Diplomarbeit Intraoperative Einlungenventilation · Lungenkreislauf gepumpt wo auf einer Fläche...

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Intraoperative Einlungenventilation Physiologische Veränderungen und Beatmungsstrategie Diplomarbeit zur diplomierten Expertin Anästhesiepflege NDS HF Sarah Studer Luzernstrasse 12 4552 Derendingen Januar 2017 Mentor: Christoph Schori Universitätsspital Basel Solothurner Spitäler AG, Standort Olten Fachkurs 15_Juni

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Intraoperative Einlungenventilation

Physiologische Veränderungen und Beatmungsstrategie

Diplomarbeit zur diplomierten Expertin Anästhesiepflege NDS HF

Sarah Studer Luzernstrasse 12

4552 Derendingen

Januar 2017

Mentor: Christoph Schori Universitätsspital Basel

Solothurner Spitäler AG, Standort Olten

Fachkurs 15_Juni

Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung.............................................................................................................................1

1.1 Kurze Hinführung zum Thema........................................................................................ 1 1.2 Begründung der Themenwahl und Motivation zur Arbeit................................................ 1 1.3 Fragestellungen...............................................................................................................1 1.4 Zielsetzung der Diplomarbeit...........................................................................................1 1.5 Ein- und Abgrenzungen.................................................................................................. 2 1.6 Methodisches Vorgehen................................................................................................. 2

2. Grundlagen.......................................................................................................................... 2

2.1 Doppellumentubus.......................................................................................................... 2 2.2 Lungenvolumina und Lungenkapazitäten....................................................................... 3 2.3 Pulmonaler Gasaustausch.............................................................................................. 6 2.3.1 Ventilation...............................................................................................................6 2.3.2 Diffusion................................................................................................................. 6 2.3.3 Perfusion................................................................................................................ 7 2.4 Ventilations-/ Perfusionsverhältnis.................................................................................. 7 2.4.1 Zonen-Modell nach West....................................................................................... 8

3. Physiologische Veränderungen........................................................................................ 9

3.1 Auswirkungen der Patientenlagerung............................................................................. 9 3.1.1 Rückenlage............................................................................................................ 9 3.1.2 Seitenlage.............................................................................................................. 9 3.2 Auswirkungen des offenen Thorax in Seitenlage.......................................................... 10 3.3 Auswirkungen chirurgischer Manipulation an der oben liegenden Lunge..................... 11 3.4 Intrapulmonaler Rechts-Links-Shunt............................................................................. 11 3.5 Lungenperfusion........................................................................................................... 12 3.5.1 Hypoxische pulmonale Vasokonstriktion.............................................................. 12 3.6 CO2-Elimination............................................................................................................. 13 3.7 Rechtsventrikuläre Funktion.......................................................................................... 13

4. Beatmungsstrategie......................................................................................................... 14

4.1 Beatmungsmodus......................................................................................................... 14 4.2 Inspiratorische Sauerstoff-Fraktion............................................................................... 15 4.3 Tidalvolumen................................................................................................................. 15 4.4 PEEP-Applikation.......................................................................................................... 15 4.5 Recruitment-Manöver.................................................................................................... 16 4.6 Permissive Hyperkapnie................................................................................................16 4.7 Inspirations-/ Exspirations-Verhältnis............................................................................ 17

5. Diskussion......................................................................................................................... 17 6. Schlussfolgerung..............................................................................................................18 7. Reflexion............................................................................................................................ 18 8. Schlusswort.......................................................................................................................19 Literaturverzeichnis………………………………………………………………………………….. Abbildungsverzeichnis…………………………………………………………………………….... Anhang………………………………………………………………………………………………….

Intraoperative Einlungenventilation Diplomarbeit zur diplomierten Expertin Anästhesiepflege NDS HF Sarah Studer!!

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1. Einleitung

1.1 Kurze Hinführung zum Thema

Chirurgische Eingriffe an der Lunge finden mehrheitlich in Seitenlage statt und erfordern eine

Einlungenventilation (ELV) mittels Doppellumentubus (DLT). Während nur eine Lunge venti-

liert wird, werden beide Lungen weiterhin perfundiert. Somit bedarf die ELV im Anästhesieall-

tag eines speziellen Managements. Die Thematik bietet unzählige spannende Aspekte, wel-

che bei der Durchführung der ELV von grosser Bedeutung sind.

1.2 Begründung der Themenwahl und Motivation zur Arbeit

Den theoretischen Fachinput zur Thematik ELV habe ich im Anästhesie-Fachmodul 5 am

Universitätsspital Basel erhalten. Im Anästhesiealltag wurde ich mittlerweile ebenfalls mit

dem Management der ELV konfrontiert. Die Komplexität dieser Patientensituationen erlebe

ich als interessant und herausfordernd. Damit ich die physiologischen Veränderungen besser

nachvollziehen kann, möchte ich mich in die Materie vertiefen.

Bereits während meiner Tätigkeit auf der Intensivstation hat mich das adaptierte Beat-

mungsmanagement fasziniert. Bei der Beatmungsstrategie der ELV erhalte ich nun Einblick

in ein spezifisches Gebiet, in welchem ich meine vorhandenen Beatmungskenntnisse ein-

bringen und weiterentwickeln kann.

1.3 Fragestellungen

Die Fragestellungen der Diplomarbeit (DA) lauten:

• Welche physiologischen Veränderungen weist der erwachsene Patient1 während der

intraoperativen Einlungenventilation mittels Doppellumentubus auf?

• Welche Beatmungsstrategie wird beim erwachsenen Patienten unter der intraoperati-

ven Einlungenventilation mittels Doppellumentubus als „best practice“ erachtet?

1.4 Zielsetzung der Diplomarbeit

Folgende konkrete Zielsetzungen liegen vor:

• Physiologische Veränderungen, zu welchen die ELV führt werden dargestellt und er-

läutert.

• Die „best practice“ der Beatmungsstrategie unter der intraoperativen ELV mittels DLT

wird aufgezeigt.

Anhand einer gezielten Literaturauswahl wird im Rahmen dieser DA eine Literaturübersicht

zur gewählten Thematik erstellt, auf welche das Anästhesiepflegefachpersonal im Berufsall-

tag zurückgreifen kann. __________________________ 1 Die Verwendung der männlichen Form schliesst zugunsten der Lesefreundlichkeit das weibliche Geschlecht jeweils mit ein.

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1.5 Ein- und Abgrenzungen

Die DA bezieht sich ausschliesslich auf erwachsene Personen, welche sich einer lungenchi-

rurgischen Intervention unterziehen müssen. Diese Eingriffe werden in Seitenlage durchge-

führt. Die ELV erfolgt kontrolliert und mandatorisch über den DLT.

Weitere Indikationen der ELV sowie der Einsatz eines Bronchusblockers werden ausge-

schlossen, damit die formalen Rahmenbedingungen der DA eingehalten werden können.

1.6 Methodisches Vorgehen

Das methodische Vorgehen umfasste eine umfängliche Literaturrecherche sowie die an-

schliessende Bearbeitung vorhandener Quellen. Die Literaturrecherche erfolgte grösstenteils

über die virtuelle Bibliothek der Solothurner Spitäler AG. Zusätzlich stellten mir ärztliche

Dienste Übersichtsartikel, Richtlinien sowie Fachbücher zur Verfügung. Nach der Annahme

der Disposition habe ich mich intensiv mit dem Verfassen der DA auseinandergesetzt und

mich regelmässig mit meinem Mentor und der ärztlichen Ansprechperson abgesprochen.

Zugunsten der Lesefreundlichkeit wird in der Arbeit mit dem Vancouver-Stil auf die Quellen

verwiesen.

!

2. Grundlagen

2.1 Doppellumentubus

Im Rahmen der ELV stellt der DLT mittlerweile den „Goldstandard“ dar. In der Praxis stehen

verschiedene DLT zur Verfügung. Jeder DLT hat einen kürzeren trachealen und einen länge-

ren bronchialen Tubusschenkel. Der Robertshaw-Tubus ist der aktuell am häufigsten ver-

wendete DLT. Diese Art von Tubus liegt für die rechtsseitige sowie die linksseitige en-

dobronchiale Intubation vor. Ein hoher Stellenwert weist die korrekte Tubusgrösse auf. Nach

Möglichkeit sollte jeweils der grösstmöglich zu platzierende Tubus gewählt werden. Dadurch

wird die Resistance des Atemweges erniedrigt und die Entwicklung von Auto-PEEP redu-

ziert. Der DLT wird über einen Cobb-Konnektor an das Beatmungsgerät angeschlossen (sie-

he Anhang III).

Das bronchiale Lumen sollte theoretisch auf der nicht zu operierenden Seite liegen. Aller-

dings wird die Einlage des linksseiteigen DLT bevorzugt, da der rechtsseitige DLT aus ana-

tomischen Gründen schwieriger zu platzieren ist. Der DLT wird mit Ausnahme von linksseiti-

gen Oberlappenresektionen und linksseitigen Pneumektomien normalerweise linksseitig ein-

gelegt. Die drei am häufigsten eingesetzten DLT sowie die Wahl der Tubusgrösse werden im

Anhang aufgeführt (Anhang I und II). [1, 2, 3]

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2.2 Lungenvolumina und Lungenkapazitäten

Als Lungenvolumen wird das in der Lunge vorhandene Gas bezeichnet. Das Gasvolumen,

welches in- und exspiriert wird ergibt das Atemvolumen.

Der Begriff Lungenvolumina unterscheidet zwischen statischen und dynamischen Volumina

und differenziert zwischen mobilisierbaren sowie nicht mobilisierbaren Volumina.

• Dynamische Lungenvolumina

Volumina-Grösse ist vom zeitlichen Verlauf bzw. von der Atemstromstärke abhängig.

• Statische Lungenvolumina

Die Grösse der Volumina ist nicht von der Atemstromstärke abhängig.

• Mobilisierbare Lungenvolumina

Durch die Aktivität der Atemmuskulatur können diese Volumina in- und exspiriert

werden. Eine direkte Messung dieser Volumina ist mit einer Spirometrie möglich.

• Nichtmobilisierbare Lungenvolumina

Es handelt sich um das Volumen, welche nach maximaler Exspiration in der Lunge

verbleibt; Residualvolumen.

[Abbildung 1: Lungenvolumina und Lungenkapazitäten]

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Tidalvolumen

Als Tidalvolumen (TV) wird das Volumen bezeichnet, welches pro Atemzug in- und exspiriert

wird. Beim Erwachsenen beträgt es etwa 500 ml. Dies entspricht einem Gasvolumen von

ungefähr 7 ml/kgKG.

Inspiratorisches Reservevolumen

Beim inspiratorischen Reservevolumen (IRV) handelt es sich um das Volumen, welches

nach einer normalen Inspiration zusätzlich inspiriert werden kann (ca. 3000 ml).

Exspiratorisches Reservevolumen

Das exspiratorische Reservevolumen (ERV) kann nach einer normalen Exspiration zusätz-

lich exspiriert werden (ca. 1100 ml).

Residualvolumen

Beim Residualvolumen (RV) handelt es sich um die Gasmenge, welche nach einer maxima-

len Exspiration in der Lunge zurückbleibt (ca. 1200 ml). Dieses Volumen ist dafür verantwort-

lich, dass die Alveolen während der Exspiration nicht kollabieren.

Obstruktive Lungenerkrankungen erhöhen- und restriktive Lungenerkrankungen verkleinern

das Residualvolumen.

Funktionelle Residualkapazität

Die funktionelle Residualkapazität (functional residual capacity; FRC) setzt sich aus dem

ERV und dem RV zusammen. Es handelt sich um das Volumen, welches nach einer norma-

len Exspiration in der Lunge zurückbleibt (ca. 2300 ml).

Diverse Situationen können die Grösse der FRC beeinflussen. Grosse Menschen weisen

eine grössere FRC auf als kleine Personen. Bei adipösen und schwangeren Personen liegt

eine verminderte FRC vor und in liegender Position ist die FRC kleiner als im Stehen. Durch

diese Einflüsse sind entsprechende Schwankungen zu erwarten.

Gegen zu starke Schwankungen der alveolären und arteriellen O2- und CO2-Partialdrücke im

Verlauf des Atemzyklus wirkt normalerweise eine grosse FRC als Puffer.

Eine starke Zunahme der FRC kann Nachteile aufweisen: Wird die inspiratorische O2-

Konzentration erhöht, führt dies nicht so rasch zu einem Anstieg des alveolären O2-

Partialdrucks wie bei normaler FRC. Grund dazu ist ein vergrössertes Volumen, in welchem

das Gas stärker verdünnt wird. Die Alveolen sind bereits bei normaler Ruheatmung über-

bläht. Dies persistiert auch nach einer maximalen Exspiration, wenn das RV erhöht ist. Im

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weiteren Verlauf führt diese Überblähung zu einer Erhöhung des anatomischen Totraums bis

zur Thorax-Weitstellung mit beeinträchtigter Atemmechanik.

Kommt es hingegen zu einer Abnahme der FRC, schwankt der alveoläre O2-Partialdruck

vermehrt. Dies bedeutet, dass sich der alveoläre O2-Partialdruck in der Inspiration dem der

Inspirationsluft- und in der Exspiration dem O2-Partialdruck des venösen Mischblutes annä-

hert.

Inspirationskapazität

Dieses Volumen setzt sich aus dem TV und dem IRV zusammen. Diese Kapazität beschreibt

das Volumen, welches nach einer maximalen Exspiration maximal inspiriert werden kann

(ca. 3500 ml).

Vitalkapazität

Die Vitalkapazität (vital capacity; VC) beschreibt das Volumen, welches sich aus dem TV,

dem IRV und dem ERV zusammensetzt und beträgt ca. 5000 ml. Es handelt sich um die

Luftmenge, welche nach einer maximalen Inspiration maximal exspiriert werden kann. An-

hand der Spirometrie kann dieses Volumen bestimmt werden.

Nebst dem Alter, der Körpergrösse und der Körperlage, können auch pulmonale Erkrankun-

gen und extrapulmonale Gegebenheiten die VC beeinflussen.

Bei pulmonalen Erkrankungen sind primär Veränderungen zu nennen, welche zu einem Ver-

lust der Lungencompliance führen (z.B. Lungenfibrose, Atemwegsobstruktionen).

Weiter kann die VC durch folgende extrapulmonale Einflüsse vermindert werden:

- Ventilationsstörung durch Parese der Atemmuskulatur

- Einschränkung der Thoraxbeweglichkeit, Deformität

- Schonhaltung durch Schmerzen

- Pleuraerguss und Pleuraverwachsung

- Einschränkung der Diaphragma-Beweglichkeit

Totalkapazität

Das Volumen der Totalkapazität (total lung capacity; TLC) beschreibt die Gasmenge, welche

sich nach einer maximalen Inspiration in der Lunge befindet (ca. 6000 ml). Die beiden gros-

sen Volumina VC und RV ergeben gemeinsam die TLC. [4, 5]

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2.3 Pulmonaler Gasaustausch

Für den pulmonalen Gasaustausch sind die in der nachfolgenden Abbildung hervorgehobe-

nen drei Komponenten von Bedeutung.

[Abbildung 2: Komponente des Gasaustausches]

2.3.1 Ventilation

Die Ventilation beschreibt die In- und Exspiration der Atemluft. Das Aufrechterhalten der

physiologischen O2- und CO2-Partialdrücke in der Alveolarluft und im arteriellen Blut stellt

dabei die wichtigste Aufgabe dar. Zwischen Tidalvolumen und der alveolären Ventilation

muss unterschieden werden. Die alveoläre Ventilation umfasst ausschliesslich den Anteil des

Tidalvolumens, welcher bis in die Alveolen gelangt und dort am Gasaustausch zwischen Al-

veolen und Blut teilnimmt. Dies ist u.a. von der Lage des Körpers abhängig. In stehender

Position sind die apikalen Lungenbezirke stärker gedehnt als die basalen Areale. Grund da-

zu ist folgende Tatsache: Von apikal nach basal nimmt der intrapleurale Druck gravitations-

bedingt um 0,25 mbar pro Zentimeter zu. Mit -10 mbar ist der intrapleurale Druck apikal am

stärksten negativ. Am wenigsten negativ ist dieser Druck mit -2,5 mbar in den basalen Lun-

genarealen. Aufgrund des transpulmonalen Druckes (Druckdifferenz zwischen Alveolardruck

und Intrapleuraldruck) sind die Alveolen in den basalen Lungenarealen stärker komprimiert

als in den apikalen Bezirken. Durch die Kompression ist der Alveolardurchmesser ver-

gleichsweise basal kleiner als apikal. Aufgrund der unterschiedlichen Vordehnung nimmt die

Ventilation von apikal nach basal hin zu. [4, 6]

2.3.2 Diffusion

Als Diffusion wird die O2-Abgabe von den Alveolen in das Blut bzw. die Aufnahme von CO2

aus dem Blut in die Alveolen bezeichnet. Dabei handelt es sich um einen rein passiven Vor-

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gang. Die Gase strömen bei der Diffusion von einem Ort höherer Konzentration zum Ort

niedrigerer Konzentration bis die Konzentrationen an beiden Orten gleich hoch sind.

Die alveolo-kapilläre Membran, über welche die Diffusion stattfindet, ist folgendermassen

aufgebaut: Surfactant, Alveolarepithel, Basalmembranen der Alveolarepithelzellen und der

Kapillaren, Kapillarendothel.

Die O2-Aufnahme durch die alveolo-kapilläre Membran ist von folgenden Faktoren abhängig:

• Diffusionsfläche (70-140 m2)

• Kontaktzeit der Erythrozyten mit der alveolo-kapillären Membran (0,5 - 1 Sekunde)

• Diffusionsstrecke [4, 6]

2.3.3 Perfusion

Vom rechten Ventrikel wird das gesamte Herzzeitvolumen über die A. pulmonalis in den

Lungenkreislauf gepumpt wo auf einer Fläche von ca. 70-140 m2 der Gasaustausch erfolgt.

Im weiteren Verlauf fliesst das Blut über die V. pulmonalis in das linke Atrium und weiter in

den linken Ventrikel, von welchem es anschliessend in den Körperkreislauf gepumpt wird.

Für die Lungenperfusion ist nur ein geringer Perfusionsdruck erforderlich. Das Lumen der

Lungenkapillaren wird durch den Lungenperfusionsdruck und den Alveolardruck bestimmt.

Da die Lungenperfusion nicht homogen verteilt ist, sondern von der Schwerkraft abhängt, ist

z.B. in aufrechter Position der Perfusionsdruck in den apikalen Lungenbezirken geringer als

in den basalen Bezirken. In Rückenlage nimmt der Perfusionsdruck demzufolge von vorn

nach hinten zu und in Linksseitenlage von rechts nach links. Dies bedeutet, dass die jeweils

unten liegenden Lungenareale besser perfundiert werden. Der Perfusionsgradient ist in ste-

hender Position am höchsten. [4, 6]

2.4 Ventilations-/ Perfusionsverhältnis

Das Ventilations-/ Perfusionsverhältnis (V/P) stellt die Beziehung zwischen der Ventilation

(V) und der Lungenkapillarperfusion (P) dar. Die alveoläre Ventilation beträgt etwa 4 l/min

und die Lungenperfusion etwa 5 l/min. Werden diese beiden Grössen einander gegenüber-

gestellt, so ergibt sich ein Ventilations-/ Perfusionsquotient. Da sich die Ventilation wie auch

die Perfusion in der Lunge inhomogen verhalten, liegen in der Lunge von apikal nach basal

unterschiedliche Ventilations-/ Perfusionsquotienten vor. Der optimale Ventilations-/ Perfusi-

onsquotient von 0,8 befindet sich nach West in der Zone II (Zonen-Modell nach West wird im

Kapitel 2.4.1 beschrieben). Der Ventilations-/ Perfusionsquotient ist apikal grösser und basal

kleiner. [4, 6]

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2.4.1 Zonen-Modell nach West

Der Durchmesser der Lungenkapillaren wird durch den im Lungenkreislauf herrschenden

Perfusionsdruck (Ppa) sowie den Alveolardruck (PA) bestimmt. [6]

[Abbildung 3: 3-Zonenmodell nach West]

Zone I (PA > Ppa > Ppv)

In dieser apikalen Zone ist – in aufrechter Position – der pulmonalarterielle Perfusionsdruck

(Ppa) in Abhängigkeit des Herzzyklus phasenweise niedriger als der alveoläre Druck (PA).

Daraus resultiert eine phasenweise Kompression der Kapillaren. In der Diastole findet keine

Perfusion statt. In der Systole hingegen ist der Ppa grösser als der PA, wodurch die Kapillar-

perfusion synchron mit dem Herzschlag erfolgt. Diese Zone erhält auch einen kleineren An-

teil des Atemzugvolumens, da die Alveolen in diesem Bereich bereits mehr Luft enthalten

und sozusagen bereits mehr gedehnt sind als in den unteren Zonen. Die Dehnbarkeit der

Alveolen ist geringer, da sich die Alveolen im oberen Bereich der Druck-Volumen-Kurve (De-

tails zur Druck-Volumen-Kurve werden im Anhang VIII erläutert) befinden. In der Zone I liegt

eine relative Hyperventilation und Minderperfusion vor. Die Situation führt in diesem Bereich

zu einer relativen Hyperoxie und Hypokapnie. Der Ventilations-/ Perfusionsquotient liegt in

der Zone I bei 1,44.

Zone II (Ppa > PA > Ppv)

In dieser mittleren Zone ist der Ppa höher als der PA. Der PA ist allerdings höher als der

pulmonal-venöse Druck (Ppv). Die Differenz zwischen dem Ppa und dem PA bestimmt die

Lungenperfusion. In dieser Zone nimmt der Ppa linear von oben nach unten zu, wodurch die

Perfusion ebenfalls linear ansteigt. Die Ventilation ist ebenfalls zunehmend, jedoch weniger

stark als die Perfusion. Wird die Ventilation der Perfusion gegenübergestellt so wird ersicht-

lich, dass das V/P abnimmt. Der Ventilations-/ Perfusionsquotient liegt in der Zone II bei

0,83.

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Zone III (Ppa > Ppv > PA)

In den basalen Lungenbezirken sind der Ppa sowie der Ppv höher als der PA. Aus der

Druckdifferenz zwischen arteriellem und venösem Blutdruck resultiert die Lungenperfusion.

Der Gefässradius nimmt zu und der Gefässwiderstand sinkt, wodurch die Perfusion weiter

gesteigert wird. Die Alveolen in dieser Zone erhalten einen grösseren Anteil des Atemzugvo-

lumens als die in den oberen Zonen. Die Alveolen in der Zone III sind aufgrund des weniger

negativen intrapleuralen Drucks stärker komprimiert. Sie befinden sich auf dem mittleren

Abschnitt der Druck-Volumen-Kurve und sind dadurch dehnbarer als die Alveolen der oberen

Zonen. Der Ventilations-/ Perfusionsquotient liegt in der Zone III bei 0,67. [4, 6, 7]

3. Physiologische Veränderungen

Bei Patienten in Seitenlage führt die ELV zu diversen physiologischen Veränderungen, wel-

che nachfolgend beschrieben werden. Einerseits wird die pulmonale Gasaustauschfläche

reduziert, was eine Anpassung der Beatmungsstrategie erforderlich macht und andererseits

wird die pulmonale Hämodynamik beeinflusst, was konsekutiv zu einer Veränderung der

Hämodynamik im systemischen Kreislauf führt. Diese Veränderungen werden von einem

cardiopulmonal gesunden Patienten normalerweise problemlos toleriert. Cardiopulmonal

vorerkrankte Patienten können während der ELV ausgeprägte Instabilitäten aufweisen. [8]

3.1 Auswirkungen der Patientenlagerung

3.1.1 Rückenlage

In der Einleitungsphase liegt der wache Patient auf dem Rücken. In Rückenlage wird das

Diaphragma durch die Verlagerung der Eingweide des Abdomens, um etwa 4 cm nach cra-

nial in den Thorax verschoben. Die FRC nimmt dadurch um etwa 800ml ab. Nach Induktion

der Anästhesie wird die FRC um etwa weitere 400ml verkleinert. Beim wachen sowie anäs-

thesierten Patienten bleibt das Verhältnis zwischen Ventilation und Perfusion jedoch in bei-

den Lungen unverändert. [7]

3.1.2 Seitenlage

Für die meisten Eingriffe im Thoraxbereich wird der Patient in Seitenlage gebracht. Dadurch

wird dem Operateur ein optimaler Zugang zum Operationsgebiet ermöglicht. Diese Patien-

tenpositionierung führt gemeinsam mit den Auswirkungen der Anästhesieinduktion sowie der

Beatmung zu Veränderungen des V/P.

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Wacher Patient unter Spontanatmung

Wenn ein wacher spontan atmender Patient auf der Seite liegt, wird die Kuppel des unteren

Diaphragmas höher in den Thorax verschoben als die des oberen Diaphragmas. Dadurch

wird die FRC der unten liegenden Lunge stärker reduziert. Aufgrund der stärkeren Wölbung

kann sich das untere Diaphragma allerdings besser kontrahieren. Aus diesem Grund wird die

unten liegende Lunge während der Spontanatmung immer besser ventiliert als die oben lie-

gende Lunge. Aufgrund der Schwerkraft wird die unten liegende Lunge auch besser perfun-

diert, wodurch sich das V/P beider Lungen nicht nennenswert verändert.

Anästhesierter Patient unter Spontanatmung

Die Lungenperfusion ändert sich wie auch beim wachen spontan atmenden Patienten nicht.

Die unten liegende Lunge wird stärker perfundiert als die oben liegende Lunge. Beim anäs-

thesierten Patienten wird die oben liegende Lunge unter Spontanatmung jedoch besser ven-

tiliert als die unten liegende Lunge. Folgende Begründung liegt vor: Beim anästhesierten

Patienten nimmt die FRC weiter ab. Die untere Lunge, deren FRC bereits beim wachen

spontan atmenden Patienten stärker vermindert ist, befindet sich nun auf dem unteren Ab-

schnitt der Druck-Volumen-Kurve. Die Alveolen sind weniger dehnbar.

Anästhesierter und relaxierter, kontrolliert beatmeter Patient

Da sich das Diaphragma nicht mehr aktiv kontrahieren kann, wird die zuvor erwähnte positi-

ve Auswirkung der höher verschobenen Kuppel des Diaphragmas der unten liegenden Lun-

ge aufgehoben. Ausserdem wird die ventilierte, unten liegende Lunge durch das Mediasti-

num mechanisch komprimiert. Die unten liegende Lunge weist nun eine geringere Compli-

ance auf und verschiebt sich in eine ungünstigere Position auf der Druck-Volumen-Kurve.

Die Compliance der oben liegenden Lunge nimmt zu. Durch die Thorakotomie wird dieser

Effekt noch verstärkt. Diese Faktoren führen zu einer Verschlechterung des V/P mit daraus

resultierender Hypoxämiegefahr.

Eine länger dauernde Seitenlage kann zudem zu einer Zunahme des Lungenwassers führen,

wodurch die Diffusionsstrecke länger wird, was den Gasaustausch ebenfalls verschlechtert. [2, 3, 7, 9]

3.2 Auswirkungen des offenen Thorax in Seitenlage

Die Perfusion ändert sich nicht wesentlich, wenn der Thorax des anästhesierten und manda-

torisch ventilierten Patienten eröffnet wird. Die Ventilationsverteilung der beiden Lungen wird

hingegen erheblich beeinflusst. Die Inhomogenität von Ventilation und Perfusion ist bei eröff-

netem Thorax höher als bei geschlossenem Thorax.

Wenn der Patient mit eröffnetem Thorax spontan atmen würde, dann hätte dies eine Medias-

tinumverschiebung und eine paradoxe Atmung zur Folge. Diese Tatsache entsteht folgen-

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dermassen: Die Mediastinumverschiebung resultiert aus dem Einfluss des Atmosphärendru-

ckes. Durch die spontane Inspiration wird diese Verschiebung verstärkt. Das Mediastinum

wird während der Exspiration wieder auf die Gegenseite verschoben. Aufgrund ihrer Retrak-

tionskraft kollabiert die Lunge der eröffneten Thoraxseite. Bei der Spontanatmung kann wäh-

rend der Inspiration, durch die Diaphragmabewegung nach unten, ein grösserer Anteil von

Luft aus der Umgebung in die Pleurahöhle eintreten, was den Kollaps verstärken kann. Weil

in der unten liegenden Lunge der negative Druck während der spontanen Inspiration grösser

ist als bei der oben liegenden Lunge, strömt Atemgas aus der kollabierten Lunge in die venti-

lierte unten liegende Lunge hinüber (sogenannte Pendelluft). Dieser Mechanismus führt zur

paradoxen Atmung. Während der Exspiration liegen umgekehrte Verhältnisse vor.

Durch die kontrollierte mandatorische Ventilation können diese zwei Phänomene (Mediasti-

numverschiebung und paradoxe Atmung) aufgrund des inspiratorischen sowie exspiratori-

schen positiven Beatmungsdruckes beseitigt werden.

Störungen des V/P treten jedoch auch unter mandatorischer Ventilation auf. Die oben lie-

gende Lunge kann sich durch die Thoraxeröffnung ausdehnen und wird dadurch relativ hy-

perventiliert, während eine relative Minderperfusion dieser Lunge vorliegt. Die unten liegende

Lunge hingegen wird relativ minderventiliert jedoch vermehrt perfundiert. Diese erwähnten

Mechanismen können den pulmonalen Gasaustausch und daraus resultierend das V/P be-

einträchtigen. [2, 3]

3.3 Auswirkungen chirurgischer Manipulation an der oben liegenden Lunge

Durch chirurgische Kompression und Retraktion der oben liegenden Lunge wird die Perfusi-

on im betroffenen Gebiet vermindert. Gleichzeitig werden durch die Traumatisierung des

Lungengewebes lokal Prostaglandine freigesetzt, welche vasodilatierend wirken. Durch die-

se beiden gegensätzlichen Mechanismen kann die chirurgische Manipulation also sowohl zu

einer verstärkten als auch zu einer verminderten hypoxischen Vasokonstriktion (siehe 3.5.1)

führen. Das Ausmass ist nicht vorhersagbar. [2]

3.4 Intrapulmonaler Rechts-Links-Shunt

Die ELV führt zu einer fehlenden Ventilation eines kompletten Lungenflügels mit daraus re-

sultierenden Atelektasen in der gesamten betroffenen Lunge. Konsekutiv führt diese Situati-

on zum intrapulmonalen Rechts-Links-Shunt, da die nicht-ventilierte Lunge weiterhin perfun-

diert wird. Das gesamte Blut der nicht-ventilierten Lunge fliesst zum linken Herzen zurück

ohne mit Sauerstoff gesättigt zu werden. Diese Situation reduziert die arterielle Oxygenie-

rung und es resultiert möglicherweise eine Hypoxämie.

In der ventilierten Lunge treten zusätzlich auch bei lungengesunden Patienten minderventi-

lierte Areale auf, welche mitunter durch Anästhetika und Muskelrelaxanzien verursacht wer-

den. Diese minderventilierten Bereiche befinden sich primär im Bereich der basalen Regio-

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nen. Durch dieses Missverhältnis von Ventilation und Perfusion erhöht sich die Menge des

Shunt-Blutes zusätzlich. Diese minderventilierten Areale machen während der ELV etwa 5-

10% des gesamten Rechts-Links-Shunts aus.

Der Funktionsstatus der nicht-ventilierten Lunge bestimmt unter anderem das Ausmass der

Shunt-Fraktion. Liegt präoperativ bereits eine pulmonale Erkrankung vor, kann der Blutfluss

bereits stark reduziert sein, wodurch nach Initiierung der ELV mit keiner ausgeprägten Zu-

nahme der Shunt-Fraktion zu rechnen ist. Hingegen kann bei primär lungengesunden Pati-

enten oder bei Patienten mit Funktionseinschränkungen der ventilierten Lunge, während der

ELV ein ausgeprägter Rechts-Links-Shunt auftreten. An der Schwere der Hypoxämie sind

diverse Faktoren beteiligt, welche ihrerseits die Perfusion der nicht-ventilierten Lunge be-

stimmen. Nebst dem Funktionszustand der unten liegenden ventilierten Lunge, spielen die

hypoxische pulmonale Vasokonstriktion (siehe Kapitel 3.5.1), das Ausmass der chirurgischen

Manipulation (siehe Kapitel 3.3) an der oben liegenden Lunge sowie das Beatmungsverfah-

ren (siehe Kapitel 4) der unten liegenden Lunge eine wichtige Rolle. [1, 2, 8, 9]

3.5 Lungenperfusion

Das pulmonal-arterielle Gefässsystem ist das einzige System im Organismus welches auf

Hypoxie mit einer Vasokonstriktion und nicht mit einer Vasodilatation einhergeht. Durch die-

sen Mechanismus wird im betroffenen Gebiet die Perfusion reduziert. Die Perfusion der

nicht-ventilierten Lunge reduziert sich normalerweise auf 20-35%. Durch diesen Mechanis-

mus nimmt die Perfusion der ventilierten Lunge zu.

Die Perfusion der nicht-ventilierten Lunge wird zusätzlich durch ein mechanisches Perfusi-

onshindernis vermindert, welches aufgrund der Atelektasenbildung entsteht. Weiter können

chirurgische Manipulationen an der nicht-ventilierten Lunge, ein relevanter Einfluss auf die

Lungenperfusion aufweisen. [9]

3.5.1 Hypoxische pulmonale Vasokonstriktion

Bei der hypoxisch pulmonalen Vasokonstriktion (HPV) handelt es sich um einen physiologi-

schen Mechanismus, welcher auch als Euler-Liljestrand-Reflex bekannt ist. Die HPV liegt als

Hauptmechanismus zur Reduktion der gesamten Shunt-Fraktion vor. Dabei kommt es zur

hypoxiegetriggerten pulmonalen Vasokonstriktion in den betroffenen Arealen. Dieser Vor-

gang hat zur Folge, dass die Lungenperfusion der Ventilation angepasst wird. Damit kann

der pulmonale Gasaustausch optimiert werden. Der Blutfluss wird von schlecht ventilierten

Lungenarealen in besser ventilierte Regionen umgeleitet, um das V/P zu optimieren. Die

HPV setzt innerhalb von Sekunden ein und ist nach etwa 15 Minuten maximal ausgeprägt.

Sie führt in den betroffenen Lungenbezirken zur reversiblen pulmonalen Vasokonstriktion

sobald die alveoläre und/ oder die gemischt-venöse O2-Konzentration einen gewissen Wert

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unterschreitet. Zu 80% wird die HPV von der alveolären O2-Konzentration bestimmt und zu

20% von der gemischt-venösen O2-Konzentration.

Es gibt diverse Annahmen wie dieser Mechanismus funktionieren solle, wobei der genaue

Mechanismus der HPV nicht geklärt ist. Am ehesten etabliert sich folgende Vermutung. In

den Muskelzellen der Pulmonalarterien befinden sich sauerstoff-sensitive Kaliumkanäle. Die-

se Kanäle werden durch den Abfall des Sauerstoffpartialdrucks blockiert. Dieser Mechanis-

mus führt zur Membrandepolarisation wodurch spannungsabhängige L-Typ-Calciumkanäle

aktiviert werden. Es kommt zum Einstrom von Calcium (Ca++) über die Plasmamembran und

zur Freisetzung von Ca++ aus dem sarkoplasmatischen Retikulum. Durch den Anstieg der

intrazellulären Ca++-Konzentration kommt es konsekutiv zur Kontraktion der glatten Gefäss-

muskelzellen. [8, 9]

3.6 CO2-Elimination

Durch die ELV wird die CO2-Elimination kaum beeinträchtigt solange das Atemminutenvolu-

men unverändert bleibt. Zu Beginn der ELV kann es jedoch aufgrund der relativen Hyperven-

tilation bei weniger stark veränderter Perfusion zu einer leichten Zunahme der CO2-Differenz

zwischen arteriell- und endexspiratorisch gemessenen Werten kommen. Diese Differenz ist

bei Patienten mit einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (chronic obstructive pul-

monary disease; COPD) deutlich ausgeprägter als bei Patienten mit einer normalen Lungen-

funktion.

Zugunsten tieferer Beatmungsdrücke wird situativ eine permissive Hyperkapnie angestrebt

(siehe Kapitel 4.6). [3]

3.7 Rechtsventrikuläre Funktion

Präoperativ kann anhand der rechtsventrikulären Funktion eingeschätzt werden, ob während

der ELV die hämodynamische Stabilität gewahrt werden kann oder nicht.

Die einsetzende HPV während der ELV führt zu einer akuten Afterload-Erhöhung des rech-

ten Ventrikels. Zusätzlich wird die pulmonal-vasculäre Resistance (PVR) durch die permissi-

ve Hyperkapnie sowie die mandatorische Ventilation erhöht. Bei vorbestehender pulmonal-

arterieller Hypertonie (PAH) kann diese Situation zu einer Dekompensation des rechten

Ventrikels führen. Konsekutiv kann das rechtsventrikuläre Pumpversagen durch mangelnde

linksventrikuläre Füllung zu einem linksventrikulären Low-Output-Syndrom führen. Daraus

resultiert eine systemische Hypotonie mit einer Minderperfusion u.a. der rechten Coronarien,

wodurch die Kontraktilität des rechten Ventrikels zusätzlich beeinträchtigt wird. Es kann ein

Circulus vitiosus entstehen. [8]

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4. Beatmungsstrategie

Die Beatmungsstrategie während der ELV ist von grosser Bedeutung. Diverse Gegebenhei-

ten, wie beispielsweise die Seitenlage des Patienten, der Wechsel von beidseitiger Lungen-

ventilation auf die einseitige Ventilation sowie chirurgische Manipulationen können verschie-

dene Folgen mit sich bringen, welche beim Beatmungsmanagement berücksichtigt werden

müssen. Zu nennen sind diesbezüglich der Abfall der Sauerstoffsättigung (< 92% oder paO2

< 70 mmHg), eine gestörte CO2-Elimination, die Erhöhung der Atemwegs-Resistance sowie

eine Erhöhung der Shunt-Fraktion. [9]

Wie bereits erwähnt, neigt die unten liegende ventilierte Lunge unter der Applikation von An-

ästhetika und Muskelrelaxanzien vermehrt zu Atelektasen. Die Atelektasen-Prophylaxe spielt

im Management der ELV eine wichtige Rolle, damit ein sogenanntes Atelekttrauma vermie-

den werden kann. Liegt in einem Lungenbezirk eine Atelektase vor, so kann dies zu einem

Volutrauma in einem anderen Lungenbezirk führen, falls die Beatmung nicht entsprechend

angepasst wird. [1, 2]

Die Beatmungsstrategie erfordert einen angemessenen Gasaustausch sowie eine lungen-

protektive Ventilation, damit einem ventilatorassoziierten Lungenschaden (ventilator associa-

ted lung injury; VALI) vorgebeugt werden kann. In der Thoraxchirurgie liegt die Inzidenz einer

postoperativen VALI bei etwa 4,3%, was in einer aktuellen Metaanalyse nachgewiesen wur-

de.

Aktuell liegt noch nicht genügend Evidenz vor, um eine absolut einheitliche Strategie der

intraoperativen mechanischen Ventilation aufzuzeigen. Beispielsweise können sich Empfeh-

lungen für die Aufrechterhaltung der Oxygenierung sowie die Methoden der lungen-

protektiven Beatmung widersprechen. [10]

4.1 Beatmungsmodus

Die Literatur zeigt keine eindeutige Empfehlung zum Beatmungsmodus. Es gibt Studien, in

welchen berichtet wird, dass während der ELV mit Pressure Control Ventilation (PCV) im

Vergleich zur Volume Control Ventilation (VCV) dasselbe Tidalvolumen mit niedrigerem

Druck appliziert werden konnte. Untersuchungen zeigen, dass der einzige Unterschied die-

ser beiden Beatmungsmodi wahrscheinlich dieser tiefere inspiratorische Spitzendruck ist,

welcher weniger zur VALI beiträgt. Somit wird beschrieben, dass der zu verwendende Beat-

mungsmodus wahrscheinlich nicht äusserst relevant ist. Viel wichtiger scheint, den inspirato-

rischen Plateaudruck sowie den inspiratorischen Spitzendruck (je nach Beatmungsmodus)

so gering wie möglich zu halten. Die Begriffe inspiratorischer Plateaudruck sowie inspiratori-

scher Spitzendruck werden im Anhang VII erläutert. [10]

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4.2 Inspiratorische Sauerstoff-Fraktion

Die inspiratorische Sauerstoff-Fraktion (FiO2) sollte auf einem möglichst niedrigen Level ge-

halten werden. Empfohlen wird bereits von Beginn an ein Level von < 1,0 FiO2, welches b.B.

erhöht werden kann. In den meisten Fällen wird während der ELV eine SaO2 von > 92% als

ausreichend erachtet und dadurch wird die FiO2 primär zwischen 0,4 - 0,8 eingestellt.

Ein hohes FiO2 führt zwar zu einer grösseren Sicherheitsreserve und zu einer Vasodilatation

in der ventilierten Lunge. Durch diese Vasodilatation in der ventilierten unten liegenden Lun-

ge wird die Wirkung der HPV in der oben liegenden nicht-ventilierten Lunge konsekutiv be-

günstigt. Paradoxerweise kann sich jedoch die Oxygenierung trotzdem verschlechtern. Je

höher die FiO2 ist, desto mehr Stickstoff wird in den Alveolen verdrängt. Dieser Vorgang führt

zur Bildung von Resorptionsatelektasen in der ventilierten Lunge. [1, 2, 10]

4.3 Tidalvolumen

Die Applikation von niedrigen Tidalvolumen sind unbestritten. Eine randomisierte klinische

Studie bestätigt, dass es während der ELV mit Tidalvolumen von 10 ml/kgKG im Vergleich

zu einem Tidalvolumen von 5 ml/kgKG zu einer Entzündungsreaktion mit höheren Konzent-

rationen von entzündlichen Mediatoren kommt. Während der ELV wird ein Tidalvolumen von

5-6 ml/kgKG empfohlen. Bei Patienten mit einer verminderten Lungencompliance können für

die Applikation dieser Tidalvolumen bereits hohe Drücke erforderlich sein. [10]

4.4 PEEP-Applikation

Durch die Applikation von positiv endexspiratorischem Druck (positive endexspiratory pres-

sure; PEEP) wird die Oxygenierung verbessert. Die Optimierung der Oxygenierung erfolgt

durch das Vermeiden von endexspiratorischem Alveolarkollaps, Offenhalten von kollaps-

gefährdeten Lungenkompartimenten, Vergrösserung der FRC mit konsekutiver Vergrösse-

rung der Gasaustauschfläche, Abnahme des intrapulmonalen Rechts-Links-Shunts und Ver-

besserung des V/Q.

Während der mandatorischen Ventilation sollte immer eine PEEP-Gabe von 5-10 mbar ap-

pliziert werden, um die FRC aufrecht zu erhalten.

Der Blutfluss der Pulmonalarterie wählt immer den Weg des geringsten Widerstandes. Über-

steigt durch die PEEP-Applikation die PVR der ventilierten Lunge die PVR der nicht-

ventilierten Lunge, so fliesst das Blut der Pulmonalarterie durch die nicht-ventilierte Lunge.

Durch dieses Vorgehen nimmt die Shunt-Fraktion zu und die Oxygenierung kann sich ver-

schlechtern.

Damit die Differenz der durch die Beatmungsdrücke entstehende PVR der ventilierten Lunge

gegenüber der nicht-ventilierten Lunge reduziert werden kann, besteht die Möglichkeit von

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einer kontinuierlichen Applikation eines positiven Atemwegdruckes (continuous positive

airway pressure; CPAP) auf die nicht-ventilierte Lunge.

Die Literatur zeigt, dass bezüglich der PEEP-Applikation kontroverse Ansichten vorliegen,

was zur Folge hat, dass keine einheitliche Empfehlung gegeben werden kann. [6, 8]

4.5 Recruitment-Manöver

Durch die PEEP-Applikation auf die ventilierte Lunge können die Alveolen offen gehalten-,

bereits kollabierte Alveolen allerdings nicht beeinflusst werden. Für das Öffnen der Atelekta-

sen wird das Recruitment-Manöver (RM) angewendet. Bei diesem Manöver werden kurzfris-

tig hohe Beatmungsdrücke angewendet, um kollabierte Alveolen zu öffnen. Damit die zuvor

kollabierten Alveolen nun offen gehalten werden können, ist konsekutiv die Anwendung ei-

nes adäquat hohen PEEP-Niveaus nötig. Dieses PEEP-Niveau muss oberhalb des unteren

Inflektionspunktes liegen (siehe Anhang VIII). [6, 10]

Eine Studie aus dem Jahr 2012 zeigt, dass vor der Initiierung und nach Beendigung der ELV

ebenfalls ein solches Manöver durchgeführt werden sollte. Durch diese Intervention liegt eine

signifikant bessere Oxygenierung vor, welche über das Ende der ELV hinaus besteht. [1]

Es liegen verschiedene Methoden von RM vor, auf welche in dieser Arbeit aufgrund der for-

malen Einschränkungen nicht näher eingegangen werden kann. [6, 10]

4.6 Permissive Hyperkapnie

Während der ELV sollten eine Hypoxämie, hohe inspiratorische Drücke, eine Lungen-

überblähung sowie hoher Auto-PEEP vermieden werden. Aufgrund dieser genannten Ziele,

kann die CO2-Elimination in gewissen Fällen untergeordnet- und eine permissive Hyper-

kapnie toleriert werden. [3]

Die Höhe des CO2 kann primär durch das Tidalvolumen sowie die Atemfrequenz beeinflusst

werden. Da während der ELV ein VALI durch hohe Tidalvolumen vermieden werden muss,

wird eine permissive Hyperkapnie oft toleriert. Die Mehrheit der Patienten verträgt diese Si-

tuation problemlos. Bei Patienten mit einer schweren pulmonalen Obstruktion wird dieses

Verfahren nicht nur angewendet, um hohe Beatmungsdrücke zu vermeiden, sondern auch

zur Reduktion respektive Vermeidung von Air-Trapping. Eine Erhöhung der Atemfrequenz

würde die einzelnen Atemzyklen verkürzen, was zu höheren Beatmungsdrücken und einem

intrinsischen PEEP führen kann. Es können allerdings auch Situationen vorliegen, in wel-

chen eine Hyperkapnie kontraindiziert ist (z.B. erhöhter intrakranieller Druck, cardiovasculäre

Instabilität, Cor pulmonale, schwere metabolische Azidose). [3, 8, 10]

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4.7 Inspirations-/ Exspirations-Verhältnis

Um Auto-PEEP zu reduzieren respektive zu verhindern, kann das Inspirations-/ Exspirations-

Verhältnis (I:E) optimiert werden. Wird das Ziel verfolgt, den intrinsischen PEEP zu verrin-

gern, so wird die Exspirationszeit verlängert. [3]

5. Diskussion

Die Literatur zeigt eine Kongruenz der verschiedenen Autoren auf. Demzufolge kann davon

ausgegangen werden, dass die Literatur wichtige Aspekte zur Thematik beschreibt. Die Tat-

sache, dass sich die theoretischen Inhalte im Berufsalltag widerspiegeln zeigt deren Rele-

vanz.

Es lässt sich diverse Literatur zur Thematik der intraoperativen ELV finden. Was für mich zu

erwarten war, ist, dass eine Literaturübersicht zu den physiologischen Veränderungen, zu

welchen die ELV führt, dargestellt und erläutert werden kann. Was mich allerdings erstaunte,

ist, dass aktuell noch nicht genügend Evidenz vorliegt, um eine konkrete einheitliche Strate-

gie des intraoperativen Beatmungsmanagements aufzuzeigen. Beispielsweise können sich

Empfehlungen für die Aufrechterhaltung der Oxygenierung sowie die Methoden der lungen-

protektiven Beatmung widersprechen. Durch die intensive und erweiterte Auseinanderset-

zung mit der Thematik konnte ich jedoch eine aus meiner Sicht hilfreiche Übersicht erarbei-

ten, welche Schwerpunkte zur „best practice“ der Beatmungsstrategie unter der intraoperati-

ven ELV aufzeigt.

Für besonders wichtig halte ich die Erkenntnis, dass die Beatmungsstrategie während der

ELV so gewählt werden muss, dass hauptsächlich zwei unterschiedliche Herausforderungen

bewältigt werden können. Bei diesen beiden Herausforderungen handelt es sich um die adä-

quate Oxygenierung und die lungenprotektive Beatmung. Obschon die Oxygenation ein sehr

wichtiger Faktor ist, sollte eine hohe FiO2-Applikation aufgrund der daraus resultierenden

Resorptionsatelektasen vermieden werden. Die intraoperative protektive Beatmungsstrategie

enthält primär drei wichtige Komponenten: niedriges Tidalvolumen, PEEP-Applikation und

das Recruitment-Manöver. Die Literatur macht ersichtlich, dass durch die Kombination dieser

Komponenten versucht wird, einer Hypoxämie vorzubeugen und ein VALI zu verhindern.

Nur mit vorhandenem Verständnis über die physiologischen Veränderungen, welche die Sei-

tenlage sowie die ELV mit sich bringen, kann die Beatmungsstrategie den individuellen Pati-

entenerfordernissen angepasst werden.

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6. Schlussfolgerung

Die beiden Fragestellungen konnten mit der Erarbeitung dieser Literaturübersicht beantwor-

tet und erläutert werden.

• Welche physiologischen Veränderungen weist der erwachsene Patient während der

intraoperativen Einlungenventilation mittels Doppellumentubus auf?

• Welche Beatmungsstrategie wird beim erwachsenen Patienten unter der intraoperati-

ven Einlungenventilation mittels Doppellumentubus als „best practice“ erachtet?

Durch die Beantwortung respektive Erläuterung der oben genannten Fragestellungen sowie

das Erstellen dieser Literaturübersicht, wurde die Zielsetzung der DA meines Erachtens er-

reicht. Mit diesem Dokument liegt eine Literaturübersicht vor, auf welche das Anästhesie-

pflegefachpersonal im Berufsalltag zurückgreifen kann.

Ab sofort werde ich der Komplexität entsprechender Patientensituationen professioneller

begegnen können. Den beschriebenen physiologischen Veränderungen, welche aus der

ELV resultieren, bin ich mir mittlerweile bewusst und kann dadurch gezielt Interventionen

einleiten. Bezüglich der Beatmungsstrategie stelle ich mir die Frage, ob zukünftig konkrete

Empfehlungen in Hinsicht auf das Beatmungsmanagement in der Literatur erscheinen. Aus-

serdem erachtete ich es als praxisrelevant und unumgänglich, Interventionsmöglichkeiten zu

kennen, welche bei auftretender Hypoxämie eingeleitet werden können. Dieser Thematik

ging ich zusätzlich nach (siehe Anhang VI). Diesbezüglich kenne nun diverse Interventions-

möglichkeiten, welche mir theoretisch zur Verfügung stehen. Im Berufsalltag bin ich diesen

mehrheitlich jedoch noch nie begegnet.

Die Komplexität dieser Patientensituationen stellt für mich auch nach der Bearbeitung dieser

Thematik und Verfassung der DA eine grosse Herausforderung im Anästhesiealltag dar. Da

die Fallzahl der thoraxchirurgischen Interventionen in der Solothurner Spitäler AG relativ ge-

ring ist, zeigt sich die praktische Anwendung eher schwierig. Umso mehr bedingt dies eine

pflichtbewusste Vorbereitung auf die entsprechende Anästhesieführung.

7. Reflexion

Nachdem ich mich für die Thematik der DA entschieden hatte, konnte ich mit der Literatur-

recherche beginnen. Diese erwies sich als sehr interessant, da die Thematik mit diversen

Schwerpunkten und in unterschiedlichsten Einsatzgebieten zu finden ist. Vielfältige Literatur

stand mir zur Verfügung. Relativ früh stellte ich fest, dass ich mich für ein sehr umfangrei-

ches Thema entschieden habe. Bei der Literaturrecherche sowie deren Bearbeitung ent-

deckte ich äusserst viele interessante Aspekte. Diese machten es mir schwierig, mich in der

DA auf die vorgegebene Seitenzahl zu beschränken. Ich habe hohe Ansprüche an mich. Ich

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verfolgte das Ziel, eine fachlich korrekte, fundierte und lesefreundliche Literaturübersicht zur

gewählten Thematik zu erstellen.

Mittels vielfältigen Fachbüchern, Übersichtsartikeln und Richtlinien des Universitätsspitals

Basel vertiefte ich mich in die Thematik. Bevor ich mich für die definitive Literaturauswahl

entschied, musste ich mich nebst der deutschsprachigen- auch mit englischsprachiger Lite-

ratur beschäftigen. Dies stellte für mich eine sehr zeitintensive Herausforderung dar, da mei-

ne Englischkenntnisse hierfür noch ungenügend sind. Einmal mehr wurde mir also bewusst,

dass ich meine Englischkenntnisse im Anschluss an das NDS vertiefen will. Die zuvor ver-

fasste Disposition erachtete ich als hilfreiches Instrument. Ich konnte mich stets an den In-

haltspunkten orientieren, um somit den roten Faden nicht zu verlieren. An den erstellten

Zeitplan konnte ich mich problemlos halten.

Meines Erachtens ist es mir gelungen, eine Literaturübersicht zu den deklarierten Fragestel-

lungen zu erarbeiten, welche meinen Ansprüchen entspricht.

Das Verständnis der physiologischen Veränderungen während der ELV sowie Kenntnisse

bezüglich der Beatmungsstrategie erachte ich als eine Pflicht jenes Anästhesiepflegeperso-

nals, welches intraoperativ solche Patienten betreut. Mit der intensiven Auseinandersetzung

dieser Thematik konnte ich mein Fachwissen erweitern und unzählige spannende Aspekte

erkennen, welche in der Betreuung solcher Patienten von grosser Bedeutung sind. Ich verfü-

ge nun über evidenzbasiertes Wissen und kenne aktuelle Literatur zur Thematik. Meines

Erachtens konnte ich mit dieser DA meine Zielsetzungen erfüllen.

8. Schlusswort

Das Schlusswort nutze ich, um mich bei den Personen zu bedanken, welche mich beim Ver-

fassen dieser DA auf diverse Arten unterstützten. In erster Linie möchte ich mich an dieser

Stelle bei meinem Mentor Christoph Schori (Berufsbildungsverantwortlicher Universitätsspital

Basel) und meiner ärztlichen Ansprechperson Sabine Moor (Fachärztin FMH für Anästhesio-

logie und Intensivmedizin, Solothurner Spitäler AG, Standort Olten) für ihre Unterstützung

herzlich bedanken. Ich durfte von diesen beiden Personen eine äusserst kompetente und

intensive Begleitung sowie Unterstützung erfahren. Dr. med. J. Habicht (Leiter Thoraxchirur-

gie, Solothurner Spitäler AG) stand mir für das Klären offener Fragen ebenfalls zur Verfü-

gung, was ich sehr schätzte. Des Weiteren bedanke ich mich bei meinen Arbeitskollegen

und -kolleginnen, welche mir bei Literaturrecherchen und Fachdiskussionen zur Seite stan-

den. Für die gesamte moralische und sonstige Unterstützung gilt ein grosses Dankeschön

meiner Partnerin, meiner Familie sowie diversen lieben Menschen aus meinem privaten Um-

feld. Herzlichen Dank euch allen.

Literaturverzeichnis

[1] Kammerer T, Speck E, von Dossow V. Anästhesie in der Thoraxchirurgie. Anaesthe-

sist. 2016 Mai 4; 397-412.

[2] Larsen R. Anästhesie. 10. Auflage. Elsevier GmbH München; 2013: 1221-1242.

[3] Lampart A. Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchirurgischen Eingrif-

fen. Departement Anästhesie Universitätsspital Basel; 2014: 1-17.

[4] Larsen R, Ziegenfuss T. Beatmung Grundlagen und Praxis. 4. Auflage. Springer Medi-

zin Verlag Heidelberg; 2009: 1-442.

[5] Larsen R. Anästhesie und Intensivmedizin für die Fachpflege. 7. Auflage. Springer Me-

dizin Verlag Heidelberg; 2007: 824-840.

[6] Oczenski W. Atmen – Atemhilfen. Atemphysiologie und Beatmungstechnik. 8. Auflage.

Georg Thieme Verlag; 2008: 1-672.

[7] Larsen R. Thoraxchirurgie. Anästhesie und Intensivmedizin in der Herz-, Thorax- und

Gefässchirurgie. 8. Auflage. Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York; 2012: 359-

417.

[8] Haas S, Kiefmann R, Eichhorn V, Goetz A.E, Reuter D.A. Hämodynamisches Monito-

ring bei Einlungenventilation. Anaesthesist. 2009 November 15; 1085-1096.

[9] Motsch J, Wiedemann K, Roggenbach J. Atemwegsmanagement bei der Ein-Lungen-

Ventilation. Anaesthesist. 2005 Juni 3; 601-624.

[10] Sentürk M, Slinger P, Cohen E. Intraoperative mechanical ventilation strategies for o-

ne-lung ventilation. Best Practice & Research Clinical Anaesthesiology. 2015; 357-369.

[11] Striebel H. Die Anästhesie. Band II. Nebenerkrankungen, Fachspezifische Anästhesie,

Aufwachraum, Lebensrettende Sofortmassnahmen, Anhang. 3. Auflage. Schattauer

GmbH; 2014: 865-1869.

Abbildungsverzeichnis

[Abbildung 1]

Larsen R, Ziegenfuss T. Beatmung Grundlagen und Praxis. 4. Auflage. Springer Medizin

Verlag Heidelberg; 2009: Seite 21.

[Abbildung 2]

Oczenski W. Atmen – Atemhilfen. Atemphysiologie und Beatmungstechnik. 8. Auflage.

Georg Thieme Verlag; 2008: Seite 48.

[Abbildung 3]

Oczenski W. Atmen – Atemhilfen. Atemphysiologie und Beatmungstechnik. 8. Auflage.

Georg Thieme Verlag; 2008: Seite 59.

[Abbildung 4]

Larsen R. Thoraxchirurgie. Anästhesie und Intensivmedizin in der Herz-, Thorax- und Gefäs-

schirurgie. 8. Auflage. Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York; 2012: Seite 379.

[Abbildung 5]

Larsen R. Thoraxchirurgie. Anästhesie und Intensivmedizin in der Herz-, Thorax- und Gefäs-

schirurgie. 8. Auflage. Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York; 2012: Seite 378.

[Abbildung 6]

Larsen R. Thoraxchirurgie. Anästhesie und Intensivmedizin in der Herz-, Thorax- und Gefäs-

schirurgie. 8. Auflage. Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York; 2012: Seite 378.

[Abbildung 7]

Larsen R. Anästhesie. 10. Auflage. Elsevier GmbH München; 2013: Seite 1227.

[Abbildung 8]

Larsen R, Ziegenfuss T. Beatmung Grundlagen und Praxis. 4. Auflage. Springer Medizin

Verlag Heidelberg; Seite 102.

[Abbildung 9]

von Hintzenstern U., Bein T. (Hrsg.). Praxisbuch Beatmung. 4. Auflage. Elsevier Urban &

Fischer; 2007: Seite 3.

[Abbildung 10]

Striebel H. Die Anästhesie. Band II. Nebenerkrankungen, Fachspezifische Anästhesie, Auf-

wachraum, Lebensrettende Sofortmassnahmen, Anhang. 3. Auflage. Schattauer GmbH;

2014: Seite 1577.

[Abbildung 11]

Oczenski W. Atmen – Atemhilfen. Atemphysiologie und Beatmungstechnik. 8. Auflage.

Georg Thieme Verlag; 2008: Seite 148.

[Abbildung 12]

Oczenski W. Atmen – Atemhilfen. Atemphysiologie und Beatmungstechnik. 8. Auflage.

Georg Thieme Verlag; 2008: Seite 35.

Anhang

I. DLT-Sortiment

II. Auswahl der Tubusgrösse

III. Cobb-Konnektor

IV. Tubusfehllage

V. Lagekontrolle des DLT

VI. Vorgehen bei Hypoxämie

VII. Inspiratorischer Plateaudruck und Spitzendruck

VIII. Druck-Volumen-Kurve

IX. Selbständigkeitserklärung

I. DLT-Sortiment An dieser Stelle erfolgt eine Übersicht der drei am häufigsten eingesetzten DLT im Anästhe-

siealltag.

Robertshaw-Tubus

[Abbildung 4: Robertshaw-DLT für die

links- und rechtsseitige endobronchiale

Intubation]

• häufigst verwendeter DLT

• liegt für die rechtsseitige und linksseitige endobronchiale Intubation vor

• Lumina sind D-förmig und liegen seitlich nebeneinander

• Lumina sind grösser als die des Carlens-Tubus

• für die Ventilation des rechten Oberlappens besitzt der rechtsseitige Tubus

eine schlitzförmige Öffnung des distalen Cuffs

• Cuff ist so konstruiert, dass er seitlich über dem Schlitz stärker gecufft

werden kann, was zu einer besseren Abdichtung führt

• medial wird die Blockung des Cuffs eingeschränkt, damit die Gefahr einer

Cuff-Herniation über die Carina vermindert wird

• zwei Krümmungen vorhanden, um die endobronchiale Platzierung zu

erleichtern

• besitzt keinen Carina-Haken

• folgende Grössen sind erhältlich : 35 F, 37 F, 39 F, 41 F (26 F, 29 F nur für

linksseitige Intubation)

• Vorteil gegenüber den anderen DLT : leichter einzuführen, grösserer

Durchmesser, Niederdruck-Cuff, weniger traumatisierend beim Platzieren

• Einlage: Konkavität der Tubusspitze liegt vorne. Sobald der bronchiale

Cuff die Stimmbänder passiert hat, wird der Mandrin entfernt. Tubus wird

nun um 90 Grad gedreht damit er in den gewählten Hauptbronchus vorge-

schoben werden kann. DLT wird vorgeschoben bis ein mässiger Wider-

stand vorliegt. Dann liegt die Tubusspitze im Hauptbronchus. [2, 7]

Carlens-Tubus

[Abbildung 5: Carlens-DLT für die Intuba-

tion des linken Hauptbronchus]

• dient zur Intubation des linken Hauptbronchus

• Tubuslumina sind oval (Absaugkatheter kann nicht immer vorgeschoben

werden)

• zwei Krümmungen und einen Carina-Haken vorhanden, um die Platzierung

zu erleichtern

• wesentliche Nachteile : Verletzungsgefahr des Kehlkopfs, Abriss des Cari-

na-Hakens, Behinderung bei der Pneumektomie

• folgende Grössen sind erhältlich : 35, 37, 39, 41 Charr äusserer Durchmes-

ser

• Einlage: Bei der Einlage eines DLT mit Carina-Haken muss der DLT vor-

sichtig durch die Glottis geführt werden, während der Haken nach unten

zeigt. Sobald die Tubusspitze die Stimmbänder passiert hat, wird der DLT

so gedreht, dass der Haken vorne liegt. In dieser Position passiert der Ha-

ken die Glottis. Nachdem der Carina-Haken hinter den Stimmbändern ver-

schwindet, wird der Tubus um 90 Grad gedreht, damit er weiter in den

Hauptbronchus vorgeschoben werden kann. [2, 7]

White-Tubus

[Abbildung 6: White-DLT für die Intubation

des rechten Hauptbronchus]

• modifizierter Carlens-Tubus

• dient zur Intubation des rechten Hauptbronchus

• für die Ventilation des rechten Oberlappens liegt eine schlitzförmige Öffnung

des distalen (endobronchialen) Cuffs vor

• zwei Krümmungen und einen Carina-Haken vorhanden, um die Platzierung

zu erleichtern

• Nachteile : entsprechen denen des Carlens-Tubus

• gebräuchliche Grössen : 35, 37, 39, 41 Charr äusserer Durchmesser

• Einlage : entspricht deren des Carlens-Tubus [2, 7]

!

II. Auswahl der Tubusgrösse Für die Wahl der Tubusgrösse können folgende Anhaltspunkte (cm auf die Körpergrösse

bezogen) berücksichtigt werden: Frauen Männer

• bis 150cm: 32 oder b.B. 28 Charr

• 150 – 160 cm : 35 Charr

• über 160 cm : 37 oder b.B. 39 Charr

• bis 160 cm : 37 Charr

• 160 – 170 cm : 39 Charr

• über 170 cm : 41 Charr

[7]

III. Cobb-Konnektor Um den DLT mit den Schläuchen des Beatmungsgerätes zu konnektieren wird der Cobb-

Konnektor benötigt. [2]

[Abbildung 7: Cobb-Konnektor für Doppellumen-Tuben]

!

IV. Tubusfehllage Diverse Autoren berichten, dass die Anwendung des DLT mit einem hohen Risiko an Fehl-

positionierungen und intraoperativen Dislokationen einhergeht. Nach der blinden Einlage des

DLT liegt die Häufigkeit der Fehlplatzierung bei etwa 40%. Der DLT kann auch sekundär

(nach primär korrekter Lage) während dem Umpositionieren des Patienten in die Seitenlage

oder intraoperativ durch Manipulationen durch den Chirurgen dislozieren. Die Häufigkeit der

sekundären Fehllage liegt bei etwa 35%.

Fehllagen des DLT treten v.a. beim Einsatz rechtsseitiger DLT auf. Dieses Phänomen ba-

siert auf der Anatomie der rechten Lunge. Der rechte Oberlappenbronchus entspringt dem

rechten Hauptstammbronchus nur etwa 1,5 - 2,5 cm von der Carina entfernt. Der Durchmes-

ser des rechten Oberlappenbronchus beträgt etwa 1,5 cm.

Der linke Hauptbronchus ist mit etwa 5,0 – 5,5 cm deutlich länger. Dies bedeutet, dass der

Abgang des Oberlappenbronchus auf der linken Seite tiefer liegt (siehe Abbildung 8 und 9).

Da eine grosse anatomische Variabilität im Abgang des rechten Oberlappenbronchus vor-

liegt besteht die Gefahr, dass der endobronchiale Cuff des rechtsseitigen DLT den rechten

Oberlappenbronchus verlegt. Wird der rechtsseitige DLT jedoch nicht ausreichend vorge-

schoben, kann der endobronchiale Cuff den Carinabereich und somit die linke Lunge obstru-

ieren. Aus diesem Grund werden die linksseitigen DLT oft bevorzugt. Auch hier können Fehl-

lagen auftreten, meist beim Umpositionieren des Patienten in die Seitenlage. [7, 9]

[Abbildung 8: Bifurkation der Trachea] [Abbildung 9: Lungensegmente]

! !

V. Lagekontrolle des DLT Nach der blinden Intubation sollte die beidseitige Ventilation auskultatorisch überprüft wer-

den, während der tracheale Cuff geblockt ist.

Um eine Herniation auszuschliessen, wird dasselbe Verfahren zusätzlich mit geblocktem

bronchialen Cuff durchgeführt. Damit der bronchiale Cuff den Bronchus abdichtet, werden

normalerweise nicht mehr als 2 ml Luft benötigt. Wird für die Abdichtung des Bronchus eine

deutlich grössere Menge an Luft benötigt, liegt der proximale Anteil des Cuffs wahrscheinlich

über der Carina.

Des Weiteren wird das tracheale Lumen abgeklemmt, damit die endobronchiale Tubuslage

überprüft werden kann. Eine einseitige Ventilation ist dadurch beim Auskultieren zu erwarten.

Werden durch dieses Vorgehen weiterhin beide Lungen ventiliert, so liegt das bronchiale

Lumen des DLT noch oberhalb von der Carina und muss tiefer platziert werden.

Nach der genannten klinischen Überprüfung der Tubuslage wird die korrekte Lage zusätzlich

mittels Fiberoptik verifiziert. [7, 9]

Lagekontrolle des linksseitigen DLT durch Auskultation

Kontrolle der trachealen Lage

• proximalen (trachealen) Cuff blocken

• manuelle Beatmung

• Lungen müssen bds. ventiliert sein

• falls Ventilation nicht bds.: DLT etwa 3 cm zurückziehen, erneut manuell ventilieren

Kontrolle des linken distalen (endobronchialen) Cuffs

• Tubus-Zuleitung rechts abklemmen, damit hierüber keine Luft in die rechte Lunge ge-

langen kann.

• Linker Cuff blocken, bis rechts kein Atemgeräusch mehr auskultierbar ist. Bei korrek-

ter Lage des DLT wird jetzt nur die linke Lunge ventiliert.

• Klemme von der rechten Tubus-Zuleitung wieder entfernen und Lungen bds. erneut

auskultieren: Atemgeräusche müssen über beiden Lungen vorhanden sein.

Ventilationskontrolle der rechten Lunge

• Tubus-Zuleitung links abklemmen, damit hierüber keine Luft in die linke Lunge gelan-

gen kann.

• Lungen auskultieren. Bei korrekter Lage wird jetzt nur die rechte Lunge ventiliert. [7]

Lagekontrolle des rechtsseitigen DLT durch Auskultation

Bei der Lagekontrolle des rechtsseitigen DLT wird die oben aufgeführte Weise umgekehrt

durchgeführt. Dabei muss die Ventilation des rechten Oberlappens besonders beachtet wer-

den. [7]

Schwerpunkt der fiberoptischen Lagekontrolle des linksseitigen DLT

Die Fiberoptik wird primär über das tracheale Lumen eingeführt, damit die Carina aufgesucht

werden kann. Die Lage des bronchialen (blauen) Cuffs wird überprüft. Unmittelbar unter der

Carina sollte der proximale Anteil des bronchialen Cuffs ersichtlich sein. Zwischen der Carina

und dem proximalen Anteil des bronchialen Cuffs sollte einen Sicherheitsabstand von 5-10

mm vorhanden sein, da durch das Umpositionieren des Patienten und durch chirurgische

Manipulationen eine proximale Dislokation des DLT häufiger vorkommt als eine distale

Dislokation. Der obere Hauptbronchus muss frei zugänglich sein, was mittels Fiberoptik

durch das bronchiale Lumen kontrolliert wird. [9]

Schwerpunkt der fiberoptischen Lagekontrolle des rechtsseitigen DLT

In der rechten Lunge liegt der Abgang des Oberlappenbronchus im Vergleich zur linken Lun-

ge deutlich näher an der Bifurkation. Aus diesem Grund besteht bei der Anwendung des

rechtsseitigen DLT die Gefahr der Okklusion. Deswegen ist die fiberoptische Verifizierung

durch das bronchiale Lumen obligat. [9]

VI. Vorgehen bei Hypoxämie In der Literatur werden diverse Vorgehensweisen beschrieben, welche bei auftretender Hy-

poxämie während der ELV durchgeführt werden. Anschliessend werden einige wichtige Stra-

tegien beschrieben.

Lagekontrolle DLT

Die Lagekontrolle des DLT erfolgt auskultatorisch und mittels Fiberoptik. [1]

FiO2-Erhöhung und Recruitment-Manöver

Wird ein Oxygenationsproblem beobachtet, so wird zunächst die FiO2 erhöht. Gleichzeitig

sollte ein Recruitment-Manöver mit allfälliger PEEP-Erhöhung der ventilierten Lunge erfol-

gen. Studien zeigen, dass diese Intervention zur raschen Verbesserung des paO2 führt. [1]

CPAP und O2-Insufflation

Eine weitere Empfehlung stellt die Intervention in der nicht-ventilierten Lunge dar. Mehrere

Studien haben gezeigt, dass CPAP auf die nicht-ventilierte Lunge, zu einer Verbesserung

der Oxygenierung führen kann. Je nach Compliance der Lunge kann es allerdings bei dieser

Massnahme zu einer erheblichen Ausdehnung der Lunge kommen, welche den Operateur

bei der Arbeit behindern kann.

Um diese Intervention durchzuführen liegen diverse Varianten respektive Hilfsmittel vor, wel-

che jeweils dasselbe bewirken. Die nicht-ventilierte Lunge wird mit einem kontinuierlichen

O2-Flow (2-6 l/min) leicht gebläht. Ein dünner Katheter kann z.B. in den bronchialen Schen-

kel eingeführt- und darüber O2 insuffliert werden. Obwohl durch dieses Verfahren kein CPAP

erzielt wird, kann dadurch der paO2 gesteigert werden. Der Katheter darf nicht zu dick sein

und nicht zu tief eingeführt werden, da dies zur Okklusion des Tubuslumen führen kann und

das insufflierte Gas nicht mehr entweichen kann.

Für die Anwendung von CPAP auf die nicht-ventilierte Lunge, kann in den bronchialen

Schenkel des DLT ein Beatmungsbeutel sowie ein PEEP-Ventil eingebaut werden, worüber

ein kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck erzeugt werden kann.

Die CPAP-Applikation stellt bei der ELV eine effektive Methode dar. Untersuchungen haben

gezeigt, dass unter einem CPAP von 5 cmH2O und einer FiO2 von 0,5, höhere paO2-Werte

erreicht werden konnten als unter einer FiO2 von 1,0 ohne zusätzlichen CPAP. [1, 10, 11]

[Abbildung 10: Kommerziell erwerbbares Modell zur CPAP-Applikation auf die nicht-ventilierte Lunge]

Hochfrequenzjetventilation

Die Hochfrequenzjetventilation (HFJV) auf die nicht-ventilierte Lunge führt zur Verbesserung

der Oxygenierung. Die HFJV ist diesbezüglich vergleichbar mit der CPAP-Applikation, wobei

zusätzliche Vorteile festgestellt wurden. Durch die HFJV findet eine gewisse CO2-Elimination

statt. Allerdings stellt die CO2-Elimination bei den meisten Patienten während der ELV kein

relevantes Problem dar. [10]

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Medikamentöse Therapie

Inhalatives Stickstoffmonoxid (iNO) kann bei drohender Hypoxämie appliziert werden. Dieses

Medikament gelangt vor allem in die gut ventilierten Alveolen, reduziert dort die HPV und

führt dadurch zur Verbesserung der Oxygenation. Das iNO erreicht jedoch auch schlecht

ventilierte Lungenbezirke und antagonisiert in diesen Bereichen den Euler-Liljestrand-Reflex,

welcher dort aus pathophysiologischer Sicht hilfreich wäre, um die Shunt-Fraktion zu redu-

zieren. Die Applikation des iNO wird kontrovers diskutiert. Die Indikation muss individuell

abgeschätzt werden. Bei relevanter Hypoxämie kann der Therapieversuch mit iNO in Erwä-

gung gezogen werden, da die Nebenwirkungen gering sind. Häufig liegt zusätzlich eine

Rechtsherzbelastung vor, welche durch iNO zusätzlich positiv beeinflusst werden kann.

Ebenfalls können während der ELV Prostazykline inhalativ verabreicht werden. Primär wer-

den Prostazykline zur Senkung der Afterload im kleinen Kreislauf eingesetzt. Dieser Effekt

kann als Prophylaxe oder Therapie einer rechtsventrikulären Dekompensation genutzt wer-

den. Die Effektivität der Wirkung scheint deren der NO ähnlich, wobei die Halbwertszeit der

Prostazykline deutlich länger ist. Prostazykline können laut Literatur bei Hypoxämie einge-

setzt werden. Allerdings liegen bislang keine prospektiven Daten vor, welche den Einsatz

von Prostazyklinen unter ELV beschreiben. [1]

Liegt eine Obstruktion der ventilierten Lunge vor, so wird die inhalative Applikation eines

Bronchodilatators empfohlen (Beta2-Sympathomimetikum). [3]

Persistierende Hypoxämie

Liegt trotz den oben genannten Interventionen eine anhaltende Hypoxämie vor, so kann der

Operateur auf der operativen Seite ein Clamping der A. pulmonalis in Erwägung ziehen. So-

mit wird die nicht-ventilierte Lunge nicht mehr perfundiert und die intrapulmonale Shunt-

Fraktion dadurch reduziert. Das Clamping der A. pulmonalis führt zur akuten Rechtsherzbe-

lastung, was bei entsprechend cardial vorerkrankten Patienten zu einer rechtsventrikulären

Dekompensation führen kann.

Führen alle diese genannten Interventionen zu keiner Verbesserung der Oxygenierung, so

muss ein Operationsabbruch diskutiert werden. Ebenfalls wird in seltenen Fällen der Einsatz

eines venovenösen bzw. venoarteriellen extrakorporalen Verfahrens in Erwägung gezogen.

Differentialdiagnostisch weist die Literatur auf den Pneumothorax der ventilierten Lunge hin,

welcher ebenfalls zur Hypoxämie führen kann.

Bei persistierender Hypoxämie muss möglichst rasch eine Zweilungenventilation mit 1,0 FiO2

erfolgen. [1]

VII. Inspiratorischer Plateaudruck und Spitzendruck Inspiratorischer Plateaudruck

Die Inspiration wird in eine Flowphase und in eine No-Flowphase unterteilt. Entsprechend

dem transpulmonalen Druckgradienten fliesst das Gas-Volumen während der Flowphase mit

der vom Beatmungsgerät erzeugten Geschwindigkeit in die Lunge ein. Anschliessend findet

die No-Flowphase statt. In dieser Phase wird vom Beatmungsgerät keinen Flow mehr er-

zeugt wodurch eine inspiratorische Pause entsteht. Währen dieser Pause kommt es zum

Druckausgleich zwischen dem Beatmungsgerät und den Atemwegen. Zeitgleich führt diese

Pause zur Umverteilung des Tidalvolumens in der Lunge. Lungenbezirke mit hoher Zeitkon-

stante füllen sich durch die Umverteilung aus Lungenbezirken mit niedriger Zeitkonstante. Es

bildet sich ein inspiratorischer Plateaudruck (Pplat) welcher auch endinspiratory pressure

(EIP) genannt wird. Es handelt sich um den endinspiratorischen Druck in den Alveolen.

Der Pplat ist ein Mass für die Compliance der Lunge. Dieser Druck ist entscheidend zum

Öffnen kollabierter Alveolen. Ebenfalls ist er für die Entstehung eines Baro- respektive Volu-

traumas massgebend.

Die No-Flowphase ist im Gegensatz zur Flowphase nicht obligat. Je nach Beatmungsmodus

liegt eine solche Phase vor oder nicht. [4, 6]

Inspiratorischer Spitzendruck

Beim inspiratorischen Spitzendruck (Pmax) handelt es sich um den maximalen Druck in den

oberen Atemwegen. Dieser Druck weist nur geringe Auswirkungen auf den Alveolardruck

auf. Demnach ist der Pmax für die Entstehung eines Baro- respektive Volutrauma von unter-

geordneter Bedeutung. [6]

[Abbildung 11: Druck-Zeit-Diagramm bei volumenkontrollierter Beatmung]

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VIII. Druck-Volumen-Kurve Die statische Druck-Volumen-Kurve beschreibt die statische Compliance von Lunge und

Thorax. Diese Kurve wird auch Ruhedehnungskurve genannt. Sie weist einen typischen S-

förmigen Verlauf auf. Die beiden Knickpunkte der Kurve werden als Inflektionspunkte (Inflec-

tion points) bezeichnet. Auf der Kurve werden drei Abschnitte differenziert, welche im An-

schluss erläutert werden.

[Abbildung 12: Druck-Volumen-Diagramm]

Unterer, flacher Kurvenabschnitt

Wenn der untere Inflektionspunkt (lower inflection point) der Druck-Volumen-Kurve während

der Exspiration unterschritten wird, liegt ein zu geringes endexspiratorisches Lungenvolumen

vor. Diese Situation führt zu einem endexspiratorischen Verschluss der kleinen Atemwege

mit konsekutiver Atelektasenbildung der nachgeschalteten Alveolarbezirken. Um diese kolla-

bierten Lungenbezirke bei der Inspiration wieder zu eröffnen, muss der Alveolar-

Öffnungsdruck aufgebracht werden. Dabei handelt es sich um den Druck welcher aufgebaut

werden muss, um endexspiratorisch kollabierte Alveolen wieder zu eröffnen. Wird hingegen

vom Alveolar-Verschlussdruck gesprochen ist damit der Druck gemeint, bei welchem die

Alveolen endexspiratorisch kollabieren. Der Alveolar-Öffnungsdruck ist immer höher als der

Alveolar-Verschlussdruck.

Mittlerer, steiler (linearer) Kurvenabschnitt

Im mittleren Abschnitt der Druck-Volumen-Kurve ist die Atemarbeit am geringsten. Die ma-

ximale Steigung ergibt die maximale statische Compliance.

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Oberer, flacher Kurvenabschnitt

Der obere Inflektionspunkt (upper inflection point) der Druck-Volumen-Kurve weist während

der Inspiration auf die maximale Alveolardehnbarkeit hin. Durch eine weitere Druckzunahme

wird keine weitere Volumenzunahme erzielt. Oberhalb des oberen Inflektionspunktes kommt

es zur Überdehnung der Alveolen mit konsekutivem Elastizitätsverlust. Als Folge kann ein

Baro- respektive Volutrauma und eine Abnahme der Perfusion durch Kapillarkompression

auftreten.

Hinweise

Die Atemarbeit ist im mittleren steilen Abschnitt der Druck-Volumenkurve deutlich geringer

als ausserhalb der beiden Inflektionspunkte. Demzufolge sollten die Beatmungsparameter so

eingestellt werden, dass sich das endinspiratorische sowie das endexspiratorische Volumen

in diesem mittleren Kurvenabschnitt befinden (zwischen dem oberen und dem unteren Inflek-

tionspunkt). [6]

IX. Selbständigkeitserklärung Ich erkläre hiermit, dass ich diese Arbeit selbständig durchgeführt, keine anderen als die

angegebenen Quellen, Hilfsmittel oder Hilfspersonen beigezogen und keine fremden Tex-

te als eigene ausgegeben haben. Alle Textstellen in der Arbeit, die wörtlich oder sinnge-

mäss aus Quellen entnommen wurden, habe ich als solche gekennzeichnet.

(S. Studer, 4552 Derendingen, 18. Januar 2017)

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