Diogenes Booklet Georges Simenon 2003

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Georges Simenon 100.Geburtstag 2003 »Der wichtigste Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.« Gabriel García Márquez Diogenes www.diogenes.ch

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Georges Simenon100.Geburtstag 2003

»Der wichtigste Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.«Gabriel García Márquez

Diogeneswww.diogenes.ch

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Obwohl Georges Simenon die belgische Industriestadtan den Ufern der Maas mit 19 Jahren verließ, hat keinanderer Ort den Romancier so geprägt wie Liège.»Alles, was wir intensiv an Gefühlen und Eindrückenin uns speichern, tun wir bis zum Alter von 17, höch-stens 18 Jahren«, hat Simenon in einem Interview ver-sichert. In vielen seiner Romane hat er Personen, Mi-lieuschilderungen und Schicksale aus den LütticherKindheits- und Jugendtagen eingestreut. Dort wurdeder produktivste und meistgelesene Autor unsererEpoche in einer schäbigen Zweizimmerwohnung, inder Rue Léopold 26, am Freitag, den 13. Februar 1903geboren. Doch da seine Mutter abergläubisch war, ließsie den 12. Februar im Geburtsregister eintragen.

Die Simenons lebten in bescheidenen und entbeh-rungsreichen Verhältnissen. Vater Désiré war einschlecht bezahlter kleiner Buchhalter, Mutter Hen- riette hatte ihren Job als Verkäuferin im Kaufhaus In-novation mit der Heirat aufgegeben. »Wir waren arm.Nicht wirklich arm, nicht ganz unten auf dieser sozia-len Leiter, die der bürgerliche Mittelstand, die Wohl-habenden, die Reichen überall auf der Welt erfundenhaben und die bei mir Empörung hervorrief. Warenwir nicht alle Menschen?« schrieb Georges Simenonin den Intimen Memoiren.

190313. FebruarGeburt in Liège.

1909Katholische Schulen: Simenonwill schreiben und Priester werden.

Georges SimenonEin Leben in Bildernvon Rob Kieffer

Das erste Foto vonGeorges Simenon, nochnicht ein Jahr alt.

Georges Simenon, links, mit seinem jüngeren Bruder Christian.

Die Rue Léopold imZentrum von Liège um1905, in der, ganz rechtsaußen, in der damaligenNummer 26 (heute 24),Simenon 1903 geborenwurde.

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Roman · Diogenes

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1918Der Vater wirdkrank, und Simenon verläßt die Schule. Er arbeitet zuerstals Konditorlehr-ling, dann in einerBuchhandlung, wo er nach sechsWochen entlassenwird.

1919Reporter bei derGazette de Liège;Veröffentlichungerster Erzählungen.

1920Au Pont des Arches,der erste Roman»über Lütticher Sitten« erscheint.

1922Ankunft in Paris.

Années folles in Paris:1926 mit Josephine

Baker (Mitte) in ihrem Nachtlokal mit

seiner ersten Frau Régine Renchon, ge-

nannt Tigy (links).

Georges Simenon, gezeichnet von Jean Cocteau, 1957.

Erst als die Familie ein Haus in der Rue de la Loi mie-tete und Studenten aus Rußland, Polen und Rumänienals Untermieter aufnahm, gab es öfters Sonntagsbra-ten mit Pommes frites, jungen Möhren und gezucker-ten Erbsen. Und die Pensionsgäste aus dem Ostenbrachten dem jungen Simenon noch eine andere Be-reicherung. Wie ein Besessener verschlang der knapp12jährige Jesuitenzögling deren Studienlektüre:Dostojewskij, Gorki, Gogol und ◊echov. In der Ge-meindebücherei beschwatzte er dann den Bibliothekarso lange, bis dieser ihm Werke auslieh, die eigentlichden Erwachsenen vorbehalten waren: Faulkner, He-mingway, Conrad, Stendhal und Balzac.Auch ein anderes Interesse wurde beim frühreifen Jungen aus Outremeuse wach: »Ich hatte Hunger aufalle Frauen, deren Weg ich kreuzte und deren wip-pender Hintern genügte, um bei mir fast schmerzhafteErektionen zu verursachen.« Die Pubertätspickel nochim Gesicht, wurde Simenon beizeiten Dauerklient»dieser Häuser, an deren Fenster eine mehr oder weniger fette und begehrenswerte Frau ruhig strickteund die gelbliche Gardine zuzog, sobald ein Kundehereinkam«.

Simenon mit Tigy Mitte der 30er Jahre

auf hoher See.

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Die Erkrankung und der baldige Tod des Vaters zwangen Georges Simenon, seine Studien noch voreinem Abschluß aufzugeben, um zum Lebensunter-halt seiner Mutter und seines um drei Jahre jüngerenBruders Christian beizutragen. In den beiden erstenJobs, Konditorlehrling und Gehilfe in einer Buch-handlung, hielt es ihn nicht lange.Mit 17 Jahren, kaum den kurzen Hosen entwachsen,wurde Simenon Reporter bei der Lütticher Tageszei-tung Gazette de Liège. Er mußte sich der faits diversannehmen, über Grubenunglücke recherchieren undden Polizeibericht verfassen, aber auch die Opernkri-tik schreiben, für die er sich die Fachausdrücke ausdem Lexikon zusammenklaubte. Auf einer HarleyDavidson, die der Zeitung für Werbezwecke geliehenworden war, knatterte er durch die Ardennen, um überRadsportrennen zu berichten. Von seinem ersten Ge-halt kaufte er sich ein Fahrrad; davon hatte er seit sei-ner frühesten Kindheit geträumt.Obwohl in Lüttich seine Parteinahme für die kleinen,einfachen Leute und den homme nu, den bloßen,puren Menschen in seiner Alltäglichkeit, erwachte, littder junge Journalist unter der provinziellen Enge desKleinbürgermilieus. Mit 19 Jahren bestieg er den Zugnach Paris, seine ganze Habe in einem großen Leder-koffer verstaut. Eine Flucht vor der Tristesse der grau-en Provinzmetropole. »Ich hätte allen Traditionenwidersprochen, wenn ich meiner kleinen Stadt nicht

1923Heirat mit RégineRenchon, einer Malerin. Erste Erzählungen für Le Matin und diverse ›galante‹Zeitschriften. Zwischen 1923 und 1933 werden es mehr als tausend.Simenon wird Sekretär und Reisebegleiter des Marquis de Tracy.

1924Trennung von deTracy. Simenon beginnt serienweise– zwischen 1925und 1934 mehr als180 – Groschenro-mane zu schreiben.

»Das Bedürfnis, zu sein! Wichtig zu sein! Nicht nur unser Individuum, die ganze Spezies. Hier für etwas dazusein.«

Presseausweis, 1933.

Denyse Ouimet, Simenons zweite Frau, die Mutter von John,Marie-Jo und Pierre.

eine überlegene Verachtung gezeigt und beschlossenhätte, allein Paris sei würdig, mich zu empfangen.«

In Paris bezog der Belgier Quartier in einer verküm-merten Hotelmansarde, wurde Laufbursche bei einemSchriftsteller und später Sekretär des Marquis deTracy. Die Entlohnung war spärlich: »Ich hatte Hun-ger… Ich ernährte mich vor allem von Brot, vonCamembert oder Kaldauen à la Caen, mit deren fetterBrühe man eine große Menge an Brot hinunterbe-kommen konnte.« Am 24. März 1923 heiratete Geor-ges Simenon die Malerin Régine ›Tigy‹ Renchon. Erhatte sie noch in Lüttich kennengelernt, in einem Kreisanarchistisch gesinnter Studenten und Künstler, dienächtelang, von Kokain und billigem Schnaps ange-törnt, über Lenin, Verlaine und Platon debattierenkonnten. Um über die Runden zu kommen, be-gann Simenon wie am Fließband galante und frivoleErzählungen in die Schreibmaschine zu hämmern, fürBahnhofskioskblätter, die Frou Frou, Paris-Flirt oder

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Ric et Rac hießen. Dabei bediente er sich Dutzendervon Pseudonymen. Sein erstes Auftragswerk, ein Drei-groschenroman mit dem Titel Das Leben einer Steno-typistin, schrieb er an einem einzigen Morgen auf einerCaféterrasse. Seine Schreibwut war so maßlos wieseine Gier nach Frauen unersättlich. Manchmal schrieber achtzig Manuskriptseiten pro Tag, seine Romane,»mit viel Liebe und Hochzeit am Ende«, wurden be-sonders von den Conciergen und Näh-mädchen ver-schlungen.Die Schriftstellerin Colette, literarische Leiterin desBlattes Le Matin, hatte dem Vielschreiber folgendeEmpfehlung gegeben: »Mein kleiner Sim, merzen Siealles Literarische aus ihren Werken aus, und wir wer-den ihre Geschichten drucken.« Simenon befolgte den»besten Ratschlag meines Lebens« und radierte seit-dem alle überflüssigen Adjektive und Adverben aus,beschränkte sich auf einen schnörkellosen, schnellenStil.

Die Honorarschecks gleich mehrerer Verlagshäuserbrachten Reichtum und Ruhm. Das Ehepaar konntein eine größere Wohnung an der Place des Vosges um-ziehen, wo Tigy ein Maleratelier einrichtete. DieSimenons wurden zu Akteuren der Pariser années folles,lernten Picasso und Vlaminck kennen. Simenon stürz-te sich in eine kurze, aber um so stürmischere Liaisonmit dem Variétéstar Joséphine Baker. Legendär waren

die Cocktailpartys an der Place des Vosges, wenn Simenon im weißen Rollkragenpullover die Getränkemixte. »Um drei Uhr morgens lag eine gewisse Anzahlnackter Körper auf schwarzen Samtkissen ausge-streckt, wo sie den Rest der Nacht verbrachten, während ich mich um sechs Uhr morgens vor meineMaschine setzte, um meine achtzig Seiten Tagespen-sum zu schreiben!«In Paris kaufte Simenon ein vier Meter langes Boot, die»Ginette«. Mit ihr bereiste er 1928 Frankreichs Flüsseund Kanäle und produzierte unterwegs in Rekordge-schwindigkeit Romane für die großen Pariser Verlage.An Bord waren seine Gemahlin, die HaushälterinBoule, zugleich seine heimliche Mätresse, sowie die dänische Dogge Olaf. Mit derselben Crew fuhr Sime-non ein Jahr später auf einem größeren Boot, der»Ostrogoth«, nach Belgien, Holland und Norwegen.

1928Simenon kauft sein erstes Boot,»Ginette«, unddurchfährt währenddes SommersFrankreichs Flüsseund Kanäle.

1929Das zweite Boot,die »Ostrogoth«,wird gebaut. Reisennach Holland, Nor-wegen, Lappland.Im Septemberschreibt Simenonden ersten Maigretunter eigenemNamen: Maigretund Pietr der Lette.

1935Weltreise: NewYork, Panama, Kolumbien, Galapagos-Inseln,Tahiti, Afrika; derReisebericht er-scheint zusammenmit anderen Repor-tagen aus Frank-reich in verschiede-nen Zeitschriften.

1939–401939 wird der SohnMarc geboren.1940, nach Kriegs-ausbruch, organi-siert Simenon eineFlüchtlingshilfe.

»Ich erzähle eine Geschichte. Und das ist alles!«

Simenons zweites Boot,»Ostrogoth«. 1929 fährt

er damit nach Delfzijl(Holland), wo er

die Figur des Maigreterfindet.

Georges Simenon mitJean Renoir, der 1931

als erster Regisseureinen Simenon ver-

filmte: Maigrets Nachtan der Kreuzung.

Großes Foto rechts:Georges Simenon in

Paris, knapp 20 Jahrealt. Er schreibt erste Er-

zählungen und Groschenromane.

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1939

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1948

1949

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Georges SimenonBrief an André Gide

Mon cher Maître und großer Freund,

es wird Sie kaum wundern, wenn ich Ihnen sage, daß ichnoch nie im Leben soviel Lampenfieber hatte. Ihre beidenBriefe sind fast gleichzeitig – am 7. – bei mir eingetroffen.Ich bitte Sie nicht darum, mich zu entschuldigen. Ich weißja, daß Sie es tun. Ich weiß, daß Sie von mir keinen logischaufgebauten Brief erwarten. In dem Fieber, in das Ihr letzterBrief mich versetzt hat, möchte ich gern, daß meine Antwortwie ein Bekenntnis ist. Weil Sie verstehen.Mit zwölf Jahren wollte ich Priester werden, oder Offizier –wie mir schien, die einzigen Möglichkeiten, schreiben zukönnen und doch einen gesicherten Lebensunterhalt zuhaben.Mit sechzehn verkündete ich: mit vierzig bin ich entwederMinister oder Mitglied der Académie Française (was natür-lich nie zur Debatte gestanden hat).Und seit meinem achtzehnten Lebensjahr weiß ich, daß icheines Tages ein richtiger, gestandener Romanschriftstellersein will, und ich weiß auch, daß das eigentliche Œuvre einesRomanschriftstellers erst so mit vierzig beginnt – wenn’s gutgeht … Romanschriftsteller, sage ich: nicht Dichter.Zuerst der Beruf. Gips anrühren, die eigentliche Arbeit vor-bereiten. Zehn Jahre habe ich mir dafür gegeben. Ganz zuAnfang kam es noch vor, daß ich mich nach meinem Tage-werk (das heißt dem Schreiben von Kolportage-Romanen,für die ich pro Stück drei Tage brauchte) in Trance steigerteund eine Erzählung oder eine Novelle schrieb. Ich habe nieversucht, diese Sachen zu veröffentlichen. Ganze Ordnerhabe ich voll davon. Ich wußte, was daran noch fehlte. Undich wußte, was ich eines Tages tun wollte … Ich habe es bisheute noch nicht getan.Diese Erzählungen haben mir gezeigt, was mir fehlte: in dieHaut eines beliebigen Menschen hineinschlüpfen zu können.Die eine Haut war für mich durchlässig, die andere nicht.Und während ich an meinen Kolportageromanen schrieb,

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bemühte ich mich, Dialogführung, straffen Stil und Hand-lungsabläufe einzuüben… Zugleich nahm ich mir vor, daßdie nächste Etappe darin bestehen sollte, mich im Leben zuüben. Ich habe fast zehn Jahre gewartet. Um in schnellem Ablaufviele Leben zu durchleben, brauchte ich viel Geld.Mit zwanzig hatte ich geschrieben: »Mit dreißig werde ichmeinen ersten Roman veröffentlichen.« Mit dreißig entschiedich: »Um zu leben, das Leben kennenzulernen, will ich ersteinmal halb-literarische Romane schreiben; den ersten wirk-lichen Roman schreibe ich mit vierzig.«Ich bin jetzt sechsunddreißig Jahre alt. Ich habe ein ganzklein wenig Vorlauf, aber nicht soviel, wie es aussieht: nochist die Rechnung nicht aufgegangen.

Bitte verzeihen Sie mir, mon cher Maître und Freund, wennich mich ereifere. Ich spreche ex cathedra, aber ich verteidigeauf diese Weise praktisch mein ganzes bisheriges Leben –wenn ich Unrecht habe, so habe ich es vertan. Vertan habeich auf jeden Fall die zehn Jahre, in denen ich mich der Illu-sion hingegeben habe, mit dem Schreiben von Kolportage-romanen mein Handwerk als Gipsanrührer zu erlernen – undobendrein fast weitere zehn Jahre, in denen ich um jedenPreis alle nur denkbaren Leben durchleben wollte: um nichtmehr recherchieren, nie mehr die Person, die ich gerade brau-che, mühsam aufbauen zu müssen; um vielmehr im Bedarfs-fall eine Auswahl an zehn Personen zu haben, sobald ich siebrauche, ohne mein Arbeitszimmer zu verlassen.Vor allem: um sie nicht zuvor beobachten zu müssen. Beob-achtung ist mir zuwider. Man muß es selber versuchen, emp-finden. Man muß geboxt haben, gelogen – beinahe hätte ichgeschrieben: gestohlen. Alles einmal gemacht haben – nichtbis zur Perfektion, aber ausreichend, um etwas davon zu ver-stehen… Was übrigens der Grund dafür ist, daß ich auf allenGebieten mittelmäßig bin. Ob Sie Gartenarbeit nehmen oderReiten… In Latein bin ich eine Null.

In einem meiner Kolportageromane war der Held ein Mann,der in ganz Frankreich Häuser besaß, jedes im Stil der je-weiligen Region und für die Bedürfnisse eines bestimmtenBerufes gebaut. Und wenn mein Held eines dieser Häuserbetrat, schlüpfte er auch in das Gewand und die Mentalitätder betreffenden Region und des entsprechenden Standes…Ich muß Ihnen gestehen, daß so etwas mein Traum ist; im kleinen habe ich es für meine Person verwirklicht.

Aber wie sollte ich mich aufrichtig dazu äußern, wie einRoman in mir heranreift? Ich würde mir nur selber etwasvormachen. Da gibt es einen Ausdruck, den meine Frau undich oft gebrauchen: »Ich versetze mich in Trance.«Das bedeutet zuerst einmal, daß ich mich neutralisiere, totalabschalte, mein eigenes Ich völlig vergesse, alle meine Sor-gen. Und dann taucht in dem Wust der Erinnerungen plötz-lich die Person auf, die mich fesselt. Das dauert manchmaleine Stunde, manchmal zwei Tage – je nachdem, wieviel ichgerade um die Ohren habe, wie das Wetter ist usw. Im Win-ter schneller als im Sommer – keine Ahnung, warum.Das genügt; damit kann ich anfangen; die Handlung spieltfür mich in diesem Stadium keine große Rolle. Die Schwie-rigkeit liegt jedoch darin, während der ganzen Dauer der Pro-zedur am Ball zu bleiben, in der Geschichte zu bleiben.Kein eigenes Leben, weder nach innen noch nach außen; lediglich die physische Existenz. Und von morgens bisabends jene Besessenheit aufrechterhalten – nur hie und daeine Oase in Form einer Partie Karten, die Abstand schafft.

»Wenn ich mit der Arbeit an einem Roman beginne, werde ich zur Hauptfigur, und zehn Tagelang wird mein ganzes Lebendavon geprägt. Ich ›trete in denRoman ein‹, wie man in eine Glaubensgemeinschaft eintritt.«

André Gide bei der Lektüre von Monsieur La Souris.Auf dem Foto die Widmung: »Für meinen lieben G. Simenon – sein alter Freund«.

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Eine Art von freiwilligem, alles umfassenden Stumpfsinn.Noch ein Ausdruck, den wir dann benutzen: der Stand derGnade. Um jeden Preis im Stand der Gnade bleiben! Wenn ich einen Roman einmal angefangen habe, bin ich sel-ber meine Hauptperson; ich lebe ihr Leben. Ich arbeite zweiStunden täglich; erbreche mich immer noch wie zu Anfang…Danach bin ich abgestumpft, ausgehöhlt. Ich schlafe. Ich esse.Und ich warte auf den Augenblick, in dem alles von neuembeginnt. Das ist alles.Hinterher ist es mir unmöglich, eine einzige Stelle zu ändern.Das hat man mir oft genug vorgeworfen. Mir wäre es auchlieber, wenn ich fähig wäre, an meinen Texten zu feilen. Aberda ich nicht weiß, wie er entstanden ist, weiß ich auch nicht,wie er zu reparieren wäre. Er ist entweder geglückt oder miß-lungen; so ist es nun mal, und ich kann nichts mehr dazu tun.Aber all dies ist im Grunde nebensächlich. Ich war es Ihnennur schuldig. Zum ersten Mal ist es mir möglich, von mir zusprechen, mich zu erklären. Ich hoffe nur, daß ich darübernun nicht Ihre Freundschaft und Ihren ermutigenden Bei-

stand verliere. Nun werde ich, wenn ich die Freude habenwerde, Sie zu treffen, vielleicht ganz ungezwungen mit Ihnensprechen können; so, wie ich es oft schon gern getan hätte –ohne ständig daran denken zu müssen, daß Sie der Meistersind, oder an das Stimmungstief, in das ich vor kurzem erstdurch die neuerliche Lektüre Ihrer Werke geraten bin.Ihre ausgestreckte Hand, cher Maître, kommt in eben demAugenblick, in dem ich durch das viele Allein-Arbeiten derErschöpfung und dem Überdruß hätte anheimfallen können.

Aus ganzem Herzen, aus Herzensgrund: Dank.

Geschrieben in Nieul-sur-Mer bei La Rochelle, ca. Mitte Januar 1939 (gekürzt).

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Während das Boot einmal im holländischen HafenDelfzijl neu abgedichtet wurde, streifte Simenon amQuai herum und entdeckte im brackigen Wasser einenalten Kahn.»In der halbverfaulten Schute, in der die Ratten her-umschwammen, trug ich alte Kisten zusammen, stelltemeine Schreibmaschine auf die größte … Zwei Tagespäter begann ich einen Roman, der vielleicht wie dieanderen ein Groschenroman, vielleicht auch etwas an-deres werden würde, und das war, mit Pietr der Lette,die Geburt eines gewissen Maigret, von dem ich nochnicht wußte, daß er mir so viele Jahre hindurch keineRuhe lassen und mein Leben von Grund auf ändernwürde.«Simenons damaliger Verleger, der alte Arthème Fayard,war skeptisch. Wie sollten die Leser einen PariserKommissar mögen, der nichts Geniales und nichtsHeldenhaftes an sich hatte, der Verständnis für dieTäter aufbrachte, der stundenlang vor einem Glas Biervor sich hingrübelte, dem bei den Verhören im ver-rauchten Büro des Quai des Orfèvres der Schweißunter den Achseln zusammenlief, der die Nacht, denRegen und die Häuslichkeit liebte, ungern verreisteund seiner Gemahlin unbeirrt treu blieb?

1945Aufbruch in dieUSA. In New Yorklernt Simenon Denyse Ouimetkennen, seinezweite Frau.

1947–1949Reise nach Kuba.Simenon läßt sichin Arizona nieder.Geburt des SohnesJohn. Umzug nachCarmel, Kalifornien.

1953–1955Geburt der TochterMarie-Georges.Umzug nachFrankreich. Simenon läßt sichfür zwei Jahre nahebei Cannes nieder.

1957Umzug nachÉchandens bei Lausanne, 1959 Geburt des SohnesPierre.

1960Präsident des Festi-vals von Cannes.Zusammen mitHenry Miller setztSimenon die ›Gol-dene Palme‹ für Fe-derico Fellinis La dolce Vita durch.

»Für mich istMaigret einFlickschusterfür kaputteSchicksale.«

Georges Simenoninmitten von Mai-gret-Darstellern aus vier Ländern,darunter Heinz Rühmannund Rupert Davies,1966.

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Fayard beschloß dann doch, den ersten Maigret-Ro-man auf den Markt zu bringen. Er sollte einer der er-staunlichsten Erfolge der Literaturgeschichte werden.Simenon schrieb bis zum Jahre 1972 insgesamt 84 Mai-grets, hundertmillionenfach gedruckt, unzählige Maleverfilmt, in über 55 Sprachen übersetzt, von Hebräischüber Kirgisisch bis Usbekisch.Jetzt wurde Simenon weltweit bekannt, als Meister der Atmosphärenschilderung, der wie kein andererGerüche, Farben und Laute in sein Gedächtnis hin-einsog. Wenn auch mehr durch seine populären Kri-minalerzählungen als durch seine anspruchsvollerenNon-Maigret-Romane, seine Reisereportagen undseine Memoiren, die zu den fesselndsten Milieube-schreibungen seines gigantischen, über 200 Bücherzählenden Œuvres gehören.

1964Umzug in dasselbst entworfeneHaus in Epalinges,sieben Kilometervon Lausanne.

1966In Delfzijl wirdeine Maigret-Statue enthüllt; hier warder erste MaigretPietr der Lette entstanden.

1972Am 19. Septemberentschließt sich Simenon, sein Hausin Epalinges – sein29. insgesamt! – zuverkaufen, in einAppartement zuziehen und nichtmehr zu schreiben.

»Wenn ich mich in meiner Haut nicht rechtwohl fühle, schreibe icheinen Roman: Das ersetztdie Psychoanalyse.«

Sein Lebenslauf gestaltete sich von nun an wie einerastlose, von Luxus begleitete Odyssee. Insgesamtwechselte er dreiunddreißigmal die Wohnung, zog inSchlösser, Villen, Farmen, millionenteure Penthäuser.Die Simenons lebten in Kanada und den usa, bereistenden halben Globus, kehrten nach Frankreich zurück,wurden schließlich in der Schweiz seßhaft.Simenons Familienleben war von Krisen, Skandalenund Schicksalsschlägen gekennzeichnet. 1950 ließ ersich von seiner ersten Frau Tigy scheiden, um seine Se-kretärin, die Kanadierin Denyse Ouimet zu heiraten.Doch auch diese Ehe, von Alkoholexzessen und gifti-gen Anfeindungen geprägt, ging in die Brüche. Erst imhohen Alter landete der Erfolgsautor bei jener Frau,die ihn liebte und zugleich bemutterte, Teresa, seinereinstigen Haushaltshilfe. Als das jüngste seiner vierKinder, die abgöttisch geliebte Tochter Marie-Jo mit25 Jahren Selbstmord beging, widmete ihr Simenon dieIntimen Memoiren, sein letztes bedeutendes literari-sches Vermächtnis.In seine Geburtsstadt aber kam der »Balzac der Neu-zeit«, wie sein Freund André Gide ihn titulierte, nachseiner Heirat nur noch ein einziges Mal: 1952, als er indie belgische Académie Royale aufgenommen wurde.Und mehr noch als der fürstliche Empfang, den ihm dieLütticher bereiteten, freute es ihn, in einer kleinen Im-bißstube Miesmuscheln und Pommes frites zu essen, sowie früher mit den Freunden.

Arbeitsplan für den Roman Der Tod des AugusteMature.

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seit 1973Simenon beginnt, tagebuchartige No-tizen ins Diktaphonzu sprechen, diespäter in mehr alszwanzig Bändenveröffentlicht werden.

1978 –1981Selbstmord seinerTochter Marie-Jo.Trotz seines 1972gefaßten Vorsatzesbeginnt er ein großes autobiogra-phisches Werk: dieIntimen Memoiren.

1989Georges Simenonstirbt am 4. Septem-ber in Lausanne.

Simenons Abschied vom Leben vollzog sich still undleise, es war ein Abgang ohne Paukenschlag. Er hatttesich von allem Luxus, seinen Picasso-Gemälden, sei-nen Bediensteten und den Nobelkarossen getrennt; sei-ner Heimatstadt hatte er sein gesamtes Archiv undseine Privatbibliothek geschenkt. Der Mann mit derhalben Milliarde Gesamtauflage, den angeblich zehn-tausend Frauen und den zweihundert Tabakpfeifenhatte seine mit Antiatombunker und eigenem Opera-tionssaal ausgestattete Prunkresidenz in Epalinges verlassen und war in einen kleinen, spartanisch ein-gerichteten, rosagetünchten Vorstadtpavillon in Lau-sanne eingezogen, mit Teresa als einziger Gefährtin.

In seinen letzten Monaten wurde er selbst zu einemjener diskreten, unprätentiösen Rentner, die seine Romane bevölkern. Wenn er in der benachbarten Piz-zeria bei einem Glas Bier pfeiferauchend vor sich hinsinnierte, war er seinem homme nu näher als dem mil-lionenreichen Bestsellerschreiber. Kurz vor seinemTod hatte er seinem Freund und Verleger Bernard deFallois gesagt: »Siehst du, ich wohne kaum fünfzigMeter vom Friedhof und vom Krematorium entfernt.Wenn die Stunde gekommen ist, werde ich nicht malein Taxi zu nehmen brauchen.«

Ein Umhergetriebener: dreiund-dreißigmal wechselte Simenon in

seinem Leben den Wohnort. Nach Herrenhäusern, Schlössern

und einem selbstentworfenen Riesenhaus am Genfer See

(rechts Mitte), zieht Simenon 1973 in das »kleine rosa Häuschen«

in Lausanne (links) ein.gezeichnet von Bernard Buffet1957

Carmel, Kalifornien(oben rechts);

das selbstentworfeneHaus in Epalinges

bei Lausanne (rechts).

Simenon mit Sohn Marc ca. 1940

in Fontenay-le-Comte.

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»Seit ich mit dem Schreiben aufgehört habe, beschwöreich für mich allein des öfteren diese oder jene Periodemeines Lebens, dieses oder jenes Ereignis aus der Ver-gangenheit herauf. Und ich frage mich: Was bleibtdavon in mir?Eine Menge. Ich fühle mich reich an Erinnerungen,aber nicht an Dingen, die zum damaligen Zeitpunktder Rede wert gewesen wären. Die Erinnerungen, diejetzt ein Teil meiner Existenz sind, das sind die Strah-len der Sonne, der Regen, der Geschmack von Eis, dielangen einsamen Spaziergänge in den verschiedenenVierteln von Paris mit den Zwischenstationen in einemBistro im alten Stil, wo Gäste miteinander reden, ohnesich zu kennen.Was in meinem Leben zählte, das war die Wärme derSonne auf meiner Haut, oder die eines Holzfeuers an einer Feuerstelle im Winter, und besonders dieMärkte in La Rochelle, in Cannes, in Connecticut undanderswo.Der Geschmack der Gemüse und Früchte. Der Metz-ger, der in riesige Fleischstücke schneidet. Fisch, derauf großen Platten liegt.Wenn ich etwas in meinem Leben gelernt habe, dann,daß all das gut und wichtig ist. Der Rest ist bloß Anek-dote und Stoff für die Presse.«

1965

1967

1971

»Der Mensch ist derart schlecht für das Leben ausgerüstet, daß man fasteinen Übermenschen aus ihm machenmüßte, wenn man in ihm einen Schuldi-gen – statt eines Opfers – sähe.«

Teresa, die Gefährtin der letzten Jahre.

SimenonDer Zug

aus VenedigRoman · Diogenes

SimenonDie Katze

Roman · Diogenes

SimenonMaigret

undder einsame

Mann

Roman · Diogenes

SimenonMeister-

erzählungen

Diogenes

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»Carissimo Simenon«Federico Fellini über Georges Simenon

Ich konnte nie glauben, daß Simenon wirklich existiert.Seine ungeheure Produktion, mein immer neues Stau-nen über die Vollkommenheit seiner Erzählungen, diepsychologische Genauigkeit seiner unendlich vielenFiguren, die Eindrücklichkeit der Landschaftsbe-schreibungen vermittelten mir stets ein Bild eines hin-reißenden Schriftstellers, das aber so ungreifbar undunbestimmt blieb wie etwa das Bild des Frühlings, desMeeres, das Bild von Weihnachten, das Bild von Er-scheinungen, Wesenheiten, Naturelementen, Umstän-den, Konventionen – Bilder, die man mit Vergnügenund unbewußtem Wohlbehagen in sich aufnimmt underlebt, ohne daß sie imstande wären, die Begriffe inihrer Dinghaftigkeit und Identität vollständig zu ver-körpern.

Manchmal schien mir Simenon auch Allgemeingut zusein, ungefähr wie die Elektrizität, die Schule, die Spi-täler, die Feuerwehr. Ich merke, daß ich Blödsinn rede,der den Gegenstand einer so überlegt ausgedrücktenBewunderung sogar beleidigen könnte; doch ichmöchte damit nur sagen, daß Simenon mehr ist als einSchriftsteller; oder vielleicht ist er auch ein Schrift-

Kein anderer Schriftsteller wurde so oft verfilmt wie Simenon, von den größten Regisseuren, mit den größtenSchauspielern. Links: Brigitte Bardot und Jean Gabin in Im Falle eines Unfalls. In der Mitte: Romy Schneider und Jean-Louis Trintignant in Der Zug.

Die Verlobung desMonsieur Hire mitMichel Blanc undSandrine Bonnaire inden Hauptrollen.

Page 17: Diogenes Booklet Georges Simenon 2003

steller im wahrsten und vollsten Sinne des Wortes, weileben gerade das, was an ihm alltäglich, banal, hand-werklich, ja beinahe simpel ist, ihn zum Freund, zumVertrauten, ja zum Verwandten des Lesers werdenläßt.

Wie viele Eisenbahnfahrten mit Simenon, wie viele Rekonvaleszenzen mit seinen gierig verschlungenenGeschichten, mit seinen Büchern neben sich im Bett –seine Landschaften, seine Personen, seine Atmosphä-ren, die Farben, die Gerüche, der unaufhaltsame Flußseiner wahren und erfundenen Erinnerungen, einewohlige Wärme. Seine Romane sind wie ein Stückwarmer Menschlichkeit, ein langer, fließender, wohl-tuender Traum, der dem Leben gleicht und uns viel-leicht hilft, das wirkliche Leben zu deuten und zu lieben.

Als siebzehnjähriger Junge habe ich in einer einzigenNacht Maigret und der gelbe Hund, Maigret und derTreidler der ›Providence‹ und Maigret und der Ge-hängte von Saint-Pholien gelesen und bin dabei aneiner grenzenlosen Bewunderung erkrankt, die niemehr aufgehört hat.

Ich habe Deine Bücher, wie im übrigen Millionen an-dere Leser auf der Welt, immer gierig verschlungen,aber diesmal kommt bei meiner Lektüre noch etwashinzu. Eine wache Neugier, eine helle Begeisterung,eine amüsierte und schmerzliche Anteilnahme, ein ge-spanntes, ängstliches Lauern von Seite zu Seite, voller Hoffnungen und Befürchtungen, die mich,glaube ich, selber etwas angehen, und zwar zutiefst.

Du und ich haben im Grunde immer nur Niederlagendargestellt. Alle Romane Simenons sind Geschichteneiner Niederlage. Und Fellinis Filme? Was sind sie an-deres? Aber ich muß Dir sagen, ich muß Dir einfachendlich sagen: Wenn man eines Deiner Bücher zu-schlägt, hat man daraus, selbst wenn es schlecht endet,und im allgemeinen endet es schlecht, neue Kraft ge-schöpft. Ich glaube, die Kunst ist dies: die Möglichkeit,die Niederlage in einen Sieg, die Traurigkeit in Glückzu verwandeln. Die Kunst ist ein Wunder…

Mit Brigitte Bardot am Festival von Venedig, 1958.

1997

1960 als Präsident des Film-Festivals von Cannes mit Federico Fellini. Zusammen mit Henry Miller setzt er die Auszeichnung von Fellinis La dolce vita durch.Es ist der Beginn einer lebenslangen Freundschaft.

»Simenon ist Teil der Geschichten, die wir imTraum erleben und mitdenen er wie ein Magierwahre Wunder vollbringt.«Federico Fellini

CarissimoSimenonMon cher

FelliniDerBriefwechsel

zwischenFederico Fellini

undGeorges Simenon

Diogenes

Page 18: Diogenes Booklet Georges Simenon 2003

Simenon-Editionbei Diogenes

Seit 1977 betreut der Diogenes Verlag das Gesamt-werk Georges Simenons in einer Werkausgabe. Im Laufe der Jahre erschienen über 200 Bände. Seit 1995 werden Simenons Werke im Rahmen einer Neu edition in zum Teil neuen oder überarbeiteten Übersetzungen wieder aufgelegt.

»Wer Simenon noch nicht kennt, der hat jetzt die Möglichkeit, sich Zug um Zug und auf ganz übersichtliche Weise in Simenon

einzulesen, in die Maigret-Romane und die Non-Maigrets.« Ralf Vollmann / Südwestfunk, Baden-Baden

»Die ambitiöse Neuausgabe des Diogenes Verlags ist für Simenon-Süchtige die heißersehnte Gelegenheit, sich im Lauf

von fünfzehn, zwanzig Jahren den gesamten (literarisch) relevanten Stoff im Taschenbuch zu verschaffen.

Denn süchtig nach Simenon wird man rasch.«Marc Zitzmann / Neue Zürcher Zeitung

»Ein verlegerisches und literarisches Großereignis.«Jürg Altwegg

»Zu Simenons neuerlichem Erfolg in deutscher Sprache gehört allerdings untrennbar und im wahrsten Sinne

fundamental die Überarbeitung aller Übertragungen, die derzeit in Folge erscheinen: Ein so elegantes Deutsch ist selten

geworden – nicht nur bei Übersetzungen.«Elke Schmitter / taz, Berlin

Page 19: Diogenes Booklet Georges Simenon 2003

Ein Literaturereignis – ein Medienereignis

»Für Georges Simenon gibt es kein Vorbild in der Literaturgeschichte.« (Berliner Zeitung),

»Simenon ist der meistgelesene, meistübersetzte, mit einem Wort, der erfolgreichste Schriftsteller

des 20. Jahrhunderts « (Die Zeit, Hamburg).»Ein Stilist von Rang« (NZZ am Sonntag, Zürich),»ein blendender Unterhalter« (Du, Zürich), der »genial den Leser in eine Atmosphäre, in eine Landschaft, in eine Situation hineinversetzt«

(Deutsche Welle, Köln). »Harold Bloom bezeichneteShakespeare einmal als ›Mann, der uns erfunden

hat‹. Simenon hat den Menschen des zwanzigstenJahrhunderts erfunden« (Süddeutsche Zeitung,

München). Simenon hat »literarischen Weltrang«(Neue Zürcher Zeitung), »noch jeder, der sich

mit ihm einließ, ist süchtig geworden« (Welt amSonntag, Hamburg), »also: Simenon wieder lesen!

Oder überhaupt erst entdecken!« (Applaus, München)

Simenon – »ein Fürst« (Jean Cocteau), »ein Monarch« (Henry Miller), »das Phänomen unserer Zeit« (Patricia

Highsmith), »unser größter Romancier« (André Gide), »ein einzigartiges Erzählertalent« (Jean Améry), »ein wahrhaft riesenhaftes Talent« (Hermann Graf Keyserling), »der letzteTragiker« (Georg Hensel), »ein Balzac unserer Tage«(François Bondy), »ein Balzac ohne Längen« (Marcel Aymé),»wunderbar« (Ernest Hemingway), »ein Wunder« (Alfred

Andersch), »der Goethe der schweigendenen Mehrheit«(Jürg Altwegg), »phantastisch« (Tomi Ungerer), »einzigartig der Stil« (Walter Kempowski). Simenon »hat etwas von EdgarAllan Poe« (Dashiell Hammett), »erinnert an ◊echov« (William

Faulkner). »Simenon ist einmalig, nicht nur heute, sondernzu jeder Zeit« (Henry Miller). Geliebt gestern – »Ich lesejeden neuen Roman von Simenon« (Walter Benjamin) – undheute: Elke Schmitter, Donna Leon, Jakob Arjouni, JudithKuckart, Magdalen Nabb, Franz Schuh, Andrea Camilleri,Peter Handke, Walter Kempowski sind alle Simenon-Leser.

»Manche kommen undfragen mich: Was soll ichdenn von Simenon lesen?– Ich antworte: alles.«André Gide

Page 20: Diogenes Booklet Georges Simenon 2003

»Georges Simenon ist tot. Aber merkwürdig: das literarische Werk bleibt davon unberührt. Es steht längst da – als hätte es sich selbst geschrieben.«Martin Meyer / Neue Zürcher Zeitung

Diogenes Verlag Sprecherstraße 8 CH-8032 Zürich www.diogenes.ch

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