Digitale Arbeitswelt im Berliner Einzelhandel – eine ......2016 wurde die standardisierte...

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Expertise: Digitale Arbeitswelt im Berliner Einzelhandel – eine Bestandsaufnahme digitaler Innovationen in den Ladengeschäften (Instore) Erarbeitet im Rahmen des Projektes »Dienstleistungen zukunftsfähig machen – mit Guter Arbeit 4.0 für Dienstleistungen 4.0 in Berlin«

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Expertise:

Digitale Arbeitswelt im Berliner Einzelhandel – eine Bestandsaufnahme digitaler Innovationen in den Ladengeschäften (Instore)

Erarbeitet im Rahmen des Projektes »Dienstleistungen zukunftsfähig machen – mit Guter Arbeit 4.0 für Dienstleistungen 4.0 in Berlin«

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Expertise: Digitale Arbeitswelt im Berliner Einzelhandel – eine Bestandsaufnahme digitaler Innovationen in den

Ladengeschäften (Instore) Erarbeitet im Rahmen des Projektes „Dienstleistungen zukunftsfähig machen – mit Guter Arbeit 4.0 für Dienstleistungen 4.0 in Berlin“ Stand: Januar 2017 Das Projekt wird gefördert durch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales des Landes Berlin im Rahmen des Programms BerlinArbeit. In Kooperation:

Erarbeitet von:

Wert.Arbeit GmbH, Berlin Gesellschaft für Arbeit, Chancengleichheit und Innovation Keithstr. 1/3 10787 Berlin

WABE-Institut Berlin Wirtschaft, Arbeit, Beratung, Evaluation Kniprodestr. 46 10407 Berlin

www.dienstleistungsmetropole-berlin.de

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort – Elke Breitenbach, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales im Land Berlin .................................................................................................................................... 2

1. Einführung ........................................................................................................................... 4

2. Ziele, Arbeits- und Vorgehensweise............................................................................... 5

3. Einzelhandel 4.0 und Dienstleistungen 4.0 sozial gestalten...................................... 7

4. Ergebnisse der Befragung der Betriebsräte im Berliner Einzelhandel.................. 12

4.1. Durchführung der Befragung ................................................................................ 12

4.2. Betriebliche Mitbestimmung und digitale Innovationen ...................................... 15

4.3. Digitale Innovationen im Verkauf für den (digital vernetzten) Kunden bzw. die Kundin ..................................................................................................................... 17

4.4. Zwischenfazit zum Stand der Digitalisierung im Berliner Einzelhandel ............ 23

4.5. Einschätzungen zu den Veränderungen in den Arbeitsbedingungen beim Einsatz digitaler Technologien in den Ladengeschäften im Berliner Einzelhandel ........................................................................................................... 25

4.6. Allgemeine Erwartungen zu Veränderungen im Zuge des Einsatzes digitaler Technologien in Berliner Einzelhandelsunternehmen ........................................ 30

5. Gesamtfazit und Ausblick .............................................................................................. 32

6. Literaturverzeichnis ......................................................................................................... 36

7. ANLAGEN .......................................................................................................................... 37

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Verteilung der ausgewerteten Fragebögen nach Einzelhandelsteilbranchen

(Anzahl und Anteile in %) .................................................................................. 14

Abbildung 2 Beteiligung der Betriebsräte bei der Einführung digitaler Innovationen (Anzahl und Anteile in %) .................................................................................. 15

Abbildung 3 Beteiligung der Betriebsräte nach Einführungsphasen digitaler Innovationen

(Anzahl) ............................................................................................................... 16

Abbildung 4 Umgesetzte und geplante digitale Innovationen in Unternehmen der befragten Betriebsräte (Anzahl, N=33) ............................................................. 19

Abbildung 5 Ranking zum Stand digitaler Innovationen in Unternehmen der befragten Betriebsräte (Anzahl, N=33) .............................................................................. 22

Abbildung 6 Ranking zu den Planungen digitaler Innovationen in Unternehmen der

befragten Betriebsräte (Anzahl, N=33) ............................................................. 23

Abbildung 7 Anzahl der „Weiß ich nicht“-Antworten zu den digitalen Innovationen in Unternehmen der befragten Betriebsräte (Anteil in %, N=33)........................ 24

Abbildung 8 Einschätzung „dringender oder wahrscheinlicher Handlungs-(Regelungs)bedarf“ beim Einsatz digitaler Technologien in Unternehmen der befragten Betriebsräte (Anzahl der Nennungen, N=33) ................................. 26

Abbildung 9 Anzahl der „Weiß ich nicht“-Antworten zum erwarteten Regelungs- und

Handlungsbedarf im Zuge der Einführung digitaler Technologien (Anteil in %, N=33) ................................................................................................................... 29

Abbildung 10 Was erwartest du von der zunehmenden Digitalisierung in deinem

Unternehmen – ohne Vorgaben (N=33) ........................................................... 31

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Vorwort – Elke Breitenbach,

Senatorin für Integration, Arbeit

und Soziales im Land Berlin

Fortschreitende Digitalisierung – Chancen nutzen

und fair gestalten – für gute Arbeit.

Die Verknüpfung von Online-Handel und stationären Handelsunternehmen durch entsprechende Apps,

Selbstscansysteme usw. führen zu weitreichenden Veränderungen im Einzelhandel. Technologischer und sozialer Wandel prägen derzeit die Arbeitswelt und

auch all unsere Lebensbereiche. „Wir sehen einen wichtigen Zukunftspfeiler für den stationären Handel in der Entwicklung digital gestützter Services“ – so jüngst die Einschätzung der Geschäftsführerin eines Berliner Kaufhauses.1

Viele sehen das als Chance, viele haben aber auch Bedenken und erleben die

zunehmende Arbeitsverdichtung als Belastung oder aber befürchten gar den Verlust ihres Arbeitsplatzes.

Der Blick in die Arbeitswelt des Einzelhandels zeigt, dass sich kontinuierlich Wandlungsprozesse vollziehen und weiterhin tiefgreifende Veränderungen zu erwarten

sind.

Bei den Kassiertätigkeiten ist absehbar, dass mehr und mehr intelligente Kassensysteme – wie Self-Scanning-Kassen – eingesetzt werden, und möglicherweise entfallen diese Tätigkeiten. Im stationären Einzelhandel sind die Verkäuferinnen und Verkäufer häufig mit

Kundinnen und Kunden konfrontiert, die sich bereits (mobil) im Internet sehr gut über das Produkt, über die Dienstleistung informiert haben. Es erfolgen zahlreiche digitale Innovationen, um das Kundinnen- und Kundeninteresse zu wecken und um das

Einkaufserlebnis zu fördern.

Die zahlreichen Technologien werden oftmals als Treiber all dieser Prozesse skizziert. Gleichzeitig erleben wir jedoch derzeit auch einen kulturellen Wandel, und auch die demografischen Entwicklungen verändern zudem die Welt der Arbeit.

Diese tiefgreifenden Veränderungen fordern uns heraus – Gute Arbeit in einer sozialen

Stadt zu gestalten.

Für die Gestaltung bedarf es eines differenzierten Blickes, der die spezifischen strukturellen Ausgangsbedingungen und Entwicklungen in den Branchen betrachtet, sowohl hinsichtlich

der eingesetzten Technologien und deren Wirkungen auf die, in erster Linie weiblichen, Beschäftigten als auch auf prägende strukturelle Merkmale der Branche.

1 Hartwich, M. (2016): Freies WLAN im Handel ausgebremst, in: Berliner Wirtschaft 10/2016, S. 55, Herausgeber: Industrie- und Handelskammer zu Berlin.

Foto - Autor: DIE LINKE

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Im Einzelhandel haben wir schon heute:

• Ein Höchstmaß an Flexibilität in der Arbeitszeit und • eine Vielfalt an prekären Arbeitsverhältnissen – von Normalarbeitsverhältnissen kann

immer weniger die Rede sein. • Die Tätigkeitsprofile und Aufgabenbeschreibungen wandeln sich. Die Arbeitskraft ist

flexibel einsetzbar und auch austauschbar.

In den Blick zu nehmen sind somit die Chancen und die Risiken für die Beschäftigten.

Die Beschäftigung im Einzelhandel zu sichern mit dem Ziel »Gute Arbeit in einer sozialen

Stadt zu gestalten« ist somit eine Herausforderung für uns alle!

Elke Breitenbach

Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales im Land Berlin

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1. Einführung

Das Leitbild des digitalen Einzelhandels, darin sind sich Handelsexperten und -expertinnen

weitgehend einig, sind Lösungen, die die Kundinnen und Kunden von der Informationsgewinnung über die Angebotsauswahl bis zum Kaufabschluss digital und ohne Systembrüche unterstützen. Letztlich geht es darum, den Kundinnen und Kunden Wege zu

ersparen und dabei das Einkaufserlebnis mittels digitaler Möglichkeiten zu verbessern. „Wir sehen einen wichtigen Zukunftspfeiler für den stationären Handel in der Entwicklung digital gestützter Services“ – so jüngst die Einschätzung der Geschäftsführerin eines Berliner

Kaufhauses.2 Omnichannel, Click&Collect, Augmented Reality, Mobile Payments sind dabei einige der Entwicklungen, die im Einzelhandel getestet werden. „Der Kunde/die Kundin möchte da abgeholt werden, wo er/sie sich gerade befindet. Ob am heimischen

Rechner oder per mobilem Endgerät unterwegs – und ohne auf gut Glück im Laden suchen zu müssen.“3

Digitale Veränderungen im Ladengeschäft, sogenannte ‚Instore-Digitalisierungsprojekte‘, betreffen die meisten Beschäftigten im Berliner Einzelhandel: die Einzelhandelskaufleute,

Verkäuferinnen und Verkäufer. Der tägliche Kundinnen- und Kundenkontakt, das Beratungsgespräch sowie die Warenpräsentation verlangen weitgehend autonomes Handeln von den Beschäftigten und sind grundlegend für den Verkaufsprozess. Dennoch können diese grundlegenden Tätigkeiten im Verkauf durch digitale Technologien ergänzt

und angereichert werden.

Die Sichtweise und die Perspektiven der Betriebsräte des Berliner Einzelhandels über die gegenwärtigen Veränderungsprozesse stehen im Mittelpunkt der hier vorgelegten

Expertise.

Betrachtet werden drei wesentliche Wirkungsfelder digitaler Innovationen im Instore-Bereich des stationären Handels:

� Digitale Technologien, um das Kundinnen- und Kundeninteresse zu wecken und zu kanalisieren.

� Digitale Technologien, um das Einkaufserlebnis zu fördern.

� Digitale Technologien, um den Einkaufsprozess und -abschluss zu erleichtern.

Die Auseinandersetzung mit Veränderungen auf den Arbeitsalltag in den Ladengeschäften durch Einsatz digitaler Technologien bildet den Kern der Kurzexpertise. Im Spannungsbogen von zunehmender Automatisierung und/oder Spezialisierung

(Windelbrand/Dvorschak 2015) verändern sich die Arbeitsbedingungen auch für die Einzelhandelsbeschäftigten. Dabei zeichnen sich Handlungsfelder ab, deren Gestaltung maßgeblich über die Zukunftsfähigkeit der digitalen Arbeit entscheiden wird (Abschnitt 3).

Die Auswertung der Betriebsrätebefragung bildet den Hauptteil der Expertise (Abschnitt 4). Ausgehend von Umfang und Form der Einbeziehung von Betriebsräten bei der Umsetzung

2 Hartwich, M. (2016): Freies WLAN im Handel ausgebremst, in: Berliner Wirtschaft 10/2016, S. 55, Herausgeber: Industrie- und Handelskammer zu Berlin.

3 Ebenda.

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digitaler Technologien (4.2) werden wichtige digitale Technologien in den (Berliner)

Ladengeschäften erläutert und erkennbare Trends bei der Umsetzung im Berliner Einzelhandel dargestellt (4.3) und zusammengefasst (4.4). In einem nächsten Schritt wurden vor dem Hintergrund von praktischen Erfahrungen aus bisheriger Betriebsratsarbeit

der Handlungsbedarf in der betrieblichen Interessenvertretung hinsichtlich veränderter Arbeitsbedingungen durch den Einsatz digitaler Technologien quantifiziert (4.5) und allgemeine Erwartungen der Betriebsräte an sich abzeichnende Veränderungen auf die

Arbeit im digitalen Einzelhandel erfasst (4.6). Den Abschluss der Expertise bilden Überlegungen, wie es gelingen kann, den Erfahrungsschatz von Betriebsräten in gemeinsamen Projekten zur Gestaltung von Guter Arbeit 4.0 im Berliner Einzelhandel zu nutzen und die betriebliche Mitbestimmung zu stärken.

Mit der hier vorgelegten Expertise konnte auf Erfahrungen, Erkenntnisse, Kontakte und Netzwerke aus dem Projekt „Dienstleistungen zukunftsfähig machen – mit Guter Arbeit 4.0 für Dienstleistungen 4.0 in Berlin“, gefördert durch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales des Landes Berlin im Rahmen des Programms BerlinArbeit, aufgebaut

werden. Im Jahr 2015 stand das Thema „Arbeitszeitflexibilisierung im Einzelhandel – beschäftigungsorientiert gestalten“ im Mittelpunkt.

2. Ziele, Arbeits- und Vorgehensweise

Vor dem Hintergrund des digitalen Wandels im Berliner Einzelhandel sind die Ziele der

Kurzstudie „Digitale Arbeitswelt im Berliner Einzelhandel – eine Bestandsaufnahme digitaler Innovationen in den Ladengeschäften (Instore)“, sowohl die Dimension von Veränderungen als auch die Handlungsrelevanz hinsichtlich veränderter Arbeitsbedingungen der

Beschäftigten beim Einsatz digitaler Technologien zu dokumentieren. Dabei wird sich auf die empirischen Erfahrungen von Betriebsräten gestützt. Zusätzlich sollen erste Einschätzungen getroffen werden, welche digitalen Technologien sich eher als ‚Strohfeuer‘

herauskristallisieren und welche die Entwicklung des Einzelhandels, und damit auch die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten, gegenwärtig prägen.

Somit will die Expertise sowohl Einsichten in technische Entwicklungen bei der fortschreitenden Digitalisierung liefern, von denen derzeit fast wöchentlich immer neue

entstehen, aber vor allem auch die Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den Fokus rücken. Die hier vorgelegte Momentaufnahme zum Stand der Digitalisierung in Berliner Einzelhandelsunternehmen ist methodisch als Fallstudie

aufgebaut. Mit den empirisch verifizierten Ergebnissen sollen erste Anhaltspunkte ausgemacht werden, wo das stationäre Ladengeschäft in den Berliner Einkaufsstraßen auf dem Weg in die Zukunft in einer zunehmend digital vernetzten Welt steht. Es muss dabei natürlich berücksichtigt werden, dass jede Einzelhandelsteilbranche ihre Besonderheiten

aufweist und teilweise von spezifischen Entwicklungen beeinflusst wird. Diese Bestandsaufnahme kann eine erste Grundlage darstellen, um die Diskussion über Handlungs- und Gestaltungsbedarfe im Berliner Einzelhandel auf dem Wege zu Arbeit 4.0

und Dienstleistungen 4.0 aus arbeitspolitischer Perspektive zu initiieren.

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Zur Erreichung dieser Zielsetzung wurde ein umfangreicher Fragebogen entwickelt. Im

Rahmen eines Kick-off-Workshops wurden mit Handelsexperten und -expertinnen sowie Berliner Gewerkschaftssekretären und -sekretärinnen politische Einschätzungen, bisherige Erfahrungen und sich abzeichnende Schwerpunkte der Digitalisierung im Einzelhandel

diskutiert, Handlungsfelder herausgearbeitet und ein Abgleich der Interessenlagen mit dem als Entwurf des Projektteams vorliegenden Konzept der Betriebsräte- und Experten-/ Expertinnenbefragung vorgenommen. Im Ergebnis dieses Workshops am 19. September

2016 wurde die standardisierte Befragung von Betriebsräten aus Handelsbetrieben final vorbereitet – mit dem Ziel, diese Befragungsergebnisse als empirische Basis in die Bestandsaufnahme zum Stand der Digitalisierung im Berliner Einzelhandel einfließen zu lassen.

Der Fragebogen ist als Überblicksdarstellung aufgebaut. Die wichtigsten digitalen Technologien, mit denen schon heute und vermehrt in Zukunft das Kundinnen- und Kundeninteresse geweckt und kanalisiert wird, als auch der digitale Wandel des Einkaufsprozesses selbst und des Kaufabschlusses werden darin anhand praktischer

Beispiele erläutert. Der Fragebogen ist im Anhang dieser Expertise zu finden.

Mit Stichtag 10. Oktober 2016 wurde die Befragung von Betriebsräten Berliner Einzelhandelsunternehmen abgeschlossen. Insgesamt liegen 33 Fragebögen aus 18

Berliner Handelsunternehmen zur Erfassung der Ist-Situation zum Stand der Digitalisierung und zur Beteiligung der Betriebsräte vor. Zusätzlich wurden 12 Fragebögen aus Brandenburger Einzelhandelsunternehmen erfasst, die jedoch nicht in die Auswertung einbezogen werden.

Die Befragung wurde in zwei Wellen durchgeführt. In einer ersten Runde wurden die Betriebsräte der Kaufland Warenhandels GmbH am 28. September 2016 im Rahmen eines Betriebsrätetreffens befragt (11 auswertungsfähige Fragebögen im Rücklauf). Die zweite

Befragung fand im Rahmen einer Sitzung der Tarifkommission Einzelhandel Berlin-Brandenburg am 10. Oktober 2016 statt. Hier wurden 22 Fragebögen auswertbar zurückgegeben.

Zur Vertiefung der Ergebnisse aus der Befragungsrunde wurden zwei Interviews mit

Betriebsräten aus dem KaDeWe und aus IKEA Berlin-Lichtenberg verabredet, die Anfang November durchgeführt wurden. Zusätzlich wurden Erkenntnisse aus Vor-Ort-Besuchen großer Berliner Ladengeschäfte (Wilmersdorfer Str. und Alexanderplatz) am 8. und 9. September 2016 eingearbeitet. Neben der empirischen Forschung wurden wichtige

Aussagen aus den umfangreichen Forschungsergebnissen zum digitalen Wandel und Arbeit 4.0, wissenschaftliche Beiträge zum Thema Digitalisierung, aktuelle Tagungsberichte und zahlreiche Sekundärliteratur ausgewertet.

So konnte sichergestellt werden, dass im Rahmen einer qualifizierten Bestandsaufnahme möglichst viele Standpunkte und Erfahrungen aufgegriffen, diskutiert, analysiert und auf ihre Relevanz auf Veränderungen der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Berliner Einzelhandel im Zuge des Einsatzes von digitalen Instore-Technologien evaluiert wurden.

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3. Einzelhandel 4.0 und Dienstleistungen 4.0 sozial

gestalten

Die aktuell laufende gesellschaftspolitische Debatte um Digitalisierung dreht sich meist um die Ausmaße einer Industrie 4.0. Die Zukunftsperspektive Dienstleistung 4.0 erhält bisher wesentlich geringere mediale Aufmerksamkeit. Und wenn von Dienstleistung 4.0 die Rede ist, liegt der Blick meist auf technologieorientierten Dienstleistungen. Andere –

beispielsweise die personenbezogenen – Dienstleistungssegmente, in denen sich genauso – wenn auch teilweise andere – Digitalisierungsprozesse vollziehen, bleiben weitgehend unbeachtet.

Dienstleistung 4.0 soll ebenso wie Industrie 4.0 ein weltweites Qualitätsversprechen werden, so die gemeinsame Erklärung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi), des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) vom April 2015. BMWi, DIHK und ver.di wollen die

Digitalisierung in den Fokus rücken und dabei den Wissenstransfer zwischen Wirtschaft und Wissenschaft organisieren, die Digitalisierung gestalten und im praxisorientierten Dialog Vernetzung und Synergien fördern.

Dabei verändern sich Dienstleistungen insbesondere als Folge der Digitalisierung und einer

veränderten Kundinnen- und Kundenbeziehung gravierend: Sie werden zeit- und ortsunabhängig, skalierbar, wachsen mit der Produktion und den Produkten zusammen und verbinden Prozesse. Gleichzeitig fragen Kundinnen und Kunden zunehmend integrierte

Lösungen aus einer Hand nach, übernehmen die Rolle von Mitproduzentinnen und -produzenten und organisieren die gewünschten Dienstleistungen immer mehr in Eigenregie. Unternehmen werden vom Produkt- zum Lösungsanbieter.

Im ver.di-Leitantrag zur Digitalisierung „Gute Arbeit und Gute Dienstleistungen in der

digitalen Welt“ auf dem Bundeskongress 2015 heißt es demensprechend: „Digitalisierung und digitale Vernetzung erfassen die gesamte Gesellschaft und verändern sie in nahezu all ihren Dimensionen, auch und vor allem in der Arbeitswelt. U Neue Geschäftsmodelle

ermöglichen neue Interaktionsformen zwischen Menschen und zwischen Menschen und Maschinen. Nutzergetriebene Innovationen führen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. U Die Digitalisierung eröffnet neue Welten.“4

In dem 10-Punkte-Papier von ver.di zum Dialogprozess Arbeiten 4.0 des

Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) werden Branchenanalysen eingefordert, die die Veränderungen durch die Digitalisierung der Arbeit erforschen. Denn es geht darum, branchenspezifisch arbeitnehmerorientierte Antworten und gesicherte

Prognosen über die Entwicklungstrends zu finden.5

4 Beschlüsse des 4. ver.di-Bundeskongresses vom 20. bis 26. September 2015 in Leipzig, Teil E 0001 Digitalisierung/Dienstleistungspolitik, Herausgeber: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft – ver.di, Berlin, 2015, S. 205.

5 Vgl. https://www.arbeitenviernull.de/fileadmin/Futurale/Statements/PDFs/Verdi.pdf.

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Im Rahmen der Förderinitiative „Mittelstand 4.0 – Mittelstand Digital“ des

Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie besteht eine Agentur Handel. Diese will anhand beispielhafter Prozesse in den Bereichen „Digitaler Handel und Finanzen“ bei Praxispartnerinnen und -partnern aufzeigen, welche Herausforderungen sich für

Unternehmen ergeben und wie diese bewältigt werden können.6 Eines der zentralen Themen dabei ist, wie sich die Zahl der Arbeitsplätze und die Arbeitsanforderungen vor dem Hintergrund digitaler Technologien entwickeln werden. „Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen,

ihre Qualifikation und ihr Wille zur Veränderung sind zentral für den Erfolg digitaler Transformationsprozesse.“7

Die dabei häufig zitierten Prognosen zur Substituierbarkeit von Berufen8 als Folge der Digitalisierung und daraus resultierende künftige Arbeitsplatzverluste9 besagen, dass ein

bestimmter Teil von Beschäftigung durch digitale Technologien ersetzt werden wird. Dieser Teil ist dadurch charakterisiert, dass er nicht oder kaum spezifische Qualitäten aufweist. Solche Qualitäten wie bspw. „kreative Intelligenz, soziale Intelligenz und Aufgaben von Wahrnehmung und Steuerung“10 (Bowles 2014).

Dengler und Matthes (2015) errechneten auf Basis der Berufsdaten der Bundesagentur für Arbeit, dass 15 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland im Jahr 2013 einem sehr hohen Substituierbarkeitspotenzial ausgesetzt sind. Sie sind also in

einem Beruf beschäftigt, bei dem mehr als 70 Prozent der Tätigkeiten heute schon durch Computer ersetzt werden könnten. Bei den Verkaufsberufen im Einzelhandel errechneten sie ein Substituierbarkeitspotenzial von 43,3 Prozent, d. h. zwei von fünf Verkäuferinnen und Verkäufern wären durch digitale Technologien ersetzbar.

Im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) hat ein internationales Konsortium eine Langfristprognose zur Entwicklung des Arbeitsmarktes in Deutschland bis zum Jahr 2030 erstellt (Vogler-Ludwig/Düll/Kriechel 2016). Darin wurde errechnet, dass im

Einzelhandel in einem Basisszenario, das eine langsame, aber stetige Digitalisierung ohne besondere Schwerpunktsetzung unterstellt, im Prognosezeitraum ein Rückgang von ca. 70 Tsd. Arbeitsplätzen deutschlandweit erwartet wird. In einem Alternativszenario einer „beschleunigten Digitalisierung“, bei der Politik und Wirtschaft auf technologische

Führerschaft setzen und Bildungs- und Infrastrukturpolitik systematisch auf dieses Thema ausrichten, erhöht sich der Abbau der Arbeitsplätze im Einzelhandel um weitere 98 Tsd.

6 Faktenblatt: Mittelstand 4.0 - Agentur Handel, Herausgeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Berlin, Juli 2016, www.bmwi.de.

7 Faktenblatt: Mittelstand 4.0 - Kompetenzzentrum Berlin, Herausgeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Berlin, November 2016, Seite 1, www.bmwi.de.

8 Dengler, K./Matthes, B. (2015): Folgen der Digitalisierung für die Arbeitswelt - Substituierbarkeitspotenziale von Berufen in Deutschland, IAB-Forschungsbericht 11/2015, Nürnberg 2015.

9 Frey, C. B./Osborne, M. A. (2013): The Future of Employment: How susceptible are jobs to computerisation? OMS Working Paper, Oxford, 2013.; online unter: http://t1p.de/FreyOsbourne2013.

10 Bowles, J. (2014): The computerisation of European jobs – who will win and who will lose from the impact of new technology onto old areas of employment? 2014, die deutsche Übersetzung in: Schröder, L./Urban, H.-J. (Herausgeber) 2016 Jahrbuch Gute Arbeit, Frankfurt am Main, 2016.

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Beschäftigte. Der Einzelhandel gehört, bezogen auf den Arbeitsplatzrückgang, zu den am

stärksten von der Digitalisierung betroffenen Wirtschaftsbranchen in Deutschland.11

Der Handelsverband Deutschland (HDE) verweist darauf, dass es in den zentralen Tätigkeiten im Einzelhandel – Verkaufen, Beraten und Warenverräumen – derzeit noch nicht absehbar ist, dass diese in näherer Zukunft durch die fortschreitende Digitalisierung

ersetzt werden können. „Bei der Kassiertätigkeit ist hingegen durchaus absehbar, dass in Zukunft intelligente Kassensysteme (wie z. B. Self-Scanning-Kassen) diese Tätigkeit, wenn nicht ganz verdrängen, so doch jedenfalls mehr und mehr ersetzen werden.“12

Im Umkehrschluss geben die Prognosen auch Hinweise darauf, welche Tätigkeiten in Zukunft benötigt werden: nämlich Wissensarbeit und Arbeit am Menschen. Bei der Arbeit am bzw. mit Menschen handelt es sich um „interaktive Arbeit, um (personenbezogene) Dienstleistungen, die nicht nur soziale, sondern auch kreative Kompetenzen verlangen.“13

Chancen und Risiken der Digitalisierung werden breit diskutiert – es besteht jedoch keineswegs Klarheit über die zu erwartende Entwicklung und deren Wirkungen für die Beschäftigung. Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft, die Wirtschafts- und Sozialpartner und auch die Betriebsparteien suchen Antworten und Lösungen für die

Zukunft der Arbeit; also auf die Frage: Wie wir arbeiten (wollen)?14 In diesen Dialogen wird darauf hingewiesen, dass der Prozess noch offen ist und zum jetzigen Zeitpunkt kaum abschließende und allgemeingültige Antworten zu geben sind.

Arbeit 4.0 – Arbeit weiter denken15 – so lautet die Überschrift des derzeitigen breiten gesellschaftspolitischen Diskurses. Betont wird, dass wir bereits heute eine ungleiche Verteilung von Chancen und Risiken vorfinden. Die bestehende Ungleichheit darf mittels

neuer digitaler Technologien nicht weiter vertieft werden. Vielmehr soll gerade denen Chancen eröffnet werden, die bisher viele Lasten zu tragen hatten. Es geht also nicht nur darum, zukünftig soziale Polarisierungen zu vermeiden, sondern vor allem auch darum, die vorhandenen Ungleichheiten abzubauen.

Der Weg dahin wird mit weiteren Konflikten verbunden sein16, vor allem, weil die technische Entwicklung schneller verläuft als notwendige gesellschaftliche Rahmensetzungen erfolgen und das gesellschaftliche Umfeld darauf reagieren kann. Es besteht ein Nachholbedarf

beim Ausbau der digitalen Infrastruktur, nicht nur bezogen auf technische

11 Arbeiten 4.0 – Werkheft 02; Albrecht, T./ Ammermüller, A.: Arbeitsmarkt – Prognose 2030, S. 32-36, Herausgeber: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Berlin, November 2016.

12 Werkheft 01, Digitalisierung der Arbeitswelt, Herausgeber: Bundesministerium für Arbeit und Soziales; Berlin, März 2016, S. 74.

13 Ebenda, S. 73. 14 So lautet der Titel des Werkheft 2, im Rahmen des Dialogs Arbeit 4.0 – Arbeit weiter denken,

Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Abteilung Grundsatzfragen des Sozialstaates der Arbeitswelt und der sozialen Marktwirtschaft; Berlin, August 2016.

15 Arbeit weiter denken, Grünbuch Arbeiten 4.0, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Abteilung Grundsatzfragen des Sozialstaates der Arbeitswelt und der sozialen Marktwirtschaft; Berlin, April 2015.

16 Schröder L./Urban, H.-J. (2016): Herausgeber: Gute Arbeit Ausgabe 2016, Digitale Arbeitswelt – Trends und Anforderungen, Bund-Verlag, Frankfurt/Main, 2016, 410 Seiten.

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Voraussetzungen, sondern auch bei Normensetzung, Datensicherheit, dem System der

Aus- und Weiterbildung oder beim Ausbau einer funktionierenden Sozialpartnerschaft. Noch fehlt ein gesellschaftliches Betriebssystem in der Digitalisierung. Eben daraus resultiert, dass es in vielen Unternehmen ein Innovationsverständnis-Problem bei

Entscheidungsträgerinnen und -trägern gibt und damit die Gefahr einer „digitalen Kompetenzlücke“ in wichtigen Entscheidungsgremien, bspw. Aufsichtsräten, besteht.

Bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsbeziehungen17 können wesentliche Handlungsbedarfe in der betrieblichen Interessenvertretung aus

erschwerenden Ausgangsbedingungen abgeleitet werden, die sich exemplarisch wie folgt beschreiben lassen:

• Konflikte um die Arbeitszeit – Flexibilität versus Souveränität. Es muss verhindert

werden, dass das Privatleben die Anpassungslast trägt. Ohne belastbare Regulierung in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und individuellen Autonomierechten wird

dieser Konflikt nicht lösbar sein.

• Konflikte um die Gesundheit – Ökonomisierung versus Prävention. Spielräume der

Einflussnahme von Beschäftigten auf die unmittelbaren Arbeitsbedingungen werden geringer. Weitgehend autonome digitale Systeme lassen nur eingeschränkte Interaktion

zu. Frühe Einflussnahme der Interessenvertretungen auf Technikeinsatz und Arbeitsorganisation sind daher unverzichtbar.

• Konflikte um die Qualifizierung – Kompetenz- versus Persönlichkeitsentwicklung. Es

besteht die Gefahr einer Polarisierung der Qualifikationsanforderungen. Die manuell-interaktiven Jobs und einfachen Dienstleistungen weiten sich aus; ebenso kognitiv-

interaktive und kreative Tätigkeiten im oberen Anforderungsbereich. Die Facharbeit mit einem mittleren Anforderungsniveau geht zurück. Zwar gibt es noch keine empirischen Befunde in Deutschland, jedoch ist der Bedeutungsgewinn bei steuernden,

kontrollierenden, instand haltenden, informationsbeschaffenden Aufgaben erkennbar. Entsprechend ergeben sich neue Anforderungen an die Ausbildungsinhalte in der Berufsbildung, aber natürlich auch in der Fort- und Weiterbildung. Mit entsprechenden

Maßnahmen muss der Gefahr einer technisch-funktionellen Verkürzung des Bildungs- und Kompetenzbegriffs entgegengetreten werden.

• Konflikte um die Kommunikationswege – Direktansprache oder demokratische Arbeit.

Der unmittelbare Zugriff auf die Beschäftigten über digitale Kommunikationswege („liquid democracy“) ermöglicht neue Kommunikations- und Führungsstrategien.

Führungskräfte nutzen das für direkte und individuelle Partizipations- und Feedback-Angebote, die durchaus auf positive Resonanz bei den Beschäftigten stoßen. Es werden Modelle praktiziert, die eine mitbestimmte Partizipation durch individuelle

Beteiligungsangebote ersetzen möchten. Das verläuft über flexible Kommunikationswege in der Regel an betriebsverfassungsrechtlichen (Betriebsrat, Jugend- und Auszubildendenvertretung) und gewerkschaftlichen Strukturen vorbei.

• Konflikte um die Leistungskontrolle – mittels digitaler Prozessbegleitung werden die

Arbeitsprozesse komplett transparent und personengenau nachverfolgbar. Der Umgang

17 Ebenda S. 35 f.

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mit den Daten, ob unternehmens- oder personenbezogen, birgt die Gefahr, dass diese

für eine potenzielle Leistungskontrolle eingesetzt werden können.18 (ProMit 2015)

• Konflikte um die steigenden Arbeitsbelastungen – mit digitalen Technologien steigt der

Technikeinsatz und der Umfang an Informationen an die Beschäftigten im Rahmen ihrer Arbeitsprozesse. Darauf ist per se nicht jeder Beschäftigte eingestellt. Neue

Beanspruchungen kommen zu den bestehenden hinzu, ohne dass dafür ein entsprechender Ausgleich geschaffen wird. (ProMit 2015, S. 82-85)

Diese exemplarischen Konfliktfelder machen deutlich, dass die Anforderungen an die

Interessenvertretung im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung weiter steigen und neue Lösungen und Gestaltungsansätze erforderlich werden. Dabei sollte eine systematische Bestandsaufnahme der Veränderungen im Arbeitsprozess beim Einsatz digitaler Technologien immer am Anfang einer kritischen Auseinandersetzung stehen.

Eine Studie der IHK Berlin vom Oktober 2015 bescheinigt dem Berliner Handel, dass er für die Herausforderungen der Digitalisierung insgesamt gut gerüstet scheint. Wenn es jedoch um die Anpassung des bisherigen Geschäftsmodells an die Herausforderungen der

Digitalisierung geht, waren es 2015 gerade ein Drittel der Unternehmen im Handel, die sich gut gerüstet sehen.19 Schon ein Jahr später schätzen 44 Prozent der befragten Berliner Handelsunternehmen ihren Digitalisierungsgrad als weit fortgeschritten und hoch ein. Im Vergleich zu Unternehmen aus den anderen Wirtschaftssektoren Berlins ist das noch

immer relativ wenig. Im Berliner Branchenranking zum Stand der Digitalisierung sortiert sich der Berliner Handel erst auf Platz 7 (von 9) ein.20 Dabei sollte man jedoch berücksichtigen, dass Berlin durch eine starke Digital- und Kreativwirtschaft, eine aktive Start-up-Szene und

viele Forschungseinrichtungen zu den Vorreitern in Sachen Digitalisierung in Deutschland zählt. Dementsprechend lautet auch eine Empfehlung der Studie, dass die Berliner Wirtschaftsförderung die Digitalisierung auch in traditionellen Branchen (z. B. Industrie,

Handel, Bau) zielgerichtet fördern sollte.21

18 Roth, I./Zanker, C./Martinetz, S./Schnalzer, K. (ProMit 2015): Digitalisierung bei Logistik, Handel und Finanzdienstleistungen, Technologische Trends und ihre Auswirkungen auf Arbeit und Qualifizierung (im Rahmen des Projekts „ProMit - Betriebliche Mitbestimmung als Promotor der beruflichen Weiterbildung“, Herausgaber: ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Landesbezirk Baden-Württemberg, Oktober 2015, Stuttgart, S.84.

19 IHK Berlin, Nicole Dufft (Analysis & Consulting): Digitalisierung der Berliner Wirtschaft, Berlin, Oktober 2015, S. 35.

20 IHK Berlin, Nicole Dufft (Analysis & Consulting): Digitalisierung in der Unternehmensstrategie: Wo steht die Berliner Wirtschaft? Berlin, Oktober 2016, S. 49.

21 Ebenda S. 51.

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4. Ergebnisse der Befragung der Betriebsräte im

Berliner Einzelhandel

Zur Bestandsaufnahme der digitalen Arbeitswelt im Berliner Einzelhandel im Rahmen dieser Kurzexpertise wurde sich im Schwerpunkt auf das Erfahrungswissen von Betriebsräten gestützt. Diese sind in der konkreten Umsetzung digitaler Innovationen zuallererst mit den Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen und Arbeitsabläufe

konfrontiert.

4.1. Durchführung der Befragung

Durch Recherchen im Vorfeld wurden signifikante digitale Technologien ausgewählt, die

bereits im Test- oder Dauerbetrieb in Einzelhandelsunternehmen eingeführt wurden und zu denen entsprechende Basisinformationen vorlagen.22

Über diese Herangehensweise wurden drei Wirkungsfelder digitaler Innovationen im

Instore-Bereich des stationären Handels ausgemacht und mit konkreten digitalen Anwendungen untersetzt:

a.) Digitale Technologien, um das Kundinnen- und Kundeninteresse zu wecken

und zu kanalisieren:

(1) Instore-Navigation (Beacons) – Funksender, Bluetooth-Sender mit Produktinformationen und zur Kundinnen-/Kunden-Navigation per Smartphone im Laden.

(2) Digitales Marketing – E-Mail-Newsletter, elektronische Prospekte, eigene Apps des Unternehmens.

(3) (Mobile) Couponing – elektronische Einkaufscoupons für das Smartphone mit speziellen Aktionsangeboten.

(4) Loyalty Programs – Kundinnen-/Kundenkarten, KaDeWe-Card, H & M Club,

Payback u.a.

(5) Location based Service – GPS (Global Positioning System) basierte Lokalisierungsfunktion des Smartphones mit der Möglichkeit, für den Händler

bzw. die Händlerin spezielle Angebote, Rabatte im nahen Umfeld o.ä. zu versenden.

b.) Digitale Technologien, um das Einkaufserlebnis zu fördern:

(1) Augmented Reality – erweiterte Realität – bspw. Menschen über Webcam erkennen und das Betrachten von virtuellen Kleidungsstücken, Schmuck, Brillen usw. mittels eines virtuellen Spiegels (Monitor) simulieren.

(2) Clienteling – personalisierte Kundinnen-/Kundenberatung mit mobilen Geräten bspw. Tablets, auf denen auf alle verfügbaren Informationen zugegriffen werden kann.

22 Vgl. u.a. Technologie-Atlas Einzelhandel, Zeit für Umsatz to go – Technologie als strategisches Instrument, Herausgeber: KPMG AG Wirtschaftsprüfergesellschaft, Berlin, 2015, S. 73-77, eigene Recherchen.

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(3) Sprach- und Bilderkennung – spezielle Bildsensoren erkennen Personen und

Objekte. Je nach Alter, Geschlecht und Gesichtsausdruck werden auf dem Monitor individuelle Bilder und Produktpräsentationen eingespielt.

(4) Digitale Schaufenster (digital Signage) – Monitorwände mit Produktwerbung,

Unterhaltung, Firmeninformationen etc. in den Läden, bietet auch Möglichkeiten zur Interaktion durch Buttons und Touchscreens.

c.) Digitale Technologien, um den Einkaufsprozess und -abschluss zu

erleichtern:

(1) Self Checkout – der Kaufabschluss wird ganz oder teilweise dem Kunden/der Kundin überlassen, meist als Alternative zu herkömmlichen Bedienkassen.

(2) Mobile Payment – App-basiert, auf einem Smartphone, Tablet oder auch einer Smartwatch, in Deutschland gegenwärtig bspw. Payback-Pay.

(3) Click & Collect – Produkte online bestellen und in einer Filiale abholen.

(4) Digital Shelf Displays (elektronische Regaletiketten) – Die Preisinformationen werden direkt von der Kasse bzw. aus dem Warenwirtschaftssystem an ein

digitales Regaletikett übertragen.

Die Fragen an die Betriebsräte im Berliner Einzelhandel zum Einsatz der digitalen Technologien im Ladengeschäft wurden mit deren Einschätzung zu den Auswirkungen auf die Arbeitsabläufe und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im stationären Ladengeschäft

verknüpft. Ebenso wurde nach der Mitwirkung der Betriebsräte im Rahmen der betrieblichen Interessenvertreter bei Einführung digitaler Technologien gefragt. (Vgl. Fragebogen Anlage 1, Schwerpunkt 1)

Die Befragung fand an zwei Beratungstagen von Berliner Betriebsräten statt, am 28.

September 2016 und 10. Oktober 2016. Zusätzlich wurden die Befragungen durch einen Vortrag mit Erläuterungen zu den ausgewählten Anwendungsbeispielen im Fragebogen eingeleitet. Zu beiden Betriebsrätetreffen waren insgesamt ca. 100 Betriebsräte des

Berliner und Brandenburger Einzelhandels anwesend. Die Betriebsräte aus Brandenburg beteiligten sich ebenfalls an der Befragung, deren Ergebnisse wurden jedoch nicht in die Auswertung einbezogen.

Im Ergebnis beider Veranstaltungen konnten 33 ausgefüllte Fragebögen der Berliner

Betriebsräte in die Auswertung übernommen werden. Mit den in der Befragung einbezogenen Teilbranchen Supermärkte, Verbraucher-Märkte, Warenhäuser, Möbeleinzelhandel, Buchhandlungen, Bekleidungs-/Textileinzelhandel und den Drogerien

ist das Teilbranchenspektrum im Berliner Einzelhandel gut abgedeckt. Weitere Teilbranchen, wie z. B. der Elektrofacheinzelhandel (bspw. Media Markt, Saturn) und die Baumarktsparte mit ihren Besonderheiten und Spezifika in der digitalen Entwicklung,

bedürfen einer gesonderten Betrachtung. An dieser Stelle sollte ebenfalls angemerkt werden, dass es sich bei den Befragungsteilnehmenden um Betriebsräte tarifgebundener Unternehmen handelt, die in der Regel bundesweit agieren. Kleine und mittlere Handelsbetriebe (KMU) sind die Ausnahme. Damit sind die Ergebnisse nur für dieses

spezielle Unternehmenssegment repräsentativ und nicht für den gesamten Berliner Einzelhandel.

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Expertise: Digitale Arbeitswelt im Berliner Einzelhandel – eine Bestandsaufnahme digitaler Innovationen in den Ladengeschäften (Instore)

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Nach Teilbranchen des Einzelhandels verteilen sich die Fragebogenrückläufe wie folgt:

Abbildung 1 Verteilung der ausgewerteten Fragebögen nach Einzelhandelsteilbranchen

(Anzahl und Anteile in %)

Bezogen auf die Beschäftigtenanteile im stationären Berliner Einzelhandel (hochgerechnete

Beschäftigtenzahl der an der Befragung teilnehmenden Unternehmen im Vergleich zur Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am 31.12.2015) sind in der Betriebsrätebefragung der Anteil von Unternehmen im Lebensmitteleinzelhandel

(Supermärkte/Verbrauchermärkte) und die Warenhäuser mit anteilig 88,6 Prozent deutlich überrepräsentiert. Der Anteil an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten der drei Vertriebsformate im Berliner Einzelhandel liegt bei 42 Prozent (2015). Alle anderen

Teilbranchen des Berliner Einzelhandels sind entsprechend unterrepräsentiert. Zielstellung der Expertise sind Einsichten in generelle Entwicklungen bei digitalen Instore-Technologien und vor allem in die Formen und den Umfang von Beteiligungsprozessen im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung im Berliner Einzelhandel.

Viel wesentlicher ist, dass fast alle wichtigen Teilbranchen des stationären Berliner Einzelhandels im Untersuchungssample vertreten sind.

6

18%

12

37%

6

18%

1

3%

1

3%

6

18%

1

3%

Supermärkte

VB-Märkte

Warenhäuser

Möbel

Buchhandlungen

Bekleidung/Textil

Drogerien

© WABE-Institut Berlin 2016

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15

4.2. Betriebliche Mitbestimmung und digitale Innovationen

Ergebnisse zur Beteiligung der Betriebsräte bei der Einführung digitaler

Innovationen in den Filialen

Die breite Beteiligung der anwesenden Betriebsräte an der Befragung und der respektable

Rücklauf der Fragebögen macht eine starke Sensibilisierung der Betriebsräte in Fragen der Digitalisierung deutlich. Immerhin geben 88 Prozent an, das sind 29 von 33 Betriebsräten, bei der Einführung von Digitalisierungsprojekten entweder direkt, informell oder über den

Gesamtbetriebsrat (GBR) einbezogen zu sein. Auch wenn Umfang und Form der Einbeziehung von Betriebsräten bei der Umsetzung digitaler Technologien unterschiedlich ist, sind es nur vier Unternehmen, alle ausschließlich aus dem Lebensmitteleinzelhandel,

wo bislang diese Thematik kein generelles Thema in der Betriebsratsarbeit darstellt. Bei Nachfragen unter den negativen Antworten wurde deutlich, dass u. a. nicht immer alle der Betriebsratsmitglieder über die Digitalisierungsprojekte informiert werden – die Nichteinbeziehung sozusagen auf einer Informationslücke innerhalb des Betriebsrats

beruht. Daneben scheint es im nichtfilialisierten Lebensmitteleinzelhandel – meist selbstständige EDEKA- oder REWE-Händler – bislang nur wenige digitale Projekte zu geben, die dann vom Inhaber/von der Inhaberin bzw. von der Geschäftsführung allein – am

Betriebsrat vorbei – gesteuert werden. Die Befragungsergebnisse machen jedoch vor allem deutlich, dass die Nichtbeteiligung von Betriebsräten an digitalen Projekten eher die Ausnahme darstellt.

Abbildung 2 Beteiligung der Betriebsräte bei der Einführung digitaler Innovationen

(Anzahl und Anteile in %)

Die Bedeutung digitaler Technologien für die Berliner Einzelhandelsunternehmen wird

sicher auch dadurch deutlich, dass insbesondere die Gesamtbetriebsräte als Ansprechpartner der Unternehmensleitungen bei Digitalisierungsprojekten herangezogen werden. Gesamtbetriebsräte haben u. a. die Möglichkeit, über die Einbeziehung von externen Sachverständigen eine umfassende und kritische Bewertung der Veränderungen

auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten vornehmen zu können. In den Interviews

10

30%

4

12%

15

46%

4

12%GBR ist beteiligt

BR wird informiert

BR wird beteiligt

BR wird nicht beteiligt

© WABE-Institut Berlin 2016

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wurde die Spannweite an genutztem Expertinnen- und Expertenwissen deutlich – die von

Arbeitsschutzexperten/-expertinnen der Berufsgenossenschaft bis zu ausgewiesenen Technologieexperten/-expertinnen aus Beratungsunternehmen reicht.

Diese Erfahrungen – insbesondere die Hinweise durch einbezogene Expertinnen und Experten bei digitalen Projekten – sollten für den gezielten Erfahrungsaustausch zwischen

den Betriebsräten bei der Einführung ähnlich gelagerter Digitalisierungsprojekte genutzt werden. Hier könnten sowohl Betriebsräte- oder Experten/-Expertinnen-Netzwerke gegründet werden als auch in gemeinsamen Veranstaltungen mit dem

Einzelhandelsverband Berlin-Brandenburg die Erfahrungen und Ergebnisse von betrieblichen Beteiligungsverfahren ausgetauscht werden.

Schaut man sich die fünf Phasen bei Einführung digitaler Projekte an (Planung, Konzeption, Testphase, Umsetzung, Schulung), so greifen Testphase, Umsetzungsphase und

Schulungsphase in der betrieblichen Mitbestimmung am breitesten. Diese drei Phasen beinhalten die praktische Einführung vor Ort, wo die Folgen der neuen Technologien auf die Arbeitsbedingungen und Arbeitsabläufe in den Einzelhandelsgeschäften für die

Beschäftigten erlebbar werden. Erfahrungen dazu, wie es gelingt gemeinsam mit den betroffenen Beschäftigten Wege zu (er)finden, wie die Veränderungen der Arbeitsbedingungen infolge der Digitalisierungsinnovation erfasst und bewertet werden,

sind wichtige Arbeitshilfen für alle interessierten Betriebsräte. Die Förderung eines themenbezogenen Erfahrungsaustausches zwischen Betriebsräten des Berliner Einzelhandels wäre deshalb eine wertvolle Hilfe beim Umgang mit Digitalisierungsprojekten vor dem Hintergrund der Erfassung von Veränderungen in den Arbeitsbedingungen der

Beschäftigten.

Abbildung 3 Beteiligung der Betriebsräte nach Einführungsphasen digitaler Innovationen

(Anzahl)

In einem Unternehmen hat sich bspw. die Einführung eines Logbuches bewährt, das von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die von Veränderungen durch die Einführung eines Digitalisierungsprojektes betroffen sind, geführt wird. Darin wird alles festgehalten, was sich

5 5

2 21

1312

2021

19

0

5

10

15

20

25

Planung Konzeption Testphase Umsetzung Schulung

BR informiert BR beteiligt

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verändert ‚anfühlt‘ – sowohl im persönlichen Befinden als auch im Umgang mit den

Kolleginnen und Kollegen sowie Kundinnen und Kunden. Mit Hilfe dieser Dokumentationen sollen Schlussfolgerungen gezogen werden auf nicht sofort offensichtliche Auswirkungen von Veränderungen infolge der Digitalisierung. Ein durchaus interessanter und deshalb

auch multiplikativer Ansatz. Daneben wird es auch in anderen Unternehmen Erfahrungen und Werkzeuge geben, wie die Veränderungen durch Digitalisierungsprojekte in den Ladengeschäften erfasst und bewertet werden. Eine Informationsbörse für den Austausch

praktischer Erfahrungen mit Digitalisierungsprojekten kann den einzelnen Betriebsräten und Unternehmen viel Zeit und Mühe ersparen und die Digitalisierung schneller im gemeinsamen Interesse voranbringen.

4.3. Digitale Innovationen im Verkauf für den (digital vernetzten)

Kunden bzw. die Kundin

Erkennbare Trends beim Einsatz von digitalen Instore-Lösungen im Berliner

Einzelhandel

Die in der Betriebsräte-Befragung mit einem einleitenden Vortrag erläuterten und mittels vorbereitetem Fragebogen abgefragten digitalen Instore-Technologien (vgl. dazu auch die

Anlage 1) wurden in drei wesentliche Einsatzbereiche aufgeteilt. Es wurde unterschieden in Digitale Technologien, die

(a) das Kundinnen-/Kundeninteresse wecken und kanalisieren sollen;

(b) den Einkauf unterstützen und das Einkaufserlebnis verbessern;

(c) den Einkaufsprozess und den Einkaufsabschluss vereinfachen.

Auf digitalem Marketing liegt der eindeutige Schwerpunkt bei den bereits genutzten bzw.

in der Planung befindlichen digitalen Technologien der Berliner Einzelhandelsunternehmen – mit dem Ziel eines verbesserten Kundinnen- und Kundenkontakts und der Erhöhung des Kundinnen- und Kundeninteresses am stationären Einkauf bzw. am Unternehmen. In vielen

Unternehmen war das digitale Marketing meist die erste überhaupt eingeführte digitale Anwendung. Heute geht es vor allem darum, neue digitale Zugänge zu den Kundinnen und Kunden zu erschließen bzw. bestehende Kontakte weiter zu vertiefen. Zum digitalen

Marketing gehören bspw. E-Mails, Newsletter, E-Magazine und Social Media Marketing,

d. h. Werbebotschaften und Angebote werden über soziale Medien wie Facebook, Twitter oder Youtube verbreitet. Ebenso sind Apps für mobile Endgeräte eine zunehmend wichtige Form des digitalen Marketings. Die Möglichkeiten eines App-Einsatzes sind vielfältig: von

der mobilen Website, (mit) mobilem Onlineshop, über Produktfinder, digitale Einkaufszettel und eigene Bonusprogramme u. a. m.

Mindestens eine der Möglichkeiten des digitalen Marketings ist bei 30 der 33 befragten Betriebsräte im Unternehmen umgesetzt. Das sind mehr als 90 Prozent der Unternehmen.

Digitales Marketing ist der Schwerpunkt bisheriger Investitionen in digitale Technologien im Berliner Einzelhandel. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die aktuelle Studie der IHK

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Berlin23: „Für drei Viertel der Berliner Unternehmen ist die Website besonders wichtig. Mehr

als die Hälfte setzt auf mobile Websites und Apps. Vorteile der Digitalisierung ergeben sich vor allem durch eine größere Vielfalt der Marketing- und Vertriebskanäle und durch neue Möglichkeiten der Individualisierung.“

Ein zweiter Schwerpunkt, mittels digitaler Technologien den Kunden bzw. die Kundin

gezielter ansprechen zu können, sind die sogenannten Loyalty Programme, die über Kundinnen-/Kundenkarten oder Apps umgesetzt werden. Treuepunkte, Umsatzrabatte oder Rabatt-Coupons können über diesen Weg zielgerichtet an den Karteninhaber/die

Karteninhaberin oder den angemeldeten App-Nutzer/die App-Nutzerin geleitet und das Interesse am Ladenbesuch erhöht werden. Insgesamt 21 von 33 befragten Betriebsräten bestätigen, dass digitale Loyalty-Programme im Unternehmen umgesetzt sind. Direkt auf

die Nutzung durch das Smartphone zugeschnittene mobile Coupons werden von 14 Betriebsräten als im Unternehmen eingesetzt bestätigt, in einem Unternehmen ist der Einsatz mobiler Coupons noch in der Planung.

Auch im Bereich der Instore-Navigation, mit Hilfe von Proximity Solutions (GPS,

Bluetooth-Beacons, NFC – Near Field Communication und QR-Codes), unternehmen die Berliner Einzelhändlerinnen und -händler verstärkte Anstrengungen, obwohl in diesem Anwendungsbereich digitaler Technologien noch erhebliche Unsicherheiten über den

tatsächlichen Kundinnen- und Kundenutzen im Vergleich zum technischen Aufwand bestehen. Es zeigt sich hier, dass die Berliner Einzelhändlerinnen und -händler experimentierfreudig zu sein scheinen. Zwölf Betriebsräte berichten über eine Umsetzung bzw. den geplanten Einsatz von Beacons vor allem zur Instore-Navigation. Seit Ende

November 2016 sind bspw. die Filialen von Thalia mit Beacons ausgerüstet. Der Buchhändler/die Buchhändlerin kooperiert bei dieser Aktion mit shopkick, der meistgenutzten Shopping-App, um dessen ca. 2,3 Millionen Kundinnen und Kunden das

Sammeln von Bonuspunkten bei Thalia zu ermöglichen, etwa beim Betreten des Geschäfts oder auch durch den Besuch von bestimmten Punkten innerhalb des Ladens.

23 IHK Berlin, Nicole Dufft (Analysis & Consulting): Digitalisierung in der Unternehmensstrategie: Wo steht die Berliner Wirtschaft? Berlin, Oktober 2016, S. 32.

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Abbildung 4 Umgesetzte und geplante digitale Innovationen in Unternehmen der

befragten Betriebsräte (Anzahl, N=33)

Der Einsatz von digitalen Technologien, die das Einkaufserlebnis fördern sollen, ist noch am wenigsten durch praktische Einsatzfälle dokumentiert. Zumindest im Kreis der befragten

Betriebsräte bestehen noch Unsicherheiten über die konkreten Unternehmensplanungen bzw. sind erfolgversprechende Einsatzfälle noch nicht vorstellbar. Augmented Reality (übersetzt: Erweiterte Realität) bezeichnet eine computergestützte Wahrnehmung, bei der

sich reale und virtuelle Welt vermischen. Über die reale Welt werden in Echtzeit Textinformationen und Grafiken geblendet. Mit Hilfe von Augmented Reality können die Online- und Offlinewelt rund um den Einkauf verschmelzen. Der einzige von den

Betriebsräten dokumentierte Einsatz wird von einem bekannten Möbelhaus getestet, um den Kunden bzw. die Kundin darauf vorzubereiten, sein bzw. ihr Wohnumfeld virtuell einzurichten. Die digitale Projektion soll dabei die für das konkrete Zimmer beste Lösung vorbereiten und bei der Auswahl der passenden Möbel helfen. Eine digitale Anwendung,

die beim (eigenen) Praxistest eine Ahnung über die digitalen Möglichkeiten im stationären Ladengeschäft aufkommen ließ.

An zweiter Stelle der digitalen Einsatzlösungen beim Erlebniseinkauf stehen die digitalen

Schaufenster, auch als Digital Signage im Sprachgebrauch. Digital Signage beschreibt den Einsatz von digitalen Anzeigesystemen (Monitoren) zur Kommunikation mit dem Kunden bzw. der Kundin. Dabei können die Themen zur Kommunikation mit den Kundinnen bzw. Kunden sehr weitreichend sein: Neue Modekollektionen, Werbung,

Entertainment, Wetterinformationen, Hinweise, Wegbeschreibungen usw. sind wichtige Anwendungsfelder. Digital Signage bietet auch Möglichkeiten zur Interaktion mit dem Kunden bzw. der Kundin, realisiert durch Buttons, Touchscreens, Gestenerkennung, 2D-

/3D-Kameras und mobile Endgeräte. Die digitalen Schaufenster setzen sich zunehmend in

3

1

1

1

2

6

2

3

10

9

30

14

21

10

1

8

10

6

12

13

3

0 5 10 15 20 25 30 35

1-In-Store-Navigation (Beacons)

2-Digitales Marketing

3-(Mobile) Couponing

4-Loyalty Programs

5-Location based Service

6-Augmented Reality

7-Clienteling

8-Sprach- und Bilderkennung

9-Digital Signage

10-Self Checkout

11-Mobile Payment

12-Click & Collect

13-Digital Shelf Displays

Ku

nd

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inte

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Umgesetzt

Geplant

© WABE-Institut Berlin 2016

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den Ladengeschäften durch, insbesondere in den großen Kaufhäusern und bei den

überregionalen Textilfilialisten sind die digitalen Schaufenster auf dem Vormarsch. Im Rahmen der Befragung gaben zehn Betriebsräte an, dass digitale Schaufenster bereits in Anwendung sind, zwei Befragte bestätigten entsprechende Planungen für den Einsatz.

Clienteling steht für eine neue Qualität der Kundinnen- bzw. Kundenberatung z. B. mit

mobilen Geräten, meist Tablets, auf denen alle verfügbaren Informationen zur Kundin bzw. zum Kunden selbst, zu seinen Interaktionen in verschiedenen Kanälen, zum Artikelbestand im stationären Ladengeschäft oder im Webshop, zu aktuellen Promotions etc. in Echtzeit

vollständig zur Verfügung stehen. In der Befragung gaben acht Betriebsräte an, entsprechende digitale Lösungen im Einsatz zu haben. In einem Unternehmen wird der Einsatz vorbereitet. Die Spannweite der Berliner Unternehmen, die bereits Clienteling-

Lösungen einsetzen, reicht vom Supermarkt, Warenhaus, Möbel, Buch- und Bekleidungseinzelhandel. Die ersten Erfahrungsberichte machen deutlich, dass im Einsatz von Clienteling-Lösungen eine höhere Beratungsqualität erreicht werden kann. Insbesondere der sofortige Überblick über das Gesamtsortiment macht ergänzende

Produktangebote möglich und hilft dabei, den Kunden bzw. die Kundin über diese Serviceangebote im Geschäft zu binden. Zusätzlich kann man den Kunden bzw. die Kundin durch den Verkaufsraum begleiten und hat jederzeit die passenden Informationen zum

Sortiment oder zu Alternativen aus dem eigenen Sortiment parat. Kritisch beleuchtete Fragen betreffen vor allem die schwer abschätzbaren gesundheitlichen Folgewirkungen durch die permanente Strahlenbelastung der Geräte, wofür bislang noch keinerlei

gesicherte Einschätzungen durch Arbeitsschutzuntersuchungen vorliegen.

Für die Sprach- und Bilderkennung gibt es unter den gegenwärtig diskutierten Einsatzmöglichkeiten digitaler Technologien in Berliner Ladengeschäften der befragten Betriebsräte keine Umsetzungen oder Planungen. Dabei können über die Sprach- und

Bilderkennung bspw. weitere Möglichkeiten für das Marketing erschlossen werden. Über einen speziellen Bildsensor im Werbemonitor erkennt das System Personen und Objekte. Je nach Alter, Geschlecht und Gesichtsausdruck werden auf dem Monitor individuelle

Bilder und Botschaften eingespielt. So können Produktpräsentationen, kontextbasierte Werbebildschirme und unterhaltende Verkaufssysteme gezielt eingesetzt werden. Internationale Anwendungen werden bisher vor allem im Modebereich getestet. Es wird

sich zeigen, ob diese digitale Technologie eine wirtschaftlich sinnvolle Ergänzung im Ladengeschäft darstellt, oder ob der Kundinnen- bzw. Kundennutzen eher gering bleibt, was einer breiten Einführung im Wege stehen würde.

Der dritte Einsatzbereich digitaler Technologien im Ladengeschäft umfasst neue digitale

Möglichkeiten, um den Einkaufsprozess und -abschluss zu erleichtern.

Die in der Befragung am weitesten verbreitete Lösung im Bereich der Erleichterung des Einkaufsprozesses ist Click & Collect mit 13 umgesetzten und drei geplanten Einsatzfällen. Das Prinzip hinter Click & Collect besteht darin, dass Produkte online bestellt

werden, um sie in einer Filiale in der Umgebung persönlich abzuholen. Als fester Bestandteil der Cross-Channel-Verkaufsstrategie, also dem Verkaufen über mehrere Kanäle hinweg, gibt das Click & Collect-Konzept der Kundin bzw. dem Kunden die

Möglichkeit, seine/ihre Wunschprodukte beim Händler bzw. der Händlerin online zu finden und per Mausklick in ein stationäres Geschäft liefern zu lassen. Ein Vorteil besteht darin,

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dass die Produkte vor Ort anprobiert und begutachtet werden können. Hinzu kommt die

Beratung vom Verkäufer bzw. der Verkäuferin. In der Branchenverteilung von Click & Collect-Anwendungen sind außer den Drogeriemärkten alle an der Befragung einbezogenen Teilbranchen vertreten.

Mobile Bezahllösungen – mobile Payment – sind im stationären Ladengeschäft auf dem

Vormarsch. Obwohl sich noch keine Lösung als Standard durchgesetzt hat, werden erste Erprobungen getestet. In der Zusammenführung verschiedener Funktionalitäten auf der Nutzeroberfläche eines mobilen Endgeräts, das damit als Zahlungsmittel eingesetzt werden

kann, wird eine der wichtigsten Entwicklungen digitaler Bezahllösungen gesehen. Immerhin verweisen zwölf Betriebsräte auf umgesetzte mobile Bezahllösungen, meist in der NFC (Near Field Communication) – Funktionalität von Kreditkarten oder QR-Codes bspw. bei

Payback Pay begründet. Zwei weitere Einführungen mobiler Bezahllösungen sind in der Vorbereitung.

Mittels eines Self Checkout-Systems (SCO) wird die Warenerfassung beim Kaufabschluss ganz oder teilweise der Kundin bzw. dem Kunden überlassen. Diese

Systeme sind in verschiedenen Varianten und Kombinationen erhältlich und mittlerweile vielfach erprobt. Typischerweise werden sie als Alternative zu herkömmlichen Bedienkassen angeboten, sodass die Kundin bzw. der Kunde immer die Wahl hat, sich

bedienen zu lassen oder selbst zu scannen. In der Befragung verweisen sechs Berliner Betriebsräte auf installierte SCO-Anwendungen, davon fünf allein im Lebensmitteleinzelhandel, eine in einem Möbelhaus. Die weiteren Planungen konzentrieren sich ebenfalls auf den Lebensmitteleinzelhandel und einen Modefilialisten. Mit weiteren

(absehbaren) Kostensenkungen bei NFC-Etiketten (Near Field Communication – RFID) wird sich diese Form des Kaufabschlusses noch deutlich ausweiten lassen.

Digital Shelf Displays (elektronische Regaletiketten) dienen der automatischen Preis- und

Produktauszeichnung am Regal. Die Preisinformationen werden dabei direkt von der Kasse bzw. aus dem Warenwirtschaftssystem heraus an ein digitales Regaletikett übertragen. Die Technologie macht die manuelle Preisauszeichnung weitgehend überflüssig, sodass der stationäre Handel schnell und flexibel auf Preisaktionen der Online-Konkurrenz reagieren

kann. Hinzu kommt die Sicherheit, dass Regal- und Kassenpreise immer übereinstimmen. Aus den Ergebnissen der Betriebsrätebefragung wird deutlich, dass sowohl die umgesetzten als auch die geplanten Anwendungen elektronischer Regaletiketten

ausschließlich den Lebensmitteleinzelhandel betreffen. Bislang stellte der Investitionsaufwand eine Hürde für den Einsatz dar. Wie die Planungen verdeutlichen, scheint mittlerweile eine Einführung elektronischer Regaletiketten auch aus

betriebswirtschaftlicher Sicht vertretbar.

Die beiden folgenden Charts geben nochmals einen zusammenfassenden Überblick zur aktuellen Situation und den Planungen von digitalen Anwendungen im Instore-Bereich des Berliner Einzelhandels.

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Abbildung 5 Ranking zum Stand digitaler Innovationen in Unternehmen der befragten

Betriebsräte (Anzahl, N=33)

Bisher konzentriert sich das digitale Engagement der Berliner Einzelhandelsunternehmen im Schwerpunkt auf Investitionen in die Kundinnen- bzw. Kundenbindung und das Wecken des Kundinnen- bzw. Kundeninteresses über digitales Marketing (30), Loyalty Programme

(21) und mobile Couponing (14). Als zweiter Investitionsschwerpunkt kristallisiert sich der Einsatz digitaler Möglichkeiten bei der Verbesserung der Einkaufprozesse und des Einkaufsabschlusses heraus: mobile Payment (12) und Click & Collect (13). Die Verbesserung des Einkaufserlebnisses mittels digitaler Innovationen scheint gegenwärtig

noch in der Anfangsphase – aber steht zumindest im Fokus der Unternehmen, wie der nachfolgende Chart zu den geplanten Vorhaben deutlich macht.

Mit den digitalen Themenbereichen Augmented Reality (1), Clienteling (1), Digital Signage (2) und Instore-Navigation (Beacons) (3) sind wesentliche Entwicklungen in Vorbereitung

für einen Einsatz in den Berliner Ladengeschäften.

Der Schwerpunkt der Planungen bei digitalen Investitionen liegt im Bereich der Verbesserung des Einkaufsprozesses durch den verstärkten Einsatz elektronischer

Regaletiketten – Digital Shelf Displays (10). Wobei vor allem die an der Befragung teilnehmenden Betriebsräte aus dem Lebensmitteleinzelhandel darauf hinweisen, dass sich die Unternehmen in erster Linie auch betriebswirtschaftliche Vorteile in den Ladengeschäften versprechen. Es steht zu befürchten, dass diese

Digitalisierungsinvestitionen auch zu Einsparungen bei der Beschäftigung führen werden, wenn die manuelle Etikettenpflege wie bisher wegfällt.

1

3

6

8

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10

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Augmented Reality

Digital Shelf Displays

Self Checkout

Clienteling

In-Store-Navigation (Beacons)

Location based Service

Digital Signage

Mobile Payment

Click & Collect

(Mobile) Couponing

Loyalty Programs

Digitales Marketing

12

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© WABE-Institut Berlin 2016

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23

Abbildung 6 Ranking zu den Planungen digitaler Innovationen in Unternehmen der

befragten Betriebsräte (Anzahl, N=33)

4.4. Zwischenfazit zum Stand der Digitalisierung im Berliner

Einzelhandel

Anhand von 33 auswertbaren Fragebögen, die aus Sicht von Betriebsräten eigene Erfahrungen mit Digitalisierungsprojekten beschreiben und hinter denen immerhin 18

Berliner Einzelhandelsunternehmen stehen, lässt sich ein aktueller Überblick zum Stand und zu den digitalen Entwicklungen im Berliner Einzelhandel (Instore) gewinnen.

Erstens: Der Berliner Einzelhandel investiert und experimentiert mit digitalen Lösungen im stationären Ladengeschäft. Der Schwerpunkt liegt eindeutig im Bereich der Kundinnen-

bzw. Kundenansprache und des Kundinnen- und Kundeninteresses – mit dem digitalen Marketing als Schwerpunkt.

Zweitens: Die aktuellen Planungen über den Einsatz digitaler Lösungen gehen insbesondere in den Bereich der Vereinfachung des Einkaufsprozesses, einschließlich des

Einkaufsabschlusses. Hier befinden sich 21 Vorhaben in der Planung, das ist mit Abstand das höchste erkennbare Engagement bei den digitalen Investitionen. Die Investitionen in die Digitalisierung werden den Einkaufsprozess verändern und zu Ersatz von lebendiger

Einzelhandelstätigkeit durch digitale Anwendungen führen. Bei der Einführung einzelner digitaler Anwendungen wird sich das Einsparpotenzial an Arbeitszeit noch nicht so deutlich zeigen. Jedoch in der Summe der digitalen Möglichkeiten, die es mittlerweile gibt, werden sich beträchtliche Einsparpotenziale ergeben. Darauf muss sich die betriebliche

Interessenvertretung einstellen.

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Augmented Reality

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(Mobile) Couponing

Digital Signage

Mobile Payment

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24

Drittens: Das Thema Erlebniseinkauf ist noch nicht in ganzer Breite im Berliner

Einzelhandel angekommen. Es gibt zwar sehr interessante Entwicklungen und auch erste Testanwendungen, insgesamt scheint es noch zu früh, über entsprechende Trends und deren Zeithorizonte bei der Umsetzung zu sprechen. Clienteling, persönliche Kundinnen-

und Kundenansprache mittel mobiler Lösungen, ist jedoch einer der sich deutlich abzeichnenden Trends im Verkauf.

In der Summe wurde in der Befragung die Umsetzung von 13 konkret benannten digitalen Anwendungen abgefragt. In den ausgewerteten 33 Betriebsrätefragebögen wurden über

alle Themen insgesamt 137 umgesetzte digitale Projekte benannt, das sind durchschnittlich fast vier Digitalisierungsprojekte je (Berliner) Ladengeschäft.

Viertens: Der zunehmende Einsatz digitaler Anwendungen und die breite Palette an Einsatztechniken und -möglichkeiten verlangt auch z. T. erheblichen technischen

Sachverstand, der ohne entsprechenden Qualifizierungsvorlauf und laufende Qualifizierung nur schwer zu erreichen ist. Daneben sind die digitalen Entwicklungen derart rasant, dass in den Unternehmensplanungen meist externe Spezialistinnen und Spezialisten das Sagen

haben, was die momentanen Entwicklungstrends darstellen. Hier werden Investitionsstrategien im engen Spezialisten- und Spezialistinnenkreis beraten, bei dem eher im Ausnahmefall die betriebliche Interessenvertretung eingebunden ist.

Diese komplizierten Rahmenbedingungen führen auch bei der Einschätzung von

Betriebsräten zur Umsetzung oder zu den Planungen im Unternehmen zu Unsicherheiten. Ein Ausdruck für diese hohen technischen und betriebsorganisatorischen Anforderungen an betriebliche Mitbestimmung ist im Befragungsergebnis an der Vielzahl der gewählten

Antwortmöglichkeit „weiß ich nicht“ dokumentiert.

Abbildung 7 Anzahl der „Weiß ich nicht“-Antworten zu den digitalen Innovationen in

Unternehmen der befragten Betriebsräte (Anteil in %, N=33)

36%

9%

33%

18%

45%

64%

45%

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39%

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0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%

1-In-Store-Navigation (Beacons)

2-Digitales Marketing

3-(Mobile) Couponing

4-Loyalty Programs

5-Location based Service

6-Augmented Reality

7-Clienteling

8-Sprach- und Bilderkennung

9-Digital Signage

10-Self Checkout

11-Mobile Payment

12-Click & Collect

13-Digital Shelf Displays

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Weiß nicht

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25

In der Zusammenfassung nach dem Einsatzzweck der digitalen Anwendungen wird am

Antwortverhalten „Weiß ich nicht“ deutlich, dass besonders im ohnehin noch weitgehend im Experimentierbereich angesiedelten Erlebniseinkauf – wie z.B. Augmented Reality (64 %), Sprach- und Bilderkennung (61 %), Digital Signage (52 %) – die größten Unsicherheiten

über den betrieblichen Einsatz vorherrschen. Hier scheinen die Unternehmen noch abzuwarten, was am Markt erscheint, wie sich Kundinnen- und Kundenresonanz sowie Umsatzerwartungen entwickeln.

4.5. Einschätzungen zu den Veränderungen in den

Arbeitsbedingungen beim Einsatz digitaler Technologien in

den Ladengeschäften im Berliner Einzelhandel

Die anhand der Betriebsrätebefragung geschilderte Entwicklung über die fortschreitende

Digitalisierung in den Berliner Ladengeschäften lässt erkennen, dass ein radikaler Umbruch der Einkaufs- und Arbeitswelt im Gange ist. Betriebliche Interessenvertretung im Einzelhandel verlangt zunehmend auch technologische, insbesondere digitale Kompetenzen. Im Arbeitsschutz gilt es, das Voranschreiten der mobilen Arbeit im

Einzelhandel (Clienteling) als neuen Schwerpunkt einzubinden, denn dieser Arbeitsplatz hat mit einem ergonomisch vorgeschriebenen Computer- oder Kassenarbeitsplatz nicht mehr viel gemein. In diesem Spannungsbogen richteten sich die Fragestellungen im dritten

Schwerpunkt der Betriebsrätebefragung an die erwarteten Veränderungen und einem daraus resultierenden Handlungsbedarf in der Betriebsratsarbeit. Vor dem Hintergrund der praktischen Erfahrungen bisheriger Betriebsratsarbeit sollte für das eigene Unternehmen

eingeschätzt werden, ob sich beim bereits umgesetzten oder noch erwarteten Einsatz digitaler Technologien ein dringender Handlungsbedarf in der betrieblichen Interessenvertretung ergeben hat oder erwartet wird, ohne jedoch den Handlungsbedarf detailliert zu hinterfragen.

Analog zur Bestandsaufnahme beim Einsatz digitaler Technologien in den Berliner Ladengeschäften (siehe Abschnitte 4.2 und 4.3) wurde die Zuordnung nach den Einsatzbereichen im Ladengeschäft

(a) Digitale Technologien, um das Kundinnen- und Kundeninteresse zu wecken und zu

kanalisieren,

(b) Digitale Technologien, um das Einkaufserlebnis zu fördern,

(c) Digitale Technologien, um den Einkaufsprozess und -abschluss zu erleichtern

auch bei den Fragen nach dem Handlungsbedarf durch bereits erfasste oder noch erwartete Veränderungen der Arbeitsbedingungen beibehalten.

Nach der Einschätzung und den Erfahrungen der Betriebsräte fokussiert sich der

Handlungsbedarf in der Interessenvertretung eindeutig auf den Einsatzschwerpunkt digitaler Technologien, die rund um den Einkaufsprozess und -abschluss eingeführt werden.

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Expertise: Digitale Arbeitswelt im Berliner Einzelhandel – eine Bestandsaufnahme digitaler Innovationen in den Ladengeschäften (Instore)

26

Abbildung 8 Einschätzung „dringender oder wahrscheinlicher Handlungs-

(Regelungs)bedarf“ beim Einsatz digitaler Technologien in Unternehmen der

befragten Betriebsräte (Anzahl der Nennungen, N=33)

Bei Einführung von Self-Checkout-Lösungen (die Warenerfassung wird beim Kaufabschluss ganz oder teilweise dem Kunden bzw. der Kundin überlassen) sehen die Betriebsräte mit Abstand den höchsten Handlungs- und Regelungsbedarf zur Sicherung

der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Obwohl in den befragten Unternehmen insgesamt nur zwölf Einsatzfälle umgesetzt bzw. geplant sind, schätzt fast die Hälfte aller Betriebsräte (14) ein, dass mit der Einführung von Self-Checkout-Lösungen ein dringender

Regelungsbedarf vorhanden ist. Vier Betriebsräte sind der Meinung, dass Handlungsbedarf besteht, da sich die Arbeitsbedingungen spürbar für die Beschäftigen verändern werden. Alle der 33 befragten Betriebsräte sehen hier also Handlungs- und Regelungsbedarf.

Mit steigender Verfügbarkeit und dem weiteren Preisverfall bei RFID-Labeln wird sich das

Thema Self-Checkout in einer wachsenden Zahl von Ladengeschäften neu stellen. Der bisherige Einsatz beschränkte sich dabei meist auf ergänzende Insellösungen neben dem von Kassenkräften betriebenen Kassenbereich auf Basis von Barcode-Labeln, die vom

Kunden bzw. der Kundin mit Hand eingescannt werden müssen. Ein steigender Einsatz von Self-Checkout-Lösungen auf Basis RFID würde einen Großteil an Kassenkräften ersetzen, da kaum noch eine Aktion des Kunden bzw. der Kundin notwendig ist, weil die Funksender

selbst mit der Kasse kommunizieren.

Wohin der Weg dabei führen kann und welche Einsparpotenziale an lebendiger Arbeit in diesem Einsatzbereich digitaler Technologien möglich sind, lässt der ab Januar 2017 angekündigte Start des ersten Ladengeschäfts ohne Kassen von Amazon Go in Seattle

(USA) erahnen. Im ‚Amazon Go‘-Laden sollen die Kundinnen und Kunden die gewünschten Produkte einfach in ihre Tasche stecken und am Ende ohne jeglichen Kassenbesuch den Laden verlassen können. Das Gekaufte wird vom Konto, das bei Amazon hinterlegt ist,

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1-In-Store-Navigation (Beacons)

2-Digitales Marketing

3-(Mobile) Couponing

4-Loyalty Programs

5-Location based Service

6-Augmented Reality

7-Clienteling

8-Sprach- und Bilderkennung

9-Digital Signage

10-Self Checkout

11-Mobile Payment

12-Click & Collect

13-Digital Shelf Displays

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Handlungsbedarf

dringend

Handlungsbedarf

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abgebucht. Noch experimentiert Amazon in zunächst nur einem Supermarkt (ca. 170 qm)

mit den digitalen Möglichkeiten einer Kombination von Gesichtserkennung, Lokalisierung und Einkaufsverhalten – von Amazon als ‚Sensor Fusion‘ betitelt und bereits seit 8. Januar 2015 zum Patent angemeldet.24 Ob und wie dieses Angebot von den Kundinnen und

Kunden angenommen wird, muss sich zeigen, eben auch mit der Konsequenz, dass der Kunde bzw. die Kundin dadurch tatsächlich gläsern wird: Datenschutz, Datensicherheit und Kontrolle über die Daten kann er kaum beeinflussen. Setzt sich diese disruptive

Technologie mittelfristig durch, findet der Kaufabschluss ausschließlich digital statt. Eine Kassenzone mit entsprechenden Arbeitsplätzen wird es dann nicht mehr geben.

Dass aus einem verstärkten Einsatz von Self-Checkout-Lösungen dringender Handlungs- und Regelungsbedarf im Rahmen der betrieblichen Interessenvertretung zum weiteren

Einsatz der Kassenkräfte und damit in Zusammenhang stehenden Veränderungen des Kassenbereiches notwendig werden, erklärt sich an dieser Stelle von selbst.

Ähnliche Befürchtungen gibt es seitens der befragten Betriebsräte beim Einsatz der elek-

tronischen Regaletiketten (Digital Shelf Displays), der automatischen Preis- und

Produktauszeichnung am Regal. Eine Tätigkeit, die bislang eine Aufgabe der im Ladengeschäft auf der Fläche beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darstellt. Zwar gilt die Regel im Verkauf, dass die Regalpflege, Auffüllen der Regale und Vorrücken der

Produkte, die kundinnen- und kundengerechte Präsentation der Artikel etc. den Verkaufserfolg erhöhen, dennoch wird erwartet, dass die Einsparung an Arbeitszeit durch den Einsatz der elektronischen Regaletiketten nicht eins zu eins für diese wichtigen Aufgaben im Ladengeschäft weitergegeben wird. Diese Befürchtungen, aus bisherigen

Erfahrungen resultierend, begründen bei neun Betriebsräten einen entsprechenden Handlungsbedarf in der betrieblichen Interessenvertretung. Vier Betriebsräte hingegen – aus dem Lebensmitteleinzelhandel, einem Warenhaus und aus dem Modehandel –

erwarten keine regelungsbedürftigen Veränderungen der Arbeitsbedingungen bei den Beschäftigten. Wegen solch unterschiedlicher Einschätzungen wäre auch zu diesem Thema ein Austausch zwischen Betriebsräten, wo der Einsatz der elektronischen

Regaletiketten bereits umgesetzt wurde und entsprechende Erfahrungen vorliegen, mit Betriebsräten, die eine Einführung planen, eine gute Zeitinvestition im Rahmen betrieblicher Interessenvertretung.

Nach Einschätzung eines Drittels (12) der befragten Betriebsräte ergibt sich ein erheblicher

Regelungs- und Handlungsbedarf bei der Umsetzung von Click & Collect-Lösungen, d. h. Produkte online bestellen, um sie in einer Filiale in der Umgebung persönlich abzuholen. Die Erfahrungen eines großflächigen Lebensmittelfilialisten haben gezeigt, dass es eben

nicht nur den Prozess der Warenbereitstellung zu klären gilt, sondern auch die Gewährleistung der zugriffssicheren Bereitstellung des Warenkorbes, der Vorhaltung von Personal zur zügigen Bearbeitung der Bestellungen und auch die Zurechnung der getätigten Umsätze in der mit der Abwicklung des Auftrages beauftragten Filiale. Die

Einführung von Click & Collect-Lösungen bringt durch die Einbindung dieses neuen

24 Kolbrück, O. (2016): So funktioniert Amazon Go, Die Technik hinter dem Zauberwort „Sensor Fusion“, In: etailment – Das Digital Commerce Magazin von Der Handel, Frankfurt am Main, 6. Dezember 2016.

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Vertriebskanals im Regelfall einen Umsatzanstieg, ist aber mit veränderten

Arbeitsbedingungen und ggf. zusätzlichem Personal verbunden. Ein bekanntes Berliner Warenhaus hat sich nach einer ausgiebigen Testphase aus diesem Grunde von einer geplanten Click & Collect-Lösung wieder verabschiedet.

Das Thema mit dem erwarteten höchsten Handlungs- und Regelungsbedarf beim Einsatz

digitaler Technologien, um das Einkaufserlebnis zu fördern, sehen die Betriebsräte beim Einsatz von Clienteling-Lösungen. Mit der erhofft höheren Qualität bei der Kundinnen- und Kundenberatung z.B. mit mobilen Geräten, meist Tablets, auf denen alle verfügbaren

Informationen zum Kunden bzw. zur Kundin selbst, zu seinen Interaktionen in verschiedenen Kanälen, zum Artikelbestand im stationären Ladengeschäft oder im Webshop in Echtzeit vollständig zur Verfügung stehen, gehen einschneidende

Veränderungen des Verkaufs- und Beratungsprozesses einher. Das Thema der noch nicht geklärten Folgen aus der permanenten Strahlenbelastung wurde bereits vorn kurz angesprochen. Daneben wandelt sich das direkte Kundinnen- und Kundengespräch. Die meisten Informationen, die als Beratungsgrundlage oder Alternativangebot zur Verfügung

gestellt werden, möchte der Kunde bzw. die Kundin natürlich selbst einsehen. Es gibt nunmehr keine Ladentheke oder keinen Verkaufstisch mehr, mit dem ein Mindestabstand zur Kundin bzw. zum Kunden hergestellt oder aufrechterhalten werden kann. Die

Kundinnen- und Kundenberatung wird persönlicher und auch räumlich enger. Das kommt, je nach Persönlichkeitsbildung, nicht jeder Verkäuferin und jedem Verkäufer entgegen. Diese Veränderungen des Verkaufs- und Beratungsprozesses beim Einsatz von

Clienteling-Lösungen sollten genau beobachtet werden, um rechtzeitig entsprechende Veränderungen der Arbeitsbedingungen, ggf. durch spezielle Lösungen, zu begleiten.

Wie unterschiedlich die Einschätzungen zum erwarteten Handlungs- und Regelungsbedarf beim Einsatz digitaler Technologien vom konkreten Einsatzfall abhängig sind, zeigt sich am

Beispiel der sogenannten Loyalty Programme. Loyalty-Programme werden zu den digitalen Technologien gezählt, die das Kundinnen- und Kundeninteresse wecken und kanalisieren sollen. Das wird über Kundinnen- bzw. Kundenkarten oder Apps umgesetzt.

Treuepunkte, Umsatzrabatte oder Rabatt-Coupons können über diesen Weg zielgerichtet an den Karteninhaber/die Karteninhaberin bzw. angemeldeten App-Nutzer/App-Nutzerin geleitet werden und das Interesse am Ladenbesuch erhöhen. Insgesamt 21 der insgesamt

33 befragten Betriebsräte bestätigen, dass digitale Loyalty-Programme im Unternehmen umgesetzt sind. Bei der Einschätzung zum Handlungsbedarf wegen damit einhergehender Veränderungen der Arbeitsbedingungen von im Verkauf bzw. an der Kasse Beschäftigten sehen 13 Betriebsräte einen Handlungsbedarf. Alle 13 Betriebsräte haben Erfahrungen mit

dem Einsatz digitaler Loyalty-Programme im Unternehmen. Dagegen stehen sieben Betriebsräte, in deren Unternehmen ebenfalls Loyalty-Programme umgesetzt wurden, die wiederum keine Notwendigkeit von speziellen Regelungen wegen veränderter

Arbeitsbedingungen sehen. Diese unterschiedlichen Einschätzungen sind teilbranchenübergreifend. In diesem Fall scheinen die konkrete Ausgestaltung des Programms und damit verbundene zusätzliche oder nicht spürbare Belastungen der

Beschäftigten sehr stark zu variieren. Insofern ist nicht wirklich eine Globalaussage über die Wirkungen von vergleichbaren oder ähnlichen digitalen Technologien auf veränderte Arbeitsbedingungen möglich. Jeder Einsatz digitaler Technologien muss vor dem konkreten Arbeitshintergrund bewertet werden. Und das ist und bleibt eine der vorrangigen Aufgaben

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betrieblicher Mitbestimmung. Mit dem zunehmenden Einsatz digitaler Technologien in den

Berliner Ladengeschäften steigt die Verantwortung der Akteurinnen und Akteure betrieblicher Interessenvertretung zum Schutz der Beschäftigten vor neuen noch nicht absehbaren Veränderungen der Arbeitsbedingungen.

Ziel sollte es sein, dass durch Erfahrungsaustausch und Qualifizierung die Sicherheit und

Zielgerichtetheit von Arbeitsschutzlösungen im Interesse der Beschäftigten weiter gestärkt wird. Gerade bei der Abschätzung von Handlungsbedarfen beim Einsatz digitaler Technologien bestehen über alle Einsatzbereiche hinweg noch sehr große Unsicherheiten

– ob es gilt, das Kundinnen- und Kundeninteresse zu wecken und zu kanalisieren, das Einkaufserlebnis zu fördern oder den Einkaufsprozess und -abschluss zu erleichtern. Mehr als die Hälfte der befragten Betriebsräte (55 %) beantwortet die Frage nach einem

Handlungs- und Regelungsbedarf im Zuge der Einführung digitaler Technologien mit „ich weiß nicht“.

Abbildung 9 Anzahl der „Weiß ich nicht“-Antworten zum erwarteten Regelungs- und

Handlungsbedarf im Zuge der Einführung digitaler Technologien (Anteil in %,

N=33)

Trotz noch vieler Unwägbarkeiten bezogen auf die Umsetzung digitaler Technologien in

den Berliner Einzelhandelsgeschäften steht dieses Thema ganz weit vorn auf der Agenda vordringlicher Aufgaben im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung. Wie der obige Chart deutlich macht, überwiegt jedoch noch die Unsicherheit darüber, was konkret passieren

wird und welche Auswirkungen es auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Ladengeschäft haben wird. Dazu sind die technischen Entwicklungen noch zu vielfältig und die Anwendungen noch zu experimentell, als dass ein eindeutiger Trend abgeleitet werden

kann.

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21%

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85%

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1-In-Store-Navigation (Beacons)

2-Digitales Marketing

3-(Mobile) Couponing

4-Loyalty Programs

5-Location based Service

6-Augmented Reality

7-Clienteling

8-Sprach- und Bilderkennung

9-Digital Signage

10-Self Checkout

11-Mobile Payment

12-Click & Collect

13-Digital Shelf Displays

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Handlungs-

bedarf?

"Weiß ich

(noch) nicht"

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30

Dennoch gibt es bei vielen Betriebsräten ein ungutes Grundgefühl und ein Unbehagen bei

der Einschätzung von bevorstehenden digitalen Veränderungen auf die betrieblichen Abläufe und Arbeitsbedingungen. Ihre Grundeinschätzung zu den Veränderungen, die das digitale Zeitalter für die Arbeitsbedingungen im Berliner Einzelhandel bringen wird, wurde

im vierten Abschnitt des Fragebogens mit einer offenen Frage abgefragt.

4.6. Allgemeine Erwartungen zu Veränderungen im Zuge des

Einsatzes digitaler Technologien in Berliner

Einzelhandelsunternehmen

Bei der Einschätzung zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf das eigene Unternehmen überwiegt bei den Betriebsräten im Berliner Einzelhandel die Skepsis. An erster Stelle, von knapp der Hälfte der Betriebsräte (14) genannt, steht der Personalabbau,

der mit der Einführung digitaler Technologien in Verbindung gebracht wird. Dahinter verbirgt sich die Erfahrung, dass im Investitionskalkül der Einzelhandelsunternehmen der Rückgang an Arbeitsplätzen meist einen wesentlichen Investitionsgrund darstellt. Fragen der Überforderung durch die Digitalisierung, ob technisch bedingt oder durch die erwarteten

Personaleinsparungen, die zunehmende Arbeitsverdichtung und die allgemeine Besorgnis zu den noch nicht einschätzbaren Folgen auf die Arbeit dokumentieren die bestehenden Vorbehalte.

Von den insgesamt 13 genannten Stichworten haben 12 eine eher negative Konnotation.25

Nur insgesamt zweimal (von einem Betriebsrat aus einem Warenhaus und einem Betriebsrat aus dem Modehandel) wurden Arbeitserleichterungen im Zusammenhang mit digitalen Technologien als Erwartung geäußert.

25 Assoziative, emotionale Nebenbedeutung bzw. Begleitvorstellung.

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Abbildung 10 Was erwartest du von der zunehmenden Digitalisierung in deinem

Unternehmen – ohne Vorgaben (N=33)

Die Aufgabenpalette an die Arbeitnehmer/innenvertretung in Umsetzung digitaler Technologien, die aus den Erwartungen der befragten Betriebsräte resultiert, setzt die Schwerpunkte in drei grundlegenden Bereichen:

• Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterqualifizierung (Zunahme digitaler Arbeitsaufgaben,

Schulungsbedarf wächst, Dequalifizierung),

• Anpassung von Arbeitsabläufen und Arbeitsanforderungen (Überforderung,

Arbeitsverdichtung, veränderte Arbeitsabläufe, Filialumbau, Kundinnen-/ Kundenkontakte, Umsatzrückgang durch Online Handel) und

• Daten- und Persönlichkeitsschutz.

Wie die bisherigen Erfahrungen der Betriebsräte belegen, kommen mit

Digitalisierungsprojekten keine gänzlich neuen Aufgabenfelder auf die betriebliche Mitbestimmung zu – dennoch wachsen die Anforderungen. Rechtzeitig zu erkennen, dass

Digitalisierungsplanungen laufen und welche Veränderungen für die Beschäftigten anstehen, ist hingegen eine große Herausforderung für die Betriebsräte. Dies wird nur gelingen, wenn die Arbeitnehmer/innenvertretung entschlossen ihre Informationsrechte

wahrnimmt und dem Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin gegenüber frühzeitig aktiv wird.

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Umsatzrückgang durch Online-Handel

Verringerung Kundenkontakte

Filialumbau

Veränderte Arbeitsabläufe

Dequalifizierung

Schulungsbedarf wächst

Arbeitserleichterung

Daten-/Persönlichkeitsschutz

Zunahme digitaler Arbeitsaufgaben

Arbeitsverdichtung

allg. Besorgnis

Überforderung

Personalabbau

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5. Gesamtfazit und Ausblick

Die Digitalisierung prägt den Einzelhandel schon heute und ist für die künftige Entwicklung

von strategischer Bedeutung. Technologische Innovationen sind bereits im Handel eingeführt und die Handelsexpertinnen und -experten sind sich einig, dass diese Innovationsprozesse erst am Anfang stehen. Dass der Einzelhandel zukünftig nahtlos über

mehrere Verkaufskanäle stattfindet, zeigt sich derzeit an der wachsenden Verknüpfung von stationärem, mobilem und Online-Geschäft. Belegbar wird das u. a. daran, dass ehemalige Top-Online-Pure-Player wie bspw. Zalando, Cyberport und Amazon ebenfalls stationäre

Geschäfte eröffnen.

Weitere wesentliche Bestandteile des digitalen Wandels im Einzelhandel sind die kanalübergreifende Auswertung von Kundinnen- und Kundendaten, ebenso wie die Digitalisierung im Ladengeschäft (Instore) am Point of Sale (PoS). Neue Instore-

Technologien – Beacons, Augmented Reality oder Digital Signage – gewinnen an Relevanz, um Kunden und Kundinnen kanalübergreifend ein besonderes Kauferlebnis bieten zu können.

Vor dem Hintergrund des bestehenden intensiven Preiswettbewerbs und des starken

Kostendrucks im Einzelhandel wird mit weiteren Investitionen in digitale Techniken jedoch nicht nur die stärkere Kundinnen- und Kundenorientierung und eine attraktivere Außenwirkung verfolgt, sondern immer sind auch die Rationalisierung betrieblicher Abläufe

und Einsparungen beim Personaleinsatz ein wesentliches Ziel der Investitionstätigkeit der Unternehmen. Bei der Einschätzung der Wirkungen digitaler Innovationen müssen also nicht nur technische und verkaufsfördernde Aspekte betrachtet werden, sondern

insbesondere auch die Chancen und Risiken von Digitalisierungsinvestitionen auf die Beschäftigung. Mit anderen Worten, es stehen nicht nur die Unternehmen vor immensen Herausforderungen, die Digitalisierung zu stemmen, sondern mindestens ebenso die Beschäftigten im Ladengeschäft. Gerade vor dem Hintergrund des rasanten

technologischen Wandels im Einzelhandel werden Fragen der Rekrutierung, von Motivation, Qualifizierung und Bindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an das Unternehmen immer wichtiger.

Absehbare oder bereits spürbare Veränderungen in den Arbeitsbedingungen in Berliner Ladengeschäften wurden im Rahmen dieser Kurzstudie anhand von Beispielen realer Umsetzungsfälle digitaler Instore-Applikationen erhoben.

Hier zeigte sich, dass diese Veränderungen schrittweise und fortlaufend erfolgen und auch

weiterhin prägende Merkmale des strukturellen Wandels sein werden. Aus Sicht der Beschäftigten und ihrer Interessenvertretungen bestehen sowohl Befürchtungen bezüglich der An- und Herausforderungen für die Beschäftigten, und es werden offene noch ungelöste Fragen aufgeworfen. Beispielsweise wird gefragt: Wie werden sich die

Tätigkeiten und damit einhergehend die Qualifikationsanforderungen für die Beschäftigten verändern? Welcher Arbeitsschutzregelungen, z. B. des Strahlenschutzes, bedarf es, wenn im Verkauf kontinuierlich mit mobilen Endgeräten umgegangen werden muss?

Der tägliche Umgang mit den technischen Hilfsmitteln und der tatsächliche Nutzen von technologischen Innovationen werden von den Beschäftigten keinesfalls einheitlich

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bewertet. Es gibt Skepsis und Befürchtungen, aber auch durchaus Faszination über die

verbesserten Verkaufs- und Beratungsmöglichkeiten. Jedoch vor allem auch Unsicherheiten über die zukünftigen physischen und psychischen Belastungen.

Folgende Trends im Einzelhandel, die eine arbeitsorientierte Gestaltung der digitalen Veränderungsprozesse einfordern, lassen sich anhand der vorgelegten Analyse erkennen:

1. Digitale Kanäle verstärkt zur Kundinnen- und Kundenansprache und als Medium für Kaufanreize im stationären Ladengeschäft zu nutzen ist gegenwärtig das wichtigste Einsatzgebiet digitaler Technologien im stationären Berliner Einzelhandel. Dabei ebnet

ein gezieltes digitales Marketing den zeitgemäßen Zugang zum Kunden bzw. zur Kundin, begleitet von unternehmenseigenen Loyalty-Programmen und mobilen Couponing-Angeboten. Kundinnen- und Kundeninteresse zu wecken und zu kanalisieren steht als Einsatzbereich digitaler Technologien damit gegenwärtig auf

Rang Eins im Berliner Einzelhandel.

2. Nach den vorliegenden Einschätzungen von Berliner Betriebsräten im Einzelhandel verschiebt sich der Schwerpunkt von Investitionen aus dem Marketingbereich in Richtung einer Nutzung digitaler Technologien zur Vereinfachung des

Einkaufsprozesses und Einkaufsabschlusses. Mobile Bezahllösungen (mobile Payment), elektronische Regaletiketten (Digital Shelf Displays) und vor allem die sogenannten Self Checkout-Systeme spielen hier eine wesentliche Rolle. Der Einsatz

neuer disruptiver Technologien, wie es die Planungen von Amazon (vgl. Kapitel 4.5) zeigen, konzentriert sich insbesondere auf den Kassenbereich – mit dem Fernziel gänzlich ohne Kassenkräfte auszukommen. Dies kann bei den derzeitigen

Beschäftigungsstrukturen im stationären Handel (Lager-Verkauf-Kasse) zu einem erheblichen Beschäftigungsabbau führen. Es gibt deutliche Belege dafür, dass im Ergebnis kommender digitaler Investitionen mit einem verringerten Personaleinsatz auf

der Fläche und Arbeitsplatzverlusten im Kassenbereich gerechnet werden muss.

3. Der digital vorangetriebene Strukturwandel im Einzelhandel wird u. a. auch daran deutlich, dass die Berliner Unternehmen zunehmend Clienteling-Lösungen im Ladengeschäft einsetzen wollen. Durch den Einsatz von Clienteling-Lösungen kann

eine höhere Beratungsqualität erreicht werden, die jedoch das bisherige Anforderungsprofil an den Verkäufer und die Verkäuferin deutlich wandeln wird. Die ersten Erfahrungsberichte machen deutlich, dass digitale Daten den Unternehmen zwar wichtige Informationen zum Kunden bzw. zur Kundin und zum Warenbestand liefern

können, aber einen Verkäufer bzw. eine Verkäuferin, der/die die entsprechenden Daten im Verkaufsgespräch gezielt abruft, bislang nicht ersetzen kann.

Welcher arbeitspolitische Handlungsbedarf resultiert aus dem unaufhaltsamen digitalen

Strukturwandel? Veränderungen rechtzeitig erkennen, Informationen einholen und im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter agieren verlangt bei der Vielzahl digitaler Anwendungen und der breiten Palette an Einsatztechniken und -möglichkeiten erheblichen technischen Sachverstand von allen Beteiligten, um eine umfassende und kritische

Bewertung der Veränderungen auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten vornehmen zu können.

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1. Informations- und Kompetenzaufbau in und mit den Mitbestimmungsgremien

Betriebliche Mitbestimmung, vor dem Hintergrund der rasanten digitalen Entwicklung in den Berliner Handelsunternehmen, kann nur mit einem entsprechenden Informations- und Qualifizierungsvorlauf und laufender Qualifizierung von Betriebsräten

verantwortungsvoll umgesetzt werden. Je früher die Debatten im Betrieb über die sozialen Wirkungen digitaler Innovationen geführt werden können, desto zeitiger werden Fehlentwicklungen vermieden. Es bedarf somit eines fortlaufenden Aufbaus der

digitalen Kompetenz und Dialoge über die Chancen und Wirkungen der Technologien. Auf der Agenda der Betriebsratsgremien sollten die Fragen der Digitalisierung in Zukunft fester Bestandteil sein.

2. Expertinnen- und Expertenwissen und Fachkompetenz mobilisieren und nutzen

Expertinnen- und Expertenwissen, ob zum Arbeits- und Gesundheitsschutz, zur Technologieentwicklung und auch zum Datenschutz, wird als Entscheidungsgrundlage bedeutsamer und kann beitragen zu einem fundierten und zielgerichtetem Handeln in den Einzelhandelsunternehmen. Sinnvoll und anzustreben wäre der Aufbau einer

Expertinnen- und Expertendatenbank, damit zeitnah Informationen eingeholt werden können. Diese »Datenbank« sollte leicht zugänglich sein und kontinuierlich gepflegt werden.

Darüber hinaus können Betriebsräte- und Experten-/Expertinnen-Netzwerke helfen, in gemeinsamen Veranstaltungen die Erfahrungen und Ergebnisse betrieblicher Beteiligungsverfahren auszuwerten und damit wichtige Orientierungen für das betriebliche Handeln im Berliner Einzelhandel bereitstellen. Hier zeigt die Erfahrung,

dass regelmäßige – im 2-Monatsrhythmus – mehrstündige Arbeitstreffen mit jeweils thematischen Orientierungen mittel- und langfristig die betrieblichen Gestaltungsprozesse unterstützen.

3. Beteiligung der Beschäftigten – mit und für die Belegschaften

Die frühzeitige Einbeziehung der Beschäftigten, die stärkere Berücksichtigung der täglichen Arbeitserfahrungen und die richtigen Fragestellungen zu den erlebten Veränderungen werden in der Entscheidungsfindung im Betrieb immer wichtiger. Denn

die Akzeptanz von digitalen Lösungen im täglichen Arbeitsalltag hängt in hohem Maße von einer transparenten und breiten Einbeziehung der Beschäftigten ab. Auf den regelmäßigen Versammlungen, aber auch mittels von Befragung der Beschäftigten sowie über offene Diskussionsveranstaltungen sollten in den Unternehmen die

Sichtweisen und die Erfahrungen der Beschäftigten ermittelt werden. Sie sind die »Anwender/Anwenderinnen« der neuen Technologien, und ihre alltäglichen Erfahrungen sind regelmäßig einzubeziehen. So können Chancen genutzt und Risiken

minimiert und somit auch die Akzeptanz erhöht werden.

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Expertise: Digitale Arbeitswelt im Berliner Einzelhandel – eine Bestandsaufnahme digitaler Innovationen in den Ladengeschäften (Instore)

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4. Qualifizierung der Beschäftigten – systematische Bedarfsermittlung

Die Auswirkungen der Veränderungen auf den Arbeitsprozess können und werden stark variieren. Es können Tätigkeiten durch Technologieeinsatz wegfallen, andere Tätigkeiten mit erhöhter Kundinnen- und Kundenkommunikation dazukommen. Mit einem verstärkten Einsatz von mobilem Internet und mobilen Endgeräten verändern

sich die Arbeitsmittel – und im Zuge dessen auch die Qualifikationsanforderungen. Eine zunehmende Vernetzung wird neue Arbeitsschnittstellen entstehen lassen und die Qualifikationsanforderungen erhöhen und verändern. Anforderungen an das

Prozesswissen, an die Kommunikation sowie an das Selbstmanagement werden eher zunehmen. Diese Veränderungen zu erfassen, mit den vorhandenen Anforderungen abzugleichen und darauf aufbauend die Qualifikationsbedarfe zu ermitteln, wird eine

bedeutsame Aufgabe in den Unternehmen. Betriebsräte haben hier weitgehend Mitbestimmungsrechte und sind somit gefordert. (§§ 92a – Beschäftigungssicherung)

5. Innovationsnetzwerke in den Teilbranchen des Handels

Ebenso gehören teilbranchenbezogene und übergreifende Betriebsratsnetzwerke, die einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch zu Entwicklungstrends in den Teilbranchen

pflegen, zu den Wegen, die Gestaltungspotenziale in den Unternehmen stärken. Dabei geht es um die jeweiligen technologischen Trends, deren Wirkungen auf die Beschäftigung – also um die fachliche Expertise und den kollegialen Austausch in den

jeweiligen Teilbranchen. Auch hierbei kann eine Expertinnen- und Expertendatenbank unterstützend helfen.

6. Den Wandel gemeinsam begleiten und gestalten

Vor dem Hintergrund der strategischen Bedeutung der Digitalisierung für den

Einzelhandel und der großen beschäftigungspolitischen sowie ökonomischen Bedeutung des Einzelhandels in der Metropolregion Berlin ist zu prüfen, ob ein sozialpartnerschaftlich zusammengesetztes Gremium die zukünftigen Entwicklungen vorantreiben und gestalten könnte. Zumal der Einzelhandel für die Attraktivität und die

Vielfalt der Metropole mit ihren Kiezen sowohl für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt als auch für die zahlreichen Gäste aus dem In- und Ausland von enormer Bedeutung ist. Ein solches sozialpartnerschaftlich zusammengesetztes Gremium kann

helfen, dass die Fragen – beispielsweise des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, der Fachkräftebindung und Gewinnung von Fachkräften – gemeinsam angepackt und gelöst werden. Dies wäre dann eine gute Grundlage, um die qualitativen Aspekte auch

in das tarifpolitische Geschehen zu integrieren.

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6. Literaturverzeichnis

Albrecht, T./Ammermüller, A. (2016): Arbeitsmarkt – Prognose 2030, in: Arbeiten 4.0 – Werkheft 02; Herausgeber: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Berlin, November 2016.

Bowles, J. (2014): The computerisation of European jobs – who will win and who will lose from the impact of new technology onto old areas of employment? 2014, die deutsche Übersetzung in: Schröder, L./Urban, H.-J. (Herausgeber) 2016 Jahrbuch Gute Arbeit, Frankfurt am Main, 2016.

Carstensen, T. (2015): Social Media im Betrieb – Herausforderungen für Beschäftigte und Interessenvertretungen, in: Gute Arbeit und Digitalisierung, Prozessanalysen und Gestaltungsperspektiven für eine humane digitale Arbeitswelt, Herausgeber: ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Berlin, September 2015.

Dengler, K.,/Matthes, B. (2015): Folgen der Digitalisierung für die Arbeitswelt - Substituierbarkeitspotenziale von Berufen in Deutschland, IAB-Forschungsbericht 11/2015, Nürnberg 2015.

Dufft, N. (2015): Digitalisierung der Berliner Wirtschaft, Hrsg. IHK Berlin, Berlin, Oktober 2015.

Dufft, N. (2016): Digitalisierung in der Unternehmensstrategie: Wo steht die Berliner Wirtschaft? Herausgeber: IHK Berlin, Berlin, Oktober 2016.

Frey, C. B./Osborne, M. A. (2013): The Future of Employment: How susceptible are jobs to computerisation? OMS Working Paper, Oxford, 2013.

Grünbuch (2015), Arbeiten 4.0, Herausgeber: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Berlin, April 2015.

Hartwich, M. (2016): Freies WLAN im Handel ausgebremst, in: Berliner Wirtschaft 10/2016, S.55, Hrsg. Industrie- und Handelskammer zu Berlin, Oktober 2016.

Kolbrück, O. (2016): So funktioniert Amazon Go, Die Technik hinter dem Zauberwort „Sensor Fusion“, in: etailment – Das Digital Commerce Magazin von Der Handel, Frankfurt am Main, 2016.

Roth, I./Zanker, C./Martinetz, S./Schnalzer, K. (ProMit 2015): Digitalisierung bei Logistik, Handel und Finanzdienstleistungen, Technologische Trends und ihre Auswirkungen auf Arbeit und Qualifizierung (im Rahmen des Projekts „ProMit - Betriebliche Mitbestimmung als Promotor der beruflichen Weiterbildung“, Herausgeber: ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Landesbezirk Baden-Württemberg, Oktober 2015, Stuttgart.

Schröder, L./Urban, H.-J. (Herausgeber) (2016), Gute Arbeit Ausgabe 2016, Digitale Arbeitswelt – Trends und Anforderungen, Bund-Verlag, Frankfurt/Main,2016.

Technologie-Atlas Einzelhandel (2015), Zeit für Umsatz to go – Technologie als strategisches Instrument, Herausgeber: KPMG AG Wirtschaftsprüfergesellschaft, Berlin, 2015.

Vogler-Ludwig, K., Düll, N., Kriechel, B., (2016): Arbeitsmarkt 2030 – Wirtschaft und Arbeitsmarkt im digitalen Zeitalter, Bielefeld (im Erscheinen).

Werkheft 01 (2016), Digitalisierung der Arbeitswelt, Herausgeber: Bundesministerium für Arbeit und Soziales; Berlin, März 2016.

Werkheft 02 (2016), Arbeit 4.0 – Arbeit weiter denken, Herausgeber: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Berlin, August 2016.

Windelbrand, L./Dvorschak, B. (2015): Arbeit und Kompetenzen in der Industrie 4.0, in: Hirsch-Kreinsen, H./Ittermann, P./ Niehaus, J. (Herausgeber) Digitalisierung industrieller Arbeit, Baden-Baden, Nomos.

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7. ANLAGEN

Fragebogen

Digitale Arbeitswelt im Berliner Einzelhandel Berlin, 10. Oktober 2016

Name des Unternehmens:

Einzelhandelsteilbranche

Anzahl der Filialen des

Unternehmens in Berlin

Anzahl der Beschäftigten

in der Filiale im Verkauf in der Filiale gesamt in ganz Berlin

Schwerpunkt 1: Beteiligung des Betriebsrates bei der Einführung digitaler Innovationen

Bitte entsprechende Felder ankreuzen!

Wurde/wird der

BETRIEBSRAT beteiligt? Wenn ja, in welcher Phase der Einführung digitaler Innovationen?

Planung Konzeption Testphase Umsetzung Schulung

Nein: Ja

Schwerpunkt 2: Digitale Innovationen im Verkauf für den (digital vernetzten) Kunden/die

Kundin

Bitte entsprechende Felder ankreuzen und ggf. Hinweise ergänzen!

a.) Digitale Technologien (DT), um das Kundinnen- und Kundeninteresse zu

wecken/ kanalisieren

Instore-Navigation (Beacons)

(Funksender, Bluetooth-Sender mit Produktinformationen und zur Kundinnen-/Kunden-Navigation per

Smartphone im Laden)

Ist die Einführung der digitalen

Technologie …

Wie verändern sich die Arbeitsabläufe und

Arbeitsbedingungen …

Geplant Einschneidend und

für BR dringend handlungsrelevant

Umgesetzt bzw. in Umsetzung spürbar und

für BR wahrscheinlich handlungsrelevant

Nicht geplant Sicher spürbar

aber für BR nicht handlungsrelevant

Weiß ich nicht Weiß ich nicht

Hinweise, Ergänzungen etc.:

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Digitales Marketing

(E-Mail-Newsletter, elektronische Prospekte, eigene Apps des Unternehmens)

Ist die Einführung der digitalen

Technologie …

Wie verändern sich die Arbeitsabläufe und

Arbeitsbedingungen …

Geplant Einschneidend und

für BR dringend handlungsrelevant

Umgesetzt bzw. in Umsetzung spürbar und

für BR wahrscheinlich handlungsrelevant

Nicht geplant Sicher spürbar

aber für BR nicht handlungsrelevant

Weiß ich nicht Weiß ich nicht

Hinweise, Ergänzungen etc.:

(Mobile) Couponing

(elektronische Einkaufscoupons für das Smartphone mit speziellen Aktionsangeboten)

Ist die Einführung der digitalen

Technologie …

Wie verändern sich die Arbeitsabläufe und

Arbeitsbedingungen …

Geplant Einschneidend und

für BR dringend handlungsrelevant

Umgesetzt bzw. in Umsetzung spürbar und

für BR wahrscheinlich handlungsrelevant

Nicht geplant Sicher spürbar

aber für BR nicht handlungsrelevant

Weiß ich nicht Weiß ich nicht

Hinweise, Ergänzungen etc.:

Loyalty Programs (Kundinnen-/Kundenkarten, KaDeWe-Card, H & M Club, Payback u.a.)

Ist die Einführung der digitalen

Technologie …

Wie verändern sich die Arbeitsabläufe und

Arbeitsbedingungen …

Geplant Einschneidend und

für BR dringend handlungsrelevant

Umgesetzt bzw. in Umsetzung spürbar und

für BR wahrscheinlich handlungsrelevant

Nicht geplant Sicher spürbar

aber für BR nicht handlungsrelevant

Weiß ich nicht Weiß ich nicht

Hinweise, Ergänzungen etc.:

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Expertise: Digitale Arbeitswelt im Berliner Einzelhandel – eine Bestandsaufnahme digitaler Innovationen in den Ladengeschäften (Instore)

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Location based Service (Proximity – Solutions)

(GPS – Global Positioning System – basierte Lokalisierungsfunktion des Smartphones mit der Möglichkeit

spezielle Angebote, Wegbeschreibungen zum Laden, Rabatte im nahen Umfeld o.ä. zu versenden)

Ist die Einführung der digitalen

Technologie …

Wie verändern sich die Arbeitsabläufe und

Arbeitsbedingungen …

Geplant Einschneidend und

für BR dringend handlungsrelevant

Umgesetzt bzw. in Umsetzung spürbar und

für BR wahrscheinlich handlungsrelevant

Nicht geplant Sicher spürbar

aber für BR nicht handlungsrelevant

Weiß ich nicht Weiß ich nicht

Hinweise, Ergänzungen etc.:

b.) Digitale Technologien (DT), um das Einkaufserlebnis zu fördern

Augmented Reality (Erweiterte Realität – bspw. Menschen über Webcam erkennen und das Betrachten von virtuellen

Kleidungsstücken, Schmuck, Brillen usw. mittels eines virtuellen Spiegels (Monitor) simulieren.)

Ist die Einführung der digitalen

Technologie …

Wie verändern sich die Arbeitsabläufe und

Arbeitsbedingungen …

Geplant Einschneidend und

für BR dringend handlungsrelevant

Umgesetzt bzw. in Umsetzung spürbar und

für BR wahrscheinlich handlungsrelevant

Nicht geplant Sicher spürbar

aber für BR nicht handlungsrelevant

Weiß ich nicht Weiß ich nicht

Hinweise, Ergänzungen etc.:

Clienteling

(Personalisierte Kundinnen-/Kundenberatung mit mobilen Geräten bspw. Tablets, auf denen auf alle

verfügbaren Informationen zugegriffen werden kann.)

Ist die Einführung der digitalen

Technologie …

Wie verändern sich die Arbeitsabläufe und

Arbeitsbedingungen …

Geplant Einschneidend und

für BR dringend handlungsrelevant

Umgesetzt bzw. in Umsetzung spürbar und

für BR wahrscheinlich handlungsrelevant

Nicht geplant Sicher spürbar

aber für BR nicht handlungsrelevant

Weiß ich nicht Weiß ich nicht

Hinweise, Ergänzungen etc.:

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Sprach- und Bilderkennung (Spezielle Bildsensoren erkennen Personen und Objekte. Je nach Alter, Geschlecht und Gesichtsausdruck

werden auf dem Monitor individuelle Bilder und Produktpräsentationen eingespielt.)

Ist die Einführung der digitalen

Technologie …

Wie verändern sich die Arbeitsabläufe und

Arbeitsbedingungen …

Geplant Einschneidend und

für BR dringend handlungsrelevant

Umgesetzt bzw. in Umsetzung spürbar und

für BR wahrscheinlich handlungsrelevant

Nicht geplant Sicher spürbar

aber für BR nicht handlungsrelevant

Weiß ich nicht Weiß ich nicht

Hinweise, Ergänzungen etc.:

Digital Signage (übersetzt: digitale Beschilderung) (Monitorwände mit Produktwerbung, Unterhaltung, Firmeninformationen etc. in den Läden, bietet auch

Möglichkeiten zur Interaktion durch Buttons und Touchscreens.)

Ist die Einführung der digitalen

Technologie …

Wie verändern sich die Arbeitsabläufe und

Arbeitsbedingungen …

Geplant Einschneidend und

für BR dringend handlungsrelevant

Umgesetzt bzw. in Umsetzung spürbar und

für BR wahrscheinlich handlungsrelevant

Nicht geplant Sicher spürbar

aber für BR nicht handlungsrelevant

Weiß ich nicht Weiß ich nicht

Hinweise, Ergänzungen etc.:

c.) Digitale Technologien (DT), um den Einkaufsprozess und -abschluss zu erleichtern Self Checkout

(Der Kaufabschluss wird ganz oder teilweise dem Kunden/der Kundin überlassen, meist als Alternative zu

herkömmlichen Bedienkassen.)

Ist die Einführung der digitalen

Technologie …

Wie verändern sich die Arbeitsabläufe und

Arbeitsbedingungen …

Geplant Einschneidend und

für BR dringend handlungsrelevant

Umgesetzt bzw. in Umsetzung spürbar und

für BR wahrscheinlich handlungsrelevant

Nicht geplant Sicher spürbar

aber für BR nicht handlungsrelevant

Weiß ich nicht Weiß ich nicht

Hinweise, Ergänzungen etc.:

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Mobile Payment

(Meist App basiert, auf einem Smartphone, Tablet oder auch eine Smartwatch. In Deutschland

gegenwärtig bspw. Payback-Pay.)

Ist die Einführung der digitalen

Technologie …

Wie verändern sich die Arbeitsabläufe und

Arbeitsbedingungen …

Geplant Einschneidend und

für BR dringend handlungsrelevant

Umgesetzt bzw. in Umsetzung spürbar und

für BR wahrscheinlich handlungsrelevant

Nicht geplant Sicher spürbar

aber für BR nicht handlungsrelevant

Weiß ich nicht Weiß ich nicht

Hinweise, Ergänzungen etc.:

Click & Collect (Produkte online bestellen und in einer Filiale abholen.)

Ist die Einführung der digitalen

Technologie …

Wie verändern sich die Arbeitsabläufe und

Arbeitsbedingungen …

Geplant Einschneidend und

für BR dringend handlungsrelevant

Umgesetzt bzw. in Umsetzung spürbar und

für BR wahrscheinlich handlungsrelevant

Nicht geplant Sicher spürbar

aber für BR nicht handlungsrelevant

Weiß ich nicht Weiß ich nicht

Hinweise, Ergänzungen etc.:

Digital Shelf Displays (Elektronische Regaletiketten - Die Preisinformationen werden direkt von der Kasse bzw. aus dem

Warenwirtschaftssystem an ein digitales Regaletikett übertragen.)

Ist die Einführung der digitalen

Technologie …

Wie verändern sich die Arbeitsabläufe und

Arbeitsbedingungen …

Geplant Einschneidend und

für BR dringend handlungsrelevant

Umgesetzt bzw. in Umsetzung spürbar und

für BR wahrscheinlich handlungsrelevant

Nicht geplant Sicher spürbar

aber für BR nicht handlungsrelevant

Weiß ich nicht Weiß ich nicht

Hinweise, Ergänzungen etc.:

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Expertise: Digitale Arbeitswelt im Berliner Einzelhandel – eine Bestandsaufnahme digitaler Innovationen in den Ladengeschäften (Instore)

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Schwerpunkt 3. Zu guter Letzt eine kurze Zusammenfassung in Stichworten:

Was erwartet ihr von der Digitalisierung in euren Unternehmen?

Welche Wirkungen auf die

Arbeitsbedingungen sind im Zuge

der Einführung digitaler

Technologien eingetreten bzw.

werden aus Sicht des Betriebsrats

künftig erwartet?

Quellenverweis: Tanja Carstensen, Social Media im Betrieb – Herausforderungen für Beschäftigte und Interessenvertretungen, In: Gute Arbeit und Digitalisierung, Prozessanalysen und Gestaltungsperspektiven für eine humane digitale Arbeitswelt, Herausgeber: ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Berlin, September 2015, S. 91-99 sowie Technologie-Atlas Einzelhandel, Zeit für Umsatz to go – Technologie als strategisches Instrument, Herausgeber: KPMG AG Wirtschaftsprüfergesellschaft, Berlin, 2015, S. 73-77.

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Bitte beachten Sie auch folgende Publikation:

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Das Projekt wird gefördert durch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales des Landes Berlin

im Rahmen des Programms BerlinArbeit.

Wert.Arbeit GmbH, BerlinGesellschaft für Arbeit, Innovation und Chancengleichheit

Keithstr. 1/310787 Berlin

Internet: www.wertarbeitgmbh.de

Ansprechpartnerin:Mechthild Kopel

E-Mail: [email protected]: 030 20929990

In Kooperation:

Deutscher Gewerkschaftsbund DGB, Bezirk Berlin-Brandenburg Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Landesbezirk Berlin-Brandenburg

Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie

IG BCE, Bezirk Berlin-Mark Brandenburg

Projektträger:

Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie unter www.dienstleistungsmetropole-berlin.de