Digitale Regelsysteme || Regelung mit Digitalrechnern (Prozeßrechner, Mikroprozessoren)
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A Prozesse und ProzeBrechner
2. Regelung mit Digitalrechnern (ProzeBrechner, Mikroprozessoren)
Abtast-Regelungen
Bei der Datenverarbeitung mit ProzeBrechnern werden die ProzeBsigna
Ie abgetastet und digitalisiert. Durch das Abtasten und durch das Di
gitalisieren entstehen diskrete (diskontinuierZiche) SignaZe, die nach
der AmpZitude und nach der Zeit quantisiert sind, Bild 2.1.
Y It J Yd (t)
Abtastung Analog/Oigital-Wandlung
y~ YP~ lUlL t t t
Wertebereich: Zeitbereich :
kontin. kontin.
kontin. diskret
diskret diskret
Bild 2.1 Entstehen eines amplitudenmolulierten, zeitdiskreten und wertdiskreten Signals durch Abtastung und Analogi Digital-Wandlung
1m Unterschied zu stetigen (kontinuierlichen) Signalen haben diese
Signale diskrete Amplitudenwerte zu diskreten Zeitpunkten. Es entste
hen ampZitudenmoduZierte Impulsfolgen, bei denen die Hohen der Im
pulse proportional zu den stetigen Signalwerten sind. Die Impulshohen
werden dabei, entsprechend der Quantisierungseinheit bei der Digita
lisierung, auf- oder abgerundet.
R. Isermann, Digitale Regelsysteme© Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1977
6 2. Regelung mit Digitalrechern
Die Abtastung erfolgt im allgemeinen periodisch mit der Abtastzeit TO
durch den MeBstellenschalter, der zusammen mit dem MeBbereichswahler
und dem Analog/Digital-Wandler meist in einer Baugruppe untergebracht
ist. Die digitalisierten Eingangsdaten gelangen dann zur Zentralein
heit. Dort erfolgt die Berechnung der Ausgangsdaten mittels program
mierter Algorithmen. Falls das Stellglied ein analoges Signal erfor
dert, mUssen die Ausgangsdaten einem Digital/Analog-Wandler zugefUhrt
werden, und in einem Halteglied fUr die Zeitdauer einer Abtastperiode
gehalten werden. Es ergibt sich sornit das in Bild 2.2 dargestellte,
vereinfachte Blockschaltbild.
y
Abtaster
h=-t
AnalogI Digita 1-
Wandler
Digitalrechner
Abtaster Digital/ AnalogWandler
Halteglied
•••••••• UdL .. • • •
k :k::-
t k
Bild 2.2 ProzeBrechner als Abtastregler.k 0, 1, 2, 3 ...
Die Abtaster fUr das Ein- und Ausgangssignal arbeiten nicht synchron,
sondern sind urn den Zeitabschnitt TR zueinander versetzt. Dieser Zeit
abschnitt wird fUr die A/D-Wandlung und fUr die Datenverarbeitung in
der Zentraleinheit benotigt. Da sie jedoch meist sehr klein ist im
Vergleich zu den Zeitkonstanten der Stellglieder der Prozesse und der
MeBglieder, kann sie oft vernachlassigt werden, so daB man dann nahe
rungsweise mit synchroner Abtastung am Ein- und Ausgang des ProzeB
rechners rechnen kann. Da ferner die Quantisierung der Signalampli
tuden bei ProzeBrechnern mit Wortlangen von 16 bit und mehr relativ
feinstufig erfolgt, kann der Wertebereich der Signale fUr groBere Sig
nalanderungen zunachst als quasikontinuierlich betrachtet werden.
Mit diesen Vereinfachungen erhalt man das in Bild 2.3 dargestellte
Blockschaltbild eines Regelkreises mit einem ProzeBrechner als Ab
tastregler. Die Abtaster arbeiten nun synchron und erzeugen zeitdis
krete Signale. Die StellgroBe u wird mittels eines im Arbeitsspeicher
gespeicherten Regelalgorithmus aus der RegelgroBe y und der ebenfalls
im Arbeitsspeicher gespeicherten FUhrungsgroBe w berechnet.
2. Regelung mit Digitalrechnern
y y
Abtaster Regel- Abtaster Halteg lied Prozen algorithmus
Bild 2.3 Regelkreis mit ProzeBrechner als Abtastregler
Solche Abtast-Regelkreise treten jedoch nicht nur bei ProzeBrechnern
auf. Abgetastete Signale entstehen auch in folgenden Fallen:
- MeBgroBen stehen nur zu bestimmten Zeiten zur
Verfugung (z. B. rotierende Radarantenne, Radar
entfernungsmessung, Entnahme von Proben und fol
gende Analyse, sozio-okonomische, biologische,
meteorologische Daten)
- Mehrfachausnutzung eines teuren Gerates
(auBer Digitalrechner z. B. Kabel, Funkkanale)
- Billige Energieschalter (fruher z. B. Fall
bugelregler) .
Entwurf von digitalen Steuer- und Regelsystemen
7
Bei den mittels Hardware realisierten elektrisch, pneumatisch oder
hydraulisch arbeitenden analogen Reglern und Steuergliedern muBte man
sich aus geratetechnischen und wirtschaftlichen Grunden auf bestimmte
Einzweck-Bausteine mit P-, 1- oder D-Verhalten beschranken. Die Mog
lichkeiten zur Synthese von Regelungen und Steuerungen wurden dadurch
sehr eingeschrankt. Diese Einschrankung fallt bekanntlich bei den mit
tels Software in ProzeBrechnern realisierten Regelalgorithmen weg. We
gen der groBen Flexibilitat bei der Programmierung von ProzeBrechnern
steht zur Realisierung auch hochwertiger Regel- und Steueralgorithmen
und damit den modernen Syntheseverfahren ein groBer Spielraum zur Ver
fugung. Damit tritt aber verstarkt die Frage auf, welche Regel- und
Steueralgorithmen fur welche Anwendungszwecke geeignet sind.
Die Beantwortung dieser Frage ist nur dann moglich, wenn genugend In
formation uber die Prozesse und ihre Signale, u.a. in Form von mathe
matischen Modellen, zur Verfugung steht, und wenn bekannt ist, wie
sich die einzelnen Regel- und Steueralgorithmen in Bezug auf die Re
gelgute, Stellaufwand, Empfindlichkeit, verschiedene Storsignale,
8 2. Regelung mit Digitalrechnern
Syntheseaufwand, laufender Rechenaufwand im On-line-Betrieb und ins
besondere in Bezug auf das ProzeBverhalten (z.B. linear, nichtlinear,
Lage der Pole und Nullstellen, Totzeiten, Struktur bei MehrgroBenpro
zessen) im Vergleich zueinander verhalten.
Zur theoretischen Behandlung von Abtastregelungen existiert eine reich
haltige Literatur. In vielen Fachbtichern tiber Regelungstechnik sind
besondere Kapitel den Abtastregelungen gewidmet. Spezielle Bticher zur
Theorie von Abtastregelungen haben zuerst Differenzengleichungen als
Grundlage verwendet (2.1J, (2.2J. Dann folgten Werke, in denen zusatz
lich die z-Transformation verwendet wird [2.3J bis (2.13J, (2.15J, [2.20J. SchlieBlich hielt die ZustandsgroBendarstellung Einzug [2.14J, [2.17J, [2.18J, [2.19J, [2.21J. Hinzu kommen viple einzelne Arbeiten
als Beitrage zu Tagungen oder Zeitschriften.
In den Btichern [1.7J bis [1.11J, die sich mit dem praktischen Einsatz
von ProzeBrechnern befassen, wurde meistens nur auf die von den analo
gen Reglern tibertragenen diskretisierten Regelalgorithmen mit PID-Ver
halten eingegangen.
Zum Entwurf von digitalen Regelsystemen werden in diesem Band folgen
de Schritte beachtet, vgl. auch die Ubersicht auf Seite IX.
1. Informationen Uber Prozesse und SignaZe
Die Grundlage ftir jeden systematischen Entwurf von Regelsystemen
ist die zur Verftigung stehende Information tiber den ProzeB und
seine Signale, z.B. gegeben durch
- direkt meBbare Eingangs-, Ausgangs-, ZustandsgroBen,
- ProzeBmodelle und Signalmodelle.
- geschatzte ZustandsgroBen der Prozesse und Signale.
Die ProzeB- und Signalmodelle konnen durch Identifikation und Pa
rameterschatzung, ProzeBmodelle auch durch theoretische Modellbil
dung, gewonnen werden. NichtmeBbare ZustandsgroBen werden mittels
Beobachtung und ZustandsgroBenschatzung ermittelt.
2. RegeZsystemstruktur
In Kenntnis des Prozesses ist nach Festlegung geeigneter Stell-,
Regel- und SteuergroBen die Regelsystemstruktur festzulegen, also
die prinzipielle Anordnung von z.B.
- EingroBen-Regelungen
- Vermaschte Regelungen
- MehrgroBen-Regelungen.
2. Regelung mit Digitalrechnern 9
3. RegeZ- und SteueraZgorithmen (Entwurf und Anpassung)
SchlieBlich sind Regel- und Steueralgorithmen zu entwerfen und an
den ProzeB anzupassen. Dies kann erfolgen durch:
- Einfache Einstellregeln fur die Parameter
- Rechnergestutzter Entwurf
- Selbstoptimierende adaptive Regelalgorithmen.
Da meist mehrere Regelalgorithmen zur Verfugung stehen, sind sie
nach verschiedenen Gesichtspunkten zu vergleichen und auszuwahlen.
4. StorsignaZfiZterung
Die nicht ausregelbaren, in der RegelgroBe enthaltenen hochfre
quenten Storsignale sind durch ana loge und digitale Filter auszu
filtern.
5. Steuerung oder Regelung des SteZZantriebes
Je nach der Bauart des Stellantriebes sind verschiedene Steuerun
gen oder Regelungen des Stellantriebes moglich. Die Regel- und
Steueralgorithmen sind hiernach anzupassen.
SchlieBlich sind bei allen Steuer-, Regel- und Filteralgorithmen die
durch die Amplitudenquantisierung entstehenden Effekte zu beachten.
In Bild 2.4 ist ein Schema zum Entwurf von digitalen Regelsystemen
angegeben. Verwendet man EinsteZZregeZn zur Anpassungvon einfachen,
parameteroptimierten Regelalgorithmen, dann genugen einfachste Pro
zeBmodelle. Zum einmaligen rechnergestutzten Entwurf sind als Infor
mation genaue ProzeB/Signalmodelle erforderlich, die am zweckmaBig
sten durch Identifikation und Parameterschatzung gewonnen werden.
Werden Informationsgewinnung und Regelalgorithmus-Synthese laufend
(on-line, Echtzeit) durchgefuhrt, lassen sich seZbstoptimierende a
daptive RegeZsysteme verwirklichen.
REGELSYSTEM- r-------, ,-----------------, INFORMATIONS-~GEWINNUNG SYNTHESE -------J II
I ....--_'y-o _-, I REGEL SYSTEM-I E NTWURF :
REGEL- I I ALGORITHM. I STRUKTUR
I II I I {} I
: ANPASSUNG : REGEL-
i IALGORITHM. i L __ ~n----1
STOR y REGEL
ALGORITHM
STELL - ,r !!R AN TRIEB PROZESS 1=~):::=C>t
STEUERUNG ..... __ ..... SIGNAL- I==~~~ FIL TER
Bild 2.4 Schema zum Entwurf von digitalen Regelsystemen