Digitaler Nachschlag 02/2009

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Die Zeitung für Medizinstudenten und junge Ärzte ZEITUNG Digitaler Nachschlag der Ausgabe 02/09 März /April 2009 ∙ In Kooperation mit dem Georg Thieme Verlag ∙ www.medi-learn.de Digitaler Nachschlag Afrika hautnah Anita Schmid berichtet über Ihren Aufenthalt in Mala- wia, Afrika. Sie berichtet von ihren Erfahrungen wäh- 04 06 Weekly drinks und Wickelfische Fortsetzung des Artikels aus der MEDI-LEARN Zeitung, in dem Gerti Fridgen von seinem Erasmus-Jahr in Basel 02 berichtet, unter anderem über die Förderung sowie die schönen Seiten der Schweiz. rend der Famulatur und gibt Einblicke in die Facetten des Landes. Verfahren bei Myomen Langzeitstudien haben eine neue Behandlung bei Myombefall bewiesen - und zwar organerhaltene Myomembolisatioon anstatt Gebärmutter- Entfernung. Abenteuer Präpkurs Protokoll eines Studien-Highlights von Stephanie Leißner S tephanie Leißner berichtet, wie sie eines der Highlights des Studiums, den Präparierkurs erlebt hat. Fiel ihr das Arbeiten an Toten leicht? Wie schwierig ist das Präpa- rieren eigentlich? Lest selbst. Der Präpkurs ist generell wohl das Ereignis des Medizinstudiums und wirft seine Schatten weit voraus, sodass man schon bei den Einfüh- rungstagen gespannt auf die kom- menden Reden und einen Hinweis wartet, wann es denn nun endlich so weit ist und wie der Kurs abläuft. In meinen Fall wurde jede Semi- nargruppe in zwei Gruppen unter- teilt. Eine Gruppe sollte gleich zu Beginn des ersten Semesters mit dem Präparieren anfangen sollte und die Vorderseite des Körper- spenders „bearbeiten“. Die andere sollte dann im Anschluss bis zum Ende des ersten Semesters fort- fahren. Darüber entschieden, wer in welche Gruppe kam und auch welches Gebiet man präpen sollte, wurde individuell. Die einen ent- schieden selbst, die anderen über- ließen es dem Los. So kam es, dass ich bereits noch vor Beginn des Studiums gespannt den Zettel auseinanderfaltete, der mir nun verkündete, mit welchem Gebiet ich mich in Zukunft in- tensiver beschäftigen würde: Ich hatte die „Manus“ erwischt, wür- de mich also mit der Hand näher beschäftigen. Schön und gut. Es hätte schlimmer kommen können, allerdings ist Hand nun nicht ge- rade etwas fürs Grobmotorische. Zum anderen nahmen die Hände eine Sonderstellung, da sie sowohl von vorne (Palma Manus) als auch von hinten (Dorsum Manus) präpa- riert werden. Dies hatte zur Folge, dass man nicht gleich mit der er- sten Gruppe anfing, sondern zwei Wochen danach und dann noch die ersten drei Wochen bei der anderen Gruppe mitpräpt, wenn die Leiche gedreht wurde. Aufklärung Bei den Einführungsvorle- sungen wurden wir dann noch einmal darüber aufge- klärt, dass die Präparate von freiwilligen Kör- perspendern kommen und stets mit Achtung behandelt werden sollten. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, denn trotz allen Erlernens handwerklicher und medizi- nischer Fertigkeiten hat man es mit verstorbenen Menschen zu tun und sollte diese stets mit dem nötigen Respekt behandeln. Außerdem wurden wir darüber aufgeklärt, dass wir unter Schwei- gepflicht stehen. Am Ende des Se- mesters findet eine Beerdigung der Körperspender statt, zu der auch wir Studenten eingeladen sind. Es geht los! Und dann ging es los: Erst ein- mal stand eine Einführungsver- anstaltung auf dem Plan, zu der „die Hände“ auch bereits kommen sollten. An diesem Morgen machte man sich dann doch so seine Ge- danken, ob man nicht doch Opfer des berühmt-berüchtigten Umkip- pens würde. Nachdem jeder seine Sachen in den Spind geschlossen und sich mit Kittel und Präpbe- steck bewaffnet hatte, war es so- weit. Zunächst schlug einem die- ser typische Geruch entgegen. Und als man dann die drei Stufen hoch- ging und gleich ein aufgedecktes Präparat sah, wurde einem doch etwas mulmig. Dann standen wir vor „unsrem“ Präparat und schau- ten doch alle ein bisschen bedrückt auf den Stein- tisch und das, was sich unter der weißen Plane ab- zeichne- te. Nach- dem der für uns zuständige Prof. eintraf und nach einer kurzen Einführung ein Stück Bauch aufdeckte, um uns zu er- klären, wie man die Haut abpräpa- riert, war der erste schockierende Moment vorbei. Dann wurden wir schließlich entlassen und die erste Gruppe sollte am nächsten Tag dann richtig anfangen. Strukturen freilegen Nach zwei Wochen, in denen ich von den anderen bereits einiges gehört hatte, ging es dann auch für mich richtig los. Meine Euphorie erhielt jedoch schnell einen Dämp- fer, da gleich die Hautpräparation nicht so gelang, wie ich mir das vorgestellt hatte. Doch nach ei- niger Zeit funktionierte es langsam besser. Es ist natürlich ein sehr ko- misches Gefühl, die Hand einer to- ten Person zu halten, und es verliert sich auch nie so ganz. Richtig inte- ressant wird es jedoch, wenn man anfängt, Strukturen freizulegen, die man bereits gelernt hat und die Szenerie vor einem langsam doch Ähnlichkeit mit dem gewohnten Bild aus dem Anatomieatlas annimmt. So verging die Zeit im Nu. Ich für meinen Teil war bei der Präparation immer sehr vorsichtig, manchmal auch zu vorsichtig, so- dass es mir manchmal an Zeit fehlte. Zum Glück hatten wir die Mög- lichkeit innerhalb der Öffnungszeiten auch mal außerhalb der re- gulären Präpzeiten auf den Saal zu gehen und etwas weiterzu- machen. Schwierige Rückseite Nach drei Wochen und auch einigem Ge- fluche über die viel zu feinen Strukturen der Hand wurde das Präparat gedreht. Ich musste feststellen, dass die Rück- seite sich nach meinem Empfinden noch schwieriger präparieren ließ. Die feinen Hautvenen und -nerven raubten mir die Geduld! Beson- ders die Finger waren nicht meine Freunde, aber mit genügend Kon- zentration, ein paar geschwänzten Fortsetzung auf Seite 2

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Zusätzlich zur eigentlichen Zeitung bieten wir euch zudem seit der Ausgabe 04/2005 den sogenannten Digitalen Nachschlag: nicht alle Artikel konnten immer komplett und in voller Länge in die Zeitung aufgenommen werden und finden ihren Platz in einem ergänzenden PDF, das ihr nachfolgend ebenfalls downloaden könnt.

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Die Zeitung für Medizinstudenten

und junge Ärzte ZEITUNGDigitaler Nachschlag der Ausgabe 02/09 März /April 2009 ∙ In Kooperation mit dem Georg Thieme Verlag ∙ www.medi-learn.de

DigitalerNachschlag

Afrika hautnahAnita Schmid berichtet über Ihren Aufenthalt in Mala-wia, Afrika. Sie berichtet von ihren Erfahrungen wäh-

04 06

Weekly drinks und WickelfischeFortsetzung des Artikels aus der MEDI-LEARN Zeitung, in dem Gerti Fridgen von seinem Erasmus-Jahr in Basel

02 berichtet, unter anderem über die Förderung sowie die schönen Seiten der Schweiz.

rend der Famulatur und gibt Einblicke in die Facetten des Landes.

Verfahren bei Myomen Langzeitstudien haben eine neue Behandlung bei Myombefall bewiesen - und zwar organerhaltene

Myomembolisatioon anstatt Gebärmutter-Entfernung.

Abenteuer PräpkursProtokoll eines Studien-Highlights von Stephanie Leißner

Stephanie Leißner berichtet, wie sie eines der Highlights des

Studiums, den Präparierkurs erlebt hat. Fiel ihr das Arbeiten an Toten leicht? Wie schwierig ist das Präpa-rieren eigentlich? Lest selbst. Der Präpkurs ist generell wohl das Ereignis des Medizinstudiums und wirft seine Schatten weit voraus, sodass man schon bei den Einfüh-rungstagen gespannt auf die kom-menden Reden und einen Hinweis wartet, wann es denn nun endlich so weit ist und wie der Kurs abläuft. In meinen Fall wurde jede Semi-nargruppe in zwei Gruppen unter-teilt. Eine Gruppe sollte gleich zu Beginn des ersten Semesters mit dem Präparieren anfangen sollte und die Vorderseite des Körper-spenders „bearbeiten“. Die andere sollte dann im Anschluss bis zum Ende des ersten Semesters fort-fahren. Darüber entschieden, wer in welche Gruppe kam und auch welches Gebiet man präpen sollte, wurde individuell. Die einen ent-schieden selbst, die anderen über-ließen es dem Los. So kam es, dass ich bereits noch vor Beginn des Studiums gespannt den Zettel auseinanderfaltete, der mir nun verkündete, mit welchem Gebiet ich mich in Zukunft in-tensiver beschäftigen würde: Ich hatte die „Manus“ erwischt, wür-de mich also mit der Hand näher beschäftigen. Schön und gut. Es hätte schlimmer kommen können, allerdings ist Hand nun nicht ge-rade etwas fürs Grobmotorische. Zum anderen nahmen die Hände eine Sonderstellung, da sie sowohl von vorne (Palma Manus) als auch von hinten (Dorsum Manus) präpa-

riert werden. Dies hatte zur Folge, dass man nicht gleich mit der er-sten Gruppe anfing, sondern zwei Wochen danach und dann noch die ersten drei Wochen bei der anderen Gruppe mitpräpt, wenn die Leiche gedreht wurde.

AufklärungBei den Einführungsvorle-sungen wurden wir dann noch einmal darüber aufge-klärt, dass die Präparate von freiwilligen Kör-perspendern kommen und stets mit Achtung behandelt werden sollten. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, denn trotz allen Erlernens handwerklicher und medizi-nischer Fertigkeiten hat man es mit verstorbenen Menschen zu tun und sollte diese stets mit dem nötigen Respekt behandeln. Außerdem wurden wir darüber aufgeklärt, dass wir unter Schwei-gepflicht stehen. Am Ende des Se-mesters findet eine Beerdigung der Körperspender statt, zu der auch wir Studenten eingeladen sind.

Es geht los!Und dann ging es los: Erst ein-mal stand eine Einführungsver-anstaltung auf dem Plan, zu der „die Hände“ auch bereits kommen sollten. An diesem Morgen machte man sich dann doch so seine Ge-danken, ob man nicht doch Opfer des berühmt-berüchtigten Umkip-pens würde. Nachdem jeder seine Sachen in den Spind geschlossen und sich mit Kittel und Präpbe-steck bewaffnet hatte, war es so-weit. Zunächst schlug einem die-ser typische Geruch entgegen. Und

als man dann die drei Stufen hoch-ging und gleich ein aufgedecktes Präparat sah, wurde einem doch etwas mulmig. Dann standen wir vor „unsrem“ Präparat und schau-ten doch alle ein bisschen bedrückt auf den Stein- tisch und das, was sich unter der weißen Plane

a b -zeichne-te. Nach-dem der für uns zuständige Prof. eintraf und nach einer kurzen Einführung ein Stück Bauch aufdeckte, um uns zu er-klären, wie man die Haut abpräpa-riert, war der erste schockierende Moment vorbei. Dann wurden wir schließlich entlassen und die erste Gruppe sollte am nächsten Tag dann richtig anfangen.

Strukturen freilegenNach zwei Wochen, in denen ich von den anderen bereits einiges

gehört hatte, ging es dann auch für mich richtig los. Meine Euphorie erhielt jedoch schnell einen Dämp-fer, da gleich die Hautpräparation nicht so gelang, wie ich mir das vorgestellt hatte. Doch nach ei-niger Zeit funktionierte es langsam besser. Es ist natürlich ein sehr ko-misches Gefühl, die Hand einer to-ten Person zu halten, und es verliert sich auch nie so ganz. Richtig inte-ressant wird es jedoch, wenn man anfängt, Strukturen freizulegen, die man bereits gelernt hat und die Szenerie vor einem langsam doch Ähnlichkeit mit dem gewohnten

Bild aus dem Anatomieatlas annimmt. So verging die Zeit im Nu. Ich für meinen Teil war bei der Präparation immer sehr vorsichtig, manchmal auch zu vorsichtig, so-dass es mir manchmal an Zeit fehlte. Zum Glück hatten wir die Mög-lichkeit innerhalb der Öffnungszeiten auch mal außerhalb der re-gulären Präpzeiten auf den Saal zu gehen und etwas weiterzu-machen.

Schwierige Rückseite

Nach drei Wochen und auch einigem Ge-

fluche über die viel zu feinen Strukturen der Hand

wurde das Präparat gedreht. Ich musste feststellen, dass die Rück-seite sich nach meinem Empfinden noch schwieriger präparieren ließ. Die feinen Hautvenen und -nerven raubten mir die Geduld! Beson-ders die Finger waren nicht meine Freunde, aber mit genügend Kon-zentration, ein paar geschwänzten

Fortsetzung auf Seite 2

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März/April 20092Seite MLZDigitaler Nachschlag

Protokoll eines Studien-HighlightsFortsetzung von Seite 1

Vorlesungen, die ich stattdessen mit Präparieren verbracht habe und der Hilfe unseres Mentors war es mir möglich, mein Gebiet dann doch abzuschließen, wenn auch nicht zu meiner vollsten Zu-friedenheit. Aber ich denke man ist nie ganz zufrieden und denkt immer, dass es noch ein bisschen besser geht. Nun ging es darum, noch einmal

Weekly drinks und Wickelfische Ein Erasmus-Jahr in Basel von Gerti Fridgen Fortsetzung aus der MEDI-LEARN Zeitung 02/09

Dafür gibt es ja Erasmus-För-derung: Diese wird in der

Schweiz direkt von der Universität bezahlt. In den ersten Tagen nach meiner Ankunft erhielt ich die nö-tigen Unterlagen und musste nur ein Bankkonto in Basel eröffnen. Wenige Tage später schon ging die Förderung ein. Alles auf einmal. Es ist zwar schön, weil man sofort eine Menge Geld zur Verfügung hat, aber auch riskant. Es muss ja eine ganze Weile reichen. Ich hätte mir gewünscht, dass die Förderung monatlich bezahlt wird.

Treiben im RheinBasel hat sehr viel zu bieten. Vor allem ist die Stadt für seine Kunst bekannt. Es gibt hier eine Vielzahl sehenswerter Museen. Besonders das Kunstmuseum Basel und die Fondation Beyeler sollen hier besonders erwähnt werden: Dort hängen echte Monéts, Picassos, van Goghs und viele Stücke ande-rer großer Meister.

Wem zu heiss ist, der hüpft ins Wasser und

lässt sich treiben

Ansonsten hat Basel eine wunder-schöne Altstadt und natürlich den Rhein, an dem man nicht nur wun-derbar entlang joggen gehen kann, nein, man kann hier sogar darin schwimmen! Im Sommer tut das auch die ganze Stadt: Viele Leute sitzen auf den von der Sonne auf-gewärmten Steinen am Rhein ent-

lang und vergnügen sich. Und wem es zu heiß ist, der geht ein Stück rheinaufwärts, hüpft ins Wasser und lässt sich von der Strömung bis zu seinem Rastplatz treiben.

rheinschWimmen auf kei-nen fall entgehen lassen

Dafür haben die Baseler ein ganz besonderes Gefährt: den so genannten „Wickelfisch“. Das ist ein wasserundurchlässiger Plastikfisch, den man sich um-schnallt und auf dem man sich ganz bequem mit der Strömung

rheinabwärts treiben lassen kann. Darin kann man alle wichtigen Dinge, wie Geld, Schlüssel, Te-lefon usw. aufbewahren und mit-nehmen, ohne dass es nass wird und zum Ausruhen hat man dann auch gleich ein Kopfkissen. Sehr entspannend! Wer im Sommer nach Basel kommt, sollte sich das Rheinschwimmen auf keinen Fall entgehen lassen. Das ist ein echtes Erlebnis!

Auf in die Schweiz!Das Jahr in der Schweiz habe ich rundum genossen. Ich würde sofort

wieder hierher kommen. Es dauert zwar ein wenig, bis man mit den Schweizern so richtig warm wird, aber wenn man nach ein paar Wo-chen Freundschaften geschlossen hat, kann man sich vor Einladungen kaum noch retten. Die Schweiz hat sehr viel zu bieten – viel mehr, als man in einem Jahr oder in einem Semester machen kann. Und da die Schweiz bekannt-lich recht klein ist, ist beinahe alles innerhalb kurzer Zeit zu erreichen – egal ob man Ski laufen möchte, an den Genfer See oder nach Zürich.Also: Auf in die Schweiz!

alle anatomischen und klinischen Aspekte aufzufrischen und mit der Präpanleitung erneut alles durchzugehen, denn wirklich ab-geschlossen wird das Präpen erst durch ein Arbeitstestat. Nach sechs Wochen Präparation und einge-hender Beschäftigung schloss ich dann mit einem bestandenen Testat den ersten Präpkurs ab. Im zweiten Semester folgt dann noch ein wei-

terer Kurs, wo ein Organ präpariert werden muss.

Eine wichtige SacheMein Fazit: Auch, wenn es viel Zeit in Anspruch nimmt und man viel En-ergie hineinstecken muss und ab und an nicht mehr fähig, ist Fleisch zu essen, weil man sich so sehr an seine Erlebnisse im Präpsaal erinnert fühlt, war es doch eine wichtige Sache.

An alle, denen es noch bevorsteht: Auch wenn ihr manchmal flucht, so ist es doch etwas Tolles, den anato-mischen Aufbau des menschlichen Körpers „live und in Farbe“ studie-ren zu dürfen. Den Verstorbenen, die diese Erfahrung ermöglichen, solltet ihr mit Dankbarkeit und Respekt begegnen, wenngleich es natürlich auch nötig ist, Hemmungen nach ei-ner Zeit abzubauen.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt ließ sich vom Studiendekan der Medizinischen Fakultät, Dr. Bernhard Marschall, die Ausbildung der Studenten im Studienhospital der Universität Münster erläutern

Eine der schönsten Seiten Basels - der Rhein, der quer durch die Stadt verläuft

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März/April 2009 3SeiteMLZDigitaler Nachschlag

Sie sind uns bekannt aus dem TV: Die „Flying Doctors“ in Aus-

tralien. Anita Schmid famulierte mitten auf dem heißen Kontinent, in Alice Springs. Und einmal durfte sie als Medizinstudentin sogar zum Patientenbesuch mitfliegen.

Es war einfach die Abenteuerlust, die mich nach Alice Springs, 1.000 km südlich von Darwin, verschla-gen hatte. Ich wollte Kängurus se-hen, mit dem Flugzeug Patienten im Busch besuchen und das Out-back und die Aboriginals ken-nen lernen. Alles ging 18 Monate vorher los mit einem unkom-plizierten A n r u f bei

der Ver-waltungs-sekretärin des Alice Springs Hospital. Ich erhielt eine Zusage und ent-schloss mich, mit Qantas von Frankfurt nach Darwin zu fliegen und dann mit dem berühmten „Ghan“ auf Schie-nen weiter nach Alice Springs zu fahren, um dort vor meiner Famulatur noch ein paar Tage zu verbringen. Die 24-stündige Zugfahrt war ein besonderes Erlebnis: Die Landschaft verän-derte sich von grüner Küstenre-gion um Darwin mehr und mehr zur roten Wüste. In Alice Springs hatte ich während meiner freien Tage viel Spaß und verbrachte einige Stunden in den witzigsten Kneipen verbracht. Nach einer tollen Safari zu Australiens Na-turdenkmal Uluru, besser be-kannt als Ayers Rock, startete

ich dann voller Neugier in meine Famulatur in der Notaufnahme.

Zentrale AnlaufstelleDas Krankenhaus liegt mitten in Alice Springs und ist die An-laufstellte schlechthin für alle Patienten, die eine weitergehende Diagnostik benötigen. Richtige Notfälle machen nur einen sehr kleinen Anteil der Fälle aus. Viel-mehr werden dort sehr viele Pati-

enten behandelt, die bei uns von einem Allgemeinme-

diziner gesehen wür-den.

Auf der anderen Seite gibt es

dann je-doch

auch die Not-fälle, die

durch den „ro-yal flying doctor

service“ nach Alice Springs gebracht wer-den. Täglich landet deren Maschine auf dem Roll-feld und bringt mehr oder weniger akut kranke Pa-tienten in die Ambulanz. Leider werden von den flying doctors absolut kei-ne Studenten mitgenom-men, so dass ich meinen Traum bei den flying doc-tors mitzufliegen, nicht erfüllen konnte. Geflogen bin ich schließ-lich aber doch: Nämlich mit dem Ambulanzflugzeug eines kleinen Kranken-hauses, das 500 km weiter

nördlich gelegen war und regelmä-ßig Patienten nach Alice Springs brachte. Ein absolutes Highlight!

Selbständigkeit gefragtDie Arbeit in der Ambulanz war sehr locker. Frei nach dem Motto „alles kann, nichts muss“ suchte ich mir meine Arbeit selbst. Ich rief mir selbstständig die Pati-enten, die von den Schwestern in Dringlichkeitskategorien triagiert, wurden, in die Kabine. Dort nahm ich die Anamnese auf und untersuchte die Patienten. Dann stellte ich ihn einem Arzt im Besprechungszimmer vor und machte Vorschläge für die Be-handlung oder für weitere Unter-suchungen. Am Anfang war diese Selbstständigkeit eine große He-rausforderung für mich. Obwohl meine Englischkennt-

nisse auf C2-Niveau einge-stuft worden waren, war

die Ausdrucksweise der Patienten für mich ungewohnt. Da der Pa-

tient aber immer noch mal kurz von einem Arzt

nachuntersucht wurde, hatte ich die Gelegenheit, viele englische Anamnesen zu hören, die bald dazu führten, dass ich mich ohne Probleme mit den Patienten ver-ständigen konnte.

Aboriginals versorgtDas Krankheitsspektrum umfasste

Famulieren bei den Flying DoctorsEin Erlebnisbericht aus Alice Springsvon Anita Schmid

vor allem Grippesymptomen, Durchfallerkrankungen oder chronischen Wunden. Viele Ab-originals sind Diabetiker und es gibt ein großes Alkoholproblem in dieser Bevölkerungsgruppe. Notfälle waren daher vor allem Hy-perglykämien, Alkoholintoxikation und Knochenbrüche sowie kleinere Wunden aus Schlägereien. Dane-ben habe ich auch viele Touristen aus aller Welt in der Ambulanz ver-sorgt, was die Arbeit sehr abwechs-lungsreich gemacht hat. Manchmal war es anstrengend, dass niemand so recht für mich zuständig war. Trotzdem habe ich viel gelernt, auch wenn ich von Zeit zu Zeit mehrfach nachfragen musste.

Schön, aber teuerNach vier ereignisreichen Wo-chen in der Ambulanz machte ich mich wieder auf den Weg zurück nach Darwin von wo ich nach ei-ner kurzen Nacht über Singapur zurück nach Frankfurt geflogen bin. Wenn jemand noch Zeit hat, empfehle ich unbedingt, ein paar Tage in Darwin zu verbringen. Darwin ist eine sehr lockere, wit-zige Stadt, voll mit Menschen aus allen Ecken der Welt! Ich hatte eine sehr beeindruckende Zeit in Alice Springs, würde aber wegen den erheblichen Kosten für die gesamte Reise wahrscheinlich beim nächsten Mal nicht mehr nach Australien gehen.

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März/April 20094Seite MLZDigitaler Nachschlag

Embolisation ist geeignetes Verfahren bei Myom Langzeitstudien belegen Wirksamkeit von Florian Schneider (Deutsche Röntgengesellschaft e.V.)

Bei Myombefall ist Gebär-mutter-Entfernung noch im-

mer das häufigste Therapiever-fahren. Langzeitstudien weisen nun nach: Myome lassen mit der organerhaltenden Myomemboli-sation besser entfernen.

Nach Angaben der Bundesge-schäftsstelle Qualitätssicherung (BQS) wurden im vergangenen Jahr bei knapp 130.000 Patien-tinnen Gebärmutterentfernungen (Hysterektomien) durchgeführt, wenn gutartige Veränderungen des Organs vorlagen. In Langzeitstudien konnte jetzt nachgewiesen werden, dass sich Myome mit der organerhal-tenden Methode der Myomembo-lisation besser und mit gerin-geren Folgekom-plikationen ent-

fernen lassen und vor allem die Zufriedenheit der Patientinnen deutlich höher ist. Eine entsprechende Auswertung der Studien legte der Flensburger Radiologe Prof. Dr. med. Stefan Müller-Hülsbeck jetzt vor.

91 prozent Würden die embolisation empfehlen.

Langzeitergebnisse äußerst vielversprechend„Die Parameter, mit denen wir den Erfolg der Uterusarterienembo-

lisation (UAE) einschätzen, sind die technische Erfolgsrate, die Pa-tientenzufriedenheit und die Zahl der Komplikationen während und nach dem Eingriff“, erklärt Mül-ler-Hülsbeck. In allen drei Punkten zeigt die UAE gute Ergebnisse.

Er verweist unter anderem auf eine englische Studie, in der an mehreren Kliniken 649 Emboli-sations-Patientinnen über einen Zeitraum von mehreren Jahren begleitet wurden. Die Vergleichs-gruppe bestand aus 459 Frauen, die sich den Uterus operativ ent-fernen ließen. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass die unmit-

telbare Kompli-kationsrate nach Embolisation mit 19 Prozent nied-

riger lag als im Vergleich zur Gebärmutterentfernung mit einer Komplikationsrate von 26 Prozent. Und weiter: 91 Prozent der Pati-entinnen, die sich organerhaltend behandeln ließen, würden die Embolisation empfehlen. Bei der Patientengruppe, die sich die Ge-bärmutter entfernen ließ, waren dies nur 85 Prozent.

Auch andere Studien verfestigten das Bild, wonach die UAE zu ei-ner deutlichen Verbesserung der

Beschwerden führt. Eine Multicen-terstudie, die an 27 Krankenhäu-ser der USA unternommen wurde, zeigte bei den 1.278 teilnehmenden Frauen in der 3-Jahres-Kontrolle eine statistisch signifikante Besse-rung der Beschwerden und der Le-bensqualität nach UAE.

der nachhaltige erfolg der uae bestärkt uns in

unserer arbeit

Rasche GenesungszeitWie kommt es zu diesem hohen Maß an Patientinnen-Zufrieden-heit? Neben der Wirksamkeit

der Therapie nennt Professor Müller-Hülsbeck als wesentlichen Vorzug der UAE gegenüber opera-tiven Verfahren die rasche Genes-ungszeit: „Die Frauen kommen am Mitt-woch zum Eingriff in die Klinik, werden am Donnerstag entlassen und können am Montag wieder zur Arbeit gehen. Ob berufliche Verpflichtungen, die Haushalts-führung, aber auch sexuelle Ak-tivitäten kann die Patientin, wenn sie es möchte, sehr bald wieder aufnehmen.“„Der nachhaltige Erfolg der UAE bestärkt uns in unserer Arbeit“, so Professor Müller-Hülsbeck. „Es wird jetzt darum gehen, Pati-

entinnen noch gezielter die Mög-lichkeit eines organerhaltenden Behandlungsweges aufzuzeigen und sie besser informieren. Auf-klärungsarbeit werden wir auch im Kollegenkreis leisten müssen, wo die UAE bis heute als nur wenig anerkanntes und akzeptiertes Ver-fahren gilt.“

Schonendes VerfahrenMyome sind gutartige Knoten, die sich an der Uteruswand oder im Uterus selbst herausbilden und bei den betroffenen Frauen schmerz-hafte und lang andauernde Regel-

blutungen auslösen können. In Deutschland hat etwa jede dritte Frau Myome, in zwan-zig Prozent der Fälle kommt es aufgrund der Größe und der Zahl der Myome zu Be-schwerden.

75 institute bieten die myomembolisa-

tion an

Seit einigen Jahren wird in Deutschland das Ver-fahren der Embolisation dieser Knoten ange-wandt. Der Operateur, zumeist ein Radiologie mit Schwerpunkt inter-ventionelle Radiologie, führt über die Leiste der Patientin einen Ka-

theter ein und gelangt zu den Gefäßen, die das Myom mit Blut versorgen. Mittels kleiner Partikel werden die Gefäße vor Ort embo-liert, das heißt verschlossen – der Knoten ist von der Blutzufuhr abgeschlossen und vernarbt. Das Verfahren wurde erstmalig 1995 in Deutschland angewandt.

Mehr InformationenEtwa 75 radiologische Institute bieten deutschlandweit die My-omembolisation an. Viele Informationen für betroffene Frauen sowie einen Klinikfinder für Deutschland, Österreich und die Schweiz gibt es online unter: www.myomembolisation.org

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März/April 2009 5SeiteMLZDigitaler Nachschlag

Bluttest identifiziert Lebensgefahr Hierarchisierung von Leberzirrhose-Fällen von Frank Luerweg (idw)

IMPRESSUMHerausgeber: MEDI-LEARN, ISSN 1860-8590 Elisabethstraße 9, 35037 Marburg/LahnTel: 04 31/780 25-0, Fax: 04 31/780 25-29E-Mail: [email protected], www.medi-learn.de

Redaktion: Jens Plasger (Redaktionsleitung), Christian Weier (V.i.S.d.P.), Trojan Urban, Dr. Marlies Weier, Lilian Goharian, Dominika Sobecki,Dr. med. Dipl.-Psych. Bringfried Müller, Thomas Brockfeld

Lektorat: Jan-Peter Wulf und Simone Arnold

Layout & Graphik: Kristina Junghans

Berichte: Stephanie Leißner, Gerti Fridgen, Anita Schmid, Gunnar Bartsch (idw), Frank Luerweg (idw), Florian Schneider (Deutsche Röntgengesellschaft e.V.)

Bildnachweis: www.photocase.com, www.istockphoto.com, www.sxc.hu, www.pixelquelle.de, Artikelautoren, www.flickr.com

Erscheinungsort: MarburgDer digitale Nachschlag erscheint zu jeder MEDI-LEARN Zeitung als Ergänzung, die du dir als PDF auf der MEDI-LEARN Seite herunterladen oder online anschauen kannst. Er beinhaltet Fortsetzungen von Artikeln aus der aktuellen Zeitung sowie weitere interessante Artikel und Berichte rund um die Medizin.

Dein Artikel bei MEDI-LEARN? Wir freuen uns über die Zusendung von Erfahrungs berichten und anderen Artikeln und belohnen die Autoren mit Fachbüchern. Alle weiteren Infos findest du unter www.medi-learn.de/artikel.

Patienten mit einer Leberzir-rhose lassen sich oft nur durch

Transplantation retten. Die wenigen Spenderorgane sollen daher bevor-zugt lebensgefährdeten Personen zu Gute kommen. Durch ein spezielles Blutprotein lassen sich diese Fälle jetzt genauer identifizieren.

Das Protein namens sTNF-R75 könnte Ärzten dabei helfen, die War-teliste für Leberzirrhose-Patienten in eine entsprechende Rangfolge zu bringen. Das zeigt eine Studie am Universitätsklinikum Bonn.

nicht genügend ersatzlebern, um den

bedarf zu decken

Eine Zirrhose entsteht typischer-weise durch jahrelangen starken Alkohol-Konsum. Ursachen kön-nen aber auch Entzündungen wie eine Hepatitis B oder C sein. Die Leber wandelt sich dabei nach und nach in narbiges Bindegewebe um – ein Prozess, der irreversibel ist. Sie kann dann ihre vielfältigen Aufgaben nicht mehr wahrnehmen – unter anderem dient sie als En-ergiespeicher und wichtigste Ent-giftungs-Station des Körpers. Eine Leberzirrhose ist daher lebensge-fährlich. Am Ende steht meist die Transplantation.

Blutwerte berechnenDoch gibt es bei weitem nicht genü-gend Ersatzlebern, um den Bedarf zu decken. „Die Mediziner nehmen daher eine Reihung vor“, erklärt die Bonner Ärztin Dr. Bettina Rezori. „Dazu stützen sie sich vor allem auf den so genannten MELD-Score.“ Das ist letztlich nichts anderes als eine Zahl, die sich aus verschie-denen Blutwerten berechnet. Bei einem Score von 15 und mehr gilt der entsprechende Patient als gefährdet und wird auf die Trans-plantationsliste gesetzt. Das ist die Voraussetzung dafür, dass er bei der Vergabe von Spenderorganen berücksichtigt werden kann.Doch der MELD-Score differen-ziert nicht genau genug. „Immer wieder versterben Zirrhose-Pati-

enten, die es wegen eines unkri-tischen Scores gar nicht auf die Transplantationsliste geschafft ha-ben“, sagt Bettina Rezori. Die As-sistenzärztin der Anästhesie hat in der Abteilung für Innere Medizin 1 des Universitätsklinikums Bonn über ein Blutprotein promoviert, das das eventuell ändern könnte. Die Rede ist vom so genann-ten „Tumor-Nekrose-Faktor“, einem Signalmolekül, das die Immunabwehr zu Höchst-leistungen anspornt. „Das funktioniert so gut, dass die alarmierten Abwehrzellen selbst Tumoren angreifen und zerstören können – daher auch der Name“, erklärt Dr. Christoph Reichel. Der Direktor des Reha-Zentrums Bad Brückenau und Privatdozent an der Bonner Medi-zinischen Fakultät hat Bettina Re-zoris Doktorarbeit betreut.

Indirektes VerfahrenBei einer Leberzirrhose setzt der Körper permanent Tumor-Nekrose-Faktor frei. Das Immunsystem läuft dadurch dauerhaft auf Hochtouren. Eine nicht unbedingt erwünschte Reaktion: Mit der Zeit wird die Leber durch den Angriff der kör-pereigenen Streitkräfte noch weiter geschädigt. Wer viel Tumor-Ne-krose-Faktor ausschüttet, ist daher möglicherweise besonders anfällig für ein tödliches Organversagen. „Der Tumor-Nekrose-Faktor selbst eignet sich aus diversen Gründen aber nicht allzu gut für einen Blut-test“, sagt Reichel.

mediziner untersuchten in zWeijährigen studie

92 patienten

Die Mediziner gingen in ihrer Stu-die daher einen indirekten Weg: Der Tumor-Nekrose-Faktor dockt nämlich an einen Rezeptor auf der Oberfläche bestimmter Zellen an. Das ist gewissermaßen der Start-schuss zur verstärkten Immunreak-tion. Der Rezeptor (im Fachjargon sTNF-R75 genannt) samt seiner Fracht hat dann seiner Schuldigkeit getan: Er wird von der Zelle ins

Blut entsorgt und über die Nieren ausgeschieden. „Wir messen daher die Konzentration von sTNF-R75 im Blut“, erklärt Reichel. „Denn auch die steigt bei Leberschädi-gungen an.“

Der MELD entscheidetDie Mediziner untersuchten in ihrer zweijährigen Studie 92 Patienten mit Leberzirrhose. Nur sieben von ihnen konnte in dieser Zeit eine Spenderleber transplantiert wer-den. Als Entscheidungskriterium für die Dringlichkeit diente den Ärzten der MELD-Score. 44 wei-

tere Patienten starben, ohne dass ihnen ein Ersatzorgan angeboten werden konnte. Bei 11 von ihnen war der MELD-Score unkritisch gewesen. Der sTNF-R75-Spiegel hatte sie dagegen korrekt als Ri-siko-Patienten ausgewiesen. Um-gekehrt hätte der MELD-Score 18

der überlebenden Patienten als gefährdet eingestuft. Sieben

von ihnen wiesen jedoch einen unkritischen sTNF-R75-Spiegel auf.Allerdings kann die sTNF-R75-Menge bei-spielsweise auch bei ei-ner verminderten Nieren-

funktion ansteigen - und zwar selbst dann, wenn die

Leber noch nicht weitreichend geschädigt ist. „In Verbindung

mit dem MELD-Score ist der sTNF-R75-Spiegel jedoch gut ge-eignet, um das Sterberisiko von Patienten mit Leberzirrhose ge-nauer abzuschätzen“, fasst Bettina Rezori die Ergebnisse zusammen. „Für die Entscheidung, wer ein Spenderorgan wirklich dringend benötigt und wer vielleicht noch warten kann, ist das eine extrem wichtige Information.“

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September/Oktober 20086Seite MLZDigitaler Nachschlag

Afrika hautnah Eine Famulatur in Malawi von Anita Schmid

Malawi – da müssen die mei-sten erstmal die Karte zü-

cken, um zu schauen, wo das ei-gentlich ist. Ein Famulaturbericht aus dem schmalen afrikanischen Land, in dem akuter Ärztemangel herrscht. Denn viele Mediziner zieht es ins Ausland.

Afrika: Von diesem Kontinent hat-te keine genaue Vorstellung, da-her wollte ich unbedingt während meines Medizinstudiums die Chan-ce nutzen, vor Ort Erfahrungen zu sammeln. Warum ausgerechnet Malawi? Aus persönlichen wie organisatorischen Gründen: Mein Wunsch war es, einmal den Mala-wi-See zu sehen und dort zu tauchen. Und es besteht eine Verbindung der chirur-gischen Klinik Heidelberg zu einer der beiden Unikliniken, dem Queen Elisabeth Central Hospital Blantyre. Obwohl mir versichert wurde, dort in guten Händen zu sein, war ich doch sehr aufgeregt.

Sorgen wegen HIVGanz oben auf meiner to-do-Liste stand natürlich der Besuch beim Tropeninstitut, um über die erforderlichen Impfungen und die Malaria-prophylaxe zu sprechen. Die Flugverbindung nach Mala-wi sollte via Nairobi nach Blantyre führen. Vor meiner Abreise machte ich mir große Sorgen ob einer hohen HIV-Prävalenz im Krankenhaus. Es blieb aber beim Sorgenmachen und ich ergriff keine weiteren Maß-nahmen. Ich nahm also weder PEPs aus Deutschland mit (hätte ich mir selbst in der Apotheke kaufen müs-sen, sehr teuer!) noch chirurgische Handschuhe. Ein Paket Einmal-handschuhe und eine kleine Flasche Sterilium hatte ich dabei.

Rundgang durch die KlinikAm Flughafen in Blantyre wurde ich von einem Mitarbeitern des Krankenhauses abgeholt und di-rekt auf das Campusgelände ge-

fahren, wo ich gleich zu meinem Ein-Zimmer-Appartement in den Studentenwohnblocks geführt wurde. Später erfuhr ich, dass aus-ländische Studenten normalerwei-se nicht auf dem Campusgelände untergebracht werden, sondern sich eine Unterkunft in der Stadt suchen müssen. Den folgenden Tag verbrachte ich mit einer ausgedehnten Runde durch alle möglichen Sekretari-ate und einem Rundgang durch die chirurgische Klinik, meinem Arbeitsplatz für die nächsten vier Wochen.

Überblick behalten!Das Krankenhausgelände umfasste

eine riesige Fläche, jedoch ohne Obergeschoss und ohne Kellerräu-me. Ich kann mich gar nicht erin-nern, wie oft ich mich verlaufen habe und zwischen all den Ange-hörigen der Patienten meinen Weg nur mühsam wieder ins Hauptge-bäude gefunden habe. In Afrika kümmern sich die Angehörigen der Patienten nämlich um deren Pflege und Verpflegung. Während dieser Zeit wohnen und kochen sie auf dem Gelände des Krankenhauses. Mein Tag begann mit dem Früh-

stück in der Mensa, welches aus Toastbrot, Marmelade und Reisbrei bestand. Danach ging ich zur Früh-besprechung und anschließend in den OP. Leider war ich keinem Arzt zugeteilt, so dass es recht schwierig war, den Überblick zu behalten, zu-mal ich kein Wort der Landesspra-che verstand und nur wenige Pati-enten Englisch sprechen (jedoch alle Studenten und Ärzte).

Viele VerbrennungenNach ein paar Tagen habe ich dann meinen Platz in der Ver-brennungsklinik eingenommen, die von einem britisch ausgebil-deten Malawier geführt wurde. Das Kochen über offenem Feuer und der fehlende Arbeitsschutz fordern ihren Tribut in Form von sehr, sehr vielen Brandverletzten.

Die Station war dreifach über-belegt, so dass die meisten Pati-enten auf Decken auf dem Boden liegen mussten. So interessant es für mich war Verbrennungen ein-mal „live“ sehen zu können, so nahe ging mir das Schicksal jedes einzelnen Patienten. Denn ausrei-chend behandelt werden konnte die Menge der Patienten nicht. Es mangelte nicht nur – wie überall in Malawi – an der „manpower“, da der Arzt alleine für die gesamte Station zuständig war, sondern

auch an potenten Schmerzmitteln und Antibiotika. Die Eindrücke waren auf jeden Fall sehr prägend. Nachmittags war meistens nicht viel zu tun, da die Ärzte dann ihre Privatpraxen in der Stadt betreuen mussten und oft nach 14 Uhr nicht mehr im Krankenhaus waren.

See und BergeMeine Wochenenden verbrachte ich damit, mir das wundervolle Land anzusehen. Unbedingt emp-fehlenswert ist der Malawisee. Von Blantyre ist er mit einem Mietwagen oder einem Privatauto am besten zu erreichen. Mit den Minibussen, die ich benutzt habe, benötigte ich mehr als acht Stun-den für die knapp 250 Kilometer. Monkey Bay ist der schönste Fleck im Süden und dort ist besonders

das Gaia Guesthouse zu empfeh-len, sowie die Tauchschule con Kajak Africa. Gut von Blantyre zu erreichen ist auch das Mulan-je-Bergmassiv, wo man wunder-schön wandern kann. Einen tollen Tag habe ich auch auf dem Sa-temwa Tea Estate verbracht, einer riesigen Teeplantage südlich von Blanyre, die seit mehreren Gene-rationen von einer schottischen Familie geführt wird. Wer Afrika kennen lernen will, für den ist Malawi empfehlenswert!

Bietet einen einmaligen Ausblick - die Bucht von Malawi

Page 7: Digitaler Nachschlag 02/2009

März/April 2009 7SeiteMLZDigitaler Nachschlag

Im Verbund gegen den HautkrebsNeue Forschungsprojekte sollen Durchbruch bringenvon Gunnar Bartsch (idw)

Etwa 22.000 Menschen in Deutschland erkranken jähr-

lich am schwarzen Hautkrebs, 3.000 sterben daran. Ärzte stehen dem Tumor oft machtlos gegenüber. Ein Forschungsverbund soll nun neue Therapien entwickeln. Zwei Pro-jekte laufen an der Uni Würzburg.

Wenn der schwarze Hautkrebs nicht rechtzeitig erkannt wird, ist es oft schon zu spät: Das so ge-nannte maligne Melanom bildet bereits zu einem frühen Zeitpunkt Tochtergeschwülste - Meta-stasen. Insbesondere für das metastasierte Me-lanom fehlen bislang effektive Behand-lungsmöglichkeiten, da diese Metastasen oft unempfindlich gegenüber Chemo- oder Strahlenthera-pie sind. Zahlreiche Wissen-schaftler aus ganz Deutschland wollen nun in einem natio-nalen Forschungsver-bund neue Therapiever-fahren gegen den schwarzen Hautkrebs entwickeln. Die Deutsche Krebshilfe fördert die-sen Verbund mit 2,8 Millionen Euro. Von Seiten der Universität Würzburg beteiligen sich zwei Ar-beitsgruppen an dem Verbund mit Untersuchungen an relevanten prä-klinischen Modellen.

Unter- suchungen am FischMoleküle und Prozesse, die bei der Entstehung der Tochterge-schwülste eine entscheidende Rol-le spielen könnten, untersucht ein Team um Svenja Meierjohann und Manfred Schartl am Lehrstuhl für Physiologische Chemie I. „Wir ar-beiten schon seit Langem mit einer bestimmten Fischart, die ebenfall s Hautkrebs entwickelt, und haben dabei Moleküle entdeckt, die sich als Marker oder als möglicher An-satzpunkt für eine Therapie eignen könnten“, erklärt Schartl.Seit den 1920er-Jahren ist be-

kannt, dass nach der K r e u z u n g best immter Arten von A q u a r i e n -fischen, die zu den Zahn-karpfen ge-hören, bei den Nach-

kommen stets Hauttumoren entstehen. Durch die Kreuzung gerät nämlich ein Gen außer Kontrolle und löst die Krebsbildung aus. Die entstehen-den Tumoren entsprechen dem bösartigen Melanom beim Men-schen.

Reaktionen im OrganismusSchartl hat dieses Krebsgen identi-fiziert und seine Eigenschaften be-schrieben. Es enthält den Bauplan für ein Protein, das unter anderem die Zellteilung und die Zellwande-rung in Gang setzt. Aufgrund einer Mutation ist das Protein bei den betroffenen Fischen fälschlicher-weise dauernd aktiv. Als Folge entstehen schnell wach-sende Hauttumoren, die sich stark ins umliegende Gewebe aus-

breiten. Aber lassen sich die Erkenntnisse über Prozesse,

die in einem Fischorganismus ablaufen, überhaupt auf den Menschen übertragen? Kein Problem, sagt Schartl: „Krebs ist eine Erkrankung der Zellteilung. Das ist ein so basaler Prozess, da steht der Fisch dem Menschen sehr nahe“.

Die Genetik ist bekannt, und die Prozesse, die ab-

laufen, wenn sich eine normale

Pigment- in eine Me-

lanom-zelle

ver-wan-

d e l t , sind groß-

teils verstan-den, so Schartl.

Dennoch tauchen im Organismus immer wieder ande-

re Reaktionen auf als vorhergesagt. „Das Wissen reicht einfach noch nicht aus, um es in eine klinische Anwendung münden zu lassen“. Der neue Forschungsverbund werde daran arbeiten.

Stufenmodell der TumorentwicklungAn der Spitze des zweiten Teil-projekts, an dem die Universität Würzburg beteiligt ist, steht Jür-gen Becker. Der leitende Ober-arzt der Universitäts-Hautklinik forscht schon seit vielen Jahren an Melanom-Metastasen. Für seine Arbeiten erhielt Becker unter an-derem den Deutschen Hautkreb-spreis (2001) und den Deutschen Krebspreis (2004). Jetzt will Becker an Tieren ge-nauer erforschen, wie das Mela-

nom entsteht. „Es gibt die Theorie, dass bestimmte Tumorarten sich in Stufen entwickeln“, sagt Becker. Nach diesem von Bert Vogelstein ursprünglich für das Kolonkarzi-nom vorgeschlagene Model stehen am Anfang immer normale, regu-läre Zellen; dann folgt eine Phase des vermehrten Wachstums, das aber immer noch gutartig ist, bis am Ende der bösartige Tumor sein zerstörerisches Werk treibt. Der Mediziner will in seinem Teil-projekt diese verschiedenen Stadi-en genauer unter die Lupe nehmen. „Wir wollen unter anderem he-rausfinden, wann die ersten Verän-derungen auftreten, wann sich der Übergang von gut- zu bösartig voll-zieht und welche molekularen Ver-änderungen damit einhergehen; aus diesen Erkenntnissen erhoffen wir eine geeignetes Ziel zu definieren um erfolgreich therapeutisch ein-greifen zu können“, sagt Becker.

Hoffnung auf neue ErkenntnisseSchon seit vielen Jahren forscht Becker über den schwarzen Haut-krebs. „Wir verstehen heute sehr viel besser, wie sich ein Melanom entwickelt, und sind von daher in der Lage, ganz neue Ansätze für eine Therapie zu entwickeln“, sagt der Hautarzt. Mit diesem Wissen – und weil Melanom nicht gleich Melanom ist – könnten Ärzte heu-te sehr viel spezifischere und damit für die Patienten schonendere Be-handlungen anbieten. Trotzdem ist Becker mit dem bis-her Erreichten nicht zufrieden: „Das maligne Melanom spricht bei Weitem noch nicht so gut auf unsere Therapien an, wie es wün-schenswert wäre“, sagt er. Neue Erkenntnisse erhofft sich Becker von dem Verbundprojekt. Der in-terdisziplinäre Ansatzpunkt ver-spreche ganz unterschiedliche Sichtweisen, die am Ende mögli-cherweise zu ganz neuen Erkennt-nissen führen können. An dem von der Deutschen Krebshilfe ge-förderten Verbundprojekt sind elf universitäre Kliniken und Institute in Deutschland eng beteiligt.