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Dipl.-Jur. Univ. Tobias Helmke, Ass. iur. Technische Universität München Hochschulreferat Studium und Lehre – Rechtsangelegenheiten München, 12. April 2018 Aktuelle Rechtsprechung im Prüfungsrecht

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Dipl.-Jur. Univ. Tobias Helmke, Ass. iur.

Technische Universität München

Hochschulreferat Studium und Lehre – Rechtsangelegenheiten

München, 12. April 2018

Aktuelle Rechtsprechung im Prüfungsrecht

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• Zulassung und Anmeldung zur Prüfung, § 14, § 15 APSO

• Prüfungsdurchführung (formelle Anforderungen) Prüfling kann sich auf Verfahrensfehler nur berufen, wenn sie

offensichtlich sind oder er sie unverzüglich gerügt hat (§ 21 APSO)

• Prüfungsbewertung (formelle Anforderungen) Vorgaben der APSO und FPSO zu beachten z.B. Zwei-Prüfer-Prinzip bei Nichtbestehen (§ 18 Abs. 11 Satz 2 APSO)

• Prüfungsbewertung (inhaltliche Anforderungen) fachwissenschaftliche Fragen (gerichtlich überprüfbar) Bewertungsspielraum (gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar)

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Schema Prüfungsverfahren

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Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. April 2017, Az. OVG 6 B 20.16

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Prüfungsdurchführung: Rügeobliegenheit

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Sachverhalt:

Der Prüfling hat eine Klausur nicht bestanden. Er hat den Prüfungsbescheid angefochten und trägt vor, dass es am Anfang der Klausur zu einer Störung durch Baulärm gekommen sei. Dies habe ihn beeinträchtigt. Er habe es einer Aufsichtsperson mitgeteilt. Eine Schreibzeitverlängerung gab es nicht. Im Prüfungsprotokoll waren weder Lärmstörung, noch Rüge vermerkt. Dass Bauarbeiten stattfanden, steht aber fest. Mit seiner Klage fordert der Prüfling einen erneuten Prüfungsversuch hinsichtlich der Klausur.

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Prüfungsdurchführung: Rügeobliegenheit

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Lösung des OVG Berlin-Brandenburg:

• Der Prüfling trägt die Beweislast für eine unverzügliche Rüge.• Der Umstand, dass Bauarbeiten in der Nähe des Prüfungsraums stattfanden, rechtfertigt

für sich genommen nicht die Annahme, dass die Lärmstörung die Schwelle zur Erheblichkeit überschritten hat.

• Vielmehr bestehen Zweifel an der Erheblichkeit des Lärms sowohl hinsichtlich Lautstärke als auch Dauer. Keiner der 34 Prüflinge hatte eine Rüge erhoben. Ein Prüfling, der vom Gericht als Zeuge gehört wurde, konnte sich nicht an eine nennenswerte Lärmstörung erinnern. Der Lärm war nicht von Amts wegen auszugleichen.

• Das Gericht geht davon aus, dass nur kurzzeitige Lärmstörungen, die nicht länger als zirka fünf Minuten dauern, keiner Ausgleichsmaßnahme – etwa in Form einer Schreibzeitverlängerung – bedürfen. Derart kurze Störungen können jederzeit auftreten, bewegen sich im Rahmen des Üblichen und sind daher grundsätzlich hinzunehmen.

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Oberverwaltungsgericht Münster,Beschluss vom 7. Juni 2017, Az. 19 B 501/17

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Prüfungsdurchführung: Prüfungsdauer

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Sachverhalt:

In der Prüfungsordnung ist geregelt, dass die Prüfung „in der Regel mindestens 20, höchstens 30 Minuten“ dauert. Die mündlichen Prüfungen dauerten 24 und 25 Minuten. Die Antragstellerin rügt, dass die Höchstprüfungsdauer von 30 Minuten in beiden mündlichen Prüfungen zu ihren Lasten nicht ausgeschöpft worden sei. Es sei nicht ausgeschlossen, dass sie sich mit weiteren Antworten noch hätte verbessern können.

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Prüfungsdurchführung: Prüfungsdauer

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Lösung des OVG Münster:

• Die Prüfungskommissionen waren nicht verpflichtet, die Prüfungen fortzusetzen und die Höchstprüfungsdauer von jeweils 30 Minuten voll auszuschöpfen.

• Innerhalb des rechtlich vorgegebenen Rahmens ist der Prüfling grundsätzlich so lange zu prüfen, bis die Prüfer sich ein hinreichend sicheres Bild von seinen Leistungen machen können. Das Erreichen dieses Zeitpunkts unterliegt dem Bewertungsspielraum der Prüfer.

• Bei leistungsschwachen Prüflingen ist es keineswegs so, dass sich die Prüfer generell erst nach Ablauf der vorgesehenen Höchstprüfungsdauer ein sicheres Bild von den Leistungen des Prüflings machen können.

• Ein Verfahrensfehler kommt nur dann in Betracht, wenn es nach der Art und dem Umfang der Prüfung oder nach dem Prüfungsverlauf praktisch ausgeschlossen erscheint, dass sich die Prüfungskommission bei Beendigung der Prüfung schon eine abschließende Meinung bilden konnte.

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Verwaltungsgericht Regensburg,Urteil vom 4. Mai 2017, Az. RO 5 K 15.2258

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Prüfungsdurchführung: Protokoll

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Sachverhalt:Die Klägerin hatte eine mündliche Prüfung nicht bestanden und klagt dagegen. Sie trägt vor, dass die Angaben der Prüfer auf dem Beurteilungsbogen nicht detailliert genug und kaum lesbar seien. Auch würden sie nicht den Anforderungen an eine Niederschrift über die Prüfung genügen, weshalb keine ordentliche Dokumentation vorläge. Es fehle an einer Aufzeichnung der besprochenen Inhalte, vor allem der gestellten Fragen sowie der gegebenen Antworten. Die mangelhafte Protokollierung dürfe nicht zu ihren Lasten gehen. Die Klägerin fordert daher eine Bestehensbewertung, hilfsweise eine erneute Bewertung der mündlichen Prüfung.

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Prüfungsdurchführung: Protokoll

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Lösung des VG Regensburg:

• Sofern die Prüfungsordnung dies nicht ausdrücklich verlangt, ist kein Wortprotokoll zu führen. Es genügt ein Ergebnisprotokoll.

• Mängel des Prüfungsprotokolls haben keinen selbstständigen Einfluss auf das Prüfungsergebnis. Denn die Bewertung erfolgt aufgrund des tatsächlichen Ablaufs der Prüfung und nicht anhand des Protokolls.

• Ein unrichtiges oder unvollständiges Protokoll macht daher das Prüfungsergebnis nicht fehlerhaft, sondern es wird nur der Beweis des Prüfungshergangs erschwert.

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Prüfungsdurchführung: Protokoll

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Oberverwaltungsgericht Münster,Beschluss vom 16.11.2017, Az. 14 B 1341/17

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Prüfungsbewertung (formell): Prüfer

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Sachverhalt:Eine Medizinstudentin hat die Anatomieprüfung nicht bestanden. Es handelt sich nach der ÄAppO um eine dreiteilige mündlich-praktische Prüfung vor einer dreiköpfigen Prüfungskommission. Bei der Demonstration am Präparat saß einer der Prüfer fast sechs Meter entfernt. Zudem saß ein anderer Prüfling in dessen Sichtachse. In einer Stellungnahme der Prüfungskommission heißt es, dass die Korrektheit fachspezifischer Antworten im Regelfall nur vom jeweiligen Fachprüfer beurteilt werden könne. Es sei daher nicht erforderlich, „dass Mitprüfer und jeweiliger Fachprüfer innerhalb des Prüfungsraums ein körperlich untrennbares Trio bilden“. Maßgeblich sei, dass der Fachprüfer alles sieht. Das sei der Fall gewesen.

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Prüfungsbewertung (formell): Prüfer

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Lösung des OVG Münster:

• Jeder Prüfer der Prüfungskommission muss die Prüfungsleistung vollständig selbst zur Kenntnis nehmen. Das weit entfernt sitzende Kommissionsmitglied hat die Leistung der Studentin nicht hinreichend zur Kenntnis genommen.

• Falsch ist die Auffassung der Prüfungskommission, dass es ausreicht, wenn nur der jeweilige Fachprüfer die jeweilige Prüfungsleistung mitverfolgt.

• Denn nach den Regelungen in der ÄAppO wird die mündlich-praktische Prüfung nicht in Form von drei Teilprüfungen vor Einzelprüfern abgelegt, sondern in allen drei Teilgebieten vor einer Prüfungskommission. Somit muss jedes Kommissionsmitglied alles selbst, unmittelbar und vollständig mitverfolgen und bewerten.

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Prüfungsbewertung (formell): Prüfer

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Verwaltungsgericht München,Urteil vom 29. November 2016, Az. M 3 K 15.3680

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Prüfungsbewertung: Befangenheit

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Sachverhalt:Ein Student hat seine Bachelor‘s Thesis nicht bestanden. Die Arbeit wurde durch einen wissenschaftlichen Mitarbeiter betreut. Der Kläger wollte das Unternehmen S., in dem er die Arbeit schrieb, wechseln. Der Betreuer lehnte dies ab mit den Worten: „Du wirst entweder Deine schon angefangene Arbeit bei der Firma S. fertig bearbeiten oder ich werde Dich durchfallen lassen.“Der Betreuer bewertete die Arbeit mit der Note 5,0 (nicht bestanden). Der Lehrstuhlinhaber als offizieller Prüfer unterschrieb diese Bewertung. Ein Zweitprüfer bewertete die Arbeit mit der Note 3,7 (bestanden). Als Gesamtnote wurde der Mittelwert 4,3 (nicht bestanden) festgesetzt. Hiergegen klagte der Student.

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Prüfungsbewertung: Befangenheit

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Lösung des VG München:• Beim Erstprüfer bestand die Besorgnis der Befangenheit. Daher

ist dessen Bewertung rechtswidrig.• Die Ankündigung des Betreuers, er werde den Kläger durchfallen

lassen, falls er die Firma wechselt, begründet die Besorgnis der Befangenheit des wissenschaftlichen Mitarbeiters.

• Diese Besorgnis schlägt auf den Erstprüfer durch. Denn er hat sich die Bewertung des wissenschaftlichen Mitarbeiters ohne erkennbare eigene Überprüfung zu eigen gemacht.

• Grundsätzlich sind Vorkorrekturen aber zulässig, solange der Prüfer eine eigenständige Bewertungsentscheidung trifft.

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Prüfungsbewertung: Befangenheit

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Verwaltungsgericht München,Urteil vom 24. Januar 2017, Az. M 16 K 16.2193

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Prüfungs(un)fähigkeit

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Sachverhalt:• Medizinstudent leidet an besonders schwerer Form von Migräne und war bereits mehrfach

aus diesem Grund von Prüfungen zurückgetreten. Die Prüfungsbehörde gab ihm daher auf, in Zukunft Erkrankungen durch amtsärztliche Bescheinigung nachzuweisen.

• In der Folge wurden weitere Prüfungsrücktritte genehmigt.• Er trat dann zu Prüfungen am 15. und 16 März nicht an.• Am Nachmittag des 16. März erklärte er den Prüfungsrücktritt per Fax und E-Mail.• Am 22. März reichte der Student folgende ärztliche Bescheinigungen ein:

- Attest eines Facharztes für Neurologie vom 18. März (Untersuchung am 15. März: „Migräne mit Aura: Migräneattacke mit begleitenden Seh- und Konzentrationsstörungen“)- amtsärztliches Gesundheitszeugnis vom 18. März (Untersuchung am 17. März: Leichter Kopfschmerz sowie erhöhte Blendempfindlichkeit wurden festgestellt. Anhand der vorgelegten Befunde und der dort festgestellten Symptomatik könne eine zur Prüfungsunfähigkeit führende Symptomatik weder festgestellt, noch ausgeschlossen werden. Das fachärztliche Attest sei aber plausibel.

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Prüfungs(un)fähigkeit

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Lösung des VG München:• Wichtiger Grund (= Rücktrittsgrund)? Ja, denn der Student leidet seit seinem 20.

Lebensjahr an einer sogenannten komplizierten Migräne. An den Prüfungstagen litt er unter einer akuten schweren Migräneattacke mit Aura.

• Unverzüglichkeit der Rücktrittserklärung? Ja, angesichts des konkreten Krankheitsverlaufs erfolgte der Rücktritt am 16. März zum frühesten ihm zumutbaren Zeitpunkt.

• Unverzüglichkeit des Nachweises des triftigen Grunds? Ja. Zwar hat er das amtsärztliche Attest erst am 17. März eingeholt. Er war jedoch zu einer früheren Vorstellung dort aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage. Bereits am 15. März hatte er seinen behandelnden Facharzt aufgesucht, der ein substantiiertes Attest ausgestellt hatte. Dem Amtsarzt lagen dieses Attest und diverse Vorbefunde vor, sodass er zwar nicht mehr selbst den Gesundheitszustand an den Prüfungstagen feststellen konnte, aber die Schlüssigkeit prüfen konnte.

• Dauerleiden? Nein, da zwar Migräne als Grunderkrankung vorhanden ist, sich die schweren Attacken mit Aura aber nur vereinzelt manifestieren und schon lange nicht mehr vorgekommen waren.

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Prüfungs(un)fähigkeit

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Verwaltungsgerichtshof MannheimBeschluss vom 1. Juni 2017, Az. 9 S 1241/17

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Nachteilsausgleich

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Sachverhalt:

Eine Studentin leidet seit über 20 Jahren an einer Typ-1-Diabetes. Sie beantragte unter anderem, die Arbeitszeit zur Anfertigung der schriftlichen Arbeiten in ihrer Staatsexamensprüfung um 90 Minuten je Prüfungstag verlängert zu bekommen. Die zuständige Prüfungsbehörde lehnte dies ab und gewährte ihr lediglich eine Zeitspanne von 90 Minuten in Form von nicht auf die Bearbeitungszeit anzurechnenden Pausen. Mit einem Eilantrag wollte sie die Bearbeitungszeitverlängerung bewilligt bekommen.

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Nachteilsausgleich

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Lösung des VGH Mannheim:• Die Verlängerung der Bearbeitungszeit würde zu der Möglichkeit

eines erheblichen Schreibzeitgewinns führen, wenn nämlich eine „Entgleisung“ des Blutzuckerspiegels in der Prüfung gar nicht eintritt. Dies würde eine Überkompensation bedeutet, mit der sie gegenüber den Mitprüflingen besser gestellt würde.

• Demgegenüber bietet die gewährte Möglichkeit, mit zusätzlicher Pausenzeit auf tatsächlich eintretende Probleme mit dem Blutzuckerspiegel zu reagieren, einen effektiven Ausgleich für die Studentin, ohne dass ein relevanter Schreibzeitgewinn eintreten kann.

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Nachteilsausgleich

Vorführender
Präsentationsnotizen
Pausenzeiten sind auch bei Nachteilsausgleich bei Schwangerschaft gemäß § 9 Abs. 1 Satz 4 MuSchG geeignetes Mittel.
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