Dipl.-Ing. Dr. techn. Gerald S. Körbler
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Wir sprachen mit ...
I d· R b ·k t llt der wirtschaftsingenieur prominente Mitglieder des Verbandes vor, durchleuchtet i~re Tätig~eit, hinter-;aglte:~;e J:te;~u~; zu aktuellen Themen und vergißt auch die private Seite nicht. Das Gesprächführte Remhard Rleger.
Gerald S. KÖRBLER, Dipl.-Ing. Dr. techn., wurde 1948 in Knittelfel~ geboren. Erstudierte an der TU-Graz Wirtschaftsingenieurwesen der Fachnchtung .Maschinenbau und war danach Universitätsassistent am Institut für BetrIebswirtschaftslehre. 1978 begann er seine. Laufb.ahn.,:ei der Deutschen Lufthansa AGund ist dort nach verschiedenen FunktIOnen In Koln, Hamburg und Franlifurt nunmehr wieder in Hamburg als Leiter des Bereiches Contr~lling un.d B~triebs
wirtschaft im Ressort Technik tätig. Er ist Mitglied der Te7hmschen DirektIOn, hatProkura für die Lufthansa AG und ist Mitglied des AufsIchtsrates der LufthansaA.E.R.Q. GmbH.
Dipl.-Ing. Dr. techn. Gerald S. Körblerder wirtschaftsingenieur: Beschreiben Sie bitte Thren persönlichenWerdegang.
Dr. Körbler: Wichtige Entscheidungenlassen sich manchmal erst im Rückblickals solche erkennen. In diese Kategoriestufe ich heute meine Entscheidung ein,bereits am Beginn des zweiten Studienabschnittes als "wissenschaftliche Hilfskraft" am Institut für Betriebswirtschaftslehre der Technischen Universität Graz anzufangen. Das bereits vorhandene Interesse an allen wirtschaftlichen Fragestellungen wurde dadurchuntermauert und erwies sich schließlichals bestimmend für den gesamten weiteren Berufsweg. Eine logische Fortsetzung war daher nach dem Studienabschluß eine Assistententätigkeit amgleichen Institut, wo ich auch meineDissertation anfertigte und ein "Gestaltungsmodell für die Datenerfassung intechnisch-organisatorischen Informationssystemen" entwickelte. Währendmeiner Assistentenzeit fungierte ichauch zwei Jahre als Geschäftsführer deswrv und ich hatte damals zusammenmit dem Institutsteam einen der erstenKongresse der Wirtschaftsingenieureorganisiert.
der wirtschaftsingenieur: Wiekamen Sie zur Lufthansa und wie wardort Thre berufliche Entwicklung?
Dr. Körbler: Nach meiner mehr als vierjährigen Assistentenzeit sah i.ch es - tr~tz
vorhandenem Interesse an emer Vertte-
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fung der wissenschaftlichen Tätigkeit als notwendig an, die Herausforderungin einem unternehmerischen Umfeld zusuchen. Nach mehreren Stellenbewerbungen und daraus folgenden Angeboten habe ich mich entschlossen1978 zur Lufthansa zu gehen und dort inder zentralen Organisation in Kölnzunächst eine Stelle als Organisator fürdie Bereiche Verkauf und Verkehr später für den Bereich Technik anzunehmen. 1984 wechselte ich in das RessortTechnik nach Hamburg. Die beruflichenStationen führten mich durch dasMaterialwesen, den Ingenieurbereichund die Werftbetriebe, wo ich zuletzt dieHauptabteilung Produktionsplanungund -steuerung Flugzeugwartung leitete.Ende 1991 ergab sich die Chance, meinen derzeitigen Aufgabenbereich zuübernehmen. Hierzu zählen die Ressortfunktionen Controlling, Rechnungswesen, Datenverarbeitung, die Erstellung, Dokumentation und Verteilungtechnischer Unterlagen sowie die Themen Organisation und Strategie. DieLeitung der EDV-Abteilung in meinemBereich liegt übrigens auch in den Händen eines Wirtschaftsingenieurs GrazerPrägung. Es ist dies Herr Dr. Stüger, densicher viele der Leser kennen werden.Ein großer Teil meiner Tätigkeit wurdein der jüngsten Vergangenheit natürli.chvon den Sanierungsmaßnahmen 1mUnternehmen bestimmt.
der wirtschaftsingenieur: Wiekam es zu der krisenhaften Entwicklung
und wie würden Sie die gegenwärtigeSituation am europäischen Luftverkehrsmarkt beschreiben ?
Dr. Körbler: Die heutige äußerstschwierige wirtschaftliche Situation dermeisten Airlines - und diese Situation istkeineswegs auf Europa beschränkt - hatmehrere Ursachen. Zunächst ist hiersicher der Umstand zu erwähnen, daßpraktisch alle großen Airlines (dienational carrier") seit ihrer Gründung~ einem geschützten Markt operierten.Kapazitäten und Tarife wurde~ unterEinschaltung von Behörden bJlateralausgehandelt und so festgelegt, daß alleBeteiligten gut damit leben konnte~.
Diese Zeiten sind jedoch - zum Vorteildes Passagiers - unwiderruflich zu Endegegangen. Es war daher ein radikaler Umstrukturierungsprozeß auf eine Marktorientierung einzuleiten, auf den dieMarktteilnehmer zumindest nicht ausreichend vorbereitet waren. Nahezu zeitgleich erlebte der Luftverkehr, der überviele Jahre nur deutliche Wachstumsraten kannte erstmals einen Rückgang derNachfrage: Dies führte zu Überkapazitäten, die zusätzlich auf das Preisniveaudrückten. Schließlich muß man auchnoch darauf verweisen, daß ein erheblicher Anteil der Gesamtkosten einer Airline aus Gebühren für Leistungen derFlughäfen und der Luftverkehrskontrolle besteht und auf diesem Sektornur mit großer Verzögerung und in s~hr
eingeschränktem Maße Ansätze für ememarktgerechte Entwicklung feststellbar
Ausschnitt der Lufthansa-Basis in Hamburg (Neue Lackierhalle und neue B747/A31O Überholungshall
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waren. Die Airlines standen also auf der'Eltragsseite plötzlich in einem heiß umkämpften Markt, während gleichzeitigein großer Teil ihres Kostenblocks weiterhin nach monopolartigen Verhaltensmustern bestimmt wurde.
der wirtschaftsingenieur: Wiesieht hier die Position der Lufthansaaus?
Dr. Körbler: Lufthansa gelang durcheinschneidende Maßnahmen imwesentlichen über Straffungen derOrganisation und deutliche PersonaJreduzierungen aber auch gezielte Anpassungen der Fertigungstiefe - eine erhebliche Verbesserung der Kostenposition.Weitere strukturelle Maßnahmen zurAbsicherung des bisherigen Sanierungserfolges sind in Umsetzung. ZurVerdeutlichung unserer Marktstellungkann ich sagen, daß wir auf dem Passagiersektor in Europa der zweitgrößteAnbieter sind und damit auch weltweit inder Spitzengruppe der Airlines rangieren. Auf dem Sektor der Luftfracht istLufthansa weltweit MarktfUhrer.
der wirtschaftsingenieur: Wieglauben Sie, wird sich der Markt in derLuftverkehrsbranche entwickeln?
Dr. Körbler: Der Luftverkehr wirdweiterhin eine Wachstumsbranche bleiben. Die schwierigen Marktbedingungen - mit denen wir übrigens auch aufdem Sektor der Flugzeuginstandhaltungzu kämpfen haben - werden aber nocheine Weile anhalten. Deshalb ist einekonsequente Fortsetzung des Sanierungskurses wichtig. Die besten Chan- .cen sind den Anbietern einzuräumen,die ein attraktives weltumspannendesTransport- und Servicepaket anbietenkönnen. Die Alternative dazu wäre nurein Rückzug auf möglichst gesicherteMarktnischen. Lufthansa hat sich in diesem Zusammenhang zur Kooperationmit United Airlines entschieden. UnsereVerbindung mit Lauda Air zeigt aber,daß auch im Zusammenwirken vonAirIines unterschiedlicher Größe fürbeide Beteiligte eine sehr positiveWirkung liegen kann.
der wirtschaftsingenieur: Können Sie auch etwas über die technischeEntwicklung erzählen?
Dr. Körbler: Die zuletzt in Dienstgestellten neuen Flugzeugmuster wieA320 und A340 von Airbus weisengegenüber den Modellen, die sie abgelöst haben, große Technologiesprüngeauf. Dies zeigt sich u.a. in so wichtigenumweltrelevanten Fakten wie einemerheblich günstigeren Treibstoffverbrauch und einer wesentlich verbesser-
ten Lärmcharakteristik. Das nächsteneue Flugzeugmuster, welches den Linienbetrieb aufnehmen wird, ist wiederein Flugzeug von Boeing, und zwar die777. Es ist das bisher größte zweimotorige Flugzeug mit Triebwerken einerneuen Generation. Dies wird alleineschon durch deren neue Dimensionenauffallen - der Triebwerksdurchmesserentspricht in etwa dem Rumpfdurchmesser einer Boeing 737 - und natürlichhaben diese Triebwerke auch einewesentlich höhere Schubstärke. Dieerste Auslieferung dieses Flugzeuges istfür Mitte 1995 vorgesehen. Die Boeing777 wird jedoch wahrscheinlich dieletzte Neuentwicklung eines Flugzeugtyps in diesem Jahrhundert bleiben. Dasnächste große Projekt wird voraussichtlich ein Langstreckenflugzeug miteinem deutlich gesteigerten Kapazitätsangebot ("Ultra-high capacity transport") sein.
der wirtschaftsingenieur: Wiesehen Sie am Binnenflugsektor dieKonkurrenzstell ung Flugzeug-Eisenbahn? Ist die Eisenbahn nicht wesentlich umweltfreundlicher?
Dr. Körbler: Flugzeug und Eisenbahnsollten auf diesem Sektor als sich ergänzende Verkehrsträger betrachtet werden. Lufthansa war auch auf diesemSektor "bahnbrechend" und hatte schonvor vielen Jahren in Kooperation mit
der Deutschen Bundesbahn den Lufthansa Airport Expreß, den Zug zumFlug, eingerichtet. Im Vergleich derUmweltfreundlichkeit kann die Eisenbahn übrigens nicht uneingeschränkt alsbesser bezeichnet werden. Zwar ist derEnergieverbrauch bezogen auf denangebotenen Sitzkilometer geringer, beiallerdings deutlich längerer Transportdauer. Zusätzlich muß man jedochAspekte des Landverbrauches für Verkehrsstraßen und die Lärmemissionberücksichtigen. Beim Luftverkehrergeben sich daraus belastende Einflüsse nur im Umfeld von Start undLandung.
der wirtschaftsingenieur: Wiesieht Ihre Freizeitgestaltung aus?
Dr. Körbler: Notgedrungen spärlich.Ich betreibe gerne Sport, gehöre auchzum Kreis der Jogger, muß aber in meinen Statistiken die betrübliche Feststellung machen, daß Häufigkeit undStreckenJänge abnehmende Tendenzhaben. Seit einiger Zeit bereitet es mirauch großes Vergnügen, am Keyboardmeiner Tochter Musikversuche zumachen. In einem fünfbändigen Werkzum Selbststudium bin ich mittlerweilebis zum dritten vorgedrungen.
der wirtschaftsingenieur: Herzlichen Dank für dieses interessanteInterview.
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