Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie...

121
Digital Transformation Kompass Orientierung und Navigationshilfe für Führungskräfte Masterarbeit Zürcher Fachhochschule HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich eingereicht bei: Prof. Dr. Giampiero Beroggi vorgelegt von: Fabio Soricelli MAS-Studiengang: Master of Advanced Studies in Business Consulting Adresse: Näf-Gasse 3 8008 Zürich Zürich, 27. Januar 2016

Transcript of Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie...

Page 1: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Digital Transformation Kompass Orientierung und Navigationshilfe für Führungskräfte

Masterarbeit

Zürcher Fachhochschule

HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich

eingereicht bei:

Prof. Dr. Giampiero Beroggi

vorgelegt von: Fabio Soricelli

MAS-Studiengang: Master of Advanced Studies in Business Consulting

Adresse: Näf-Gasse 3 8008 Zürich

Zürich, 27. Januar 2016

Page 2: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 1

1 Management Summary

Neue digitale Technologien werden zur Überlebensfrage für Unternehmen in einer digitalen

Zeit. Sie haben einen starken Einfluss auf Kundeninteraktionen, die Wertschöpfungsketten und

auf die Geschäftsmodelle der Unternehmen.

Führungskräfte stehen vor den Herausforderungen, sich strategisch auf die neue digitale Welt

auszurichten. Alleine in der Schweiz sind über 50% der Unternehmen noch digitale Anfänger.

Ihre digitale operationelle Exzellenz sowie ihr digitales Kundenerlebnis lassen zu wünschen übrig

(KPMG 2014). Digital reife Unternehmen dagegen übertreffen deutlich ihren Mitbewerb im

Umsatz (+9%) und in der Profitabilität (+26%) (Westerman et al. 2011). Sie übertrumpfen ihre

Konkurrenz mit einer absoluten Kundenorientierung und einer Kombination innovativer

Initiativen bei gleichzeitiger Unternehmenstransformation.

Der Beitrag dieser Studie ist es, in einem ersten Teil die strategische Ausgangslage zu eruieren.

Führungskräfte erhalten einen Überblick über die Chancen, Risiken und Erfolgsfaktoren der

Digital Transformation. Im zweiten Teil geht es um die erfolgreiche Mobilisierung und die

nachhaltige Transformation eines Unternehmens. Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie

sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

helfen, die Transformation effektiv und effizient zu gestalten. Hierzu wurden die Chancen und

Erfolgsfaktoren der Digital Transformation, die aus theoretischen Ansätzen bekannt sind, mit

dem Praxiswissen von Experten aus dem Schweizer Markt ergänzt und beides in der

vorliegenden Arbeit zusammengefasst.

Natürlich gibt es potentielle Gefahren, doch gemäss den Experteninterviews überwiegen

deutlich die Chancen der Digitalisierung. Werden die digitalen Technologien richtig eingesetzt,

dann führen sie zu Wachstum und Effizienz sowie zu Kunden-, Partner- und

Mitarbeiterzufriedenheit und -loyalität. Zudem schützt eine proaktive Transformation

Unternehmen vor dem Eintritt disruptiver Wettbewerber. Letztendlich ermöglicht die

Digitalisierung der Schweizer Wirtschaft eine Differenzierung sowie Qualitäts- und

Wettbewerbsvorteile. In einem Land mit limitierten Rohstoffen, einem starken Franken und

hohem Lohnniveau bildet sie ein Fundament für mehr Produktivität, Wirtschaftlichkeit und

Rentabilität.

Es zeigte sich, dass allerdings gerade Schweizer Werte wie Pünktlichkeit, Präzision und das

Bedürfnis nach Planung, Vorhersehbarkeit sowie Risikominimierung dem Wandel im Weg

stehen. Zudem sind es kulturelle Hürden und eine mangelnde Technologieaffinität in

Kombination mit der fehlenden Dringlichkeit zur Veränderung, welche die digitale Innovation

und Transformation oftmals bremsen.

Die Expertenbefragung ergibt, dass eine neue Führungsmentalität gefordert ist, die es mit einer

klaren Vision und einer umsetzbaren Strategie ermöglicht, die Belegschaft für die Veränderung

zu begeistern. Es sind Führungskräfte gefragt, die den Fokus auf die Differenzierung des Business

basierend auf dem Kundennutzen und den digitalen Technologien legen. Damit das mittlere

Management erfolgreich die Transformation umsetzen kann, sind digitale Fähigkeiten und neue

Zielvereinbarungen notwendig. Zudem waren sich die Experten einig, dass gerade die

etablierten Unternehmen eine neue Kultur für ein digitales Zeitalter brauchen. Für den

erfolgreichen Wandel sind Change-Management-Fähigkeiten und eine kontinuierliche

Organisationsentwicklung unverzichtbar.

Page 3: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 2

Inhaltsverzeichnis

1 Management Summary ..................................................................... 1

2 Vorwort und Danksagung .................................................................. 6

3 Design der Untersuchung .................................................................. 7

3.1 Problemstellung Digital Transformation ....................................................................... 7

3.2 Zielsetzung der Studie ................................................................................................... 8

3.3 Abgrenzung der Studie .................................................................................................. 8

3.4 Methodisches Vorgehen ............................................................................................... 9

4 Ausgangslage: Die Welt in der wir leben! ........................................ 10

4.1 Was ist Digital Transformation? .................................................................................. 10

4.2 Die grossen Ereignisse und die digitale Revolution .................................................... 12

4.2.1 Die industrielle Revolution .................................................................................. 12

4.2.2 Die digitale Revolution ........................................................................................ 13

4.3 Gesellschaftliche und technologische Treiber ............................................................ 15

4.3.1 Aktuelle Megatrends ........................................................................................... 15

4.3.2 Reifegrad der Technologien ................................................................................ 17

4.3.3 Beispiel Internet of Things................................................................................... 18

4.4 Das disruptive Kochrezept der Techfirmen ................................................................. 20

4.5 Zusammenfassung: Digital Transformation im Überblick ........................................... 22

5 Herausforderungen für Unternehmen ............................................. 23

5.1 Ein Überblick: Weshalb Unternehmen heute scheitern ............................................. 23

5.2 Fokus Herausforderung: Change-Management und -Kultur....................................... 25

5.3 Fokus Herausforderung: Disruptive Innovationen ...................................................... 27

5.4 Erhebung der geschäftsrelevanten Herausforderungen............................................. 30

5.4.1 Validierung der Ergebnisse mit Experteninterviews ........................................... 30

5.4.2 Kalibrierung und Zusammenfassung der Herausforderungen ............................ 32

6 Geschäftschancen der Digital Transformation ................................. 33

6.1 Betrachtung der Wertschöpfungskette einer Unternehmung ................................... 33

6.1.1 Schlüsselerfolgsbereiche der Digital Transformation ......................................... 35

6.1.2 Digital Transformation: Umsatz steigern und Kosten senken ............................. 37

6.2 Landkarte der Digital Transformation ......................................................................... 38

6.2.1 Kundenerlebnis: Erhöhung der Kundenbindung und -loyalität .......................... 38

6.2.2 Geschäftsprozesse: Prozessdigitalisierung und Zusammenarbeit ...................... 41

6.2.3 Geschäftspotentiale: Umsatzsteigerungen durch neue Geschäftsmodelle ........ 44

6.3 Erhebung der entscheidungsrelevanten Geschäftschancen ....................................... 46

Page 4: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 3

6.3.1 Validierung der Geschäftschancen mit Experteninterviews ............................... 46

6.3.2 Kalibrierung und Zusammenfassung Geschäftschancen ..................................... 48

7 Erfolgsfaktoren der Digital Transformation ..................................... 49

7.1 Reife Unternehmen weisen den Weg ......................................................................... 49

7.2 Leadership, Vision und Organisation für ein digitales Zeitalter .................................. 51

7.2.1 Entwicklung einer transformativen Vision und strategische Ziele ...................... 51

7.2.2 Führung in einer digitalen Welt........................................................................... 53

7.2.3 Digital Transformation Governance .................................................................... 54

7.3 Technologische Fähigkeiten ........................................................................................ 58

7.3.1 Schlüsselerfolgsfaktoren für den technologischen Wandel ................................ 58

7.3.2 Spannungsfeld für den CIO lösen ........................................................................ 59

7.4 Business-Transformation-Fähigkeiten ........................................................................ 61

7.4.1 Organisatorisches Change-Management ............................................................ 62

7.4.2 Umsetzung der Transformation mit konkreten Veränderungskennzahlen ........ 64

7.5 Erhebung der entscheidungsrelevanten Erfolgsfaktoren ........................................... 66

7.5.1 Validierung der Erfolgsfaktoren mit Experteninterviews .................................... 66

7.5.2 Kalibrierung und Zusammenfassung der Erfolgsfaktoren ................................... 68

8 Digital Transformation Methodologie ............................................. 69

8.1 Übersicht Digital Transformation Methodologie ........................................................ 69

8.1.1 Einleitung und Ziele ............................................................................................. 69

8.1.2 Modell: Digital Transformation Methodologie ................................................... 70

8.1.3 Modell: Digital Transformation Framework ........................................................ 72

8.2 Modell 1: Ausgangslage verstehen ............................................................................. 73

8.2.1 Notwendigkeit für den Wandel erzeugen ........................................................... 73

8.2.2 Analyse - Den eigenen Startpunkt ermitteln ....................................................... 74

8.3 Modell 2: Vision entwickeln ........................................................................................ 76

8.3.1 Ermittlung der digitalen Soll-/Kann-Landkarte ................................................... 76

8.3.2 Entwicklung einer transformativen Vision für ein digitales Zeitalter .................. 77

8.4 Modell 3: Strategie entwickeln ................................................................................... 80

8.4.1 Entwicklung strategisches Managementsystem ................................................. 80

8.4.2 Planung digitaler Initiativen (Projekte) ............................................................... 81

8.4.3 Planung der Transformation (Change- und Organisationsentwicklung) ............. 86

8.5 Modell 4: Transformation umsetzen ........................................................................... 92

8.5.1 Digital Leadership Team: Mobilisierung und Koordination ................................ 92

8.5.2 Umsetzung und Steuerung der transformativen Massnahmen .......................... 94

8.6 Modell 5: Transformation verankern .......................................................................... 97

Page 5: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 4

8.6.1 Controlling als Überwachungs-, Lern- und Lenkungsprozess.............................. 97

8.6.2 Investitions-, Vergütungs- und Belohnungssysteme ........................................... 98

8.6.3 Verankerung der Veränderung in der Unternehmenskultur ............................ 100

9 Abschliessende Beurteilung ........................................................... 102

9.1 Zusammenfassung ..................................................................................................... 102

9.1.1 Erster Teil: Orientierung für Führungskräfte ..................................................... 102

9.1.2 Zweiter Teil: Navigation für Führungskräfte ..................................................... 103

9.1.3 Grafische Zusammenfassung der Transformation Methodologie .................... 104

9.2 Schlussfolgerungen und Ausblick .............................................................................. 105

9.2.1 Schlussfolgerungen ........................................................................................... 105

9.2.2 Kritische Würdigung .......................................................................................... 106

9.2.3 Ausblick und weiterführende Gedanken........................................................... 107

10 Anhang .......................................................................................... 109

10.1 Literaturverzeichnis ................................................................................................... 109

10.2 Abbildungsverzeichnis ............................................................................................... 111

10.3 Tabellenverzeichnis ................................................................................................... 112

10.4 Interviews .................................................................................................................. 113

10.5 Excel Modelle ............................................................................................................ 115

Page 6: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 5

Ehrenwörtliche Erklärung

Ich bestätige hiermit, dass

die vorliegende Masterarbeit selbständig durch den/die Verfasser/in und ohne Benützung

anderer als der angegebenen Quellen und Hilfsmittel angefertigt wurde,

die benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich als solche kenntlich gemacht wurden; und

diese Arbeit in gleicher oder ähnlicher Form noch keiner Prüfungskommission vorgelegt

wurde.

Ort, Datum Unterschrift

......................................... .........................................

Page 7: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 6

2 Vorwort und Danksagung

Als digitaler Immigrant1 habe ich digitale Technologien mit etwa 14 Jahren kennengelernt. Die

Faszination, die die Technologien auf mich ausüben und meine Neugier in diesem Bereich

begleiten mich nun seit über 25 Jahren. Begeistert von den Möglichkeiten der digitalen

Technologien durfte ich in diversen Rollen die Disruption des Handels, der Fotografie und von

IT-Dienstleistern vorantreiben.

Mein beruflicher Werdegang zeigt, dass die Transformation nicht in der Zukunft beginnt,

sondern schon lange eine Realität ist. Im Jahr 2000 startete ich in einer eCommerce Firma als

Digitaler Produktmanager, war für den Online-Verkauf verantwortlich und stand damit in

Konkurrenz zum klassischen, stationären Handel. 2006 habe ich als Produktverantwortlicher für

digitale Fotografie die Disruption der analogen Fotografie vorangetrieben. Die Widerstände des

etablierten analogen Business waren gewaltig. Nach nur zwei Jahren war die Transformation

praktisch abgeschlossen. Über 50% des Marketingbudgets wurden in digitale Medien investiert

und der Umsatz der digitalen Produkte hatte den der analogen überholt. 2009 war meine

Berufsbezeichnung Digital Marketing Lead. Die Optimierung der Customer Journey und die

Generierung von Neukunden standen im Mittelpunkt. Durch den beeindruckenden Return on

Investment (ROI) der digitalen Initiativen konnten Investitionen im digitalen Bereich erhöht und

der ROI im Bereich Marketing weiter gesteigert werden. Seit 2012 begleite ich als Business

Development Manager IT-Dienstleister bei der Transformation ihres klassischen On-Premise-

Geschäfts hin zu einem profitablen Cloud-Business. Ähnlich wie in der Fotografie war der Wandel

geprägt von Widerständen gegenüber der neuen Technologie. Inzwischen werden Cloud-

Services fast selbstverständlich eingesetzt und die Vorteile sind sichtbar und kalkulierbar.

Was mit Digital Media begonnen hat, führt nun zur Digitalisierung aller Branchen und Bereiche.

Das Ausmass der Digitalisierung kann heute mit der industriellen Revolution verglichen werden.

Aber wie auch damals im 18. Jahrhundert brauchen heute die neuen Technologien eine

bestimmte Zeit, um sich voll zu entwickeln. Um Digital Transformation ganzheitlich zu erfassen,

habe ich für diese Arbeit Experten aus dem Schweizer Markt hinzugezogen.

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Interviewpartner. Ohne ihren wertvollen

Beitrag wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. Sie haben durch ihre beeindruckende

Praxiserfahrung sowie lokale Marktkenntnisse die Arbeit nicht nur geprägt, sondern wichtige

Impulse für die Priorisierung gegeben. Die meisten Experten unterstützen als Berater Schweizer

Firmen oder das eigene Unternehmen im Wandel und kennen die Herausforderungen und

Erfolgsfaktoren für den Wandel nur zu gut.

Mein Dank gilt auch besonders:

Christian Wohlgensinger, Head of Google for Work Partnerships Northern Europe, Google

Christof Zogg, Director Digital Business, SBB

Mathias Born, Head Group Data Management, Zurich Financial Services

Michael Nösges, Regional Vice President, Service Cloud DACH, Salesforce

Thierry Pool, Leader Digital Marketing & Social Media, digitec und Galaxus

Yvonne Bettkober, SMS&P Sales Director, Microsoft Switzerland

1 Ein Digital Immigrant hat digitale Technologien im Erwachsenalter kennengelernt.

Page 8: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 7

3 Design der Untersuchung

3.1 Problemstellung Digital Transformation

Unternehmen haben erkannt, dass die Digital Transformation für die Sicherstellung des

Geschäftserfolgs von massgebender Bedeutung ist. 74% der Schweizer Unternehmen sind der

Meinung, dass die Digital Transformation auf ihre Branche eine grosse Auswirkung haben wird.

Parallel dazu sind jedoch mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen sogenannte digitale

Dinosaurier, bei denen die digitale operationelle Exzellenz sowie das digitale Kundenerlebnis

schwach ausgebaut sind (Ruoss 2015).

Betrachten wir die Top-Herausforderungen der Schweizer Unternehmen, dann mangelt es an

digitalem Fachwissen in der Führung sowie bei den Mitarbeitern. Eine fehlende Vision, die

verkannte Dringlichkeit zur Veränderung sowie unklare Rollen und Verantwortlichkeiten stehen

der notwendige Transformation im Wege. Zudem erschweren Infrastrukturprobleme und

fehlende finanzielle Mittel den Wandel.

Die Veränderungen betreffen das ganze Unternehmen und verlangen einen ganzheitlichen

Ansatz: von der Strategie über das Geschäftsmodell, die Wertschöpfungskette sowie die Kultur

bis hin zur Zusammenarbeit im Unternehmen. Zudem sind es anspruchsvolle Kunden und die

grosse Beschleunigung der Möglichkeiten über die Informationstechnologie, die das hohe

Tempo der Veränderung im Markt vorgeben.

Aus diesem Grund muss die Digital Transformation ein fester Baustein der Geschäftsstrategie

werden und auf die Prioritätenliste der Geschäftsführer kommen. Das Fazit einer MIT-Studie

macht ebenfalls klar: es reicht nicht, neue Mitarbeiter einzustellen, die die Transformation

ermöglichen sollen. Es reicht auch nicht, mehrere, unkoordinierte Projekte loszutreten ohne die

Beteiligung der Geschäftsführung. Die Digital Transformation muss von oben kommen. Lebt das

Management die Transformation nicht, dann wird sich das Unternehmen nicht transformieren

(Fitzgerald et al. 2013). Die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Digital Transformation Report

2015 lauten: eine Transformation kann ohne Strategie und ohne die Unterstützung der

Geschäftsleitung und des mittleren Managements nicht gelingen. Zudem muss das

Unternehmen die Digital Transformation leben und aus einzelnen Projekten ein Programm

machen (Berghaus et al. 2015).

Die Informationsflut zum Thema Digital Transformation für die Geschäftsführung ist kaum zu

verdauen. Der Umfang, die Komplexität und die Geschwindigkeit von neuen Möglichkeiten und

Gefahren können nicht erfasst werden. Aktuelle Studien von grossen Beratungsfirmen

untermauern die Dringlichkeit der Transformation mit statistischen Zahlen (Kapitel 7.1). Zudem

schiessen Studien zum Status Quo «Wo stehen Schweizer Unternehmen2?» oder «Digitale-

Reifegrad-Checks3» zur Orientierung aus dem Boden.

Was dem Geschäftsführer bleibt ist der Appell zur Veränderung. Was ihm fehlt ist die Orientierung sowie die eigene Vision und Strategie für den digitalen Wandel.

2 Digital Transformation in der Schweiz 2014, KPMG 3 Digital Transformation Report 2015, Universität St. Gallen, Berghaus et al.

Page 9: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 8

3.2 Zielsetzung der Studie

Mein Ziel mit dieser Arbeit ist es, den Führungskräften ein Werkzeug an die Hand zu geben, mit

dem sie den Wandel erfolgreich konzipieren und meistern. Werden nämlich digitale

Technologien erfolgreich eingesetzt, dann führen sie zu Wachstum und Effizienz, zu Kunden-,

Partner- und Mitarbeiterzufriedenheit und dienen der Unternehmensloyalität. Zudem schützt

eine proaktive Transformation vor dem Eintritt disruptiver Wettbewerber.

Erster Teil (Kapitel 4 - 7): Digitaler Kompass für die Orientierung

Im Mittelpunkt des ersten Teils steht ein holistischer Überblick zum Thema Digital

Transformation der als Basis dient, um daraus wichtige Key-Findings4 zu ermitteln. Er liefert die

Bühne zum Thema und dem Gestaltungsbereich für den Geschäftsführer. Das Ziel ist ein

Kompass für den Geschäftsführer, der es ihm ermöglicht, das Thema Digital Transformation

einzuordnen und je nach Relevanz für das Unternehmen wichtige Themen abzubilden

(Wertschöpfungskette, Prozesse, Kunden, Partner, Finanzen). Der Kompass ist eine

Entscheidungshilfe für ein komplexes Thema.

Zweiter Teil (Kapitel 8): Navigationssystem für das erfolgreiche Handeln

Der Fokus des zweiten Teils der Studie liegt darauf, mittels einer Digital Transformation

Methodologie Führungskräften ein Navigationssystem für das erfolgreiche Handeln an die Hand

zu geben. Es geht hierbei nicht nur darum, WAS zu tun ist, sondern um das WIE. Die Digital

Transformation Methodologie soll der Entwicklung einer Vision, der Strategie und der Definition

digitaler Verbesserungsziele dienen. Unter Berücksichtigung der empirisch erhobenen

Erfolgsfaktoren soll ferner eine Hilfe für die Umsetzung und Verankerung der Transformation

bereitgestellt werden.

Tabelle 1: Zielsetzung der Studie

Kernfragen: Kernzielgruppen: Kernthemen:

Was ist der Status Quo der

Entwicklung und was ist zu tun? Welche digitalen Technologien

ermöglichen einen signifikanten Geschäftsnutzen?

Wie sollen wir die Firma in das digitale Zeitalter führen?

Primäre Zielgruppe:

Geschäftsführer und Führungskräfte

Sekundäre Zielgruppe: Manager der Fachabteilungen

Digital Leadership Digitale Fähigkeiten Digital Transformation Change-Management Strategie-Analyse Strategie-Entwicklung Strategie-Umsetzung Strategie-Verankerung

3.3 Abgrenzung der Studie

Die Studie beinhaltet keine technischen Aspekte oder technischen Analysen zu bestehenden

oder zukünftigen IT-Infrastrukturen und -Systemen. Es sind somit weder technologische Modelle

noch Antworten zu technischen Umsetzungen enthalten.

Der zu behandelnde Forschungsbereich soll einen praxisorientieren Mehrwert zur

Strategiefindung und Umsetzung leisten. Bereits existierende Forschungsergebnisse werden als

Basis verwendet und mit zusätzlichen Befragungen validiert und kalibriert.

4 Key-Findings sind Schlussfolgerungen, die nach der Analyse eines Themas gezogen werden.

Page 10: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 9

Es handelt sich um einen anwenderorientierten Ansatz. Die Definition und Abgrenzung der

Probleme ist praxisorientiert und ergibt sich aus Praxiszusammenhängen.

Bei der Entwicklung einer Digital Transformation Methodologie wird auf ein holistisches

Transformationsmodell eingegangen. Der Fokus der Forschungsfrage liegt auf der Analyse, der

Strategie und der Mobilisierung des Unternehmens sowie auf der Verankerung der

Transformation.

3.4 Methodisches Vorgehen

Basis für die Studie ist ein zweistufiger iterativer Prozess. Die theoretischen Grundlagen werden in der Analysephase mit Experteninterviews validiert und die Resultate kalibriert. Die hier erworbenen Erkenntnisse dienen als Grundlage für den Problemlösungsprozess und für die Entwicklung der Digital Transformation Methodologie. Die daraus entstandenen Modelle werden in einem zweiten Schritt mit der erarbeiteten strategischen Ausgangslage validiert und die Resultate kalibriert. Abbildung 1: Studiendesign für die Entwicklung eines digitalen Transformationskompasses

Tabelle 2: Methodisches Vorgehen

Nr. Prozessschritt Inhalte und Vorgehen

S1 Analyse Aufgabenstellung Chancen, Herausforderungen und Erfolgsfaktoren für Führungskräfte

Analyse der digitalen Ausgangslage Analyse der Herausforderungen Analyse der Geschäftschancen Analyse der Erfolgsfaktoren

S2 Validierung Erfolgsfaktoren Was sind die Chancen und Erfolgsfaktoren der Transformation

Entwicklung des Fragebogens Durchführung Experteninterviews Visualisierung der Resultate und Key-Findings

S3 Kalibrierung S1 + S2 Was sind die Chancen und Erfolgsfaktoren der Transformation

Kalibrierung der Theorie (S1) und der Praxiserkenntnisse (S2)

Pro Kapitel eine abschliessende Zusammenfassung der Key-Findings

S4 Design Methodologie Design Digital Transformation Methodologie für Geschäftsführer

Design und Priorisierung eines Schritt-für-Schritt-Strategiemodells (S3) anhand der Resultate

Prüfung Methodologie hinsichtlich der Zielsetzung der Studie

S5 Validierung der Methodologie Überprüfung der Digital Transformation Methodologie

Eigene Validierung der Methodologie anhand den Key-Findings (S3)

S6 Kalibrierung S4+ S5 Finalisierung der Methodologie

Kalibrierung (S4) und Validierung (S5) Fertigstellung des Digital Transformation Modells

Page 11: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 10

4 Ausgangslage: Die Welt in der wir leben!

4.1 Was ist Digital Transformation?

Das Thema Digital Business Transformation ist omnipräsent in Medien, Studien und

Wirtschaftsmagazinen. Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht mit neuen Firmen bzw. Start-Ups

oder Business Modellen konfrontiert werden. Firmen wie Uber (privater Transport), Airbnb

(Hotellerie) sowie Spotify (Musikindustrie) revolutionieren die Art und Weise, wie Konsumenten

mit Firmen in Kontakt treten und Dienstleistungen nutzen. Ganze Industriezweige können mit

neuen Dienstleistungen und Produkten substituiert werden.

Es ist wichtig vorweg klarzustellen: die aktuelle Business Transformation ist nicht gleich Digital

Media! Die Digital Business Transformation ist auch nichts was erst vor kurzem begonnen hat

oder weit in der Zukunft liegt. Die Digital

Transformation findet in jedem

Geschäftsbereich und in jedem

Unternehmen permanent statt. Sie

begann 1995 und wurde zur dauerhaften

Komponente für jedes Unternehmen. Nur

das Zeitfenster, die Radikalität und die

Geschwindigkeit der Transformation ist je

nach Geschäftsmodell und Marktsegment

eine andere. Die Digitalisierung aller

Bereiche und Branchen ist im Gange und

wird zur Überlebensfrage für

Unternehmen. Sie betrifft sowohl KMU

wie auch grosse Unternehmen und

Konzerne.

Katalogbasierte Geschäftsmodelle (z. B. Quelle) werden durch Online-Händler mit exzellentem

CRM ersetzt (z. B. Amazon). In der Musikindustrie werden Tonträger (z. B. CDs) von Music-On-

Demand-Dienstleistungen (z. B. Spotify) abgelöst. Die analoge Fotografie (z. B. Kodak) wurde

innerhalb weniger Jahre von der

digitalen Fotografie und deren

Angeboten in den Hintergrund

gedrängt. Videoverleihe müssen

aufgrund von Streaming-Anbietern

schliessen (z. B. Netflix). Die Digital

Transformation der Reisebranche

hat neue Business Modelle und

reine Online-Anbieter

hervorgebracht (z. B. easyJet).

Banken fürchten digitale, mobile

Zahlungssysteme von IT-Anbietern

(z. B. Apple Watch) und gehen selbst

mit bargeldlosen Smartphone-

Angeboten in die Offensive.

Abbildung 2: Von Digital Media zu Digital Transformation

Abbildung 3: Entwicklung der Digital Transformation von 1995 - 2015

Quelle: Caudron J. et al. (2014: Kindle Location 262)

Quelle: Caudron J. et al. (2014: Kindle Location 310)

Page 12: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 11

Telekomfirmen sehen ihre Stellung durch den Eintritt neuer digitaler Kommunikationsanbieter

(z. B. Microsoft, Google) gefährdet.

Für traditionelle Unternehmen bedeutet der Wandel grosse Herausforderungen im Change-

Management, welche Mitarbeiter und Kunden gleichzeitig betreffen. Die Transformation

beinhaltet die Interaktionen mit Kunden, Partnern und Lieferanten, sie beeinflusst operative

Geschäftsprozesse und schliesst die Organisation und deren Mitarbeiter ein.

Diejenigen, die die Veränderungen verstehen und für sich nutzen, sind die Gewinner der

digitalen Revolution. Die digitalen Marktführer mit den stärksten Transformationsfähigkeiten

überflügeln ihre Konkurrenz. Eine Studie mit 400 Grossunternehmen hat ergeben, dass digitale

Marktführer einen +9% höheren Umsatz aufweisen, +26% mehr Profit machen und einen +12%

höheren Marktwert haben, als vergleichbare Unternehmen, die die Digital Transformation

vernachlässigen (Westerman et al. 2012).

Obwohl die Aufmerksamkeit für das Thema mittlerweile vorhanden ist, fehlt es an

Orientierungspunkten für Unternehmen. Die Interpretation, Definition und Eingrenzung des

Themas Digital Business Transformation ist in der Literatur und von namhaften Beraterfirmen

(z. B. KPMG, Accenture, McKinsey, CAP Gemini) unterschiedlich. Je nach Fachgebiet stehen das

Kundenerlebnis, die technologischen neuen Möglichkeiten oder aber der Prozess des Wandels

im Fokus.

Unabhängig von der Branche und der Maturität einer Firma ist es Ziel dieser Studie, einen

ganzheitlichen Ansatz zu finden. Vor diesem Hintergrund haben sich hier zwei holistische

Definitionsgrundlagen für die Digital Transformation ergeben.

Definition Digital Transformation: «Der Begriff ‚Digitale Transformation‘ steht für eine kontinuierliche Veränderung der

Geschäftsmodelle, der Betriebsprozesse sowie der Kundeninteraktion im Zusammenhang mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien.» (KPMG 2014)

«We define Digital Transformation as the use of new digital technologies (social media, mobile, analytics or embedded devices) to enable major business improvements (such as enhancing customer experience, streamlining operations or creating new business mod-els.» (Westerman et al. 2012)

In den holistischen Definitionen von KPMG und des MIT Center for Digital Business ist ersichtlich,

das die Digital Transformation eine Reise darstellt, die weder abgeschlossen noch fest definiert

ist. Die Digital Transformation ist somit eine kontinuierliche Veränderung aller Bereiche eines

Unternehmens. Das Ziel der Veränderung ist es, einen signifikanten Mehrwert in den Bereichen

Geschäftsmodelle, Betriebsprozesse und Kundeninteraktion zu erzielen.

Alles nicht neu? Auf den ersten Blick könnte man fast meinen, das Thema wäre mit bestehenden

Betriebsprozessoptimierungen, etwas mehr Kundenorientierung und einer Portion Digital

Media in den zu Griff bekommen. Geschäftsmodellinnovationen könne ein Unternehmen leicht

vernachlässigen, da der Unternehmer sein Kernbusiness verstehe und die Schritte der

Konkurrenz im Überblick habe.

Weshalb von einer Revolution die Rede ist und welches die technologischen und

gesellschaftlichen Basiskräfte sind – darum geht es im Folgenden.

Page 13: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 12

4.2 Die grossen Ereignisse und die digitale Revolution

Marketing-Schlagworte wie «Digitale Revolution» wirken gerade in unserem Kulturkreis eher

abschreckend als positiv. In einem Veränderungsprozess sorgen sie für das notwendige

Aufrütteln der involvierten Personen. Wird hier getrommelt ohne eine realistische Vision

mitzugeben, dann sind Ängste, Ablehnung, Blockaden und Überforderung das Ergebnis. Aus

diesem Grund bevorzuge ich Termini wie Evolution und Orientierung für die Transformation.

Zudem scheint es mir nützlich, nicht die täglich anfallenden Informationsmassen zu verdauen,

sondern einen Moment inne zu halten und einen Blick auf das grosse Ganze zu werfen. Es stellt

sich die Frage, wo die Reise hingeht, mit welcher Geschwindigkeit die Ereignisse geschehen und

mit welchen Herausforderungen und Chancen wir uns auseinandersetzen müssen.

Abbildung 4: Von der industriellen zur digitalen Revolution

Quelle: Tenzler M. (2014: 6)

Um das Ausmass der digitalen Revolution in Ansätzen zu verstehen, werfen wir einen Blick auf

die Menschheitsgeschichte und deren wichtigste Entwicklungen. Bei diesen Meilensteinen der

Evolution beziehe ich mich zur Vereinfachung auf die Definition von Ian Morris. Morris hat die

gesellschaftliche Entwicklung im zeitlichen Verlauf sorgfältig quantifiziert und wie folgt

bezeichnet: «Es ist die Fähigkeit einer Gemeinschaft, mit sich und der Welt zurechtzukommen».

Hierfür verwendet Morris vier Merkmale: Energieausbeute, Grad der Verstädterung, Kapazität

der Kriegsführung und Informationstechniken.

Die industrielle Revolution

In Zahlen ausgedrückt verlief die Menschheitsgeschichte eher langweilig. Viele tausend Jahre

hat sich deren Soziale-Entwicklungs-Kurve nahezu unmerklich verändert. Der fast 90 Grad Knick

im 18. Jahrhundert basiert auf der industriellen Revolution, die in England begonnen hat. Es ist

die Zeit, in der wir von der Handarbeit zu maschineller Fabrikarbeit transformieren. Es ist die Ära

der Massenproduktion, die wiederum nach neuen Märkten mit neuen Transportmöglichkeiten

verlangt. Sie führt zur Umgestaltung der Arbeits- und Sozialordnung in Europa. Die Kehrseite

sind Not und Leid. Auch in der Schweiz verbreiten sich Massenarmut, Kinderarbeit, Hungersnöte

und Arbeitskämpfe.

Page 14: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 13

Die wichtigste technische Entwicklung war hier die Erfindung der Dampfmaschine. Mit ihr

konnte der Mensch die Grenzen der Muskelkraft überwinden und nach Belieben enorme

Mengen nutzbarer Energie erzeugen. Energie war wiederum die Basis für Fabriken,

Massenproduktion und Massentransport. Diese technische Entwicklung war die grösste, die die

Menschheit je erlebt hat!

Abbildung 5: Die industrielle Revolution und der Knick in der Menschheit

Quelle: Brynjolfsson E. (2014: 16)

Die digitale Revolution

Heute erleben wir jeden Tag verblüffende Innovationen. Science Fiction-Filme aus den 80er

Jahren sind bereits Realität. Selbstfahrende Autos, persönliche und lernende digitale

Assistenten, fliegende Skateboards, Drohnen, die Pakete ausliefern etc. Ist das Ausmass aber

tatsächlich mit der industriellen Revolution vergleichbar? Und wenn ja, wo geht die Reise hin

und was treibt diese Entwicklung voran?

Laut den Autoren von The Second Machine Age (Erik Brynjolfsson n.d.) muss zunächst die Basis

des technischen Fortschritts verstanden werden:

Die technische Grundlage dieser Ära besteht aus Hardware, Software und Netzwerken.

Die Merkmale der Beschleunigung sind exponentiell, digital und kombinatorisch.

Das ist nicht neu. Aber wie auch bei der industriellen Revolution brauchen die neuen

Technologien eine bestimmte Zeit, um sich voll zu entwickeln.

Um die Dimensionen der gestalterischen Kräfte zu erfassen, lohnt es sich, die Merkmale der

Beschleunigung etwas näher zu betrachten.

Page 15: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 14

Der erste durchschlagende Effekt: Die laufende Verdoppelung der Leistung

Im Kontext der Informationstechnologien besagt das Mooresche Gesetz5, dass sich für viele

Arten des digitalen Fortschritts die Leistungen einer bestimmten Technologie in einem

bestimmten, gleichmässigen Zeitintervall verdoppeln. Die exponentielle Steigerung dieser

Werte kann mit einer normalen

Zahlenskala nahezu nicht abgebildet

werden. Aus diesem Grund wird zur

Veranschaulichung der Entwicklung

die logarithmische Skalierung

verwendet.

Gordon Moore hat zum Beispiel

vorausgesagt, dass sich die Leistung

von Prozessoren alle 12 Monate

verdoppelt. Um dies mit konkreten

Zahlen zu belegen, ein Beispiel: «Im

Vergleich zu Intels erstem Prozessor

4004 liefern aktuelle Recheneinheiten

mit 14-Nanometer-Technik 3'500 Mal

mehr Rechenleistung, bei 90'000 Mal

weniger Energiebedarf. Und sie sind

60'000 Mal günstiger.» (Ingolf Leschke, 2015)

Der zweite durchschlagende Effekt: Die allumfassende Digitalisierung und Vernetzung

Parallel dazu schreitet die Digitalisierung aller Unternehmensbereiche rasant voran. Neben dem

klassischen Nutzen für Unternehmen entstehen durch die Vernetzung von Daten neue

Entwicklungsebenen, die wiederum neue Lösungen hervorbringen. Sehr schön deutlich wird

dies am Beispiel von Waze (Social-Media-Verkehrs-App). Vereinfacht vollzieht sich die

Digitalisierung hier auf drei Entwicklungsebenen:

1. Ebene: Digitalisierung der Landkarten für PCs

2. Ebene: GPS Standortinformationen der US-Regierung

3. Ebene: Social-Media-Integration der Community

Der dritte durchschlagende Effekt: Die unlimitierte Innovationskraft

Der nahe unlimitierte Zugang zum Produktionsfaktor Daten, die unlimitierte Rechenpower, die

Vernetzung aller Bereiche sowie die unlimitierten Kombinationsmöglichkeiten von

Innovationsbausteinen ermöglichen eine noch nie dagewesene Innovationskraft. Das

zusätzliche Auslagern von Innovationsherausforderungen über Crowd-Sourcing-Projekte sowie

clevere Algorithmen und die künstliche Generierung von Wissen aus Erfahrung mittels Machine

Learning schaffen die Basis für unvorstellbare Innovationen (Erik Brynjolfsson n.d.).

Computer werden sich weiter verbessern und Neues, nie Dagewesenes vollbringen. Durch die Computer stehen wir an einem Wendepunkt – einem Punkt, an dem die Kurve einen starken Knick bekommt. Wir treten ein in ein neues Maschinenzeitalter. (Erik Brynjolfsson n.d.)

5 Das Moore‘sche Gesetz von Gordon Moore besagt, dass sich die Zahl der Transistoren jährlich verdoppelt. Dies ist keine

Wissenschaft, sondern eine bewährte Faustregel.

Abbildung 6: Die Dimensionen des Moore‘schen Gesetzes

Quelle: Brynjolfsson E. (2014: 64)

Page 16: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 15

4.3 Gesellschaftliche und technologische Treiber

Aktuelle Megatrends

Bis 2020 werden bereits über 50% der Arbeitskräfte der Generation Y6 angehören. Sie sind mit

den neuen Technologien aufgewachsen, vernetzt und mobil. In bereits 48 Ländern hat das

Smartphone den PC in Bezug auf die Nutzung des Internets überholt. Parallel dazu schreitet die

Automatisierung durch Robotics (Cloud-Robotics) und Sensorik (Internet der Dinge) voran.

Durch die Automatisierung werden in den nächsten 20 Jahren 47% der Arbeitsstellen gefährdet

sein (Anon 2015).

Die aktuellen Megatrends7 Cloud-Computing, Big Data, Soziale Netzwerke und mobile Endgeräte

sowie die steigende Nachfrage gleichermassen von Privatpersonen wie Unternehmen jederzeit

Zugriff auf Informationen zu haben, beschleunigen die Digital Transformation (Oxford

Economics in collaboration with AT&T, Cisco, Citi 2015).

Einen signifikanten Mehrwert und die

grösste Innovationskraft bietet die

Kombination der Technologien (Kapitel

4.2.2).

Unternehmen, die mehrere

Technologien adaptieren, sehen die

transformativen Auswirkungen (67 -

80%) für ihr Unternehmen eher als

Firmen, die nur eine Technologie

anwenden (34 - 47%).

Die Frage, die sich eine Führungskraft

stellen sollte, ist abschliessend nicht, was

die einzelnen Technologie-Trends

auslöst, sondern wie die Technologien in

der Kombination einen signifikanten

Mehrwehrt für die Wertschöpfungskette

des Unternehmens liefern (Kapitel 0.).

Mobilität

Der ungebrochene Trend von

stationären hin zu mobilen Endgeräten

sowie der Wunsch nach ständiger Verfügbarkeit unserer Gesellschaft revolutionieren die Art

und Weise, wie wir konsumieren, interagieren, kommunizieren und zusammenarbeiten. Eine

Prognose von Forrester besagt, dass bis ins Jahr 2016 die Zahl der Smartphone-Nutzer auf 1

Milliarde steigt. Rund 350 Millionen davon werden Arbeitnehmer sein.

Nutzen für Unternehmen – Beispiele:

Verbessertes Kundenerlebnis (Service, Kommunikation, Kunden-Touch-Points)

Höhere Mitarbeiterproduktivität (Arbeit möglich von überall und jederzeit)

6 Generation Y werden Kinder genannt, die ca. zwischen 1980 und 1995 geboren wurden. Je nach Quelle

werden sie Digital Natives oder auch Millennials genannt. 7 Als Megatrend bezeichnen wir langfristige Entwicklungen die für alle Bereiche der Gesellschaft prägend sind.

Abbildung 7: Nutzenvergleich bei Multiadoption

Quelle: Cray P. (2015: 2)

Page 17: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 16

Effiziente Zusammenarbeit (schnelle Kommunikation und Zugriff)

Soziale Netzwerke

Zum einen geht es darum, das Optimum aus grossen öffentlichen Netzwerken wie Facebook,

Twitter und LinkedIn für die Kundeninteraktion herauszuholen. Zum anderen soll die

Leistungsstärke dieser Social-Sites auch in unseren Unternehmen nachgebildet und als Treiber

für Zusammenarbeit, Wissensmanagement und Innovation genutzt werden.

Nutzen für Unternehmen – Beispiele:

Verbesserte Marktbearbeitung und Marktwissen (Marketing, Social Media Management)

Teamübergreifende Zusammenarbeit (Enterprise-Social-Network-Applikationen)

Produktivität (durch das Netzwerk und ohne Grenzen schneller am Ziel)

Cloud

Die Cloud und die damit verbundenen Onlinedienste sind für einen grundlegenden Wandel

verantwortlich, wie wir Software und Anwendungen bereitstellen und nutzen. Laut einer

kürzlich erschienenen Studie von IDC werden die Ausgaben für Cloud-Dienste bis 2020 die 60-

Milliarden-Dollar-Grenze überschreiten, und mehr als 50 Prozent der Kunden befinden sich

bereits auf dem Weg in die Cloud.

Nutzen für Unternehmen – Beispiele:

Flexible Kapazitäten (Lastspitzenausgleich und Skalierung von Leistungen nach Bedarf)

Agilität der Firma (rasche Anpassung der IT auf Geschäftsveränderungen)

Reduktion der Fixkosten (Ausgabensenkung, Transparenz und Planbarkeit der Kosten)

Big Data und Business Intelligence

Big Data bezeichnet die Analyse großer Datenmengen in hoher Geschwindigkeit mit dem Ziel,

wirtschaftlichen Nutzen zu erlangen (Dr. Weber 2012). In der digitalen Welt sind Daten der vierte

Produktionsfaktor neben Arbeitskraft, Rohstoffen und Kapital. Durch entscheidungsrelevante

Erkenntnisse aus den analysierten Daten entstehen Wettbewerbsvorteile sowie neue

Geschäftschancen und Business Modelle.

Nutzen für Unternehmen – Beispiele:

Strategische Wettbewerbsvorteile (neue Erkenntnisse basierend auf analysierten Daten)

Verbesserte Entscheidungsprozesse (rasche und bessere Entscheidungen)

Effiziente Marktbearbeitung (Information über Kundenverhalten, zielgruppengerechtes

Marketing)

Roboter, Cloud und Sensorik

Die Automation durch Roboter ist nicht neu. Mit der Cloud und den fallenden Kosten für

Sensorik und Hardware öffnen wir ein völlig neues Kapitel. Selbstlernende Roboter werden noch

nie Dagewesenes bewirken können. Um ein paar Beispiele zu nennen: selbstfahrende Autos,

unterstützende Reports im Dienstleistungssektor, Industrieroboter ...

Nutzen für Unternehmen – Beispiele:

Automatisierung der Geschäftsprozesse und somit Senkung der Betriebskosten

Reduktion von Fehlern und Erhöhung der Qualität

Innovation durch den Eintritt in neue Märkte (Beispiel neue Dienstleistungen, Produkte)

Page 18: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 17

Reifegrad der Technologien

Die rasante Beschleunigung (exponentiell, digital und kombinatorisch) der Technologien sowie

frühe Versprechen der Anbieter rund um aktuelle Megatrends (Mobilität, Social, Cloud-

Computing …) erschweren zusätzlich die Orientierung für Unternehmen. Technologien, die eine

Chance darstellen, können jederzeit zu unternehmensbedrohenden Risiken werden. Manche

Technologien setzen sich

nicht durch, andere haben für

die Anwender keine

nachhaltige Relevanz.

Eine Orientierungshilfe für

Unternehmen liefert der

jährlich aktualisierte Hype Cylce

von Gartner. Hier wird

aufgezeigt, in welcher Phase

des Lebenszyklus sich eine

bestimmte Technologie

befindet. Zusätzlich bietet

Gartner eine Prognose, wann

eine Technologie

voraussichtlich das

Produktivitätsplateau erreicht

hat (Gartner 2015).

Die fünf Entwicklungsphasen der Technologien definiert Gartner wie folgt:

1. Technologische Impulse: Erste technologische Erfolge werden von der Presse

aufgenommen. Es ist noch nicht sicher, ob sich die Technologie durchsetzen wird.

2. Höhepunkt der überzogenen Erwartungen: Höhepunkte werden in Erfolgsgeschichten

veröffentlicht. Gleichzeitig sind Limitationen der Technologie sichtbar.

3. Tiefpunkt der Ernüchterung: Die hohen Erwartungen an die Technologie setzen sich nicht

durch. Es überleben nur die Technologien, die einen nachhaltigen Nutzen aufweisen.

4. Anstieg der Aufklärung: Es wird sichtbar, wie die Technologie nutzbar eingesetzt werden

kann; die Entwicklung der Technologie ist reif.

5. Höhepunkt Produktivitätsplateau: Die Technologie wird breit eingesetzt und die Vorteile

sind nicht nur sichtbar, sondern lassen sich errechnen.

Im Kontext der Studie soll das Augenmerk auf ausgewählte technologische Hypertrends gelegt

werden. Verfolgung des Lebenszyklus einer bestimmten Technologie ermöglicht die

Orientierung und somit die Priorisierung eines Themenumfelds. Erwähnt werden soll an dieser

Stelle, dass innovative Branchen und Firmen Non-Mainstream-Technologien bereits im Einsatz

haben und heute mit diesen Technologien Wettbewerbsvorteile erzielen.

Tabelle 3: Reifegrad der Technologien

Main-Stream: In 2 bis 5 Jahren Main-Stream: In 5 bis 10 Jahren Hybrid Cloud-Computing Autonomous Field Vehicles Machine Learning Advanced and Self-Service Analytics

Augmented and Virtual Reality Virtual Personal Assistants Autonomous Vehicles Smart Robots Internet of Things and Plattforms 3D Bioprinting für Organtransplantationen

Abbildung 8: Gartners‘ Hype Cycle für neue Technologien

Quelle: Gartner (2015: 1)

Page 19: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 18

Quelle: in Anlehnung an Gartners‘ Hype Cycle für neue Technologien (Gartner 2015)

Beispiel Internet of Things

Das Internet der Dinge bezeichnet die Verknüpfung von Objekten (Things), wie zum Beispiel

Geräte und Maschinen, mit einer virtuellen Stellvertretung im Internet. Der Begriff Internet der

Dinge ist nicht neu. Vor fast 20 Jahren haben Professoren am MIT von einer Welt der Dinge

gesprochen. Wieso dann der Hype?

Heute steht das Internet der Dinge an einem Wendepunkt. Technologieexperten

prognostizieren bereits seit einiger Zeit eine Welt von Milliarden intelligenter und vernetzter

Geräte. Dennoch gibt es erst seit kurzem die Grundlagen für den erfolgreichen Einsatz im

Geschäftsumfeld. Bis 2020 soll das Internet der Dinge laut Gartner das Produktivitätsplateau

erreicht haben.

Was sind technologische Treiber?

Die laufende Verdoppelung der Leistung, die Digitalisierung und Vernetzung (Kapitel 4.2.2)

sowie aktuelle Megatrends (Kapitel 4.3.1) ebenen den Weg.

Quelle: Goldman Sachs (2015: 1)

Die Hardwarekosten für GPS-Sensoren, Mikrochips und Beschleunigungsmesser fallen.

Die Miniaturisierung der Chips schreitet voran.

Die Konnektivität und die Kapazitäten der Mobilfunkanbieter nehmen zu.

Cloud-Lösungen bieten niedrige Kosten, Skalierbarkeit, Flexibilität.

Mobile Lösungen erlauben den Zugriff von überall und jederzeit auf IoT8-Applikationen.

Big Data ermöglicht es, entscheidungsrelevante Erkenntnisse aus IoT-Applikationen zu

gewinnen.

Was ist der Nutzen für Unternehmen?

McKinsey zufolge kann das Internet der Dinge im Jahr 2025 einen weltweiten wirtschaftlichen

Mehrwehrt von bis zu 11 Billionen Dollar bieten. Dieser Betrag entspräche 11% der globalen

wirtschaftlichen Leistung. Derzeit überwiegen noch konsumentennahe Szenarien wie

selbstfahrende Autos und Smartwaches. Langfristig stehen allerdings Business-to-Business-

Anwendungen im Vordergrund (Integrating 2015).

Auch wenn die Vernetzung der Dinge im ersten Moment sehr abstrakt aussehen mag, kann sie

einen Nutzen für jede Firma und für jede Branche bedeuten. Hier stehen nicht Unmengen von

Daten, die von Milliarden Geräten produziert werden im Mittelpunkt, sondern der Mehrwert für

8 IoT ist die Abkürzung für Internet of Things oder auf Deutsch: Internet der Dinge.

Abbildung 9: Treiber für das Internet der Dinge

Page 20: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 19

Unternehmen, zum Beispiel nachweislich verbesserte Prozesse, höhere Betriebseffizienz und

mehr Kundenfreundlichkeit.

Praxisbeispiele zum Internet der Dinge

Vielfach fehlt es in den Unternehmen nicht nur an Orientierung, sondern auch an der

Übersetzung, was eine Technologie tatsächlich bewirken kann. Es braucht neue Denkmuster,

neue Visionen und neue Ideen, wie digitale Technologien ein Unternehmen transformieren

können. Dabei erleichtern Praxisbeispiele aus der Geschäftswelt einen einfachen Ideentransfer

zum eigenen Unternehmen.

Das Thema Internet der Dinge steht laut Gartner in der Phase der überzogenen Erwartungen

(Kapitel 4.3.2). Es werden nun Erfolgsgeschichten auch in der Presse veröffentlicht. Einige davon,

die von Microsoft zum Thema Internet der Dinge publiziert wurden (Quelle:

www.internetofyourthings.com), möchte ich für den Theorietransfer heranziehen:

Tabelle 4: Praxisbeispiel Internet of Things

Erfolgsgeschichten Nutzen

Präventive Wartung bei ThyssenKrupp Elevator Die Firma betreibt weltweit 1,1 Millionen Aufzüge. Um deren Betriebszeit zu erhöhen, führte die Firm eine präventive Wartung ein. Auf Basis einer Internet-of-Things-Lösung wurden die Aufzüge mit Sensoren ausgestattet, die mit der Cloud vernetzt wurden. Mittels Echtzeitdaten konnten Probleme mit einem prädikativen Service verhindert und die Betriebszeiten verlängert werden.

Längere Betriebszeiten der Aufzüge durch prädikativen Service

Reduzierte Kosten für Kunden und ThyssenKrupp für den Unterhalt der Aufzüge

Deutliche Effizienzsteigerung bei den Technikern durch Echtzeitanalysen mit 400 möglichen Fehlermeldungen

Intelligentes Carsharing-Programm bei Autolib’ Das Carsharing-Programm der Stadt Paris sollte das Verkehrsaufkommen, die Staus und Luftverschmutzung verringern und den Einwohnern zusätzliche Flexibilität bieten. Mit der Vernetzung von 72 Registrierungsautomaten, 850 Mietstationen sowie 4300 Ladestationen und 2300 Bordsystemen konnte durch die Gewinnung relevanter Geschäftsinformationen das Carsharing optimiert werden.

Verringerung CO2 bis 2023 um geschätzte 75 Tonnen

Senkung Transportkosten um 90 Prozent

Verbesserung in der Implementierung und Benutzerfreundlichkeit der Systeme durch Insights

Automatisierte Produktion bei Lido Stone Works Der Hersteller exklusiver Steinprodukte strebte ein professionelleres Produktionsumfeld an, um die Effizienz zu steigern. Durch die Vernetzung der Endgeräte und der dazugehörigen Datenquellen konnte die Firma Betriebsabläufe verändern und die Effizienz steigern.

70% Umsatzsteigerung 30% Effizienzsteigerung 500.000 USD jährliche

Reisekosten-Ersparnis

Quelle: in Anlehnung an Microsoft's Praxiscases, (www.internetofyourthings.com)

Die drei Praxisbeispiele lassen erahnen, welches Potential uns das Internet der Dinge noch

bieten kann. Das Internet der Dinge ist grob gesagt eine Kombination aus leistungsfähigen und

günstigen Sensoren, der Cloud, Hardware und Software sowie diverser Netzwerke.

Page 21: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 20

4.4 Das disruptive Kochrezept der Techfirmen

Vor lauter Bäumen wird der Wald der disruptiven9 Muster der Techfirmen leicht vergessen, nicht

mehr gesehen oder es wird ihm wenig Beachtung geschenkt. Die beschriebenen

Grundingredienzien von Eriks Brynjolfsson in The Second Machine Age sind plausibel. Die Basis

der Digital Transformation sind Hardware, Software und Netzwerke. Die Merkmale der

Beschleunigung sind exponentiell, digital und kombinatorisch (Kapitel 4.2.2). Der technologische

Werkzeugkasten lässt die unlimitierte Innovationskraft erahnen. Wie aber nutzen die digitalen

Champions die Technologien, um einen kompetitiven Vorteil zu erzielen und traditionelle

Sektoren zu disrupten? Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit wurden die

Disruptionsmechanismen und Angebotsdesigns der Techfirmen näher betrachtet.

Die Leitmotive und Glaubenssätze

Die digitalen Champions erobern die Kundschaft mit einer exzellenten digitalen Customer-

Experience. Sie designen Dienstleistungen, die süchtig machen. In einem zweiten Schritt

entsteht eine direkte und loyale Beziehung zum Kunden. Der ursprüngliche Anbieter verliert das

Interface zum Kunden und wird zum Lieferanten oder komplett vom Markt verdrängt. Der neue

Imperativ lautet: «Entwicklung digitaler Services, die Nutzerlebnis & Nutzen von Produkten und

Dienstleistungen radikal verbessern und das Nutzerverhalten nachhaltig ändern». (Matthias

Schrader, CEO von Sinner Schrader) In einem letzten Schritt geht es um die Expansion, die durch

Skaleneffekte ermöglicht wird. Die Kosten für eine Firma entstehen nahezu nur bei der

Herstellung des Originals. Die Grenzkosten für die Produktion und Distribution jedes weiteren

Stücks liegen praktisch bei null (Jeremy Rifkin n.d.).

Abbildung 10: Software und Hardware als Disruptionsinstrumente

Quelle: in Anlehnung an Schmidt H. (2015: 4, 5, 7)

9 Disruptive Technologien sind Innnovationen, die bestehende Produkte und Dienstleistungen vollständig verdrängen können.

(Clayton M. Christensen 2013)

Page 22: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 21

Software und Hardware als Disruptionsinstrumente

Wenn es um die Befriedigung von Kundenbedürfnissen geht, dann wurden mit Software-Innovationen in der Vergangenheit fast ausschliesslich drei Nutzen erzielt: Bequemlichkeit, Geld-und Zeit-Ersparnis (Dr. Holger Schmidt, Focus Magazin). Das war die Geschichte und Quintessenz der Disruption der letzten 20 Jahre. Mit dem Fortschritt der Technologien (Kapitel 4.2.2) und der Integration von Software in physische Produkte stossen die Techfirmen in neue Bereiche der traditionellen Sektoren vor.

Dienstleistungen, die süchtig machen

Die Techfirmen designen Dienstleistungen, die süchtig machen. Ihr Ziel ist es, Dienste

anzubieten, die sich einfach in das tägliche Leben integrieren lassen. Sie verändern das

Alltagsverhalten ihrer Nutzer, indem sie auf die psychologischen, persönlichen Trigger der

Zielgruppe setzen. Wir, die Konsumenten, beissen bei einem spezifischen Angebot an, schlucken

den Haken und bleiben hängen. Nir Eyal, der Autor von «Hooked: Wie Sie Produkte erschaffen,

die süchtig machen», beschreibt dieses Suchtverhalten wie das Einschalten des Radios im Auto

oder das ständige Prüfen der Nachrichten auf Smartphones. Die automatischen

Verhaltensweisen werden durch situationsbedingte Reize ausgelöst. Das sind Dinge, die wir

ohne oder nur mit geringem Vorsatz tun.

Wie solche Dienste kreiert werden:

1. Auslöser: Die Nachfrage nach einem verhaltensändernden Dienst wird durch äussere oder innere Trigger ausgelöst. Mit Werbung, eMail- und Empfehlungsmarketing.

2. Handlung: Basierend auf dem Trigger erfolgt eine Aktion des Benutzers. 3. Belohnung: Die Techfirmen sind in der Lage, ein Bedürfnis auszulösen; der

Benutzer fühlt sich bei dessen Befriedigung belohnt. 4. Investition: In der letzten Phase muss der Kunde investieren, was die Nutzung in

Zukunft erhöhen sollte (z. B. Registrierung, Personalisierung, Bezahlung). Um die Theorie zu untermauern, nennt Nir Eyal einfach verständliche Beispiele von Techgrössen,

die wir in unserem Alltag kennen und die unser Verhalten im Alltag verändert haben.

Abbildung 11: Hooked Techfirmen – Beispiele

Quelle: in Anlehnung an Eyal N. (2014: Kindle Location 164)

Neben den gewohnheitsprägenden Techfirmen gibt es die bereits existierenden und

gewohnheitsprägenden Technologien. Diese werden eingesetzt, um unseren Alltag zu gestalten.

Die Tatsache, dass wir durch die verschiedenen Geräte (Smartphones, Tablets, Notebooks,

Spielkonsolen, Fernsehen, Wearables) immer einen direkten Zugang zum Internet haben,

Page 23: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 22

bedeutet für jedes Unternehmen deutlich mehr Möglichkeiten, um das Verhalten der

Konsumenten zu beeinflussen und zu gestalten (Eyal 2014).

4.5 Zusammenfassung: Digital Transformation im Überblick

Die Kalibrierung und Zusammenfassung der Herausforderungen aus dem theoretischen (Kapitel

5.1 - 5.3) und praktischen Teil (Kapitel 0) dient als Grundlage für die Entwicklung der Digital

Transformation Methodologie (Kapitel 8). Es wird bewusst nur auf die Kernherausforderungen

für Führungskräfte und das Top-Management eingegangen:

Kompass: «Die Welt in der wir leben!» 1. Digital Transformation ist nicht Digital Media – Definition!

„Der Begriff Digitale Transformation steht für eine kontinuierliche Veränderung der Geschäftsmodelle, der Betriebsprozesse sowie der Kundeninteraktion im Zusammenhang mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien.“ (KPMG 2014)

2. Digital Transformation startet nicht in der Zukunft, sondern ist bereits Realität Die Digital Transformation hat ca. 1995 begonnen und transformiert sukzessive eine Branche nach der anderen. Rückblickend sind zum Beispiel die Musikindustrie, die Fotografie, Printmedien, TV und Video bereits durch die Transformation gegangen. Heute stehen Versicherungen, Banken, Handelsunternehmen, Gesundheitspflege, Bildung, Telekommunikation und das produzierende Gewerbe im Mittelpunkt. Parallel dazu kommen jeden Tag disruptive Angebote auf den Markt, die zum Beispiel die Transportbranche revolutionieren.

3. Die gesellschaftlichen und technologischen Treiber der Digitalisierung Die grundlegenden Megatrends Cloud-Computing, Big Data, Soziale Netzwerke und mobile Endgeräte stellen in der kombinierten Nutzung die technologischen Treiber dar. Die steigende Nachfrage der Gesellschaft von überall und jederzeit Zugriff auf Informationen, Dienstleistungen und Produkte zu haben, ist für Unternehmen der massgebende externe Treiber der Transformation.

4. Die unlimitierte, exponentielle, digitale und kombinatorische Innovationskraft Drei durchschlagende Effekte ebenen den Weg für eine unlimitierte Innovationskraft: 1) Die exponentielle Verdoppelung der technologischen Leistungen bei parallel dazu fallenden Kosten, 2) die allumfassende Digitalisierung, Vernetzung und Kombination der Technologien und 3) der unlimitierte Zugriff auf den Produktionsfaktor Daten sowie das Auslagern der Innovationsherausforderungen.

5. Das disruptive Kochrezept der Techfirmen In der vergangenen 20 Jahren nutzten Techfirmen Softwareinnovationen fast ausschliesslich um drei Kundennutzen zu befriedigen: 1) Bequemlichkeit, 2) Geldersparnis und 3) Zeitersparnis. Seit etwa 5 Jahren werden Software- und Hardwareinnovationen vorangetrieben, um bessere Produkte auf den Markt zu bringen (Beispiel: Uhren, Autos, Kleidung, Logistik, Produktion, Smart Homes, Smart Cities).

Page 24: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 23

5 Herausforderungen für Unternehmen

5.1 Ein Überblick: Weshalb Unternehmen heute scheitern

Als Führungskraft ist es an dieser Stelle wichtig zu wissen, welche Gründe für das Scheitern der

Digital Transformation in Frage kommen. Auf dieser Basis können Herausforderungen

priorisiert, Fallen antizipiert und mittels einer Digital Transformation Methodologie adressiert

werden.

Page 25: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 24

Diverse aktuelle Studien mit amerikanischen sowie europäischen Firmen kommen mehrheitlich

auf den gleichen Nenner, nur die Gewichtung der Herausforderungen fallen aufgrund der

Fragestellungen und Priorisierungen teilweise anders aus: es fehlt an organisatorischen

Fähigkeiten sowie am Know-how der Führung und des mittleren Managements, was eine

digitale Business Strategie verunmöglicht (Berghaus et al. 2015). Parallel dazu mangelt es an IT-

Budget und Projekte werden in Silos ausgerollt (KPMG 2014).

Laut einer Studie von MIT Sloan

Management und Capgemini Consulting

liegen die Hauptgründe des Scheiterns

bei den interviewten Firmen zu 39% am

fehlenden Bewusstsein für die

notwendige Veränderung. Da

überrascht es nicht, dass 33% den Grund

des Scheiterns fehlenden finanziellen

Mitteln zuschreiben sowie 30% den

Einschränkungen bei IT-Systemen und

28% den unklaren Verantwortlichkeiten

(Fitzgerald et al. 2013). Ohne die

Dringlichkeit von Veränderungen

werden weder Ressourcen noch

Investitionen allokiert. Andererseits

kann es sein, das die Herausforderungen

tatsächlich in der Komplexität der Legacy

IT-Systeme (Kosten, Komplexität,

Agilität, Veränderungsgeschwindigkeit)

entstehen. Aus der Führungsperspektive

ergeben sich folgende

Herausforderungen:

Führung: Die Notwendigkeit der Veränderung und die eigene Vision

Die meisten Manger sehen keine Notwendigkeit zur Veränderung oder es fehlen die notwendigen Fähigkeiten. Der Führung mangelt es an einer Vision zur Veränderung, so dass im mittleren Management auch kein erkennbarer Handlungsbedarf besteht. Die Digital Transformation startet jedoch mit der Zielsetzung des Top Leadership Teams. Strategie: Von der digitalen zur gesamtheitlichen Business Strategie

Ohne die Entwicklung der eigenen Vision ist eine gesamtheitliche Strategie nicht möglich. Die Flut der Themen sowie die Anzahl der Möglichkeiten zur Veränderungen lassen sich weder eingrenzen noch priorisieren. Mit welchen Themen soll ein Unternehmen starten? Welches Ziel soll erreicht werden? In welchen Abhängigkeiten stehen die einzelnen Investitionen? PriceWhaterhouse Coopers sagt zurecht: «You don’t need a digital strategy to succeed in this world, you need a business strategy for the digital age». Change: Wissen, Fähigkeiten und Veränderungsbereitschaft im Unternehmen

Veränderung bedeutet Instabilität und somit Risiken für jeden. Anderseits meiden Menschen Veränderungen umso mehr, je sicherer sie sich gerade fühlen (Michael Berger, Jutta Chalupsky 2013). Mangelt es im Unternehmen zudem an digitalen Fähigkeiten und Wissen, dann wird eine

Abbildung 12: Transformation – Weshalb Firmen scheitern

Quelle: Fitzgerald et al. (2013: 7)

Page 26: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 25

Veränderung noch schwieriger, da eine neue Perspektive der Zukunft fehlt. Der Widerstand der Belegschaft verhindert den Wandel.

Innovation: Die Innovationsfähigkeit und der Umgang mit Innovationen im Unternehmen

Es lässt sich eine gewisse Innovationsmüdigkeit in Unternehmen erkennen (Fitzgerald et al. 2013). Mitarbeiter wünschen sich eine Pause oder eine Entschleunigung. Zudem scheitern 95% der wichtigen Innovationen (Thakur & Rao 2014). Radikale10 und disruptive Innovationen erschweren zusätzlich die Akzeptanz der Belegschaft und erfordern ein neues Denken und Handeln.

5.2 Fokus Herausforderung: Change-Management und -Kultur

Digital Transformation bedeutet eine Veränderung in Strategie, Kultur, Struktur und in den

Kernprozessen. In der Organisationsentwicklung wird diese Veränderung über das Change-

Management begleitet.

Wird dem Change-Management keine Beachtung geschenkt, dann droht dem Unternehmen

nicht nur ein langwieriger Veränderungsprozess, sondern die Gefahr, von einem schnelleren

Wettbewerber verdrängt zu werden. Im schlimmsten Fall könnte es auch den Untergang eines

Unternehmens bedeuten, dessen Daseinszweck von einer disruptiven Innovation abgelöst wird.

Laut einer Studie von MIT Sloan

Management und Capgemini Consulting

liegen die kulturellen Hauptgründe des

Scheiterns bei den Firmen zu 53% in der

fehlenden Zeit für neue Themen, 52% der

befragten Personen wissen nicht, was zu

tun ist und 40% der Befragten sind

veränderungsresistent. Macht, interne

Politik und die mangelnde

Risikofreudigkeit runden das Bild ab.

Im Zentrum der Transformation steht der

Mensch. Wenn dessen Bedürfnisse zu kurz

kommen, fehlt ein kooperatives und

motivierendes Umfeld, um die

Veränderung in Angriff zu nehmen.

Aus der Forschung weiss man, dass das motivationale neuronale System dann angesprochen

wird, wenn beim Menschen vor allem fünf Bedürfnisse adressiert werden: Autonomie,

Verbundenheit, Status, Sicherheit und Fairness (Rock, 2009).

Während eines Wandels ist gerade die Erfüllung dieser Grundbedürfnisse in Gefahr. Der Change-

Prozess erfordert eine Destabilisierung des Systemzustands um eine Veränderung zu

ermöglichen. Hier werden psychologisch im Veränderungsprozess zwei Reaktionen ausgelöst, je

nachdem, ob die Veränderung als Chance oder Risiko wahrgenommen wird:

Tabelle 5: Veränderung als Chance oder Risiko

Schlechte Nachricht = Risiko Gute Nachricht = Chance

10 Radikalinnovationen haben gegenüber Inkrementalinnovationen einen hohen Neuheitsgrad.

Abbildung 13: Kulturelle Herausforderungen

Quelle: Fitzgerald et al. (2013: 10)

Page 27: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 26

Ablehnung von Neuem Veränderung als Problem Reaktive Orientierung, d. h. die

Veränderung kommt von aussen Druck und Zwang von aussen

Faszination für Neues, Sog und Zugkraft durch Vision

Freude an der Neuorientierung Veränderung als neue

Möglichkeit/Chance Neues Entwicklungspotential als

Triebfeder Quelle: in Anlehnung an Chalupsky J. (2014)

Fehlt in dieser Phase der Destabilisierung das Veränderungsbewusstsein im Unternehmen, dann

werden die nachfolgenden Schritte für einen erfolgreichen Wandel auch nicht gelingen. Mangelt

es zusätzlich an einem emotionalen, resonanzfähigen Zukunftsbild und einer Strategie, dann löst

die Veränderung zusätzliche Ängste und Blockaden aus (Michael Berger, Jutta Chalupsky 2013).

Abbildung 14: Prozess der Verhaltensänderung nach Kurt Lewin

Quelle: Chalupsky J. (2014: 26)

Auch bei einem perfekten Verlauf der Veränderungsprozesse wird je nach der

wahrgenommenen Radikalität der Veränderung nicht jede Person die notwendigen Einstellungs-

und Verhaltungsänderungen meistern. Neben den eigentlichen Phasen, die ein Mensch im

Veränderungsprozess durchlebt, steht neben dem «Wollen» auch das «Können» im

Mittelpunkt.

Page 28: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 27

5.3 Fokus Herausforderung: Disruptive Innovationen

Unternehmen scheitern aus verschiedensten Gründen. Dass aber auch Organisationen

versagen, die alles richtig machen und ein gutes Management haben, klingt paradox. Etablierte

Unternehmen fürchten „disruptive Innovationen“ verständlicherweise in vielerlei Hinsicht.

Clayton M. Christensens,

Professor für Business

Administration an der

Harvard Business School,

bezeichnet disruptive

Innovationen als solche, die

bestehende Produkte und

Dienstleistungen vollständig

verdrängen können. Sie haben

einen radikalen Charakter und

finden meistens am unteren

Ende des Marktes und in

neuen Märkten statt.

Disruptive Technologien sind

anfangs den etablierten

Produkten in Qualität, Preis,

Zuverlässigkeit und Kapazität

unterlegen.

Wieso kann sich eine disruptive Innovation durchsetzen?

Disruptive Innovationen sprechen zunächst einen anderen als den etablierten Kundennutzen

und einen neuen Markt an. Nachdem der Kundennutzen sowie die bahnbrechende Innovation

von der Zielgruppe verstanden wurden, beschleunigt sich die Entwicklungs- und

Produktionsleistung der Innovation. Die technologische S-Kurve ist das Kernstück dieser Theorie.

Bereits etablierte Produkte werden in der Produktleistung überholt. Bestandskunden von

eingeführten Produkten und Dienstleistungen wandern ab, da das neue Angebot einen

bahnbrechenden Mehrwert bietet.

Abbildung 16: S-Kurve einer disruptiven Technologie

Quelle: in Anlehnung an Clayton M. (2013: 60)

Abbildung 15: Entwicklung evolutionäre versus disruptive Technologien

Quelle: Clayton M. (2013: 7)

Page 29: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 28

Weshalb scheitern etablierte Unternehmen daran?

Etablierte Unternehmen sind abhängig von ihren Investoren und Kunden. Bestandskunden

haben kein Interesse an qualitativ schlechteren Produkten. Parallel dazu möchten Investoren

hohe Margen und Wachstum sehen. Kleine Märkte mit kleinen Margen befriedigen somit nicht

das Expansionsbedürfnis der grossen Firmen. Fazit: die Unternehmen investieren nicht in die

disruptiven Technologien. Genau dieses Verhalten kann zu einem späteren Zeitpunkt zum

Verhängnis werden. Sobald die disruptive Technologie reif für den Massenmarkt ist, wird der

Markt die neue Technologie aufnehmen. Das etablierte Unternehmen wird aufgrund falscher

Potentialeinschätzung von der neuen Technologie und von einem neuen Mitbewerber überholt.

Die Unternehmen werden also von den klassischen Erfolgsfaktoren wie Kunden-, Ertrags- und

Wachstumsorientierung dirigiert. Und genau diese erfüllten Managementwerte können eine

Firma zu Fall bringen (Clayton M. Christensen 2013).

Zudem werden potentielle disruptive Gefahren nicht erkannt oder nicht ernst genommen.

Betrachten wir zwei gut dokumentiere Beispiele von grösseren Konzernen mit

unterschiedlichem Ergebnis:

Leica Kameras

Nach einer traumhaften

Erfolgsgeschichte der Leica Kameras kam

das Unternehmen 2005 in eine

existenzbedrohliche Schieflage. Sein

Umsatz von 144 Millionen Euro

schrumpfte in einem Jahr auf 94

Millionen Euro. Was war geschehen?

Leica-Vorstand Hanns-Peter Cohn

schätzte den Trend hin zur Digitalkamera

völlig falsch ein. Er hielt nichts von den

neuen Technologien und Handy-

Abbildung 17: Verkaufszahlen analoger/digitaler Kameras

Quelle: Clayton M. (2013: 43)

Page 30: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 29

Kameras, denn seine anspruchsvollen Kunden wollten ein fotografisches Erlebnis und höchste

Qualität. Parallel dazu stand Leica im Konkurrenzkampf mit den japanischen Konzernen in

einem lukrativen Markt. 2002 war es dann aber soweit: die technologische Entwicklung der

Digitalfotografie hatte die Qualität der analogen Fotografie überholt. 2003 wurden weltweit

bereits mehr Digitalkameras als Filmkameras verkauft (Clayton M. Christensen 2013).

Microsoft Word versus Google Docs

2006 kaufte Google ein Start-Up

Unternehmen und lancierte Google Docs.

Google Docs war dem Platzhirsch

Microsoft mit dem Programm Word weit

unterlegen. Dennoch gab es einen Bedarf

am unteren Ende des Marktes für ein

qualitativ schlechteres Produkt, welches

die Online-Zusammenarbeit über den

Browser ermöglichte. Lange hat sich

Microsoft für die Randerscheinung nicht

interessiert bis Steve Ballmer die

disruptive Gefahr von Software as a Service erkannte. 2010 verkündete Ballmer, dass ab 2012

über 90% der Microsoft-Entwickler für die Anwendungen von Cloud-Lösungen arbeiten

würden. Die disruptive Gefahr konnte vor der Qualitätsreife, und somit vor der absoluten

Beschleunigung, vorerst abgewendet werden.

Quelle: Clayton M. (2013: 227)

Abbildung 18: Google Docs versus Microsoft Word

Page 31: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 30

5.4 Erhebung der geschäftsrelevanten Herausforderungen

Validierung der Ergebnisse mit Experteninterviews

Basierend auf der aktuellen Forschung (Kapitel 4.4.1 - 5.3) wurden die Studienresultate mit

Experteninterviews im lokalen Markt validiert. Mit mehrheitlich offenen Fragen (qualitative

Methode) wurden die Herausforderungen der Unternehmen durch die Digital Transformation

mit einer Bewertungsmatrix (quantitative Methode) erhoben.

Die Experten bemängelten in erster Linie das fehlende Bewusstsein für die Veränderung in der

Führungsetage sowie eine fehlende eigene Vision für ein digitales Zeitalter. Vor allem etablierte

Firmen haben Schwierigkeiten, den aktuellen und bevorstehenden disruptiven

Herausforderungen der Digital Transformation die notwendige Relevanz einzuräumen. Das

Bewusstsein, dass jeder Marktführer jeder Branche von digital Natives herausgefordert wird, ist

in Unternehmen mehrheitlich nicht vorhanden.

Sobald die Relevanz allerdings erkannt wird, werden kulturelle und personelle

Herausforderungen der Transformation genannt. Unternehmen fällt es schwer, eine Reise

anzutreten, die Risikobereitschaft und eine neue Fehlerkompetenz fordert. Neben fehlendem

Know-how im Unternehmen sind auch Mängel beim klaren Transformationswillen der

Führungskräfte zu erkennen. Ohne diesen intrinsisch geprägten Transformationswillen kann die

Transformation nicht stattfinden. Das mittlere Management

führt keine Transformation ohne klaren Auftrag des Top-

Managements durch. Bestimmte Rollen wie die des CIO

werden zudem eher als Verhinderer der Transformation

wahrgenommen. Unter dem Begriff The War of Talents11

werden im Kontext der Digital Transformation auch

Herausforderungen bei der Rekrutierung, Haltung und

Entwicklung von Talenten genannt.

Die Entwicklung einer Strategie, die Verfolgung der Ziele mit

messbaren Kriterien, gilt auf der anderen Seite als eine zweitrangige Problematik für etablierte

Firmen, da diese Fähigkeiten als Handwerkszeug im Unternehmen existieren.

Plattformprobleme sind lösbar und Projekt-Management ist eine Standardfähigkeit der eigenen

Mitarbeiter oder kann über externe Anbieter einfache in den Griff bekommen werden. Bei

kleineren Firmen kann die Verfolgung der Ziele mit messbaren Kriterien allerdings zu

Herausforderungen führen. Gleichzeitig werden Mängel bei der Agilität und der Innovationskraft

der IT-Abteilungen genannt. Der Release-Cycle von grösseren Innovationen dauert zu lange und

steht nicht im Mittelpunkt der Überlegungen. Die Budgets werden nach wie vor mehrheitlich für

den Betrieb der Infrastrukturen statt für Innovationen eingesetzt.

Bei der quantitativen Befragung zu den Herausforderungen wurden vier Themencluster für die

Validierung gebildet und für eine ausgewogene und differenzierte Bewertung der

Themencluster nochmals jeweils vier Unterkategorien.

11 War of Talents beschreibt die zunehmende Verknappung von sogenannten High-Potentials. Firmen kämpfen um die besten

Mitarbeiter.

«Die kulturelle DNA der

SBB ist antidigital. Die

Werte der SBB sind

Pünktlichkeit, Sicherheit

und Nachhaltigkeit.»

(Christof Zogg, Director

Digital Business)

Page 32: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 31

Die Bewertung der einzelnen Dimensionen wurde mit einer Skala von 1 - 10 ermittelt. 1 - 3 gelten

als kleine, 4 - 7 als mittlere und 8 - 10 als grosse Herausforderungen.

Auf der Prioritätenliste hat sich in der

themenspezifschen Clusterbewertung

folgendes Bild der Top-Herausfor-

derungen herauskristallisiert:

Wert 7.13: Kultur und Expertise

Wert 6.19: Vision und Strategie

Wert 5.44: Digitale Fähigkeiten

Wert 5.38: Transformation

Zusammengefasst sind es zwei

Dimensionen, welche die grössten

Herausforderungen im Schweizer

Markt darstellen: Die fehlende Vision

in einem digitalen Zeitalter sowie

eine fehlende Kultur für ein digitales

Zeitalter. Das sind Schlüsselfaktoren,

welche bei unseren amerikanischen

Kollegen besser abschneiden.

Tabelle 6: Gewichtung der Herausforderungen der Digital Transformation

Die Einzelbewertung der Unterkategorien erlaubt eine detaillierte Betrachtung der Top-

Schlüsselherausforderungen. Die Spitzenwerte mit einer durchschnittlichen Höchstbewertung

von 7.5 erhalten die Themen:

Vision

Change-Management

Risikobereitschaft

Fehlerkompetenz

Abbildung 19: Herausforderungen der Transformation

Page 33: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 32

Kalibrierung und Zusammenfassung der Herausforderungen

Die Kalibrierung und Zusammenfassung der Herausforderungen aus dem theoretischen (Kapitel

5.1 - 5.3) und dem praktischen Teil (Kapitel 0) dient als Grundlage für die Entwicklung der Digital

Transformation Methodologie (Kapitel 8). Es wird bewusst nur auf die Kernherausforderungen

für Führungskräfte das Top-Management eingegangen:

Kompass: Herausforderungen auf einen Blick 1. Fehlende Dringlichkeit zur Veränderung

Die Radikalität der disruptiven Chancen und Gefahren, die durch digitale Informationstechnologien entstehen, werden für das eigene Unternehmen nur bedingt wahrgenommen. Durch die fehlende oder diffuse Wahrnehmung existiert nur ein limitiertes Veränderungsbewusstsein. So entstehen kein Veränderungsdruck und kein Handlungsbedarf.

2. Fehlende Vision in einem digitalen Zeitalter Die Vision einer Unternehmung ist zugleich Antrieb zur Veränderung. In den meisten Unternehmen fehlt eine digitale Firmenvision. In einer zugleich beschleunigten Welt führt dies zu reaktivem, unkoordiniertem und nicht abgestimmtem Silo-Investitionsverhalten.

3. Fehlende Integration der digitalen Strategie in die Business Strategie Durch das fehlende Veränderungsbewusstsein und die fehlende Vision ist eine gesamtheitliche digitale Business Strategie nicht realisierbar. Nicht integrierte digitale Strategien auf Bereichsebene, ohne den gesamtheitlichen Blick auf die Wertschöpfungskette, verfehlen das Nutzenversprechen der digitalen Technologien.

4. Kulturelle Hürden und fehlende Expertise im Unternehmen

Fehlendes Wissen über den Nutzen der digitalen Technologien insbesondere in der Führungsetage, aber auch im gesamten Unternehmen, gehören zu den Hauptverhinderern der Transformation. Kombiniert mit kulturellen Hürden wie z. B. fehlende Risikobereitschaft, fehlende Fehlerkompetenz, Innovationsmüdigkeit und fehlende digitale Affinität, resultiert dies in einer Hochburg des digitalen Stillstands.

5. Unzureichendes Change-Management

Fehlende Beachtung und Unkenntnis wirksamer Change-Management-Methoden torpedieren den Wandel. Im Mittelpunkt stehen eine fehlende Top-Down-Strategie der Führung sowie Missachtung der Bedürfnisse des Einzelnen. Die Mitarbeiter verhindern den Wandel zum Beispiel aufgrund mangelnder Perspektiven.

6. IT-Limitationen im Unternehmen Bestehende komplexe und veraltete Legacy IT-Systeme der Firmen sowie Silo- Entwicklungen und fehlende Investitionen in die IT verlangsamen den Innovationsprozess und die Ausrichtung der IT auf die Bedürfnisse des Unternehmens.

Page 34: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 33

Die IT treibt den Wandel nicht voran, sondern wirkt als Bremser der aktuellen Herausforderungen.

6 Geschäftschancen der Digital Transformation

6.1 Betrachtung der Wertschöpfungskette einer Unternehmung

Aus der Perspektive des Managements steht die eigentliche Wertschöpfung des Unternehmens

und nicht die Möglichkeiten der digitalen Technologien im Vordergrund.

Page 35: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 34

Um den komplexen unternehmerischen Sachverhalt zu vereinfachen und dennoch die

Zusammenhänge zu verstehen eignet sich das St. Galler Management Modell12, welches ein

grundlegendes Orientierung- und Navigationssystem darstellt. Aus dieser Perspektive wird

ersichtlich: digitale Technologien spielen in jedem Wertschöpfungsprozess und bei jeder

Interaktion mit allen Anspruchsgruppen eine wichtige Rolle.

Bei der konsequenten Ausrichtung der Unternehmensführung auf die bereits existierenden und

zukünftigen Nutzenpotentiale stehen im Rahmenmodell des unternehmerischen Denkens und

Handelns die Kunden-, Mitarbeiter-, Prozess- und Finanzperspektive im Vordergrund. Obwohl

das Modell eine gute Basis für die jeweilige Fragestellung liefert, fehlt leider eine Dimension: die

Innovation. Bei der Definition einer digitalen Business Strategie ist es entscheidend, sich über

die Optimierung aller Dimensionen der Wertschöpfungskette (inklusive der Innovation)

Gedanken zu machen, d. h.: mit welchen digitalen Technologien können wir die

Wettbewerbsfähigkeit erhalten oder nachhaltig ausbauen?

Quelle: in Anlehnung an Waibel R. (2020: 35)

Strategiefragen in Bezug auf die Digital Transformation einer Unternehmung

Finanzen: Wie erreichen wir höhere Gewinne mit digitalen Technologien?

Kunden: Wie steigern wir die Kundenzufriedenheit mit digitalen Technologien?

Mitarbeiter: Wie steigern wir die Leistungsfähigkeit und die Motivation der Mitarbeiter?

Prozesse: Wie verbessern wir unsere Prozesse mit digitalen Technologien?

Innovationen: Wie stellen wir eine kontinuierliche Innovationsfähigkeit mit digitalen

Technologien sicher?

Nach der ersten Eingrenzung von möglichen Problemlösungsansätzen geht es um die effektiven

Schlüssel- und Erfolgsfaktoren für den langfristigen Unternehmenserfolg. Welche zentralen

Schlüsselfaktoren (Mess- und Steuerungsgrössen) können mittels digitaler Technologien

massgeblich verbessert werden?

Tabelle 7: Schlüsselfaktoren für den langfristigen Unternehmenserfolg

Perspektive bzw. Sichtweise

Allgemeine Erfolgsfaktoren

Möglicher Wertbeitrag Digitale Technologien

12 Das St. Galler Management-Modell ist ein Management-Bezugsrahmen, der das normative-, strategische- und operative

Management zusammenfasst.

Abbildung 20: Rahmenmodell des unternehmerischen Denkens und Handelns

Page 36: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 35

Strategieperspektive (Managementverantwortung)

Marktanteil Wertsteigerung Innovation Differenzierung

Kapitel 0 Kapitel 0

Finanzperspektive (Sicht der Kapitalgeber)

Return on Investment Kostenreduktion Umsatzrendite

Kapitel 0 Kapitel 0

Kundenperspektive (Sicht der Zielgruppe)

Kundenzufriedenheit Marktanteil Produkt-/Servicequalität

Kapitel 6.2.1

Prozessperspektive (Management- und Mitarbeiterverantwortung)

Prozessqualität Effektivität Effizienz-

/Produktivitätssteigerung

Kapitel 6.2.2

Mitarbeiterperspektive (Sicht der Arbeitnehmer)

Führungsqualität Motivation Mitarbeiterzufriedenheit Mitarbeiterproduktivität

Kapitel 6.2.2

Quelle: in Anlehnung an Waibel R. (2010: 44)

Digitale Technologien können somit zur gesamten Wertschöpfungskette einen massgeblichen

Beitrag leisten. Aus diesem Grund ist eine losgelöste digitale Strategie nicht zielführend. Die

Geschäftsführung sollte die Digitalisierung und die Transformation vorantreiben und die Digital

Transformation in die übergeordnete Geschäftsstrategie integrieren.

Schlüsselerfolgsbereiche der Digital Transformation

Für jedes Unternehmen und jede Branche ergeben spezifische Herausforderungen und Chancen

im Hinblick auf die Digital Transformation. Um das grössere Bild auch ausserhalb der Branche zu

verstehen, verwende ich als Basis für die Recherche zu den Schlüsselerfolgsbereichen der

Digitalen Transformation folgende Indikatoren:

Rückblick: Studien, aus denen es einen Überblick über die Erfolgsbereiche gibt

Betriebswirtschaftliche Indikatoren: Theoretische Schlüsseldimensionen als Chance

In einem zweiten Schritt ist das Benchmarking mit der eigenen Branche notwendig, da der

Themenbereich stark variieren kann. Da disruptive Innovationen auch von branchenfremden

Marktbegleitern ausgehen, ist dennoch der Blick auf alle Innovationsdimensionen wertvoll.

Welcher Taxifahrer hätte je damit gerechnet, dass von einem Tag auf den anderen eine App (wie

zum Beispiel von Uber) aus dem Silicon Valley die Hauptkonkurrenz werden könnte.

Unternehmen, die erfolgreich ihre Transformation managen, können von einer signifikanten

Erhöhung der Kundenbindung (Kapitel 6.2.1), operativer Effizienzsteigerung (Kapitel 6.2.2) und

Umsatzsteigerung durch neue Business Modelle profitieren (Kapitel 0).

Page 37: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 36

MIT Sloan Management und

Capgemini Consulting haben

folgende Erkenntnisse aus einer

Studie erlangt:

Neue, rentable Geschäftsmodelle

sind zwar der Traum jedes

Geschäftsführers, aber die

Schlüsselverbesserungen in der

Wertschöpfungskette konnten

Firmen hauptsächlich in der

Steigerung des Kundenerlebnisses

und der operativen Effizienz des

Unternehmens erzielen. Der Grund

hierfür liegt auf der Hand: Die

Veränderung eines

Geschäftsmodells stellt die grösste

Herausforderung bei gleichzeitig

niedrigster Wahrscheinlichkeit für

den Erfolg dar.

Parallel dazu entsteht einerseits

der Druck vom Kunden selbst, der

aufgrund neuer digitaler

Möglichkeiten auch neue Erwartungen an Produkte, Dienstleistungen und Kundenservice hat.

Dies führt wiederum zu operativen

und prozesstechnischen

Herausforderungen, die ein Unternehmen meistern muss. Auf der anderen Seite stehen die

eigentliche Produktivität der Mitarbeiter, die Verbesserung der Kommunikation sowie die

Internationalisierung der Firmen über digitale Möglichkeiten im Vordergrund.

Ein ähnliches Bild zeigt auch eine weite Studie mit 535 Firmen (Harvard Business Review 2015).

Hier konnten folgende signifikante Mehrwehrte erzielt werden:

Verbesserung des Kundenservice (53%)

Steigerung der Produktivität (52%)

Entwicklung neuer Dienstleistungen (50%) und Produkte (41%)

Entwicklung neuer Einnahmequellen/eines neuen Business Modells (42%)

Erhöhung von Umsätzen (40%)

Die Verbesserungen finden entlang der kompletten Wertschöpfungskette statt. Somit kann die

Digital Transformation auch nur mittels ganzheitlichem Ansatz verstanden und umgesetzt

werden.

Abbildung 21: Geschäftsnutzen der Digital Transformation

Quelle: Fitzgerald et al. (2013: 6)

Page 38: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 37

Digital Transformation: Umsatz steigern und Kosten senken

Zusammengefasst schafft die Digital Transformation neue Möglichkeiten im Unternehmen, um

den Umsatz zu steigern (Wachstum) und die Kosten zu senken (Effizienz). Im Wesentlichen

können die Optimierungsmöglichkeiten wie folgt gegliedert werden:

Geschäftschancen – Interne Möglichkeiten

Kostenreduktion: Einsatz von Technologien um die Betriebskosten,

zum Beispiel in Supply Chain Management Prozessen, zu reduzieren

Produktivitätssteigerung: Einsatz von Technologien um die Zusammenarbeit

und den Output zu steigern

Geschäftschancen – Externe Möglichkeiten

Verbessertes Kundenerlebnis: Ein über alle Kanäle konsistentes Kundenerlebnis

Kunden-Insights: Kundenanalyse, um Aussagen bezüglich des Kaufverhaltens treffen zu

können

Neue Produkte: Einsatz von Technologien, um komplett neue Produkte zu lancieren

Produkterweiterung: Erweiterung des Portfolios von Produkten und Dienstleistungen mit

dem Einsatz der Technologien

Basierend auf den Studienresultaten (Kapitel 6.1.1), der empfohlenen digitalen Landkarte von

MIT Sloan (Kapitel 0) und der in diesem Kapitel beschriebenen zwei Nutzendimensionen

Wachstum und Effizienz hat sich folgende Orientierungslandkarte ergeben:

Abbildung 22: Digital Transformation – Wachstum und Effizienz

Obenstehende Themen- und Nutzenbereiche, Ziele und Key Performance Indikatoren dienen in

der Transformation Methodologie (Kapitel 8) als Basis für die Ermittlung von Potentialen in

Unternehmen und deren Branchen.

Page 39: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 38

6.2 Landkarte der Digital Transformation

Die Themenfelder der Digital Transformation werden in diversen Fachbüchern und Studien

unterschiedlich behandelt. Ein Fokus liegt sicherlich auf dem Kundenerlebnis (KPMG 2014),

ausserdem steht die Optimierung der Geschäftsprozesse auf der Tagesordnung jedes CIO. Die

grösste Aufmerksamkeit in den Medien geniessen wohl die neuen Geschäftsmodelle, die für

ganze Branchen disruptive Gefahren bedeuten können.

Basierend auf der hier zugrundeliegenden Definition der Digital Transformation (Kapitel 4) und

unter Berücksichtigung der Wertschöpfungskette eines Unternehmens (Kapitel 6.1) ist eine

Gliederung der für den Geschäftsführer relevanten Dimensionen (Kunden, Prozesse, Potentiale)

diejenige, die auf einen ersten Blick Orientierung und Navigation ermöglicht.

Das MIT Center of Digital Business identifiziert und gliedert die drei übergeordneten

Themengebiete in Kundenerlebnis, Geschäftsprozesse und Geschäftspotentiale.

Abbildung 23: Themenlandkarte der Digital Transformation

Quelle: in Anlehnung an Westerman et al. (2011: 17)

Innerhalb der drei übergeordneten Themengebiete unterscheidet das MIT Center je drei

untergeordnete Themenfelder. Die Priorisierung der Themen sowie alle Dimensionen der

untergeordneten Themen sind anhand dieses Modells nicht ersichtlich. Es schärft allerdings den

Blick für die Kernbereiche und Chancen der Digital Transformation.

Kundenerlebnis: Erhöhung der Kundenbindung und -loyalität

Unter Kundenerlebnis werden das Kundenverständnis, die Customer Journey13 (mit dem

Kundentouchpoint14-Management) und die Umsatzwachstumsziele subsumiert. Hier steht der

Übergang von der transaktionsorientierten Inside-Out-Kundenbeziehung zu einer Outside-In15-Beziehung (d. h. einer Sichtweise von aussen) im Mittelpunkt. Die Unternehmen sind gefordert aus der Perspektive des Kunden zu handeln.

13 Die Customer Journey bezeichnet einen fünfstufigen Kaufprozess des Kunden. 14 Touchpoints sind Berührungspunkte zwischen Firmen und Kunden. (Anne M. Schüller 2012) 15 Das Outside-In Prinzip beschreibt die bedürfnisorientierte Kundenstrategie.

Page 40: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 39

Die Customer Journey

Der Informations- und Kaufprozess des Kunden findet in Kombination der virtuellen und der realen Welt statt. Bei dieser Reise stehen Offline-Werbemittel sowie online- und mobile Vertriebskanäle, stationäres Point-of-Sales-Marketing sowie die persönliche Kommunikation zwischen Kunden und dem Unternehmen im Mittelpunkt. In der Praxis haben Firmen hier eine Menge Defizite. Insellösungen, fehlendes Verständnis der digitalen Welt sowie veraltete IT-Infrastrukturen der Unternehmen erschweren die Kundenorientierung (Anne M. Schüller 2012).

Rahmenkonzept zur Kundenorientierung

Ein holistisches Rahmenkonzept zur

Kundenorientierung sowie das

Aufbrechen der Abteilungssilos für die

100%-ige Ausrichtung auf den Kunden

sind notwendig. Die ganze Organisation

soll von outside-in betrachtet und das

Unternehmen danach ausgerichtet

werden. Die Basis hierfür kann das

Customer Relationship-Management-

Rahmenkonzept liefern. Für ein

zukunftsorientiertes Handeln müssen

Themen wie Social Engagement,

prädikatives Marketing sowie Business

Intelligence und Internet of Things in

einer digitalen First-Strategie

berücksichtigt und je nach Maturität der

Firma priorisiert werden. Business

Intelligence und Customer-Insights

lieferen das Fundament für die ständige

Optimierung der Aktivitäten und sind

eine wichtige Grundlage für

Kundenbindungsaktivitäten (Hajo

Hippner 2016).

Abbildung 25: Beispiel anhand von sechs Customer Journeys

Abbildung 26: Architektur eines CRM-Systems

Abbildung 24: Customer Journey – Kaufprozess des Kunden

Quelle: in Anlehnung an Hippner H. (2016: 78)

Page 41: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 40

Kundenbindung und -loyalität

Damit die Beziehung mit Kunden nicht nur effizient, sondern auch effektiv und emotional gestaltet wird, ist ein vertieftes Verständnis der Kundenpsychologie und Zielgruppensegmente nötig. Dies erfordert einen wissensorientierten-/Cross-Channel Ansatz. Dieser soll nicht nur kohärent sein, sondern den Erwartungen des Kunden an einem bestimmten Touchpoint entsprechen. Der Kunde entscheidet, über welchen Kanal er wie angesprochen werden möchte. Erst wenn die externe Sichtweise geklärt ist, können Themen wie Marketing und Salestools oder Service-Automation angegangen werden.

Nur wer den Kunden vollumfänglich versteht, die Loyalität seiner Kunden gewinnt und sie dauerhaft binden kann, generiert kontinuierlich steigende Umsätze und reduziert gleichzeitig die Kosten. Treue Kunden kaufen öfter und mehr. Sie erhöhen damit die Planungssicherheit, da ihre Wechselbereitschaft eher niedrig ist. In einem gesättigten Markt ist das Wissen über den Kunden, seine Interaktionen und Zufriedenheit und der tatsächliche Wert von Produkten und Dienstleistungen aus Kundensicht entscheidend, um der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein (Xevelonakis n.d.).

Die Digitalisierung ermöglicht den Unternehmen mit Systemen und analytischen Tools die notwendigen Insights zu ermitteln und massgeschneiderte Produkte und Services in einem effizienten Prozess zu entwickeln. Selbst Vorhersagen über das Verhalten der Kunden sind möglich. Die gewünschte Interaktionsart des Kunden mit dem Unternehmen (z. B. in den Bereichen Verkauf, Beratung, Kunden-Service) wird auf dessen Bedürfnisse ausgerichtet.

Neben höherer Kundenzufriedenheit und -loyalität steigen die Wirtschaftlichkeit der Aktivitäten, die Rentabilität des eingesetzten Kapitals sowie der Gewinn. Letztendlich ermöglicht die Digital Transformation eine stärkere Kundenbindung, die Steigerung von Marktanteilen, die Erschliessung neuer Märkte und damit den Fortbestand des Unternehmens.

Zusammenfassung Kundenerlebnis: Kundenwachstum, -bindung und -loyalität

Abbildung 27: Beispiel CRM-Scorecard-Dimensionen und KPIs

Quelle: in Anlehnung an Xevelonakis E. (2013: 78)

Page 42: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 41

Geschäftsprozesse: Prozessdigitalisierung und Zusammenarbeit

Unter den Begriff Optimierung der Geschäftsprozesse fallen aus der internen Perspektive die Themen Prozessdigitalisierung, Performance Management und Befähigung der Mitarbeiter.

Prozessdigitalisierung

Durch die Digitalisierung können Kernprozesse vereinheitlicht und vereinfacht werden. Der grösste Nutzen wird mit einer Outside-In-Betrachtung erzielt, bei der die internen Prozesse sich nahtlos in Kundenprozesse integriert lassen (Kapitel 6.2.1). Durch die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Kernprozesse sollen nicht nur Kosten reduziert, sondern auch eine höhere Agilität und die Ausrichtung auf sich verändernde Geschäftsanforderungen sowie eine maximale Skalierbarkeit ermöglicht werden.

In der verarbeitenden Industrie geht es nicht nur um die Automatisierung der Produktion durch den Einsatz von Elektronik und IT, die seit den 70er Jahren Einzug hält, sondern um die nächste Stufe in der Optimierung der Wertschöpfungskette. (Deloitte Inc. 2014)

Praxisbeispiel einer Bank zum Thema Customer Journey und Prozessoptimierung

Eine Publikation im Rahmen einer McKinsey Studie (Driek Desmet, Shahar Markovitch n.d.) zeigt auf eindrückliche Weise, wie eine Bank durch die konsequente Optimierung der Customer Journey und die Digitalisierung von Prozessen signifikante Verbesserungen erzielen konnten. Der Bestätigungsprozess eines Kredits konnte von fünf Tagen auf eine Minute reduziert werden. Die Eröffnung eines Kontos konnte von zwei Tagen auf fünf bis zehn Minuten verkürzt werden. Gleichzeitig sind die Kundentouchpoints pro Jahr um den Faktor 20 gestiegen und die IT kann 13x schneller eine grössere Innovation ausrollen. Der Kunde sowie das Unternehmen sind gleichermassen Gewinner dieser Digitalisierung.

Abbildung 29:Customer Journey – Verbesserungen bei einer Bank

Abbildung 28: Definition von Industrie 4.0

Quelle: in Anlehnung an Deloitte Inc. (2014: 3)

Page 43: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 42

Quelle: McKinsey & Company (2015)

Page 44: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 43

Wissensmanagement und Zusammenarbeit

Reife Unternehmen nutzen die

digitalen Technologien intern, um

die Zusammenarbeit und die

Kommunikation zu verbessern. In

einer vernetzten Welt ist es

wichtig, jederzeit und von überall

auf die Ressource Wissen

zugreifen zu können. Digitale

Technologien ermöglichen in der

Kommunikation die

Überbrückung der internen sowie

externen

Organisationsstrukturen.

Grenzen fallen, auf Personen und

Wissen kann direkt zugegriffen

werden. Durch die direkte Kommunikation ohne Barrieren wird der Zugang auch zu implizitem16

Know-how gefördert. Die Digitalisierung ermöglicht den sogenannten Wissensoffizieren

(Führungkräfte), den Wissensingenieuren (mittelres Management) und Wissenspraktikern

(Mitarbeiter) ein effizientes Middle-up-Down Wissenssmanagement (Weibel 2013).

Flexible Arbeitsmodelle

Mittels flexibler und mobiler Arbeitsmethoden entstehen für die Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht nur neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit, sondern es öffnet sich auch die Tür für eine neue Kultur des Miteinander. Dieses basiert auf Vertrauen und Eigenverantwortung und fördert eine erfolgreiche Kollaboration unterschiedlicher Mitarbeitermentalitäten. Zudem muss technologisch eine ortsunabhängige, individuelle und kooperative Arbeit unterstützt werden. Bei Microsoft Schweiz konnte zum Beispiel die Produktivität der Mitarbeiter um 10% gesteigert werden bei gleichzeitiger Kostensenkung der Facility Services um 15%.

Zusammenfassung Geschäftsprozesse: Prozessdigitalisierung und Zusammenarbeit

16 Implizites Wissen existiert nur in den Köpfen der Menschen (Erfahrungen, Intuition, Können, Fähigkeiten).

Abbildung 30: Wissensmanagement im Unternehmen

Quelle: in Anlehnung an Weibel A. (2013: 19)

Page 45: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 44

Geschäftspotentiale: Umsatzsteigerungen durch neue Geschäftsmodelle

Das MIT Center of Digital Business vereinfacht die Kategorisierung von neuen Geschäftsmodellen und gliedert diese in die Themenfelder digital erweiterte Geschäftsmodelle, neue digitale Geschäftsmodelle und digitale Globalisierungsmodelle. Ein Geschäftsmodell beschreibt die Grundprinzipien, wie Unternehmen Werte schaffen und diese wirtschaftlich erfassen können (Hoffmeister 2013). Durch die neuen Technologien entstehen auch neue Erfolgsprinzipien, welche etablierte Standards substituieren können (Kapitel 5.3).

Geschäftsmodelle sollen in der heutigen Zeit permanent gezielt hinterfragt und angepasst werden. Diese ständige Innovation ist nicht ein Privileg bekannter, grosser Unternehmen, sondern soll systematisch wie eine Produktinnovation von Unternehmen jeder Grösse betrieben werden. Die Herangehensweise von Alex Osterwalder im Buch Business Model Generation legt einen perfekten Grundstein für Geschäftsmodell-Innovationen.

Abbildung 31: Geschäftsmodelle + Teilmodelle mit eigenständigen Aufgaben und Prinzipien

Quelle: Hoffmeister C. (2015: 40)

Geschäftsmodelle können auch in Teilmodelle gesplittet oder ungenutzte Potentiale zweckentfremdet zu einem neuen Geschäftsmodell formiert werden. Ein gutes Beispiel hier liefert Amazon. Amazon benötigte für den Betrieb seiner Plattformen eine globale, flexible, skalierbare und natürlich kosteneffiziente Infrastruktur, die auf die saisonalen Kapazitätsbedürfnisse der einzelnen Regionen ausgerichtet ist. Um die Auslastung zu verbessern begann Amazon 2006 damit, die IT-Ressourcen bedarfsgerecht anderen Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Heute gehören die Amazon-Web-Services zu einem der grössten Cloud-Anbieter im Infrastrukturbereich (Christian Hoffmeister n.d.).

Digital erweiterte Geschäftsmodelle

Bestehende Geschäftsmodelle von Unternehmen werden digital erweitert oder durch digitale

Angebote abgelöst. Daraus entstehen neue Einnahmequellen für Unternehmen. Klassisches

Beispiel ist der Handel, der seine Produkte über einen eShop anbietet. Im Bildungsbereich sind

Online-Trainingsmöglichkeiten auf dem Vormarsch und Medienunternehmen bringen ihre

Zeitungen ausschliesslich oder in Ergänzung digital heraus. Die Basis der Überlegungen ist ein

etabliertes Angebotsportfolio. Die Frage, die sich jedes Unternehmen stellen muss, um weiter

in der ersten Liga zu spielen lautet: Wie können wir mit dem bestehenden Angebotsportfolio

und den digitalen Technologien neue Geschäftspotentiale realisieren und wettbewerbsfähig

bleiben?

Page 46: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 45

Neue disruptive Geschäftsmodelle

Neben der evolutionären Entwicklung von Geschäftsmodellen stehen die radikalen disruptiven Innovationen im Rampenlicht. Da dirsuptive Innovationen gerade für etablierte Firmen eine grosse Herausforderung bedeutet, soll in jedem Innovationsprozess von Geschäftsmodellen die Disruption ein Kernthema sein. Entweder eine Firma treibt die eigene Disruption voran oder besitzt ein Frühmelde- bzw. -warnsystem für disruptive Technologien, die auf den Markt kommen und für Aktivitäten potentiell disruptiver Marketplayers (Konkurrenten).

Unternehmen wie Google, Amazon, Facebook, Uber, Airbnb, Netflix, Spotify, bitcoin und viele mehr begannen alle als Start-Ups, die es vor 25 Jahren noch nicht gab. Das Ende dieser Geschichte/n kennt jeder. Heute sind es globale Akteure, die die weltweite Disruption ganzer Branchen vorantreiben.

Digitale Globalisierung

Als letzte Erweiterung des Geschäftsmodells gilt das Augenmerk den Möglichkeiten der digitalen Globalisierung, welche wir zu «Globalisierung der Märkte», «Globalisierung der digitalen Fähigkeiten» und «geteilte globale Dienstleistungen» zusammenfassen.

Durch die Digitalisierung der Produkte und Dienstleistungen wird die Expansionsfähigkeit einer Firma mittels Skaleneffekte ermöglicht. Die Kosten für ein Unternehmen entstehen praktisch nur bei der Herstellung des Originals. Die Grenzkosten für die Produktion und Distribution jedes weiteren Gutes liegt praktisch bei null (Jeremy Rifkin n.d.).

Unternehmen stehen vor weiteren Chancen und Herausforderungen bei der globalen Transformation. Durch die digitalen Technologien können globale Synergien, geteilte Ressourcen und neue Fähigkeiten ausgeschöpft werden. Daraus entstehen optimierte oder neue Wertschöpfungsketten. Die Möglichkeiten gehen weit über Themen wie Off- und On-Shoring oder verteilte Produktion hinaus.

Zusammenfassung Geschäftspotentiale

Tabelle 8: Übersicht disruptive Technologien

Quelle: Clayton M. (2013: 18)

Page 47: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 46

6.3 Erhebung der entscheidungsrelevanten Geschäftschancen

Validierung der Geschäftschancen mit Experteninterviews

Basierend auf der aktuellen Forschung (Kapitel 6.1 - 6.2) wurden die Schlüsselgeschäftschancen

mit Experteninterviews aus dem lokalen Markt validiert. Mit mehrheitlich offenen Fragen

(qualitative Methode) wurden die Geschäftschancen der Unternehmen durch die Digital

Transformation mit einer Bewertungsmatrix (quantitative Methode) erhoben.

Bei den Geschäftschancen, welche die digitalen Technologien ermöglichen, ergaben sich aus den

geführten Interviews keine tatsächlichen Priorisierungen oder Spitzenreiter der Digital

Transformation. Unterschiedliche Firmen in unterschiedlichen Sektoren mit unterschiedlichen

digitalen Maturitäten haben nicht die gleichen Prioritäten und damit Geschäftschancen. Die

Experten waren sind allerdings einig, dass jedes Unternehmen durch digitale Technologien von

einem signifikanten Mehrwehrt profitiert. Zusammenfassend haben die Interviewpartner

folgende Schlüsselgeschäftschancen genannt:

Die Digital Transformation hilft Unternehmen bei der Sicherung der langfristigen

Wettbewerbsfähigkeit.

Es entstehen neue Vorteile für sämtliche Akteure im Markt. Im Mittelpunkt standen

allerdings die Benefits für Endkunden, die vielfach von Ersparnissen bei gleichzeitig höherer

Kundenzufriedenheit profitieren.

Da die Geschäftschancen entlang der kompletten Wertschöpfungskette entstehen können,

wurde auch vielfach eine einfache zweidimensionale Betrachtungsweise herangezogen. Die

Grundsatzfrage dabei war, wie man mit digitalen Technologien Kosten reduzieren und

grössere Gewinne erreichen kann.

Die SBB konnte zum Beispiel mit der neuen SBB-Mobile-App eine höhere Kundenzufriedenheit

als beim Ticketkauf am Schalter oder an den Ticketautomaten erzielen. Zudem wurden die

Kosten für den Ticketkauf über die SBB-App um den Faktor 10 reduziert. Weiter ist für die SBB

die Predictive Maintanance der Züge ein wichtiges Thema, um Kosten für den Unterhalt zu

reduzieren und gleichzeitig die Qualität des Schienenverkehrs zu garantieren.

In der Versicherungsbranche entstehen neue

Dienstleistungen basierend auf Predictive Analytics,

Smart- und Big Data sowie Sensortechnologien. Ein

Beispiel liefert die digitale Box in den Autos der

Fahrzeugführer. Hier können neue Policen auf Grundlage

des aktuellen Fahrverhaltens angeboten werden.

Auch Predictive Maintenance ist ein wichtiges Thema um

Schäden zu verhindern. Im Allgemeinen geht es um eine

klare Musterkennung und Priorisierung der Risiko- und

Potentiallandschaft. In diesem Kontext stehen natürlich

alle versicherbaren Werte, deren Risikoeinschätzung und

die daraus resultierenden Geschäftschancen im

Mittelpunkt der Überlegungen.

«Die Digitalisierung hilft uns

gleich in zwei Dimensionen –

wir können zum Beispiel mit

Predictive Maintenance

Schäden verhindern und

gleichzeitig neue Produkte

und Dienstleistungen u. a. mit

Sensortechnologien und Smart

Data auf den Markt bringen»

(Mathias Born, Head Data

Standards and Governance,

ZUERICH Versicherung)

Page 48: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 47

Für eine Priorisierung der Hauptgeschäftschancen wurden existente Forschungsergebnisse

(Kapitel 6.1.1) mit quantitativen Fragen aus drei Themenclustern aus Schweizer

Marktperspektive validiert.

Die Bewertung der einzelnen

Dimensionen wurde mit einer Skala von

1 - 10 ermittelt. 1 - 3 gelten als kleine, 4

- 7 als mittlere und 8 - 10 als grosse

Geschäftschancen.

Bei der Prioritätenliste der Top-

Chancen zeichnet sich in der

themenspezifschen Clusterbewertung

folgender Trend ab:

Wert 7.58: Customer Experience

Wert 7.17: Operational Excellence

Wert 6.17: Business Modelle

Trotz einer heterogenen Experten-

gruppe ergab sich in der Priorisierung der einzelnen Dimensionen die gleiche Reihenfolge wie

im theoretischen Teil dieser Arbeit. Der grösste Nutzen wird der Customer Experience

zugeschrieben, gefolgt von Operational Excellence und neuen Business Modellen. Eine

nochmalige Mehrwertsteigerung würde eine Kombination der Disziplinen ermöglichen.

Das Potential von neuen digitalen Business Modellen und Einnahmequellen wurde als eher

zweitrangig angesehen. Die Experten warnten sogar vor Experimenten ausserhalb der

Kernkompetenzen. Die meisten Firmen scheitern im Innovationsprozess, da sie auf Modelle

setzen, die nicht zu ihrer DNA passen. Hingegen wurde die Erweiterung des Business Modells als

ein wichtiger Bestandteil der Transformation angesehen. Die Kernfrage, die sich im Rahmen

jedes Interviews stellte, war: Wie kann die digitale Technologie mein Kerngeschäft unterstützen

und mit digitalen Erweiterungen dem eigenen Angebot zu einer Unique Selling Proposition

verhelfen?

Tabelle 9: Gewichtung der Geschäftschancen der Digital Transformation

In der Einzelbewertung der Unterkategorien ist eine detaillierte Betrachtung der Top-

Geschäftschancen möglich. Spitzenwerte mit einer durchschnittlichen Höchstbewertung von

+8.25 erzielen die Themen:

Wert 8.75: Kundentouchpoint-Management für ein konsistentes Kundenerlebnis

Wert 8.50: Prozessdigitalisierung um Betriebskosten zu senken

Wert 8.50: Digitale Erweiterung des Geschäftsmodells

Wert 8.25: Customer Knowledge und Einsatz von Business Intelligence-Lösungen

Abbildung 32: Validierung der Geschäftschancen

Page 49: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 48

Kalibrierung und Zusammenfassung Geschäftschancen

Die Kalibrierung und Zusammenfassung der Geschäftschancen aus dem theoretischen (Kapitel

6.1) und dem praktischen Teil (Kapitel 6.3.1) dient als Grundlage für die Entwicklung der Digital

Transformation Methodologie (Kapitel 8). Es wird bewusst nur auf eine Zusammenfassung der

Geschäftschancen aus Perspektive der Führungskräfte und des Top-Managements eingegangen:

Kompass: Geschäftschancen der Transformation 1. Wachstum und Effizienz entlang der ganzen Wertschöpfungskette

Dank der digitalen Technologien können aus Kunden-, Mitarbeiter-, Prozess- und Finanzperspektive signifikante Mehrwerte durch Umsatzsteigerung, Kostenreduktion sowie höhere Kundenzufriedenheit und verbesserte Produkt- und Servicequalität erzielt werden.

2. Basis für Innovation und langfristigen Unternehmenserfolg In einer Zeit der allumfassenden Digitalisierung und neuer Kundenbedürfnisse sowie von verändertem Kundenverhalten unterstützt der Einsatz der digitalen Technologien den Unternehmenserfolg immens. Die Steigerung der Kundenzufriedenheit und -loyalität und die Sicherung bestehender bzw. die Erschliessung neuer Marktanteile sichern die unternehmerische Zukunft.

3. Die Geschäftschancen lassen sich in drei Bereiche gliedern Zur allgemeinen Orientierung kann der Nutzen der Technologien in die drei Bereiche Kundenerlebnis, Geschäftsprozesse und neue Geschäftspotentiale gegliedert werden. Aktuelle Studien und Ergebnisse aus Experteninterviews sehen den bisher grössten Nutzen für Unternehmen im Bereich der Kundenorientierung.

4. Kundenerlebnis und -loyalität – Externe Geschäftspotentiale

Durch die Nutzung digitaler Technologien kann eine höhere Kundenzufriedenheit und -loyalität erzielt werden. Parallel dazu steigt die Wirtschaftlichkeit der Aktivitäten in der Interaktion mit dem Kunden. Letztendlich können auf Basis von Kunden-Insights höhere Umsätze erzielt und Marktanteile ausgebaut werden.

5. Prozessdigitalisierung und Zusammenarbeit – Interne Geschäftspotentiale

Im Supply-Chain-Management kann durch den Einsatz digitaler Technologien eine Kostenreduktion erzielt werden. Nicht nur Effizienz, sondern auch mehr Effektivität in neuen Wertschöpfungsketten ist möglich. Auch die Mitarbeiterproduktivität- und -zufriedenheit sowie die Führungsqualität können gesteigert werden.

6. Erweiterte und neue Business Modelle – Interne Geschäftspotentiale

Die Erweiterung der bestehenden Produkte und Dienstleistungen ermöglicht zusätzliche Wertsteigerung, Differenzierungsvorteile sowie neue Einnahmequellen. Auf Basis digitaler Technologien können sogar komplett neue Geschäftsmodelle entstehen. Der Rat der Experten war allerdings: digitale Technologien sollen für die Verbesserung des Kerngeschäfts eingesetzt werden, bevor neue Differenzierungsvorteile angetrebt werden.

Page 50: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 49

7 Erfolgsfaktoren der Digital Transformation

7.1 Reife Unternehmen weisen den Weg

Reifegrad-Assessments schiessen wie Pilze aus dem Boden und geben Orientierung. Im

Dschungel der Assessment-Möglichkeiten haben sich zwei Varianten als nützlich erwiesen. Das

Modell von MIT Sloan, das mit vier Quadranten die Reife eines Unternehmens ermittelt, und das

Reifegradmodell der Universität St. Gallen, das neun Dimensionen unter die Lupe nimmt.

Die Studie von MIT Sloan zeigt auf, dass

digital reife Unternehmen ihre

Mitbewerber im Umsatz +9% und in der

Profitabilität +26% deutlich übertreffen.

Diese digital Masters übertrumpfen ihre

Konkurrenz mit einer Kombination

innovativer Initiativen bei gleichzeitiger

Unternehmenstransformation. Digital

Masters haben digitale Fähigkeiten, um

Innovationen im Bereich

Kundenorientierung (Kapitel 6.2.1),

Prozessdigitalisierung und

Zusammenarbeit (Kapitel 6.2.2) zu

lancieren. Sie haben

Führungsfähigkeiten, um mit einer Vision, Strategie und Transformationsbegeisterung das

Unternehmen in ein digitales Zeitalter zu führen.

Orientierung – Reifegrad der Unternehmen

Abbildung 34: Orientierung durch Reifegrad-Quadranten

Quelle: in Anlehnung an Westerman G., Bonnet D. (2014: 15)

Abbildung 33: Digital Masters übertreffen ihre Branche

Quelle: in Anlehnung an Westerman G., Bonnet D. (2014:

18)

Page 51: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 50

Während digitale Anfänger keinen Grund zu Veränderungen sehen und dem Geschäftsnutzen

von digitalen Technologien grundsätzlich skeptisch gegenüberstehen, sind digital Konservative

und digital Modebewusster hier aufgeschlossener. In diesem ersten Stadium sollte mit kleinen

Initiativen experimentiert und ein erster Geschäftsnutzen realisiert werden. Erst in einem

zweiten Schritt empfiehlt es sich, in eine eigene Vision und Strategie zu investieren.

Falls ein Unternehmen zu den digital Konservativen gehört, dann kann es auf ein gutes digitales

Leadership Team mit einer guten Governance zurückgreifen. Da jede Firma einen

Optimierungsbedarf im Bereich der Kundenorientierung oder in der operativen Effizienz hat,

kann bei den Veränderungen mit einem soliden Business Case und punktuellen, gezielten

Initiativen gestartet werden.

Bei den digital Modebewussten verhält es sich genau umgekehrt. Sie handeln proaktiv, lancieren

viele Initiativen und adaptieren frühzeitig neue Technologien. Leider können sie aufgrund von

Silo-Implementierungen, mangelnder Firmenvision und fehlender Koordination den erhofften

Geschäftsnutzen nicht realisieren. Das Unternehmen sollte in die Governance der Initiativen

investieren um zusätzliche Synergien zu realisieren. Letztendlich ist ein kohärenter

Transformationsplan notwendig.

Digital Masters haben eine digitale DNA. Die Führungskräfte verfügen über eine ausgeprägte

digitale Vision, grosse Leidenschaft und Wertschätzung für digitale Technologien. Sie bringen

gute Ideen ein und setzen sich auch gegen Konventionen durch. Zusammenfassend sind es die

Unternehmen, die die Marktchancen der digitalen Technologien konsequent nutzen.

Transformationsschritte basierend auf digitaler Reife

Gibt es ein Patentrezept? Folgt man den Recherchen von MIT Sloans, dann haben erfolgreiche

digital Masters unterschiedliche Wege für den eigenen Erfolg gewählt. Je nach Geschäftskultur

und Branche war die Startposition die des digital Innovativen oder des digital Konservativen.

Paulo Jo Caudron, Autor von «Digital Transformation: A Model to Master Digital Disruption»,

empfiehlt mit den wichtigen Projekten zu starten statt mit denjenigen, die für das Unternehmen

in erster Linie bequem sind. Der Digital Transformation Report 2015 der Universität St. Gallen

hat aufgrund der digitalen Reife von Unternehmen drei Entwicklungsstufen definiert:

Tabelle 10: Schwierigkeit der Definition von Reifekriterien für die Digital Transformation

Quelle: Berghaus et al. (2015: 64)

Page 52: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 51

7.2 Leadership, Vision und Organisation für ein digitales Zeitalter

Entwicklung einer transformativen Vision und strategische Ziele

Die Begriffe Vision, Strategie und Mission werden in der Praxis oft verwechselt. Nur durch die

saubere Formulierung und Entwicklung der drei Termini erhält der Mitarbeiter den normativen

Rahmen für sein Handeln. (Roland Waibel 2010)

Es überrascht umso mehr, dass gerade in dieser beschleunigten digitalen Welt nur

durchschnittlich 42% der Unternehmen eine digitale Vision haben und diese nur bei 34% mit

dem mittleren Management geteilt wird. Im Vergleich dazu die digital Masters: hier haben 82%

eine digitale Vision ihrer Zukunft (Westerman et al. 2011). Digital Masters zeichnen sich durch

eine «Digital by Default»-Vision aus, die keine zusätzlichen Arbeitsschritte erfordert, sondern

eine Selbstverständlichkeit in ihrem Handeln ist.

Startpunkt einer digitalen Vision

Die Entwicklung eines emotionalen und

resonanzfähigen Zukunftsbilds (Kapitel 5.2) erfolgt

bei einer digitalen Vision rund um die drei

Kernbereiche Kundenerlebnis, Geschäftsprozesse

und Geschäftspotentiale. Die Vision in diesen

Bereichen stellt das Fundament für eine holistische

und umfassende Strategie dar:

Wo möchten wir in fünf Jahren stehen?

Kundenerlebnis/-nutzen?

Geschäftsprozesse?

Geschäftsmodelle?

Die Überlegungen starten grundsätzlich beim Kundenbedürfnis, und zwar aus der Perspektive

der eigenen strategischen Assets17, die im Unternehmen vorhanden sind. Zudem erfordern sie

den Einbezug der aktuellen Wettbewerbssituation inklusive potentieller, disruptiver

Marktteilnehmer. Beim Gestaltungsprozess der Vision soll «gross» gedacht werden, immer aus

einer Geschäftsperspektive, angereichert mit der technologischen Komponente und dem

Kundenerlebnis. Die Vision soll nicht nur auf mögliche Substitutionsgüter oder auf die

Erweiterung bestehender Güter eingehen, sondern (sofern möglich) auf eine fundamentale

Transformation des Kundennutzen, der Prozesse und Geschäftsmodelle. Die Inspiration hierfür

liefern die digital Masters oder auch Sciene Fiction Filme.

Strategisch messbare Ziele als Orientierung

Die Vision ist der erste Meilenstein für die Identifikation der Mitarbeiter mit einem langfristigen

Zukunftsbild. Bei einer Transformationsvision ist entscheidend, messbare Ziele der Strategie zu

kommunizieren. Nur bei Kombination der Komponenten Vision (wohin möchten wir gehen),

strategisches Ziel (was bringt es) sowie strategische Umsetzung (mit wem) wird der Mitarbeiter

17 Die strategischen Assets sind besondere Alleinstellungsmerkmale und Kompetenzen einer Firma. Idealerweise sind sie nur

schwer kopierbar.

Abbildung 35: Vision der Digital Transformation

Page 53: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 52

Vertrauen fassen, einen Sinn sehen und einen Willen zur Veränderung entwickeln. Basierend auf

der Balanced Scorecard nach Kaplan/Norton sind folgende Fragestellungen zu beantworten:

Kunden: Wie werden wir einen überdurchschnittlichen Kundennutzen sicherstellen?

Prozesse: Wie werden wir unsere Kern- und Supportprozesse gestalten und umsetzen?

Innovation: Wie werden wir strategische Assets und die digitalen Technologien nutzen?

In einem zweiten Schritt gilt es, realistische Etappenziele zu identifizieren und diese zusammen

mit der Vision zu kommunizieren. Es ist weniger wichtig eine finale Vision zu haben als eine

digitale Vision mit flexiblen Ausbaustufen. Heute ist ungewiss, was in zehn Jahren möglich ist.

Die Vision wird aus diesem Grund laufend angepasst und erweitert.

Praxisbeispiel der Firma Gelbe Seiten in Frankreich

Als Jean-Pierre Remy 2009 der CEO von Gelbe Seiten in Frankreich wurde, war das Unternehmen

in keiner guten Position. Die Firma hatte mit Umsatzrückgängen zu kämpfen. Die gedruckten

Gelben Seiten fanden immer weniger Absatz und wurden durch die disruptive Technologie des

Internets Schritt für Schritt verdrängt (Westerman George, Bonnet Didier 2014).

Der CEO versuchte die Belegschaft von einem digitalen Gelbe-Seiten-Service zu überzeugen. Die

Mitarbeiter waren skeptisch und konnten den Wandel nicht verstehen. Weshalb sollte sich

etwas ändern wenn sie der Branchenleader waren? Sie hatten ja auch die dot-com-Blase 2002

überlebt. Durch den starken Arbeitnehmerschutz in Frankreich konnte der CEO die

transformationsresistente Belegschaft auch nicht kündigen. Den in dieser Situation gewählten

Weg von Remy möchte ich im Hinblick auf die genannten Erfolgsfaktoren aufzeigen:

Kernbusiness und strategische Assets Gelbe Seiten

Das Kernbusiness von Gelbe Seiten war nicht die Produktion und der Druck der Gelbe-

Seiten-Kataloge, sondern KMU mit Kunden in Kontakt zu bringen.

Kundennutzen und Existenzgrund für ein Unternehmen

Kunden und KMU finden sich auf einfache Weise über die Gelben Seiten und können somit

in Kontakt treten.

Bedeutung disruptive Innovation

Die digitalen Angebote haben im Vergleich zur gedruckten Version einen signifikanten

Mehrwehrt für den Kunden. Ohne zusätzliche Kosten von überall und jederzeit auf

einfacher Weise direkt mit dem gewünschten Anbieter in Kontakt zu treten, macht die

existierende Technologie (gedruckte Bücher) nahezu überflüssig.

Veränderung bei resistenten Mitarbeiter

Dem CEO war klar, dass er die Mannschaft nur auf seine Seite bringen wird, wenn er ein

emotional resonanzfähiges Zukunftsbild für die Belegschaft zeichnen konnte. Eine Zukunft,

in der die Mitarbeiter eine wichtige Rolle spielen. Eine Zukunft, die an die Kernkompetenz

der Firma geknüpft ist.

Kommunikation einer zukunftsfähigen Vision

Bei der Kommunikation der neuen Vision hat der CEO die Kernkompetenzen der Firma in

den Mittelpunkt gestellt. Die Gelben Seiten werden auch in Zukunft Kunden und KMU in

Verbindung bringen. Die neuen Technologien unterstützen die Gelben Seiten bei einer

besseren Dienstleistung. Parallel dazu hat der CEO seine Vision mit realen Zielen

Page 54: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 53

untermauert. Das Umsatzziel in fünf Jahren wurde von einem 30%igen Online-Mix auf

einen 75%igen Online-Mix angepasst und kommuniziert. Dies ermöglichte dem CEO die

Debatte über die Vision und Geschwindigkeit abzuschwächen und erlaubt eine integrierte

Sichtweise auf das sich verändernde Geschäft.

Kommunikation als dauerhafte Komponente der Transformation

Die Kommunikation während der Transformation war ein ständiger Begleiter. Offene,

ehrliche und durchgängige Kommunikation schuf die Basis für Orientierung und Navigation

des Unternehmens. Erfolge wurden nach aussen getragen; parallel dazu wurde in die alten

Technologien nicht mehr investiert. Schritt für Schritt verstand der Kunde den Nutzen der

Online-Gelbe-Seiten und die Verkäufer lernten den Service zu vermarkten.

Vier Jahre später, 2013

Nach vier Jahren erreichte Remy seine digitale Vision und damit beinahe seine

Transformationsziele. Der Umsatz im digitalen Bereich stieg schnell genug um das

klassische Geschäft zu kompensieren. Remy konnte die Gelben Seiten von einem

Papierkatalog erfolgreich in die digitale Welt transformieren.

Führung in einer digitalen Welt

Die Transformation hat kein Ende, sondern wird zum ständigen Begleiter für das Unternehmen

und kann somit von der Geschäftsleitung nicht delegiert werden. Der Geschäftsleiter ist

Gestalter der kontinuierlichen Digital Transformation und muss eine «Digital-First-Mentalität»

vorleben und etablieren. Um es an dieser Stelle noch deutlicher zu machen zitiere ich George

Coloney (CEO Forrester Research):

«If you can’t understand the new world of digital, fire yourself. Build an executive team that

is digital-first (when problems arise, the first solution is always digital). Make sure there is a

techie on the board of directors. If the board has a low digital IQ, the company will have a low

digital IQ.»

Führungsfähigkeiten und Persönlichkeitseigenschaften

Digital zur führen erfordert eine neue Führungsmentalität. Vorreiter wie zum Beispiel Mark

Zuckerberg (Facebook), Steve Jobs (Apple) oder auch Elon Musk (Tesla) haben

Persönlichkeitseigenschaften, die zu einer Führung im digitalen Zeitalter passen (Christian

Hoffmeister n.d.):

Sie haben Visionen, setzen sich gegen Konventionen durch und sind geprägt von Mut und

Optimismus. Ihr Fokus liegt auf der Differenzierung ihres auf digitalen Technologien

basierenden Business. Nicht die Technologien als solche stehen im Mittelpunkt, sondern die

Abgrenzung!

Sie sind vom Kundennutzen und Kundenerlebnis besessen. Innovationen in den Bereichen

Customer Experience, Geschäftsprozesse und neue Geschäftsmodelle sind zentral.

Sie haben eine Leidenschaft und Wertschätzung für digitale Technologien. Sie verstehen

deren Grundlagen, Möglichkeiten und Limitationen und treiben die Perfektionierung ihrer

Produkte und Dienstleistungen voran.

Page 55: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 54

Sie sind die eigentlichen Promotoren der Transformation. Sie fördern gute Ideen, geben

Freiräume und vertrauen auf den Wandel. Sie sind es, die eine Atmosphäre der Innovation

und des Machbaren vermitteln und das Fundament für die Zukunft ihrer Firmen bauen.

Führungserfolgsfaktoren für die Transformation

Die Entwicklung einer prägnanten zukünftigen Vision sowie die Initiierung und Verfolgung von

ersten experimentiellen Initiativen sind die Basis für Veränderung. Das Management soll die

digitale Agenda definieren, den kulturellen Wandel ermöglichen und Governance-Mechanismen

etablieren. (Westerman George, Bonnet Didier 2014).

Führung durch Vision, Strategie und wegweisende Initiativen

Definition der Transformationsagenda und Einbeziehung der ganzen Organisation (->

Kommunikation!)

Etablierung einer Governance zur Vereinfachung von bereichsübergreifenden Initiativen

Organisationsentwicklung: digitale Fähigkeiten, digitale Initiativen, Kulturveränderung

Digital Transformation Governance

Das mittlere Management muss die Strategie und die Zielvorstellungen klar verinnerlicht haben,

damit es die Transformation auf den Weg bringen und realisieren kann. Manager auf der

mittleren Ebene, die sogenannten «Digital Leaders», haben auch den direkten Zugriff auf die

Mitarbeiter.

Nun, wer trägt die Gesamtverantwortung für die Transformation? Laut KPMG verlangt die Digital

Transformation eine enge Zusammenarbeit zwischen Marketing und IT-Abteilung (KPMG 2014).

Marketing bringt die Outside-In-Sichtweise ein und trifft Entscheidungen auf Basis von Daten.

Die IT muss die Geschäftsprozesse verstehen, um eine digitale Wertschöpfung für den Kunden

technisch zu realisieren.

Auf den ersten Blick mag dies für die Führungskraft einen plausiblen Weg darstellen, aber eine

ganzheitliche Transformation kann in dieser Kombination alleine nicht stattfinden, obwohl CMO

und CIO sehr wichtige Rollen einnehmen. Der CMO hat die Verantwortung für die Kunden, aber

er wird keine Kompetenzen im Bereich der Geschäftsprozesse (Kapitel 6.2.2) oder der

Entwicklung neuer Geschäftsmodelle (Kapitel 0) haben. Der CIO ist derjenige, der die

Technologien am besten kennt. Kann aber der CIO als Verantwortlicher für die Legacy Systeme

wirklich der Treiber des Wandels werden? In seinem komplexen IT-technischen und -

strategischen Umfeld wird er weder eine holistische Transformation führen noch die richtigen

businessrelevanten Fragen beantworten können.

Da die Veränderung alle Bereiche des Unternehmens betrifft (Strategie, Geschäftsmodell,

Prozesse und Kultur), ist es Aufgabe des gesamten Managements, die Transformation zu

realisieren. Jeder Rolleninhaber sollte sich im Hinblick auf seine Kompetenz die Frage stellen:

Wie kann ich digitale Technologien nutzen, um in meinem Bereich einen signifikanten

Mehrwehrt zu schaffen?

Page 56: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 55

Page 57: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 56

Die Grafik zeigt ein praxisorientiertes, einfaches Beispiel einer Wettbewerbssituation, die für

jeden Player individuelle Fragen aufwirft:

Abbildung 36: Digital Transformation – Beispiele Fragestellungen für Führungskräfte

Nun wird relativ rasch klar, dass die digitalen Technologien in allen Bereichen und für jede Rolle

relevant sind. Die Frage nach der Gesamtverantwortung für die Transformation und

Orchestrierung der strategischen Eckpfeiler im Unternehmen ist jedoch noch immer offen.

Unsere amerikanischen Kollegen

schlagen den Digital

Transformation Officer vor (Jo

Caudron 2014). Dieser soll als

Stabstelle neben dem CEO die

Transformation mit speziellen

Mandaten und Projekten führen und

auf ein Digital Transformation Team

zugreifen können. Durch die

Schaffung dieser Rolle wird einem

Unternehmen bewusst, dass die

Digital Transformation nicht einfach

ein Projekt ist, sondern einen

permanenten Prozess für das Unternehmen darstellt. Der DTO wird durch sein Mandat neue

Spannungsfelder erzeugen und ist gleichzeitig auf die Kooperation und Kollaboration der CxO

angewiesen.

Abbildung 37: Der DTO mit dem Digital Transformation Team

Quelle: in Anlehnung an Caudron J. et al.

(2014, Kindle Location 1304)

Page 58: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 57

Erfolgsfaktoren - Was soll ein Digital Transformation Officer (DTO) mitbringen?

Leadership: Der DTO ist eine Person mit Leadership-Fähigkeiten und Charisma, der das

Management überzeugen kann und die Digital Transformation erfolgreich vorantreibt.

Stratege: Der DTO ist ein Stratege, der neuen Geschäftsmodelle definieren kann, den

Wandel konzipiert, alle strategischen und operativen Herausforderungen kritisch hinterfragt

und diese wenn nötig über Bord wirft.

Digitale DNA: Für jeden Lösungsprozess kann er mit machbaren und digitalen Lösungen

Szenarien für signifikante Verbesserungen entwickeln. Er kennt die Technologien, deren

Nutzen und Reifegrade.

Krisenmanager: Er kann Krisen managen und führt Menschen und die Organisation über das

Change- und Transformation-Management.

Datengetrieben: Er versteht die Aussagekraft der Kennzahlen und führt die Transformation

eines Unternehmens datenbasiert.

Innovationsprojekte: Idealerweise ist er federführend für jedes Innovationsprojekt im

Unternehmen und baut abteilungsübergreifende Silos ab.

Auf den ersten Blick unterscheiden sich die Fähigkeiten nicht sehr von den idealen

Charaktereigenschaften eines CEO. Ein DTO ist für einen CEO dann notwendig, wenn dieser

keine digitale DNA besitzt und die Herausforderung der Transformation wegen mangelnder

Kapazitäten nicht stemmen kann. In einer idealen Kombination würde der CEO zusammen mit

dem CDO die Transformation vorantreiben. Joe Caudron beschreibt die Symbiose wie folgt:

«The CEO stands for the power of the present (and the past), the CDO stands for the opportunities

of tomorrow.»

Abschliessend soll klargestellt werden, dass digital Masters unterschiedliche Wege für den Erfolg

suchen und finden. Firmen wie Starbucks haben in einen Digital Transformation Officer

investiert. Andere Unternehmen mit einer digitalen DNA haben die Verantwortung einem

erfahrenen Manager anvertraut. Es kommt immer auf das individuelle Unternehmens-Setup an,

die vorhandenen Kompetenzen und Managementstrukturen.

Page 59: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 58

7.3 Technologische Fähigkeiten

Bei einer Führungskraft kann tiefes Technologieverständnis nicht unbedingt vorausgesetzt

werden. Für eine Digital Transformation bedarf es allerdings einer neuen Qualität der

Zusammenarbeit zwischen dem Business

und der IT. Führungsverantwortliche

müssen erkennen, welcher

Geschäftsnutzen mit der

Informationstechnologie erzielt werden

kann. Ein CIO muss mehr denn je in

Ergebnissen, Wertschöpfungsketten und

Geschäftsnutzen denken und handeln.

Die unterschiedlichen Rollen sollen in

einer Symbiose eine Passion für die

gemeinsamen Ziele entwickeln und diese

verfolgen.

Was machen die digital Masters? 82%

der digital Masters investieren in digitale

Fähigkeiten, die für das Unternehmen

wichtig sind, versus 40% der Firmen ohne

digital Masters. Sie beschleunigen den

Wandel und nutzen zum Beispiel zu +31%

mehr Soziale Medien, +38% mehr mobile

Technologien und verfügen zu +19% über die besseren analytischen Fähigkeiten. Die

technologischen Fähigkeiten führen auch zu besserer Kollaboration im Unternehmen

(Westerman George, Bonnet Didier 2014).

Schlüsselerfolgsfaktoren für den technologischen Wandel

Aus Sicht der Führungskraft gliedert Cap Gemini die Schlüsselerfolgsfaktoren für eine

kontinuierliche Transformation in vier Kategorien. Die Führung hat die Verantwortung,

Investitionen in folgenden Bereichen zu tätigen:

Ausbau der digitalen Fähigkeiten und Initiativen und Investitionen in diesem Bereich

Damit einem Unternehmen der Wandel gelingt, soll in moderne Informationstechnologien

für den Mitarbeiter sowie in sein Know-how investiert werden. Beides führt zu einer

besseren Kollaboration und mehr Kundenverständnis. Die Digital Transformation gehört

auf die Agenda des Geschäftsführers und des mittleren Managements. Die einzelnen

Rollen sollen ihre individuellen Erfolgsfaktoren verstehen und wissen, welche

Geschäftspotentiale mit Informationstechnologien in ihren Bereichen entstehen können.

Die Geschäftsführung soll aktiv in Initiativen und eine digitale Plattform investieren. Eine

orchestrierte Plattform wird zum Rückgrat des Unternehmens.

Digitale Plattform und Fokus Datenanalyse

Die Grundlage und das Rückgrat der Transformation bildet die digitale Plattform. Während

kleine Firmen meistens unterentwickelte Plattformen haben, stehen die grossen Firmen

vor der Herausforderung der Konsolidierung der einzelnen Silo-Lösungen. Die Investition in

einer gut strukturiertere Plattform (nur so komplex wie notwendig aber maximal

integriert) ist die Basis für den Erfolg. Nur durch eine integrierte Plattform kann das

Abbildung 38: Technologische Fähigkeiten der IT

Quelle: in Anlehnung an Joachimsthaler V. (2014: 22)

Page 60: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 59

Potential in den Bereichen Customer Experience, Operational Excellence sowie neue

Geschäftsmodelle maximal ausgeschöpft werden. Systeme sowie Prozesse müssen

vereinheitlicht werden, Business und IT sollen gleichermassen integriert und

Kundenwissen generiert werden. Die Steuerung der Firma erfolgt über Business-

Intelligence-Tools. Mit einer guten digitalen Plattform lassen sich Skalierungseffekte

erzielen sowie einfach Marktpotentiale erobern. Am Beispiel von Amazon.com lässt sich

verdeutlichen, wie mächtig eine gute digitale Plattform sein kann. Amazon weiss über

Jahre genau, wie das Kaufverhalten und die Customer Journey der Kunden aussehen.

Amazon kennt seine Kunden praktisch persönlich, und dies in einem Massenmarkt!

Duale IT Geschwindigkeit

Mit bestehenden Infrastrukturen kann der CIO vielfach mit der Geschwindigkeit und den

Anforderungen aus dem Fachbereich nicht mehr mithalten. Fachbereiche mit eigenen

Budgets umgehen teilweise die IT komplett um von höheren Innovationszyklen zu

profitieren. Dies fördert weiter die Silo-Entwicklung statt die Sichtweise auf eine digitale

übergreifende Plattform. Als Lösungsansatz wird eine duale IT-Geschwindigkeit

empfohlen. Die Fachbereiche zusammen mit der IT entscheiden, welche Projekte in

welchem Rahmen mit welcher Geschwindigkeit in einem separaten Entwicklungszyklus

durchgeführt werden können. Die duale Betrachtungsweise löst kurzfristig den Spagat

zwischen den Fachbereichen und der IT.

Agilität und schnelle, kontinuierliche Innovationen

Die duale Geschwindigkeit der IT ist nur eine kurzfriste Lösung. Eine bereits etablierte

digitale Plattform hat kurze Entwicklungs-, Innovations- und Go-to-Market-Zeiten. Flickr z.

B. kann bis zu zehn neue Feature-Deployements pro Tag ausliefern (Westerman George,

Bonnet Didier 2014). Oder nehmen wir als Beispiel die Bank aus Kapitel 6.2.1, die die

Dauer für das Release von grösseren Updates von 13 Monaten auf einen Monat reduzieren

konnte. Die Agilität kann erreicht werden indem 1. Lösungen gemietet oder gekauft statt

neu entwickelt werden, 2. eine digitale Plattform eingesetzt sowie 3. eine standardisierte

und einfache Development-Strategie verfolgt wird. Sie erfordert ausserdem rasche

Testing- und Lernzyklen. Um die Agilität weiter zu erhöhen sind Cloud-Lösungen im SAAS,

IAAS und PAAS notwendig.

Spannungsfeld für den CIO lösen

Durch die stärkere Verzahnung der Fachabteilungen mit der IT erhöht sich der Business Fokus

eines CIO. Die Anforderungen an ihn und die IT sind gewaltig und lassen sich mit Investitionen,

dem Ausbau der digitalen Fähigkeiten und einem Governance-Modell bewältigen. Die

grundsätzlichen Herausforderungen lassen sich wie folgt gliedern:

Tabelle 11: Wandel für den Chief Information Officer

VON … … HIN ZU

Technik-Orientierung IT als Selbstzweck Denkt in Kosten Interne Orientierung Folgt Technikinnovationen

Geschäftsprozess-Orientierung IT als Mittel zum (Business-)Zweck Denkt in Ergebnissen Externe Orientierung Treibt Geschäftsinnovationen

Quelle: in Anlehnung an Laudon C. et al. (2009: 870)

Page 61: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 60

Die Position des CIO ist die zwischen dem Infrastruktur-Entwickler und dem Architekten des

Wandels. Laut einer Studie von SAP (Joachimsthaler & Group n.d.) behält die IT weiterhin ihre

klassischen Aufgaben rund um die Robustheit, Sicherheit und Stabilität der Infrastrukturen. Die

Infrastrukturen sind komplexe Gebilde mit langsamen Innovationszyklen.

Genau hier ist bimodales IT-Verständnis notwendig. Laut einer aktuellen Gartner Prognose

werden Unternehmen bis 2017 zu 75% bimodale IT eingeführt haben.

Das bedeutet, dass die IT

einen Modus für die

klassische IT fährt (Stabilität)

und ein zweiter Modus die

Digitalisierung vorantreibt

(Agilität). Gartner warnt

hier vor einem Stuck-in-

the-Middle-Effekt wenn

die zwei Bereiche

voneinander getrennt

betrieben werden und so die

ursprüngliche Idee der

Integration verfehlt werden

könnte.

Daraus lässt sich folgender

Lösungsvorschlag auf drei

Ebenen ableiten. Je nach

Reifegrad der IT-Abteilung

und des CIO sind auch andere

Modelle denkbar. An dieser Stelle ist für die Führungskraft nur das Spannungsfeld zwischen

stabilen und agilen Lösungsansätzen inkl. Rollenverständnis wichtig:

1. Stufe: Infrastruktur-Entwickler übernimmt vormalige CIO-Rolle

Traditionelle Sichtweise: Stabilität und Kostenreduktion

2. Stufe: CIO beschleunigt die Agilität der IT-Abteilung

Vereinfachung der Legacy-Systeme und Priorisierung von

Innovationen im Bereich der Digitalisierung

3. Stufe: CIO als Architekt des Wandels

Der CIO etabliert neue Geschäftsmodelle und trägt keine

IT-Infrastruktur Verantwortung mehr.

Ein gutes Beispiel für die Schnittstellenfunktion und das Rollenverständnis von Fachabteilungen

und IT sind zwei Kernakteure bei der Firma Migros (Joachimsthaler & Group n.d.):

«Das Marketing kommt von der Vision, mehr Kundennutzen zu erzielen. Das ist teilweise noch sehr abstrakt und verlangt von der IT, auch Teil der Visionsentwicklung zu sein und über das ‚Warum‘ Bescheid zu wissen» Roman Reichelt, Head of Brand Marketing, Migros

«Die CIO-Funktion ist immer weniger die eines IT-Spezialisten. Die fachliche Kompetenz ist nicht so sehr der Engpass. Entscheidend ist heute die Fähigkeit, den Mehrwert für das Business aufzeigen zu können und auf dieser Basis gemeinsam Lösungen zu entwickeln» Dominic Bossard, Head BI Solutions, Migros IT-Services

Abbildung 39: Spannungsfeld der IT

Quelle: Joachimsthaler V. (2014: 18)

Page 62: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 61

7.4 Business-Transformation-Fähigkeiten

Neben den Führungs- und technologischen Fähigkeiten einer Unternehmung gibt es auch ein

Grundmuster von Unternehmen, die den Wandel erfolgreich und aktiv gestalten. Dies ergibt sich

aus der Einstellung: «Sei dem Wandel stets voraus». Diese Firmen nutzen die Kräfte des Wandels

statt sich dagegen zu stemmen. Mit dieser Haltung gelten andere Spielregeln. Für diese Firmen

ist der Wandel kein Muss, sondern ein Wunsch. Sie lernen laufend neue Wege zu beschreiten,

wachsen jeden Tag über sich hinaus und substituieren sich selber immer wieder aufs Neue

(Fredmund Malik 2014).

Die Business-Transformation-Management-Fähigkeiten der Unternehmen sind hierfür der

massgebliche Erfolgsfaktor und somit essentiell für die Sicherung der Zukunft. Alex Uhl, Autor

von «Business Transformation Management Methodology», definiert die Business Transfor-

mation wie folgt:

«Business transformation management is the holistic management of extensive, complex

changes on which the organiztation’s future success strongly depends» (FHNW, 2012).

Dieses Grundverständnis über das Konzept der Transformation wird von W. Rouse ebenfalls als

ein Weg der fundamentalen Veränderung gesehen:

«Enterprise transformation concerns change, not just routine change but fundamental change

that substantially alters an organization’s relationship with one or more key constiturencies, e.g.

customers, employees, suppliers, and investors. Transformation can involve new value proposi-

tions in terms of products and services, how these offerings are delivered and supported, and/or

how the enterprise is organized to provide these offerings. Transformation can also involve old

value propositions provided in fundamentally new ways.»

Aus der holistischen Perspektive wird in diesem Zusammenhang rasch klar, dass ein robuster

Veränderungsprozess im Unternehmen über harte und weiche Disziplinen stattfindet. Die

Transformation der Strategie, Struktur und Kultur wird mit Methoden des Change-

Managements und der Organisationsentwicklung nachhaltig umgesetzt. Nur bei perfekter

Abstimmung der einzelnen Disziplinen kann eine Transformation gelingen.

Abbildung 40: Übersicht Transformations-Management

Während beim Change-Management-Ansatz top-down vorgegangen wird, führt im Bereich der

Organisationsentwicklung am ehesten ein kollaboratives Modell zum Ziel. Generell ist es ratsam,

die Mitarbeiter in den Transformationsprozess zu integrieren, um das Potential des gesamten

Unternehmens zu nutzen und die Identifikation mit dem Wandel zu stärken.

Page 63: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 62

Organisatorisches Change-Management

Change-Management beschäftigt sich mit radikalen Veränderungen im Unternehmen, welche

mit den Instrumenten rund um die Organisationsentwicklung alleine nicht mehr realisierbar

wären. Change-Management ist die professionelle und bewusste Initiierung, Gestaltung,

Begleitung und Umsetzung von radikalen Veränderungen einer Organisation, die die

bestehenden Traditionen im Unternehmen bricht (Michael Berger, Jutta Chalupsky 2013).

Veränderungen sind weder gut noch schlecht. Sie können als Problem oder Chance gesehen

werden. Weshalb fällt der Umgang mit diesem Thema dann oftmals so schwer? Wer die

Veränderung gestalten darf, der wird sie begeistert in Angriff nehmen. Diejenigen, deren

Arbeitsbedingungen und Umfeld durch andere verändert werden, stehen dem Wandel eher

skeptisch gegenüber. Je radikaler der Wandel, desto grösser die Widerstände. Da der Mensch

Subjekt oder Objekt der Veränderung sein kann, muss er je nach dem als solches verstanden

werden. O. Neuenburger definiert den Zustand wie folgt:

Herausforderung: Der Mensch wird überwiegend als Element (neben Aufgaben, Sachmitteln

und Informationen) der Organisation angesehen und damit Mittel zum Zweck.

Lösung: Menschen wollen jedoch aus ihrem Selbstverständnis und ethischen Anspruch

heraus als autonome Wesen und im Mittelpunkt betrachtet werden.

Basierend auf meinem beruflichen Werdegang als ständiger «Veränderer der Organisation und

des Status Quos» habe ich diese Grundlektion lernen müssen. Der Mensch mit seinen

Bedürfnissen steht im Fokus der Veränderung! Nur wenn er den Veränderungsbedarf erkennt,

selber veränderungsbereit ist, die Fähigkeiten zur Veränderung besitzt, die Richtung der

Veränderung versteht und einen klaren Auftrag hat, ist er zu einer Veränderung breit. Mein

persönliches Credo in einer aktiven Rolle während der Transformation von drei Industrien

(Transformation Handel, Transformation Digitale Fotografie, Transformation Cloud) lautet: «Nur

wenn mein Gegenüber die bevorstehende Veränderung mehr als ich selbst erfolgreich umsetzen

möchte, habe ich meine Aufgabe gut erfüllt».

Prinzipien für den erfolgreichen Wandel verstehen

Die Grundbedingung für die Veränderung sind der Wille und das Engagement des Top-

Managements, andernfalls kann kein Wandel stattfinden.

P. John Kotter, Professor für Führungsmanagement an der Harvard Business School, beschreibt

acht Erfolgsfaktoren für den Wandel. Diese müssen alle sequentiell durchlebt werden, sonst

scheitert eine Transformation.

Abbildung 41: Erfolgsfaktoren für Change-Projekte (Kotter, P. John)

Quelle: Chalupsky J. (2014: 12)

Page 64: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 63

Voraussetzungen schaffen

Die Voraussetzungen müssen über die Vision (Definition eines gewünschten Ideal-Zustands in

der Zukunft) geschaffen werden. Der Veränderungsbedarf, die Veränderungsbereitschaft sowie

die Veränderungsklarheit liefern die Basis.

1. Veränderungsbedarf: Der Veränderungsbedarf muss ermittelt werden. Er ergibt sich

meistens aus Messgrössen in Kombination mit einem qualitativen Zukunftsausblick.

2. Veränderungsbereitschaft: Entsteht durch den Willen und die Beteiligung des Top-

Managements, die Veränderung zu treiben. Die Bereitschaft im Unternehmen kann

durch die Überzeugung aller Beteiligten von der Notwendigkeit erhöht werden oder

über Bedingungen, die ein bestimmtes Handeln erzwingen.

3. Auftragsklarheit: Eine Veränderung wird nicht durch Ankündigungen möglich, sondern

durch Initiativen angestossen. Hierfür müssen Auftrag und Ziel klar sein!

Auftragsklärung für die Intervention

Da es sich um eine Intervention das komplette Unternehmen betreffend handelt, stellt sich die

Frage, was auf welcher Ebene geschehen muss. Wer hat welche (Teil-)Verantwortung, um

diesen Wandel erfolgreich zu gestalten? Digital Masters starten ihre Veränderungsvorhaben

jeweils mit kleinen, agilen Teams, die die Veränderungen treiben wollen. Sie beschleunigen den

Wandel mit raschen, kurzfristig sichtbaren Erfolgen und nutzen in einem zweiten Schritt diese

Power für die Veränderung des kompletten Unternehmens.

Zur Orientierung werden in einer

einfachen 3 x 3-Matrix alle

notwendigen Ebenen im

Unternehmen (Strategie, Struktur,

Kultur), die einzelnen Teams und

beteiligten Individuen dargestellt.

Daraus kann eine holistische

Auftragsklärung abgeleitet werden.

Ein weiterer massgeblicher Aspekt

in der Auftragsklärung ist das

Verständnis hinsichtlich der

jeweiligen Rolle im

Veränderungsprozess sowie die

Klarheit über die Aufgaben und

Verantwortlichkeiten.

Neben dieser grundsätzlichen Definition der Intervention stellt sich die Frage, mit welchen

Individuen eine Firma den Wandel starten möchte. Gemäss einer Stakeholder-Portfolio-Matrix18

sollen auch Promotoren, Meinungsmacher sowie Enthusiasten ins Change-Team aufgenommen

werden.

Organisation in Bewegung setzen und Dynamik der Veränderung begleiten und festigen.

18 Mit einer Stakeholder-Portfolio-Matrix werden in einem Quadranten die Einstellungen der Mitarbeiter sowie ihr Einfluss auf ein bestimmtes Veränderungsziel analysiert.

Abbildung 42: Change-Auftragsklärung im Unternehmen

Quelle: in Anlehnung an Chalupsky J. (2014: 12)

Page 65: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 64

Ist der Grundstein gelegt, soll die Organisation in Bewegung gebracht und verändert werden. Da

der Mensch im Mittelpunkt steht und mit bestehenden Traditionen bricht, gilt es während der

Veränderung ausser den harten Faktoren möglichst auch die weichen zu berücksichtigen.

Das Unternehmen verlässt den stabilen Systemzustand, tritt in den Veränderungsprozess ein

und soll danach wieder neue Stabilität erlangen.

Initiieren:

Veränderungsbedarf (Sense

of Urgency) erkennen und

definieren in einem noch

stabilen Zustand

Bewegen: Änderungen

werden eingeführt; es

entstehen Schwankungen im

System, die adressiert werden

müssen

Festigen: Die Änderungen in

Strategie, Kultur und

Organisation müssen

gefestigt und begleitet

werden bis das neue System wieder stabil ist

Mit einer etwas kritischen, differenzierten Haltung stehe ich der endgültigen Festigung des

Neuen gegenüber. In unserer sich schnell ändernden Welt könnte die Festigung des Neuen

gleich wieder eine nächste Herausforderung bedeuten. An dieser Stelle bevorzuge ich die

Sichtweise von «Change als Dauerzustand», d. h. die laufende, agile Veränderung, die einen

grundsätzlichen Wandel der Kultur verlangt und über eine längerfristige

Organisationsentwicklung möglich wird. Hier sollten wir von der Kultur der digital Masters

lernen und immer einen Schritt voraus sein.

Umsetzung der Transformation mit konkreten Veränderungskennzahlen

Die eigentliche Transformation wird im Unternehmen als strukturiertes Programm

durchgeführt. Es besteht aus Strategie-, Organisations- und Prozessprojekten und lässt sich nach

Francis J. Gouillart in vier Schritte gliedern:

Reframing :Visionen und Ziele

Restructuring: Prozesse und Infrastruktur

Revitalizing: Märkte und Produkte

Renewing: Mitarbeiter und Organisation

Die Verantwortung für das Programm hat (sofern vorhanden) der Digital Transformation Officer,

welcher in Zusammenarbeit mit dem Digital Transformation Team die Transformation begleitet

und sie über sogenannte «Leading and Lagging Key Performance Indicators» mit konkreten

Veränderungskennzahlen steuert.

Bei der Entwicklung einer Balanced Scorecard oder sonstiger Performance Management

Systeme ist es ratsam, Leading sowie Lagging Performance Indikatoren (TLIs bzw. KPIs) zu

nutzen. Während sich die KPIs nur auf den Outcome eines finanziellen Erfolges beziehen sind es

Abbildung 43: Initiieren, bewegen, festigen

Quelle: Berger M., Chalupsky (2013: 37)

Page 66: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 65

die TLIs, die als Frühindikatoren den Transformationsprozess/-erfolg messen. Kaplan

unterscheidet hier «Performance Drivers» versus «Outcome Measures» (Roland Waibel 2010).

Oder in anderen Worten: es geht um eine balancierte Betrachtung von Ursache und Wirkung.

Beispiel: Die Investitionen in organisatorische Fähigkeiten, digitale Kompetenzen sowie in

digitale Initiativen führen dazu, dass ein Unternehmen zufriedenere Kunden, bessere Prozesse

und neue Geschäftsmodellen entwickeln kann. Dies wiederum ermöglicht einem Unternehmen,

Marktanteile zu gewinnen, Kosten zu reduzieren und einen höheren Profit zu erwirtschaften.

Um im Kontext der Digital Transformation zu bleiben ergeben sich als Beispiel untenstehende

Messkriterien, die während der Digital Transformation erwirtschaftet bzw. erreicht werden.

Digital Transformation – Werte und Messkriterien (TLIs/KPIs)

Abbildung 44: Digital Transformation – Fokus Key Performance Indicators

Letztendlich ist jedes Veränderungsvorhaben auf ein solides Projekt- und Change-Management-

Know-how angewiesen. Um die Nachhaltigkeit der Veränderungen zu gewährleisten sollte das

Change-Management mit der Organisationsentwicklung verknüpft werden.

Transformationsmanagement ist effizient (Top-Down-Change), nachhaltig

(Organisationsentwicklung) und über Leading und Lagging Key Performance Indikatoren mess-

und steuerbar.

Page 67: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 66

7.5 Erhebung der entscheidungsrelevanten Erfolgsfaktoren

Validierung der Erfolgsfaktoren mit Experteninterviews

Die Validierung der aktuellen Forschung zu den Führungserfolgsfaktoren in der Digital

Transformation (Kapitel 7.1 - 7.4.2) erfolgte mit Experteninterviews. Die Interviews wurden

ausschliesslich mit offenen Fragen geführt, um eine möglichst praxis- und erfahrungsorientierte

Komponente einzubringen.

Die Erfahrung der Experten zu folgenden Bereichen stand im Fokus der Befragung:

Tabelle 12: Fragenkatalog Erfolgsfaktoren

Die Experten waren sich hinsichtlich des Ownerships der Digital Transformation einig und

bestätigen, dass sie nur gelingen kann, wenn die komplette Firma dahintersteht und die

Technologien in der Praxis selber einsetzt. Die Transformation ist nicht delegierbar. Für Firmen,

die eine digitale DNA haben, sei dies keine Herausforderung, denn für jedes Problem würde

ohnehin zunächst nach einer digitalorientierten Lösung gesucht.

Die Experten diskutierten vor allem organisationsrelevante Erfolgsfaktoren und etwas weniger

einzelne Rollen oder Abteilungen. Folgende Cluster sind aus den Fragestellungen entstanden:

Digitale Kultur als Erfolgsfaktor

Die Führung soll die Digital Transformation mit gutem Vorbild leiten und digitale Technologien

selber nutzen, eine neue Form der Zusammenarbeit ermöglichen und im Unternehmen

einführen. Eine fehlertolerante Kultur, die Innovationen fördert und fordert, ist wichtig. Unter

dem Begriff «fail but fail fast» wird von den Experten eine schnelllernende und agile Atmosphäre

gefordert, welche Fehler als Potential erkennt und den Kundennutzen in den Vordergrund stellt.

Eine kontrollierte, höhere Risikobereitschaft und der Einbezug der Kreativität aller Mitarbeiter

werden von den Experten ebenfalls verlangt. Die Transformation erfordert ein Top-Down-

Change-Management und eine Organisationsentwicklung gemeinsam mit dem HR-Team. Die

Veränderung der Kultur ist bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter besonders im Hinterkopf zu

behalten.

Tragende Vision der Führungskräfte als Erfolgsfaktor

Die Experten sahen den Schlüssel zum Erfolg in der Vision der Führungskräfte. Ohne zu wissen,

wohin sich das Unternehmen entwickeln möchte, wie in einer digitalen Welt in Zukunft die

Kunden bedient werden sollen und wollen, würden die Unternehmen scheitern. Eine

resonanzfähige Vision und die Begeisterung des Unternehmens für eine digitale Zukunft sind

gleichermassen grosse Herausforderungen wie Erfolgsfaktoren.

Die Experten waren sich auch einig, dass neue Methoden und digitale Kenntnisse erforderlich

sind, damit die Führungskräfte und das Top-Management eine Vision für ein digitales Zeitalter

entwickeln können. Ein breites Denken über den Tellerrand hinaus ist notwendig. Die Führung

sollte sich von anderen Branchen, digitalen Experten und Firmen inspirieren lassen und

Probleme auch aus einer neuen Perspektive lösen. In der Visionsentwicklung sollte sich jeder

Manager und Mitarbeiter konsequent fragen, wie aus einer Outside-In-Betrachtung die Firma

Page 68: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 67

einen Kunden in fünf Jahren bedienen möchte. Hierzu sollte sich die Geschäftsführung von den

existierenden, eingefahrenen Managementsichtweisen lösen, sich auf das Thema einlassen und

einen kreativen Prozess anstossen. Bei aller Kreativität sollte allerdings der Fokus auf das

Kerngeschäft beibehalten werden, denn dort liegen die Stärken!

Genau das hat zum Beispiel der Verwaltungsrat einer grossen Schweizer Versicherung gelebt.

Eine Reise in das Silicon Valley hat ihn zu einer Zukunftsvision inspiriert.

Strukturelle Anpassungen als Beschleuniger und Garant der Transformation

Kontrovers wurde die Schaffung neuer Innovations- oder digitaler Transformationsrollen

diskutiert. Während manche dies für eine kurzfristige Massnahme zur Beschleunigung

begrüssten, haben andere negative Erfahrungen gemacht. Die negativen Erfahrungen wurden

allerdings durch das fehlende Sponsorship des Top-Managements präzisiert. Die

Verantwortlichkeit für die Transformation der Schnittstelle zwischen CMO und IT zu übergeben

wurde ebenfalls als wenig zielführend erachtet. Es wird ein starkes digitales Leadership Team

benötigt und der klare Auftrag zur Veränderung des Top-Managements und des CEO! Eine

angepasste Belohnungsstruktur im mittleren Management soll zudem Innovationen und den

Mut zum Risiko fördern und eine kalkulierte Fehlerbereitschaft berücksichtigen. Das mittlere

Management soll in der Zielvereinbarung auf erfolgreiche Transformation-KPIs incentiviert und

die Transformation mittels einer ausgeprägten Governance geführt werden. Hierbei geht es

nicht um das Management eines Status Quos, sondern um die Führung der Transformation.

Führungspersönlichkeiten, die schnell, relevant und transparent den Nutzen der Digital

Transformation in einzelnen Projekten auf der Visionsleiter aufzeigen können, sind gefragt.

Praxis: Nur durch eine laufende Umsetzung entsteht eine Transformation

Bei grundlegenden Themen gilt es allerdings, erst einmal die eigenen Hausaufgaben zu machen,

wenn es um digitale Themen geht. Statt sich in Veranstaltungen über Best-Practices sich zu

informieren, sollten die Firmen die grundlegenden Dinge einfach umsetzen, laufend von

«digitalen Praktikern» lernen und sich austauschen. Die kontinuierlichen digitalen Initiativen,

der laufende Optimierungsprozess sowie die aktive Einbindung der Kunden und Mitarbeiter

schaffen das Fundament für einen harmonischen Wandel.

Ein Beispiel ist hier die SBB. Die neue SBB-App ist derzeit noch ein Beta-Service, der mit einer

Community von ca. 6.000 Testkunden bis zur Produktion laufend verbessert wird. Der Einbezug

der Nutzer, Erfahrungsdaten und der kontinuierliche Verbesserungsprozess ermöglichen eine

maximale Kundenausrichtung und schnelle, priorisierte Optimierungs- und Innovationszyklen.

Page 69: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 68

Kalibrierung und Zusammenfassung der Erfolgsfaktoren

Die Kalibrierung und Zusammenfassung der Erfolgsfaktoren aus dem theoretischen (Kapitel 6.1)

und dem praktischen Teil (Kapitel 6.3.1) dient als Grundlage für die Entwicklung der Digital

Transformation Methodologie (Kapitel 8). Es wird bewusst nur auf eine Zusammenfassung der

Erfolgsfaktoren aus Perspektive der Führungskräfte und des Top-Managements eingegangen:

Kompass: Erfolgsfaktoren für Führungskräfte 1. Eine eigene Vision und eine umsetzbare Strategie

Die Führungsetage ist der eigentliche Promotor des Wandels. Sie definiert ein lang- fristiges Zukunftsbild für eine digitale Welt und unterstützt leidenschaftlich die transformative Vision. Für die Identifikation der Mitarbeiter ist es entscheidend, messbare Etappenziele der Strategie kontinuierlich zu kommunizieren.

2. Das mittlere Management führt die Transformationsprojekte Das mittlere Management führt die Projekte als «Digital Leaders» im Unternehmen. Für die erfolgreiche Umsetzung sind eine digitale Leadership Governance sowie neue Zielvereinbarungen und Belohnungssysteme notwendig. Das mittlere Management soll für die Transformation und für die Innovationen belohnt werden. Eine höhere Risikobereitschaft sollte gefördert werden.

3. Die Kultur einer Technologiefirma leben und digitale Fähigkeiten entwickeln Das Unternehmen fördert gute Ideen, gibt Freiräume und vertraut auf den Wandel. Es herrscht eine Atmosphäre des Erreichbaren; Kundennutzen und Kundenerlebnis stehen im Fokus. Innovationen in den Bereichen Customer Experience, Geschäftsprozesse und neue Geschäftsmodelle werden honoriert. Digitale Fähigkeiten werden laufend entwickelt und die Zusammenarbeit gefördert.

4. Top-Down-Change-Management und kontinuierliche Organisationsentwicklung Die Grundbedingung für die Veränderung sind der klar geäusserte Transformationswille und die Beteiligung des Top-Managements. Das Change-Management muss aus einer Top-Down-Perspektive bewusst initiiert, gestaltet und begleitet werden. Die Transformation soll mit klaren Zielen sowie Key Performance Indikatoren geführt werden. Für die langfristige Transformation ist eine kollaborative und kontinuierliche Organisationentwicklung notwendig.

5. Digitale Initiativen, Investitionen und Fähigkeiten der Unternehmung Hausaufgaben erledigen! Besonders Initiativen und Investitionen für eine digitale Plattform und die Datenanalyse sollen die digitalen Fähigkeiten erweitern und verbessern. Die einzelnen Initiativen sollen als Programme geführt werden. Um schnelle und kontinuierliche Innovationen sicherzustellen, arbeitet die IT-Abteilung mit dualer Geschwindigkeit.

Page 70: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 69

8 Digital Transformation Methodologie

8.1 Übersicht Digital Transformation Methodologie

Einleitung und Ziele

In diesem zweiten Teil der Masterthesis geht es nun nicht mehr um die Orientierung WAS zu tun

ist, sondern darum, WIE die Digital Transformation umzusetzen ist. An dieser Stelle möchte ich

vorweg bemerken, dass die Digital Transformation keine einmalige Sache ist, sondern ein

dauerhafter Begleiter im Erneuerungsprozess einer Unternehmung. Sie ist eine Reise ohne ein

klar definiertes Ende. Die Digital Transformation muss deshalb als integrierter Strategieprozess

verstanden werden, der in zeitlich kürzere Strategieprozessintervalle unterteilt werden sollte,

da sich durch die rasante Beschleunigung der technologischen Möglichkeiten auch das

kompetitive Umfeld, die Nutzenvorteile und Gefahren rasch verändern.

Unter der Berücksichtigung der digitalen Ausgangslage (Kapitel 4.5), der erhobenen

Herausforderungen (Kapitel 6.3), Geschäftschancen (Kapitel 6.3) und Erfolgsfaktoren (Kapitel

7.5) wurde die Digital Transformation Methodologie auf die Schlüsselerkenntnisse ausgerichtet.

Eine besondere Beachtung erhalten somit folgende Themen:

Tabelle 13: Übersicht der strategischen Ausgangslage

Herausforderungen Chancen Erfolgsfaktoren

Dringlichkeit zur Veränderung

Vision in einem digitalen Zeitalter

Digitale Business Strategie

Kulturelle Hürden und fehlende Expertise

Unzureichendes Change-Management

IT-Limitationen

Wertschöpfungskette (Effizienz, Wachstum)

Innovation und Sicherstellung des Erfolgs

Customer Experience (externe Potentiale)

Prozessdigitalisierung (interne Potentiale)

Business Modelle (interne Potentiale)

Eine Vision und eine umsetzbare Strategie

Das Management führt die Transformation

Die Kultur einer Technologiefirma leben

Top-Down-Change-Management

Investitionen in digitale Fähigkeiten und Initiativen

Als Grundlage für die Entwicklung des Transformations-Methodologie-Frameworks für

Führungskräfte haben sich in der Literatur vier Quellen als nützlich erwiesen:

Leading Digital – Turning Technology into Business Transformation (Westerman George,

Bonnet Didier 2014)

Business Transformation Management Methodology (Axel Uhl & Gollenia 2012)

Digital Transformation – a model to master digital disruption (Jo Caudron 2014)

Strategisches Management – Visionen entwickeln, Erfolgspotentiale aufbauen,

Strategien umsetzen (Lombriser, Roman Abplanalp 2015)

Während die Autoren von Leading Digital die Erfolgsfaktoren der Transformation mit guter

Recherche, vielen Praxisbeispielen und einem einfachen Transformationskompass für

Führungskräfte untermauern, ist die Business Transformation Management Methodologie von

Axel Uhl & Gollena bei den Themen und der Herangehensweisen sehr umfassend. Axel Uhl

Page 71: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 70

versucht die Brücke zwischen den einzelnen gut beschriebenen Erfolgsdisziplinen mit einer

gesamten Transformation Methodologie zu schlagen. Parallel dazu weist er auf die notwendige

Balance der einzelnen Disziplinen sowie auf die grosse Bedeutung einer gesamtheitlichen

Berücksichtigung der harten und weichen Faktoren hin. Jo Caudron & Dado Van Peteghem

gehen in ihrem Modell sehr pragmatisch vor und beschreiben aufgrund ständiger Innovation

und immer neuer Business Cases den Transformationsprozess in der Endlosschleife (Disruption,

Modelling und Transformation).

Mein Anliegen ist es nun, den Führungskräften eine Schritt-für-Schritt-Methode für den Visions-

, Strategie- und Umsetzungsprozess aufzuzeigen, die auf der einen Seite einen agilen und

pragmatischen Ansatz verfolgt und auf der anderen Seite auf vorhandenen Führungstools

basiert. Ein besonderer Fokus wird auf die Themen Vision und Change-Management gelegt. Die

Zielgruppe der Methodologie sind Führungskräfte und das Top-Management. Die Anwendung

der Methode soll in einem wiederkehrenden Zyklus hilfreich sein.

Modell: Digital Transformation Methodologie

Die iterative Transformation basiert auf einem fünfstufigen Prozess. Jeder Prozessschritt

berücksichtigt jeweils «Output-Meilensteine» inklusive Erfolgsfaktoren zur Erreichung einer

bestimmten Stufe. Tiefgang und Fokus der Themen sind je nach Maturität, Grösse und

Komplexität der Firma sowie branchenspezifischen Herausforderungen unterschiedlich.

Abbildung 45: Digital Transformation Methodologie

In dem Bewusstsein, dass oben stehender Prozess kein linearer ist und bereits viele digitale

Initiativen in den meisten Unternehmen zum Alltag gehören, dient die Transformation

Methodologie als Reiseführer für eine erfolgreiche, wiederkehrende und nachhaltige

Umsetzung der Digital Transformation.

Page 72: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 71

Zusammenfassend werden folgende Milestones für eine erfolgreiche Transformation definiert:

1. Framing: Orientierung ermöglichen und Dringlichkeit erzeugen

In einem ersten Schritt geht es um die Orientierung über die aktuelle digitale Realität und

was diese Realität für die eigene Wertschöpfungskette bedeuten kann. Neben einem

Branchenvergleich durch ein Reifegrad-Assessment sollen die eigenen Stärken, Schwächen,

Chancen und Risiken sowie die Treiber der Transformation analysiert werden. Erste

Geschäftschancen werden anhand von Benchmarks sichtbar gemacht und Risiken «was

passiert, wenn wir nichts tun» erfasst.

2. Envision: Vision für ein digitales Zeitalter entwickeln

In einem anregenden Umfeld soll eine Vision für ein digitales Zeitalter erarbeitet werden.

Mit Best Practices aus anderen Branchen, inspirierenden Übungen und einem digitalen

Wertschöpfungsmodell wird eine erste Zukunftsidee entworfen. Im Zentrum steht die

digitale Landkarte mit den drei Wertschöpfungsbereichen Customer Experience,

Optimierung der Geschäftsprozesse sowie Realisierung neuer Geschäftspotentiale. In

Kombination mit den eigenen strategischen Assets, einer digitalen Vision und

transformativen Ambitionen soll eine kundenorientierte Unternehmensvision entstehen.

In diesen mehrstufigen Prozess gilt es, die Mitarbeiter einzubinden.

3. Engage: Strategie und Managementsysteme für ein digitales Zeitalter entwickeln

Drei Fokusbereiche, die gleichzeitig das Rückgrat des Unternehmens darstellen, bilden das

Fundament der Planung für ein digitales Zeitalter: die «digitalen Initiativen», die

«transformativen Initiativen» (bestehend aus Change-Management und

Organisationsentwicklung) sowie die Entwicklung eines «strategischen Management-

Systems». Die strategischen Assets des Unternehmens sowie die Potentiale der digitalen

Technologien in der Wertschöpfungskette stehen im Mittelpunkt. Durch Anwendung der

jeweiligen Modelle entstehen hier das strategische Projektportfolio, das Change- und

Befähigungsportfolio sowie das Management-System für die Steuerung der

Transformation.

4. Transform: Unternehmen mobilisieren und Strategie umsetzen

Eine besondere Beachtung kommt dem Leadership Team zu, denn ohne den klar

geäusserten Willen zur Veränderung aus der Geschäftsleitung und ohne die Führung der

Transformationsprojekte durch das mittlere Management wird keine Transformation

stattfinden. Es werden die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der obersten

Führungsebene erarbeitet, ein digital Governance Team gebildet sowie (falls notwendig)

Befähigungsmassnahmen des Managements eingeplant. Die Sicherstellung der Umsetzung

der Strategie wird durch Herunterbrechen der Business-Scorecard-Ziele auf die Teams und

Mitarbeiter sichergestellt. Die Fachbereiche setzen die Digital Transformation durch

Zielvereinbarungen mit den Mitarbeitern um.

5. Sustain: Transformation verankern und Organisation entwickeln

Den Sieg nicht zu früh feiern! Die Transformation ist eine Reise ohne Ende.

Organisationsentwicklungsprogramme und digitale Initiativen müssen priorisiert werden.

Die Befähigung der Mitarbeiter sowie die Veränderung der Kultur stehen im Mittelpunkt.

Mit einem etablierten Controlling-System sollen zudem die Weichen für ein lenkbares und

lernendes System gestellt werden. Ein Prämissen-, Wirksamkeits- und

Durchführungscontrolling schaffen hierfür die Basis.

Page 73: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 72

Modell: Digital Transformation Framework

Das Digital Transformation Framework liefert den Rahmen für das strategische und operative

Digital Transformation Management. Ziel ist es, zusammen mit der Transformation

Methodologie, alle Faktoren einer Transformation erfolgreich miteinander in Beziehung zu

setzen.

Abbildung 46: Digital Transformation Framework

Page 74: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 73

8.2 Modell 1: Ausgangslage verstehen

Notwendigkeit für den Wandel erzeugen

Vorgehen

Unter dem Motto «alle an Bord» sollten die Führungskraft und das Top-Management mittels

verschiedener Awareness-Aktivitäten eine digitale Agenda erstellen. Je nach Firmenkultur und -

schwerpunkt eigenen sich verschiedene Methoden. Vermutlich gibt es im Top-Management

bereits digitale Enthusiasten, die als Koalitionspartner mit eigenen Beiträgen oder Ideen den

Prozess unterstützen. Um diese Reise auch ganz gezielt experimentell zu gestalten, sind externe

Beispiele von digital Masters als «Augenöffner» hilfreich und sollten – so sie für das individuelle

Umfeld passen – nachgelebt werden. Digital Transformation Workshops und Awareness-

Massnahmen sind ebenfalls empfehlenswert.

Sinn dieser Workshops ist, das Bewusstsein für die Veränderungsnotwendigkeit zu schaffen.

Agenda und Ziele für Führungskräfte könnten wie folgt aussehen:

Tabelle 14: Digital-Transformation-Workshop

Nach einem informativen «Teaser» ist es wichtig, die Digitalisierung im Kontext der eigenen

Firma zu erarbeiten und erste Entscheidungen zu treffen:

Standortbestimmung und Benchmarking des eigenen Unternehmens (Kapitel 8.2.2)

Erste potentielle Nutzenermittlung für das eigene Unternehmen (Kapitel 8.1.3)

Definition nächster Schritte und des weiteren Vorgehens des Top-Managements

Erfolgsfaktoren

Das Buy-in für den Workshop kommt vom Geschäftsführer

Der Transformationsprozess wird von einem Senior Leadership-Team Member gestartet

Das Team ist für den definierten Weg offen und (je nach Maturität) bereit, neues Terrain zu

betreten

Gewünschter Outcome

Leadership Team erkennt die Notwendigkeit für die Veränderung

Erste Transparenz der digitalen Maturität durch Standortbestimmung und Benchmarking

Erstes Verständnis über den Hauptnutzen digitaler Technologien für die eigene Firma

Nächste Schritte im Prozess sind definiert

Ein Kernteam ist als das «Digital Leadership Team» definiert

Page 75: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 74

Analyse - Den eigenen Startpunkt ermitteln

Vorgehen

In der ersten Phase ist es wichtig, das komplette Leadership Team mit der digitalen Maturität

und den Erfolgsfaktoren für den Wandel vertraut zu machen. Da die Führungskräfte dem Thema

digitale Technologien vermutlich generell eher wenig Aufmerksamkeit schenken, sind eine erste,

rudimentäre Analyse des Status Quo und ein Konkurrenzvergleich sinnvoll. Es ist wichtig, dass

gleichzeitig Umsatz- und Rendite-Chancen, die durch den Einsatz von digitalen Technologien

entstehen, eruiert werden.

Für diese erste Analyse bedienen wir uns zweier Maturitäts-Assessments. Des Digital Mastery

Self-Assessments von den Autoren aus Leading Digital und des Assessments von MIT Sloan,

welches die Maturität des eigenen Unternehmens in einem Quadranten darstellt. Für ein

Schweizer marktspezifisches Benchmarking kann der aktuelle Schweizer Digital Transformation

Report 2015 der Universität St. Gallen herangezogen werden, der branchenspezifisch mit ca.

100 Fragen neun Dimensionen ermittelt.

Daraus ist ein zweiteiliger Fragebogen für die Transformation Methodologie entstanden. Das

Top-Management kann direkt im Workshop die Fragen beantworten und mit einer zusätzlichen

digitalen SWOT-Analyse den Startpunkt der eigenen Firma definieren.

Der erste Teil des Fragebogens konzentriert sich auf eine einfache Betrachtung der digitalen

Maturität im Vergleich zum Mitbewerb. In der Horizontalen werden die Führungsfähigkeiten, in

der Vertikalen die digitalen Fähigkeiten ermittelt.

Abbildung 47: Startpunkt ermitteln – einfache digitale Maturitäts- und Benchmarkanalyse

Mit nur zehn Fragen erhält eine Firma einen raschen Überblick über die eigene Maturität und

das verpasste Potential im Vergleich zur Konkurrenz:

1. Grafik: Die Klassifizierung des eigenen Unternehmens in Maturitätsquadranten inklusive

durchschnittlicher Umsatz- und Margenvergleiche von Unternehmen (Daten: Westerman et

al. 2012)

2. Grafik: Direkter Vergleich der Branchen auf Basis der Deklaration der eigenen Branche im

Fragebogen. Hier wird offensichtlich: überall gibt es digital Masters!

Eine etwas differenziertere Betrachtung der digitalen Fähigkeiten des Unternehmens kann im

gleichen oder in einem zweiten Schritt erfolgen. Hierzu werden 30 Fragen zu Vision und

Page 76: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 75

Strategie, Kultur und Expertise, Organisation und Transformationsmanagement bewertet. Dazu

ist es wichtig, dass die Beantwortung frei, d. h. in eigenen Worten und in einer eigenen SWOT-

Analyse19, erfolgt

Abbildung 48: Startpunkt mit vier Dimensionen + SWOT Analyse ermitteln

Erfolgsfaktoren

Aktive Mitarbeit des Top-Managements und Standortbestimmung

Falls die Grobanalyse als zu aufwändig für das Top-Management erscheint, könnte der

zweite Teil der Analyse (SWOT + detaillierter Fragebogen) auch von einem definierten

Kernteam übernommen werden

In der SWOT-Analyse werden die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken gegenüber dem

Benchmark (digital Masters) ermittelt

Gewünschter Outcome

Das Leadership Team kennt die Maturität der Firma im Vergleich zum Mittbewerber

Erstes Verständnis, welcher Umsatz- und Margenmehrwert erzielt werden kann

Überblick der organisatorischen Herausforderungen auf der Reise der Transformation

19 Die SWOT-Analyse ist ein Instrument zur Positionsbestimmung Strategieentwicklung.

Page 77: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 76

8.3 Modell 2: Vision entwickeln

Ermittlung der digitalen Soll-/Kann-Landkarte

Vorgehen

Bevor mit der Entwicklung oder Erweiterung der eigenen Vision gestartet wird, soll nochmals

auf den digitalen Gestaltungsbaukasten eingegangen werden. Nicht aus der technologischen

Perspektive, sondern aus Sicht der Chancen, die die digitalen Technologien ermöglichen.

Im ersten Workshop mit dem Leadership Team soll der Nutzen der digitalen Technologien zur

Veranschaulichung in einem Modell zusammengefasst werden. Für jede der drei

Hauptkategorien sollen Beispiele von Mitbewerbern oder anderen digital Masters diskutiert

werden. Für die Visionsentwicklung ist es wichtig, den Beitrag dieser Nutzenbereiche zur

Wertschöpfungskette zu verstehen, damit in einem zweiten Schritt die eigene Vision abgeleitet

werden kann.

Dieser Grundgestaltungsrahmen für digitale Technologien lässt sich in die untenstehenden

Kategorien gliedern (siehe auch Kapitel 0):

Abbildung 49: Themenlandkarte der Digital Transformation

Quelle: in Anlehnung an Westerman et al. (2011: 17)

Auf Basis dieses Gestaltungsbaukastens kann unabhängig vom aktuellen Technologiereifegrad

eine erste digitale Soll-Betrachtung der Zukunft erfolgen. Wo soll das Unternehmen im Rahmen

der Digitalisierung in drei Jahren stehen? Die Übung kann für jeden Bereich im Unternehmen

unterschiedlich ausfallen. Sie ermöglicht im Hinblick auf eine übergreifende Vision aus einer

gesamtheitlichen Perspektive einen allgemeinen Überblick und schafft einen groben

Konsensrahmen für ein digitales Soll-Bild.

Page 78: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 77

Abbildung 50: Ist-/Kann-Visionsentwicklung auf Basis dreier digitaler Kernnutzen

Mit diesem ersten Schritt kann der Gestaltungsrahmen abgesteckt werden. Die Übung sollte

aufrütteln, einen Aha-Effekt auslösen und zur Weiterentwicklung der bestehenden

Geschäftsvision animieren.

Erfolgsfaktoren

Die Nutzenkonkretisierung soll dem Führungsgremium eine transparente Orientierung der

digitalen Möglichkeiten geben.

Die Übung ist allerdings erst dann erfolgreich, wenn die Teilnehmer in einem zweiten Schritt

ihre Resultate im Gremium diskutieren und gemeinsam ein erstes Fazit für eine mögliche

Vision und eine Priorisierung möglicher Schwerpunkte ziehen.

Gewünschter Outcome

Konsensfindung über Nutzen digitaler Technologien im Führungsteam

Transparenz des Nutzens der Technologien und Kategorisierung der Schwerpunkte

Kräfte für eine Digital Transformation mobilisieren da Mehrwerte erkannt werden

Startpunkt und Buy-In für die Entwicklung einer transformativen Vision

Entwicklung einer transformativen Vision für ein digitales Zeitalter

Vorgehen

Um einen einheitlichen Transformation-Methodologie-Prozess zu garantieren, wird die

Visionsentwicklung an bewährte Praxismethoden aus Studien (Westerman et al. 2011)

angelehnt. Zusätzlich wird das mehrdimensionale Rahmenkonzept der Balanced Scorecard nach

Kaplan/Norton verwendet, um in einem späteren Schritt den Transfer von der

Strategieentwicklung zur Strategieumsetzung zu ermöglichen.

Dieser kreative, zukunftsorientierte Prozess betrifft die Führungskräfte und soll ausserhalb des

Geschäftsalltags stattfinden. Die Begleitung durch einen externen Moderator kann sinnvoll sein.

Der Verwaltungsrat einer Schweizer Versicherung ist zum Beispiel in das Silicon Valley gereist,

um sich an der Quelle der technologischen Innovationen inspirieren zu lassen. Zudem sollten

Mitarbeiter unterschiedlicher Hierarchiestufen in einem nächsten Schritt einbezogen werden.

Das Vorgehen ist weder Top-Down noch Bottom-Up, sondern greift ineinander. Die

Geschäftsleitung setzt den Prozess in Gang und stellt sicher, dass die Belange der Mitarbeiter

einfliessen. Diese Herangehensweise ist zeitaufwändig, d. h. wir sprechen ggf. von einer

Prozessdauer von mehreren Monaten.

Page 79: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 78

Um die einzelnen Erfolgsfaktoren der digital Masters für die Visionsentwicklung zu

berücksichtigen, ist ein methodischer Ansatz notwendig, dessen Teilumsetzungen in einem

Visionsworkshop erarbeitet werden sollten:

1. Identifikation der eigenen strategischen Assets in einer digitalen Welt

Als Basis für die Entwicklung einer neuen oder Erweiterung einer bestehenden Vision

sollen zuerst die eigenen strategischen Assets analysiert werden. Über welche

Kernkompetenzen (z. B. Produktedesign) oder Kernwerte (z. B. Bekanntheitsgrad,

Kundendaten) verfügt das Unternehmen? Darüber hinaus sollte man sich Gedanken

machen, welche der Assets auch in der Zukunft wichtig und schwierig zu imitieren sind.

Diese Assets liefern die Basis für eine Vision in einem digitalen Zeitalter. Jay B. Barney hat

für die Ermittlung der Assets die VIRO Analyse (Valuable, Rare, Costly to Imitate,

Organization) vorgeschlagen.

2. Sich inspirieren lassen und die Zukunft anhand aktueller Trends antizipieren

Um einen kreativen Prozess zu ermöglichen, müssen die Offenheit für Neues und das

Interesse an digitalen Technologien vorhanden sein. Die Führungskräfte sollen über den

eigenen Tellerrand blicken und sich von digital Masters ausserhalb der eigenen Branche

inspirieren lassen. Parallel dazu müssen die eigenen Branchentrends im Auge behalten

sowie gesellschaftliche und technologische Megatrends für die eigene Vision

berücksichtigt werden. Auch die Ermittlung der Reifegrade aktueller Technologien soll in

die Betrachtung einfliessen.

3. Entwicklung der Vision (Kundenerlebnis, Geschäftsprozesse und -potentiale)

Die Vision soll «gross» gedacht werden und die Kundenperspektive in den Mittelpunkt

stellen. Die digital Masters gehen von einer Outside-in-Betrachtung aus und gestalten ihre

Vision rund um das Kundenerlebnis, was wiederum neue Prozesse erfordert und im

Ergebnis idealerweise gleich neue Geschäftspotentiale aufzeigt.

4. Transformative Ambitionen kreieren

Die Ambitionen können in drei Kategorien gegliedert werden: Substitution, Erweiterung

oder Transformation. Bei substitutiven Innovationen werden bestehe Produkte oder

Dienstleistungen durch digitale Innovationen abgelöst. Bei der Erweiterung geht es um

keine radikalen Veränderungen, sondern um Verbesserungen. Bei der Transformation ist

die komplette Erneuerung der Firma das Ziel. Die Kategorisierung der Ambitionen

unterstützt bei der Entwicklung einer zielführenden Strategie.

5. Die Vision für ein digitales Zeitalter finalisieren

Die erarbeiteten Dimensionen werden nun zusammengefasst. In einem finalen Prozess soll

die transformative Vision kurz und inspirierend definiert werden. Diese Definition dient als

kurz-, mittel-und langfristiger Wegweiser während des gesamten

Transformationsprozesses und auch danach bei der Festigung und Verankerung der

Transformation.

Page 80: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 79

Nun gilt es in einem zweiten Schritt die finalisierte Vision auf die mehrdimensionale Balanced Scorecard zu übertragen.

Im methodischen Modell wird für jeden

Kernbereich der Digitalisierung

(Kundenerlebnis, Geschäftsprozesse,

Geschäftspotentiale) eine eigene Vision

erstellt, die in die Gesamtvision des

Unternehmens eingehen soll. Dies

verleiht jedem digitalen Thema

zusätzliches Gewicht. In der Strategiefindung dient die übergreifende Vision als Anleitung für die

digitale Entwicklung.

Abbildung 52: Ablaufprozess und Outcome der digitalen, transformativen Vision

Erfolgsfaktoren

Das Top-Management muss den Visionsentwicklungsprozess in Gang setzen.

Mitarbeiter verschiedener Hierarchiestufen sollen am Visionsentwicklungsprozess

teilnehmen.

Der Prozess läuft weder Top-Down noch Bottom-Up sondern greift ineinander.

Der Prozess ist von Offenheit, Weitsicht, Kreativität und Inspiration geprägt.

Die Vision soll betriebswirtschaftliche Aspekte und emotionale Werte berücksichtigen.

Gewünschter Outcome

Eine fesselnde, inspirierende, transformative digitale Vision der Zukunft.

Eine Vision, welche Mitarbeitern und weiteren Anspruchsgruppen als Wegweiser dient

und beschreibt, wie die Unternehmenswelt aussieht, wenn der Kernauftrag erfüllt ist.

Eine Vision, an der Mitarbeiter wachsen und mit der sie sich identifizieren können.

Das Augenmerk liegt auf der Intention (wohin die Reise geht) und dem Outcome der

Reise.

Abbildung 51: Vision für ein digitales Zeitalter erstellen

Page 81: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 80

8.4 Modell 3: Strategie entwickeln

Entwicklung strategisches Managementsystem

Vorgehen

Es bedarf keiner eigenen digitalen Strategie, sondern einer Business-Strategie für ein digitales

Zeitalter. Hierfür könnte ein Unternehmen grundsätzlich das bestehende strategische

Zielsystem verwenden und es dahingehend überarbeiten, dass die «Digital-First-Perspektive»

berücksichtigt wird. Das heisst, dass digitale Technologien dort Einzug halten, wo sie einen

signifikanten Mehrwehrt und Wettbewerbsvorteil bieten.

Für die Digital Transformation Methodologie nehmen wir als Grundlage die erarbeitete Vision

und das Ziel-System der Balanced Scorecard. Aufbauend darauf sollen digitale (Kapitel 8.4.2) und

transformative (Kapitel 8.4.3) Initiativen geplant und in der Balanced Scorecard berücksichtigt

werden. Gerade für die Steuerung, die Überwachungs- und die Lenkungsprozesse der

Transformation ist ein strategisches Controlling unerlässlich.

Abbildung 53: Strategisches Zielsystem für die Digital Transformation

Folgender iterativer Prozess führt zu einem zweckmässigen, verknüpften und transparenten

Managementsystem:

1. Digitale Ambition für das strategische Zielsystem formulieren (siehe Grafik)

2. Identifikation des digitalen Potentials für das strategische Zielsystem (siehe Grafik)

3. Planung der digitalen (Kapitel 8.4.2) und transformativen (Kapitel 8.4.3) Initiativen

4. Erster Vorschlag der Massnahmen, Ziele und Messgrössen für die Balanced Scorecard

Der iterative Prozess erfordert gleichermassen digitale- und Managementfähigkeiten.

Erfolgsfaktoren

Der Fokus liegt auf der Differenzierung des Business basierend auf digitalen Technologien.

Nicht die Technologien als solche stehen im Mittelpunkt.

Das Top-Management ist vom Kundennutzen besessen. Innovationen in den Bereichen

Customer Experience, Geschäftsprozesse und neue Geschäftsmodelle werden priorisiert.

Page 82: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 81

Die notwendige Expertise, Leidenschaft und Wertschätzung für digitale Technologien sind

vorhanden. Zudem versteht das Top-Management die Grundlagen, Möglichkeiten und

Limitationen der digitalen Technologien.

Das Unternehmen verfügt idealerweise bereits über strategische Managementsysteme,

welche einen effizienteren Veränderungsprozess erlauben.

Der Strategieprozess startet beim gewünschten Endresultat, welches die Firma erreichen

möchte, und nicht bei den Aktivitäten! Dies ermöglicht eine grobe Priorisierung der

Initiativen, die für die Gesamtstrategie einen Beitrag leisten sollen.

Gewünschter Outcome

Es entsteht die erste Verknüpfung und transparente Sichtweise, wie digitale Technologien

dem Unternehmen einen signifikanten Mehrwert und eine Differenzierung ermöglichen.

Der Anstoss des Prozesses durch das Top-Management ist der visible Startpunkt für eine

erfolgreiche Transformation: von der digitalen Strategie hinzu einer Business Strategie für

ein digitales Zeitalter.

Mit der Integration der digitalen Initiativen in die Business-Scorecard ist die Grundlage für

einen steuerbaren und transformativen Prozess geschaffen.

Planung digitaler Initiativen (Projekte)

Vorgehen

In einem Top-Down-Prozess müssen nun die Führungskräfte der Fachbereiche und die IT-

Verantwortlichen die relevanten IT-Themenfelder aktiv aus den strategischen Zielen ableiten.

Die übergeordnete Strategie, die gesellschaftlichen und technologischen Treiber (Kapitel 4.3)

sowie die digitale Themenlandkarte (Kapitel 0) schaffen die Basis für die Projekte, welche in zwei

Schritten ermittelt werden sollten:

1. Digital Transformation Modellierung: Identifikation der Business Cases

2. Ranking der Business Cases und Verabschiedung der Projekte

An dieser Stelle ist ein standardisierter und vorausschauender Prozess essentiell. Dieser Top-

Down-Ansatz wird idealerweise einmal pro Jahr für die Themen der Fachabteilungen

durchgeführt, bei denen der grösste Handlungsbedarf besteht.

Page 83: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 82

Digital Transformation Modellierung: Identifikation der Business Cases

Angelehnt an das Modell von Jo

Cuadron werden die Initiativen auf Basis

zweier Grunddimensionen ermittelt:

Drivers of Transformation (DoTs)

Key Transformation Areas (KTAs)

Auf deren Basis kann mittels

standardisiertem Prozess die digitale

Landkarte der Schlüsselthemen in

einem rotierenden und

wiederkehrenden Vorgehen entworfen

werden.

Die etwas angepassten Schritte für diese Transformation Methodologie sehen auf der Basis der

erarbeiteten Vision und Strategie-

Management-Systeme wie folgt aus:

1. Insight: Alle an Bord –

Bewusstsein für den Wandel schärfen

Für die Identifikation der einzelnen Themengebiete (KTAs) sind die Führungskräfte der

Fachbereiche, die IT-Verantwortlichen sowie die betroffenen Mitarbeiter ins Boot zu

holen. Für die Erarbeitung der Business Cases muss über ein emotional resonanzfähiges

Zukunftsbild und eine schlüssige Strategie die Basis für den Veränderungsbedarf

geschaffen werden. Dies ist der Kick-off für die Top-Down-Überlegungen mit einem

Auftrag an die Fachabteilungen!

2. Impact: Analyse und Klassifizierung der KTAs

Sind wir bereit für die Zukunft? Die möglichen Kernbereiche der Transformation werden

aus der Kundenperspektive (Outside-in) analysiert und die Prioritäten gesetzt. Damit

dieser Prozess aus der übergeordnete Strategie heraus unter Berücksichtigung der

gesellschaftlichen und technologischen Treiber (Kapitel 4.3) sowie der digitalen

Themenlandkarte (Kapitel 0) erfolgt, ist eine Rückkoppelungsanalyse sowie eine

Erweiterung der strategischen Ausrichtung erforderlich. Die erarbeitete Themenlandkarte

(Kapitel 8.3.1) soll ergänzt und mittels Scorecard bewertet werden. Hier wird neu auch die

Fähigkeit der Umsetzung ermittelt.

> Grün = Projekt ist gestartet und hat eine hohe unternehmerische Bedeutung

> Orange = Projekt im Rahmen der Vision nicht gestartet und hat eine hohe Bedeutung

> Rot = Projekt könnte jetzt starten und einen hohen unternehmerischen Beitrag leisten

> Schwarz = Keine unternehmerische Bedeutung für die nächsten fünf Jahre

3. Szenarien: Entwicklung der Lösungsansätze

Im nächsten Schritt werden die Key Transformation Areas (KTAs) in verschiedenen

Lösungsszenarien erarbeitet. Die Basis für die unterschiedlichen Betrachtungsweisen

liefern die gesellschaftlichen und technologischen Treiber (DoTs). Das Ziel ist nicht die

Zukunft korrekt zu gestalten, da sie letztendlich nicht voraussehbar ist. Es geht darum, eine

bessere Entscheidungsgrundlage zu schaffen, d. h. externe und interne Faktoren zu

berücksichtigen um die daraus entstehenden Konsequenzen für Projektentscheidungen

einschätzen zu können.

Abbildung 54: Digital Transformation Modelling

Quelle: in Anlehnung an Caudron J. et al. (2014:

Kindle Location 680)

Page 84: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 83

4. Business Cases: Wirtschaftlichkeitsermittlung der Geschäftszenarien

Die ermittelten Initiativen sollen anhand eines Business Cases beurteilt werden: sind sie

rentabel, passen sie zu Vision und Strategie, sind sie in bei einem vernünftigen Kosten-

/Nutzenverhältnis durchführbar? Durch die Ermittlung der Prioritäten aus den

Fachbereichen unter grober Einschätzung der technischen Umsetzbarkeit (IT-Sicht) werden

ausser der Wirtschaftlichkeit auch die Ressourcen und Risiken betrachtet, um

erfolgversprechende Projekte zu identifizieren. Um eine gesamtheitliche Sichtweise und

eine transparente Rückkoppelung zum strategischen Zielsystem der Balanced Scorecard zu

garantieren, wird für die Transformation Methodologie das Business Canvas Modell von

Alexander Osterwalder empfohlen. Für die Rückkoppelung zur Balanced Scorecard sind die

Ziele, Kennzahlen, Vorgehensweisen und Massnahmen für die Perspektiven Kunden,

Prozesse, Innovationen und Finanzen zu erarbeiten.

Abbildung 55: Entwicklung der Business Cases

Quelle: in Anlehnung an Osterwalder & Pigneur (2010: 44)

5. Trendwatching: Entwicklung eines Frühwarnsystems

Die Geschwindigkeit der Transformation sowie unvorhersehbare disruptive Innovationen

sind der Alltag. Dies erfordert eine hohe Flexbilität und Agilität sowie Weitsicht für die

anstehenden Herausforderungen. Aus diesem Grund ist ein institutionalisiertes

Frühwarnsystem für KTAs und DoTs notwendig. Um auf dem Laufenden zu bleiben sollen

die Fachbereiche zum Beispiel den Opinion Leaders auf Twitter folgen, die wichtigsten

Blogs mit RSS abonnieren und eine kontinuierliche, globale Marktbeobachtung vornehmen

(z. B. USA). Die Fachbereiche sollen einmal pro Jahr die aktuellen Chancen und Gefahren

präsentieren und einen wiederkehrenden Innovationscycle anstossen.

Page 85: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 84

Portfolio Management Business Cases

Die Planung des Projektportfolios dient als finales Instrument zur Unterstützung bei der Auswahl

der «richtigen» Business Cases. Die erarbeiteten Business Cases werden vor dem Hintergrund

des Geschäftsnutzens, der eigenen Fähigkeiten, verfügbaren Ressourcen und Investitionsmittel

ausgewertet. Falls die Business Cases in den Anforderungen zu komplex sind, können sie in

mehrere kleine Projekte und Releases unterteilt werden.

Ziel ist es, durch einen definierten Priorisierungsprozess und ein definiertes

Entscheidungsgremium die strategischen Projekte zuzuteilen. Für die Transformation

Methodologie ziehen wir ein einfaches Modell aus dem Lean-IT-Management20 heran.

Priorisierung der Business Cases

Tabelle 15: Priorisierung der Business Cases

Quelle: in Anlehnung an Sujata U. (2014: 10)

Finales Ranking und Entscheidung

Die finale Verabschiedung der strategischen

Projekte kann anhand der erarbeiteten,

visualisierten Dimensionen erfolgen. In der

dreidimensionalen Darstellung werden die

unternehmerische Bedeutung, die

finanzielle Bedeutung und das Risiko der

Verschiebung (Grösse des Durchmessers)

dargestellt. Die Projekte werden in vier

priorisierte Kategorien eingeteilt.

Die Bewertung durch das Gremium kann

somit erfolgen. Aufgrund der finalen

Entscheidung werden die verabschiedeten

Projekte mit den Zielnutzen (Kunden,

Prozesse, Innovation, Finanzen) und den

avisierten Zielkennzahlen (Messgrössen,

KPIs, Massnahmen, Steuergrössen) in die

Business Scorecard aufgenommen (Sujata 2014).

Exkurs Strategieentwicklung: Bei der Identifikation der Business Cases während des

Modellingprozesses liefern die Drivers of Transformation (DoTs) und Key Transformation Areas

(KTAs) die Basis. Sie ersetzen jedoch nicht die strategischen Überlegungen des Unternehmens.

20

Abbildung 56: Projekt-Ranking-Matrix

Quelle: in Anlehnung an Sujata U. (2014: 9)

Page 86: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 85

Idealerweise werden sie Teil einer gesamtheitlichen Wettbewerbs-, Ressourcen- und

Innovationsstrategie und damit einer gesellschaftsbewussten Gesamtstrategie.

Erfolgsfaktoren

Das Top-Management initiiert den Prozess mit den Fachabteilungen und der IT indem es

den Veränderungsbedarf kommuniziert und eine Veränderungsbereitschaft fördert.

Letztendlich startet das Top-Management den Prozess für die Erarbeitung der Business

Cases und stellt sicher, dass der Auftrag für die Fachbereiche und die IT klar ist.

Der angelaufene und top-down getriebene Prozess wird von den Fachgebieten und IT-

Verantwortlichen mit Begeisterung aufgegriffen und getrieben. Das avisierte Zukunftsbild

ist inspirierend und motivierend für die Beteiligten. Stossrichtung der Strategie und deren

Ziele sind klar.

Die Fachbereiche und die IT sind vom Kundennutzen besessen. Innovationen in den

Bereichen Customer Experience, Geschäftsprozesse und neue Geschäftsmodelle werden

priorisiert.

Die Fachgebiete und die IT haben die notwendige Expertise für die Aufgabe. Sie verfügen

über Ressourcen sowie Investitionsmöglichkeiten für diese erste Phase. Das Top-

Management belohnt idealerweise das innovative Handeln der Beteiligten.

Gewünschter Outcome

Der erste Transfer von der Vision zur Strategie ist erfolgt. Mittels digitaler Initiativen wurde

definiert, was das Unternehmen bei erfolgreicher Umsetzung erreichen wird. Das anvisierte

Ziel ist mit messbaren KPIs definiert.

Digitale Initiativen werden inklusive notwendiger Ressourcen und Investitionen für die

Umsetzung geplant und abgesegnet.

Die digitalen Initiativen sind mit TLIs und KPIs in der Business Scorecard hinterlegt.

Das Top-Management, das mittlere Management und die IT sind abgestimmt und verfolgen

das gleiche Ziel.

Page 87: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 86

Planung der Transformation (Change- und Organisationsentwicklung)

Vorgehen

Kulturelle Hürden, fehlendes Know-how und unzureichendes Change-Management sind die

Hauptursachen für das Scheitern der Digital Transformation. Das muss nicht sein! Richtiges

Transformationsmanagement ist effizient (professionelles Change-Management), nachhaltig

(Organisationsentwicklung), mess- und steuerbar (KPIs).

Das Ausmass der Investitionen in diesem Bereich hängt ab von den vorhandenen versus

notwendigen Fähigkeiten sowie von der gefühlten Radikalität der Veränderung für die

Mitarbeiter. Kulturelle Aspekte und Werte eines Unternehmens können den Wandel zusätzlich

verlangsamen oder beschleunigen. Für die Ermittlung der optimalen Strategie werden in dieser

Methodologie folgende vier Schritte empfohlen:

Ausgangslage verstehen und Interventions- und Handlungsebenen identifizieren

Als Grundlage für die Ermittlung der Handlungsfelder sollen das bereits durchgeführte

Assessment zu den digitalen Fähigkeiten des Unternehmens sowie die erarbeitete SWOT-

Analyse (Kapitel 8.2.2) herangezogen werden. Für die anstehenden digitalen Initiativen wird der

Veränderungsbedarf über Schlüssel-Stakeholder-Interviews ermittelt. Je nach Bedarf sind

weitere Analysemethoden, wie zum Beispiel die Stakeholder-Analyse sowie präventive

Widerstands-Analysen oder interne anonyme Umfragen, empfehlenswert.

Bei der Ausgangslage sind folgende Interventionsebenen zu priorisieren:

Veränderungsbedarf bei digitalen Initiativen

Veränderungsbedarf auf Strategie-, Struktur- und Kulturebene

Veränderungsbedarf auf Unternehmens-, Bereichs- und Individuumsebene

Das Vorgehen bei dieser

Methodologie unterstützt die

Priorisierung und Identifikation der

Interventions- und

Handlungsebenen. Die einzelnen

Dimensionen für die digitalen

Initiativen (Projekte) sowie der

Unternehmensveränderungen

werden anhand der

Veränderungsbereitschaft-/-

fähigkeit und über die empfundene

Radikalität der Veränderung

ermittelt.

Basierend auf dieser Diagnose

entsteht ein Interventions-

/Handlungsportfolio für das

Unternehmen in vier Quadranten. Der horizontale Wert spiegelt die empfundene Radikalität der

Veränderung wieder, die vertikale Achse die Veränderungsfähigkeit.

Abbildung 57: Transformation-Portfolio-Matrix

Page 88: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 87

Page 89: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 88

Entwicklung und Verabschiedung der Change-Story

Die Interventionsebene, die avisierte Vision und die bereits geplanten digitalen Initiativen

weisen den Weg für die Change-Managementstrategie. In einem Top-Down-Verfahren sollen

eine Change-Story sowie die Themenfelder der Veränderung erarbeitet werden. Ziel ist es, im

Top-Management durch Transparenz für alle Beteiligten die Akzeptanz des Wandels

sicherzustellen. Für die Umsetzung muss das Top-Management zwei Dinge verabschieden:

Change-Story: Die Sechs Veränderungsfragen an das Management

Veränderungsebenen: Neun-Felder-Matrix

Erst nach erfolgtem Konsens kann die Massnahmen- und Kommunikationsplanung beginnen.

Abbildung 58: Change-Management-Story

Wichtig ist im Rahmen der Change-Story die Frage: «Was passiert, wenn nichts passiert?»

Planung der Change-Management-Massnahmen

Auf Basis der identifizierten Interventionsbereiche soll für die priorisierten Interventionen ein

grober Massnahmenplan erstellt werden. Inhaltlich ähnliche Themencluster können im Vorfeld

oder im Nachhinein zusammengefasst werden. Wichtig ist an dieser Stelle, dass die Methodik

der Planungseinheiten auf der jeweils gleichen Basis beruht und die notwendigen Investitionen

für die Massnahmen budgetiert werden.

Das Planungstemplate berücksichtigt:

Die Priorisierung der Veränderungsintervention aus der vorherigen Übung

Die Beschreibung der gewünschten Veränderung (von > hin zu)

Eine grobe Beschreibung der Massnahmen für das Erreichen des Soll-Zustands

Die Definition der Interventionsebene (Gesamtunternehmen, Team, Individuum)

Messkriterien für den gewünschten Soll-Zustand

Grundlagen für die Überlegungen der Massnahmen:

Die vom Top-Management verabschiedete Change-Story

Das vom Top-Management verabschiedete Interventionsmodell inkl. Handlungsfelder

Die acht Erfolgsfaktoren für den Wandel (Kotter, P. John Professor)

Das Drei-Phasen-Modell (Auftauen, Bewegen, Einfrieren) von Kurt Lewin

Beispiel einer Change-Massnahme in einem Vertriebsteam:

Interventionsbereich: Vertrieb

Page 90: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 89

Ziel: Kosten für die Kundenakquise reduzieren und kundenorientierte Interaktion

Von: Der stationäre Verkauf und der Verkauf auf Messen sind ineffizient. Kunden sind online

aktiv.

Hin zu: Marketing und Vertrieb sollen über soziale/digitale Kanäle erfolgen.

Veränderung: Für den Vertrieb ist das eine grosse Veränderung, ein völlig neues Konzept.

Widerstände sind zu erwarten.

Massnahmen: 1) Kommunikation Vision, Ziele, 2) Schulung Teams, 3) Coaching Individuum

Interventionsebene: Team und Individuum

Messkriterien: Anzahl Verkäufe über soziale/digitale Kanäle, Kosten für die Neuakquise von

Kunden

Das oben stehende Beispiel erfordert noch keine Einbindung von IT und Projekt-Management.

Dennoch wird vermutlich die Radikalität der Veränderung aus der Perspektive der Verkäufer als

hoch empfunden. Ohne geeignete Veränderungsmassnahmen wird das Vertriebsteam

Widerstände aufbauen und die Neuausrichtung sabotieren.

Exkurs: Entwicklung der Mitarbeiter und deren Fähigkeiten

Der vorgesehene Change-Massnahmenplan enthält auch die Entwicklung der Mitarbeiter (Staff)

bzw. deren Fähigkeiten (Skills), die das Fundament einer erfolgreichen Digital Transformation

bilden. Das Human Resources-Team muss deshalb unbedingt in den Change-Prozess

eingebunden werden. Folgende Themen gehören in diesem Zusammenhang auf die Agenda:

Personalgewinnung: Talente mit digitalem Background für eine digitale Welt gewinnen

Personalentwicklung: Laufende Entwicklung und Ausbildung der Mitarbeiter, um den

Wandel sicherzustellen (z. B. digitale Fähigkeiten ausbauen, Schulungen)

Intrapreneur-Programme: Talentierte Wandlungsträger (sogenannte Champions, die den

Wandel für andere vorbildlich vorleben) sollen von Intrapreneur-Programmen profitieren,

die einen Freiraum für kreatives Unternehmertum, Fehlertoleranz und Risikobereitschaft

schaffen

Tabelle 16: Change-Management-Massnahmenplanung

Planung der Kommunikationsmassnahmen

Die Kommunikationsstrategie wird in dieser Transformation Methodologie als separater und

ergänzender Planungsbaustein zu den Massnahmen betrachtet, um die Wichtigkeit der

Kommunikation herauszustellen. Sie ist ein entscheidender Erfolgsfaktor im Change-

Management und fällt in den Aufgaben- und Verantwortungsbereich der Führungsebene.

Page 91: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 90

Zum Kommunikationsplan gehören eine Checkliste und ein Template, das auf zwei

Kommunikationsphasen eingeht. Dieses ist angelehnt an das Modell von Lauer Thomas, Autor

von «Change-Management: Grundlagen und Erfolgsfaktoren».

Tabelle 17: Change-/Kommunikationsplan in zwei Phasen

1. Phase: Kommunikation zum Start der Veränderung. Fokus ist hier die Dringlichkeit der

Veränderung, die Vision und die Strategie zu kommunizieren. Dies ist Aufgabe des Top-

Managements. Die Kommunikation muss zielgruppenorientiert sein und Feedback-

Mechanismen beinhalten. Der beste Weg sind persönliche Gespräche, Team-Meetings und

-Events. Dieser Prozess muss kontinuierlich wiederholt werden.

2. Phase: Kommunikation während der Durchführung der Veränderung Erfolge sollen

möglichst rasch, Quick-Wins sowie Projektfortschritte laufend kommuniziert werden. Die

positive Veränderung der Key Performance Indikatoren muss regelmässig mitgeteilt

werden. Transparente und zeitnahe Kommunikation zu Herausforderungen, die zu stemmen

sind, ist ebenfalls wichtig. Widerstände, Ängste und Blockaden sollen identifiziert und in

Gesprächen diskutiert und abgebaut werden. Wandlungsträger, die sich durch besondere

Leistungen auszeichnen, werden belohnt und unterstützen bei der Kommunikation.

Die Quintessenz in der Zusammenfassung ist: Die Grundbedingungen für die Veränderung sind

der Wille, die Beteiligung und die klare Intervention des Top-Managements. Ohne dies ist der

Wandel von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Erfolgsfaktoren

Ausgangslage (von …) und Soll-Zustand (… hin zu) müssen klar definiert sein. Der Soll-

Zustand dient als Orientierung für den Wandel.

Während der Change-Planung den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Neben der

Sachebene muss auch die Beziehungsebene berücksichtigt werden.

Es ist entscheidend, dass weiche (z. B. Kultur, Kommunikation, Einstellungen) und harte (z.

B. Strategie, Struktur, Regeln) Faktoren berücksichtigt werden.

Die Planung bezieht alle Interventionsebenen (Unternehmen, Team, Individuum) ein.

Die Verabschiedung der Change-Story durch die Führungsetage ist die Basis für die

Legitimation und den Auftrag aller Change-Initiativen.

Die genaue Ermittlung der Interventions- und Handlungsebenen und deren Priorisierung

für den Change-Massnahmen- und Kommunikationsplan ist essentiell.

Gewünschter Outcome

Verbindliche Change-Story für die notwendigen Handlungsfelder (Neun-Felder-Matrix)

Page 92: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 91

Verbindlicher Change-Massnahmen- und Kommunikationsplan inklusive zugeteilter

Ressourcen und Investitionen

In der Planung wird die Personalentwicklung berücksichtigt.

Das Change-Management hat bei Führungskräften

und mittlerem Management Priorität, der Nutzen ist allen Beteiligten klar.

Mittels definierter Key Performance Indicators erhalten die Führungskräfte ein

transparentes Mittel, wie sie den Wandel begleiten und steuern können.

Page 93: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 92

8.5 Modell 4: Transformation umsetzen

Digital Leadership Team: Mobilisierung und Koordination

Vorgehen

Zwei wesentliche Erfolgsfaktoren für den Wandel sind die Leadership-Fähigkeiten des

Managements sowie eine gute Transformationsgovernance. Während das Top-Management die

digitale Agenda definiert, den kulturellen Wandel ermöglicht und die Governance-Mechanismen

einführt muss das mittlere Management die Strategie und die Zielvorstellungen klar

verinnerlicht haben, damit es die Transformation auf den Weg bringen und realisieren kann.

Führungskraft: Leadership für die Mobilisierung des Unternehmens

Die Führungskraft soll hier das Leadership und nicht das Management der Transformation

übernehmen. Leadership, weil sie während der Digital Transformation die Mitarbeiter

mobilisieren und begleiten muss. Sie gibt die Richtung vor und ist bei Problemen der erste

Ansprechpartner. Ihre Kernaufgaben während der Digital Transformation sind:

1. Die Richtung vorgeben: Strategie zur Erreichung der Vision aufzeigen

2. Alle Beteiligten zum gemeinsamen Ziel hinführen: Kooperation für die Zielerreichung sichern

3. Motivieren und begeistern: Mitarbeiter trotz Hürden für die Digital Transformation

begeistern und auf deren Bedürfnisse, Werte und Emotionen eingehen

4. Die Basis für eine Digital-ready-Kultur schaffen und die Veränderung ermöglichen

5. Einen Massnahmenkatalog für den Wandel definieren und kommunizieren

In der Methodologie sollen die Aufgaben der Führungskräfte geplant und deren Erfüllung

sichergestellt werden. Eine Reihe dieser Aufgaben aus dem Change-Kommunikationsplan kann

nicht delegiert werden. Falls die Führungskraft keine digitalen Fähigkeiten besitzt, muss sie sich

diese aneignen und (sofern diese Rolle vorhanden ist) mit dem Digital Transformation Officer

eng zusammenarbeiten.

Aufbau Digital Governance Team

Die Digital Transformation Governance ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Transformation

(Kapitel 7.2.3). Fehlt eine gute Governance, dann werden die Potentiale der Digital

Transformation nicht ausgeschöpft. Aufgabe der Governance ist es, das Silo-Denken der

Abteilungen zu abzubauen, die Digital Transformation als Programm zu etablieren und den

gegenseitigen Austausch sowie funktionsübergreifende Aktivitäten zu ermöglichen. Der Fokus

der Governance sowie deren Verantwortlichkeiten müssen frühzeitig definiert und laufen

angepasst werden. In dieser Methodologie wird das Ziel der Governance auf Basis der digitalen

Transformationserfolgsfaktoren (Kapitel 7.5.2) und der notwendigen Rollen und

Aufgabenbereiche für die Transformation definiert (Kapitel 7.2.3).

Ziele des Digital Governance Teams

Steuerung: Das Steering Commitee aus dem Senior Leadership Team kann rasche

Entscheidungen treffen, neue Projekte lancieren oder Projekte stoppen, Prioritäten setzen,

und Projekte mit geringem Nutzen depriorisieren oder nicht durchführen.

Koordination: Die Transformation auf Basis der geplanten digitalen Initiativen, der Change-

Management-Massnahmen und der Business Scorecard bereichsübergreifend koordinieren

und als Programm führen

Page 94: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 93

Sharing: Zusammenbringen von digitalen Fähigkeiten und deren bereichsübergreifenden

Einsatz koordinieren, Know-how-Transfer und Skalierungsmöglichkeiten der digitalen

Initiativen ausloten

Mobilisierung: Zusammen mit der Führung ist das Digital Transformation Governance Team

verantwortlich für die Mobilisierung der Organisation.

Verantwortlichkeiten Governance Team

Oberste Führungskraft: Ist Auftraggeber und trägt die Gesamtverantwortung für die

Transformation

Führungskräfte der Fachbereiche: Sind die digital Leaders und tragen die Verantwortung für

die Umsetzung in ihren Teams und Bereichen

Governance Teamleiter: Trägt die Verantwortung für das methodische Vorgehen bei der

Transformation. Hier ist eine Senior Rolle erforderlich (siehe hierzu Überlegungen in Kapitel

7.2)

Erfolgsfaktoren

Leadership Fähigkeiten, digitale Fähigkeiten sowie Change-Management Fähigkeiten

Die Organisation für Veränderungen und Innovationen sensibilisieren, die Richtung

vorgeben und mit gutem Beispiel glaubwürdig vorangehen

Die digitalen Technologien für die Gestaltung des Wandels selbst nutzen, die

Kommunikation fördern und Feedback aus der Organisation laufend integrieren

Konsens herbeiführen, Machtkämpfe vermeiden, Widerstände lösen, Projekte und

Initiativen steuern

Korrekturmassnahmen ergreifen, um die Durchsetzung der Strategie sicherzustellen

Die Organisation für den Wandel begeistern und die Basis für eine steuerbare und

erfolgreiche Transformation schaffen

Mittels Kommunikation in den einzelnen Phasen der Veränderung die Firma lenken

Gewünschter Outcome

Die oberste Führungskraft nimmt die Rolle des Leaders wahr und mobilisiert/führt die

Organisation in die richtige Richtung.

Für die Führung der Digital Transformation ist eine verantwortliche Senior Person definiert

worden. Ob dies ein Digital Transformation Officer oder ein anderes geeignetes Mitglied aus

dem Management-Team ist, ist zweitrangig.

Das Digital Governance Team besteht aus Führungskräften. Wichtige Rollen und für die

Transformation federführend sind: CIO, CMO, HR, CEO, Bereichs- und Projektleiter.

Das Management leitet die Projekte; alle beteiligten Mitarbeiter tragen eine

Teilverantwortung gemäss Zielvereinbarungen.

Enge Zusammenarbeit von Führungskräften und IT-Abteilung

Page 95: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 94

Umsetzung und Steuerung der transformativen Massnahmen

Vorgehen

Voraussetzung für die Umsetzung ist, dass Zielsetzungen kommuniziert, verstanden und bei

Bedarf angepasst werden. Während die digitale Strategieentwicklung in zwei bis drei Monaten

erfolgen kann, dauert die Umsetzung der Strategie ggf. zwei bis drei Jahre. Bei der Umsetzung

ist es empfehlenswert, die Prozesse an

die existierenden und spezifischen

Unternehmensprozesse anzupassen.

Wichtig ist in jedem Fall, dass bei der

Stra-tegieentwicklung die Führungs-

kräfte den Hut aufhaben und auch, dass

für die Strategie-umsetzung die aktive

Betei-ligung der Mitarbeiter erfor-

derlich ist.

Damit das ganze Unternehmen

mobilisiert werden kann, müssen Ziele

und Aufträge auf Abeilungs-, Bereichs-

und Individuumebene herunter-

gebrochen werden. Die durch die

Balanced Scorecard ermittelten Werte

und Massnahmen sind für die

individuellen Zielvereinbarungen die Basis.

Die einzelnen Schritte nochmals im Überblick:

Balanced Scorecard-Ziele finalisieren

Balanced Scorecard-Strategie-Map erstellen

Herunterbrechen der Ziele und Projekte auf die Teams/Individuen

Zielvereinbarung mit den Mitarbeitern erstellen

Balanced Scorecard als Instrument für die Strategieumsetzung

Als Management Instrument für die Umsetzung wurde in der Strategiephase bereits die

Balanced Scorecard (BSC) vorgestellt. Diese dient als wesentliches Steuerungsinstrument für die

Führungskräfte. Um eine ausufernde Ansammlung von Kennzahlen zu verhindern, ist eine

Zusammenfassung der wichtigsten Messgrössen, Zielwerte und Initiativen erforderlich. Das

steuerbare Zielsystem soll ein Mix aus monetären und nicht monetären Kennzahlen sein und

sowohl Leistungstreiber (TLIs) als auch klassische Ergebniskennzahlen (KPIs) beinhalten. Da in

der Priorisierung der Kennzahlen die klassischen allgemeinen Erfolgsfaktoren einer Business

Scorecard ggf. zu stark verdichtet werden, sind reine «Digital Transformation KPIs» für die

Identifikation und Führung der Transformation wichtig. Unten stehend ein Beispiel zur Anregung

für die Umsetzung:

Abbildung 59: Zielsystem für die Umsetzung der Strategie

Quelle: in Anlehnung an Sachs S., Rühli E. (2013: 57)

Page 96: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 95

Tabelle 18: Business-Scorecard-Strategie-Map mit Massnahmen und Zielwerten

Digitale Landkarte

Vision u. Strategie

Messgrössen

Zielwerte

Massnahmen

Finanzen Beitrag Digitale Technologien

Umsätze mit neuen Produkten und DL erzielen

Anteil neuer

Produktumsätze Anteil neuer DL-

Umsätze

15%

35%

Entwicklung neuer

digitaler Produkte: Projekt A, B, C

DL-Erweiterung durch digitale Technologien: Projekt, A, B, C

Kunden Customer Experience

Innovative, qualitativ hochwertige Produkte anbieten

Kommunikations-

kosten reduzieren Sales-Conversion

erhöhen Anteil Self-Service-

Käufe erhöhen

-15%

+100%

> 20%

Projekt: BI und Multi-

Channel-Kommunikation Projekt: CRM Projekt: Digital-

Salesexperience

Potentiale Neue und erweiterte Business Modelle

Produkt- u. DL-Entwicklung für künftige Marktchancen

Produkt-

Innovationszyklus erhöhen

Neue Produkte entwickeln, testen

4/Jahr

2/Jahr

Projekt: Digitale

Dienstleistungen

Projekt: A. Task-Force-In-novation, B. Intrapren-Projekt, C. Partnerships

Prozesse Digitale Prozesse und Kollaboration

Prozesse optimieren, Produktivität erhöhen

Durchlaufzeit für

Entwicklung kürzen Reduktion der

Produktionskosten Major Releases:

Frequenz erhöhen Produktivität MA

erhöhen

< 5 Tage

15%

6/Jahr

+20%

Projekt: Automation

Projekt: Roboter

Projekt: IT-Agilität

Projekt: Mobilität MA

Quelle: in Anlehnung an Lombriser R., Abplanalp P. (2015: 359)

Ergebnis ist das Digital Transformation Cockpit für die Umsetzung und Steuerung der Aktivitäten

des Leadership Governance Teams. Diese Werte müssen in einem zweiten Schritt auf die Teams

und das Individuum heruntergebrochen werden, damit eine Umsetzung tatsächlich erfolgen

kann.

Herunterbrechen der Ziele auf untere Ebenen

Um die gewünschte Wirkung in der Umsetzung zu erzielen, soll die Business Scorecard auf die

Abteilungen und Mitarbeiter übertragen werden. Alle Teams und Mitarbeiter benötigen digitale

und transformative Ziele und einen klaren Auftrag für deren Erreichung.

Initiativen auf die Teams herunterbrechen:

Digitale Projekte und Massnahmen (Kapitel 8.4.2)

Digitale Transformationsmassnahmen (Kapitel 8.4.3)

Page 97: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 96

Führung durch Zielsetzung (MBO = Managemend by Objectives)

SMARTe Ziele erarbeiten (spezifisch, messbar, aktiv beeinflussbar, realistisch, terminiert)

Um den Innovations- und Veränderungsprozess erfolgreich zu meistern, sollten neben den

harten auch weiche Faktoren (Entwicklung der digitalen Fähigkeiten, neue

Verhaltensmuster für ein digitales Zeitalter) berücksichtigt und honoriert werden.

Die Führungskräfte sollen die Teams entsprechend der Zielerreichung ausrichten und

Zielvereinbarung für die Mitarbeiter definieren. Dieser Prozess ist zeitintensiv und beinhaltet die

Kommunikation der zukünftigen Vision und der Strategie sowie der Anforderungen an jeden

einzelnen durch die Führungskräfte. Die Mitarbeiter sollen aktiv beteiligt und mögliche

Probleme und Schwierigkeiten mit ihnen individuell diskutiert werden, denn insbesondere

radikale Veränderungen machen Angst!

Erfolgsfaktoren

Als Grundprinzip für die Umsetzung gilt, dass Ziele kommuniziert, verstanden, umgesetzt

und bei Bedarf angepasst werden.

Verknüpfung der Strategie mit Massnahmen und Herunterbrechen der Massnahmen auf die

Teams/einzelne Individuen

Entwicklung der geeigneten Führungsinstrumente für die Strategieumsetzung (Balanced

Scorecard, Scorecard-Strategie-Map, MBOs für die Mitarbeiter)

Die erfolgreiche Ausrichtung der Organisation auf die Strategie (Kultur, Struktur, Prozesse)

Leadership-Fähigkeiten, digitale Fähigkeiten sowie Change-Management-Fähigkeiten.

Gewünschter Outcome

Die Mitarbeiter fühlen sich durch die Vision inspiriert und verstehen die Strategie. Sie wissen

wie die Welt aussieht, wenn der Kernauftrag der Firma erfüllt ist.

Der mit der Strategie definierte Auftrag wurde im Unternehmen angenommen (Teams,

Mitarbeiter).

Jede betroffene Person kennt seine SMARTen Ziele und den eigenen Beitrag zur Strategie.

Das Management hat die notwendigen Instrumente an der Hand um die Teams und

Mitarbeiter zu führen (Balanced Scorecard, Strategie-Map, Zielvereinbarungen).

Digitale Initiativen sowie Change- und Entwicklungsmassnahmen sind definiert,

Verantwortlichkeiten zugeteilt; alle Beteiligten sind startklar für die Umsetzung.

Page 98: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 97

8.6 Modell 5: Transformation verankern

Controlling als Überwachungs-, Lern- und Lenkungsprozess

Vorgehen

Die Strategiekontrolle ist fast das letzte Modul in diesem Transformationsmodell. Ein Wort dazu

vorneweg: «Keine Transformation läuft nach Plan». Eine Digital Transformation erfordert

deshalb Flexibilität, Learning-by-Doing-Ansätze sowie eine lernende Organisation, die durch

Praxiserfahrung den richtigen Weg findet.

Für das Controlling sollen die bereits erarbeiteten strategischen (Balanced Scorecard) und

operativen (Zielvereinbarungen) Systeme die Basis bilden. Parallel dazu wollen wir aber auch ein

flexibles System, das Strategiecontrolling zur Förderung von Flexibilität und zum Lernen nutzt

und das Trendwatching einbezieht.

Als Grundlage dient die Gliederung des Controllings in die Prämissen-, Wirksamkeits- und

Durchführungskontrolle (Lombriser, Roman Abplanalp 2015). Das Controlling-System soll im

Kontext die erarbeiteten Instrumente und unter Einbezug des Digital Governance Teams

untenstehende Aspekte berücksichtigen. Die Frequenz der Controlling-Einheiten ist eine

Annahme.

Tabelle 19: Controlling-System

Dimension Instrument Iterativer Prozess Prämissenkontrolle Überprüfung «Warum?» und Auseinandersetzung mit Umwelt

Trendwatching Branchenstudien Marktanteile Google Trends Social Media Monitoring

laufend jährlich monatlich laufend laufend

Wirksamkeitskontrolle Überprüfung «Was?»; werden strategische Ziele erreicht?

Balanced Scorecard Verkaufsstatistiken Digital Analytics

(Bsp. CPC, CPL, CPO, Churn) Prozess-Monitoring

monatlich wöchentlich laufend

laufend

Durchführungskontrolle Überprüfung «Wie?»; interne Ziele in der Umsetzung erreicht?

Projekt-Management Change-Management

Kotter-Erfolgsfaktoren MBOs

monatlich monatlich

quartalsweise

Quelle: in Anlehnung an Lombriser R., Abplanalp P. (2015: 415, 416, 417)

Lenkungsaufgabe des Controllings

Der Controllingprozess soll so gestaltet werden, dass die Fragen für die Steuerung und

Lenkunsprozesse beantwortet und Massnahmen daraus abgeleitet werden können. Die Schritte

für das effektive Lenken:

1. Ursachenforschung für aktuelle oder potentielle Abweichungen 2. Neuformulierung oder Anpassung der Strategie und Ziele

Page 99: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 98

3. Sofortmassnahmen und mittelfristige Massnahmen einleiten

Controlling zur Unterstützung im Lernprozess

Wichtig zum Verständnis: Rückmeldungen aus dem strategischen und operativen Controlling

dienen nicht als moralische Druckmittel, sondern als Führungsinstrument. Das Ziel ist,

Verbesserungen einzuleiten und die Zukunft zu gestalten.

Wird dies in der Kultur des Unternehmens so gelebt und verstanden, dann sind die Bedingungen

für ein lernendes und offenes Unternehmen gegeben. Nicht nur Führungskräfte, sondern auch

Mitarbeiter stossen neue Denk- und Lernprozesse an und werden zum Unternehmer in der

Unternehmung.

Erfolgsfaktoren

Aufbau eines Controlling-Systems, welches Leading- (TLIs) sowie Lagging Performance (KPIs)

Indikatoren ausweist und die Analyse der Schlüsseldimensionen Prämisse, Wirksamkeit und

Durchführung ermöglicht

Controlling-Instrumente dienen der Zielführung und werden auf unterschiedlichen Ebenen

genutzt. Das Digital Leadership Team verwendet für das strategische Controlling die

Balanced Scorecard. Die Manager definieren zusammen mit ihren Mitarbeitern die MBOs.

Controlling-Instrumente unterstützen das Projekt-Management.

Das Controlling ist Mittel zum Zweck. Es werden nur so viele und solche Daten analysiert,

wie für die Lenkungsprozesse notwendig sind.

Es herrscht eine Kultur des Lernens mit dem Ziel, Verbesserungen einzuleiten und die

Zukunft zu gestalten.

Gewünschter Outcome

Controlling-Mechanismen sind etabliert und Unternehmen nutzt das Controlling

erfolgreich für Lenkungsprozesse

Effizienter Prozess in der Ursachenforschung, Zieladaption und Umsetzung

Überblick, ob das Unternehmen in der Transformation auf dem richtigen Weg ist.

Das strategische Controlling fördert das Lernen auf allen Unternehmensebenen.

Das Controlling fördert die Flexibilität um zeitnahe und situationsbedingt

Änderungsmassnahmen einzuleiten.

Investitions-, Vergütungs- und Belohnungssysteme

Vorgehen

Eine Veränderung kann durch Konsens und Zielvereinbarungen eingeleitet und gesteuert und

durch ein Belohnungssystem flankiert werden, das auf das strategische Zukunftsbild

ausgerichtet ist. Ohne die konsequente Anpassung des Vergütungs- und Investitionsverhaltens

werden die Veränderungsziele nicht erreicht. Die Mitarbeiter sind skeptisch, ängstlich und nicht

genügend motiviert und verunmöglichen so den Change. Wird z. B. ein Verkäufer nur auf die

Erreichung des Deckungbeitrags entlohnt, wird er keine neuen Produkte fördern und alles daran

setzen, disruptive Angebote zu verhindern. Wenn auf der anderen Seite nur in die Bereiche

investiert wird, in denen heute die grössten Deckungsbeiträge erzielt werden, dann entstehen

keine neuen Produkte, keine neuen Dienstleistungen und keine neuen Geschäftspotentiale.

Page 100: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 99

Fragestellungen

Prüfung des aktuellen Investitionsverhaltens: Investiert die Firma konsequent in die

definierten strategischen Bereiche? Stoppt das Unternehmen die Investitionen, die für die

Strategie als nicht zielführend erachtet werden?

Prüfung der aktuellen Bonus- und leistungsvariablen Entlohnungssysteme: Werden die

Mitarbeiter angemessen belohnt? Fördert das Bonussystem Innovation, unternehmerisches

Verhalten sowie die Umsetzung der Strategie?

Verfügt das Unternehmen neben extrinsischen Anreizen (Bonussysteme) auch über

organisatorischen Voraussetzungen, um die intrinsische Motivation (Eigenantrieb) zu

fördern?

Bei Abweichungen zur Strategie sind diese Massnahmen nötig:

Investitionen: Neuplanung und Ausrichtung auf die Geschäftsstrategie

Bonussysteme: Neuplanung und Ausrichtung auf die Geschäftsstrategie

Motivationssystem: Förderung der intrinsischen Motivation über die

Organisationsentwicklung

Erfolgsfaktoren

Bei disruptiven Innovationen braucht es Mut, Weitsicht und Überzeugungskraft der

Geschäftsführung. Interne Stakeholder und Shareholder müssen für die neue Ausrichtung

gewonnen werden.

Bei der Desinvestition von lukrativen Hochburgen ist Durchsetzungsstärke gefragt.

Bei Investitionen in innovative Projekte ist eine höhere Risikobereitschaft erforderlich.

Die Anpassung der Investitionen sowie Bonussysteme erfordert kontinuierliche und exakte

Steuerung (zu hohe Transformationsgeschwindigkeit könnte auch negative Folgen für das

Geschäftsergebnis haben).

Eine Organisation, die gleichermassen auf extrinsische wie intrinsische Motivation setzt.

Gewünschter Outcome

Bonussysteme sind auf die digitale Transformationsstrategie ausgerichtet.

Anerkennungssysteme sind auf besondere Leistungen im Wandel ausgerichtet.

Investitionen fliessen in die strategisch wichtigen Initiativen. Investitionen in andere

Projekten werden reduziert oder gestoppt.

Page 101: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 100

Verankerung der Veränderung in der Unternehmenskultur

Vorgehen

Im Kontext der Digital Transformation haben sich aus der Erfahrung von Best Practices

(Westerman George, Bonnet Didier 2014) bestimmte Schlüsselentwicklungsthemen für die

Organisation als erfolgskritisch erwiesen. Deren Planung und laufende Umsetzung ist essentiell.

Untenstehende sechs Themen sollen priorisiert werden und gehören zum Modell der

Transformation!

Mitarbeiter befähigen und beim Top-Management starten

Gerade im Top-Management mangelt es an Wissen über digitale Technologien. Dies wird

umso problematischer, wenn die Zielgruppe des Unternehmens «digital Natives» sind und

die Führungskräfte digitale Technologien selber nicht nutzen. Als Leader der

Transformation soll das Management digitale Fähigkeiten und Change-Management-

Fähigkeiten besitzen und in der Praxis umsetzen. Im Anschluss können alle im

Veränderungsprozess wichtigen Rollen befähigt werden.

Reverse-Mentoring-Programme für Führungskräfte einführen

Revers-Mentoring-Programme bringen meist jüngere, digital innovative Mitarbeiter mit

Führungskräften ohne digitale Kompetenzen zusammen. In einer offenen und lernenden

Organisation profitieren beide Seiten von einem Austausch.

Intrapreneur-Programme für Talente starten

Talentierte Wandlungsträger sollen von Intrapreneur-Programmen profitieren. Durch

einen neuen Freiraum für Unternehmertum, durch Fehlertoleranz und Risikobereitschaft

wird zusätzlich Innovation gefördert.

Den Rekrutierungsprozess modernisieren

Einer der Schlüsselfaktoren bei der Entwicklung der Organisation ist der

Rekrutierungsprozess. Das Design des Rekrutierungsprozesses soll so ausgerichtet sein,

dass Talente gewonnen werden, die nicht nur einen Mehrwehrt zur Strategie leisten,

sondern wichtige Impulse und Inspirationen für die einzelnen Teams mitbringen.

Die Zusammenarbeit zwischen der IT und dem Business laufend entwickeln

Eine reibungslose Zusammenarbeit der IT- und Fachabteilungen ist erfolgskritisch. Sowohl

die IT-Abteilung (Kapitel 7.3.2) als auch die Fachbereiche (Kapitel 7.2.2) müssen befähigt

werden und aus einer Outside-in Betrachtung die gleichen Verbesserungsziele gemeinsam

verfolgen.

Die grundlegenden Investitionen für eine zukunftsfähige, digitale Plattform intensivieren

Die Investitionen in die IT dürfen nicht mehr klassisch gesehen werden (Plan, Build, Run,

Manage) sondern müssen im Hinblick auf zukunftsfähige, digitale und agile Plattformen

getätigt werden, um eine erfolgreiche Transformation zu unterstützen

Page 102: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 101

Erfolgsfaktoren

Es herrscht ein offenes und lernendes Umfeld im Unternehmen, von dem Mitarbeiter und

Management profitieren.

Das Verständnis für einen kontinuierlichen Veränderungsprozess ist vorhanden.

Der Erfolg der Transformation soll nicht zu früh gefeiert werden; es gilt sicherzustellen, dass

die neuen Verhaltensmuster in der Unternehmenskultur verankern werden.

Gewünschter Outcome

Fähigkeiten: Die notwendige Expertise, die Leidenschaft und die Wertschätzung für digitale

Technologien sind vorhanden. Das Unternehmen versteht die Grundlagen, Möglichkeiten

und Limitationen der digitalen Technologien.

Fähigkeiten: Eine agile und flexible Plattform ermöglicht kontinuierliche Innovationen.

Kultur: Das Unternehmen ist vom Kundennutzen besessen. Innovationen in den Bereichen

Customer Experience, Geschäftsprozesse und neue Geschäftsmodelle werden priorisiert.

Kultur: Der Spirit des Unternehmens fördert innovative Werte und digitale Technologien.

Abschliessend zur Transformation Methodologie ein paar Zitate, die ich gerne zum Thema

«Lernen» bei meinen Transformations-Workshops mit unseren Cloud IT-Partnern verwende. Ich

empfinde sie als dahingehend inspirierend, wie grundsätzlich mit Veränderungen umgegangen

werden kann.

Was du mir sagst, das vergesse ich. Was du mir zeigst, daran erinnere ich mich. Was du

mich tun lässt, das verstehe ich. (Konfuzius, chinesischer Philosoph, 551 - 479 v. Chr.)

Lesen ohne Liebe, Wissen ohne Ehrfurcht, Bildung ohne Herz, das sind die schlimmsten

Sünden gegen den Geist. (Hermann Hesse, deutsch-schweizerischer Lyriker, Essayist,

Erzähler und Kritiker, 1877 - 1962)

Wer aufhört zu lernen, ist alt, sei er zwanzig oder achtzig. Wer immer lernt bleibt immer

jung. (Henry Ford, amerikanischer Automobilproduzent, 1863 - 1947)

Sobald man in einer Sache Meister geworden ist, sollte man in einer neuen Schüler

werden. (Gerhart Hauptmann, deutscher Dichter, Erzähler und Epiker, 1862 - 1946)

Lernen, ohne zu denken, ist eitel. Denken, ohne zu lernen, ist gefährlich (Konfuzius,

chinesischer Philosoph, 551 - 479 v. Chr.)

Viel Erfolg!

Page 103: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 102

9 Abschliessende Beurteilung

9.1 Zusammenfassung

Das Thema der vorliegenden Arbeit «Digital Transformation – Orientierung und Navigation für

Führungskräfte» wurde zunächst aus einer empirischen, praxisorientieren Perspektive

beleuchtet (Orientierung) und anschliessend durch eine methodische Transformation

Methodologie (Navigation) abgerundet.

Erster Teil: Orientierung für Führungskräfte

Ein Beitrag zur Orientierung wurde durch die empirische Sammlung, Verwertung, Validierung

und Kalibrierung der strategischen Ausgangslage geleistet. Die theoretischen Grundlagen der

Digital Transformation, die bereits erhobenen Statistiken sowie die ergänzenden

Experteninterviews aus dem Schweizer Markt ermöglichten es, den theoretischen Bereich mit

Praxiswissen zu untermauern.

Die Kernfrage «Was ist zu tun und welche neuen digitalen Technologien bringen meinem

Unternehmen einen signifikanten Geschäftsnutzen? » konnte mittels empirischem Prozess

beantwortet werden. Die Ermittlung der Ausgangslage sowie die entscheidungsrelevanten

Dimensionen wurden am Ende der Kapitel zusammengefasst:

Ausgangslage: Digital Transformation – Die Welt in der wir leben! (Kapitel 4.5)

Herausforderungen: Herausforderungen für Unternehmen auf einen Blick (Kapitel 0)

Geschäftschancen: Geschäftschancen der Transformation (Kapitel 6.3.2)

Erfolgsfaktoren: Erfolgsfaktoren für Führungskräfte (Kapitel 7.5.2)

Der Mehrwehrt der digitalen Technologien lässt sich in die für den Geschäftsführer relevanten

Dimensionen der eigenen Wertschöpfungskette abbilden. Richtig eingesetzt führen sie zu

Wachstum und Effizienz sowie zu Kunden-, Partner- und Mitarbeiterzufriedenheit bzw. -

loyalität.

Zur allgemeinen Orientierung kann der Nutzen der Technologien in die drei Gestaltungsbereiche

Kundenerlebnis, Geschäftsprozesse und neue Geschäftspotentiale gegliedert werden.

Zusammen mit den unternehmensspezifischen strategischen Assets ermöglichen digitale

Technologien nicht nur Wettbewerbsvorteile, sondern sichern den Fortbestand der

Unternehmen.

Dem stehen allerdings die Herausforderungen der (etablierten) Unternehmungen gegenüber:

kulturelle Hürden und fehlende Technologieaffinität in einem digitalen Zeitalter in Kombination

mit der fehlenden Dringlichkeit zur Veränderung sind die Top-Bremser.

Zwei Interview-Experten hatten allerdings wenig Verständnis für die Aufregung, die mit der

Digital Transformation einhergeht. Ihr Pragmatismus scheint mir der richtige Weg für eine Reise,

die kein bestimmtes Ende hat. Ihr Credo war ganz einfach: Unternehmen müssen ihre

Hausaufgaben machen, durch Praxiserfahrungen die digitale Welt verstehen und sich dauerhaft

hinterfragen. Sie sollen sich von fixen Zielvorstellungen verabschieden, da nicht alle kommenden

Innovationen vorhersehbar sind. Kontinuierliches Ausprobieren und Lernen, sich mit Praktikern

vernetzen und austauschen sowie mit Neugier und Leidenschaft die eigene Zukunft bauen, das

steht im Zentrum ihrer Überlegungen. Das Handeln in einem ungewissen Umfeld stört sie nicht

Page 104: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 103

weiter, sie orientieren sich an dem von ihnen entworfenen Zukunftsbild, das sie stets vor Augen

haben.

Dieses Vorgehen der Pragmatiker ist allerdings nur dann möglich, wenn Kultur, Struktur und

Prozesse von einem Digital Master vorgelebt werden. Zudem bedarf es aus einer Leadership-

Perspektive einer Technologieaffinität und der Bereitschaft, den Wandel und dessen Kosten zu

verantworten. Die Führung muss an dieser Stelle nicht nur eine Vision entwickeln können,

sondern auch die Fähigkeit haben, die eigene Mannschaft auf die Reise mitzunehmen.

Die Interview-Partner spiegelten grösstenteils auch die empirisch ermittelten Erfolgsfaktoren

wieder: Investitionen in digitale Initiativen (digitale Projekte) und im Bereich der

Organisationsentwicklung (digitale-, Change- und Leadership-Fähigkeiten bzw. eine Kultur, die

diese fördert) sind unverzichtbar. Die oberste Führungskraft steht hinter der Transformation,

kommuniziert den klar geäusserten Willen zur Veränderung und mobilisiert das Unternehmen.

Das «befähigte» Management führt die Transformationsprojekte durch.

Zweiter Teil: Navigation für Führungskräfte

Ein Beitrag zum Thema Navigation konnte aufgrund der empirischen Analyse der strategischen

Ausgangslage (Kapitel 9.1.1) und der Sammlung und Auswertung von digitalen Transformations-

und Management-Modellen geleistet werden.

Die Kernfrage «Wie sollen wir die Firma in das digitale Zeitalter führen?» wurde anhand der

entwickelten Modelle beantwortet. In der aufgezeigten Transformation Methodologie wurden

die Kernherausforderungen, Chancen sowie Erfolgsfaktoren berücksichtigt. Jeder Prozessschritt

wurde anhand der ermittelten Erfolgsfaktoren sowie der gewünschten Outcomes beschrieben.

Auf Basis einer digitalen Wertschöpfungslandkarte sowie der eigenen strategischen Assets wird

eine Vision für ein digitales Zeitalter erarbeitet. Die darauf aufbauende Strategie wird mittels

der drei Kernbereiche digitale Initiativen (digitale Projekte), transformative Initiativen (Change-

Management und Organisationsentwicklung) sowie strategisches Zielsystem (Balanced

Scorecard) entwickelt.

Eine besondere Beachtung wurde dem Thema Umsetzung geschenkt. Die Umsetzung der

Transformation sowie die Mobilisierung einer Unternehmung sind eindeutig Themen für die

Geschäftsleitung. Verantwortet werden die Transformationsprojekte vom mittleren

Management. Im Umsetzungsmodell liegt aus diesem Grund der Fokus auf dem

Herunterbrechen der Ziele auf die Teams sowie auf den Zielvereinbarungen für die Mitarbeiter.

Für die Steuerung der Transformation steht die Bildung einer Digital Governance im Mittelpunkt.

Fehlen den Führungskräften die notwendigen Skills, dann werden auch Befähigungsprogramme

in die Planung aufgenommen.

Letztlich darf der Erfolg nicht zu früh gefeiert werden! Organisationsentwicklungsprogramme

sollen genauso wie digitale Initiativen priorisiert werden. Angepasste Vergütungssysteme, die

Ausbildung der Mitarbeiter sowie die Veränderung der Kultur stehen im Mittelpunkt. Mit einem

etablierten Controlling sollen zudem die Weichen für ein lenkbares und lernendes System

gestellt werden.

Page 105: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 104

Grafische Zusammenfassung der Transformation Methodologie

Das Digital Transformation Framework liefert den Rahmen für das strategische und operative Digital Transformation Management. Ziel ist es, zusammen mit der Transformation Methodologie, alle Faktoren einer Transformation erfolgreich miteinander in Beziehung zu setzen.

Digital Transformation Methodologie

Digital Transformation Framework

Page 106: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 105

9.2 Schlussfolgerungen und Ausblick

Schlussfolgerungen

Auf Basis der vorliegenden Arbeit und aus meinen persönlichen Erfahrungen leite ich für den

Schweizer Markt neun Schlussfolgerungen zum Thema Digital Transformation ab:

Schlussfolgerung 1: Die Digitalisierung ermöglicht der Schweizer Wirtschaft Differenzierung

sowie Qualitäts- und Wettbewerbsvorteile. In einem Land mit limitierten Rohstoffen, einem

starken Franken und hohem Lohnniveau bildet sie ein Fundament für mehr Produktivität,

Wirtschaftlichkeit und Rentabilität.

Schlussfolgerung 2: Werden digitale Technologien richtig eingesetzt, dann führen sie zu

Wachstum, Effizienz sowie zu Kunden-, Partner- und Mitarbeiterzufriedenheit und -loyalität.

Zudem schützt eine proaktive Transformation Unternehmen vor dem Eintritt disruptiver

Wettbewerber.

Schlussfolgerung 3: Die Digital Transformation betrifft jede Branche und jedes Unternehmen.

Einzig die Radikalität und Geschwindigkeit der Veränderung variiert. Die Transformation umfasst

die Interkationen mit Kunden, Partnern und Lieferanten, beeinflusst operative

Geschäftsprozesse und schliesst die Organisation und deren Mitarbeiter ein.

Schlussfolgerung 4: Der Kundennutzen (Outside-in) ist der Startpunkt der Überlegungen. Die

gesellschaftlichen und technologischen Treiber (DtOs), die eigenen strategischen Assets sowie

die Schlüsseltransformationsbereiche eines Unternehmens (KTAs) bilden das Fundament für

Innovationsprojekte. Parallel dazu unterstützen innovative Märkte und Branchen bei der

Identifikation von Innovationsprojekten.

Schlussfolgerung 5: Die Transformation erfordert Leaders mit einer Vision, welche die eigene

Belegschaft für die Veränderung begeistern können. Sie legen den Fokus auf die Differenzierung

des Business basierend auf digitalen Technologien und sind vom Kundennutzen besessen. Sie

verstehen die Grundlagen, Möglichkeiten und Limitationen der Technologien und treiben die

Perfektionierung von Produkten und Dienstleistungen voran.

Schlussfolgerung 6: Das befähigte mittlere Management führt die Transformationsprojekte und

ist der Promotor des Wandels. Für die erfolgreiche Umsetzung sind eine digitale Leadership

Governance, Anpassung der Belohnungssysteme sowie Zielvereinbarungen mit den Teams und

Mitarbeitern essentiell.

Schlussfolgerung 7: Besonders im Fokus stehen die Disziplinen Change-Management und

Organisationsentwicklung. Die grössten Herausforderungen in diesem Zusammenhang sind

kulturelle Hürden und das vorhandene Wissen der Führungskräfte und Mitarbeiter.

Schlussfolgerung 8: Die Hausaufgaben müssen erledigt werden. Die Transformation erfordert

Investitionen in digitale Innovationsprojekte, in die Ausbildung der Führungskräfte und

Mitarbeiter sowie in eine digital-freundliche Kultur. Die Führung muss bereit sein die Kosten für

den Wandel zu tragen.

Schlussfolgerung 9: Sowohl Berater, Unternehmen als auch der Staat müssen die Reise in die

Transformation begleiten. Apokalyptische Berichterstattungen sind genauso kontraproduktiv

wie Heilversprechen der Technologiefirmen. Transparente Orientierungspunkte, die Vision für

eine digitale Schweiz sowie Navigationsinstrumente für die Transformation unterstützen den

Wandel.

Page 107: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 106

Kritische Würdigung

Zuverlässig Orientierung für die digitale Revolution zu bekommen ist für Führungskräfte zur

Herausforderung geworden. Experten können den Weg weisen aber nicht in die Glaskugel

blicken. Sie verstehen jedoch, dass wir es mit einer Veränderung zu tun haben, die vergleichbar

mit der industriellen Revolution des 18. Jahrhunderts ist. Transformation bedeutet eine

Intervention und eine Intervention bedeutet von einem stabilen in ein instabiles System

überzugehen, um später neue Stabilität auf einer neuen Ebene zu erlangen. Während der

Transformation müssen wir wohl auch den Anspruch an Orientierung und Lenkung anpassen

und eine höhere Form des Navigierens lernen.

Die höhere Form des Navigierens ist die Fähigkeit, sich im Unbekannten zurechtzufinden – dann,

wenn die Standorte ungewiss, die Ziele beweglich und die Wege vielfältig sind. (Fredmund Malik

2014)

Mit dieser Arbeit kann sicherlich ein wesentlicher Betrag zu digitalen Standorten, Erfolgswegen

und den für deren Beschreiten nötigen Werkzeugen sowie für mögliche Zukunftsziele geleistet

werden.

Durch den bewusst branchenneutralen Ansatz stehen die Führungskräfte im Mittelpunkt. Bei

der Frage was zu tun ist wollen allerdings gerade die Führungskräfte spezifische Antworten. Dies

würde jedoch den Rahmen der Arbeit sprengen. Es geht um den generellen Weg, den

Unternehmen einschlagen sollen und nicht um Rezepte für individuelle Zielerreichungen.

Der Neuigkeitsgehalt der Arbeit liegt in der Entwicklung einer Digital Transformation

Methodologie (Kapitel 8.1.2) sowie eines Transformations-Frameworks (Kapitel 8.1.3).

Zusammen zeigen sie den Weg in die Transformation auf. Je nach Reifegrad und Grösse sowie

abhängig von den Prozessen eines Unternehmens bedarf es in verschiedener Hinsicht geistiger

Agilität in der Anwendung von Methodologie und Framework. Die Transformation

Methodologie kann auch modular gegliedert werden. Die Führungskräfte können so ganz

einfach die Modelle auswählen und anwenden, die einen Mehrwert für ihre Unternehmung

bieten.

Der gewonnene Erkenntnisfortschritt aus den Experteninterviews diente als Grundlage für die

Erarbeitung der Methodologie und des Frameworks. Den daraus zu ziehenden qualitativen

Nutzen für den Leser möchte ich zusammenfassen:

Verkürzung in der Analyse der strategischen Ausgangslage durch Orientierung

Beschleunigung des strategischen Planungsprozesses durch die Methodologie

Höhere Durchschlagkraft durch die Integrationsmöglichkeiten in die Geschäftsstrategie

Bessere Qualität im Entscheidungsprozess durch methodisches Vorgehen

Beschleunigung der Transformation durch Fokussierung und Verankerungsmassnahmen

Erhöhung der Agilität und Steuerbarkeit durch Controlling-Systeme und iterative Prozesse

Steigerung der Effektivität und Effizienz durch Systematisierung der Transformation

Durch das Praxiswissen der Experten wurde in den Modellen den Themen Vision, Change, Kultur

sowie Befähigung der Führungskräfte eine grössere Beachtung geschenkt als in den

amerikanisch-geprägten Literaturquellen.

Nachträglich überrascht dies kaum, wenn wir die kulturellen Unterschiede zwischen der Schweiz

und unseren amerikanischen Kollegen betrachten. Bei zwei Erfolgsfaktoren einer Digital

Transformation wird das besonders deutlich: bei der Veränderungs- und bei der

Risikobereitschaft.

Page 108: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 107

Während die Amerikaner Risiken eingehen und flexibel und innovativ im Hinblick auf die Zukunft

sind, vermeidet der Schweizer eher Risiken und hat das Bedürfnis nach Planung,

Vorhersehbarkeit, Regeln und Strukturen.

Amerikaner sind zukunftsorientiert und haben grosses Interesse am Entwickeln neuer

Potentiale. Schweizer hingegen tendieren dazu, die Zukunft aus der Vergangenheit abzuleiten.

Die Vergangenheit ist die Basis, auf deren Grundlage Gegenwart und Zukunft zu verstehen sind.

Für die Aufgabe der Digital Transformation ist diese Einstellung allerdings hinderlich.

Ausblick und weiterführende Gedanken

Die vorliegende Arbeit soll als Wegweiser für eine erfolgreiche Transformation dienen. Durch

den praxisorientierten Ansatz konnte die Transformation Methodologie entwickelt werden. Die

Praxistauglichkeit der Methodologie selbst konnte im Prozess nicht eruiert werden, da dies den

Rahmen der Arbeit gesprengt hätte.

Die Methode könnte nun in einem zweiten Schritt mit einem Validationsprozess durch

Experteninterviews oder durch die praktische Anwendung in Strategie- und

Umsetzungsprozessen getestet und verbessert werden. Die Fragestellung «Kann der qualitative

Nutzen der Methodologie wirklich bestätigt werden und kann daraus auch ein quantitativer

Nutzen ermittelt und abgeleitet werden?» könnte durch einen wissenschaftlichen Ansatz

beantwortet werden.

Ein weiterer Forschungsbereich dem ich gerne nachgehen würde ist, ob die klassischen

Management-Systeme und -Modelle für die digitale Revolution noch taugen. Die aktuelle

Transformation Methodologie basiert auf klassischen Management-Systemen. Ziel war es, die

Führungskräfte damit anzusprechen und ihnen ein methodisches Konstrukt an die Hand zu

geben, welches gut in die aktuellen Management-Praktiken und -Systeme integrierbar ist.

Fraglich ist nur, ob dies der richtige Weg ist, oder ob die bestehenden Management-Systeme ein

Auslaufmodell darstellen und der Grund für die Fehlentwicklungen sind. Wie im Kapitel

disruptive Innovationen deutlich wird, sind es gerade die gut geführten etablierten Firmen, die

aufgrund aktueller Managementmethoden Mühe haben, den Wandel zu gestalten. Für sie

gelten die klassischen Erfolgsfaktoren wie Kunden-, Ertrags- und Wachstumsorientierung. Für

die kommenden Herausforderungen der nächsten 20 Jahren sind neue Denkweisen und

Instrumente gefordert. Wie muss eine Organisation aufgestellt sein um zukunftsfähig zu

bleiben? Die Forschung sehe ich hier auf den Gebieten Management-, Change- und

Organisationsentwicklung.

Das leitet zu einem weiteren Forschungsgebiet über: Wie wird sich unsere Gesellschaft in den

nächsten 20 Jahren entwickeln? Wie gehen wir mit den bevorstehenden Herausforderungen

um? Wie lösen wir die Herausforderungen und wie stellen wir sicher, dass die Technologien den

Menschen einen Nutzen bringen? Die Steigerung der «Muskelkraft» haben wir in der

industriellen Revolution erlebt. Nun erleben wir die Steigerung der «geistigen Kräfte». Die

Auswirkungen werden viel umfassender sein, da die Geschwindigkeit dieser Revolution eine viel

Höhere ist. Taxifahrer und Kassierer wird es zum Beispiel laut Erik Brynjolfsson in 20 Jahren nicht

mehr geben. Eine Oxford Studie schätzt, dass die Hälfte der heute existierenden Jobs in Amerika

verschwinden wird. Entweder aufgrund des Einsatzes von Software oder von Robotern. Und nun

sind auch hochqualifizierten Arbeitnehmer betroffen. Parallel dazu werden jedoch auch neue

Arbeitsplätze und völlig neue Berufsbilder entstehen.

Page 109: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 108

Glaubt man dem Autor Martin Ford von Rise of the Robots (Ford 2015), dann besteht die Gefahr

von Massenarbeitslosigkeit. Ausserdem könnte das Gefälle von Arm und Reich noch viel

extremer werden und die Macht bald wenigen globalen Playern gehören. Auch Brynolfsson,

Autor von den Second Machine Age, kommt zu ähnlichen Resultaten. Die Herausforderung für

uns liegt darin, der Massenarbeitslosigkeit entgegenzuwirken und mit neuen, digitalen

Technologien und innovativen Ansätzen vielmehr einen gemeinsamen, geteilten Wohlstand

anzustreben.

Wir haben unsere Zukunft in der Hand. Technologien sind nur Werkzeuge, die wie Innovationen

weder positiv noch negativ sind. Wir müssen uns überlegen, was wir als Gesellschaft und als

Individuum wirklich wollen. Unsere Generation hat die Möglichkeiten geerbt, die Welt zu

verändern. Es liegt also an uns, die Welt zu verbessern. Es liegt an uns, die richtigen

Entscheidungen zu treffen. Es liegt an uns, die richtigen Weichen zu stellen.

Page 110: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 109

10 Anhang

10.1 Literaturverzeichnis

Anne M. Schüller, 2012. Touchpoints: Auf Tuchfühlung mit dem Kunden von heute. Managementstrategien für unsere neue Businesswelt,

Anon, 2015. Megatrends 2015.

Axel Uhl & Gollenia, L.A., 2012. A Business Transformation Management Methodology,

Berghaus, S., Back, A. & Kaltenrieder, B., 2015. Digital Transformation Report 2015. , p.75. Available at: http://www.aback.iwi.unisg.ch/kompetenz/projekte-und-referenzen/swiss-digital-transformation-initiative/.

Christian Hoffmeister, Think new! 22 Erfolgsstrategien im digitalen Business,

Clayton M. Christensen, 2013. The Innovators Dilemma: Warum etablierte Unternehmen den Wettbewerb um bahnbrechende Innovationen verlieren,

Deloitte Inc., 2014. Transformation und Nutzung exponentieller Technologien Inhaltsverzeichnis.

Dr. Weber, M., 2012. Big Data im Praxiseinsatz – Szenarien, Beispiele, Effekte. Bitkom.

Driek Desmet, Shahar Markovitch, and C.P., Speed and scale: Unlocking digital value in customer journeys. Available at: http://www.mckinsey.com/insights/operations/speed_and_scale_unlocking_digital_value_in_customer_journeys?cid=digital-eml-alt-mip-mck-oth-1511.

Erik Brynjolfsson, A.M., The Second Machine Age: Wie die nächste digitale Revolution unser aller Leben verändern,

Eyal, N., 2014. Hooked Wie Sie Produkte erschaffen, die süchtig machen,

Fitzgerald, M. et al., 2013. Embracing Digital Technology: A New Strategic Imperative. , pp.1–12. Available at: http://sloanreview.mit.edu/projects/embracing-digital-technology?switch_view=PDF.

Ford, M., 2015. Rise of the Robots: Technology and the Threat of a Jobless Future,

Fredmund Malik, 2014. Navigieren in Zeiten des Umbruchs: Die Welt neu denken und gestalten,

Gartner, 2015. Gartner’s 2015 Hype Cycle for Emerging Technologies Identifies the Computing Innovations That Organizations Should Monitor. Available at: http://www.gartner.com/newsroom/id/3114217.

Hajo Hippner, K.-D.W., 2016. Grundlagen des CRM: Konzepte und Gestaltung,

Harvard Business Review, 2015. The Digital Transformation of Business. Available at: https://hbr.org/resources/pdfs/comm/microsoft/the_digital_transformation_of_business.pdf.

Hoffmeister, C., 2013. Digitale Geschäftsmodelle richtig einschätzen.

Integrating, I., 2015. the Internet of Things : Mapping the Value Beyond the Hype. , (June).

Jeremy Rifkin, Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft: Das Internet der Dinge, kollaboratives

Page 111: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 110

Gemeingut und der Rückzug des Kapitalismus,

Jo Caudron, D.V.P. (Autor), 2014. Digital Transformation: A Model to Master Digital Disruption,

Joachimsthaler, V.E. & Group, V.P., Die Brücke zwischen CMO und CIO – Rollenverteilung und Zusammenarbeit in Zeiten des digitalen Wandels vorwort.

KPMG, 2014. Digitale Transformation in der Schweiz.

Lombriser, Roman Abplanalp, E., 2015. Strategisches Management: Visionen entwickeln, Erfolgspotenziale aufbauen, Strategien umsetzen,

Michael Berger, Jutta Chalupsky, F.H., 2013. Change-Management - (Über-) Leben in Unternehmen,

Oxford Economics in collaboration with AT&T, Cisco, Citi, P.& S., 2015. Digital Megatrends 2015: The role of technology in the new normal market. , p.33.

Roland Waibel, M.K., 2010. Betriebswirtschaft für Führungskräfte,

Ruoss, S., 2015. Digital Switzerland 2015 # Abstract. , pp.1–9. Available at: http://www.marketing.ch/Portals/0/Wissen/Allgemein/Abstract_DigitalSwitzerland2015.pdf.

Sujata, U., 2014. Lean IT- ­ ‐ Management Übersicht Lean IT Elemente Fundament Lean IT • KonHnuierliche Verbesserung • Mitarbeiter und flexible Teams im Zentrum Anforderungen. , pp.1–22.

Thakur, S. & Rao, S.N., 2014. Chefaschae.. Komplexität Navigation für Führungskräfte,

Weibel, A., 2013. Organisation und Organisationsgestaltung.

Westerman, G. et al., 2011. Digital Transformation: A Road-Map for Billion-Dollar Organizations. MIT Center for Digital Business and Capgemini Consulting, pp.1–68.

Westerman, G. et al., 2012. The Digital Advantage: How Digital Leaders Outperform their Peers in Every Industry. , pp.1–24. Available at: http://www.capgemini.com/resource-file-access/resource/pdf/The_Digital_Advantage__How_Digital_Leaders_Outperform_their_Peers_in_Every_Industry.pdf.

Westerman George, Bonnet Didier, M.A., 2014. LEADING DIGITAL: TURNING TECHNOLOGY INTO BUSINESS TRANSFORMATION,

Xevelonakis, E., Skript Customer Relationship Management. , (September 2013).

Page 112: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 111

10.2 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Studiendesign für die Entwicklung eines digitalen Transformationskompasses ..... 9

Abbildung 2: Von Digital Media zu Digital Transformation ......................................................... 10

Abbildung 3: Entwicklung der Digital Transformation von 1995 - 2015 ..................................... 10

Abbildung 4: Von der industriellen zur digitalen Revolution ...................................................... 12

Abbildung 5: Die industrielle Revolution und der Knick in der Menschheit ............................... 13

Abbildung 6: Die Dimensionen des Moore‘schen Gesetzes ....................................................... 14

Abbildung 7: Nutzenvergleich bei Multiadoption ....................................................................... 15

Abbildung 8: Gartners‘ Hype Cycle für neue Technologien ........................................................ 17

Abbildung 9: Treiber für das Internet der Dinge ......................................................................... 18

Abbildung 10: Software und Hardware als Disruptionsinstrumente .......................................... 20

Abbildung 11: Hooked Techfirmen – Beispiele ........................................................................... 21

Abbildung 12: Transformation – Weshalb Firmen scheitern ...................................................... 24

Abbildung 13: Kulturelle Herausforderungen ............................................................................. 25

Abbildung 14: Prozess der Verhaltensänderung nach Kurt Lewin .............................................. 26

Abbildung 15: Entwicklung evolutionäre versus disruptive Technologien ................................. 27

Abbildung 16: S-Kurve einer disruptiven Technologie ................................................................ 27

Abbildung 17: Verkaufszahlen analoger/digitaler Kameras ........................................................ 28

Abbildung 18: Google Docs versus Microsoft Word ................................................................... 29

Abbildung 19: Herausforderungen der Transformation ............................................................. 31

Abbildung 20: Rahmenmodell des unternehmerischen Denkens und Handelns ....................... 34

Abbildung 21: Geschäftsnutzen der Digital Transformation ....................................................... 36

Abbildung 22: Digital Transformation – Wachstum und Effizienz .............................................. 37

Abbildung 23: Themenlandkarte der Digital Transformation ..................................................... 38

Abbildung 24: Customer Journey – Kaufprozess des Kunden ..................................................... 39

Abbildung 25: Beispiel anhand von sechs Customer Journeys ................................................... 39

Abbildung 26: Architektur eines CRM-Systems .......................................................................... 39

Abbildung 27: Beispiel CRM-Scorecard-Dimensionen und KPIs.................................................. 40

Abbildung 28: Definition von Industrie 4.0 ................................................................................. 41

Abbildung 29:Customer Journey – Verbesserungen bei einer Bank ........................................... 41

Abbildung 30: Wissensmanagement im Unternehmen .............................................................. 43

Abbildung 32: Geschäftsmodelle + Teilmodelle mit eigenständigen Aufgaben und Prinzipien . 44

Abbildung 33: Validierung der Geschäftschancen ...................................................................... 47

Abbildung 34: Digital Masters übertreffen ihre Branche ............................................................ 49

Abbildung 35: Orientierung durch Reifegrad-Quadranten ......................................................... 49

Abbildung 36: Vision der Digital Transformation ........................................................................ 51

Abbildung 37: Digital Transformation – Beispiele Fragestellungen für Führungskräfte ............. 56

Abbildung 38: Der DTO mit dem Digital Transformation Team .................................................. 56

Abbildung 39: Technologische Fähigkeiten der IT ...................................................................... 58

Abbildung 40: Spannungsfeld der IT ........................................................................................... 60

Abbildung 41: Übersicht Transformations-Management ........................................................... 61

Abbildung 42: Erfolgsfaktoren für Change-Projekte (Kotter, P. John) ........................................ 62

Abbildung 43: Change-Auftragsklärung im Unternehmen.......................................................... 63

Abbildung 44: Initiieren, bewegen, festigen ............................................................................... 64

Abbildung 45: Digital Transformation – Fokus Key Performance Indicators .............................. 65

Abbildung 46: Digital Transformation Methodologie ................................................................. 70

Abbildung 47: Digital Transformation Framework ...................................................................... 72

Abbildung 48: Startpunkt ermitteln – einfache digitale Maturitäts- und Benchmarkanalyse .... 74

Page 113: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 112

Abbildung 49: Startpunkt mit vier Dimensionen + SWOT Analyse ermitteln ............................. 75

Abbildung 50: Themenlandkarte der Digital Transformation ..................................................... 76

Abbildung 51: Ist-/Kann-Visionsentwicklung auf Basis dreier digitaler Kernnutzen ................... 77

Abbildung 52: Vision für ein digitales Zeitalter erstellen ............................................................ 79

Abbildung 53: Ablaufprozess und Outcome der digitalen, transformativen Vision ................... 79

Abbildung 54: Strategisches Zielsystem für die Digital Transformation ..................................... 80

Abbildung 55: Digital Transformation Modelling ........................................................................ 82

Abbildung 56: Entwicklung der Business Cases .......................................................................... 83

Abbildung 57: Projekt-Ranking-Matrix ........................................................................................ 84

Abbildung 58: Transformation-Portfolio-Matrix ........................................................................ 86

Abbildung 59: Change-Management-Story ................................................................................. 88

Abbildung 60: Zielsystem für die Umsetzung der Strategie ........................................................ 94

10.3 Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Zielsetzung der Studie .................................................................................................. 8

Tabelle 2: Methodisches Vorgehen ............................................................................................... 9

Tabelle 3: Reifegrad der Technologien ....................................................................................... 17

Tabelle 4: Praxisbeispiel Internet of Things ................................................................................ 19

Tabelle 5: Veränderung als Chance oder Risiko .......................................................................... 25

Tabelle 6: Gewichtung der Herausforderungen der Digital Transformation .............................. 31

Tabelle 7: Schlüsselfaktoren für den langfristigen Unternehmenserfolg ................................... 34

Tabelle 8: Übersicht disruptive Technologien ............................................................................. 45

Tabelle 9: Gewichtung der Geschäftschancen der Digital Transformation ................................ 47

Tabelle 10: Schwierigkeit der Definition von Reifekriterien für die Digital Transformation ....... 50

Tabelle 11: Wandel für den Chief Information Officer ............................................................... 59

Tabelle 12: Fragenkatalog Erfolgsfaktoren ................................................................................ 66

Tabelle 13: Übersicht der strategischen Ausgangslage ............................................................... 69

Tabelle 14: Digital-Transformation-Workshop ........................................................................... 73

Tabelle 15: Priorisierung der Business Cases .............................................................................. 84

Tabelle 16: Change-Management-Massnahmenplanung ........................................................... 89

Tabelle 17: Change-/Kommunikationsplan in zwei Phasen ........................................................ 90

Tabelle 18: Business-Scorecard-Strategie-Map mit Massnahmen und Zielwerten .................... 95

Tabelle 19: Controlling-System ................................................................................................... 97

Page 114: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 113

10.4 Interviews

Interview-Partner:

Christian Wohlgensinger, Head of Google for Work Partnerships Northern Europe, Google

Christof Zogg, Director Digital Business, SBB

Mathias Born, Head Group Data Management, Zurich Financial Services

Michael Nösges, Regional Vice President, Service Cloud DACH, Salesforce

Thierry Pool, Leader Digital Marketing & Social Media, digitec und Galaxu

Fragebogen:

Page 115: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 114

Page 116: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 115

10.5 Excel Modelle

Page 117: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 116

Page 118: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 117

Page 119: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 118

Page 120: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 119

Page 121: Digital Transformation Kompass - WordPress.com · Durch den Erkenntnisfortschritt dieser Studie sind eine Transformation Methodologie und -Framework entstanden, welche Führungskräften

Seite 120