstärker verstärkte, zur Temperatur im Temperiermantel proportionale Spannung
aufgenommen