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Markus Müller Die Abbindebeschleunigung von Stuckgips durch Calciumsulfatdihydrat

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Markus Müller

Die Abbindebeschleunigung von Stuckgips durch Calciumsulfatdihydrat

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Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Dokotor-Ingenieur an der Fakultät Bauingenieurwesen der Bauhaus-Universität Weimar, vorgelegt von Markus Müller aus Jena. Erster Gutachter: Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. e.h. mult. Dr. hc. mult. J. Stark Zweiter Gutachter: Prof. Dr. rer. nat. habil. H.-U. Hummel Dritter Gutachter: Prof. Dr. rer. nat. A. Wolter Die öffentliche Disputation der Arbeit fand am 05. Juli 2007 in Weimar statt. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar ISBN 978-3-89958-328-1 © 2007, kassel university press GmbH, Kassel www.upress.uni-kassel.de Druck und Verarbeitung: Unidruckerei der Universität Kassel Printed in Germany

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Danksagung

Diese Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am F.A. Finger-Institut für Baustoffkunde der Bauhaus-Universität Weimar.

Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Stark für das entgegengebrachte Vertrauen und die fachlichen Anregungen. Ich danke vor allem auch Herrn Dr. Fischer, der mir jederzeit mit Diskussionsbereitschaft, fachlichem Rat und moralischer Unterstützung zur Seite stand.

Der Knauf Gips KG danke ich für die finanzielle Unterstützung der Arbeit. Ganz beson-ders möchte ich mich zudem bei Herrn Prof. Hummel für die Motivation zur Anfertigung der Arbeit und die fachliche Unterstützung bedanken. Für die fachlichen Ratschläge und die Hilfe bei der praktischen Realisierung der Arbeit danke ich allen beteiligten Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern der Knauf Gips KG, insbesondere Herrn Dr. Scheller.

Bei Herrn Prof. Wolter bedanke ich mich für die Begutachtung der Arbeit.

Weiterhin möchte ich allen wissenschaftlichen und technischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des F.A. Finger-Institut für Baustoffkunde herzlich danken, die mich durch fachliche Diskussionen bzw. bei der praktischen Realisierung der Arbeit unterstützt haben. In diesem Zusammenhang möchte ich Frau Prof. Dimmig-Osburg, Herrn Dr. Bellmann, Herrn Dr. Freyburg, Frau Dr. Freyburg, Frau Berg, Frau Schmiedel, Frau Löhmer, Frau Peisker und Frau David nennen. Besonders danken möchte ich Frau Nowak für die konstruktiven fachlichen Diskussionen und die Rietveld-Analysen, Herrn Dr. Möser und Frau Michalke für die Durchführung der rasterelektronenmikroskopischen Untersuchungen sowie Herrn Dr. Erfurt und Herrn Tatarin für die Unterstützung bei der Entwicklung der Messzelle für das Ultraschallverfahren. Bei Frau Dr. Stark von der Professur „Aufberei-tung von Baustoffen und Wiederverwertung“ bedanke ich mich für den fachlichem Rat und die Durchführung der Partikelgrößenanalysen.

Meiner Familie danke ich für den allzeit gebotenen Rückhalt.

Weimar, April 2007

Markus Müller

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Inhaltsverzeichnis

1 Problemstellung .................................................................................................. 7

2 Stand der Forschung .......................................................................................... 8

2.1 Phasen des Systems CaSO4 - H2O........................................................................ 8

2.1.1 Calciumsulfatdihydrat........................................................................................... 8

2.1.2 Calciumsulfathalbhydrat..................................................................................... 10

2.2 Aspekte des Abbindens von Stuckgips............................................................... 11

2.2.1 Hydratation ......................................................................................................... 12

2.2.2 Kristallisation...................................................................................................... 14

2.2.3 Verfestigung ....................................................................................................... 20

2.3 Beschleunigung des Abbindens von Stuckgips .................................................. 21

2.3.1 Abbindebeschleunigende Zusätze ...................................................................... 22

2.3.2 Dihydrat als Abbindebeschleuniger.................................................................... 26

3 Methoden und Materialien .............................................................................. 31

3.1 Stoffliche Charakterisierung............................................................................... 31

3.1.1 Wasser/Bindemittel-Wert ................................................................................... 31

3.1.2 Gravimetrische Phasenanalyse ........................................................................... 31

3.1.3 Röntgenphasenanalyse........................................................................................ 31

3.1.4 Partikelgrößenverteilung und spezifische Oberfläche ........................................ 32

3.1.5 Rasterelektronenmikroskopie ............................................................................. 33

3.2 Beurteilung des Abbindeverhaltens.................................................................... 34

3.2.1 Hydratation ......................................................................................................... 34

3.2.2 Versteifen und Erhärtung.................................................................................... 37

3.3 Eingesetzte Materialien ...................................................................................... 40

3.3.1 Stuckgips............................................................................................................. 40

3.3.2 Gips..................................................................................................................... 41

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4 Ergebnisse und Diskussion der experimentellen Untersuchungen............... 43

4.1 Wirkungsweise von Dihydrat als Abbindebeschleuniger für Stuckgips............. 43

4.1.1 Vorgänge beim Abbinden von Stuckgips ........................................................... 43

4.1.2 Vergleich der abbindebeschleunigenden Wirkung verschiedener Zusatzstoffe . 45

4.1.3 Funktionsweise des Abbindebeschleunigers auf Dihydratbasis ......................... 49

4.1.4 Vergleich ausgewählter Varianten zur Erzeugung eines hochwirksamen Abbindebeschleunigers auf Basis von Calciumsulfatdihydrat............................ 52

4.2 Einflüsse auf die abbindebeschleunigende Wirksamkeit von hochfein aufgemahlenem Gips........................................................................................... 56

4.2.1 Intensität der Mahlbeanspruchung...................................................................... 56

4.2.2 Temperatur beim Mahlvorgang .......................................................................... 63

4.2.3 Mühlenaufgabegut - Verunreinigungen und Kristallmorphologie von Gips ...... 64

4.2.4 Mahlzusätze ........................................................................................................ 71

4.2.5 Beschleuniger-Zugabemenge.............................................................................. 76

4.2.6 Zu beschleunigender Stuckgips .......................................................................... 78

4.2.7 Wasser/Bindemittel-Verhältnis beim Abbinden ................................................. 83

4.2.8 Zeitpunkt der Beschleunigerzugabe.................................................................... 84

4.2.9 Intensität des Mischvorganges ............................................................................ 87

4.3 Einflüsse auf den alterungsbedingten Wirksamkeitsabbau von hochfein aufgemahlenem Gips........................................................................................... 88

4.3.1 Umgebungsbedingungen bei der Lagerung ........................................................ 88

4.3.2 Intensität der Mahlbeanspruchung...................................................................... 94

4.3.3 Mühlenaufgabegut - Verunreinigungen und Kristallmorphologie von Gips ...... 96

4.3.4 Mahlzusätze ...................................................................................................... 102

4.4 Auswirkungen der Beschleunigerzugabe auf die Gefügeentwicklung und die physikalischen Eigenschaften des abgebundenen Gipssteines ......................... 107

5 Modell zur Abbindebeschleunigung von Stuckgips durch Calciumsulfatdihydrat.................................................................................... 114

6 Zusammenfassung........................................................................................... 117

Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 121

Anhang I

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1 Problemstellung

Calciumsulfatbindemitteln werden aus technisch-wirtschaftlichen Erfordernissen heraus erheblich variierende Eigenschaften abverlangt. Insbesondere hinsichtlich der Verarbei-tungszeit und dem Zeitpunkt des Versteifens müssen die Bindemittel im Zeitraum von wenigen Minuten bis mehreren Stunden variabel einstellbar sein. Um diesen Anforderun-gen gerecht zu werden, ist der Einsatz von abbinderegulierenden Zusätzen notwendig.

Von maßgeblicher Bedeutung ist die Beschleunigung des Abbindens bei der Herstellung von Gipsbauplatten. Weltweit werden derzeit jährlich über 8.000 Mio. m² Gipsbauplatten hergestellt. Pro Kopf werden allein in Deutschland jedes Jahr über 2 m² Gipsbauplatte verbraucht (HUMMEL 2006). Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden sowie zur Minimierung der Produktionskosten, werden ständig Anstrengungen unternommen, den Herstellungsprozess zu verbessern. Moderne Anlagen zur Fabrikation von Gipsbauplatten können Fertigungsgeschwindigkeiten von bis zu 180 Meter pro Minute erreichen. Die größtmögliche Auslastung der Anlagenkapazität ist nur durch den Einsatz von hochwirk-samen Beschleunigern möglich. Die Abbindezeit des dafür verwendeten Bindemittels (Stuckgips = überwiegend β-Halbhydrat = CaSO4 · 0,5 H2O) bestimmt die Dauer, bis die Gipsbauplatte geschnitten werden kann und damit die Länge bzw. die Geschwindigkeit des Förderbandes. Sie regelt auf diese Weise die Produktionsgeschwindigkeit. Es besteht daher erhebliches ökonomisches Interesse, den Abbindevorgang zu beschleunigen. Darüber hinaus muss die Hydratation abgeschlossen sein, bevor die Platten im Trockner hohen Temperaturen ausgesetzt werden. Ansonsten wird das Festigkeitspotential des Bindemittels unzureichend genutzt und die Gefahr der Volumenexpansion durch Nachhydratation bei Feuchtezutritt geschaffen.

Als Abbindebeschleuniger wird hochfein aufgemahlener Gips (Dihydrat = CaSO4 · 2 H2O) eingesetzt. Das Wissen über dessen Wirkungsweise sowie über die herstellungs- und anwendungsbezogenen Einflüsse beruht im Wesentlichen auf empirischen Untersuchun-gen. Für den kontinuierlichen Prozess der Gipsbauplattenproduktion ist eine ausgeprägte Stabilität der Beschleunigungswirkung von entscheidender Bedeutung. Produktionserfah-rungen zeigen, dass die Herstellung eines über einen längeren Zeitraum gleichbleibend effektiven Abbindebeschleunigers große Probleme bereitet.

Aus den geschilderten Zusammenhängen ergibt sich die Zielstellung der vorliegenden Arbeit: Auf der Grundlage einer systematischen Analyse der Abbindebeschleunigung von Stuckgips durch Calciumsulfatdihydrat sollte es unter Einsatz modernster Unter-suchungsmethoden möglich werden, die komplexen Zusammenhänge zu verstehen. Durch das Erfassen der wesentlichen Einflussgrößen bei der Herstellung und Anwendung des Abbindebeschleunigers auf Dihydratbasis sollte die Wirksamkeit des Zusatzes verbessert und auf hohem Niveau stabilisiert werden.

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2 Stand der Forschung

2.1 Phasen des Systems CaSO4 - H2O

Um die Vorgänge beim Abbinden von Stuckgips zu erfassen, bedarf es der Kenntnis der wesentlichen chemischen und physikalischen Eigenschaften der beteiligten Phasen, insbesondere die von Calciumsulfathalbhydrat (HH) und -dihydrat (DH). Tabelle 2-1 vermittelt einen Überblick über ausgewählte Eigenschaften der Phasen im System CaSO4 - H2O.

Tabelle 2-1: Ausgewählte Eigenschaften der Phasen im System CaSO4 - H2O (nach Gips-Datenbuch 2003)

Chemische Formel der Phase

CaSO4 · 2 H2O CaSO4 · 0,5 H2O CaSO4 III CaSO4 II

Bezeichnung Calciumsulfat- dihydrat (Gips)

Calciumsulfat- halbhydrat

Anhydrit III (löslicher Anhydrit)

Anhydrit II

Formen α-Form β-Form

α-A III β-A III

A II,s (schwerlösl.) A II,u (unlöslich) A II,E (Estrichgips)

Kristallwasser [M.-%] 20,92 6,21 0 0

Dichte [g/cm3] 2,31 2,76 (α) 2,62 (β) 2,58 2,93-2,97

Molare Masse [g/mol] 172,17 145,15 136,14 136,14

Löslichkeit in H2O bei 20 °C [gCaSO4/l]

2,05 6,7 (α) 8,8 (β) 6,7 (α) 8,8 (β) 2,7

Calciumsulfathalbhydrat und -dihydrat unterscheiden sich in ihren Kristallstrukturen. In der Struktur des Halbhydrates ist das Kristallwasser in Strukturkanälen, im Gips in Schichten angeordnet. Als gesichert scheint festzustehen, dass in den Strukturen der Phasen CaSO4 · 2 H2O und CaSO4 · n H2O mit n = 0… 0,03; ≈ 0,5 und ≈ 0,6 Ketten der Konstitution {SO4-Ca-SO4-Ca}1-∞ vorliegen, wobei die Tetraeder der Sulfationen über die Sauerstoffatome an je zwei Calcium-Kationen koordiniert sind. Durch Kontakte zu benachbarten Ketten wird die Ca-Koordinationssphäre aufgeweitet, bei Anwesenheit von Kristallwasser ist auch dieses über Sauerstoff an Calcium gebunden (HUMMEL ET AL. 2001 (a)).

2.1.1 Calciumsulfatdihydrat Gips (CaSO4 · 2 H2O) kristallisiert in der monoklin-prismatischen Kristallklasse (2/m) mit prismatischem, dicktafeligem oder linsenförmigem Habitus. Charakteristisch für Gips ist die Verzwillung, bei der durch Verwachsungen von Gipskristallen sog. Schwalben-schwanz-Zwillinge oder Montmartre-Zwillinge entstehen können.

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1-20 120

010 1-1-1 11-1

-1-11 111 0-10 - 1-20 -120

ab

c

Abbildung 2-1: Modell eines Gipskristalles

Das Mineral Gips zeichnet sich durch eine ausgesprochene Schichtstruktur mit perfekter Spaltbarkeit parallel zu (010) aus. Die Schichtpakete werden durch Wasserstoffbrücken-bindungen zusammengehalten (HUMMEL ET AL. 2001 (a)).

Der Rohstoff Gips liegt in der Natur vor. Hinsichtlich der Entstehung gesteinsbildender Calciumsulfate wird in Primär- und Sekundärgipse unterschieden. Primärgipse sind durch Auskristallisation aus übersättigten wässrigen Lösungen seichter Meeresteile entstanden. Sie sind in den geologischen Formationen des Perms (im Zechstein vor rund 240 Millionen Jahren), der Trias (im Muschelkalk vor ca. 215 Millionen Jahren und im Keuper vor ca. 205 Millionen Jahren) sowie des Tertiär anzutreffen. Im Perm und in der Trias lagerten sich im Germanischen Becken durch Verdunstung von Meerwasser die gelösten Salze entsprechend ihrer zunehmenden Löslichkeit ab: Beginnend mit den Karbonaten, darauf folgend die Sulfate und zuletzt die Chloride. Dieser Prozess wird auch als „rhythmische Sedimentation“ bezeichnet (REIMANN 2000). Durch Temperatur- und Druckänderungen oder durch Einwirkung gesättigter Lösungen können sich die mineralischen Sedimente umbilden. Durch Thermo-Diagenese entstand beispielsweise aus Gips Anhydrit und umgekehrt. Durch Lösungs-Diagenese bildeten sich Sekundärgipse, wie Quellfalten- und Schlangengips, Fasergips, Alabaster und Marienglas.

Bedingt durch die geologische Vorgeschichte unterscheiden sich die Gipsgesteine in ihrem Reinheitsgrad, in ihrer Farbe und in ihrem Gefüge. Zu den natürlichen Beimengungen zählen Kalkstein, Dolomit, Mergel, Ton und gelegentlich auch Sand, Bitumen oder verschiedene Salze. Die Gipsgesteine können große Gefügeunterschiede aufweisen. „Es gibt Gipsgestein mit feinkörniger Struktur und anderes mit quadratmetergroßen tafeligen Platten. Der spätige, blättrige Gips wird „Marienglas“ genannt, insbesondere dann, wenn die Stücke mehr oder weniger durchsichtig sind. Der sog. Fasergips besteht aus kompakten faserigen Aggregaten, die meist zwischen Ton- oder Mergellagen eingebettet sind. Durchscheinende, kompakte Gipse nennt man „Alabaster“ (Gips-Datenbuch 2003).“

Bei bestimmten technischen Prozessen, wie der Rauchgasentschwefelung, Phosphorsäure-, Flusssäure-, Caprolactam-, Weinsäure-, Zitronensäure- und Oxalsäure-Herstellung oder bei der Aufbereitung von Dünnsäure aus der Titandioxid-Herstellung, entsteht Calciumsulfat als Nebenprodukt. Am weitesten verbreitet ist die Verwendung von Gips aus Rauchgasent-schwefelungsanlagen (REA-Gips). Dieser entsteht bei der Entschwefelung der Rauchgase von Kraftwerken, die mit fossilen Brennstoffen befeuert werden. Er wird bei der nassen

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Rauchgasentschwefelung durch das Kalk(stein)waschverfahren (nach Oxidation mit Luft, Abtrennung der Gipskristalle, Waschen und Filtrieren) gezielt gewonnen. REA-Gips weist im Vergleich zu gebrochenem und gemahlenem Naturgips ein sehr enges Kornband, eine gedrungene Kristallstruktur und eine hohe Reinheit auf.

2.1.2 Calciumsulfathalbhydrat

Von Calciumsulfathalbhydrat werden die α- und die β-Form unterschieden. Sie werden bei verschiedenen Brennbedingungen gebildet und weisen eine Anzahl voneinander abwei-chender physikalischer Eigenschaften auf, wie Dichte, Löslichkeit, Einstreumenge und spezifischer Oberfläche (VOLKART ET AL. 2003). Sowohl α- als auch β-Halbhydrat entste-hen durch thermische Entwässerung von Dihydrat.

β-Halbhydrat wird im technischen Prozess in trockener Atmosphäre zwischen 120 und 180 °C hergestellt. Die resultierenden Kristalle besitzen noch die Struktur des Ausgangs-gipses. β-Halbhydrat ist meist kryptokristallin und weist im Gegensatz zu α-Halbhydrat keine gut ausgebildeten Kristallflächen, Ecken und Kanten auf. Das lässt auf eine starke Störung im Kristallgitter schließen.

Da sich die Löslichkeitskurven von Dihydrat und Halbhydrat zwischen 90 und 100 °C schneiden, kann α-Halbhydrat oberhalb dieser Temperatur direkt über die Lösungsphase aus CaSO4 · 2 H2O entstehen. Die Herstellung von α-Halbhydrat erfolgt somit unter „feuchten“ Bedingungen (Dampf, Suspension), zumeist unter Druck in Autoklaven bei Temperaturen um 130 bis 140 °C. Hierbei entstehen überwiegend kompakte Säulen von geringer spezifischer Oberfläche.

Bezüglich der tatsächlichen Kristallwasseranteile und Struktur der Subhydrate existieren widersprüchliche Angaben. SOLBERG ET AL. 2002 gehen davon aus, dass sowohl für die α- als auch für die β-Form die beiden Halbhydrat-Phasen CaSO4 · 0,53 H2O und CaSO4 · 0,63 H2O existieren. Beiden Phasen wird, ebenso wie dem CaSO4 · 2 H2O, ein monoklines Kristallgitter zugrunde gelegt. Vereinzelt wird hingegen angenommen, dass α- und β-Halbhydrat in unterschiedlichen Systemen kristallisieren (FOLLNER ET AL. 2002b). OETZEL bestätigt 1999 anhand von röntgendiffraktometrischen Untersuchungen die Existenz einer Subhydratphase mit einem stöchiometrischen Wassergehalt oberhalb dem des Halbhydrates. Bei steigendem Wasserdampfpartialdruck findet durch den weiteren Einbau von Kristallwasser eine strukturelle Umwandlung von Halbhydrat zu diesem Subhydrat statt. Aufgrund des geringen strukturellen Unterschiedes, der vollständi-gen Reversibilität der Phasenumwandlung und ihrer hohen Kinetik ist keine wesentliche Änderung des Abbindeverhaltens zu erwarten (OETZEL 1999).

Calciumsulfatbindemittel auf der Basis von β-Halbhydrat mit geringen Anteilen an Anhydrit III werden auch als Stuckgips bezeichnet. Zwischen Anhydrit III und Halbhydrat bestehen nur geringe kristallographische Unterschiede. Anhydrit III ist sogar in der Lage, der Luft Feuchtigkeit zu entziehen und die Wassermoleküle in das Kristallgitter einzubau-en. Dieser Prozess, der auch als „Alterung“ bezeichnet wird, ist mit einer Stabilisierung der Verarbeitungseigenschaften des Stuckgipses verbunden (ABDUSSALJAMOV ET AL. 2003). Durch Kondensation von gasförmigem Wasser auf dem Stuckgips werden auch Oberflä-chendefekte, die durch den Brennvorgang entstanden sind, durch Lösungs- und Kristallisa-

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tionseffekte verringert.

Als Brennapparate zur Herstellung von β-Halbhydrat werden hauptsächlich Drehöfen und sog. Kocher benutzt. In Drehöfen werden im Gleichstromverfahren bis zu 600 Tonnen Stuckgips pro Tag erzeugt. Kocher besitzen ein Fassungsvermögen von bis zu 40 Tonnen, womit bis zu 760 Tonnen Stuckgips pro Tag hergestellt werden können. Sie arbeiten kontinuierlich oder diskontinuierlich (Gips-Datenbuch 2003). Der Wirkungsgrad für Drehöfen ist geringer als der von Großkochern (z. B. nach HUMMEL 1999 ca. 63 % gegenüber 72 %). Insbesondere im Kocher erhält man β-Halbhydrat mit einem gewissen Anteil an α-Halbhydrat, der mit zunehmender Einwirkung von hoher Luftfeuchtigkeit ansteigt. Bei der Herstellung von β-Halbhydrat entsteht stets auch ein geringer Anteil an Anhydrit III und Anhydrit II. Eine weitere Möglichkeit zur Herstellung von β-Halbhydrat bietet die Mahlbrennanlage, in der der Rohgips gemahlen, getrocknet und zu Stuckgips gebrannt wird.

Der Herstellungsprozess des Bindemittels hat einen großen Einfluss auf dessen Eigen-schaften. So benötigt beispielsweise Stuckgips aus einem Drehofen mehr Wasser, um eine verarbeitbare Konsistenz zu erzielen, als ein im Kocher hergestelltes Material. Dieses wiederum besitzt einen höheren Wasseranspruch als ein Mehrphasengipsbinder. Das geringste Wasser/Bindemittel-Verhältnis erreicht bei vergleichbarer Konsistenz ein α-Halbhydrat, welches im Autoklaven hergestellt wurde. Mit geringerem Wasseranspruch der Bindemittel sind höhere Festigkeiten und Rohdichten der abgebundenen und verfestig-ten Gipsprodukte verbunden (GERHARTZ ET AL. 1985).

2.2 Aspekte des Abbindens von Stuckgips

Die Begriffe Abbinden, Verfestigen, Versteifen, Erstarren und Erhärten werden in der Literatur unterschiedlich definiert. Auch der aktuellen Normengeneration liegt keine eindeutige Begriffsdefinition zugrunde. So kann mittels Vicat-Gerät nach DIN EN 13279-2 (unter Verwendung des Tauchkonus) der „Versteifungsbeginn von Gipsbindern“ ermittelt werden. Nach DIN EN 13454-2 hingegen wird mit dem Vicat-Gerät (mit Stahlnadel) die „Erstarrungszeit von Calciumsulfatbindern“ bestimmt.

In der vorliegenden Arbeit bezeichnet das Abbinden die Verfestigung des Bindemittels auf Grundlage physikalischer und chemischer Prozesse. Beim Vorgang der Verfestigung, also der Zunahme der mechanischen Festigkeit eines Stoffes, müssen das Versteifen (beim Bindemittel Zement auch als Erstarren bezeichnet) und die eigentliche Erhärtung unter-schieden werden. Als Versteifen wird die Anfangsphase des Verfestigens, also das Übergangsstadium zwischen dem Anmachen und dem Erhärtungsvorgang, bezeichnet. Der weitere Verlauf der Verfestigung wird vom Erhärten der Matrix bestimmt..

Um den Vorgang des Abbindens von gebranntem Gips vollständig zu erfassen, müssen drei Aspekte berücksichtigt werden:

- Hydratation – physikalisch chemische Betrachtungsweise - Kristallisation – mineralogischer Gesichtspunkt - Verfestigung – technologischer Aspekt

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2.2.1 Hydratation Dass es sich bei der Hydratation generell um einen Lösungs-Fällungs-Vorgang handelt, wurde bereits von LE CHATELIER (1889) demonstriert. Eine feste Phase gibt Ionen an die flüssige Phase ab, um mit ihr einen Gleichgewichtszustand zu erreichen. Die flüssige Phase ihrerseits strebt das Gleichgewicht mit einer zweiten festen Phase an, die eine geringere Löslichkeit hat und aus der Lösung ausfällt. Die Unterschiede in der Löslichkeit der festen Phasen sind aus thermodynamischer Sicht der Antrieb für die Hydratation. In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die Kristallisationstheorie durch die Entdeckung topochemischer Reaktionsvorgänge erweitert. Nach K. W. FISCHER 1964 findet ein Teil der Reaktion direkt auf der Oberfläche der Halbhydratpartikel statt, wobei die Umwand-lung in Dihydrat ebenfalls über die Lösungsphase erfolgt.

Als Löslichkeit wird allgemein die maximale Menge eines Stoffes verstanden, die ein bestimmtes Lösungsmittel (z. B. Wasser) bei bestimmten Temperatur- und Druckbedin-gungen aufnehmen kann, d.h. der Anteil des gelösten Stoffes in einer gesättigten Lösung. Die Löslichkeit ist neben den in der Definition genannten Parametern insbesondere von der Anwesenheit von Fremdstoffen in der Lösung und vom pH-Wert abhängig.

Die Löslichkeit wird zudem von der Oberflächenenergie der Phasen bestimmt. Mit zunehmender Partikelfeinheit steigt die Gleichgewichtslöslichkeit, da feine Partikel aufgrund erhöhter Oberflächenspannung besonders stark zur Auflösung neigen (SIGG & STUMM 1996). Aus diesem Zusammenhang ergibt sich die Tatsache, dass die Löslichkeits-kurve von α-Halbhydrat unter der der β-Form liegt. Als weiteres Beispiel hierfür ist das Anwachsen der Löslichkeit von Gips mit zunehmender Feinheit zu nennen.

Die Abhängigkeit der Löslichkeit der verschiedenen CaSO4-Phasen von der Temperatur ist in Abbildung 2-2 dargestellt.

Abbildung 2-2: Temperatureinfluss auf die Löslichkeit der Phasen im System CaSO4 - H2O

(basierend auf FOERST 1957, FREYER 2000 und eigenen Untersuchungen)

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Bei einer vorgegebenen Temperatur löst sich in einer bestimmten Wassermenge mehr Halbhydrat als Dihydrat. Bei 20 °C beispielsweise beträgt die Löslichkeit von Halbhydrat 0,885 g CaSO4/100 g H2O und die des Dihydrates 0,204 g CaSO4/100 g H2O. Ist die Lösung bezüglich des Halbhydrates gesättigt, so ist sie bezüglich des Dihydrates übersät-tigt und damit metastabil. Beim Vorhandensein eines Keimes wird der über die Sätti-gungskonzentration hinausgehende Überschuss des gelösten Stoffes ausgeschieden.

Als die wichtigsten Faktoren, die den Hydratationsprozess bestimmen, sind die Auflö-sungsgeschwindigkeit des Halbhydrates sowie die Kristallkeimbildung und das Kristall-wachstum bekannt. Darüber hinaus können die Temperatur, die Oberflächenbeschaffenheit der Halbhydratpartikel sowie die Kristallform der entstehenden Gipsnadeln, Diffusions-vorgänge und lokale Übersättigungen einen gegebenenfalls großen Einfluss auf den Ablauf des Abbindevorganges haben.

In einigen Quellen (z. B. HAUBERT & KRÖNERT 1977) wird angenommen, dass bei fortschreitender Hydratation der Auflösevorgang des Halbhydrates durch die gebildete Dihydratschicht auf den Bindemittelkörnern behindert wird. Es ist nicht eindeutig geklärt, ob die Hydratneubildungen tatsächlich die Diffusion der Calcium- und Sulfationen behindern oder ob lediglich die Auflösegeschwindigkeit des stetig geringer werdenden Bindemittelanteils den Prozessfortgang verzögert.

Die Auflösungsgeschwindigkeit, also die Zunahme der Ionenkonzentration pro Zeiteinheit ist vorrangig abhängig von:

- dem Grad der Untersättigung der flüssigen Phase - dem Anteil, der spezifischen Oberfläche und kristallographischen Besonderheiten

des Feststoffes (wie Orientierung, Kristalldefekte, & Gitterstörungen) - äußeren Faktoren (wie Temperatur & Rührintensität)

Das Ausfällen der zweiten festen Phase wird indes vom Übersättigungsgrad der flüssigen Phase, dem Anteil und der Teilchengröße des ausgefallenen Feststoffes sowie von der Oberflächenspannung zwischen fester und flüssiger Phase bestimmt.

Die Kinetik der Hydratation wird folglich von den Geschwindigkeiten der beiden Teilpro-zesse Lösung und Fällung bestimmt, die quasi miteinander im Wettbewerb stehen. Für einen reibungslosen Verlauf der Hydratation von β-Halbhydrat ist vor diesem Hintergrund ein ungehinderter Verlauf beider Teilvorgänge, der Fällung von Gips sowie der Lösung von β-Halbhydrat, erforderlich.

Der Hydratationsprozess, sowohl von α- als auch von β-Halbhydrat, kann aus heutiger Sicht wie folgt beschrieben werden: Mit dem Einstreuen des Bindemittels in Wasser beginnt die An- bzw. Auflösung der Halbhydratpartikel. Aus der bezüglich Dihydrat übersättigten Calciumsulfatlösung kristallisiert Gips aus. Infolge des Verbrauchs der anhydrischen Phase gehen zunehmend weniger Ionen in Lösung, als durch Kristallisation „verbraucht“ werden. Die Übersättigung nimmt stetig ab. Damit verlangsamt sich die Reaktionsgeschwindigkeit. Nach heutigem Erkenntnisstand läuft der beschriebene Vor-gang ohne weitere Zwischenstadien ab. Das gilt auch für die Hydratation von Anhydrit II, der ebenso direkt in Gips übergeht. Die Hydratation von Anhydrit III erfolgt unter Bildung von Halbhydrat durch Wasseraufnahme in das Kristallgitter und anschließender Auflösung und Ausfällung von Dihydrat.

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Für den vollständigen Ablauf der Hydratation müssen dem β-Halbhydrat aus stöchiometri-scher Sicht 18,6 M.-% Wasser zugegeben werden, was einem Wasser/Feststoff-Verhältnis von rund 0,19 entspricht.

In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden u.a. von RIDGE und von SCHILLER große Anstrengungen unternommen, die Hydratationskinetik mathematisch zu beschreiben. Nach NEUHAUSER 1976 ergeben sich Schwierigkeiten bei der physikalisch-chemischen Deutung der Gleichungsparameter, insbesondere in Bezug auf das Anfangsstadium der Reaktion. Auch spätere Versuche, ein mathematisches Modell zur Beschreibung der Erhärtungskine-tik der Calciumsulfatbindemittel zu erstellen, scheiterten an der Komplexität des Vorgan-ges (Bsp. SCHIMMELSCHMIDT 1996).

Von BABUŠKIN ET AL. wurde die Hydratation von Calciumsulfathalbhydrat umfangreich thermodynamisch analysiert. Ausgangsbasis dabei ist die chemische Gleichung der Hydratation von Halbhydrat.

Gleichung 2-1: 4 2 2 4 2CaSO 0,5 H O 1,5 H O CaSO 2 H O⋅ + → ⋅

Die Änderung der freien Reaktionsenthalpie bei 298 °K (25 °C) errechnet sich aus den freien Bildungsenthalpien der Ausgangsstoffe und Endprodukte aus den Elementen unter Standardbedingungen ( 298, EndG°∆ , 298, AusgG°∆ ) nach Gleichung 2-2 (BABUŠKIN ET AL. 1985).

Gleichung 2-2: 298 298, End 298, AusgG G G° ° °∆ = ∆ − ∆∑ ∑

298G 429,54 343,18 1,5 56,69 1,33 kcal°∆ = − + + ⋅ = −

Die Größe und das Vorzeichen von 298G°∆ - der Standardänderung der freien Enthalpie, des thermodynamischen Potentials - bestätigen aus thermodynamischer Sicht die Möglich-keit, dass die Reaktion stattfinden kann und der Prozess unter Standardbedingungen unumkehrbar ist.

Mit Gleichung 2-3 (nach BABUŠKIN ET AL. 1985) kann die Temperaturabhängigkeit von G°∆ bei der Hydratation von Calciumsulfathalbhydrat beschrieben werden.

Gleichung 2-3: 2 11 10 2 2G H a T ln T b T c T y T° −∆ = ∆ − ∆ − ∆ − ∆ +

3 2 5 1G 50,3 1,66 T ln T 4,8 10 T 2 10 T 20,9 T° − −∆ = − + + ⋅ + ⋅ +

Demnach sinkt mit steigender Temperatur die freie Reaktionsenthalpie. Bei 405 K (≙ 132 °C) ist diese gleich Null, d.h. der Antrieb für die Hydratationsreaktion ist aus thermodynamischer Sicht bei höheren Temperaturen nicht mehr gegeben.

2.2.2 Kristallisation Die Bildung von Gipskristallen folgt dem Gesetz der Keimbildung und des Kristallwachs-tums. Bereits kurz nach dem Kontakt (Einstreuen, Mischvorgang) von Bindemittel und Wasser beginnen sich nach einer kurzen Induktionsperiode Kristallisationskeime aus der

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bezüglich Dihydrat übersättigten Lösung zu bilden.

Bekanntermaßen können drei Arten der Kristallkeimbildung unterschieden werden: - primär homogene Keimbildung - primär heterogene Keimbildung - sekundäre Keimbildung

Der erste Fall findet in Lösungen ohne Beteiligung von Fremdkörperoberflächen statt und spielt daher praktisch kaum eine Rolle. Die bevorzugt ablaufende primär heterogene Keimbildung hingegen läuft an (fremden) Feststoffoberflächen (auch: Substrat) ab. Indem die Keime nur einen Teil ihrer Oberfläche der Lösung zuwenden, wird weniger Oberflä-chenenergie benötigt als bei der homogenen Keimbildung.

Die sekundäre Keimbildung läuft beim Vorhandensein von arteigenen Kristallen ab. Durch Kollisionen der Kristalle lösen sich vorhandene Cluster von den bereits existierenden Kristallen ab und bilden sekundäre Keime. Dieser Vorgang tritt insbesondere beim Mischvorgang des Bindemittelbreies in Erscheinung.

Neben den beschriebenen Möglichkeiten der spontanen Keimbildung können im System auch sog. Keimkristalle vorliegen. Kristalle des Stoffes, der in Lösung ist, werden auch als Impfkristalle bezeichnet. So können sich „Dihydratkeime“ auf der Oberfläche von Halbhydratpartikeln z. B. durch Alterung des Bindemittels gebildet haben oder infolge der industriellen Herstellung von vornherein bereits anwesend gewesen sein. Die Kristallisati-on kann vor diesem Hintergrund auch gezielt frühzeitig eingeleitet werden, indem Impf-kristalle dem Bindemittel zugegeben werden.

GIBBS erkannte 1878, dass aus thermodynamischer Sicht in einem Stoffsystem ein Vorgang dann spontan abläuft, wenn dadurch die freie Enthalpie G des Systems abnimmt. Die Bildung von Kristallkeimen ist mit einer Änderung der freien Enthalpie ∆GK des Systems verbunden. Diese ergibt sich in gasförmigen oder flüssigen Phasen (unter Vernachlässigung der elastischen Energie Ge) aus der Bilanz der freigesetzten Volumen-enthalpie GV (mit negativem Vorzeichen) und der verbrauchten Oberflächenenthalpie Gσ (positiv). Für einen als kugelförmig angenommenen Keim mit dem Radius rK erhält man:

Gleichung 2-4: 3 24K V K K3

gG G G r 4 rσ

∆∆ = ∆ + ∆ = π + π σ

υ

∆g - Differenz der molaren freien Enthalpien von übersättiger Phase und Kristallphase υ - Molvolumen der Kristallphase σ - spezifische freie Grenzflächenenthalpie (Oberflächenspannung)

Die Änderung der freien Enthalpie ist also von der Größe eines Körpers abhängig (vgl. Abbildung 2-3).

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Abbildung 2-3: Änderung der freien Energie bei der Bildung eines Keimes als Funktion des

Keimradius rK (KLEBER ET AL. 1998)

Bei der praktisch immer stattfindenden Bewegung der Ionen in der Lösung treffen diese auch aufeinander. Solange der entstandene Festkörper noch sehr klein ist (Radius kleiner als der kritische Keimradius rK

*), nimmt seine freie Gesamtenergie beim Wachsen zu. Gemäß des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik ist jedes Teilchen bestrebt, den Zustand niedrigster Energie einzunehmen. Daher möchte er sich wieder auflösen und Energie abgeben. Er befindet sich in dem noch instabilen Stadium des Vorkeimes. Erst nach Überschreiten von rK

* nimmt die Gesamtenergie mit wachsendem Radius ab. Aus dem Vorkeim entwickelt sich ein stabiler Keim (siehe Abbildung 2-4). Die Keimbildungs-phase ist abgeschlossen und es beginnt die Wachstumsphase.

BUDNIKOFF bezeichnete 1928 die Erscheinungen auf der Oberfläche der Bindemittelkörner vor der Bildung von nadelförmigen Gipskristallen als „kolloides Gel“. Die Zusammenlage-rung von Molekülaggregationen wurde von KRÖNERT & HAUBERT 1975 als „Clusterbil-dung“ bezeichnet. Dieser Begriff hat sich bis heute international weitestgehend durchge-setzt.

Bei Untersuchungen zum Hydratationsverlauf von HAUBERT & KRÖNERT wurden sowohl in Suspensionen als auch in Pasten unmittelbar nach der Übersättigung erste Ausfällungen von Dihydrat „in Form lokaler Zusammenballungen kleinster Kriställchen mit überschüs-sigem Wasser“ (HAUBERT & KRÖNERT 1977) beobachtet. Der Ordnungsgrad dieser Cluster nimmt durch das weitere Kristallwachstum zu, wobei sich langgestreckte Dihydratkristalle bilden. Das Kristallwachstum ist (neben dem Lösungsvorgang des Halbhydrates) vom Auflösen der zunächst ausgeschiedenen gerundeten Feinstpartikel begleitet. Die Verfasser äußerten die Vermutung, dass die Entstehung der Cluster bei der Hydratation in Pasten (aufgrund der hohen Übersättigung) auf die homogene Keimbildung zurückzuführen sei. Nach neuerer Erkenntnis findet in pastösen Systemen bevorzugt die heterogene Keimbil-dung statt.

Die Bildung von Clustern setzt bei β-Halbhydrat infolge seiner höheren Löslichkeit früher ein als bei α-Halbhydrat, woraufhin ihre Anzahl nach kurzer Reaktionszeit wesentlich höher ist. Die Cluster sind jedoch aufgrund der bereits hohen Konzentration an Ca2+- und SO4

2--Ionen kleiner und gleichzeitig kompakter als die bei α-Halbhydrat (KRÖNERT & HAUBERT 1975).

+ Oberflächenenergie

rK* Keimradius

Totale Energie

- Volumenenergie

Ene

rgie

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Wie in Abbildung 2-4 veranschaulicht ist, fungieren Cluster als eine Ausgangsstufe für Vorkeime (auch „Embryonen“ genannt). Es kann auch vorkommen, dass die „großen“ Keime auf Kosten der „kleinen“ Vorkeime wachsen. Dieser Vorgang wird als Sammelkris-tallisation oder „Ostwald-Reifung“ bezeichnet, worauf im Zusammenhang mit dem Kristallwachstum näher eingegangen wird.

Abbildung 2-4: Modellvorstellung von Cluster, Vorkeim und Keim

Zu Beginn der Hydratation (in der sog. dormanten Periode) formieren sich Ca2+-und SO42--

Ionen aus der hinsichtlich Dihydrat übersättigten Lösung zu Vorkeimen. Wenn diese eine kritische Größe (den sog. kritischen Keimradius rK

*) erreicht haben, übernehmen sie Keimfunktion und es setzt die Kristallisation von Gips ein. Der kritische Keimradius rK

* lässt sich in Anlehnung an die THOMSONsche Gleichung wie folgt berechnen:

Gleichung 2-5: *K

2rR T lnS

⋅σ ⋅ν=

⋅ ⋅

σ - volumenspezifische Oberflächenspannung υ - Molares Volumen R - Universelle Gaskonstante T - Temperatur S - Übersättigung

Wie in Abschnitt 2.2.1 bereits deutlich wurde, stellt die Übersättigung der Lösung bezüglich des zu kristallisierenden Stoffes die Triebkraft für die Kristallisation aus einer Lösung dar. Sowohl zur Keimbildung als auch zum Kristallwachstum ist eine Übersätti-gung erforderlich. In der Literatur findet man unterschiedliche Angaben über die Berech-nung der Übersättigung. In der vorliegenden Arbeit wird die Übersättigung S vereinfacht als das Verhältnis der Lösungskonzentration c zu der Sättigungskonzentration cs (mit S = c/cs) definiert.

Der kritische Keimradius nimmt nach Gleichung 2-5 bei zunehmender Übersättigung ab (siehe Abbildung A-1). Die Bildungswahrscheinlichkeit von Kristallisationskeimen wird damit erhöht. Für die Bedingungen nach dem Einstreuen von Stuckgips in Wasser (S ∼ 4) ergibt sich ein kritischer Keimradius im Bereich von 16 nm (bei σ = 0,37 N/m; υ = M/ρ = 7,45 · 10-5 m³/mol; R = 8,314 J/mol·K; T = 293,15 K). Literaturangaben bestätigen diesen Wert (z. B. ca. 20 nm nach HALL ET AL. 1996).

Für übersättigte Lösungen existiert bekanntlich ein Konzentrationsbereich, in dem vorhandene Kristalle wachsen, aber keine neuen Keime bzw. nur sehr wenige gebildet werden. In Abbildung 2-5 ist dieser sog. metastabile Bereich bei der Kristallisation von

Cluster Vorkeim Keim

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Gips schematisch dargestellt. Erst beim Überschreiten einer Überlöslichkeitskurve tritt spontan heterogene oder (bei höherer Übersättigung) homogene Keimbildung auf. Für das Kristallwachstum hingegen sind bereits Ionenkonzentrationen oberhalb der Löslichkeits-kurve ausreichend.

Abbildung 2-5: Schematische Darstellung des metastabilen Bereiches bei der Kristallisation von Gips 1 - Löslichkeitskurve 2 - Überlöslichkeitskurve für heterogene Keimbildung 3 - Überlöslichkeitskurve für homogene Keimbildung

Von einer bestimmten Größe der Dihydratneubildungen an lagern sich die Ionen nicht mehr primär in Clustern zusammen, sondern werden jetzt auch sofort an Wachstumsstellen der neu gebildeten Kristallflächen eingebaut. Das Wachstum der Dihydratkristalle erhöht den Verbrauch von Ca2+ und SO4

2--Ionen aus der Lösung.

Abbildung 2-6: Geschwindigkeit von Kristallkeimbildung und Kristallwachstum in Abhängigkeit von der Übersättigung

Keimbildung

Ges

chw

indi

gkei

t

Übersättigung

Wachstum

1 2 3 labile übersättigte

Lösung

stabile untersättigte Lösung

SO42-

Ca2+

Metastabiler Bereich

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Die Kinetik des Kristallwachstums wird vereinfacht betrachtet (unter Vernachlässigung z. B. des Wärmetransportes) von der Diffusion des Stoffes von der Lösung zur Einbaustel-le sowie von der Phasenumwandlung des gelösten Stoffes in einen Feststoff (Einbau) bestimmt. Die äußere Form der Kristalle (Kristallhabitus) ist von den unterschiedlichen Wachstumsgeschwindigkeiten der einzelnen Kristallflächen abhängig.

Ein Anstieg der Übersättigung ist, ebenso wie für die Keimbildung, auch für das Kristall-wachstum förderlich (siehe Abbildung 2-6). Überschreitet die Übersättigung einen bestimmten Wert, wächst die Keimbildungsgeschwindigkeit rasant an und es entstehen dabei viele kleine Kristalle. Mit fortschreitender Hydratation nimmt in Folge des Verbrau-ches der Ausgangsphase die Übersättigung ab, bis praktisch keine neuen Keime mehr gebildet werden können. Durch die geringere Übersättigung kommt es zum langsameren Wachsen der vorhandenen Keime und es entstehen große Kristalle. Dieser Vorgang wird begleitet vom Auflösen kleinster Dihydratkristalle unter Bildung von größeren. Man spricht in diesem Zusammenhang von Sammelkristallisation oder „Ostwald-Reifung“. Dieser Vorgang lässt sich allgemein wie folgt beschreiben: Zwei unterschiedlich große Kristalle einer Phase liegen in einer Lösung nahe beieinander. Die Gleichgewichtskonzent-ration der gelösten Phase unterscheidet sich im Kontakt zu den beiden Kristallen. Der kleine Kristall besitzt eine größere Löslichkeit, daraus folgt eine höhere Konzentration in der Lösung. Der Konzentrationsgradient führt zu einer Bewegung des gelösten Stoffes vom kleinen zum großen Kristall. Dort wird der gelöste Stoff wieder ausgefällt. Der kleine Kristall löst sich weiter auf, um den Verlust des gelösten Stoffes zu kompensieren. Somit wächst der große Kristall auf Kosten des(r) kleinen.

Während des Kristallwachstums werden nur noch vereinzelt neue Keime gebildet, da der Wachstumsprozess gegenüber der Neubildung von Keimen thermodynamisch stark begünstigt ist. Der Keimbildungsvorgang beeinflusst folglich maßgeblich den Kristallhabi-tus des Erhärtungsproduktes. Liegen anfänglich viele Gipskristallkeime vor, so ergeben sich viele kleine, stark verfilzte Dihydratkristalle. Können sich hingegen nur wenige Keime bilden, so sind wenige, gut ausgebildete Kristalle zu erwarten.

Von HÜNGER & HENNING 1988 wurde der Einfluss der Übersättigung auf die Größe und Form der entstehenden Gipskristalle beim Mischen von CaCl2- und Na2SO4-Lösungen untersucht. Hohe Übersättigungen führten zur Bildung von kurzfasrigen, geringe zu langfasrigen Gipskristallen. PACKTER stellte 1975 bei Untersuchungen zur Fällung von Calciumsulfatdihydrat aus übersättigter Lösung ebenfalls fest, dass bei höherer Übersätti-gung größere Wachstumsgeschwindigkeiten vorliegen und sich im Vergleich zu geringeren Übersättigungen verkürzte Kristalle bilden. Er kommt zu dem Schluss, dass die Kristall-größe von der Anzahl der entstehenden Keime abhängt. Bei höherer Übersättigung liegen demnach viele Kristallwachstumszentren vor, aus denen sich eine Vielzahl kleiner Gipskristalle entwickelt. Auch bei hohen Anfangsübersättigungen entstehen jedoch letztendlich nach dem Abbau der Übersättigung langfasrige Kristalle.

Zu ähnlichem Resultat kam auch BERTOLDI 1978. Große, insbesondere lange Kristalle werden bei hohen Verdünnungen erzeugt. Mittels Variation der Fällungstemperatur kann das Längen/Durchmesser-Verhältnis der Kristalle verändert werden. Durch den Einsatz von Additiven ist eine genaue Einstellung der Kristallgrößen oder auch eine breite Größenverteilung möglich.

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In-situ Wachstumsexperimente von BOSBACH ET AL. 1996a/b an der (010)-Spaltfläche von Gips mittels Rasterkraftmikroskopie haben gezeigt, dass Bausteine bevorzugt an monomo-lekularen Stufen, die parallel der kristallographischen Richtungen [101], [001] und [100] verlaufen, angelagert werden. Durch diese Anlagerung von Bausteinen wandern die Stufen mit einer von der Übersättigung abhängigen Geschwindigkeit. In reinen Calciumsulfatlö-sungen zeigt sich, dass die Stufengeschwindigkeit anisotrop ist: [101]-Stufen wandern schneller als [001]- und [100]-Stufen. Diese kinetischen Unterschiede erklären die typischen, in c-Richtung gestreckten, nadelförmigen Gipskristalle.

2.2.3 Verfestigung Bei der technischen Anwendung der Bindemittel besitzen das Versteifen des Bindemittel-breies und das Erhärten des Bindemittelsteines die höchste Relevanz. Der Verlauf der Verfestigung hängt im Wesentlichen vom Ablauf der zuvor beschriebenen Prozesse – der Hydratation von β-Halbhydrat und der Kristallisation von Gips – ab.

Infolge des Kristallisationsprozesses kommt es zum Verwachsen und mechanischen Verfilzen der Gipskristalle untereinander und mit den verbliebenen unhydratisierten Bestandteilen der Bindemittelmatrix. Dabei verfestigt sich der Bindemittelbrei zunehmend. Es bildet sich ein immer dichter werdendes Kristallgefüge aus, das nach vollständigem Verdunsten des überschüssigen, für die Hydratation nicht benötigten Porenwassers seine größte Festigkeit aufweist.

Durch die Änderung der Übersättigung im Verlaufe der Hydratation verändert sich die Größe der entstehenden bzw. wachsenden Gipskristalle. In diesem Zusammenhang steht auch das Phänomen der Sammel- oder Umkristallisationen. Damit verbunden sind Veränderungen der Festigkeit der Matrix.

Die Vorgänge Versteifen und Erhärten werden stark vom Wasseranspruch des Stuckgipses bzw. dem gewählten Wasser/Bindemittel-Verhältnis bestimmt. Die Einwirkung von Zusatzmitteln kann die Größe und Morphologie der Gipskristalle beeinflussen, woraufhin sich das rheologische Verhalten des Bindemittelbreies verändert: Kristallisiert der Gips langnadelig aus, so ergeben sich kürzere Versteifungszeiten als bei der Bildung von gedrungenen Kristallen. Dieser Zusammenhang spielt beim Einsatz von abbinderegulie-renden Zusatzmitteln eine bedeutende Rolle. So entstehen bei der Verzögerung mittels Zitronensäure infolge bevorzugter Additivanlagerung auf den Kopfflächen der Gipskristal-le überwiegend kurzprismatische, gedrungene Gipskristalle (HUMMEL 2003, MÜLLER ET. AL 2004a). Die hervorgerufenen Gefügeänderungen äußern sich unter anderem in geringe-ren Festigkeiten des abgebundenen Materials (FORG 1989).

Beim Abbinden von Stuckgips treten bekanntlich auch Volumenänderungen auf. Diese werden durch die Überlagerung mehrerer Effekte hervorrufen:

- Kontraktion, weil das Volumen von Halbhydrat und Wasser größer ist als das des entstehenden Gipses

- Expansion des versteifenden Gerüstes ungeordnet wachsender und miteinander verfilzender Gipskristalle

- Expansion infolge Temperaturanstieg durch die exotherme Hydratationsreaktion, anschließend Kontraktion durch Temperaturausgleich mit der Umgebung

- Kontraktion infolge Abgabe von überschüssigem Wasser an die Umgebung

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Beim Abbinden von Stuckgips überwiegen zunächst die Expansionserscheinungen. Die hydratationsbedingte Expansion hängt dabei stark von der Morphologie der entstehenden Gipskristalle ab (FOERST 1957). Später führt das Trocknungsschwinden bis zum Erreichen der Gleichgewichtsfeuchte zu einer (gegenüber der im plastischen Zustand stattfindenden Expansion) leichten Volumenkontraktion.

2.3 Beschleunigung des Abbindens von Stuckgips

Hinsichtlich des Begriffes „Abbindebeschleunigung“ gilt es in Anlehnung an FISCHER 1994c zu unterscheiden, ob der Vorgang früher einsetzt oder ob dessen Intensität zunimmt. Beide Prozesse führen tatsächlich zu einer Beschleunigung des Abbindeverlaufes und können (z. B. beim Einsatz von Zusatzmitteln) einzeln oder in Kombination auftreten.

Für den kinetischen Ablauf des Abbindeprozesses von Stuckgips spielen folgende Faktoren eine Rolle:

- Einflüsse vom Bindemittel selbst · Ausgangsmaterial (Kristallmorphologie, Verunreinigungen, …) · Calcinierverfahren (Phasenzusammensetzung) · Partikelgröße & spezifische Oberfläche · Kornzerfall · Alterung

- Fremdeinflüsse · Wasser/Bindemittel-Verhältnis · Temperatur · Mischvorgang · Saugvermögen angrenzender Werkstoffe (z. B. Putzgrund, Karton, …) · Zusatzmittel

Generell kann der Hydratationsprozess von Calciumsulfatbindemitteln beeinflusst werden, indem auf einen oder mehrere der folgenden Faktoren eingewirkt wird (LUCAS 1974, BERTOLDI 1976):

- Kinetik des Lösevorganges des Bindemittels - Löslichkeit der Phasen - Anzahl vorhandener Kristallkeime - Bildungsgeschwindigkeit von Kristallkeimen

Nach Aussagen einiger Autoren (z. B. BERTOLDI 2001) wird der Abbindevorgang im Wesentlichen von der Löslichkeit des Ausgangsstoffes bestimmt. LEWRY & WILLIAMSON 1994a sehen in der Lösegeschwindigkeit des Halbhydrates die Ursache für die Dauer der sog. Induktionsperiode, dem Anfangsstadium der Hydratation. Der Auflösevorgang hängt überwiegend vom Herstellungsprozess des Bindemittels und damit der Größe und des Habitus der Halbhydratpartikel ab. In gleichem Zusammenhang ist bei SANITSKY ET AL. 2000 von einer „mechanischen Aktivierung“ bei der Aufmahlung von Halbhydrat in einer Vibrationsmühle die Rede. Ein Kristall mit einem größeren Anteil an aktiven Flächen (bezüglich der Auflösung in Wasser) kann schneller Ionen abgeben und sich mit höherer Geschwindigkeit auflösen.

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Zusätze oder Verunreinigungen aus der Herstellung oder dem Ausgangsmaterial greifen z. T. erheblich in den Abbindeverlauf ein. Ein Beispiel für die gezielte Beschleunigung des Hydratationsprozesses durch Fremdeinflüsse ist der Einsatz von Hochgeschwindigkeitsmi-schern bei der Gipsbauplattenproduktion. Die Wirkung ist jedoch im Vergleich zu der von chemischen Beschleunigern nur gering (BLAINE 1997). Zusatzmittel haben bekanntlich den größten Einfluss auf die Abbindegeschwindigkeit von Stuckgips.

2.3.1 Abbindebeschleunigende Zusätze Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann man systematisch Methoden zu entwickeln, um den Abbindevorgang von Stuckgips zeitlich kontrollieren zu können. Dies war unter anderem im Zuge der beginnenden industriellen Fertigung von Gips-Bauteilen (z. B. der Produktion von Platten für Innenwandbekleidungen nach SACKETT 1890) notwendig geworden. Um die erforderlichen frühen Abbindezeiten realisieren zu können, begann man Zusatzmittel zu entwickeln.

Zusätze, die vorwiegend zur Einstellung eines bestimmten Verarbeitungszeitraumes dienen, werden als „abbindegulierend“ oder „versteifungsregulierend“ bezeichnet (FISCHER ET AL. 1994c).

Eine umfangreiche Literaturübersicht zur Wirkung von fremdionigen Zusätzen auf den Kristallisationsprozess lieferten NÝVLT & ULRICH 1995. FOERST 1957 zeigte den quantita-tiven Einfluss von Lösungsgenossen auf die Löslichkeit von Halbhydrat auf (siehe Abbildung A-2). Der Einfluss von gleichionigen Zusätzen (Calciumsalze, Sulfate) auf die Löslichkeit von Halbhydrat lässt sich anhand des Massenwirkungsgesetzes erklären. Für die angegebene Reaktionsgleichung (Gleichung 2-6) ergibt sich das Löslichkeitsprodukt KL nach Gleichung 2-7.

Gleichung 2-6: n mm nA B (s) m A (aq) n B (aq)+ −+

Gleichung 2-7: m n n mL m nK (A B ) c (A ) c (B )+ −= ⋅

Hinweis: Die angegebene Gleichung gilt nur für geringe Ionenstärken (stark verdünnte Lösungen), ansonsten gehen in die Berechnung des Löslichkeitsproduktes anstelle der Konzentrationen c die Aktivitäten a ein. Der Einfluss der Ionenstärke muss dann über die Aktivitätskoeffizienten (z. B. unter Verwendung der Formel nach DAVIES, siehe SIGG & STUMM 1996) berücksichtigt werden.

Anhand von Gleichung 2-7 wird deutlich, dass durch zusätzliche Ionen von gleichionigen Additiven das Gleichgewicht zur festen Phase hin verschoben wird. Grundsätzlich verringern gleichionige Zusätze die Löslichkeit L, die sich dann wie folgt ermitteln lässt:

Gleichung 2-8: 1

L m n m nm n

m n

K (A B )L (A B )m n

+⎡ ⎤

= ⎢ ⎥⋅⎣ ⎦

Die Wirkung von Fremdionen hingegen beruht nicht auf dem unmittelbaren Eingriff in das Lösungsgleichgewicht. Fremdionen beeinflussen aber die Hydrathüllen und die gegenseiti-gen Wechselwirkungen der Ionen. Dadurch kann die Löslichkeit eines Salzes in der wässrigen Lösung eines leicht löslichen Salzes höher sein als in reinem Wasser. Die

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Erhöhung der Löslichkeit durch Fremdionen kann auch auf die Störung des Löslichkeits-gleichgewichts durch Bildung von Komplexen zurückzuführen sein.

Vorhersagen über die Löslichkeit von Mineralen in Wasser oder Elektrolytlösungen sind auf der Grundlage thermodynamischer Berechnungen (z. B. nach dem Model von PITZER) möglich, gelten jedoch stets nur für vollständig homogene Bedingungen. Lokale Effekte, wie sie in natürlichen Systemen vorzufinden sind, können durch diese Verfahren nicht berücksichtigt werden. So kommt es auf der Oberfläche von Halbhydratpartikeln infolge vorhandener Gitterdefekte zu einer hohen lokalen Löslichkeit und damit zu einer hohen lokalen Übersättigung bezüglich des Dihydrates. Die spontane Keimbildung wird damit wesentlich gefördert. Von lokalen Effekten berichteten auch RIDGE & BERETKA 1969. Die Oberfläche des Halbhydrates kann je nach dem Herstellungsprozess unterschiedlich groß und darüber hinaus dort besonders aktiv sein, wo Gitterfehlstellen oder Verformungen vorliegen. Wenn spezifische strukturelle Beziehungen (Analogien in einer oder in zwei Richtungen des Raumgitters) zwischen dem Substrat und dem Keim (bzw. aufwachsendem Kristall) vorliegen, spricht man von Epitaxie.

FOERST benennt 1957 anorganische Säuren und deren Salze, insbesondere Schwefelsäure, „feinstteiligen Gips“, Alkali- und Ammoniumsulfate, als starke Beschleuniger. Bei der Untersuchung der Wirkung verschiedener Anionen und Kationen erwiesen sich Calcium-salze und Sulfate als besonders geeignete Beschleuniger. Dabei werden Natriumsulfat, Natriumbisulfat, Kaliumsulfat, Kaliumbisulfat, Ammoniumsulfat, Magnesiumsulfat, Aluminiumsulfat, Eisensulfat, Mangan- und Cobaltsulfat sowie Kupfersulfat vorgeschla-gen. Um die Reaktion von sauer reagierenden löslichen Sulfaten mit Verunreinigungen (z. B. Auflösung von Karbonaten), insbesondere in gebranntem Naturgips, zu verhindern, wurden von KING 1932 und KING ET AL. 1937 Kalk und Abbindeverzögerer beigemischt. Der Kalküberschuss führte jedoch nach Angaben von SHAKE ET AL. 1999 zu mangelhaften Oberflächen der Gipsprodukte.

HE ET AL. untersuchte 1994 die Gipskeimbildung in Natriumchloridlösung. In Anwesenheit der Elektrolyte stellte er eine Verkürzung der dormanten Periode fest. Die erhöhte Löslichkeit von Halbhydrat in Anwesenheit der Fremdionen führte seiner Ansicht nach zur Beschleunigung der Keimbildung, weil innere Spannungen zwischen dem Kristall und der Lösung reduziert wurden.

Die folgenden Säuren erhöhen nach LUCAS 1974 die Auflösungsgeschwindigkeit bzw. die Löslichkeit des Halbhydrates:

- Halogenwasserstoffsäuren (Flusssäure HF, Salzsäure HCl) - Schwefelsäure (H2SO4) - Salpetersäure (HNO3)

Innerhalb dieser Gruppe dominiert der Einfluss der beteiligten Kationen gegenüber dem der Anionen. Damit erklärt sich für Schwefelsäure auch der Widerspruch zu den getroffe-nen Aussagen über gleichionige Zusätze. Die Beschleunigungswirkung nimmt nach BUDNIKOFF 1928 in der nachstehenden Reihenfolge ab:

H+ > M+ > M2+ > M3+

Die Beschleunigung durch den Zusatz von Mineralsäuren sowie Salzen starker Säuren beruht nach BUDNIKOFF 1928 auf dem Prinzip der homogenen Keimbildung. Durch die

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erhöhte Lösungsgeschwindigkeit bzw. Löslichkeit des Halbhydrates können die Calcium- und Sulfationen schneller transportiert und in das Kristallgitter der entstehenden Phase eingebaut werden.

Die Wirkung eines Zusatzstoffes kann bei einer bestimmten Konzentration von einer Beschleunigung in eine Verzögerung umschlagen und umgekehrt. Dies ist die Ursache dafür, dass z. B. bei BUDNIKOFF 1928 die Hydroxide der Alkalien und Erdalkalien die Hydratation beschleunigten, während LUCAS 1974 eine Verzögerung feststellte. Der Effekt von Zusatzmitteln kann darüber hinaus in Abhängigkeit von der Temperatur oder in Anwesenheit weiterer Zusatzmittel stark variieren.

In der Reihe der Nitrate werden insbesondere Kalium- und Ammoniumnitrat als Beschleu-niger vorgeschlagen. Auch Ammonoxalat, Kaliumchlorat, Natriumsilicofluorid, Magnesi-um-, Nickel- und Zinkcarbonat, Dicalciumphosphat sowie zahlreiche weitere Substanzen, wie mineralische Füllstoffe, Zink- und Magnesiumoxid, beschleunigen die Gipsbildung. Von BERTOLDI 2001 werden Kaliumdichromat, Wasserglas, einzelne Tartrate und Bromide als Beschleuniger genannt.

In der Gruppe der Natriumsalze nimmt die Beschleunigungswirkung in der nachstehenden Reihenfolge ab (HAUBERT & KRÖNERT 1977, RIDGE & BERETKA 1969):

F- > Cl- > Br- > J- > NO3- > SCN- > SO4

2-

Innerhalb der Chloride durchläuft die Beschleunigungswirkung ein Maximum bei Kalium:

Li+ < Na+ < K+ > Rb+ > Cs+ > NH4+.

Diese Erscheinungen haben nach RIDGE & BERETKA 1969 ihren Ursprung in den sterischen und energetischen Gegebenheiten.

Der pH-Wert hat einen Einfluss auf die Abbindegeschwindigkeit von Stuckgips. Die Wirkung von verschiedenen verzögernden Zusätzen nimmt nach SINGH & GARG 1997 mit steigendem pH-Wert (von 4 auf 12) deutlich zu. In der Regel führen Substanzen, die in der Lösung pH-Werte unter 7 ergeben (verdünnte Säuren), zu einer Abbindebeschleunigung. Das Natriummonophosphat ist eine Ausnahme (FOERST 1957).

Wie in Abschnitt 2.2.2 erläutert wurde, sind der Keimbildungsvorgang und das Kristall-wachstum von der Übersättigung abhängig. Durch Anwesenheit von Fremdionen, die die Verfügbarkeit der SO4

2-- und/oder der Ca2+-Ionen beeinflussen, kann sich deren Gleichge-wicht verschieben. Dies kann die Wachstumsgeschwindigkeit des gesamten Gipskristalls beeinflussen und zudem Veränderungen der Kristallmorphologie nach sich ziehen. Bei praxisüblichen Zusatzmittelkonzentrationen sind diese Veränderungen jedoch kaum festzustellen. Untersuchungen des Gipskristallhabitus von FISCHER ET AL. 1996 mittels Rasterelektronenmikroskop zeigten, dass Kaliumsulfat zwar zu beschleunigter Gipskris-tallbildung führt, der Kristallhabitus jedoch nahezu dem ohne Zusatzmitteleinfluss entspricht. Insbesondere bei Zugabe von Verzögerern wird eine starke Änderung des Kristallhabitus von Gips beobachtet und zwar derart, dass die ursprünglich nadelförmigen Kristalle in kurzprismatische, gedrungene Formen übergehen. Die Wirkung von Verzöge-rern ist nach Meinung zahlreicher Autoren (z. B. BADENS ET AL. 1999, HUMMEL 2003) neben der Bildung von Komplexen vor allem auf einen Adsorptionsmechanismus zurück-zuführen. Dabei lagern sich Ionen oder Moleküle des Fremdstoffes an bestimmten

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Wachstumsflächen der Gipskristalle an. Welche Oberflächen „vergiftet“ werden, hängt von deren Struktur und Ladung ab. Die adsorptiv blockierten Kristallflächen können daraufhin nicht mehr oder nur noch unmerklich weiter wachsen. Die übrigen, schneller wachsenden Flächen bestimmen die endgültige Kristallmorphologie.

Bei der Untersuchung des Einflusses von über 100 abbinderegulierenden Zusatzmitteln auf die Versteifungszeiten von Stuckgips kam BERTOLDI 1976 zu der generellen Feststellung, dass die höchste „Empfindlichkeit des Hydratationsmechanismus“ offenbar in der Keimbildungsphase liegt. Zusatzmittel, die in die Keimbildung eingreifen (überwie-gend die Verzögerer sowie die Beschleuniger auf Dihydratbasis), haben einen deutlich stärkeren Effekt als Stoffe, die durch Beeinflussung der Löslichkeiten wirksam werden.

Röntgendiffraktometrische Untersuchungen zur Auflösung von Halbhydrat und Ausfällung von Dihydrat von SOLBERG ET AL. 2002 brachten 0,5 % K2SO4 und 0,5 % CaSO4 · 2 H2O als wirksamste Beschleuniger-Kombination hervor. Die hohe Wirksamkeit dieser Rezeptur ergibt sich aus folgendem Zusammenhang: Dihydrat verkürzt durch das Einbringen von Impfkristallen den Versteifungsbeginn. Kaliumsulfat bewirkt über die Beeinflussung der Löslichkeiten ein schnelleres Versteifungsende (FOERST 1957, NEUHAUSER 1976).

Bezüglich des Kaliumsulfates ging man lange davon aus, dass dessen beschleunigende Wirkung auf der Erhöhung der Lösungskonzentration an Sulfationen beruhe. Umfangrei-che Untersuchungen (z. B. SCHOLZE ET AL. 1989, RIEDEL ET AL. 1989) führten stattdessen zu der These, dass sich zunächst das Doppelsalz Syngenit bildet, das sich nach kurzer Zeit wieder auflöst und erst daraufhin Gips ausfällt. Der Knick in der Löslichkeitskurve bei K2SO4-Lösungen (siehe Abbildung A-2) zeige nach FOERST 1957 an, dass Syngenit (CaSO4 · K2SO4 · H2O) bei hohen K2SO4-Konzentrationen Bodenkörper ist. In der dormanten Periode des Abbindevorganges wirkt der Syngenit als Keimbildner und später wandelt er sich in Dihydrat und K2SO4 um. Der Zusatz von K2SO4 beschleunigt das Kristallwachstum von Gips in allen Richtungen: Sowohl in [001]-Richtung als auch in den Richtungen senkrecht dazu (LEWRY & WILLIAMSON 1994c).

Bei der Anwendung von K2SO4 kann es zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen, wie der Verminderung der Biegezugfestigkeit, der Steigerung der Oberflächenhärte und dem Auftreten von Ausblühungen (FOERST 1957).

Von LEWRY & WILLIAMSON 1994c wurden Ca(OH)2 und KHSO4 zum Halbhydrat zugesetzt. Diese reagierten direkt nach Wasserzugabe zu CaSO4 · 2 H2O und K2SO4 und erreichten eine höhere Hydratationsgeschwindigkeit als bei Zugabe der stöchiometrisch gleichen Menge Gips und Kaliumsulfat.

Welche der zahlreich aufgeführten wirksamen Abbindebeschleuniger in der Praxis Eingang finden, hängt neben der meist unerwünschten Beeinflussung weiterer Eigenschaf-ten (z. B. Festigkeitswerte, Haftverbund, Ausblühungen) von kaufmännischen Beweggrün-den ab.

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2.3.2 Dihydrat als Abbindebeschleuniger Eine weit verbreitete Anwendung findet die Beschleunigung von Stuckgips mittels Calciumsulfatdihydrat. Gips wirkt dabei als Impfkristall. In bezüglich Dihydrat übersättig-ter Lösung kommt es spontan zur Kristallisation, wobei die Impfkristalle als Kristallisati-onskeime dienen, an denen sich Ionen aus der Lösung abscheiden.

Sowohl der Zusatz von fein gemahlenem Gips als auch das Vorhandensein von Restdi-hydrat beschleunigt das Abbinden von Stuckgips. Dabei kann der Versteifungsbeginn des Gipses (z. B. nach CAMPBELL ET AL. 1999, DOZSA 1985) auf weniger als 3 Minuten vorgeschoben werden.

Die Abbindebeschleunigung wird mit steigender Dihydratzugabemenge, abnehmender Partikelgröße sowie zunehmender Oberflächenrauhigkeit der Gipspartikel verbessert (LEWRY ET AL. 1994c). Dabei ist neben Naturgips die Verwendung von REA-Gips möglich. Auch Abschnitte von Gipsbauplatten können als fein gemahlener Beschleuniger verwertet werden (WILLIS 1977). Zudem wurden hochfeine Gipskristalle (mittlere Parti-kelgröße unter 1 µm) in einer Apparatur, ähnlich einer Kugelmühle, durch Hydratation von β-Halbhydrat unter Zusatz von beschleunigenden Stoffen hergestellt (MCCLEARY ET AL. 1960). Auch Stuckgips, der befeuchtet, anschließend wieder getrocknet und aufgemahlen wird, kommt als beschleunigender Zusatz in Frage (WIGGIN 1920). Von WIGGIN ET AL. wurde 1924 die beschleunigende Wirkung von gebranntem Gips, der mit einem geringen Teil borsäurehaltigem, heißem Wasser vorhydratisiert wurde, vorgeschlagen.

Häufig werden Abbindebeschleuniger auf Basis von Calciumsulfatdihydrat auch in Kombination mit weiteren Zusatzmitteln eingesetzt: DE ROOY ET AL. beschreiben 1975 einen Beschleuniger für die Produktion von Gipsbauplatten aus fein gemahlenem Dihydrat und Ligninsulfonat, das als Abfallprodukt beim Sulfitaufschluss aus Holz entsteht. Auch die Abbindebeschleunigung von Stuckgips mit Gips und bis zu 20 % eines synthetischen, festen, wasserlöslichen oberflächenaktiven Mittels (z. B. Natriumsalz des Dodecylbenzol-sulphonats; ethoxyliertes Nonylphenol) wurde patentrechtlich geschützt (DE ROOY ET AL 1977, LEEMING ET AL. 1979a).

Über die Auswirkungen der Zugabe eines Abbindebeschleunigers auf Dihydratbasis auf Festigkeitsentwicklung und Volumenänderungen beim Abbinden von Calciumsulfatbin-demitteln existieren in der Literatur konträre Aussagen: Die Anwesenheit von Gips beim Anmischen von Stuckgips mit Wasser kann nach FOERST 1957 die hydratationsbedingte Volumenexpansion verstärken und zu höheren Festigkeiten des abgebundenen Bindemit-telsteines führen. Im Gegensatz dazu konnte VON RUFFER 1987 eine Verringerung der Expansion beobachten.

Feinstzerkleinerung

Bei der Feinstzerkleinerung werden gegenüber der Feinzerkleinerung Partikel im Nanome-terbereich (< 1 µm) angestrebt. Dabei werden neben dem Einfluss auf die Partikelgrößen-verteilung und die spezifische Oberfläche Strukturänderungen, insbesondere Störungen im Kristallgitter, hervorgerufen. Im thermodynamischen Sinne wird bei der Feinstmahlung von „mechanischer Aktivierung“ gesprochen, weil bei diesem Vorgang die freie Energie bzw. freie Enthalpie der Festkörper ansteigt.

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Ursache dafür sind allgemein folgende stoffliche Veränderungen: - Oberflächenneubildungen - Amorphisierung - Phasenumwandlung - Versetzungsbildung

Auf Grundlage zahlreicher anlagentechnischer Maßnahmen kann seitens des Zerkleine-rungsapparates Einfluss auf das Mahlergebnis genommen werden:

- Mühlentyp (Beanspruchungsart: Schlag, Prall, Druck, Scherung) - Mühlendrehzahl - Mahlkörper (Material, Geometrie, Mahlkörperfüllungsgrad) - Mahlhilfsmittel - Kombination Zerkleinerung - Klassierung - Durchsatz - Rotationsgeschwindigkeit der Mühle - Mahldauer

Die Beanspruchungsart spielt eine wesentliche Rolle bei der Feinstzerkleinerung von Feststoffpartikeln. Prall führt zu einer das ganze Partikelvolumen ausfüllenden Änderung der Mikrostruktur. Druck- und Scherbeanspruchung bewirken dagegen eine deutlich stärkere Störung der oberflächennahen Bereiche der beanspruchten Partikel (HEEGN 2001). Dies ist bei der Feinstzerkleinerung des Dihydrates anzustreben, da es sich bei der Kristallimpfung um eine spontane Oberflächenreaktion handelt und ein in Lösung gehen der Partikel zum Wirksamkeitsabbau führt.

Es wird eine mittlere Partikelgröße des Dihydrates unterhalb von 10 µm empfohlen (YU ET AL. 2000, CAMPBELL ET AL. 1999). Die Zerkleinerung von groben Feststoffen auf Mikrometergröße wird überwiegend durch Sprödbruch erreicht. Die Erzeugung von Nanopartikeln (Partikelgröße unter 1 µm) durch Trockenzerkleinerung ist jedoch nur durch plastische Deformationen zu erreichen (SCHÖNERT 1971). Von HÖFFL 1985 werden Feinprallmühlen mit Rotor (Zerkleinerung durch Prall und Stoß), Strahlmühlen (Zerkleine-rung durch Prall und Reibung) sowie Schwingmühlen (Beanspruchungsart: Schlag, Stoß, Reibung) vorgeschlagen. Durch die Wirkung von Scherkräften auf die Partikel bei der Schwingmahlung lässt sich die Grenze der Partikelfeinheit der beiden alternativen Mühlen von 1 µm noch unterschreiten. In der Industrie werden zum hochfeinen Aufmahlen des Dihydrates verschiedene Mahlapparate eingesetzt. Zur Verwendung gelangen rotierende, schwingende oder vibrierende Mühlen mit Kugeln oder Stäben als Mahlkörper. Häufig sind rotierende (z. B. LEEMING ET AL. 1979b, WILLIS 1977, DE ROOY ET AL. 1975, JONES ET AL. 1973) oder vibrierende Kugelmühlen (CHERDRON ET AL. 1972) im Einsatz. Als Nachteile von Schwingmühlen sind der hohe Energiebedarf, der zu geringe Durchsatz sowie die aufwendige Handhabbarkeit und der hohe Wartungsaufwand bekannt. Aus diesen Gründen werden in der Industrie Kugelmühlen häufig bevorzugt. Kugelmühlen oder Vibrationsmühlen mit Mahlkörpern müssen mit geringer Mahlgutmenge und im Kreislauf-betrieb gefahren werden, um die geforderten hohen Feinheiten zu erzielen (CHERDRON ET AL. 1972).

Die Feinstzerkleinerung ist mit hohem energetischen Aufwand verbunden und demnach nur für relativ geringe Materialdurchsätze geeignet (HEEGN 1989). Die Konstruktion und

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Betriebsweise der Mahlanlage, insbesondere Material und Geometrie der Mahlkörper, beeinflussen die bei der Zerkleinerung freigesetzte Wärmemenge. Um der Wärmeentwick-lung beim Mahlprozess zu begegnen, werden häufig Flüssigkeitskühlsysteme eingesetzt. Generell handelt es sich bei der Feinstzerkleinerung um einen Prozess mit hohem spezifi-schen Energiebedarf. Der tatsächliche Aufwand für die Zerkleinerung ist etwa 100-mal größer als der theoretisch zur Erzeugung einer bestimmten Oberfläche erforderliche (DOMBROWE ET AL. 1982).

Mit zunehmender Partikelfeinheit kommt es vermehrt zu Aggregation bzw. Agglomerati-on, die den Mahlfortschritt behindern, indem sie die Vergröberung der äußeren Oberfläche begrenzen. BEKE & OPOCZKY stellten 1969 am Beispiel der Feinstmahlung von Zement-klinker fest, dass mit zunehmender Mahldauer der Mahleffekt, definiert über das Anwach-sen der spezifischen Oberfläche, herabgesetzt wurde. Sie führten dies auf die Reduzierung der nutzbaren mechanischen Arbeit der Mahlkörper zurück, indem Teile des Mahlguts an der Mühlenwand hafteten und eine Art „Polsterung“ hervorriefen. Bei größeren Mahlfein-heiten begann zudem die Haftung kleinerer Körnchen an größeren. Die Agglomeration ist von röntgenographisch nachweisbaren Strukturänderungen begleitet.

Systematische Untersuchungen des Einflusses der Gipsart bzw. zur Wirkung von Fremd-stoffen auf die Feinstmahlung und damit auf die Erzeugung eines hochwirksamen Abbin-debeschleunigers sind in der Literatur nicht zu finden. Über die Wirkung von Mahlhilfs-mitteln (adsorptionsaktive Stoffe) bei der Zementmahlung ist bekannt, dass sie die Haftkräfte im Mahlprodukt verringern und damit der Agglomerationsneigung entgegen-wirken. Grenzflächenaktive Zusätze wirken sich positiv auf den Zerkleinerungs- und Klassierprozess aus und verbessern gleichzeitig die Verarbeitungseigenschaften der Pulver (HUSEMANN 1994). Aufgrund der Komplexität der Mahlhilfsmittelproblematik ist es nach DOMBROWE ET AL. 1982 am zweckmäßigsten, die Eignung potentieller Mahlhilfsmittel im Laborversuch vorzunehmen, wobei neben der Wirksamkeit solche Kriterien wie Preis und Verfügbarkeit die Auswahl entscheidend beeinflussen.

„Coating“

Unmittelbar nach dem Aufmahlen ist die Beschleunigungswirkung von Gips sehr hoch, jedoch mit zunehmender Lagerungsdauer lässt seine Wirksamkeit rapide nach. Deshalb wurde in zahlreichen Patenten ein Überzug über die Gipspartikel, das sog. „Coating“, angeboten. Besonders häufig ist von einer Umhüllung der Dihydratpartikel mit Zucker (bevorzugt Saccharose, aber auch Dextrose oder Amylose; z. B. SHAKE ET AL. 1999, DOZSA 1985, KINKADE ET AL. 1968 & 1970, MCCLEARY ET AL. 1960, KING 1936a/b) oder Stärke (z. B. Speisestärke; z. B. CAMPBELL ET AL. 1999, BURKARD ET AL. 1973/1974/1975, KINKADE ET AL. 1970) die Rede. Diese Stoffe sollen die Agglomeration der hochfein aufgemahlenen Dihydratpartikel unterbinden und der Hitzeentwicklung beim Mahlprozess, die zu unerwünschtem Kristallwasserverlust des Dihydrates führt, entgegenwirken.

Von KINKADE ET AL. wird 1968 die Alterung des hochfein aufgemahlenen Dihydrates folgendermaßen beschrieben: Bei der Feinstmahlung wird nicht nur die spezifische Oberfläche des Dihydrates erhöht, sondern es werden auch zahlreiche kristallographische Fehlstellen oberflächlich und wahrscheinlich auch Risse und Spannungen im Innern erzeugt. Die Fehlstellen scheinen so klein zu sein, dass eine starke Tendenz zur Wieder-

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einordnung in die ursprüngliche Position und damit verbundenem Aktivitätsabbau besteht. Hohe Luftfeuchtigkeit fördert diesen Prozess, der bereits in der Mahlanlage beginnen kann. Bei Anwesenheit von Zucker während des Mahlens erzeugen die Mahlkörper eine regelrechte Ummantelung der Dihydratpartikel. Es ist auch denkbar, dass der Zucker teilweise an den aktiven Stellen adsorbiert wird und eine Fixierung der Fehlstellen im Gipspartikel bewirkt. Die Vereinigung der beiden Stoffe hat eine verbesserte Temperatur-stabilität des Beschleunigers zur Folge. Infolgedessen wird bei der anschließenden Erhit-zung des Beschleunigers (in KINKADE ET AL. 1968 bei 120 °C bis zur sichtbaren Karamelli-sierung des Zuckers) die Dihydratschicht an der Partikeloberfläche kaum entwässern, während der Gips im Innern des Partikels überwiegend zu Halbhydrat bzw. Anhydrit umgesetzt wird. Wird der „gecoatete“ Beschleuniger nun Bedingungen ausgesetzt, die zum Altern von hochfeinem Dihydrat führen würden (Feuchte- & Temperatureinfluss), so bleiben die oberflächennahen Diskontinuitäten im Gipskristallgitter größtenteils erhalten.

VON YU ET AL. wurde 2000 das Nassaufmahlen von Gips mit organischem Phosphatzusatz bevorzugt, um die Hydratationsgeschwindigkeit zu erhöhen. Die Wirkung beruhe auf der Adsorption des Zusatzes auf der Gipskristalloberfläche, wobei unerwünschte Rekristallisa-tionsvorgänge verhindert würden.

Eine weitere Möglichkeit zur Beschleunigung des Abbinde- und des Trocknungsprozesses von Gipsprodukten wird von SHAKE ET AL. 1999 und WITTBOLD ET AL. 2000 beschrieben: Ein Bisulfatsalz, bevorzugt Kaliumhydrogensulfat oder Natriumhydrogensulfat, sowie fein gemahlenes Dihydrat wird dem Bindemittelbrei zugegeben. Die hohe Aktivität der feinen Dihydratpartikel bleibt durch gemeinsame Vermahlung mit einer Stärke, einem Zucker (5 - 25 M.-% Zugabemenge zum Dihydrat; Dextrose, Sucrose, Glucose oder Kombinati-on), Borsäure oder einer Kombination dieser „Überzugsmittel“ über einen längeren Zeitraum erhalten. Im Beispiel wurden 95 M.-% Naturgips und 5 M.-% Zucker in einer Kugelmühle gemeinsam vermahlen und anschließend auf ca. 120 °C erhitzt, sodass der Zucker schmolz und die aktiven Dihydratoberflächen bedeckte. Als Zugabemenge des Abbindebeschleunigers auf Dihydratbasis zum Stuckgips wurde 0,15 bis 3 M.-% empfoh-len, die des Bisulfatsalzes sollte zwischen 0,05 und 5 M.-% liegen.

Auch KINKADE ET AL. erhitzten 1968 die gemahlene Saccharose-Dihydrat-Mischung (hier jedoch bei 63 °C) und nahmen zur Stabilisierung der Beschleunigeraktivität eine teilweise Entwässerung der Gipskristalle in Kauf. Von einem zweischichtigen „Überzug“ der hochfein aufgemahlenen Dihydratpartikel mit Zucker und Aluminiumsulfathydrat (empfohlen wird Alaun, KAl(SO4)2 · 12 H2O) ist bei DOZSA 1985 die Rede. Nach JONES ET AL. 1972 & 1973 wurde eine langkettige Fettsäure, wie Stearinsäure, oder eines ihrer Salze (Bsp. Zinkstearat) zusammen mit dem Beschleuniger Dihydrat vermahlen, um dessen Lagerungsfähigkeit zu verbessern.

Der Einsatz von gemahlenem, mit Zucker überzogenem Dihydrat wird besonders für die Herstellung von Gipsbauplatten empfohlen, da es sich dabei um einen Beschleuniger mit leicht verzögerter Wirkung handelt. Die Verringerung der Hydratationsdauer bei gleich bleibender Verarbeitungsdauer kann auch durch den Zusatz von Kaliumsulfat und dem Calciumsalz einer N-Polyoxymethylen-Aminosäure (Retardan P) erreicht werden. Auch diese Methode wurde speziell für die Produktion von Gipsbauplatten entwickelt (SATTLER ET AL. 1993/1994a/b).

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Die geschilderte große Vielfalt an (teils widersprüchlichen) Informationen zur Herstellung und Anwendung von Abbindebeschleunigern auf Dihydratbasis basiert häufig auf empirischen Untersuchungen. Die gefundenen Hinweise dienen als Grundlage für eine systematische Analyse des Abbindeprozesses. Dabei gilt es unter Berücksichtigung kaufmännischer Beweggründe die Entwicklung eines hochwirksa-men und lagerungsstabilen Beschleunigers voranzubringen. Dieses Ziel stellt sich im Ergebnis der Literaturrecherche als durchaus realisierbar dar.

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3 Methoden und Materialien

3.1 Stoffliche Charakterisierung

Im Folgenden sollen die zur Charakterisierung der Ausgangsstoffe angewandten Untersu-chungsmethoden vorgestellt werden. Sämtliche Versuche wurden unter Laborbedingungen bei 20 ±1 °C und 50 ±2 % relativer Luftfeuchte durchgeführt.

Sofern normativ erfasst, wurden die Methoden in Anlehnung an die aktuellen Normen für die Prüfung von Calciumsulfatbaustoffen (DIN EN 13279-2, DIN EN 13454-2) durchge-führt.

3.1.1 Wasser/Bindemittel-Wert Der Wasser/Bindemittel-Wert (auch „Wassergipswert“ genannt) der Stuckgipse wurde nach dem Einstreumenge-Verfahren entsprechend DIN EN 13279-2 ermittelt. Die Einstreumenge ergibt sich dabei aus der Menge Bindemittel, welche beim Einstreuen in 100 g Wasser durchfeuchtet werden kann. Der Wasser/Bindemittel-Wert (w/b-Wert) errechnet sich aus dem Verhältnis der Wassermasse zur eingestreuten Bindemittelmasse.

3.1.2 Gravimetrische Phasenanalyse Die quantitative Bestimmung der freien Feuchte, des Kristallwassers und der Calciumsul-fatphasenanteile erfolgt gravimetrisch. Den im Anhang aufgeführten Untersuchungen liegen die „Testmethoden FEQ-Platten“ der Firma Knauf zu Grunde.

Bei der „einfachen“ gravimetrischen Analyse zur Angabe von Dihydratgehalten in Bindemitteln auf Basis von Calciumsulfathalbhydrat werden die unter Umständen merklichen Anteile an Subhydrat nicht berücksichtigt. Diese können die Anwesenheit von Dihydrat vortäuschen. Ein Vergleich der Analyseergebnisse mit denen der in Abschnitt 3.1.3 beschriebenen Röntgenphasenanalyse (XRD) mit Rietveld-Verfeinerung oder mit thermogravimetrischen Verfahren (DTA/TG) kann in diesem Zusammenhang Aufschluss bringen.

3.1.3 Röntgenphasenanalyse Zum Nachweis kristalliner Substanzen in einem Pulverpräparat wurde die Röntgendiffrak-tometrie (XRD = X-Ray Diffraction) angewendet. Die zu untersuchende Pulverprobe wird dabei einer sehr intensiven und weitgehend monochromatischen Strahlung mit einer Wellenlänge im Bereich des Röntgenspektrums ausgesetzt und die dabei „reflektierte“ Strahlung gemessen. Im erhaltenen Röntgendiffraktogramm kann jedem „Peak“ eine Kristallfläche zugeordnet werden.

Die quantitative Bestimmung der im System CaSO4 - H2O auftretenden Phasen kann mit der Methode nach RIETVELD aus Röntgenpulverdiffraktometrie-Aufnahmen erfolgen. Dabei handelt es sich um eine mathematische Methode, bei der eine gemessene Röntgen-beugungskurve mit einer theoretisch berechneten Kurve verglichen wird (BERNINGER 2001). Durch die Rietveld-Verfeinerung wird die Nachweisgrenze gegenüber gewöhnli-

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chen Röntgenuntersuchungen von ca. 5 % bis auf 0,3 % herabgesetzt. Für die Calciumsul-fatphasen beträgt die Standardabweichung nur 0,1 M.-%. (NOWAK 2004). Calciumsulfat-hydrate weisen aufgrund ihrer Morphologie ausgeprägte Textureffekte im Röntgenpulver-diffraktogramm aus, was eine gravierende Verschiebung in den Intensitätsverhältnissen der Peaks bewirken kann. Bei der quantitativen Phasenanalyse nach RIETVELD wird die bevorzugte Orientierung der Phasen berücksichtigt und minimiert. Außerdem bietet eine automatische Profilanalyse der Röntgenreflexe neben der quantitativen Auswertung die Möglichkeit, Kristallitgröße und Gitterdehnung (sog. „micro strain“) der einzelnen Phasen auf der Basis der Halbwertsbreiten aller Reflexe des gesamten Röntgenspektrums zu berechnen. Daraus leiten sich mineralchemische und mineralphysikalische Eigenschaften ab. Anhand der Kristallitgröße lassen sich Aussagen über die hydraulische Aktivität in Abhängigkeit von der Herstellung, der Kristallinität und dem Entwässerungsgrad treffen. „Micro strain“ kennzeichnet die Dehnung des Kristallgitters bzw. die Verrückung der Gitterpunkte gegenüber dem Idealzustand und ist ein Maß für den Fehlordnungs- oder Gitterspannungsgrad (NOWAK 2004).

Für die durchgeführten Untersuchungen wurde ein Diffraktometer vom Typ D 5000 der Firma Siemens in der Theta-2-Theta–Betriebsweise gefahren. Die Messung erfolgte mit Cu-Kα-Strahlung mit einer Wellenlänge von rund 0,154 nm. Die zu untersuchenden Proben sollen erfahrungsgemäß eine Feinheit < 40 µm aufweisen. Gröbere Partikel wurden gegebenenfalls vor der Analyse im Handmörser schonend aufgemahlen, und anschließend wurde das Material wieder homogenisiert.

3.1.4 Partikelgrößenverteilung und spezifische Oberfläche Die wichtigsten granulometrischen Merkmale von Mahlprodukten sind die Partikelgrößen-verteilung, die Partikelform und die Bruchflächigkeit. Die Partikelgrößenverteilung wird durch Lasergranulometrie bestimmt, zur Begutachtung von Partikelform und Bruchflä-chigkeit kann ein Mikroskop verwendet werden (siehe Abschnitt 3.1.5 Rasterelektronen-mikroskopie).

Die Laserbeugungsanalyse beruht auf dem Prinzip, dass beim Auftreffen von parallelem Laserlicht auf ein Teilchen oder Teilchenkollektiv ein Beugungsspektrum entsteht, welches charakteristisch für die Teilchengrößenverteilung ist.

Die Partikelgröße x ist bekanntlich immer durch das Messverfahren definiert. Mit dem „Coulter-Counter“ wurde von der Firma „Coulter Electronics“ ein Partikelzähler entwi-ckelt, der auf der unterschiedlichen Leitfähigkeit von Partikeln und Trägerfluid basiert. Die angegebenen Partikelgrößen entsprechen diesem Partikelvolumen-Äquivalentdurchmesser (Durchmesser einer Kugel oder eines Kreises mit den gleichen Messeigenschaften, wie das unregelmäßig geformte Teilchen). Ein direkter Vergleich mit den Partikelgrößen anderer Messverfahren, wie der Maschenweite bei Siebanalysen, ist nicht möglich.

Als Medium für die Nassmessung wurde Isopropanol gewählt, um Reaktionen mit der Messflüssigkeit auszuschließen. Auf die (üblicherweise angewendete) Im Ergebnis von Voruntersuchungen mit fein gemahlenem Gips hatte sich gezeigt, dass auch nach langan-dauernder Ultraschall-Einwirkung noch eine stetige Verfeinerung des Materials stattfindet. Dabei lösen sich nicht nur Agglomerate auf, sondern es werden offenbar auch die durch den Mahlvorgang „vorgeschädigten“ gröberen Partikel weiter zerkleinert. Da durch diese

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signifikante Veränderung des Materials eine Beurteilung der ursprünglichen Partikelgrö-ßenverteilung nicht möglich ist, wurde auf eine Ultraschall-Dispergierung vor dem Messvorgang verzichtet.

Die Untersuchungen wurden durch die Professur „Aufbereitung von Baustoffen und Wiederverwertung“ mit dem Partikelgrößenanalysator Coulter LS 230 durchgeführt. Der Messbereich des Gerätes liegt zwischen 0,04 und 2000 µm. Zur Bewertung des Mahlpro-duktes wird neben der Partikelgrößenverteilung die Partikelgröße bei 50 % Durchgang, der sog. Medianwert x50, herangezogen.

Auch durch die Bestimmung der spezifischen Oberfläche mit Hilfe des Luftdurchlässig-keitsverfahrens nach Blaine kann bekanntermaßen die Mahlfeinheit pulverförmiger Stoffe charakterisiert werden. Bei diesem Verfahren wird über den Strömungswiderstand die volumenbezogene Oberfläche berechnet. Diese berücksichtigt weder Poren noch Rauhig-keiten und wird deshalb auch als „äußere“ Oberfläche bezeichnet. Die Anwendung des Blaine-Gerätes ist auf spezifische Oberflächen bis maximal 1,2 m²/cm³ (entspricht bei ρGips = 2,3…2,4 g/cm³ etwa 0,5 m²/g) beschränkt. Bei der Bewertung größerer gemessener spezifischer Oberflächen muss dies berücksichtigt werden. Die Durchführung des Mess-verfahrens erfolgte in Anlehnung an DIN EN 196-6.

Gegenüber dem Blaine-Verfahren wird bei der Methode nach BET neben der „äußeren“ auch die zugängliche „innere“ Oberfläche (Rauhigkeiten und Poren bis zur unteren Nachweisgrenze von 0,35 nm) berücksichtigt. Die BET-Oberfläche eines Festkörpers wird nach einer Methode von Brunauer, Emmett und Teller aus der N2-Adsorptions-Isotherme berechnet, die bei dem Siedepunkt von flüssigem Stickstoff beobachtet wird. Die Adsorp-tionsfähigkeit eines festen Stoffes nimmt mit der Oberfläche zu. Sie ist bei gegebener Temperatur vom Druck und der Konzentration des gelösten Stoffes abhängig, und es kann eine Adsorptionsisotherme bestimmt werden. Durch deren Auswertung erhält man das Volumen, welches theoretisch der Menge Stickstoff entspricht, die für eine monomolekula-re Beschichtung erforderlich ist. Die für ein Stickstoffmolekül benötigte Fläche beträgt 1,62 nm2. Aus diesem Wert kann die spezifische Oberfläche der Probe bestimmt und in m2/g angegeben werden. Bei der Bestimmung der Oberfläche nach dem BET-Verfahren wurde das Gerät SA 3100 der Firma COULTER Electronics GmbH verwendet.

3.1.5 Rasterelektronenmikroskopie

Zur Abbildung der Mikro- und Nanostruktur wurde die Rasterelektronenmikroskopie angewendet. Das Messprinzip beruht darauf, dass mit einem sehr feinen Elektronenstrahl die Oberfläche der Probe abgerastert wird. Die durch Interaktion der Elektronen mit den Atomen der Probe erzeugten Signale werden aufgezeichnet und zu einem Gesamtbild zusammengesetzt.

Bei den verwendeten Geräten handelt es sich einerseits um ein konventionelles Hochvaku-um-Rasterelektronenmikroskop (SEM) vom Typ S 2700 LB der Firma Hitachi. Die Proben müssen vor der Untersuchung mit einer dünnen Kohlenstoffschicht (10… 30 nm) bedampft werden, um eine leitfähige Oberfläche zu erhalten.

Darüber hinaus wurde ein sog. Environmental Scanning Electron Microscope (ESEM) vom Typ XL-30 ESEM-FEG der Firma Philips eingesetzt. Das Gerät ermöglicht bei

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variablen Umgebungsbedingungen (Temperatur und Wasserdampfpartialdruck der Luft) Aufnahmen mit einer Auflösung von bis zu 2 nm. Eine leitfähige Oberflächenbeschichtung von elektrisch nicht leitenden Proben ist im ESEM nicht erforderlich.

Die Rasterelektronenmikroskope sind zudem mit einem energiedispersiven Röntgendetek-tor (EDX-Detektor) ausgestattet, der auf Basis der Elektronenstrahlmikroanalyse chemi-sche Analysen im Mikrometerbereich erlaubt.

Die Messverfahren wurden neben der Charakterisierung der Ausgangsstoffe (Stuckgips, Gips) zur Darstellung von Gefügeänderungen beim Abbindeprozess sowie zur kristallmor-phologischen Charakterisierung der Hydrarationsprodukte herangezogen.

3.2 Beurteilung des Abbindeverhaltens

Im Folgenden sollen die Untersuchungsmethoden vorgestellt werden, die zur Beurteilung der Beschleunigungswirkung auf das Abbinden (d.h. die Hydratation und die Verfestigung) von Stuckgips angewendet wurden. Sämtliche Versuche wurden unter Laborbedingungen bei 20 ±1 °C und 50 ±2 % relativer Luftfeuchte durchgeführt.

Sofern normativ erfasst, wurden die Methoden in Anlehnung an die aktuellen Normen für die Prüfung von Calciumsulfatbaustoffen (DIN EN 13279-2, DIN EN 13454-2) durchge-führt.

3.2.1 Hydratation Die Beurteilung der Hydratationsgeschwindigkeit kann zweckmäßig durch Abstoppen der Reaktion (z. B. mit Spiritus) und anschließender Kristallwasserbestimmung, über die Erfassung der Temperaturänderungen mittels Differentialkalorimetrie (DCA) oder durch Untersuchung der Lösungszusammensetzung bei Leitfähigkeitsmessungen erfolgen. Nach FISCHER 1994a besteht Parallelität zwischen den normierten Größen von Hydratationsgrad, Hydratationswärme und elektrischer Leitfähigkeit. Alle drei Parameter charakterisieren den gleichen Prozess und es ist ihre wechselseitige Umrechnung möglich. Die Abnahme der elektrischen Leitfähigkeit verläuft proportional zur Zunahme des Hydratationsgrades (FISCHER ET AL. 1994b).

Abstoppen mit Spiritus

Um den Chemismus der Hydratation zu analysieren, eignet sich das Abstoppen der Reaktion zu festgelegten Zeitpunkten mit Spiritus und die anschließende Kristallwasserbe-stimmung des Filterrückstandes.

Hierfür werden ca. 10 g Bindemittelbrei bzw. ggf. vorzerkleinerter Bindemittelstein zum Untersuchungszeitpunkt im Handmörser nach Zugabe von ca. 50 ml Spiritus zerkleinert. Sind keine gröberen Bestandteile mehr vorhanden, werden nochmals ca. 200 ml Spiritus hinzugefügt. Das Gemisch wird filtriert und anschließend mit Aceton gespült, um letzte Wasserreste zu entfernen und den darauf folgenden Trocknungsvorgang (bis zur Masse-konstanz bei 40 °C) zu unterstützen.

Der Hydratationsgrad, der den Hydratationsfortschritt beschreibt, kann über die Kristall-wasserbestimmung (siehe Abschnitt 3.1.2) ermittelt werden. Er entspricht dem Verhältnis

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aus aufgenommenem chemisch gebundenem Wasser zu maximal durch Hydratation aufnehmbarem Wasser:

Gleichung 3-1: x BM

vollst. x

(KW KW )Re hydratationsgrad(KW KW )

−=

− [-]

KWx - Kristallwasseranteil zum Zeitpunkt x KWBM - Kristallwasseranteil des Bindemittels KWvollst. - Kristallwasseranteil bei vollständiger Hydratation

Differentialkalorimetrie

Zur Beurteilung des Hydratationsverhaltens von Stuckgips kann darüber hinaus die Thermokurve mittels Kalorimeter aufgenommen werden. Dabei wird der zeitliche Verlauf der Wärmefreisetzung dQ/dt in J/gh erfasst, der als Wärmeentwicklungsrate, Wärmerate oder als Wärmestrom bezeichnet wird.

Mit Hilfe von differentialkalorimetrischen Messungen (DCA) lässt sich die Wirkung von Beschleunigern auf die Hydratation des Bindemittels sowohl hinsichtlich der Wärmeent-wicklungsrate als auch in Bezug auf die Intensität der Wärmefreisetzung bei der Hydratati-on von Stuckgips quantifizieren. Ein Beschleuniger kann eine Verschiebung des Maxi-mums der Wärmeentwicklungsrate in Richtung früherer Hydratationszeit hervorrufen bzw. eine Zunahme der Wärmeentwicklungsrate bewirken.

Die aus Benetzung (+), Zerfall (+) und Lösung (-) des Dihydrates resultierende Wärme-menge kann zudem als quantitatives Maß für den Mahleffekt herangezogen werden.

Für die Differentialkalorimetrische Analyse wurde das speziell für die Belange der Bindebaustoffe entwickelte ZIAC-D-Calorimetriesystem DC-I/IN eingesetzt. Im Gerät wird eine örtliche Temperaturdifferenz in isoperiboler Betriebsart („gleichartige Umge-bung“, d. h. Betrieb des Kalorimeters bei konstanter Umgebungstemperatur und veränder-licher Temperatur des Meßsystems) gemessen. Die konstante Umgebungstemperatur wird durch den Abgleich zwischen den Thermofühlern von Proben- und Referenzzelle gewähr-leistet. Die Probemenge betrug 5 g bei einem Wasser/Feststoff-Verhältnis von 1. Die Erfassung und Auswertung der Messdaten erfolgte mittels PC.

Infolge der Wärmeübertragungsprozesse verläuft die Hydratationswärmekurve im Vergleich zu alternativen Untersuchungsmethoden zeitlich verzögert. Gegenüber der Leitfähigkeitskurve ermittelte FISCHER eine Verzögerung von ca. 5 Minuten (FISCHER 1992c).

Elektrische Leitfähigkeit

Durch die Leitfähigkeitsmessung können weitere Informationen zum Hydratationsprozess gewonnen werden. Die Konduktometrie, d.h. die Leitfähigkeitsanalyse, gehört zur Gruppe der elektrochemischen Messmethoden und zählt in messtechnischer Hinsicht zu den einfachen Methoden (SCHUPPAN 1980).

Bei Lösungs- und Fällungsprozessen verändert sich die Leitfähigkeit einer Suspension, weil die Anzahl (Konzentration) der zur Leitfähigkeit beitragenden Teilchen (Ionen)

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variiert. Nach FISCHER 1992C eignen sich konduktometrische Messungen auf Grund einer nahezu linearen Abhängigkeit der spezifischen elektrischen Leitfähigkeit von der Menge an gelöstem Calciumsulfat recht gut zur schnellen Charakterisierung von entsprechenden Lösungsvorgängen in Suspensionen. Durch eigene Untersuchungen konnte dies bestätigt werden (siehe Abbildung 3-1; MÜLLER & FISCHER 2005a).

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5CaSO4-Konzentration [g/l]

Ele

ktri

sche

Lei

tfähi

gkei

t [m

S/cm

]

Abbildung 3-1: Zusammenhang zwischen Calciumsulfatkonzentration und elektrischer Leitfähig -

keit bei 20 °C

Der Leitwert ist ein Summenparameter für die Ionenkonzentration einer Messlösung. Das Prinzip der Leitfähigkeitsmessung beruht auf der elektrochemischen Widerstandsmessung. Die kontinuierliche Aufzeichnung der Leitfähigkeitsänderung ist geeignet, um indirekte Aussagen über die Lösungs- und Reaktionsgeschwindigkeit der Calciumsulfatphasen zu erhalten.

Zur Messung der Leitfähigkeit wurde eine Leitfähigkeitssonde vom Typ FYA 641-LF (Messbereich: 0,0 - 20,0 mS/cm, Temperatur: -5 - 70 °C, Elektrodenmaterial: Spezialkoh-le, Schaftmaterial: PVC-C, integrierter Ntc-Temperaturfühler) und ein Datenlogger vom Typ ALMEMO 2690-8 der Firma Ahlborn verwendet.

Bei der Ionenleitung nimmt die Leitfähigkeit mit steigender Temperatur zu, weil die Ionen leichter beweglich werden. Um diesen Einfluss zu eliminieren, wird die gemessene Spannung temperaturkompensiert als Leitfähigkeit bezogen auf die Referenztemperatur von 25 °C angegeben. Die Temperaturkompensation erfolgt auf Grundlage folgender Gleichung:

Gleichung 3-2: T25

251 100 (T 25 C)

κκ =

α+ ⋅ − °

κ25 - Leitfähigkeit bei 25 °C κ T - Leitfähigkeit bei tatsächlicher Temperatur α25 - Temperaturkoeffizient (hier: 1,9 %·K-1)

4CaSOconst cκ ≈ ⋅

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Auch Kohlendioxid bzw. Karbonate beeinflussen die Untersuchungsergebnisse. Um die Karbonatisierung einzudämmen, befand sich die Prüflösung bzw. -suspension in einem dicht verschlossenen Becherglas. Bei der Messung wurde die Probe bei konstanter Rührgeschwindigkeit mit einem Magnetrührer homogenisiert. Im Ergebnis der Vorunter-suchungen erwies sich ein Wasser/Feststoff-Verhältnis von 20 als besonders geeignet (MÜLLER & FISCHER 2005a). Die Auswertung der Messdaten erfolgte am PC mit der Anwendungssoftware AMR WinControl.

3.2.2 Versteifen und Erhärtung Die Vorgänge bei der Verfestigung, also bei der Zunahme der mechanischen Festigkeit, können durch zahlreiche anwendungsorientierte Kenngrößen erfasst werden. Bewährt haben sich dabei der Versteifungsbeginn und das -ende, die Festigkeitsentwicklung sowie die Festigkeit und Rohdichte des abgebundenen und getrockneten Gipses.

Da das Wasser/Bindemittel-Verhältnis einen entscheidenden Einfluss auf den Verfesti-gungsvorgang hat, wurde für alle nachfolgend aufgeführten Verfahren der Was-ser/Bindemittel-Wert zweckmäßig nach dem Einstreumenge-Verfahren ermittelt.

Versteifungszeiten

Die wichtigste Kenngröße zur Beurteilung der abbindebeschleunigenden Wirkung der Gipse bei Zugabe zu Stuckgips ist die Versteifungszeit. In der aktuellen Normung (DIN EN 13279-2) wird als Prüfverfahren für „Gipsbinder und Gips-Trockenmörtel“ zur Einschätzung des Versteifens nur der Versteifungsbeginn (VB) genannt. In älteren Vorschriften und in Betriebsanweisungen wird vielfach ein zweiter Zeitpunkt definiert, das Versteifungsende (VE). Beide Kenngrößen charakterisieren den Verarbeitungszeitraum des Bindemittelbreies und sind somit von hohem praktischen Nutzen.

In Vorversuchen wurde die Eignung verbreiteter Messmethoden zur Beurteilung des Versteifungsverhaltens untersucht:

- Messerschnitt- (DIN EN 13279-2) und Daumendruck-Methode zur Bestimmung von Versteifungsbeginn und -ende

- Vicat-Nadel- (DIN EN 13454-2) und Vicat-Konus-Verfahren (DIN EN 13279-2, LUCAS 1974) zur periodischen Erfassung des Versteifungsvorganges

- Ultraschall-Methode zur kontinuierlichen Erfassung des Versteifungsvorganges

Auf die Möglichkeiten, den Versteifungsbeginn mittels Gelierzeit-Automat (FISCHER 1992b) zu bestimmen und das Versteifungsverhalten kontinuierlich über den Glanzverlust zu beurteilen (FISCHER ET AL. 1992a), soll an dieser Stelle hingewiesen werden.

Da eine Ausdeutung der Ergebnisse in Richtung praktischer Anwendbarkeit angestrebt wurde, kamen zur Bestimmung der Versteifungszeiten die Messerschnitt- und die Dau-mendruck-Methode zur Anwendung. Dabei wird wie folgt vorgegangen: Das gemeinsam mit dem Zusatz vermischte Bindemittel wird innerhalb von 15 Sekunden in die nach dem Einstreumenge-Verfahren ermittelte Wassermenge eingestreut. Weitere 15 Sekunden

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„sumpft“ der Bindemittelbrei. Daraufhin wird er für 15 Sekunden bei 800 min-1 im Labormischer gemischt und anschließend auf eine Glasplatte ausgegossen. Der Verstei-fungsbeginn ist nach DIN EN 13279-2 die Zeit, nach der die Ränder eines durch den Bindemittelbrei geführten Messerschnittes nicht mehr zusammenfließen. Der früheste Messerschnitt zur Feststellung des Versteifungsbeginns konnte ca. eine Minute nach dem Einstreubeginn durchgeführt werden. Das Versteifungsende ist erreicht, wenn bei einem Daumendruck mit einer Kraft von rund 50 N kein Wasser mehr um die Druckstelle herum austritt. Die Genauigkeit der Daumendruck-Methode ist gegenüber dem Vicat-Nadel-Verfahren aufgrund der größeren Prüffläche als hoch einzuschätzen (ALBRECHT 1965). Die Verfahren zeichnen sich durch schnelle und einfache Durchführbarkeit aus. Ein Nachteil dieser Prüfmethoden ist der subjektive Faktor bei der Einschätzung der Untersuchungser-gebnisse. Um eine gute Reproduzierbarkeit zu gewährleisten, wurden alle Prüfungen nur von einem Bearbeiter durchgeführt. Die Streubreite der Ergebnisse verringerte sich mit zunehmender Beschleunigung und lag i. d. R. unter 10 s für den Versteifungsbeginn und nicht über 30 s für das Versteifungsende. Den angegebenen Werten für die Versteifungs-zeiten liegt eine Doppelbestimmung zu Grunde.

Bei den durchgeführten Langzeituntersuchungen zum Einfluss der Lagerungsbedingungen auf die Wirksamkeit der Dihydtratbeschleuniger veränderten sich erwartungsgemäß die Versteifungszeiten des reinen zu beschleunigenden Bindemittels. Dieser Fehlerquelle wurde durch Definition eines sog. „Wirksamkeitsgrades“ begegnet.

Gleichung 3-3: ( )Ref ZM

Ref

VE VEWirksamkeitsgrad

VE−

=

VERef - Versteifungsende des Stuckgipses ohne Zusatzmittel (Referenz) VEZM - Versteifungsende des Stuckgipses mit Zusatzmittel

Durch Auswertung dieser Kenngröße konnten auch weitere äußere Einflüsse, wie Schwan-kungen von Temperatur und Luftfeuchte, weitgehend eliminiert werden.

Da die Erfassung von nur zwei Zeitpunkten die Dynamik des Ansteifens nur ungenügend wiedergibt, wurde nach Möglichkeiten zur kontinuierlichen Erfassung des Versteifungs-vorganges gesucht. In der Vergangenheit wurden zahlreiche Versuche unternommen, den Verfestigungsverlauf mit geeigneten Untersuchungsmethoden zu beschreiben. So erzeugte NEUHAUSER 1976 sog. Versteifungs-Erhärtungs-Diagramme, indem er die Eintauchtiefe mit dem Vicat-Konus und die Brinellhärte kombinierte und kontinuierlich über der Zeit auftrug. Der Wechselpunkt beider Messverfahren lag bei 2 mm Eintauchtiefe bzw. 2 kp/cm² Kugeldruckhärte. Die Unvereinbarkeit beider Messverfahren zeigte sich in einem deutlichen Knick zwischen Versteifung und Erhärtung.

Ultraschall-Verfahren

LEHMANN & RIEKE wiesen bereits 1973 im Zuge von Gipsputzuntersuchungen auf den Vorteil des Ultraschall-Verfahrens gegenüber alternativen Messmethoden hin, da es nicht oder nur unwesentlich in den Abbindevorgang eingreift. Das Messprinzip beruht darauf,

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dass elektrische Schwingungen von einem Schallkopf in mechanische Schwingungen umgewandelt werden und als Impulse den Prüfkörper durchlaufen. Die Schwingungen werden von einem zweiten Schallkopf wieder in elektrische Schwingungen umgewandelt. Das Messgerät gibt die Schalllaufzeit aus, aus der auch direkt unter Eingabe des Schallwe-ges (hier: 3 cm) die Schallgeschwindigkeit berechnet werden kann.

Das sich beim Abbinden aufbauende Kristallgerüst ermöglicht eine immer enger werdende Kopplung für die Ultraschallschwingungen, woraufhin die Laufzeit des Schalls abnimmt, die Schallgeschwindigkeit also größer wird. Über den Messparameter Schallgeschwindig-keit kann demnach indirekt auf den Grad des Versteifens des Bindemittels geschlossen werden.

Frühe Untersuchungen zum Abbindevorgang von Baugipsen mittels Ultraschall-Verfahren (z. B. GENSEL 1968, LEHMANN ET AL. 1973) zeigten die Anwendbarkeit des Verfahrens für Calciuimsulfatbindemittel auf. Dabei wurde hervorgehoben, dass das Versteifen im Zeitraum der charakteristischen Kenngrößen Versteifungsbeginn und -ende kontinuierlich verfolgt werden kann. Die Untersuchungen fanden jedoch überwiegend an verzögerten Bindemitteln statt, was geringere Anforderungen an die Messeinrichtung stellt. Bei Ultraschall-Untersuchungen des Abbindens von Stuckgips stellten DALUI ET AL. 1996 (für Wasser/Bindemittel-Verhältnisse zwischen 0,3 und 1,0) eine gute Korrelation zwischen der Schallgeschwindigkeit und der Druckfestigkeit sowie dem E-Modul fest.

In der vorliegenden Arbeit kam das Ultraschall-Messsystem BP7 von Stein-kamp/Deutschland zur Anwendung. Um das Versteifen bzw. die Verfestigung von schnell abbindenden Stuckgipsen zu erfassen, musste die Ultraschall-Messtechnik um eine Silikonkautschuk-Messzelle ergänzt werden (siehe Abbildung 3-2, MÜLLER & FISCHER 2005a).

Abbildung 3-2: Ultraschall-Messsystem BP7 von Steinkamp/Deutschland mit der flexiblen

Messzelle aus Silikonkautschuk

Durch die neu entwickelte flexible Messzelle ist es möglich, das Abbinden ohne großen Versuchsaufwand kontinuierlich zu erfassen. Die Entwicklung zeichnet sich gegenüber einer starren Messzelle durch die problemlose Entleerung des abgebundenen Probemateri-als und eine (insbesondere die empfindlichen Schallköpfe betreffend) verschleißarme

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Reinigung nach einer Messung aus. Während des Befüllens mit Bindemittelbrei hingegen tritt keine wesentliche Verformung der Silikonkautschuk-Messzelle auf, sodass die Forderung nach konstantem Schallweg hinreichend erfüllt wird. Das Austrocknen der Probe wurde durch Abdecken mit einer PE-Folie vollständig unterbunden.

Mit dem Ultraschall-Prüfverfahren war es möglich, die Verfestigung der Paste ab ca. einer Minute nach dem Einstreuen des Stuckgipses in Wasser zu verfolgen.

Druck- und Biegezugfestigkeit

Die Beurteilung der Erhärtung erfolgte zu ausgewählten Zeiten anhand der Druck- und Biegezugfestigkeiten. Die Prüfung wurde entsprechend DIN EN 13279-2 (in Anlehnung an die Prüfung von Zement nach DIN EN 196-1) an Prüfkörpern mit den Abmessungen 40 mm x 40 mm x 160 mm durchgeführt. Die Proben wurden direkt nach dem Ausschalen (nach einer Verfestigungsdauer von 10 Minuten) sowie erneut nach 7 Tagen an getrockne-ten Prüfkörpern (Proben nach 24 Stunden ausgeschalt, anschließend bis zum Prüftermin im Trockenschrank bei 40 °C) geprüft.

Längenänderungsmessung

Die Volumenänderungen beim Abbindevorgang wurden durch Längenänderungsmes-sungen in einer modifizierten Schwindrinne (Prüfkörperabmessungen: Länge: 25 cm, Querschnitt: 4 x 4 cm) erfasst. Das Probematerial war durch eine aufliegende PE-Folie weitestgehend vor Austrocknung geschützt.

Quecksilberhochdruckporosimetrie

Zur Charakterisierung des erhärteten Stuckgipsgefüges wurde neben rasterelektronenmik-roskopischen Untersuchungen (siehe Abschnitt 3.1.5) der Porenanteil und die Porenradien-verteilung mittels Quecksilberhochdruckporosimetrie bestimmt. Bei dem Verfahren wird Quecksilber bei variierendem Druck in die Poren der zuvor im Vakuum getrockneten Probe (Masse: ca. 3… 4 g) hineingepresst. Für die Analysen wurde ein Gerät des Typs Autopore II 9220 der Firma Micromeritics verwendet.

3.3 Eingesetzte Materialien

Da eine direkte technische Übertragbarkeit der Ergebnisse angestrebt und umfangreiche Versuchsreihen mit hohem Materialbedarf durchgeführt wurden, handelte es sich bei den in der Arbeit verwendeten Materialien überwiegend um vom Hersteller bezogene techni-sche Produkte. Nur im Einzelfall kamen „reinste“ Chemikalien für den Laborgebrauch zum Einsatz.

3.3.1 Stuckgips

Sofern nicht anders angegeben, wurde als Bindemittel ein im Kocher calcinierter Stuckgips auf Basis von REA-Gips verwendet.

Die Verarbeitungseigenschaften von Calciumsulfatbindemitteln sind insbesondere nach der

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Herstellung hochgradig instabil. Wie FISCHER ET AL. 2006 durch ESEM-Aufnahmen veranschaulichte, sind als Ursache dafür die aus Mahl- und Brennvorgang herrührenden Defekte im Kristallgitter, die vergrößerte Partikeloberfläche sowie die Veränderungen der Phasenzusammensetzung (besonders der Anhydrit III-Abbau) anzusehen.

Die verwendeten Bindemittel wurden vor der Analyse und Verwendung unter definierten Bedingungen künstlich gealtert, sodass vorhandenes Anhydrit III zu β-Halbhydrat umgesetzt wurde. Hierfür ist das frische Bindemittel für ca. 24 Stunden im Laborklima bei 20 °C und 50 % r. F. gelagert worden, wobei nach 12 Stunden das Material manuell umgeschichtet wurde. Um die äußeren Alterungsbedingungen der Bindemittelpartikel möglichst einheitlich zu gestalten, lag zudem deren Schichtdicke nicht über 2 cm.

Typische Zusammensetzung des verwendeten Stuckgipses (Anteile in M.-%): - Feuchte 0,0 - Halbhydrat 91,0 - Anhydrit II 4,5 - Dihydrat 0,0 - Rest ( CaO, CaCO3, C, …) 4,5

Typische Kennwerte des verwendeten Stuckgipses: - Wasser/Bindemittel-Wert [-] 0,60 - Reindichte [g/cm³] 2,62 - Spez. Oberfläche nach Blaine [m²/g] 0,16 - Spez. Oberfläche nach BET [m²/g] 5,70

3.3.2 Gips

Bei den verwendeten Gips-Rohstoffen zur Herstellung des Abbindebeschleunigers auf Dihydratbasis handelte es sich um verschiedene, gezielt ausgewählte REA- und Naturgip-se. Die relevanten Eigenschaften, wie Dihydratanteil, Verunreinigungen, geologischer Ursprung, granulometrische Kenngrößen etc., sind im Rahmen der Ergebnisdiskussion aufgeführt.

Feinstmahlung

Zur Feinstmahlung der Gipse wurde eine Scheibenschwingmühle (RETSCH RS 100 mit Zirkonoxid-Mahlgarnitur) eingesetzt, die durch Druck, Stoß und Reibung zerkleinert. Die Mahlgutmasse (gewählt: 50 g) sowie der Mahlkörperfüllungsgrad blieben bei allen Versuchen konstant. Die Mahldauer und die Rotationsgeschwindigkeit der Mühle wurden variiert. In der Arbeit werden 3 Mahlfeinheiten benannt, denen folgende Mahlbedingungen zugrunde liegen:

- Feinheit 1 - 45 s bei 700 min-1 - Feinheit 2 - 90 s bei 700 min-1 - Feinheit 3 - 90 s bei 1400 min-1

Vorversuche belegen, dass bei den Mahlbedingungen im Bereich von Feinheit 2 und 3 Abbindebeschleuniger entstehen, deren Wirksamkeit mit derer industriell hergestellter und großtechnisch eingesetzter Materialien vergleichbar ist.

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Künstliche Alterung

Für die Analyse des alterungsbedingten Wirksamkeitsabbaus wurden die Beschleuniger unter definierten Bedingungen künstlich gealtert:

- trockene Umgebung im verschlossenen Kunststoffbehälter bei annähernd 0 % r. F.

- schwach feuchte Umgebung im klimatisierten Labor bei ca. 50 % r. F. - feuchte Umgebung im Exsikkator über gesättigter NaCl-

Lösung bei ca. 75 % r. F.

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4 Ergebnisse und Diskussion der experimentellen Untersuchungen

4.1 Wirkungsweise von Dihydrat als Abbindebeschleuniger für Stuckgips

Bevor die Einflüsse bei der Herstellung und Anwendung des Abbindebeschleunigers auf Basis von Calciumsulfatdihydrat überprüft werden, ist es erforderlich, den Abbindevor-gang sowie dessen Beeinflussbarkeit durch Beschleunigerzugabe auf Grundlage modern-ster Untersuchungsmethoden zu charakterisieren.

4.1.1 Vorgänge beim Abbinden von Stuckgips Das Auflösen von Stuckgips, die Hydratation des β-Halbhydrat zu Dihydrat und anschlie-ßende Umkristallisationsprozesse der Gipskristalle lassen sich durch Leitfähigkeitsmes-sung und die Bestimmung der spezifischen Oberfläche nach BET (an abgestoppten Proben) verdeutlichen.

1,95

2,99

3,98

5,07

4,19

1,93

5,17

0,00

1

2

3

4

5

6

0 5 10 15 20 25 30Zeit [min]

Spez

. Obe

rflä

che

nach

BET

[m²/g

]

0

1

2

3

4

5

6

Ele

ktr.

Lei

tfäh

igke

it [m

S/cm

]

24h: 1,87

24h: 2,95

Abbildung 4-1: Änderung der spezifischen Oberfläche nach BET und der elektrischen Leitfähigkeit

im Verlaufe der Hydratation von Stuckgips (l/s = 20)

Die Hydratation beruht bekanntlich auf dem Lösen des Halbhydrates und dem Auskristalli-sieren des Gipses aus der in Bezug auf Dihydrat übersättigten Lösung. Für das einfache Verständnis der dabei ablaufenden Vorgänge kann eine Einteilung in 5 Perioden vorge-nommen werden. Die von FISCHER 1992c am Beispiel der Leitfähigkeitsmessung anschau-lich erläuterten Zusammenhänge können an Abbildung 4-1 nachvollzogen und auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse um weitere Aussagen ergänzt werden:

I II III IV V

Hydratationsdauer [min]

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In der sog. Induktionsperiode (I, Anfangsstadium) löst sich ein Teil des Stuckgipses auf und es entsteht innerhalb weniger Sekunden eine Lösung, die in Bezug auf das Dihydrat übersättigt und bezüglich des Halbhydrates gesättigt ist. Der Lösevorgang zeigt sich im deutlichen Anstieg der elektrischen Leitfähigkeit und dem Abbau an spezifischer Oberflä-che. Durch die hohe Übersättigung kommt es (aufgrund des in Abschnitt 2.2.2 erläuterten Einflusses der Übersättigung auf die Kristallisationskinetik) in der darauf folgenden dormanten Periode (II, Ruhestadium) zunächst bevorzugt zur Kristallkeimbildung. Die primären Hydrate wachsen langsam, stabilisieren sich und können die Keimfunktion übernehmen. Im weiteren Verlauf wächst in der Accelerationsperiode (III, Beschleuni-gungsstadium) eine inzwischen stark erhöhte Anzahl von Keimen zu Gipskristallen heran. Dies ist begleitet von einem Anstieg der spezifischen Oberfläche. Bei intensivem Kristall-wachstum werden stetig mehr Ionen aus der Lösung entzogen, als durch die im Abbau befindlichen Reste der Stuckgipspartikel nachgeliefert werden können. Dies zeigt sich im Absinken der elektrischen Leitfähigkeit der Suspension. Mit der Abnahme des verfügbaren hydratisierfähigen Materials sinkt demnach auch die Übersättigung der Lösung, was wiederum das Wachstum der Gipskristalle verlangsamt. Nach Überschreiten eines Wendepunktes in der Leitfähigkeitskurve dominieren in der Retardationsperiode (IV, Abklingstadium) diese Prozesse und die Reaktionsgeschwindigkeit nimmt stetig ab. In der Finalperiode (V, Endstadium) strebt die Hydratationsgeschwindigkeit gegen Null. Bei nur noch geringer Übersättigung kommt es zur sog. Sammelkristallisation (siehe Abschnitt 2.2.2). Dabei lösen sich kleinere Kristalle, die sich beispielsweise in der Accelerationsperi-ode gebildet haben, aufgrund ihrer erhöhten Löslichkeit wieder auf und größere Kristalle wachsen. Dieser Vorgang äußert sich in einer deutlichen Abnahme der spezifischen Oberfläche des Gipses, die auch eine leichte Reduzierung der elektrischen Leitfähigkeit der Suspension nach sich zieht.

Abbildung 4-2: Änderung der Calciumsulfatanteile von Feststoff und Lösung im Verlaufe der

Hydratation (im Bsp. 107 g Stuckgips - entspricht 100 g CaSO4 - in 1 Liter deion. Wasser eingestreut)

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Eine generelle zeitliche Trennung der verschiedenen genannten Vorgänge ist nicht möglich, da lokale Effekte auftreten. So wäre durchaus denkbar, dass noch in der Retarda-tionsperiode Kristallkeime auf verbleibenden Stuckgipspartikeloberflächen entstehen, wo sie lokal eine hohe Übersättigung vorfinden. Die zuvor beschriebenen Prozesse dominieren jedoch in den jeweiligen Abschnitten.

Aus der Leitfähigkeitsmessung lässt sich unter Einbeziehung des Hydratationsgrades zu ausgewählten Zeitpunkten (durch Abstoppen mit Isopropanol) ableiten, in welchen Anteilen Calciumsulfat im Verlaufe der Hydratationsreaktion in den beiden festen Phasen bzw. in der Lösung vorliegt (siehe Abbildung 4-2). Der Ionenanteil in der Lösungsphase ist dabei aufgrund der gewählten Versuchsbedingungen (l/s ≈ 10) gegenüber realen Verhält-nissen beim Abbinden von Stuckgips (l/s = 0,6) stark überhöht.

Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse zur Hydratationskinetik sollen nun effektive Möglichkeiten gefunden werden, auf diese gezielt Einfluss zu nehmen. Wie in Abschnitt 2.3 erläutert wurde, kann der Abbindeprozess von Calciumsulfatbindemitteln über die Kinetik des Lösevorganges des Bindemittels, die Löslichkeit der Calciumsulfat-phasen, die Anzahl vorhandener Kristallkeime oder die Bildungsgeschwindigkeit von Kristallkeimen beeinflusst werden.

4.1.2 Vergleich der abbindebeschleunigenden Wirkung verschiedener Zusatzstoffe Ausgewählte Materialien sollen hinsichtlich ihrer abbindebeschleunigenden Effektivität verglichen werden. Mit Gips, Stuckgips, Anhydrit II, Kalkstein und Quarz wurden zunächst Feststoffe ausgewählt, deren möglicher Einfluss auf die Hydratation von Stuck-gips dem Eingriff in den Kristallkeimbildungsprozess unterliegt. Vor der Zugabe der Feststoffe zum zu beschleunigenden Stuckgips fand eine Feinstzerkleinerung in der Labor-Scheibenschwingmühle (bei gleicher Beanspruchungsintensität) statt.

0

1

2

3

4

5

6

7

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20Zeit [min]

Ele

ktri

sche

Lei

tfähi

gkei

t [m

S/cm

] + Gips+ Stuckgips+ Anhydrit+ Kalkstein+ QuarzReferenz

Abbildung 4-3: Änderung der elektrischen Leitfähigkeit im Verlaufe der Hydratation von Stuckgips

bei Zugabe verschiedener fein gemahlener Feststoffe (l/s = 20; Zugabemenge: 10 % bezogen auf den zu beschleunigenden Stuckgips)

+ Gips

Hydratationsdauer [min]

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Der Hydratationsverlauf des Stuckgipses wurde mittels Leitfähigkeitsmessung verfolgt (siehe Abbildung 4-3). Bei Zugabe einer Auswahl von fein gemahlenen Feststoffen stellte sich lediglich bei Gips ein deutlicher Beschleunigungseffekt des Abbindens von Stuckgips ein. Die dormante Periode, die bekanntlich von der Kristallkeimbildung geprägt wird, war praktisch nicht vorhanden. Ursächlich hierfür ist, dass mit dem Einsetzen des Lösungsprozesses des Stuckgipses durch die Anwesenheit der Dihydrat-Impfkristalle der Lösung momentan Calcium- und Sulfationen entzogen werden. Dies führte auch dazu, dass der Maximalwert der Leitfähigkeitskurve deutlich niedriger ausfiel, als bei den Rezepturen ohne Gipszusatz.

Der Abfall der Leitfähigkeit verläuft parallel zur Referenzkurve, was auf vergleichbare Wachstumsgeschwindigkeiten hindeutet. Der sich im Laborversuch (nach 15 bis 20 Minuten) einstellende Endwert der Leitfähigkeit liegt bei der mit fein gemahlenem Gips beschleunigten Probe über dem der Referenzprobe. Als Ursache hierfür ist die größere spezifische Oberfläche der Hydratationsprodukte in Anwesenheit des Beschleunigers anzusehen, worauf im weiteren Verlauf der Arbeit näher eingegangen wird (Abschnitt 4.4).

Die zuvor geschilderten Erkenntnisse der Leitfähigkeitsuntersuchungen wurden verfah-rensbedingt bei einem Wasser/Bindemittel-Verhältnis von 20 gewonnen. Am Beispiel von Kalksteinmehl und Gips wurde ferner nachgewiesen, dass die Ergebnisse sich auch im Einfluss der Stoffe auf die Versteifungszeiten des Stuckgipses bei einem Was-ser/Bindemittel-Wert von 0,6 widerspiegeln (siehe Tabelle 4-1).

Tabelle 4-1: Änderung der Versteifungszeiten einer abbindenden Stuckgipsmischung bei Zugabe ausgewählter Stoffe (l/s = 0,6)

Spezif. Oberfläche [m²/g] nach

Zugabe-menge

Verst.-beginn

Verst.-ende

Blaine BET [%] [min:s] [min:s]

0,1 5:15 15:00 Kalksteinmehl, ungemahlen 0,52 4,88

1,0 5:10 14:55

0,1 5:15 15:15 Kalksteinmehl, Feinheit 3 1,44 10,24

1,0 5:50 15:20

REA-Gips, ungemahlen 0,08 0,25 0,1 5:20 15:05

REA-Gips, Feinheit 3 0,97 6,87 0,1 1:30 5:15

Referenz (Stuckgips ohne Zusätze) 5:25 15:55

Aus den Versteifungsversuchen geht deutlich hervor: Kalksteinmehl kann auch nach vorheriger Feinstzerkleinerung und bei hoher Zugabemenge das Versteifen des Stuckgip-ses nicht wesentlich beschleunigen. Auch ungemahlener REA-Gips beeinflusst den Abbindeverlauf des Stuckgipses kaum. Erst nach der Feinstmahlung erwiesen sich bereits geringste Gipszugabemengen als hochgradig abbindebeschleunigend.

Es konnte bereits nachgewiesen werden, dass die Impfkristallwirkung von fein gemahle-nem Gips erheblich stärkeren Einfluss auf den Abbindeverlauf von Stuckgips hat, als

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Feststoffe, die bekanntermaßen lediglich auf Grundlage der heterogenen Kristallkeimbil-dung wirksam werden können. Im Laborversuch sollte sich ferner zeigen, wie die Wirkung des Gipszusatzes gegenüber der von Kaliumsulfat einzuordnen ist. Wie in Abschnitt 2.3.1 erläutert wurde, ist Kaliumsulfat neben Gips als hochwirksamer Zusatz für Calciumsulfat-bindemittel bekannt und wird häufig angewandt.

Durch differentialkalorimetrische Untersuchungen werden die unterschiedlichen Wirkun-gen beider Beschleuniger deutlich (siehe Abbildung 4-4). Um den (verglichen mit Gips) geringeren Einfluss des Kaliumsulfates deutlich aufzeigen zu können, wurde die Zugabe-menge an Kaliumsulfat gegenüber der von hochfein aufgemahlenem Gips verdoppelt.

0

50

100

150

200

250

300

0:00 0:15 0:30 0:45 1:00 1:15 1:30Zeit [min]

Wär

mer

ate

[J/g

h]

+ 0,1 % Gips+ 0,2 % K2SO4Referenz

0 15 30 45 60 75 90

Q1,5h [J/g]104107104

Abbildung 4-4: Einfluss ausgewählter Zusätze auf den zeitlichen Verlauf der Wärmerate

bei der Hydratation von Stuckgips (l/s = 1; Gips: REA-Gips, Feinheit 3)

Der Verlauf der Wärmerate bei der Hydratation des Stuckgipses zeigt an, dass es bei Zugabe von Kaliumsulfat zu einer Hydratationsbeschleunigung in Form einer Steigerung der Intensität des Umsatzes von Halbhydrat zu Dihydrat kommt. Die Gesamtwärmemenge wird zudem leicht erhöht. In Anwesenheit von fein gemahlenem Gips hingegen ver-schiebt sich das Maximum der hydratationsbedingten Wärmefreisetzung deutlich zu früheren Zeiten hin. Die Intensität der Hydratation hingegen wird nicht wesentlich beeinflusst.

Abbildung 4-5: Prinzipieller Verlauf der Verlagerung des Maximums der Hydratation von Stuckgips bei Anwesenheit von Gips (links) und Kaliumsulfat (rechts)

+ Gips + K2SO4

Hydratationsdauer [min]

+ 0,1 % Gips + 0,2 % K2SO4 Referenz

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Die erhöhte Reaktionsintensität bei Zugabe von Kaliumsulfat wirkt sich jedoch nur leicht beschleunigend auf das Versteifen des Stuckgipses aus. Der Effekt wird insbe-sondere am Versteifungsende deutlich (siehe Tabelle 4-2). Die durch fein gemahlenen Gips hervorgerufene Verschiebung des Maximums der Wärmerate zu früheren Zeiten hin wird begleitet von wesentlich früheren Versteifungszeiten des Stuckgipses.

Tabelle 4-2: Änderung der Versteifungszeiten einer abbindenden Stuckgipsmischung bei Zugabe ausgewählter Stoffe (l/s = 0,6)

Versteifungsbeginn [min:s]

Versteifungsende [min:s]

+ 0,2 % K2SO4 04:05 11:30

+ 0,1 % Gips (Feinheit 2) 02:10 07:30

Referenz (Stuckgips ohne Zusätze) 05:30 16:35

Noch deutlicher lassen sich die Einflüsse der Beschleuniger auf das Versteifen und Erhärten mittels Ultraschalllaufzeitmessung (siehe Abbildung 4-6) aufzeigen.

0

250

500

750

1000

1250

1500

1750

2000

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30

Zeit [min]

Scha

llges

chw

indi

gkei

t [m

/s]

Abbildung 4-6: Verlauf von Versteifen und Erhärten von Stuckgips unter dem Einfluss ausgewähl-

ter Zusätze (l/s = 0,6)

Die Schallgeschwindigkeit der Stuckgipspaste beginnt in Anwesenheit von fein gemahle-nem Gips wesentlich früher stark anzusteigen, als bei der Referenzmischung oder bei Kaliumsulfat-Zugabe. Etwa ab dem Versteifungsende (Daumendruck-Methode) verläuft der Anstieg der Schallgeschwindigkeit dann deutlich verlangsamt. Dieser „Knick“ im Kurvenverlauf fällt bei Zugabe von Kaliumsulfat wesentlich schwächer aus. Gegen Ende des Versteifens läuft die weitere Erhärtung der Matrix in Anwesenheit von Kaliumsulfat beschleunigt ab. Dies könnte eine Auswirkung der (in Abschnitt 2.3 beschriebenen) erhöhten Übersättigung in Anwesenheit von Kaliumsulfat sein. Die Übersättigung ist bekanntlich der „Motor“ für die Hydratation. Der Effekt nimmt im Verlaufe der Reaktion

Referenz+0,2% K2SO4

+0,1% Gips

VB

VE

Hydratationsdauer [min]

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zu, weil vom abnehmenden Resthalbhydrat die hohe Übersättigung nicht aufrechterhalten werden kann. Der in Abbildung 4-6 durchgeführte Vergleich zwischen den Versteifungs-zeiten nach Messerschnitt- und Daumendruck-Methode mit dem Ultraschall-Verfahren macht einen weiteren Zusammenhang deutlich: Während den Versteifungszeiten des Stuckgipses ohne Zusatz sowie bei Beschleunigung mit Gips eine charakteristische Schallgeschwindigkeit zugeordnet werden kann (hier: VB: 200 m/s; VE: 1.400 m/s), weicht diese in Anwesenheit von Kaliumsulfat deutlich ab. Als Ursache hierfür kommt die Beeinflussung der Morphologie der Gipskristalle durch Kaliumsulfat in Betracht, was sich erwartungsgemäß unterschiedlich auf die verschiedenen Messverfahren auswirkt.

Auch vergleichende Untersuchungen des Hydratationsprozesses verschiedener Stuckgipse (MÜLLER & FISCHER 2005b) mittels Differentialkalorimetrie und dem Ultraschall-Verfahren zeigten, dass kein allgemeingültiger Zusammenhang zwischen dem Grad des Versteifens und dem Hydratationsgrad besteht. Auch den bekannten Kenngrößen Verstei-fungsbeginn (Messerschnitt-Methode) und Versteifungsende (Daumendruck-Methode) konnte über die Schallgeschwindigkeit kein Bezugswert für Stuckgipse allgemein zuge-ordnet werden. Vielmehr ergibt sich für jeden Stuckgips in Abhängigkeit von dessen Ausgangsmaterial (insbesondere der Partikelgrößenverteilung) sowie des angewendeten Calcinierverfahrens ein charakteristischer Verlauf der Schallgeschwindigkeit.

4.1.3 Funktionsweise des Abbindebeschleunigers auf Dihydratbasis Im direkten Vergleich zu alternativen Zusätzen wurde im vorangegangenen Abschnitt bereits die Wirkung von fein gemahlenem Gips auf Hydratation, Versteifen und Erhärtung des Calciumsulfatbindemittels ersichtlich. Um die Funktionsweise des Abbindebeschleuni-gers auf Dihydratbasis aufzuzeigen, wurden in einer weiteren Versuchsreihe verschiedene Untersuchungsmethoden zur Beurteilung der chemischen und physikalischen Vorgänge beim Abbinden von Stuckgips miteinander verglichen (siehe Abbildung 4-7).

Die direkte Gegenüberstellung des Verlaufes von Hydratation (Hydratationsgrad über Kristallwasserbestimmung nach Abstoppen mit Isopropanol, Wärmemenge anhand DCA bestimmt) und Verfestigung (Schallgeschwindigkeit der Ultraschall-Untersuchung, Versteifungszeiten) ist anhand der gewählten Untersuchungsmethoden (mit geringen Einschränkungen) möglich: Mit Ausnahme der Differentialkalorimetrie war das Was-ser/Bindemittel-Verhältnis mit 0,6 (DCA: 1,0) und das Mischregime (15 s Einstreuen, 15 s Sumpfen, 15 s Mischen im Labormischer mit 800 min-1; DCA: 15 s Einstreuen, 15 s Handmischen) konstant. Ein quantitativer Vergleich der Verfahren untereinander ist somit möglich. Demgegenüber wird die Reaktionskinetik bei den Leitfähigkeitsmessungen vom verfahrensbedingt stark abweichenden Wasser/Bindemittel-Verhältnis von 20 und der Magnetrührung wesentlich beeinflusst.

Es wird deutlich, dass durch Zugabe von fein gemahlenem Gips sowohl der Verlauf der Hydratation als auch der des Versteifens und Erhärtens von Stuckgips zu früheren Zeiten hin verschoben werden.

Neben dem Nachweis des Beschleunigereinflusses gibt die Gegenüberstellung der Messverfahren zu erkennen, dass das Versteifen bereits bei einem Hydratationsgrad unterhalb von 0,2 abgeschlossen ist. Die differentialkalorimetrisch ermittelte Wärmemenge steigt gegenüber dem durch Abstoppen der Reaktion ermittelten Hydratationsgrad mit

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deutlicher Verzögerung an, was vorrangig auf verfahrensbedingte Besonderheiten (siehe Abschnitt 3.2.1) zurückzuführen ist.

Abbildung 4-7: Einfluss von fein gemahlenem Gips auf den Abbindeverlauf von Stuckgips -

Vergleich von Hydratationsgrad, Wärmemenge und Schallgeschwindigkeit (vgl. Versteifungszeiten (VB/VE) mit Beschleuniger: 1:50/5:15; Ref.: 4:30/12:35)

Im Rasterelektronenmikroskop soll die Impfkristallwirkung von Dihydrat aufgezeigt werden. Hierfür wurden Dihydratpartikel eine bestimmte Zeit mit übersättigter Calcium-sulfatlösung beaufschlagt. Anschließend wurde die Partikeloberfläche auf Dihydratneubil-dungen untersucht. Von besonderem Interesse war in diesem Zusammenhang, inwiefern sich die Neubildungen durch Kristallimpfung von denen unterscheiden, die durch hetero-gene Keimbildung entstanden sind. Voruntersuchungen ergaben, dass sich an Proben aus abgestoppter Bindemittelpaste die Kristallisationszentren nicht eindeutig zuordnen lassen. Zudem war es nicht realisierbar, diese bei Zugabe von hochfein aufgemahlenem Gips aufzuzeigen. Als geeignete Probenpräparation erwies sich hingegen folgende Vorgehens-weise: Durch Einstreuen von 5 g Stuckgips in 100 ml deionisiertes Wasser wurde eine bezüglich Dihydrat deutlich übersättigte Calciumsulfatlösung hergestellt. Circa 30 Sekun-den nach dem Anmischen ist eine frisch gebrochene Marienglas-Probe (CaSO4 · 2 H2O) in die Suspension eingetaucht worden. Zu Beginn und gegen Ende der dormanten Periode (Zeitpunkte über Leitfähigkeitsmessung ermittelt, siehe Abbildung 4-41 - „ohne Rührer“) nach 2 bzw. 20 Minuten wurde das Bruchstück entnommen, kurz in deionisiertem Wasser gespült und zügig getrocknet. Die Suspension ist während des Versuches nicht gerührt worden, um mögliche Einflüsse der sekundären Kristallkeimbildung weitgehend zu unterbinden. Die gleiche Vorgehensweise wurde an einer Referenzprobe aus reinem, gut auskristallisiertem Quarz (Bergkristall-Bruchstück) vollzogen.

Die Ergebnisse der ESEM-Untersuchungen sind in den Abbildungen 4-8 bis 4-11 ersicht-lich. Nach 2-minütiger Lagerung in der Calciumsulfatlösung (ohne Abbildung) lagen auf der Marienglas-Bruchfläche noch keine Hydratationsprodukte vor. An Versetzungen und Korngrenzen der frischen Bruchflächen waren lediglich Anlösungserscheinungen sichtbar.

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Nach 20 Minuten in der Calciumsulfatlösung hatten sich an Marienglas-Kanten Kristall-haufen gebildet. Die Morphologie dieser für Störstellen (wie Rissen oder Kanten) typi-schen Erscheinungen variierte dabei stark. Es traten stäbchenförmige, plattige und schwalbenschwanzförmige Kristalle vereinzelt oder in Kristallbüscheln auf. Letztgenannte Erscheinungen geben einen Hinweis darauf, dass auf der Dihydratoberfläche offenbar feinste Teilchen vorlagen, die ein Haufwerk vieler Kristallkeime darstellten bzw. an denen sich selbiges entwickeln konnte. Als Ursprung sind die beim Bruch des Kristalls entstandenen feinsten Gipspartikel denkbar, deren Größe vermutlich im Bereich weniger Nanometer liegt.

Gleichzeitig sind an Stufen bzw. sichtbaren Störstellen der Marienglas-Oberfläche beim Kontakt mit übersättigter Calciumsulfatlösung nadelförmige Gipskristalle gerichtet (d.h. an der bestehenden Marienglas-Kristallstruktur orientiert) aufge-wachsen. Damit wird visuell der Beweis erbracht, dass auf der Oberfläche von Gipspartikeln ein sofortiges Kristallwachstum (ohne vorherige Keimbildung) erfolgen kann. Diese sog. Impfkristallwirkung beginnt innerhalb weniger Sekunden nach dem Einstreuen von Stuckgips in Wasser, sobald die Lösung an Calcium- und Sulfationen bezüglich Dihydrat übersättigt ist. Demzufolge bestimmt die Oberfläche der Gipspartikel die Hydratationsgeschwindigkeit des zu beschleunigenden Stuckgip-ses. Dieser Effekt stellt eine wesentliche Grundlage der Abbindebeschleunigung bei Anwesenheit von Impfkristallen dar.

Gegenüber den beschriebenen Erscheinungen auf der Marienglas-Oberfläche lagen nach 20 Minuten in der Calciumsulfatlösung auf der Bergkristall-Oberfläche deutlich weniger Kristallneubildungen vor. Ein Verbund der Neubildungen zur Bergkristall-Oberfläche ist nicht zu erkennen. Vielmehr scheint das Aufliegen der Kristalle eher zufällig zu sein. Bei der gewählten Probenpräparation ist nicht vollständig auszuschließen, dass diese nachträg-lich infolge Verdunstung entstanden sind. Die vorgefundene Gipskristallmorphologie variierte ebenso wie die der Neubildungen auf der Marienglas-Oberfläche.

Abbildung 4-8: Gipsneubildungen auf Marien-glas-Bruchfläche (500-fache Vergrößerung im ESEM)

Abbildung 4-9: Gipsneubildungen auf Marien-glas-Bruchfläche (2.000-fache Vergrößerung im ESEM)

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Abbildung 4-10: Gipsneubildungen auf Berg-kristall-Bruchfläche (500-fache Vergrößerung im ESEM)

Abbildung 4-11: Gipsneubildungen auf Berg-kristall-Bruchfläche (2.000-fache Vergrößerung im ESEM)

Die ESEM-Untersuchungen zur Hydratation von Stuckgips in Anwesenheit frischer Gips- und Quarz-Bruchflächen haben die Impfkristallwirkung deutlich aufgezeigt. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass in erster Linie kristallographische Störstellen auf der Oberfläche von Gipspartikeln sowie hochfeine Gipsteilchen als Kristallisationszent-ren dienen und damit wesentlich zur Abbindebeschleunigung von Stuckgips beitra-gen.

4.1.4 Vergleich ausgewählter Varianten zur Erzeugung eines hochwirksamen Abbindebeschleunigers auf Basis von Calciumsulfatdihydrat

Die vorangestellten Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass eine gezielte Erzeugung hochfeiner Gipspartikel einen wirksamen Abbindebeschleuniger für Stuckgips hervor-bringt. Es ist anzunehmen, dass dieser Forderung neben der Feinstmahlung von Gips auch die gezielte Kristallzüchtung auf Grundlage der Hydratation von Stuckgips gerecht wird. Wie hinlänglich bekannt ist, wirkt Dihydrat, welches im Bindemittelbrei bei der Hydratati-on von Stuckgips entsteht, ebenfalls beschleunigend (Bsp. „verunreinigte“ Mischgefäße).

Aus Abschnitt 4.1.1 geht hervor, dass in den ersten Minuten der Hydratation von Stuckgips zunächst bevorzugt die Kristallkeimbildung stattfindet. Nach der Bildung der primären Hydrate kommt es anschließend zu einem beschleunigten Kristallwachstum, welches zunehmend vom Nachlösen des Stuckgipses zeitlich beschränkt wird. Zur Beschleunigung des Abbindens wäre es vor diesem Hintergrund denkbar, einen Teil des Stuckgipses zur „Produktion“ von Kristallkeimen separat anzumischen und nach einer gewissen Hydratati-onszeit dem zu beschleunigenden Stuckgipsbrei unterzumischen.

Im Laborversuch wurde ein Teil des Stuckgipses zu ausgewählten Zeitpunkten (1, 3, 5 und 10 Minuten) vor dem Start des eigentlichen Mischregimes bereits separat angemischt. Unmittelbar vor dem Einstreuen des zu beschleunigenden Stuckgipses wurden 10 g dieses noch plastischen Stuckgips-Gips-Gemisches (entspricht 10 %, bezogen auf den zu beschleunigenden Stuckgips) dem Wasser zugegeben. Anschließend wurden die Verstei-fungszeiten der Mischungen bestimmt (siehe Abbildung 4-12).

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5:15 4:554:05

3:051:45

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12:00

10:05

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14:55

0

2

4

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8

10

12

14

16

Referenz(ohne Zusatz)

1 3 5 10

Alter des zugegebenen Bindemittelbreies [min]

Zei

t [m

in]

VersteifungsbeginnVersteifungsende

Abbildung 4-12: Versteifungszeiten von Stuckgips bei Zugabe von 10 % bereits teilhydratisiertem

Stuckgips (als Bindemittelbrei) unterschiedlichen Alters (l/s = 0,6)

Mit steigendem Alter des separat angemischten Bindemittelbreies (und damit steigendem Hydratationsgrad) nimmt bekanntlich der Anteil an gebildetem Dihydrat zu. Damit erhöht sich die abbindebeschleunigende Wirksamkeit dieses Bindemittel-breies, wenn er anteilig dem zu beschleunigenden Stuckgips-Wasser-Gemisch zugegeben wird. Hervorzuheben ist die (entsprechend des experimentell bestimmten Hydratationsgrades von Stuckgips, vgl. Abbildung 4-23) äußerst geringe effektive Dihydratzugabemenge im Zusatz: Nach 1 und 3 Minuten beträgt diese ≈ 0,0 %, nach 5 Minuten ≈ 0,1 % und nach 10 Minuten ≈ 1 %. Trotz des geringen Masseumsatzes im Untersuchungsbereich wird mit steigendem Alter des zugegebenen Bindemittelbreies offenbar eine große Anzahl an Kristallisationszentren geschaffen. Bei Zugabe von 10 % des vorgelagerten Bindemittelbreies können die Versteifungszeiten von Stuckgips deutlich verkürzt werden (Bsp. Versteifungsende bei 10-minütiger Vorlagerung von ca. 15 auf unter 6 Minuten verschoben). Die abbindebeschleunigende Wirkung steigt mit zunehmen-dem Alter des Zusatzes. Für eine Homogenisierung von Zusatz und zu beschleunigender Mischung ist eine breiige Konsistenz der Mischungsbestandteile erforderlich. Der Di-hydratanteil des Zusatzes und damit dessen Wirkung als Abbindebeschleuniger wird demnach durch das voranschreitende Versteifen begrenzt. Der untersuchte Stuckgips ließ sich nach mehr als 10 Minuten nicht mehr homogenisieren. Es ist davon auszugehen, dass der aufgrund des höheren Hydratationsgrades größere Dihydratanteil verstärkt abbinde-beschleunigend wirksam wäre.

Im Hinblick auf die technische Anwendbarkeit der Methode muss vor dem Hinter-grund der geschilderten Verarbeitungsprobleme Abstand genommen werden.

Ver

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fung

szei

t [m

in]

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In einer weiteren Versuchsreihe sind hochfeine Dihydratpartikel mittels Magnetrührer bei l/s = 50 gezüchtet und auf deren abbindebeschleunigende Wirksamkeit untersucht worden. Hierfür wurden 20 g Stuckgips in einen Liter deionisiertes Wasser eingestreut und eine Stunde mittels Magnetrührer gerührt, sodass alle Feststoffpartikel im Wasser fein verteilt blieben und sich nicht absetzen konnten. Anschließend wurde die Gipssuspension filtriert und der Filterrückstand bei 40 °C getrocknet.

Zur Bewertung der abbindebeschleunigenden Wirksamkeit der durch vollständige Hydrata-tion von Stuckgips entstandenen hochfeinen Gipspartikel wurde diese mit der von fein gemahlenem REA-Gips (Feinheit 1) verglichen.

Tabelle 4-3: Änderung der Versteifungszeiten einer abbindenden Stuckgipsmischung bei Zugabe von unter Rühren bei l/s = 50 vollständig hydratisiertem Stuckgips sowie von fein auf-gemahlenem REA-Gips (l/s = 0,6; Gipzugabemenge: 0,1 %)

Spez. Oberfläche [m²/g] nach

Partikelgröße bei 50 V.-%

Durchgang x50

Verst.-beginn

Verst.-ende

Blaine BET [µm] [min:s] [min:s]

Gips (unter Rühren vollständig hydratisierter Stuckgips) 1,18 2,18 14,6 3:50 12:20

REA-Gips, Feinheit 1 0,35 1,63 25,9 2:40 8:30

Referenz (Stuckgips ohne Zusätze) 5:45 16:40

Mit der spezifischen Oberfläche (nach Blaine und BET) wurden Parameter der Gipse bestimmt, die als „Durchschnittskenngrößen“ die gesamte Probe charakterisieren. Die spezifische Oberfläche von unter Rühren vollständig hydratisiertem Stuckgips liegt deutlich über der des fein aufgemahlenen Gipses. Auch die massebezogene Partikelgrö-ßenverteilung beider Proben (siehe Abbildung A-3) deutet auf eine höhere Feinheit der mittels Magnetrührer erzeugten Gipskristalle hin.

Das Abbinden von Stuckgips kann jedoch bei Zugabe der gezüchteten hochfeinen Di-hydratpartikel deutlich schwächer beschleunigt werden als in Anwesenheit des fein aufgemahlenen Gipses. Dies deutet darauf hin, dass die spezifischen Oberflächen-Kennwerte (nach Blaine bzw. BET) allein unzureichend sind, um einen hochwirksa-men Abbindebeschleuniger auf Dihydratbasis eindeutig zu identifizieren.

Einen Hinweis auf die Ursache der erhöhten abbindebeschleunigenden Wirksamkeit des fein aufgemahlenen Gipses liefert der Vergleich der Partikelgrößenverteilungen. Volu-men- bzw. massebezogen ergibt sich bei der Feinstmahlung eine extrem breite Korngrößenverteilung, wobei Partikel im Mikrometerbereich dominieren (siehe Abbildung A-3). Anzahlmäßig und oberflächenbezogen überwiegen allerdings die Teilchen im Nanometerbereich (siehe Abbildung 4-13). Gegenüber dem unter Rühren vollständig hydratisierten Stuckgips werden durch den Mahlvorgang offenbar noch feinere Partikel (im Bereich < 200 nm) erzeugt.

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0

2

4

6

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0,01 0,1 1 10 100 1000Partikelgröße [µm]

Ant

eile

in d

en P

artik

elkl

asse

n

[Anz

ahl-%

]

unter Rühren hydratisierter StuckgipsREA-Gips, ungemahlenREA-Gips, Feinheit 1

Abbildung 4-13: Partikelgrößenverteilung (in Anzahl-%) von unter Rühren bei l/s = 50 vollständig

hydratisiertem Stuckgips im Vergleich zu ungemahlenem und fein aufgemahlenem REA-Gips

Noch deutlicher werden die granulometrischen Unterschiede beider Proben unter Zuhilfe-nahme des Rasterelektronenmikroskopes.

Abbildung 4-14: Gips, der durch vollständige Hydratation von Stuckgips (unter Rühren bei l/s = 50) entstanden ist (1.000-fache Vergrößerung im SEM)

Abbildung 4-15: Fein aufgemahlener REA-Gips, Feinheit 1 (1.000-fache Vergrößerung im SEM)

Bei den speziell gezüchteten Gipspartikeln (siehe Abbildung 4-14) handelt es sich um gut ausgebildete sowohl stäbchenförmige als auch plattige Kristalle. Im fein aufgemahlenen REA-Gips (siehe Abbildung 4-15), dessen Partikelkanten durch den Mahlvorgang

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abgerundet erscheinen, sind deutlich feinere Partikel erkennbar, die zum Teil an gröberen anhaften. Die Agglomerationen werden bekanntlich bei der Lasergranulometrie unter den gewählten Messbedingungen (ohne Dispergierung) nicht oder nur unvollständig erfasst. Auf Grundlage der rasterelektronenmikroskopischen Untersuchungen kann ge-schlussfolgert werden, dass durch die Zerkleinerung eine hohe Anzahl an Feinstpar-tikeln im Nanometerbereich entsteht, die neben den bei der Mahlung hervorgerufe-nen Kristallgitterstörungen als Ursache für die hohe abbindebeschleunigende Wirksamkeit angesehen werden kann.

Die bei geringer Übersättigung durch vollständige Hydratation von Stuckgips entstandenen Gipskristalle sind überwiegend größer als 100 nm. Sie haben als Stuckgipszusatz nur einen geringen Einfluss auf den Abbindeverlauf. Damit wird bestätigt, dass es für die Herstellung eines hocheffektiven Abbindebeschleunigers der bei der Mahlung erzeugten hochfeinen (< 100 nm) sowie gittergestörten Gipspartikel bedarf.

In experimentellen Untersuchungen konnte am F. A. Finger-Institut für Baustoffkunde (FISCHER ET AL. 2006) nachgewiesen werden, dass auch die bei der Alterung von Calcium-sulfatbindemitteln beobachteten Dihydratneubildungen nicht zur spürbaren Beschleuni-gung der Hydratation führen.

Um einen effektiven Abbindebeschleuniger auf Basis von Calciumsulfatdihydrat herzustel-len, bedarf es demnach einer „mechanischen Aktivierung“ in Form der Erzeugung vieler hochfeiner bzw. gittergestörter Partikel durch eine Zerkleinerung des Gipses.

4.2 Einflüsse auf die abbindebeschleunigende Wirksamkeit von hochfein aufgemahlenem Gips

4.2.1 Intensität der Mahlbeanspruchung Es ist bekannt, dass im Ergebnis der Mahlung eine Änderung der Partikelgrößenverteilung bzw. der spezifischen Oberfläche erfolgt, sowie Gitterstörungen hervorgerufen werden. Inwiefern sich dies auf den abbindebeschleunigenden Effekt des Gipses auswirkt, soll nachfolgend aufgezeigt werden.

Durch Variation von Mahldauer und Rotationsgeschwindigkeit der Labor-Scheiben-schwingmühle konnten 3 verschiedene Mahlfeinheiten von REA-Gips erzeugt werden (siehe Abschnitt 3.3.2).

Beim Mahlvorgang erwärmte sich das Probematerial. Die im Haufwerk gemessene Temperatur betrug maximal 40 °C. Um eine mögliche Entwässerung des Dihydrates aufzuzeigen, wurden die Kristallwasseranteile des Mahlprodukts bestimmt. Zur Charakte-risierung der Mahlprodukte wurden zunächst die spezifischen Oberflächen nach Blaine und BET (Tabelle 4-4) sowie die Partikelgrößenverteilungen mittels Lasergranulometrie (Abbildung 4-16) ermittelt.

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Tabelle 4-4: Änderung der Versteifungszeiten einer abbindenden Stuckgipsmischung bei Zugabe der mit verschiedener Beanspruchungsintensität hochfein aufgemahlenen Gipse (l/s = 0,6; Zugabemenge: 0,1 % bezogen auf den Stuckgips)

Kristall-wasser

Spez. Oberfläche [m²/g] nach

Partikelgröße bei 50 V.-%

Durchgang x50

Verst.-beginn

Verst.-ende

[%] Blaine BET [µm] [min:s] [min:s]

REA-Gips ungemahlen 19,9 0,08 0,25 56,4 5:25 15:05

REA-Gips Feinheit 1 19,8 0,35 1,63 25,9 2:40 8:30

REA-Gips Feinheit 2 19,8 0,55 2,77 22,3 2:10 7:05

REA-Gips Feinheit 3 19,6 0,97 6,87 34,7 1:30 5:15

Referenz (Stuckgips ohne Zusätze) 5:45 16:40

0

2

4

6

8

0,1 1 10 100 1000Partikelgröße [µm]

Ant

eile

in d

en P

artik

elkl

asse

n [V

olum

en-%

]

ungemahlenFeinheit 1Feinheit 2Feinheit 3

Abbildung 4-16: Partikelgrößenverteilung (in Volumen-%) von REA-Gips verschiedener Mahl-

feinheiten

Anhand des am Mahlprodukt ermittelten Kristallwasseranteils lässt sich eine geringfügige Entwässerung des Dihydrates bei erhöhter Mahlintensität nachweisen. Welche Auswirkung der damit verringerte Dihydratanteil im Beschleuniger auf dessen Wirksamkeit hat, ist im Abschnitt 4.2.2 näher erläutert.

Mit zunehmender mechanischer Beanspruchung des Gipses bei dessen Feinstmahlung steigt die Aktivität des Mahlgutes und damit dessen abbindebeschleunigende Wirksamkeit (siehe Tabelle 4-4). Während ungemahlener Gips die Versteifungszeiten nur gering verkürzt, setzt das Versteifen in Anwesenheit des Gipses mit der höchsten Mahlfeinheit bereits spürbar während des Mischvorganges innerhalb der ersten Minute ein.

Die Untersuchungen belegen, dass mit Erhöhung der Beanspruchungsintensität die

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spezifische Oberfläche (nach Blaine und BET) des Mahlproduktes ansteigt. Die Partikel-größe (bei 50 V.-% Durchgang) nimmt mit steigender Mahlenergie zunächst erwartungs-gemäß (bis Feinheit 2) ab. Bei weiter steigender Mahlintensität lässt das Ergebnis der Partikelgrößenanalyse eine Vergröberung des Mahlproduktes erkennen. Dieses Ergebnis kann nur damit erklärt werden, dass es mit Zunahme der Mahlenergie vermehrt zu Agglomerationen kommt. Die massebezogene Partikelgrößenverteilung (siehe Abbildung 4-16) belegt, dass es bei der höchsten Mahlintensität (Feinheit 3) vermehrt zur Ausbildung von Partikeln im Bereich größer 100 µm kommt. Auch anhand der Partikelanzahlvertei-lung (dargestellt in Abbildung A-4) wird die Agglomerationsneigung mit steigender Mahlintensität deutlich. Mit zunehmender Dauer der Mahlbeanspruchung haften insbesondere die erzeugten hochfeinen Partikel im Nanometerbereich an gröberen und können durch die Lasergranulometrie nicht mehr separat erfasst werden.

Es zeigt sich, dass es sich bei Gips um einen Stoff handelt, der über ein Maximum der Entfaltung der Partikelfeinheit verfügt. Dies bedeutet, dass während des Mahlvorganges bereits entstandene Partikel mit höherer Rate wieder abgebaut, als neue gebildet werden. Es ist anzunehmen, dass die (gegebenenfalls nur oberflächlichen) Gitterstörungen des Mahlgutes eine erhöhte Agglomerationstendenz auslösen kann und so im Verlaufe der Mahlung zu einer scheinbaren Partikelvergröberung führt.

Abbildung 4-17: REA-Gips ungemahlen (1.000-fache Vergrößerung im SEM)

Abbildung 4-18: REA-Gips der Feinheit 3 (1.000-fache Vergrößerung im SEM)

Unter dem Rasterelektronenmikroskop werden die Agglomerate sichtbar: Feinste Partikel, deren Durchmesser im Nanometer- bis unteren Mikrometerbereich liegt, haben sich miteinander zu Partikelhaufen verbunden oder haften an der Oberfläche gröberer Partikel (siehe Abbildung 4-18).

Als ein weiteres quantitatives Maß für den Mahleffekt wurde die aus Benetzung (+), Zerfall (+) und Lösung (-) des Dihydrates in Wasser resultierende Wärmemenge herange-zogen. Es ist bekannt, dass auch Stoffe, die sich normalerweise unter Temperaturerniedri-gung in Wasser lösen, durch die Feinstzerkleinerung soviel Energie aufnehmen, dass dann der Lösevorgang exotherm verläuft (DIALER ET AL. 1973). Dieser Zusammenhang ist auch für die Feinstmahlung von Gips zutreffend (Abbildung 4-19).

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0

5

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35

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0 10 20 30 40 50 0Zeit [min]

Wär

mer

ate

[J/g

h]Feinheit 3Feinheit 2Feinheit 1ungemahlen

Q1h [J/g]5,92,92,01,5

Abbildung 4-19: Einfluss der Gipsfeinheit auf den zeitlichen Verlauf der Wärmefreisetzung beim

Einstreuen von Gips in Wasser (l/s = 20; Gips: REA-Gips)

Bei der Mahlung wird neben den veränderten granulometrischen Kenngrößen auch die Kristallstruktur des Feststoffes beeinflusst. Die Anzahl und Dichte von Gitterfehlern, insbesondere von Versetzungen, wird erhöht. Die kristallographischen Veränderungen konnten mittels röntgendiffraktometrischer Untersuchungen nachgewiesen werden. Hierfür wurde einerseits der in der Scheibenschwingmühle auf Feinheit 3 hochfein aufgemahlene REA-Gips (BET: 6,9 m²/g) sowie das im Handmörser behutsam aufbereitete Aufgabemate-rial (BET: 1,4 m²/g) analysiert. Die Untersuchungen ergeben mit erhöhter Beanspru-chungsintensität die Tendenz zur Amorphisierung, indem die Interferenzmaxima zuneh-mend an Intensität verlieren. Im Ergebnis der Rietveld-Verfeinerung zeigte sich, dass durch die Feinstmahlung in der Scheibenschwingmühle die mittlere Kristallitgröße (90 nm gegenüber 230 nm nach Mörsern) erheblich reduziert und die Gitterdehnungen (micro strain: 0,55 % gegenüber 0,19 % nach Mörsern) deutlich erhöht werden. Oberflächliche Gitterstörungen des Mahlgutes können bekanntlich eine erhöhte Agglomerationstendenz auslösen und so im Verlaufe der Mahlung zur geschilderten scheinbaren Partikelvergröbe-rung führen.

In der durchgeführten Versuchsreihe stieg mit Zunahme der Beanspruchungsintensität die spezifische Oberfläche stets an. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Oberflächenentfaltung, ähnlich wie auch die Partikelfeinheit, über ein Maximum verfügt, also ab einer bestimmten Mahlintensität wieder eine Oberflächenvergröberung einsetzt. Für die Zunahme an Veränderungen des Kristallgitters wird es mit dem Erreichen des amorphen Zustandes eine obere Grenze geben. Denkbar ist auch ein stationärer Zustand mit gleicher Entstehungs- wie Ausheilrate von Gefügeänderungen. Bei den vorliegenden Untersuchungsbedingungen wurde diese Grenze jedoch nicht erreicht.

Die anhand der Versteifungszeiten (siehe Tabelle 4-4) bereits angedeuteten Auswirkungen der Feinstmahlung von Gips mit unterschiedlicher Beanspruchungsintensität auf die

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60

Beschleunigungswirkung beim Abbinden von Stuckgips sollen nachfolgend näher betrachtet werden. Anhand von Ultraschall-Untersuchungen können weitere Aussagen zur Beeinflussung des Versteifens und der Erhärtung des Stuckgipses getroffen werden.

0

400

800

1200

1600

2000

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20Zeit [min]

Scha

llges

chw

indi

gkei

t [m

/s]

Abbildung 4-20: Einfluss der Mahlfeinheit von Gips auf den zeitlichen Verlauf der Schall-

geschwindigkeit beim Abbinden von Stuckgips (l/s = 0,6; Gips: REA-Gips, Zugabemenge: 0,1 %) und Vergleich mit den anhand von Messerschnitt- und Daumendruck-Methode bestimmten Versteifungszeiten des Stuckgipses

Die Verschiebung des Kurvenverlaufes der Schallgeschwindigkeit zu früheren Zeiten hin gibt einen Hinweis darauf, dass mit steigender Mahlintensität die Impfkristallwirkung des Gipses verbessert wird. Je früher Schallgeschwindigkeiten detektiert werden können, desto steiler ist der weitere Anstieg der Kurve im Zeitraum des Versteifens des Stuckgipses. Die Verfestigung der Bindemittelmatrix setzt mit erhöhter Mahlintensität des Gipszusat-zes demnach nicht nur früher ein, sondern findet auch im weiteren Verlauf mit erhöhter Intensität statt. Dies ist damit zu erklären, dass durch das Vorhandensein einer größeren Anzahl von Kristallisationszentren selbst bei konstanter Wachstums-geschwindigkeit aufgrund des geringeren mittleren Abstandes der Gipskristalle untereinander ein beschleunigtes kraftschlüssiges Vernetzen der nadelförmigen Hydratationsprodukte zu erwarten ist. Hinzu kommt, dass durch den hydratationsbe-dingten frühen Entzug von flüssigem Wasser das Versteifen der Matrix begünstigt wird.

Um der Ursache der geschilderten physikalischen Auswirkungen der Beschleuniger-Zugabe nachzugehen, müssen die chemischen Vorgänge beim Abbinden von Stuckgips näher betrachtet werden. Auf Grundlage von Untersuchungen zum Verlauf der elektrischen Leitfähigkeit (Abbildung 4-21), der Wärmerate (Abbildung 4-22) sowie des Hydratati-onsgrades (Abbildung 4-23) kann der gewünschte Zusammenhang hergestellt werden.

+ Gips, Feinheit 3

+ Gips, Feinheit 2

Referenz

Versteifungsbeginn Versteifungsende

Hydratationsdauer [min]

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0

1

2

3

4

5

6

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0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20Zeit [min]

Ele

ktri

sche

Lei

tfähi

gkei

t [m

S/cm

]

Abbildung 4-21: Einfluss der Mahlfeinheit von Gips auf den zeitlichen Verlauf der elektrischen

Leitfähigkeit bei der Hydratation von Stuckgips (l/s = 20; Gips: REA-Gips, Zugabemenge: 0,1 %)

0

40

80

120

160

200

1 1 1 1 1 1 1Hydratationsdauer [min]

Wär

mer

ate

[J/g

h]

+ Gips, Feinheit 3+ Gips, Feinheit 1Referenz

Q2h [J/g]979897

0 20 40 60 80 100 120

Abbildung 4-22: Einfluss der Mahlfeinheit von Gips auf den zeitlichen Verlauf der Wärmerate bei

der Hydratation von Stuckgips (l/s = 1; Natur-Stuckgips; Gips: Naturgips, Zugabemenge: 0,2 %)

+ Gips, Feinheit 3

+ Gips, Feinheit 2

Referenz

Hydratationsdauer [min]

Hydratationsdauer [min]

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0,4

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0,9

1,0

0,1 1 10 100 1000Zeit [min]

Hyd

rata

tions

grad

[-] -

0 1 3 5 10 20 30 60 120 24 h

Abbildung 4-23: Einfluss von hochfeinem Gips auf den zeitlichen Verlauf des Hydratationsgrades

von Stuckgips (l/s = 0,6; Gips: REA-Gips, Zugabemenge: 0,1 %)

Der hydratationsbedingte Abfall der elektrischen Leitfähigkeit, das Maximum der Wärme-rate sowie der Anstieg des Hydratationsgrades werden erwartungsgemäß mit zunehmender mechanischer Beanspruchung des zugegebenen Dihydrates zu früheren Zeiten hin verschoben. Der Anstieg des hydratationsbedingten Leitfähigkeitsabfalls hingegen ist offenbar unabhängig von der Mahlfeinheit des Gipses bzw. von einer Beschleunigerzugabe überhaupt. Auch die Intensität der Wärmefreisetzung sowie die Gesamtwärmemenge werden, wie bereits in Abschnitt 4.1.2 erläutert wurde, durch die Beschleunigerzugabe nicht beeinflusst.

Die Hydratationskinetik wird (gegenüber dem Verfestigungsverlauf) demzufolge lediglich dahingehend beeinflusst, dass mit zunehmender Mahlbeanspruchung des Gipses die Hydratation des Stuckgipses früher beginnt. Nach dem Einsetzen der Reaktion verläuft diese offenbar mit unveränderter Geschwindigkeit ab. Die Erklä-rung hierfür wurde bereits in Abschnitt 4.1.1 geliefert: Beim Kristallwachstum werden zunehmend mehr Ionen aus der Lösung entzogen, als durch die im Abbau befindlichen Reste der Stuckgipspartikel nachgeliefert werden können. Der weitere Verlauf der Hydratation ist also vorrangig von der Lösungskinetik des Halbhydrates bestimmt.

Durch Variation von Mahldauer und Rotationsgeschwindigkeit einer Labor-Scheiben-schwingmühle wurde beispielhaft gezeigt, welchen erheblichen technologischen Einfluss die Mahlanlage auf die Erzeugung eines hochwirksamen Abbindebeschleunigers auf Basis von Calciumsulfatdihydrat hat. Die gewonnenen Tendenzen können auch auf großtechni-sche Anlagen übertragen werden. Um die zu erwartende Effektivitätserhöhung einer bestimmten Mühle abzuschätzen, bedarf es jedoch stets der großtechnischen Erprobung. Bei der Umsetzung im großtechnischen Maßstab ist der mit den untersuchten Maßnahmen zur Steigerung der Beschleunigungswirkung des Gipses verbundene erhöhte spezifische Energiebedarf und damit ein wirtschaftlicher Mehraufwand zu berücksichtigen.

+ Gips, Feinheit 3

Referenz

Hydratationsdauer [min]

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4.2.2 Temperatur beim Mahlvorgang Beim Mahlvorgang kann es bekanntlich durch thermische Beanspruchung zur teilweisen Entwässerung des Gipses kommen. Es ist zu klären, ob und wenn ja, welche Auswirkun-gen dies auf die abbindebeschleunigende Wirksamkeit von Gips hat.

Um den technischen Mahlprozess, bei dem zumeist Mahltemperaturen über 20 °C vorlie-gen, im Labormaßstab zu simulieren, wurde der Mahlvorgang zum Erzeugen von REA-Gips der Feinheit 2 (90 Sekunden bei 700 U/min in der Labor-Scheibenschwingmühle) bei verschiedenen Temperaturen erneut durchgeführt. Hierfür wurden die Zirkonoxid-Mahlgarnitur und das Mühlenaufgabegut vor der Mahlung auf 40, 60 bzw. 80 °C erwärmt, indem beide 3 Stunden bei entsprechender Temperatur im Trockenschrank gelagert wurden. Nach dem Mahlvorgang wurden im Gips-Haufwerk die Temperaturen erneut gemessen. Während sich bei einer Ausgangstemperatur von 20 °C das Mahlgut auf 27 °C erwärmte, sank im Verlaufe des Zerkleinerungsvorganges die Temperatur der auf 40, 60 bzw. 80 °C erwärmten Proben auf 38, 53 bzw. 56 °C. Das frisch gemahlene Dihydrat wurde anschließend unter Luftabschluss gelagert und innerhalb von 8 Stunden dem Stuckgips als Abbindebeschleuniger zugegeben.

Tabelle 4-5: Änderung der Versteifungszeiten einer abbindenden Stuckgipsmischung bei Zugabe der bei verschiedener Mahltemperatur hochfein aufgemahlenen Gipse (l/s = 0,6; Gips: REA-Gips, Feinheit 2, Zugabemenge: 0,1 %)

Kristall-wasser

Spez. Oberfläche [m²/g] nach

Partikelgröße bei 50 V.-%

Durchgang x50

Verst.-beginn

Verst.-ende

[%] Blaine BET [µm] [min:s] [min:s]

Gips, Mahltemp. 20 °C 19,7 0,55 2,77 22,3 2:10 7:05

Gips, Mahltemp. 40 °C 19,6 0,56 2,96 n. b. 2:15 7:05

Gips, Mahltemp. 60 °C 19,7 0,58 2,88 n. b. 2:20 7:35

Gips, Mahltemp. 80 °C 19,7 0,59 3,28 18,9 2:15 7:10

Referenz (Stuckgips ohne Zusätze) 5:45 16:40

Bei den gewählten Untersuchungsbedingungen konnte kein deutlicher Einfluss der Mahltemperatur auf die Wirksamkeit des Abbindebeschleunigers auf Dihydratbasis festgestellt werden. Wie aus den aufgeführten Ergebnissen der Kristallwasserbestimmung hervorgeht, bewirkte die dreistündige Lagerung im Trockenschrank und anschließende Feinstmahlung bei 40, 60 und 80 °C keine Entwässerung der Gipse.

Ob eine Temperaturbeanspruchung der Gipspartikel sich eher positiv oder negativ auf die Wirksamkeit als Abbindebeschleuniger auswirkt, konnte in einem weiteren Versuch herausgefunden werden. Durch „Temperung“ von aufgemahlenem Gips, also einer gezielten thermischen Beanspruchung, wurde dem Material weitere Energie zugeführt.

Nach dem Mahlen in der Labor-Scheibenschwingmühle auf Feinheit 2 bei 20 °C wurde der hochfeine Gips eine festgelegte Zeit einer hohen Temperatur ausgesetzt (gewählt: 1 und 24 Stunden bei 80 °C). Anschließend wurden die Versteifungszeiten von Stuckgips bei

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Zugabe von 0,1 % der Stoffe bestimmt.

Tabelle 4-6: Änderung der Versteifungszeiten einer abbindenden Stuckgipsmischung bei Zugabe der hochfein aufgemahlenen und zusätzlich temperaturbeanspruchten Gipse (l/s = 0,6; Gips: REA-Gips, Feinheit 2, Zugabemenge: 0,1 %)

Kristall-wasser

Spez. Oberflä-che nach BET

Verst.-beginn

Verst.-ende

[%] [m²/g] [min:s] [min:s]

Gips, 20 °C 19,7 2,77 2:10 7:05

Gips, nach Mahlung 1 h bei 80 °C 19,5 2,86 2:15 7:15

Gips, nach Mahlung 24 h bei 80 °C 8,0 10,31 4:30 13:00

Referenz (Stuckgips ohne Zusätze) 5:45 16:40

Eine einstündige Temperaturbehandlung von hochfein aufgemahlenem Gips bei 80 °C hatte keinen deutlichen Einfluss auf die abbindebeschleunigende Wirksamkeit des Zusatzes. Bei 24-stündiger „Temperung“ hingegen entwässerte bereits ein Großteil des Gipses unter Bildung von β-Halbhydrat. Anhand des Kristallwasseranteils konnte ein verbleibender Gipsanteil im Beschleuniger von 14 % errechnet werden. Damit betrug die effektive Dihydratzugabemenge zum Stuckgips lediglich 0,014 %. Bekanntlich beginnt die Entwässerung der feinsten Partikel sowie an den Oberflächen gröberer Partikel. Damit wurden bevorzugt die Bereiche des Dihydrates umgewandelt, von denen der wesentlichste abbindebeschleunigende Einfluss zu erwarten wäre. Die entstandenen hochfeinen β-Halb-hydratpartikel wirken nicht oder wesentlich weniger stark auf den Abbindeprozess ein.

Zusammenfassend lässt sich formulieren: Kommt es beim Mahlvorgang infolge Erwär-mung des Mahlgutes zur teilweisen Entwässerung des Dihydrates, so führt dies zu deutlichen Verlusten der abbindebeschleunigenden Wirksamkeit. Ursächlich hierfür ist die Phasenumwandlung der allerfeinsten Partikel von Dihydrat in Halbhydrat. Somit können diese nicht mehr als Impfkristalle fungieren.

4.2.3 Mühlenaufgabegut - Verunreinigungen und Kristallmorphologie von Gips

Feinstmahlung von Naturgipsen

Bei der industriellen Herstellung von Abbindebeschleunigern für Stuckgips auf Dihydrat-basis werden entsprechend der Verfügbarkeit und der Betriebserfahrungen neben REA-Gips häufig auch Naturgipse verwendet. Nachfolgend soll überprüft werden, inwiefern die bisher gewonnenen Erkenntnisse zur Feinstmahlung von vergleichsweise reinem REA-Gips auf die Zerkleinerung von Naturgipsen mit variierenden Anteilen natürlicher Verun-reinigungen übertragbar sind.

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Um einen möglichen Einfluss der tektonischen Beanspruchung bzw. der Verunreinigungen auf die Feinstmahlung des Gipses herauszufinden, wurden aus verschiedenen mittel- und süddeutschen Gipslagerstätten gezielt Gesteinsproben entnommen:

- Primärgips · 9 verschiedene Zechstein-Gipse · 1 Muschelkalk-Gips · 3 verschiedene Keuper-Gipse

- Sekundärgips · Fasergips · Marienglas

Typische Fremdbestandteile im Naturgips sind bekanntlich Calcium- und Magnesiumkar-bonate, Oxide des Siliziums, Ton und geringe Mengen verschiedener löslicher Salze. Entsprechend der Wahl der Entnahmestelle der Naturgipse waren verschiedene Anteile folgender Nebenbestandteile enthalten: Dolomit, Quarz, Calcit, Magnesit, Illit.

Um die Wirkung der Verunreinigungen in den Naturgipsen beim Mahlvorgang zu erklären, müssen deren physikalische Eigenschaften herangezogen werden. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Härte der Stoffe zu richten: Härte nach Mohs: Illit - 1…2; Gips - 2; Calcit - 3; Anhydrit - 3,5; Dolomit - 3,5…4; Magnesit - 4…4,5; Quarz - 7.

Zur Beurteilung der abbindebeschleunigenden Wirksamkeit der hochfein aufgemahlenen Gipse wurden neben der Untersuchung des Versteifungsverhaltens der Stuckgipse wichtige Kenngrößen der Beschleuniger ermittelt: Der aus dem Kristallwasseranteil berechnete Dihydratgehalt und die Mineralphasenzusammensetzung (über Röntgendiffraktometrie), die spezifische Oberfläche (nach Blaine und BET) sowie die elektrische Leitfähigkeit zum Zeitpunkt von 2 Minuten nach dem Einstreuen von Gips. Zudem wurden einzelne Proben im Rasterelektronenmikroskop untersucht.

Nachfolgend werden ausgewählte Ergebnisse vorgestellt, die repräsentativ für alle untersuchten Naturgipse mit jeweils vergleichbarem geologischen Ursprung bzw. ähnli-chen Verunreinigungskomponenten sind.

In Tabelle 4-7 sind die wichtigsten Kennwerte der auf Feinheit 3 hochfein aufgemahlenen Abbindebeschleuniger für Stuckgips auf Dihydratbasis aufgeführt.

Mit steigendem Dihydratanteil der Naturgipse werden bei der Feinstmahlung geringere spezifische Oberflächen nach BET erreicht. Die Blaine-Oberflächen zeigen eine gegenläu-fige Tendenz. Die Aufklärung dieses Phänomens erfolgte durch rasterelektronenmikrosko-pische Untersuchungen, die im Anschluss an die Ergebnisse der Versteifungsversuche diskutiert werden.

Die Unterschiede in den elektrischen Leitfähigkeiten (2 Minuten nach dem Einstreuen der Gipse in Wasser bestimmt) korrelieren mit den BET-Oberflächen. Unter Vernachlässigung der Fremdbestandteile bestätigt dies, dass die Löslichkeit eines Stoffes auch eine Funktion dessen Feinheit ist. Wie in Abschnitt 2.2.1 erläutert wurde, ist die Löslichkeit einer festen Phase mit sehr kleinen Partikeln (und sehr großer Oberfläche) größer als diejenige der gleichen festen Phase mit gröberen Partikeln.

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Tabelle 4-7: Kennwerte verschiedener hochfein aufgemahlener REA- und Naturgipse (Feinheit 3)

Dihydrat-anteil

Spezifische Ober-fläche [m²/g] nach

Elektrische Leitfähigkeit

Geologi-scher

Ursprung

Verunreini-gungen*

[%] Blaine BET [mS/cm]

Naturgips L3 Mittl. Keuper Dolomit, Quarz, Illit 68,0 1,16 11,0 2,59

Naturgips L1 Mittl. Keuper Dolomit, Quarz 73,4 1,20 9,9 2,53

Naturgips S1 Muschelkalk Dolomit, Quarz 76,3 1,30 8,9 2,51

Naturgips R2 Zechstein III Magnesit, Quarz 76,9 1,31 n.b. n.b.

Naturgips R3 Zechstein III Calcit 85,8 1,42 8,4 2,43

Naturgips R4 Zechstein III Magnesit 92,1 1,47 n.b. n.b.

Naturgips R1 Zechstein II - 96,8 1,56 8,3 2,36

REA-Gips - - 96,6 1,33 7,7 2,37

* Geringe Fremdstoffanteile im REA-Gips, wie Kohlenstoff und wasserlösliche Salze, wurden nicht berücksichtigt. Auch mögliche geringe Salzanteile (Sulfate, Chloride) in den Naturgipsen waren nicht Gegenstand der Betrachtung.

Tabelle 4-8: Änderung der Versteifungszeiten einer abbindenden Stuckgipsmischung bei Zugabe verschiedener hochfein aufgemahlener REA- und Naturgipse unmittelbar nach der Feinstmahlung (l/s = 0,6; Gips: Feinheit 3, Zugabemenge: 0,1 %)

Dihydratanteil [%]

Versteifungsbeginn [min:s]

Versteifungsende [min:s]

Naturgips L3 68,0 01:23 04:10

Naturgips L1 73,4 01:25 04:30

Naturgips S1 76,3 01:28 04:50

Naturgips R2 76,9 01:35 05:25

Naturgips R3 85,8 01:28 05:00

Naturgips R4 92,1 01:30 05:03

Naturgips R1 96,8 01:30 05:05

REA-Gips 96,6 01:40 05:05

Referenz (Stuckgips ohne Zusätze) 05:35 16:05

Der Vergleich der Versteifungszeiten von Stuckgips bei Zugabe der verschiedenen Gipse macht deutlich, dass mit steigender spezifischer Oberfläche (mit abnehmendem Dihydrat-anteil) der Gipse deren abbindebeschleunigende Wirksamkeit signifikant verbessert wird (siehe Tabelle 4-8 und Abbildung A-5). Die Anwesenheit großer Anteile an Verunreini-gungen (im Naturgips) bei der Feinstmahlung bringt offenbar eine deutlich erhöhte Anzahl an Feinstpartikeln hervor, die als Impfkristalle hochgradig wirksam sind. Dieser Effekt tritt

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trotz deutlich reduziertem (tatsächlich vorhandenem) Dihydratanteil der stark verunreinig-ten Gipse bei gleicher Zugabemenge auf.

Diesen Trend bestätigen auch exemplarisch durchgeführte Ultraschall-Untersuchungen zum Verfestigungsverhalten von Stuckgips (Abbildung 4-24).

0

400

800

1200

1600

2000

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20Zeit [min]

Scha

llges

chw

indi

gkei

t [m

/s]

Abbildung 4-24: Einfluss der Gipsart auf den zeitlichen Verlauf der Schallgeschwindigkeit beim

Abbinden von Stuckgips (l/s = 0,6; Gips: Feinheit 3, Zugabemenge: 0,1 %) und Vergleich mit den anhand von Messerschnitt- und Daumendruck-Methode bestimmten Versteifungszeiten des Stuckgipses

Um die Ursache für die unterschiedliche abbindebeschleunigende Wirksamkeit der verschiedenen Gipse zu erforschen, wurden weitere Untersuchungen erforderlich. Zunächst wurde die Partikelgrößenverteilung von hochfein aufgemahlenem REA-Gips mit der von Naturgips L3 verglichen. Die ermittelten Anteile in den Partikelklassen wurden sowohl in Volumen- (Abbildung A-6) als auch in Anzahl-Prozent (Abbildung 4-25) dargestellt.

Bei der Auswertung der Ergebnisse der Partikelgrößenanalyse muss berücksichtigt werden, dass eine große Anzahl feinster Partikel agglomeriert vorliegt und mit der angewandten Messmethode nicht sichtbar gemacht werden kann. Wie in Abschnitt 3.1.4 erläutert wurde, ist bewusst auf eine Dispergierung der Proben im Ultraschallbad verzichtet worden.

Bereits der Vergleich der massebezogenen Partikelgrößenverteilung beider hochfein aufgemahlener Gipse (siehe Abbildung A-6) verdeutlicht, dass im Naturgips L3 höhere Masseanteile im Partikelgrößenbereich kleiner 10 µm vorliegen, der REA-Gips hingegen erhöhte Anteile größer 10 µm aufweist. Die Anzahlverteilung in den Partikelklassen (Abbildung 4-25) zeigt darüber hinaus eindrucksvoll auf, dass ein erheblicher Teil der Naturgipspartikel (ca. 15 Anzahl-%) kleiner als 100 nm ist, wohingegen im gemahlenen REA-Gips mit dem Messverfahren keine Partikel dieses Messbereiches nachweisbar waren. Wie in Abschnitt 2.2.2 erläutert wurde, sind gerade die feinsten Nanopartikel aufgrund ihres großen Oberflächen/Volumen-Verhältnisses für die Beschleunigungswir-kung von besonderer Relevanz.

+ Naturgips L3

+ REA-Gips

Referenz

Versteifungsbeginn Versteifungsende

Hydratationsdauer [min]

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2

4

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0,01 0,1 1 10 100 1000Partikelgröße [µm]

Ant

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n [A

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l-%]

0

25

50

75

100

Dur

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ngsk

ennl

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[Anz

ahl-%

]

REA-Gips

Naturgips L3

Abbildung 4-25: Partikelgrößenverteilungs- und -durchgangskennlinien (in Anzahl-%) von

hochfein aufgemahlenem REA-Gips und Naturgips L3 (Feinheit 3)

Entscheidende Hinweise zu den stofflichen Besonderheiten bei der Feinstmahlung verunreinigter Naturgipse lieferten die Untersuchungen mittels Rasterelektronenmikroskop (siehe Abbildung 4-26 & Abbildung 4-27).

Abbildung 4-26: Hochfein aufgemahlener

Naturgips R3, Feinheit 3 (16.000-fache Vergrößerung im ESEM)

Abbildung 4-27: Hochfein aufgemahlener Naturgips L3, Feinheit 3 (16.000-fache Vergrößerung im ESEM)

Beide untersuchten hochfein aufgemahlenen Naturgipse weisen, ähnlich wie auch REA-Gips (siehe Abbildung 4-18), ein breites Kornspektrum der locker aufgeschichteten Partikel auf, von denen die kleineren z. T. zu einem Kornverband agglomeriert sind. Die überwiegend rundlichen sowie flockigen Partikel weisen kaum deutliche Begrenzungsflä-chen und scharfe Kanten auf. Dies deutet auf starke Störungen im Kristallgitter hin.

Im Vergleich der beiden ESEM-Aufnahmen wird ferner deutlich, welche Wirkung die hohen Quarz- bzw. Dolomit-Anteile im Naturgips L3 hatten: Ein Teil der hochfeinen Gipspartikel liegt nicht lose im Haufwerk oder Agglomeratsverband vor, sondern haftet auf

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der Oberfläche von Quarzkörnern und bildet eine flächig ausgebildete, schollenartige, glatte, strukturlose und voraussichtlich hochgradig gestörte Gipsschicht. Vermutlich ist diese beim Mahlvorgang entstanden, indem der weiche Gips dünn über die härteren Verunreinigungskomponenten „hinwegschmiert“. Diese Gipsschicht trägt vermutlich nicht zur Erhöhung der Blaine-Oberfläche bei, kann aber mit dem BET-Verfahren detektiert werden und leistet bei der Kristallimpfung vermutlich einen wesentlichen Beitrag.

Inwiefern durch den Mahlvorgang von Gips in Anwesenheit von härteren Verunreini-gungskomponenten tatsächlich Störungen im Kristallgitter erzeugt wurden, kann durch Röntgenphasenanalyse mit Rietveld-Verfeinerung festgestellt werden.

Verglichen mit hochfeinem REA-Gips sowie mit dem ungemahlenen Naturgips L3 (Diffraktogramm hier nicht aufgeführt) sind die Peakhöhen von hochfein aufgemahlenem Naturgips L3 deutlich niedriger (siehe Abbildung 4-28). Die Feinstzerkleinerung scheint eine teilweise Amorphisierung bzw. Verzerrungen im Gipskristallgitter hervorgerufen zu haben. Eine nähere Betrachtung der Spitzen des Peaks der (020)-Fläche von hochfein aufgemahlenem REA-Gips und Naturgips L3 (siehe Abbildung 4-29) liefert einen Hinweis auf mögliche Verzerrungen im Gipskristallgitter. Die starke Verbreiterung und Verschie-bung des Peaks auf der Abszisse weist auf verstärkte Gitterdehnungen (micro strain) im hochfeinen Naturgips L3 gegenüber dem REA-Gips hin. Die durch Rietveld-Verfeinerung der Röntgendiffraktogramme bestimmte mittlere Kristallitgröße von Gips beträgt bei Naturgips L3 nur 150 nm, bei REA-Gips 190 nm, was wiederum auf eine stärker gestörte Mikrostruktur von Dihydrat in hochfein aufgemahlenem Naturgips schließen lässt.

Abbildung 4-28: Röntgendiffraktogramme von hochfein aufgemahlenem Naturgips L3 (oben)

und REA-Gips (unten)

(020)

(040)

(14-1)(12-1) (121) 1000

CPS 600

400

200

0

1600

CPS 1200

1000

800

600

400

200

0

10 20 30

10 20 30

2 Theta

2 Theta

REA-Gips

Naturgips L3

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Abbildung 4-29: Vergleich der Spitzen des Peaks der (020)-Fläche im Röntgendiffraktogramm von hochfein aufgemahlenem Naturgips L3 (links) und REA-Gips (rechts) zur qualita- tiven Einschätzung der Gitterdehnungen (micro strain)

Vor dem Hintergrund der gewonnenen Erkenntnisse lässt sich die abbindebeschleunigende Wirkung von hochfein aufgemahlenem Gips weiter konkretisieren: Nur ein sehr geringer Masseanteil des Dihydrates - und zwar überwiegend die Partikel im Nanometer-bereich sowie hochgradig gestörte Gipsschichten auf härteren Gesteinskomponenten - werden tatsächlich abbindebeschleunigend wirksam.

Naturgipse, die große Anteile an härteren und spröderen Bestandteilen (wie Quarz oder Dolomit) aufweisen, sind als Beschleuniger wirksamer als Naturgipse mit geringer Verunreinigung oder REA-Gipse. Auf Grundlage der Ergebnisse der Lasergra-nulometrie sowie der Rietveld-Verfeinerung von Röntgenanalysen wurde erstmalig systematisch nachgewiesen: Beim Mahlprozess wirken diese Fremdbestandteile des Naturgipses als Mahlhilfsmittel und führen zu einer vermehrten Bildung hochfeiner und hochgradig gittergestörter Gipspartikel. Es erscheint naheliegend, dass auf den genannten Gipsstrukturen beim Kontakt mit übersättigter Calciumsulfatlösung eine sofortige Ionenanlagerung einsetzt, um durch „Ausheilungen“ des Kristallgitters ein aus thermodynamischer Sicht niedrigeres Energieniveau zu erreichen.

Zudem wurde deutlich, dass die Verunreinigungen im Naturgips der Agglomerati-onsneigung, die den Mahlvorgang behindert, entgegenwirken.

Mit den getroffenen Aussagen wird auch verständlich, weshalb Naturgips L3 trotz geringerer tatsächlicher Dihydratzugabemenge (68 % DH bei 0,1 % Zugabemenge = 0,068 %) im Vergleich zum REA-Gips (97 % DH bei 0,1 % Zugabemenge = 0,097 %) die Versteifungszeiten des Stuckgipses wesentlich deutlicher verkürzte.

Die Versteifungsversuche weisen trotz vergleichsweise geringer Probenanzahl darauf hin, dass die erdzeitliche Herkunft des Gipssteines gegenüber dem beschriebenen Effekt von Verunreinigungen offenbar von untergeordneter Bedeutung für die Beschleunigungswir-kung des Mahlproduktes ist. Selbst Gipse mit stark variierenden Kristallmorphologien, wie die untersuchten Sekundärgipse (Fasergips, Marienglas), verfügen über eine entsprechend ihres Verunreinigungsgrades zu erwartende abbindebeschleunigende Wirkung.

850

CPS 750

700

650

600

550

1450

CPS1350

1300

1250

1200

115011,4 11,5 11,6 2 Theta 11,4 11,5 11,6 2 Theta

Naturgips L3 REA-Gips

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Hydratisierter Stuckgips

Durch Hydratation von Stuckgips entstandenes Dihydrat wurde nach vollständiger Reaktion (bei l/s = 0,6) getrocknet und im ESEM auf kristallmorphologische Unterschiede im Vergleich zu REA-Gips untersucht. Die gezüchteten Gipskristalle (siehe Abbildung A-7) sind deutlich kleiner als die von ungemahlenem REA-Gips (siehe Abbildung 4-17). Es liegen überwiegend stäbchenförmige, vereinzelt plattige Gipskristalle nebeneinander bzw. miteinander verwachsen vor.

Vor der Verwendung der Gipse als Abbindebeschleuniger wurden beide unter gleichen Mahlbedingungen (auf Feinheit 3) hochfein aufgemahlen. In Tabelle 4-9 sind die spezifi-schen Oberflächen (nach Blaine und BET) des Mahlgutes sowie die Versteifungszeiten des Stuckgipses bei einer Zugabemenge von 0,1 % (bezogen auf den zu beschleunigenden Stuckgips) aufgeführt.

Tabelle 4-9: Änderung der Versteifungszeiten einer abbindenden Stuckgipsmischung bei Zugabe verschiedener hochfein aufgemahlener Gipse unmittelbar nach der Feinstmahlung (l/s = 0,6; Gips: Feinheit 3, Zugabemenge: 0,1 %)

Spez. Oberfläche [m²/g] nach

Versteifungs-beginn

Versteifungs-ende

Blaine BET [min:s] [min:s]

Gips (hydratisierter Stuckgips) 1,89 9,28 1:25 4:10

REA-Gips 1,11 7,22 1:25 4:10

Referenz (Stuckgips ohne Zusätze) 4:20 12:30

Nach der Feinstmahlung lag die spezifische Oberfläche des Gipses aus hydratisiertem Stuckgips deutlich über der des REA-Gipses. Die abbindebeschleunigende Wirksamkeit beider Stoffe war jedoch identisch. Daraus kann geschlussfolgert werden, dass die Größe und die Form der Partikel des Mühlenaufgabegutes nur von untergeordneter Bedeutung für den Mahlerfolg der Feinstzerkleinerung hinsichtlich der abbinde-beschleunigenden Wirksamkeit des hochfein aufgemahlenen Gipses sind.

Ferner wird erneut deutlich, dass in erster Linie die durch den Zerkleinerungsvorgang erzeugten frischen Bruchflächen bzw. Feinstpartikel für die Beschleunigungswirkung verantwortlich sind.

4.2.4 Mahlzusätze

Mineralische Mahlzusätze

Die im Abschnitt 4.2.3 untersuchten Naturgipse wiesen i. d. R. mehrere Verunreinigungs-komponenten gleichzeitig auf. Zudem unterschieden sie sich in einer Reihe weiterer Eigenschaften (z. B. geologischer Ursprung, Dihydratgehalt). Um den ausschließlichen Einfluss der Fremdstoffe auf das Mahlergebnis aufzuzeigen, waren weitere systematische Untersuchungen erforderlich. Hierfür wurde ein technischer Gips hoher Reinheit (REA-Gips mit 97 % Dihydratanteil) mit variierenden Anteilen ausgewählter Feststoffe versetzt und anschließend in der Labor-Scheibenschwingmühle hochfein aufgemahlen.

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In Anlehnung an typische Verunreinigungskomponenten von Naturgipsen sind folgende Mahlzusätze dem REA-Gips zugegeben worden:

- Quarz (Rheinsand in den Fraktionen 0…0,125 mm, 0,125…0,5 mm und 0,5…1,0 mm sowie gebrochener Quarzsand der Fraktion 0,5…1,0 mm)

- Kalkstein (Fraktion 0,5…1,0 mm) - Dolomit (Fraktion 0,5…1,0 mm) - Ton-Quarz-Gemisch (illitischer Ton, Unterer Keuper, Größtkorn 1 mm)

Die Zusatzstoff-Zugabemenge zum Gips wurde mit 50 % (Gips/Mahlzusatz-Verhältnis = 2:1) festgelegt. Gips und Zusatzstoff sind gemeinsam in einer Labor-Scheibenschwingmühle auf Feinheit 3 hochfein aufgemahlen worden. Am Beispiel von Quarzsand der Fraktion 0,5…1,0 mm variierte zudem die Zusatzstoff-Zugabemenge: Neben 50 % wurden 25 % (Gips/Mahlzusatz-Verhältnis = 4:1) und 12,5 % Quarzsand (Gips/Mahlzusatz-Verhältnis = 8:1) dem Gips vor der Mahlung untergemischt.

In Tabelle 4-10 sind die spezifischen Oberflächen (nach Blaine und BET) des Mahlgutes sowie die Versteifungszeiten des Stuckgipses bei Zugabe der Stoffe aufgeführt. Zur Bestimmung der Versteifungszeiten wurde die Zugabemenge so gewählt, dass der beschleunigungsrelevante Gipsanteil stets 0,1 % (bezogen auf den zu beschleunigenden Stuckgips) betrug.

Tabelle 4-10: Änderung der Versteifungszeiten einer abbindenden Stuckgipsmischung bei Zugabe verschiedener hochfein aufgemahlener Gips-Mahlzusatz-Gemische unmittelbar nach der Feinstmahlung (l/s = 0,6; Gips: REA-Gips, Feinheit 3)

Fraktion Zusatz

Spezif. Oberfläche [m²/g] nach

Zugabe-menge

Verst.-beginn

Verst.-ende

Gips/ Zusatz-

Ver-hältnis [mm] Blaine BET [%] [min:s] [min:s]

Gips 1,11 7,22 0,10 1:25 4:15

Gips + Quarzsand 2 : 1 0…0,125 1,00 7,33 0,15 1:10 3:25

Gips + Quarzsand 2 : 1 0,125…0,5 0,88 7,55 0,15 1:10 3:25

Gips + Quarzsand 2 : 1 0,5…1,0 0,89 6,92 0,15 1:08 3:25

Gips + Quarzsand 4 : 1 0,5…1,0 1,12 7,75 0,125 1:18 3:50

Gips + Quarzsand 8 : 1 0,5…1,0 1,10 7,54 0,113 1:20 3:55

Gips + Quarzsand (gebrochen)

2 : 1 0,5…1,0 0,88 7,19 0,15 1:08 3:20

Gips + Kalkstein 2 : 1 0,5…1,0 1,17 8,07 0,15 1:17 3:35

Gips + Dolomit 2 : 1 0,5…1,0 1,01 7,21 0,15 1:10 3:28

Gips + Ton-Quarz-Gemisch

2 : 1 0…1,0 1,04 17,6 0,15 1:10 3:25

Referenz (Stuckgips ohne Zusätze) 4:55 12:45

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Beim Vergleich der Versteifungszeiten von Stuckgips bei Zugabe von REA-Gips, der gemeinsam mit Mahlzusätzen vermahlen wurde, kann gegenüber der Feinstmahlung von reinem REA-Gips der in Abschnitt 4.2.3 erläuterte Sachverhalt bestätigt werden: In Anwesenheit härterer Feststoffe bei der Feinstmahlung von Gips wird die Mahleffektivität (hinsichtlich der abbindebeschleunigenden Wirkung des Mahlgutes) wesentlich verstärkt. Im Laborversuch verlagerte sich das Versteifungsende von Stuckgips von über 4 Minuten (bei Zugabe von 0,1 % REA-Gips) auf unter 3 ½ Minuten. Die deutlichsten Verbesserun-gen der Beschleunigungswirkung wurden durch gemeinsame Vermahlung von Gips mit Quarzsand, Dolomit und dem Ton-Quarz-Gemisch erreicht.

Eine Korrelation zwischen den spezifischen Oberflächen-Kennwerten und der Beschleuni-gungswirkung der Stoffgemische ist nicht erkennbar. Die stark erhöhte BET-Oberfläche des Mahlgutes bei Zusatz des Ton-Quarz-Gemisches ist vorrangig auf die Anwesenheit der Tonminerale zurückzuführen. Dies kann nicht als Indiz für die verbesserte Abbinde-beschleunigung dieses Materials herangezogen werden.

Wie die Laborversuche zeigen, spielt der granulometrische Zustand des Mühlenaufgabegu-tes bei der Feinstmahlung nur eine untergeordnete Rolle hinsichtlich des Mahlergebnisses. Sowohl unterschiedliche Korngrößen (im Bereich von 0… 1 mm) als auch variierende Kornformen (Rundkorn und Brechprodukt) von Quarz beeinflussen die abbindebeschleu-nigende Wirksamkeit des Mahlproduktes nur unwesentlich. Diese Aussage lässt sich jedoch nicht uneingeschränkt auf andere Mühlenarten übertragen, da der Effekt vermutlich durch die extrem hohe Mahlintensität bei der Feinstmahlung in der Labor-Scheiben-schwingmühle überdeckt wird.

Anhand des Zusatzes von Quarzsand wurde ferner nachgewiesen, dass hohe Anteile des Mahlzusatzes (hier 33 % bei Gips/Mahlzusatz-Verhältnis = 2:1) die abbindebeschleuni-gende Wirksamkeit des Mahlgutes deutlicher verbessern, als geringere Anteile (hier 20 und 11 % bei Gips/Mahlzusatz-Verhältnis = 4:1 bzw. 8:1). Die mit steigendem Mahlzusatzge-halt und verbesserter Wirksamkeit zu erwartenden höheren Anteile an Dihydratfeinstparti-keln spiegeln sich jedoch nicht in erhöhten spezifischen Oberflächen-Kennwerten wider. Als Ursache hierfür ist anzunehmen, dass der im untersuchten Mahlgut befindliche variierende Quarzanteil selbst eine (gegenüber Gips= wesentlich geringere spezifische Oberfläche aufweist. Damit reduziert sich der Kennwert für die Gesamtprobe mit steigen-dem Mahlzusatzgehalt.

In Abschnitt 4.1.2 wurde die Wirkung von hochfein aufgemahlenen und anschließend dem Stuckgips zugegebenen Feststoffen bereits auszugsweise vorgestellt. Alle verwendeten Zusätze (Quarzsand, Kalkstein, Dolomit, Ton-Quarz-Gemisch) können allein, d.h. ohne gemeinsame Vermahlung mit Gips, keine wesentliche Abbindebeschleunigung hervorru-fen. Die verbesserte abbindebeschleunigende Wirksamkeit von Gips mit hohen Fremd-stoffanteilen kann demnach nicht auf den Beitrag der Fremdstoffe zur heterogenen Keimbildung zurückgeführt werden.

Bei der Feinstmahlung von Gips kommt es bekanntlich neben der nachgewiesenen Oberflächenvergrößerung zu kristallographischen Veränderungen. Bei der sog. „mechani-schen Aktivierung“ von Gips treten sowohl veränderte Bindungsabstände (elastische Deformation) als auch plastische Deformationen (Bruch und Oberflächenvergrößerung, Bildung von Versetzungen, Gitterdefekte) auf, was bis zur Amorphisierung von Gips führt.

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Dieser Sachverhalt wurde exemplarisch anhand von Röntgenphasenanalysen mit Rietveld-Verfeinerung aufgezeigt (siehe Tabelle 4-11). Wird Gips gemeinsam mit mineralischen Mahlzusätzen aufgemahlen, intensivieren sich die beschriebenen Auswirkungen der mechanischen Beanspruchung auf die Gipskristalle. Die Kristallitgröße wird stärker verringert und es werden erhöhte Störungen im Gipskristallgitter hervorgerufen.

Tabelle 4-11: Kristallitgröße und Gitterdehnungen (micro strain) von Gips nach der Feinst- mahlung in Anwesenheit verschiedener Zusätze (Rietveld-Verfeinerung der Röntgen- analysen auf Grundlage der Hauptorientierungsrichtung - Peak der (020)-Fläche; Gips: REA-Gips, Feinheit 3)

Gips/Zusatz-Verhältnis

Kristallitgröße [nm]

micro strain [%]

Gips 76 ±1 0,533 ±0,011

Gips + Ton-Quarz-Gemisch 2 : 1 68 ±1 0,556 ±0,015

Gips + Quarz 2 : 1 56 ±1 0,576 ±0,017

Die Untersuchungen belegen, dass neben der Auswahl der Gipsart auch eine gezielte Zugabe bestimmter Fremdstoffe die Effektivität der Gipsmahlung signifikant verbessern kann. Durch die gemeinsame Vermahlung mit im Vergleich zu Gips härteren Materialien wird die tatsächliche Gipsoberfläche deutlich erhöht und es werden starke Störungen im Gipskristallgitter hervorgerufen. Es ist anzunehmen, dass sich die Partikel geringerer Härte bei einer mechanischen Beanspruchung in Anwesenheit härterer und spröderer Kristalle verstärkt abreiben. Diese Tendenz, jedoch keine strenge Korrelation zwischen der Härte und dem Abriebverhalten von Kristallen, konnte auch MERSMANN 1992 feststellen.

Bei der Feinstmahlung von Gips in der Labor-Scheibenschwingmühle konnte in Anwesen-heit härterer mineralischer Komponenten (Quarz, Dolomit) ein weiterer Effekt beobachtet werden: An den Mahlkörpern haftete weniger Mahlgut fest an, als bei der Feinstmahlung von Gips ohne Zusätze. Es ist jedoch erfahrungsgemäß durch die härteren Substanzen mit verstärktem Verschleiß der Mahlanlage, insbesondere der Mahlkörper, zu rechnen.

Mahlhilfsmittel Triethanolamin

Der zuvor geschilderte Einfluss der mineralischen Fremdstoffe bei der Gipsmahlung weicht von der Wirkung von „klassischen“ Mahlhilfsmitteln ab. Als Mahlhilfsmittel werden beispielsweise bei der Zementmahlung organische Verbindungen, wie Triethano-lamin oder Oktandiol, erfolgreich eingesetzt. Die Wirkung äußert sich (nach DOMBROWE ET AL. 1982) unter anderem in:

- Wegfall bzw. Verringerung der Anbackungen an Mühlenwand und Mahlkörpern - Verbesserte Dispergierung bei der Windsichtung - Verminderung der Agglomeratbildung und Vergrößerung der Mahlfeinheit

Durch die Mahlhilfen lässt sich die Leistung technischer Mühlen deutlich steigern und die zur Zementmahlung erforderliche Energie entsprechend senken.

Bei vergleichsweise raschem Mahlfortschritt treten bei der Feinstmahlung von Gips

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zunehmend Agglomerationen kleinster Partikel auf, die den weiteren Mahlfortschritt behindern. Es stellt sich die Frage, inwieweit die genannten Effekte von Mahlhilfsmitteln auf das Mahlergebnis bei der Zerkleinerung von - verglichen mit Gips - härteren Materia-lien für die Feinstzerkleinerung von Gips übertragen werden können.

Im Laborversuch wurde das Mahlhilfsmittel Triethanolamin zu 0,2 % dem Gips zugege-ben. Nach der Feinstmahlung in der Laborscheibenschwingmühle (Feinheit 2) wurden die Versteifungszeiten von Stuckgips bei Zugabe von 0,1 % des Abbindebeschleunigers auf Dihydratbasis bestimmt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 4-12 aufgeführt:

Tabelle 4-12: Änderung der Versteifungszeiten einer abbindenden Stuckgipsmischung bei Zugabe verschiedener hochfein aufgemahlener Gips-Mahlzusatz-Gemische unmittelbar nach der Feinstmahlung (l/s = 0,6; Gips: REA-Gips, Feinheit 2)

Spezif. Oberfläche [m²/g] nach

Partikelgröße bei 50 V.-%

Durchgang x50

Zugabe-menge

Verst.-beginn

Verst.-ende

Blaine BET [µm] [%] [min:s] [min:s]

Gips 0,54 2,77 22,3 0,10 2:10 6:55

Gips + Triethanolamin 0,58 2,89 18,1 0,10 1:50 5:50

Referenz (Stuckgips ohne Zusätze) 5:00 14:15

Die Verwendung des Mahlhilfsmittels Triethanolamin trägt zur Erhöhung der Effek-tivität bei der Feinstmahlung von Gips bei. Dies äußert sich in einem Anstieg der spezifischen Oberfläche und einer Verlagerung der massebezogenen Partikelgrößenvertei-lung durch Zunahme an Partikeln im Bereich < 50 µm und Reduzierung in gröberen Partikelklassen (siehe Abbildung 4-30).

0

1

2

3

4

0,1 1 10 100 1000Partikelgröße [µm]

Ant

eile

in d

en P

artik

elkl

asse

n [V

olum

en-%

]

Gips + TriethanolaminGips

Abbildung 4-30: Partikelgrößenverteilung (in Volumen-%) von hochfein aufgemahlenem

REA-Gips bei Anwendung des Mahlhilfsmittels Triethanolamin

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Die Verminderung der Agglomeratbildung und Vergrößerung der Mahlfeinheit durch die Anwendung von Triethanolamin wird begleitet von einer deutlichen Verstärkung der abbindebeschleunigenden Wirkung des Gipses. Ein Einfluss des Mahlhilfsmittels auf die Anzahl der für die Abbindebeschleunigung relevanten Partikel im Nanometerbereich konnte durch die Lasergranulometrie nicht aufgezeigt werden (siehe Abbildung A-8).

4.2.5 Beschleuniger-Zugabemenge Dass es mit Erhöhung der Beschleuniger-Zugabemenge zu verkürzten Abbindezeiten von Stuckgips kommt, ist hinlänglich bekannt. Auf Grundlage von Untersuchungen zum Versteifungsverhalten von Stuckgips bei Zugabe ausgewählter Beschleuniger in verschie-denen Konzentrationen kann der bekannte Sachverhalt um konkrete Erkenntnisse erweitert werden. Der Einfluss der Beschleuniger-Zugabemenge auf die Versteifungszeiten von Stuckgips bei Zugabe von Gipsen verschiedener Herkunft und Feinheit ist in Abbildung 4-31 graphisch ausgewertet. Entsprechend der Wirksamkeit der verschiedenen Beschleuni-ger variieren die Verhältnisse von Zugabemenge zu Versteifungszeit. Anhand aller Zusätze lässt sich jedoch folgender Trend erkennen: Mit steigender Beschleuniger-Zugabemenge werden (im gesamten Untersuchungsbereich von 0,01 bis 5 % Zugabemenge) sowohl der Versteifungsbeginn als auch das -ende zu früheren Zeiten hin verschoben. Die Gipszugabe wirkt sich dabei am stärksten auf das Versteifungsende aus, weshalb der Zeitraum zwischen beiden Kenngrößen mit zunehmender Beschleunigung verkürzt wird.

Die Änderung des Versteifungsendes durch Zugabe des Abbindebeschleunigers auf Dihydratbasis betrug im Mittel die dreifache Zeit der Änderung des Versteifungsbeginnes. Es konnte damit das Ergebnis von BERTOLDI 1976 bestätigt werden, der eine Gesetzmä-ßigkeit dieses Verhältnisses vermutete.

Der Unterschied in den Wirksamkeiten der Gipse liegt im gesamten Untersuchungsbereich, d.h. unabhängig von der Zugabemenge vor. Die Ergebnisse machen aber auch deutlich, dass über die Erhöhung der Zugabemenge die geringere Wirksamkeit eines Beschleunigers vollständig kompensiert werden kann. Für die untersuchten Materialien bedeutet dies beispielsweise, dass ein Versteifungsende von 4 Minuten sowohl durch die Zugabe von 0,1 % Naturgips L3 der Feinheit 3 als auch von 1 % REA-Gips der Feinheit 2 erreicht werden kann.

Die Versteifungsversuche lieferten ein weiteres Ergebnis: Mit dem wirksamsten der drei verwendeten Abbindebeschleuniger auf Dihydratbasis (Naturgips L3, Feinheit 3) konnten bei einer Zugabemenge von 5 % keine Versteifungszeiten bestimmt werden. Das Verstei-fen setzte bereits während des Mischvorganges, d.h. innerhalb von 45 s nach dem Einstreuen ein. Durch starke Erhöhung der Beschleuniger-Zugabemenge kann das Abbinden von Stuckgips so stark beschleunigt werden, dass der gesamte Verstei-fungsvorgang innerhalb der ersten Minute nach dem Wasserkontakt abgeschlossen ist. Dieser Effekt der Impfkristallzugabe lässt folgenden Schluss zu: Aus kinetischer Sicht bestimmt vorrangig die Kristallkeimbildung den zeitlichen Verlauf des Abbin-dens von Stuckgips. Der Lösungsvorgang von Stuckgips sowie das Gipskristallwachs-tum sind demgegenüber nur von untergeordneter Bedeutung für den Abbindevor-gang.

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0

2

4

6

8

10

12

0,00 0,01 0,10 1,00 10,00Zugabemenge [M.-%]

Ver

stei

fung

szei

t [m

in]

+ REA-Gips, Feinheit 2+ REA-Gips, Feinheit 3+ Naturgips L3, Feinheit 3

0 0,01 0,1 1 10

Abbildung 4-31: Einfluss der Beschleuniger-Zugabemenge auf die Versteifungszeiten von

Stuckgips bei Zugabe von Gipsen verschiedener Herkunft und Feinheit (l/s = 0,6)

Mittels Differentialkalorimetrie und Leitfähigkeitsuntersuchungen können Rückschlüsse auf die Auswirkungen variierender Beschleuniger-Zugabemengen auf den Hydratati-onsprozess von Stuckgips gezogen werden.

Mit steigender Gipszugabemenge wird der Verlauf der Wärmefreisetzung bei der Hydrata-tion von Stuckgips deutlich zu früheren Zeiten hin verschoben (siehe Abbildung 4-32). Auch die Intensität der Reaktion nimmt dabei leicht zu. Die Gesamtwärmemenge (hier: Q2h) wird durch die Beschleunigerzugabe erwartungsgemäß nicht beeinflusst.

Auch der hydratationsbedingte Abfall der Leitfähigkeit findet mit steigendem Beschleuni-geranteil früher statt (siehe Abbildung 4-33). Auf Grundlage der Leitfähigkeitsuntersu-chungen können weiterführende Aussagen getroffen werden: Die in Abschnitt 4.1.1 beschriebene dormante Periode, in der überwiegend die Kristallkeimbildung stattfindet, wird mit Erhöhung der Gipszugabemenge zunehmend verkürzt. Es wird deutlich: Je mehr Impfkristalle dem System von Beginn der Reaktion an als Kristallisationszentren zur Verfügung stehen, desto weniger Kristallkeime müssen sich über die Lösungsphase bilden und umso schneller setzt das Kristallwachstum ein.

Für die höchste der untersuchten Zugabemengen (10 %) fällt der Maximalwert der Leitfähigkeitskurve direkt nach dem Einstreuen des Stuckgipses deutlich niedriger aus als bei geringerer Gipszugabemenge. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in Anwesenheit einer großen Anzahl an Dihydrat-Impfkristallen sofort das Kristallwachstum dominiert. Dabei werden der Lösung verstärkt Calcium- und Sulfationen entzogen. Doch auch unter diesen „Extrembedingungen“ können durch den Lösungsprozess des Stuckgipses ausrei-chend Ionen nachgeliefert werden, um die für die Hydratation erforderliche Übersättigung bezüglich Dihydrat zu gewährleisten. Dafür spricht auch, dass der vom Kristallwachstum geprägte Leitfähigkeitsabfall unabhängig von der Dihydratzugabemenge parallel zur Referenzkurve verläuft, was auf vergleichbare Wachstumsgeschwindigkeiten hindeutet.

VE

VB

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78

0

50

100

150

200

250

300

1 1 1 1 1 1 1Hydratationsdauer [min]

Wär

mer

ate

[J/g

h]

+ 1 % Gips+ 0,1 % GipsReferenz

Q2h [J/g]979895

0 15 30 45 60 75 90

Abbildung 4-32: Einfluss der Gipszugabemenge auf den zeitlichen Verlauf der Wärmerate bei der

Hydratation von Stuckgips (l/s = 1; Gips: REA-Gips, Feinheit 3)

0

1

2

3

4

5

6

7

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20Zeit [min]

Ele

ktri

sche

Lei

tfähi

gkei

t [m

S/cm

]

Abbildung 4-33: Einfluss der Gipszugabemenge auf den zeitlichen Verlauf der elektrischen

Leitfähigkeit bei der Hydratation von Stuckgips (l/s = 20; Gips: REA-Gips, Feinheit 3)

4.2.6 Zu beschleunigender Stuckgips Entsprechend des Ausgangsmaterials und der Bedingungen beim Calcinieren können Stuckgipse stark variierendes Abbindeverhalten aufweisen. Aus Betriebserfahrungen ist ferner bekannt, dass sich die abbindebeschleunigende Wirkung des Dihydratzusatzes von

+ 10 % Gips + 1 %

Gips + 0,1 % Gips

Referenz

Hydratationsdauer [min]

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Stuckgips zu Stuckgips unterscheidet. So kann es mitunter vorkommen, dass sich Stuck-gipse mit ursprünglich kurzen Versteifungszeiten weniger stark durch Zusätze beschleuni-gen lassen, als langsamer abbindende Materialien.

Unter Variation von Ausgangsstoff (REA-, Naturgipse sowie REA-Naturgips-Gemische) und Herstellungsverfahren (Drehofen und Kocher) wurden verschiedene technisch hergestellte Stuckgipse im Laborversuch auf ihre „Beschleunigbarkeit“ untersucht. Die Überprüfung der Beschleunigerwirkung erfolgte durch Zugabe verschiedener hochfein aufgemahlener REA- und Naturgipse. Nachfolgend werden anhand von drei Stuckgipsen und einem Abbindebeschleuniger auf Dihydratbasis ausgewählte, repräsentative Ergebnis-se aus einem Kreuzversuch mit 6 Stuckgipsen und 7 Beschleunigern vorgestellt.

Die Stuckgipse wurden vor der Analyse und der Verwendung für die Versteifungsversuche unter definierten Bedingungen (siehe Abschnitt 3.3.1) künstlich gealtert, woraufhin sich der variierende Anhydrit III-Anteil zugunsten von β-Halbhydrat vollständig abbaute. Zur Charakterisierung der Stuckgipse wurden die Phasenzusammensetzung, die spezifische Oberfläche nach Blaine, die Partikelgrößenverteilung sowie der Wasser/Bindemittel-Wert nach dem Einstreumenge-Verfahren ermittelt (siehe Tabelle 4-13 & Abbildung 4-34).

Der verwendete, im Drehofen calcinierte Stuckgips unterscheidet sich von den Kocher-Stuckgipsen im Wesentlichen durch das Vorhandensein von Restdihydrat und einen erhöhten Wasseranspruch.

Der aus Naturgips erbrannte Stuckgips weist erwartungsgemäß gegenüber den REA-Stuckgipsen eine wesentlich breitere Partikelgrößenverteilung auf.

Tabelle 4-13: Kennwerte verschiedener Stuckgipse

Phasenanteile* [%] Spez. Oberfläche nach Blaine

Partikelgröße bei 50 V.-%

Durchgang x50

w/b-Wert

HH AII,s DH [m²/g] [µm] [-]

REA-Drehofen-Stuckgips 88,5 4,9 Spuren 0,11 62,5 0,64

REA-Kocher-Stuckgips 90,5 2,3 0,0 0,14 60,2 0,54

Natur-Kocher-Stuckgips 82,0 1,3 0,0 0,48 27,7 0,55

* Halbhydrat und schwerlöslicher Anhydrit gravimetrisch nachgewiesen, Dihydrat-Anteil mittels Thermogravimetrie (DTA/TG) ermittelt

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80

0

2

4

6

8

10

0,1 1 10 100 1000Partikelgröße [µm]

Ant

eile

in d

en P

artik

elkl

asse

n [V

olum

en-%

]REA-Kocher-StuckgipsREA-Drehofen-StuckgipsNatur-Kocher-Stuckgips

Abbildung 4-34: Partikelgrößenverteilung verschiedener Stuckgipse

Im Vergleich zu den anhand von Messerschnitt- und Daumendruck-Methode bestimmten Versteifungszeiten (siehe Tabelle 4-14) ist in Abbildung 4-35 der zeitliche Verlauf der Schallgeschwindigkeit beim Abbinden der verschiedenen Stuckgipse dargestellt.

Tabelle 4-14: Versteifungszeiten von abbindenden Stuckgipsen ohne Einwirkung von Zusätzen sowie bei Zugabe von 0,2 % hochfein aufgemahlenem Naturgips (variierende w/b-Werte, entsprechend Tabelle 4-13)

Versteifungszeiten [min:s]

Referenz (ohne Zusätze) Zugabe von hochfein aufgemahlenem Gips

VB VE VB VE

REA-Drehofen-Stuckgips 1:50 6:10 1:25 4:55

REA-Kocher-Stuckgips 3:15 11:20 1:00 4:00

Natur-Kocher-Stuckgips 5:50 20:50 1:40 6:10

In Abschnitt 4.2.1 (Abbildung 4-20) konnte gezeigt werden, dass für einen Stuckgips auch bei Anwendung verschiedener Abbindebeschleuniger auf Dihydratbasis jeder Verstei-fungszeit eine charakteristische Schallgeschwindigkeit zugeordnet werden kann. Anhand von Abbildung 4-35 wird deutlich, dass verschiedene Stuckgipse jeweils eigene, gegebe-nenfalls stark variierende Schallgeschwindigkeiten bei den entsprechenden Versteifungs-zeiten aufweisen. So betrug beispielsweise die Schallgeschwindigkeit zum Zeitpunkt des Versteifungsendes bei REA-Drehofen-Stuckgips ≈ 1.800 m/s, bei Natur-Kocher-Stuckgips nur ≈ 1.000 m/s. Als Ursachen für die deutlichen Abweichungen der Ergebnisse beider Messverfahren sind neben dem individuellen Lösungs- und Reaktionsverhalten der Stuckgipse deren verschiedene Wasser/Bindemittel-Werte, die Partikelgrößenverteilungen

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und Verunreinigungsanteile zu nennen. Vor diesem Hintergrund unterscheiden sich die Stuckgipse (zum Zeitpunkt des Versteifens) in ihrer Gefügeentwicklung, insbesondere hinsichtlich der Porosität.

0

400

800

1200

1600

2000

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22Hydratationsdauer [min]

Scha

llges

chw

indi

gkei

t [m

/s]

REA-Kocher-StuckgipsREA-Drehofen-StuckgipsNatur-Kocher-Stuckgips

Abbildung 4-35: Zeitlicher Verlauf der Schallgeschwindigkeit beim Abbinden verschiedener

Stuckgipse (variierende w/b-Werte, entsprechend Tabelle 4-13) und Vergleich mit den anhand von Messerschnitt- und Daumendruck-Methode bestimmten Versteifungszeiten der Stuckgipse

Das Versteifen der Stuckgipse auf REA-Gipsbasis lief (ohne Einwirkung von Zusätzen) deutlich schneller ab, als das von Stuckgips auf Naturgipsbasis. Im Vergleich der Calci-nierapparate versteifte der im Drehofen gebrannte Stuckgips deutlich früher als der im Kocher hergestellte. Auffallend ist zudem, dass

Die Ursachen der variierenden Abbindeverhalten lassen sich unter Zuhilfenahme der Ergebnisse von Hydratationsuntersuchungen (siehe Abbildung 4-36 & Abbildung A-9) finden. Am Beispiel des untersuchten REA-Drehofen-Stuckgipses wird deutlich, dass auch der Restdihydratanteil im Stuckgips beschleunigend wirkt. Stuckgipse, die bereits über einen (wenn auch nur geringen) Gipsanteil verfügen, binden in der Regel schneller ab, als Stuckgipse mit geringeren Anteilen oder ohne Restdihydrat. Die Wirkung des Restdihydrat ist mit dem beschriebenen Effekt von separat zugegebenem Gips vergleichbar. Wie jedoch in Abschnitt 4.1.4 bereits nachgewiesen werden konnte, ist die Wirksamkeit von Dihydrat ohne „mechanische Aktivierung“ vergleichsweise gering. An der gegebenenfalls erst nach dem teilweisen Auflösen des Halbhydrates freigelegten Dihydratoberfläche lagern sich Calcium- und Sulfationen aus der Lösung an und rufen ein frühzeitigeres Einsetzen des Kristallwachstums hervor, als in Abwesenheit von Restdihydrat. Vor diesem Hintergrund erscheint es naheliegend, dass das Abbinden von Stuckgipsen ohne vorhandenes Restdi-hydrat stärker durch eine nachträgliche Gipszugabe beschleunigt werden kann. Als Ursache dafür, dass das Versteifen des REA-Drehofen-Stuckgipses nach Zugabe des Beschleunigers später stattfindet, als das des im Kocher calcinierten REA-Gipses, ist

Versteifungsbeginn Versteifungsende

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vorrangig auf den unterschiedlichen Wasseranspruch der Stuckgipse zurückzuführen. Der hohe Wasser/Bindemittel-Wert des Drehofen-Stuckgipses hat hinsichtlich des Verstei-fungsverlaufes eine verzögernde Wirkung.

Die Gefügeänderungen beim Abbinden von Natur-Stuckgips unterscheiden sich von denen eines REA-Stuckgipses. Diese Schlussfolgerung ergibt sich aus dem deutlich abweichen-den Versteifungsverhalten (siehe Abbildung 4-35) bei nur geringen Unterschieden im Hydratationsverlauf (siehe Abbildung 4-36).

0

40

80

120

160

200

240

0 20 40 0 20 40 0Hydratationsdauer [min]

Wär

mer

ate

[J/g

h]

REA-Kocher-StuckgipsREA-Drehofen-StuckgipsNatur-Kocher-Stuckgips

0 20 40 60 80 100 120

Q2h [J/g]113110104

Abbildung 4-36: Zeitlicher Verlauf der Wärmerate bei der Hydratation verschiedener Stuckgipse

(l/s = 1)

Die konduktrometrischen Untersuchungen (siehe Abbildung A-9) liefern einen Hinweis zur Ursache der gegenüber den REA-Stuckgipsen besseren Beschleunigbarkeit des Natur-Stuckgipses: Die Beträge der Maxima der Leitfähigkeitskurven weisen auf eine geringere Löslichkeit des Natur-Stuckgipses hin. Nach Abbildung 2-6 ist insbesondere die Kristall-keimbildung von einer hohen Übersättigung an Calcium- und Sulfationen (bezüglich Dihydrat) abhängig. Bei Zugabe von hochfein aufgemahlenem Gips wird dieser Prozess durch die Anwesenheit von Impfkristallen quasi (teilweise) übergangen. Das Versteifen von Natur-Stuckgips konnte dementsprechend im Vergleich zu den REA-Stuckgipsen deutlich stärker beschleunigt werden (Versteifungsende um ca. 15 min verschoben, gegenüber ca. 7 min bei REA-Kocher-Stuckgips und nur ca. 1 min bei REA-Drehofen-Stuckgips). Das erreichte Versteifungsende liegt dennoch deutlich hinter dem der unter-suchten Stuckgipse auf REA-Gipsbasis.

Anhand der Leitfähigkeitsuntersuchungen wird ferner deutlich, dass die Lösegeschwindig-keiten der Bindemittel innerhalb der ersten Minute nach dem Einstreuen nahezu identisch sind. Gegenüber den Vorgängen Kristallkeimbildung und -wachstum ist das Lösungsver-halten der Stuckgipse nur von untergeordneter Bedeutung für den Verlauf des Hydratati-onsprozesses.

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Zusammenfassend kann festgestellt werden: Jeder Stuckgips weist ein entsprechend des Ausgangsmaterials und der Bedingungen beim Calcinieren charakteristisches Abbindeverhalten auf. Zudem unterscheidet sich das Potential der „Beschleunigbar-keit“ der Stuckgipse stark: (1) Das Vorhandensein von Restdihydrat im zu beschleu-nigenden Stuckgips reduziert die Wirksamkeit von nachträglich zugegebenem Abbindebeschleuniger auf Dihydratbasis, da durch die vorhandenen Impfkristalle die dormante Periode des Stuckgipses bereits signifikant reduziert wird. (2) Stuckgipse mit geringerer Löslichkeit können aufgrund der damit verbundenen Einschränkun-gen bei der Gipskristallkeimbildung durch Dihydratzugabe stärker beschleunigt werden, als Stuckgipse mit höherer Löslichkeit.

4.2.7 Wasser/Bindemittel-Verhältnis beim Abbinden Die vorangegangenen Untersuchungen an verschiedenen Stuckgipsen gaben einen Hinweis darauf, dass der Wasseranspruch der Bindemittel deren Abbindeverhalten wesentlich beeinflusst. An einem REA-Kocher-Stuckgips soll der Einfluss des Wasser/Feststoff-Verhältnisses (l/s-Verhältnis) auf das Versteifen des Stuckgipses aufgezeigt werden. Der über die Einstreumenge ermittelte Wasser/Bindemittel-Wert des Stuckgipses betrug 0,6. Bei den zusätzlich festgelegten Wasser/Feststoff-Verhältnissen von 0,7 und 0,8 änderte sich die Konsistenz des Bindemittelbreies von pastös (l/s = 0,6) bis dünnflüssig mit geringen Sedimentationserscheinungen (l/s = 0,8).

4:205:10

5:50

1:32 2:00 2:30

11:2012:30

13:25

5:005:35

6:25

0

2

4

6

8

10

12

14

0,6 0,7 0,8 0,6 0,7 0,8

Wasser/Feststoff-Verhältnis [-]

Ver

stei

fung

szei

t [m

in]

VersteifungsbeginnVersteifungsende

mit Beschleunigerohne Beschleuniger

Abbildung 4-37: Einfluss des Wasser/Feststoff-Verhältnisses auf die Versteifungszeiten von

Stuckgips ohne bzw. mit Beschleunigerzugabe (Beschleuniger: 0,1 % REA-Gips, Feinheit 3)

Die Versteifungsversuche liefern sowohl mit als auch ohne den Einsatz eines Abbinde-beschleunigers auf Dihydratbasis erwartungsgemäß folgendes Ergebnis: Mit steigendem Wasser/Feststoff-Verhältnis kommt es zu einer signifikanten Verzögerung des Versteifens von Stuckgips. Die Ursache hierfür liegt insbesondere darin, dass die

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wachsenden Dihydratnadeln in dem größeren Anteil flüssiger Phase weiter voneinander entfernt liegen. Damit es zu dem für das Versteifen erforderlichen kraftschlüssigen Zusammenwachsen der Kristalle kommt, muss demzufolge mehr Halbhydrat zu Dihydrat umgesetzt werden.

0

50

100

150

200

250

0 15 30 45 0 15 30

Hydratationsdauer [min]

Wär

mer

ate

[J/g

h]

l/s = 1 l/s = 2

Q2h [J/g]9289

0 15 30 45 60 75 90

Abbildung 4-38: Einfluss des Wasser/Feststoff-Verhältnisses auf den zeitlichen Verlauf der

Wärmerate bei der Hydratation von Stuckgips

Bei dem vorliegenden Wasser/Bindemittel-Wert von 0,60 werden aus stöchiometrischer Sicht weniger als ⅓ des Wassers für den Hydratationsprozess benötigt. Es kann davon ausgegangen werden, dass bei diesem „Wasserüberschuss“ (aus chemischer Sicht) eine vollständige Hydratation stattfindet. Neben den zuvor beschriebenen Auswirkungen einer erhöhten Wasserzugabe auf die Gefügeentwicklung kann durch differentialkalorimetrische Untersuchungen (siehe Abbildung 4-38) ein weiterer Effekt aus chemischer Sicht verdeut-licht werden. Verfahrensbedingt konnten dabei jedoch nicht die niedrigen Was-ser/Feststoff-Verhältnisse der Versteifungsversuche analysiert werden, da eine vollständige Homogenisierung der Reaktanden im Kalorimeter nicht gewährleistet gewesen wäre. Beim Vergleich der Wasser/Feststoff-Verhältnisse von 1,0 und 2,0 wurde deutlich: Bei höherem Wasseranteil findet erwartungsgemäß auch die Hydratation leicht verzögert statt. Ursächlich ist in erster Linie anzuführen, dass sich bekanntlich mit steigender Verdünnung die durchschnittliche Entfernung vom Lösungs- zum Einbauort der Ionen vergrößert.

4.2.8 Zeitpunkt der Beschleunigerzugabe Es ist bekannt, dass sich Gips beim Einstreuen in Wasser bis zum Erreichen einer Sätti-gungskonzentration von ca. 2 gCaSO4/l löst. Beim Einstreuen von Stuckgips lösen sich bei 20 °C bekanntlich über 8 gCaSO4/l. Um das Abbinden von Stuckgips mittels Calciumsul-fatdihydrat zu beschleunigen, ist es üblich, beide Feststoffe gleichzeitig (evtl. nach vorheriger Homogenisierung) mit Wasser zu vermischen. Welche Auswirkungen dies auf das Auflösungsverhalten des Dihydrates hat, wurde auf Grundlage dessen abbinde-

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beschleunigender Wirksamkeit durch Leitfähigkeitsuntersuchungen beurteilt.

Zunächst wurde im Laborversuch der Abbindebeschleuniger auf Dihydratbasis 10 min vor dem zu beschleunigenden Stuckgips sowie gemeinsam mit diesem in Wasser eingestreut und der Hydratationsverlauf konduktmetrisch verfolgt (siehe Abbildung 4-39).

0

1

2

3

4

5

6

7

0 5 10 15 20Zeit [min]

Ele

ktri

sche

Lei

tfähi

gkei

t [m

S/cm

]

Abbildung 4-39: Einfluss des Zeitpunktes der Gipszugabe auf den zeitlichen Verlauf der

elektrischen Leitfähigkeit bei der Hydratation von Stuckgips (l/s = 20; Gips: REA-Gips, Feinheit 3, Zugabemenge: 5,5 %)

Die Zugabemenge an hochfein aufgemahlenem Gips wurde mit 5,5 % (entspricht ≈ 2,2 g CaSO4/l) so hoch gewählt, dass auch beim vorherigen Lösen des Gipses noch ein geringer Teil als Feststoff in der gesättigten Calciumsulfatlösung vorliegt.

Anhand des Verlaufes der elektrischen Leitfähigkeit bei der Hydratation von Stuckgips wird deutlich, dass es zum Wirksamkeitsabbau des Beschleunigers kommt, wenn dieser vor dem Stuckgips in Wasserkontakt kommt. Dies bestätigt die für die Beschleunigungs-wirkung tragende Rolle der Feinstpartikel: Beim direkten Einstreuen von Dihydrat ins Anmachwasser (nicht zuvor mit dem Stuckgips vermischt) lösen sich auf Grund der unterschiedlichen Oberflächen/Volumen-Verhältnisse zunächst die Feinstpartikel auf. Dies ist ursächlich verantwortlich für die deutliche Verminderung der abbindebeschleunigenden Wirksamkeit in derartigen Versuchen.

Mittels Differentialkalorimetrie wurden die Ergebnisse der konduktometrischen Untersu-chungen bestätigt (siehe Abbildung A-10).

Wie anhand der Leitfähigkeitskurven auch sichtbar wird, ist die Sättigungskonzentration von β-Halbhydrat (bzw. das Maximum der Leitfähigkeitskurve) beim Einstreuen von Stuckgips erst nach einer gewissen Zeit erreicht. Demzufolge ist es möglich, dass sich innerhalb der ersten Minute nach Wasserkontakt ein Teil der hochfeinen Dihydratpartikel des Beschleunigers beim gemeinsamen Einstreuen mit Stuckgips in der noch untersättigten Calciumsulfatlösung auflöst. Dieser Hypothese und den damit verbundenen Auswirkungen

Ref.

Gips mit Stuckgips eingestreut

Gips 10 min vor Stuckgips eingestreut

Hydratationsdauer [min]

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auf die abbindebeschleunigende Wirksamkeit des Zusatzes wurde durch weitere Experi-mente nachgegangen.

Im Laborversuch wurde Stuckgips und hochfein aufgemahlener Gips gemeinsam Lösun-gen mit variierenden Calciumsulfatkonzentrationen (siehe Tabelle 4-15) zugegeben.

Tabelle 4-15: Änderung der Versteifungszeiten einer abbindenden Stuckgipsmischung bei gemein- samer Zugabe von Stuckgips und hochfein aufgemahlenem Gips in Lösungen mit variierenden Calciumsulfatkonzentrationen (l/s = 0,6; Gips: REA-Gips, Feinheit 3, Zugabemenge: 0,05 %)

Zugabe der Feststoffmischung in …

CaSO4-Konzentration bei Dihydratzugabe

[gCaSO4/l]

Versteif.-beginn [min:s]

Versteif.-ende

[min:s]

…Wasser 0 1:35 5:40

…nahezu gesättigte DH-Lösung (5 min vor Einstreuen: 3 g DH/l) ≈ 1,8 1:30 5:15

…bezüglich DH übersättigte Lösung (2 min vor Einstreuen: 10 g HH/l) ≈ 5,5 1:30 5:10

Referenz (Stuckgips ohne Zusätze) 5:00 14:00

Die Versteifungsversuche zeigen, dass auch die Calciumsulfatkonzentration der Lösung bei der Zugabe von hochfein gemahlenem Gips einen Einfluss auf die Wirksamkeit des Dihydrates als Abbindebeschleuniger hat. Insbesondere das Versteifungsende kann zu früheren Zeiten hin verschoben werden, wenn sich zum Zeitpunkt des Kontaktes von Beschleuniger und flüssiger Phase bereits Calcium- und Sulfationen (im Bereich der Sättigungskonzentration von Dihydrat oder darüber) in der Lösung befinden.

Sowohl die Ergebnisse der Untersuchungen des Versteifungsverhaltens als auch die von parallel durchgeführten Leitfähigkeitsmessungen der Suspensionen (Abbildung A-11) lassen folgenden Zusammenhang erkennen:

Hochfein aufgemahlener Gips hat die höchste abbindebeschleunigende Wirksamkeit, wenn er nicht mit Wasser (bzw. bezüglich Dihydrat untersättigter Calciumsulfatlösung) in Kontakt kommt, sondern in gesättigte bzw. übersättigte Lösung gegeben wird. Bekanntlich lösen sich auf Grund der unterschiedlichen Oberflächen/Volumen-Verhältnisse zunächst die Feinstpartikel auf. Damit wird die für die Beschleunigungswirkung tragende Rolle der hochfeinen Partikel bestätigt.

Bei Kontakt mit übersättigter Lösung hingegen bleiben die Partikel weitgehend oder sogar vollständig erhalten und stehen als Impfkristalle dem Hydratationsprozess von β-Halb-hydrat zur Verfügung. Um die abbindebeschleunigende Wirksamkeit des Dihydrates aufrechtzuerhalten, muss dafür Sorge getragen werden, dass der Impfkristall beim Kontakt mit der flüssigen Phase nicht aufgelöst wird.

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4.2.9 Intensität des Mischvorganges Wie in Abschnitt 4.1 erläutert wurde, werden bei der Hydratation von Stuckgips Gipskris-tallkeime primär aus der übersättigten Calciumsulfatlösung gebildet. Bei Anwesenheit von hochfeinen Dihydratpartikeln kann das Kristallwachstum direkt an der Oberfläche der Impfkristalle einsetzen. Beim Vorhandensein von arteigenen Kristallen kommt es zudem zur sog. sekundären Keimbildung. Insbesondere beim Mischvorgang des Bindemittelbreies lösen sich durch Kollisionen der Kristalle vorhandene Cluster von den bereits existieren-den Kristallen ab und bilden sekundäre Keime.

Im Laborversuch wurde der Einfluss dieser Keimvermehrung auf den Abbindeprozess von Stuckgips bei Zugabe von 0,1 % hochfein aufgemahlenem Gips analysiert.

1:55 1:48 1:43 1:35 1:28

5:555:30

4:504:30

4:00

0

1

2

3

4

5

6

7

10sHandmischung

5s 800U/min 10s 800U/min 15s 800U/min 30s 800U/min

Mischart /-dauer [-]

Zei

t [m

in]

VersteifungsbeginnVersteifungsende

Abbildung 4-40: Einfluss der Intensität des Mischvorganges auf die Versteifungszeiten von

Stuckgips bei Zugabe von 0,1 % hochfein aufgemahlenem Gips (l/s = 0,6; vor dem Mischen: 15 s Einstreuen + 15 s Sumpfen)

Die Versuchsergebnisse belegen, dass mit steigender Intensität des Mischvorganges die Versteifungszeit von Stuckgips verkürzt wird. Die längere mechanische Einwirkung durch das Rührwerk des Labormischers konnte das Versteifungsende (ohne Änderung der Ausgangskomponenten) von ca. 6 Minuten auf 4 Minuten verkürzen (siehe Abbildung 4-40).

Auch durch die konduktometrische Untersuchung der Hydratation von Stuckgips (siehe Abbildung 4-41) wird der beschleunigende Einfluss infolge sekundärer Keimbildung eindrucksvoll aufgezeigt: Während bei Verwendung des Magnetrührers der Hydratati-onsprozess nach 20 Minuten weitgehend abgeschlossen ist, läuft die Reaktion in der Suspension ohne Rührvorgang auch noch nach über zwei Stunden stark verlangsamt weiter.

Ver

stei

fung

szei

t [m

in]

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0

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2

3

4

5

6

7

0 20 40 60 80 100 120 140 160Zeit [min]

Ele

ktri

sche

Lei

tfähi

gkei

t [m

S/cm

]

Abbildung 4-41: Einfluss des Magnetrührers auf den zeitlichen Verlauf der elektrischen

Leitfähigkeit bei der Hydratation von Stuckgips (l/s = 20)

4.3 Einflüsse auf den alterungsbedingten Wirksamkeitsabbau von hochfein aufgemahlenem Gips

4.3.1 Umgebungsbedingungen bei der Lagerung Da die hochfeinen Dihydratpartikel nach der Feinstmahlung nicht in einem aus physikali-scher Sicht isolierten System vorliegen, können Wechselwirkungen mit der Umgebung auftreten. Es ist bekannt, dass dieser als „Alterung“ bezeichnete Prozess von den Umge-bungsbedingungen, insbesondere der Luftfeuchte und der Temperatur, abhängt.

Der Temperatureinfluss steht bekanntlich im unmittelbaren Zusammenhang zum Einfluss der Luftfeuchtigkeit: Mit steigender Temperatur nimmt die zur Sättigung benötigte Wasserdampfmenge zu. Das hat zur Folge, dass die relative Luftfeuchtigkeit eines gegebenen Luftvolumens bei Erwärmung abnimmt.

Im Laborversuch sollte geklärt werden, welche Vorgänge bei der Alterung von Dihydrat ablaufen und welche Auswirkungen dies auf die abbindebeschleunigende Wirkung des Gipses hat.

Die künstliche Alterung des Abbindebeschleunigers auf Dihydratbasis wurde unter definierten Klimabedingungen (siehe Abschnitt 3.3.2) herbeigeführt. Die Veränderungen der Beschleunigungswirkung wurden durch die Bestimmung der Versteifungszeiten und differentialkalorimetrische Untersuchungen zur Hydratation von Stuckgips bei Zugabe der Beschleuniger erfasst.

Anhand der Versteifungszeiten (siehe Abbildung 4-42) wird deutlich, dass mit zunehmen-der Lagerungsdauer sowohl in trockener als auch in feuchter Umgebung die abbinde-beschleunigende Wirksamkeit des Dihydrates reduziert wird. Während dieser Effekt bei

ohne Magnetrührer

mit Magnetrührer

Hydratationsdauer [min]

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trockener Lagerung sowie bei 50 % relativer Luftfeuchte nur gering ausfiel, führte die Lagerung des Beschleunigers unter feuchten Klimabedingungen (75 % r. F.) zu einer drastischen Verlängerung besonders des Versteifungsendes (z. B. nach 6 Wochen von 7 auf 13 Minuten verschoben). Der größte Wirksamkeitsabbau fand dabei bereits in den ersten beiden Wochen nach der Mahlung statt.

0

2

4

6

8

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12

14

0 14 28 56Lagerungsdauer [d]

Ver

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t [m

in]

Abbildung 4-42: Einfluss der Lagerungsbedingungen (Dauer und Luftfeuchtigkeit) von hochfein

aufgemahlenem Gips auf die Versteifungszeiten von Stuckgips bei Zugabe von 0,2 % des Beschleunigers (l/s = 0,6; Gips: Naturgips, großtechnische Feinstmah- lung in Kugelmühle; Referenz / ohne Beschleuniger: VB: 6:10; VE: 20:45)

0

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120

160

200

1 1 1 1 1 1 1Hydratationsdauer [min]

Wär

mer

ate

[J/g

h]

+ Gips, 0 % r. F.+ Gips, 75 % r. F.Referenz

Q2h [J/g]979797

0 20 40 60 80 100 120

Abbildung 4-43: Hydratationsverlauf von Stuckgips bei Zugabe von hochfein aufgemahlenem

Gips, der zuvor 110 Tage bei unterschiedlichen Luftfeuchten gelagert wurde (l/s = 1; Gips: Naturgips, großtechnische Feinstmahlung in Kugelmühle, Zugabemenge: 0,2 %; Natur-Stuckgips)

+ Gips, 0 % r. F.

+ Gips, 0 % r. F.

+ Gips, 50 % r. F.

+ Gips, 75 % r. F.

+ Gips, 50 % r. F. + Gips, 75 % r. F.

VE

VB

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Auch die Ergebnisse der differentialkalorimetrischen Untersuchung der Hydratation von Stuckgips bei Dihydratzugabe machen deutlich, dass die Wirksamkeit des hochfein aufgemahlenen Gipssteins als Beschleuniger bei Lagerung in einer Umgebung mit erhöhter Luftfeuchtigkeit deutlich herabgesetzt wird (siehe Abbildung 4-43). Das Maximum der Wärmeentwicklungsrate wird gegenüber der Hydratation bei Verwendung von trocken gelagertem Abbindebeschleuniger auf Dihydratbasis in Richtung der unbeschleunigten Referenzprobe verschoben. Die Gesamtwärmemenge wird durch die Beschleunigerzugabe erwartungsgemäß nicht beeinflusst.

Neben dem Vergleich der DCA-Kurven wurde anhand der ermittelten Wärmengen Q [J/g] nach 15 Minuten und zum Zeitpunkt von Versteifungsbeginn und -ende der Hydratati-onsgrad berechnet. Als Bezugswert diente der (nach 3 Stunden erhaltene) Maximalwert der Wärmemenge. Die Ergebnisse sind in Tabelle 4-16 dargestellt.

Tabelle 4-16: Änderung der Versteifungszeiten und des Hydratationsgrades einer abbindenden Stuckgipsmischung bei Zugabe von hochfein aufgemahlenem Gips, der zuvor bei unterschiedlichen Luftfeuchten gelagert wurde (l/s = 0,6; Gips: Naturgips, groß- technische Feinstmahlung in Kugelmühle, Lagerungsdauer 56 Tage, Zugabemenge: 0,2 %; Natur-Stuckgips)

Versteifungs-beginn (VB)

Versteifungs-ende (VE)

Hydratationsgrad [-] zum Zeitpunkt

[min:s] [min:s] VB VE 15 min

+ Gips, 0 % r. F. 1:50 8:00 0,002 0,02 0,08

+ Gips, 75 % r. F. 2:55 12:55 0,003 0,04 0,05

Referenz (ohne Gips) 6:10 20:45 0,01 0,06 0,03

Trotz der verfahrensbedingt verzögerten Registrierung der Wärmemenge (nach FISCHER 1992c: bis zu einige Minuten) ist eine direkte Proportionalität zwischen dem Versteifungs-ende und dem Hydratationsgrad zu erkennen: Je später das Versteifungsende des Stuckgips erreicht wird, desto höher ist dessen Hydratationsfortschritt zu diesem Zeitpunkt.

Zur Beantwortung der aus Tabelle 4-16 abgeleiteten Fragestellung, warum zum Zeitpunkt des Versteifungsendes so stark variierende Hydratationsgrade vorliegen, ist folgender Zusammenhang denkbar (nähere Erläuterungen siehe Abschnitt 4.4): Durch den Beschleu-nigereinsatz wird eine veränderte Gefügeausbildung generiert. Bei Beschleunigerzugabe wächst sehr schnell eine Vielzahl von Gipskristallen, die das Korngerüst besser überbrü-cken. Dies äußert sich in frühem Ansteifen des Bindemittelbreies. Bei langsamerem Versteifen hingegen muss deutlich mehr Stuckgips hydratisieren, um eine vergleichbare Überbrückung des Korngerüsts zu erreichen. Die in ihrer Anzahl deutlich reduzierten Gipskristalle entstehen anfangs überwiegend auf den Oberflächen der verbliebenen Stuckgipspartikel (auf Grundlage der heterogenen Keimbildung). Für die Vernetzung der Kristalle, die das Versteifen hervorruft, muss demnach ein größerer Halbhydratanteil zu Dihydrat umgesetzt werden.

Werden die Hydratationsgrade der verschiedenen Rezepturen zu gleicher Zeit (hier nach 15 min) verglichen, so spiegelt das Ergebnis die Beschleunigungswirkung wider. Die

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Referenzprobe ohne Beschleuniger erreichte dabei den geringsten Hydratationsfortschritt, gefolgt von bei 75 % r. F. gelagertem Gips. Den höchsten Hydratationsgrad nach 15 min erzielte trocken gelagerter Gips.

Um den Ursachen des Wirksamkeitsabbaus weiter auf den Grund zu gehen, wurde während der Lagerung der Gipse deren Feuchteaufnahme gravimetrisch bestimmt. Exemplarisch sind zudem die spezifischen Oberflächen nach Blaine und BET, die Parti-kelgrößenverteilungen, die elektrische Leitfähigkeit von Gipssuspensionen bestimmt sowie rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen durchgeführt worden.

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

0 14 28 56Lagerungsdauer [d]

Mas

seän

deru

ng [%

]

Abbildung 4-44: Masseänderung von hochfein aufgemahlenem Gips im Verlaufe der Lagerung bei

verschiedenen Luftfeuchten (Gips: Naturgips, großtechnische Feinstmahlung in Kugelmühle)

Die Masseänderung von hochfein aufgemahlenem Gips bei der Lagerung bei verschiede-nen Luftfeuchten (Abbildung 4-44) und dessen abbindebeschleunigender Wirksamkeit (Abbildung 4-42) stehen in direktem Zusammenhang. Je höher das Feuchteangebot der Umgebung ist und je länger der hochfeine Gips diesem Klima ausgesetzt ist, desto mehr Feuchtigkeit nimmt dieser auf und umso geringer wird seine abbindebeschleunigende Wirksamkeit. Die Auswirkungen der verschiedenen Lagerungsbedingungen werden auch beim Vergleich der spezifischen Oberflächen der Gipse (siehe Abbildung 4-45) ersichtlich.

Unter Verwendung des Sorptionsverfahrens (BET) zur Bestimmung der „äußeren“ und „inneren“ Oberfläche werden die Veränderungen der hochfein aufgemahlenen Gipsstein-proben durch Einwirkung von Luftfeuchtigkeit besonders deutlich. Gegenüber der trockenen Lagerung nimmt durch Einwirkung geringer Luftfeuchten (hier: 50 % r. F.) die Dihydratpartikeloberfläche nur gering ab. Bei höheren Luftfeuchten (hier: 75 % r. F.) hingegen kommt es zu einem deutlichen Oberflächenabbau.

Auch die mittels Durchströmungsverfahren (Blaine) bestimmte „äußere“ Oberfläche wird bei feuchter Lagerung stärker reduziert als bei geringer Umgebungsfeuchte.

Gips, 75 % r. F.

Gips, 50 % r. F.

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92

4,85

4,32

1,86

0,96 0,89 0,71

0

1

2

3

4

5

6

0 50 75Relative Luftfeuchte [%]

Spez

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²/g] BET

Blaine

Abbildung 4-45: Einfluss der Luftfeuchtigkeit bei der Lagerung auf die spezifische Oberfläche

(nach BET und Blaine) des hochfein aufgemahlenen Gipses (Gips: Naturgips, großtechnische Feinstmahlung in Kugelmühle; Lagerungsdauer 77 Tage)

Die lasergranulometrisch ermittelten Partikelgrößenverteilungen von trocken und feucht gelagertem hochfein aufgemahlenem Gipsstein (Abbildung 4-46) zeigt beispielhaft die Partikelvergröberung bei Einwirkung erhöhter Luftfeuchten.

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75 % r. F.

Abbildung 4-46: Partikelgrößenverteilungs- und -durchgangskennlinien (in Anzahl-%) von

hochfein aufgemahlenem Gips (Naturgips L3, Feinheit 3) nach 330-tägiger Lagerung in einem abgeschlossenen Behältnis (≈ 0 % r. F.) sowie unter Einwirkung von 75 % r. F.

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Die deutliche Reduzierung der Anzahl an Partikeln im Bereich < 100 nm ist vermutlich auf Umkristallisationen zurückzuführen. Die volumenbezogene Auswertung der Partikel-größenverteilungen (siehe Abbildung A-12) zeigt darüber hinaus deutliche Agglome-rationserscheinungen bei Feuchtlagerung auf.

Der Vergleich von volumen- (Abbildung A-12) und anzahlbezogenen Partikelgrößen-verteilungen (Abbildung 4-46) belegt die geringe Aussagefähigkeit der Volumenverteilung in Bezug auf die relevanten Partikel im Nanometerbereich.

Welche Auswirkungen eine Lagerung in feuchter Umgebung auf das Lösungsverhalten der hochfein aufgemahlenen Gipse bei Wasserkontakt hat, konnten konduktometrische Untersuchungen (siehe Abbildung A-13) aufzeigen: Die Geschwindigkeit des in Lösung gehens von Gips wird durch die Feuchteeinwirkung nicht beeinflusst. Die Löslichkeit hingegen wird durch die Reduzierung der spezifischen Oberfläche erwartungsgemäß herabgesetzt. Der maximale Leitwert, der sich bereits nach ca. 15 Sekunden einstellte, betrug 2,37 mS/cm bei trockener Lagerung und 2,28 mS/cm bei Lagerung in feuchter Umgebung.

Elektronenmikroskopische Aufnahmen mittels ESEM-Technik (siehe Abbildung 4-47 & Abbildung 4-48) verdeutlichen den beschriebenen Oberflächenabbau infolge Feuchtlage-rung. Es kommt zu einer Verringerung der Anzahl feinster Partikel. Kanten und Ecken erhalten gebliebener feiner Partikel wirken abgerundet, oberflächliche Unebenheiten verschwinden.

Abbildung 4-47: Hochfein aufgemahlener Gipsstein, 110 Tage bei ≈ 0 % r. F. gelagert (20.000-fache Vergrößerung im ESEM; Gips: Naturgips, großtechnische Feinstmahlung in Kugelmühle): viele Feinstpartikel anhaftend auf gröberen Partikeln

Abbildung 4-48: Hochfein aufgemahlener Gipsstein, 110 Tage bei 75 % r. F. gelagert (20.000-fache Vergrößerung im ESEM; Gips: Naturgips, großtechnische Feinstmahlung in Kugelmühle): feine Partikel anhaftend auf gröberen Partikeln

Zusammenfassend lässt sich der Einfluss der Umgebungsbedingungen bei der Lagerung auf den alterungsbedingten Wirksamkeitsabbau von hochfein aufgemahlenem Gips wie folgt darstellen:

Hinsichtlich der Funktion des Dihydrates als Abbindebeschleuniger sind die durch den Mahlvorgang neu geschaffenen Oberflächen (in Form einer größeren Anzahl von Feinstpartikeln) von maßgeblicher Bedeutung.

Bei Anwesenheit von hoher Luftfeuchtigkeit werden durch Umkristallisations-

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vorgänge sehr kleine Partikel (< 100 nm) teilweise vollständig aufgelöst, größere werden oberflächlich angelöst. Unebenheiten auf den Partikeloberflächen, Klüfte und Krater etc. werden stark reduziert. Damit stehen weniger potentielle Kristallisations-zentren (Impfkristalle) zur Verfügung. Ein größerer Teil der Kristallisationskeime muss sich nun über die Lösungsphase aus Vorkeimen formieren (heterogene Keim-bildung), was eine messbare Verlängerung der Abbindezeiten zur Folge hat.

Für die Umkristallisationserscheinungen auf der Partikeloberfläche von Gips ist flüssiges Wasser zwingend erforderlich. Unter Einwirkung von ausreichend hoher Luftfeuchtigkeit kommt es insbesondere durch Unebenheiten von Partikeln im Nanometerbereich sowie in den intergranularen Zwickeln kapillarer Größe durch Kondensation zur Ausbildung einer dünnen Wasserschicht. In dieser flüssigen Wasserschicht lösen sich Feinstpartikel und solche Partikelbereiche, die stark gittergestört sind, da deren Löslichkeit größer ist als jene gröberer Partikel. Die in der Lösung befindlichen Calcium- und Sulfationen lagern sich an großen Dihydratpartikeln an und führen zum „Ausheilen“ von Oberflächendefekten und zum Kristallwachstum (Sammmelkristallisation). Durch die Relaxation des Kristallgitters (Heilungseffekte, sog. „Gitterentspannung“) und die Abnahme der Oberflächenenergie wird ein thermodynamisch stabilerer Zustand erreicht.

Aus den gewonnenen Erkenntnissen lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen: Um dem Wirksamkeitsabbau des hochfein aufgemahlenen Gipses als Beschleuniger für Stuckgips vorzubeugen, sollte auf eine Lagerung dieses Materials über mehrere Wochen möglichst verzichtet werden. Lässt sich dies aus technologischen Gründen nicht verhindern, so sollten negative äußere Einflüsse, insbesondere hohe Luftfeuch-ten, unbedingt vermieden werden. Erhebliches Potential zur Verbesserung der Lage-rungsfähigkeit wird zudem in den aus der Literatur zitierten Möglichkeiten gesehen, die aktiven Oberflächen durch gemeinsame Vermahlung des Gipses mit Zucker, Stärke oder ähnlichem einzuschließen. Die Ergebnisse weiterer Untersuchungen diesbezüglich werden in Abschnitt 4.3.4 vorgestellt.

4.3.2 Intensität der Mahlbeanspruchung

In Abschnitt 4.2.1 wurde gezeigt, dass die Mahlfeinheit bzw. spezifische Oberfläche von Gips unmittelbar nach der Feinstmahlung einen entscheidenden Einfluss auf dessen abbindebeschleunigenden Effekt hat. Die 3 verschiedenen Mahlfeinheiten von REA-Gips wurden durch Variation von Mahldauer und Rotationsgeschwindigkeit der Labor-Scheibenschwingmühle erzeugt. Relevante Eigenschaften zur Charakterisierung der Mahlprodukte (wie spezifische Oberfläche und Partikelgrößenverteilung) sind in Abschnitt 4.2.1 ersichtlich.

Unmittelbar nach der Feinstmahlung wurden die Beschleuniger einer mehrwöchigen Lagerung in trockener (≈ 0 % r. F.) bzw. feuchter (75 % r. F.) Umbebung unterzogen. Dabei ist die Masseänderung des (feucht gelagerten) Materials erfasst sowie zu festgeleg-ten Zeitpunkten die abbindebeschleunigende Wirksamkeit durch Bestimmung der Verstei-fungszeiten von Stuckgips bei Zugabe der Gipse ermittelt worden (siehe Abbildung 4-51). Die Änderung der abbindebeschleunigenden Wirksamkeit der Gipse wurde auf Grundlage des in Abschnitt 3.1 definierten Wirksamkeitsgrades (bezogen auf das Versteifungsende) graphisch ausgewertet (siehe Abbildung 4-49 & Abbildung 4-50).

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0,1 1 10 100Lagerungsdauer [d]

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Abbildung 4-49: Zeitlicher Verlauf des Wirksamkeitsgrades (Bezugsgröße: Versteifungsende) von

Gips verschiedener Mahlfeinheiten bei der Lagerung in trockener Umgebung (≈ 0 % r. F.) (l/s = 0,6; Gips: REA-Gips, Zugabemenge: 0,1 %)

Bei trockener Lagerung der Beschleuniger war innerhalb des Untersuchungszeitraumes von 28 Tagen unabhängig von der Mahlfeinheit der Gipse nur ein leichter Wirksamkeits-abbau zu verzeichnen. In feuchtem Klima gelagerter fein gemahlener Gips verlor hingegen zunehmend an abbindebeschleunigender Wirksamkeit (siehe Abbildung 4-50). Der Wirksamkeitsabbau des Beschleunigers mit der höchsten Mahlfeinheit fiel dabei geringer aus, als der von Gips mit geringerer spezifischer Oberfläche.

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0,1 1 10 100Lagerungsdauer [d]

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0 1 7 28

Abbildung 4-50: Zeitlicher Verlauf des Wirksamkeitsgrades (Bezugsgröße: Versteifungsende) von

REA-Gips verschiedener Mahlfeinheiten bei der Lagerung in feuchter Umgebung (75 % r. F.) (l/s = 0,6; Gips: REA-Gips, Zugabemenge: 0,1 %)

+ Gips, Feinheit 1

+ Gips, Feinheit 2

+ Gips, Feinheit 3

+ Gips, ungemahlen

+ Gips, Feinheit 3

+ Gips, Feinheit 2

+ Gips, Feinheit 1

+ Gips, ungemahlen

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]

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Abbildung 4-51: Masseänderung von REA-Gips verschiedener Mahlfeinheiten im Verlaufe der

Lagerung in feuchter Umgebung (75 % r. F.)

Mit steigender Mahlfeinheit von Gips steigt erwartungsgemäß auch dessen Feuchteauf-nahme (siehe Abbildung 4-51). Diese fällt bereits innerhalb der ersten 24 Stunden der Lagerung beträchtlich aus.

Die erhöhte Feuchteaufnahme sowie das verlängerte Aufrechterhalten einer hohen abbindebeschleunigenden Wirksamkeit bei der Feuchtlagerung des mit höchster Mahlin-tensität aufgemahlenen Gipses (Feinheit 3) ist auf einen bereits in Abschnitt 4.2.1 erläuter-ten Zusammenhang zurückzuführen: Mit steigender Mahldauer werden vermehrt hochfeine Gipspartikel im Nanometerbereich erzeugt, die zum Teil agglomeriert vorliegen. Mit diesem Potential steht auch nach erhöhter kapillarer Feuchteaufnahme des Gipses noch eine große Anzahl an Impfkristallen zur Verfügung, um das Abbin-den von Stuckgips maßgeblich zu beschleunigen. Der Wirksamkeitsabbau von Gips der Feinheit 3 (bezüglich der Verkürzung des Versteifungsendes) lag nach 4-wöchiger Feuchtlagerung dennoch bei über 30 % (Wirksamkeitsgrad von ca. 0,7 auf 0,45 reduziert). Es besteht daher ein erhöhtes Bestreben, der Alterung des Beschleunigers durch entspre-chende materialtechnische Maßnahmen bereits bei der Herstellung entgegenzuwirken.

4.3.3 Mühlenaufgabegut - Verunreinigungen und Kristallmorphologie von Gips Die systematischen Untersuchungen zur abbindebeschleunigenden Wirksamkeit unmittel-bar nach der Feinstmahlung verschiedener Naturgipse mit variierenden Anteilen natürli-cher Verunreinigungen (siehe Abschnitt 4.2.3) zeigte, dass insbesondere die Anwesenheit härterer Verunreinigungsbestandteile im Naturgips (wie Quarz oder Dolomit) die Effekti-vität des Mahlvorganges deutlich erhöhen. Demgegenüber sind kristallmorphologische Unterschiede der Gipse (und in diesem Zusammenhang die erdzeitliche Herkunft des Gipssteines) von untergeordneter Bedeutung.

Nachfolgend soll überprüft werden, welchen Einfluss die Wahl des Mühlenaufgabegutes

Gips, Feinheit 3

Gips, Feinheit 1Gips, Feinheit 2

Gips, ungemahlen

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auf den alterungsbedingten Wirksamkeitsabbau von hochfein aufgemahlenem Dihydrat als Abbindebeschleuniger für Stuckgips hat. Relevante Eigenschaften zur Charakterisierung der Mahlprodukte (wie die Art der Verunreinigungen, der Dihydratanteil, die spezifische Oberfläche und die Partikelgrößenverteilung) sind in Abschnitt 4.2.3 ersichtlich.

Alle Gipse sind nach der Feinstmahlung (auf Feinheit 3) über den Zeitraum von einem Jahr in trockener (≈ 0 % r. F.) bzw. feuchter Umgebung (75 % r. F.) gelagert worden. Die abbindebeschleunigende Wirksamkeit der Gipse wurde dabei zu festgelegten Zeitpunkten durch Bestimmung der Versteifungszeiten von Stuckgips überprüft (siehe Abbildung 4-52 & Abbildung 4-53). Zudem wurde die Masseänderung des (feucht gelagerten) Materials erfasst (siehe Abbildung 4-54). Am Ende des Untersuchungszeitraumes erfolgte eine erneute stoffliche Charakterisierung der trocken bzw. feucht gelagerten Beschleuniger durch Bestimmung der spezifischen Oberflächen (nach Blaine und BET) und der elektri-schen Leitfähigkeiten der Suspension (l/s = 20, Leitwerte zum Zeitpunkt 2 Minuten nach dem Einstreuen verglichen) (siehe Tabelle A-1).

Bei trockener Lagerung der Beschleuniger war innerhalb des Untersuchungszeitraumes von 365 Tagen unabhängig von der Gipsart ein vergleichsweise geringer Wirksamkeitsab-bau von 15 bis 20 %, bezogen auf das Versteifungsende, zu verzeichnen. Damit wird deutlich, dass auch bei der Lagerung im verschlossenen Kunststoffbehälter ein geringes Feuchteangebot zur Verfügung stand. In feuchtem Klima gelagerter hochfein aufgemahle-ner Gips verlor über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg stetig an abbinde-beschleunigender Wirksamkeit. Der Wirksamkeitsabbau hinsichtlich des Versteifungsen-des lag nach 365-tägiger Lagerung im Bereich von 30 (Naturgips L3) bis 70 % (REA-Gips). Die aus Abschnitt 4.2.3 hervorgegangenen Erkenntnisse zum Einfluss der verschie-denen Verunreinigungen im Mühlenaufgabegut können durch die Alterungsversuche bestätigt werden: Die Abbindebeschleunigung durch hochfein aufgemahlenen Naturgips mit hohen Quarz- bzw. Dolomit-Anteilen (hier: Naturgipse L3, L1, S1) ist deutlich wirkungsvoller als die der Gipse ohne bzw. mit geringeren Fremdstoffanteilen (hier: Naturgipse R3, R1 & REA-Gips). Die Wirksamkeitsunterschiede der verschiedenen Gipse bleiben auch im Verlaufe einer längeren Lagerung (in trockener sowie feuchter Umge-bung) erhalten bzw. verstärken sich sogar.

Der geringe Wirksamkeitsabbau von Naturgips L3 gibt einen Hinweis darauf, dass tonige Beimengungen in Naturgipsen den Alterungsprozess der Dihydratpartikel verlangsamen. Tonminerale weisen dabei ein starkes Bestreben auf, Wasser in ihre Struktur einzulagern, was als eine Begründung für die hohe Feuchteaufnahme dieses Naturgipses herangezogen werden kann. Dem Einfluss toniger Beimengungen im Mühlenaufgabegut auf den alterungsbedingten Wirksamkeitsabbau von hochfein aufgemahlenem Gips wird in Abschnitt 4.3.4 weiter nachgegangen.

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Lagerungsdauer [d]

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+ Naturgips L3+ Naturgips L1+ Naturgips S1+ Naturgips R3+ Naturgips R1+ REA-Gips

0 28 365

Abbildung 4-52: Zeitlicher Verlauf des Wirksamkeitsgrades (Bezugsgröße: Versteifungsende)

verschiedener hochfein aufgemahlener Gipse bei der Lagerung in trockener Umgebung (≈ 0 % r. F.) (l/s = 0,6; Gipszugabemenge: 0,1 %)

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0 1 3 7 28 90 365

Abbildung 4-53: Zeitlicher Verlauf des Wirksamkeitsgrades (Bezugsgröße: Versteifungsende)

verschiedener hochfein aufgemahlener Gipse bei der Lagerung in feuchter Umgebung (75 % r. F.) (l/s = 0,6; Gipszugabemenge: 0,1 %)

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]Naturgips L3Naturgips L1Naturgips S1Naturgips R3Naturgips R1REA-Gips

0 1 3 7 28 90 180 365

Abbildung 4-54: Masseänderung verschiedener hochfein aufgemahlener Gipse im Verlaufe der

Lagerung in feuchter Umgebung (75 % r. F.)

Der in Abschnitt 4.3.2 ersichtliche Zusammenhang zwischen der Feuchteaufnahme und dem Erhalt der abbindebeschleunigenden Wirksamkeit der Gipse bei der Lagerung wird auch bei den Langzeituntersuchungen deutlich: So lange das hochfein aufgemahlene Dihydrat der Umgebungsluft Feuchte entzieht, so lange sind auch ausreichend Feinstpartikel mit aktiver Oberfläche vorhanden, die als Kristallisationszentren wirksam werden und damit das Abbinden von Stuckgips beschleunigen. Geht die Masseänderung nach einer gewissen Lagerungszeit (Stunden, Tage oder Wochen) gegen Null, ist auch mit dem Einstellen einer abbindebeschleunigenden Wirksamkeit auf niedrigem Niveau zu rechnen. Auf Grundlage dieser Erkenntnis kann die Masseauf-nahme des hochfein aufgemahlenen Gipses zur Einschätzung der Wirksamkeit des Beschleunigers herangezogen werden.

Wie aus den Abschnitten 4.2.3 und 4.2.4 hervorgeht, steigt mit dem Anteil an (überwie-gend härteren) Fremdbestandteilen im Mühlenaufgabegut die abbindebeschleunigende Wirksamkeit des Mahlgutes. Da zudem der Dihydratanteil im Beschleuniger im Verlaufe der Lagerung konstant bleibt, wurde dieser herangezogen, um die lagerungsbedingten Veränderungen der abbindebeschleunigenden Wirksamkeit der Gipse (Abbildung 4-55), der Feuchteaufnahme (Abbildung 4-56), der spezifischen Oberfläche (BET: Abbildung 4-57, Blaine: Abbildung A-14) sowie der elektrischen Leitfähigkeit der Suspension der Stoffe (Abbildung A-15) aufzuzeigen.

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Abbildung 4-55: Einfluss des Dihydratanteils verschiedener hochfein aufgemahlener Gipse auf

deren Wirksamkeitsgrad (Bezugsgröße: Versteifungsende; l/s = 0,6; Gipszugabe- menge: 0,1 %) vor und nach 365-tägiger Lagerung in trockener (≈ 0 % r. F.) und feuchter Umgebung (75 % r. F.)

Abbildung 4-55 veranschaulicht den lagerungsbedingten Wirksamkeitsabbau der verschie-denen REA- und Naturgipse. Dieser ist umso größer, je höher der Dihydratanteil im Mühlenaufgabegut ist, d.h. je weniger Fremdstoffanteile der Gips aufweist.

Abbildung 4-56: Einfluss des Dihydratanteils verschiedener hochfein aufgemahlener Gipse auf

deren Masseaufnahme nach 365-tägiger Lagerung in feuchter Umgebung (75 % r. F.)

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Die mit dem Verunreinigungsgrad ansteigende „Restwirksamkeit“ von hochfein aufgemah-lenen Naturgipsen nach der Feuchtlagerung wird begleitet von einer erhöhten Feuchteauf-nahme dieses Materials (siehe Abbildung 4-56).

In Abschnitt 4.2.3, Tabelle 4-7 sind die spezifischen Oberflächen und elektrischen Leitfähigkeiten der Suspension der verschiedenen hochfein aufgemahlenen Gipse unmit-telbar nach der Mahlung aufgeführt. Dem Anhang, Tabelle A-1 können die entsprechenden Kenngrößen der Gipse nach 365-tägiger Lagerung in trockener (≈ 0 % r. F.) und feuchter Umgebung (75 % r. F.) entnommen werden.

Abbildung 4-57: Einfluss des Dihydratanteils verschiedener hochfein aufgemahlener Gipse auf

deren spezifische Oberfläche (nach BET) vor und nach 365-tägiger Lagerung in trockener (≈ 0 % r. F.) und feuchter Umgebung (75 % r. F.)

Die Einflüsse der Lagerung der Beschleuniger zeigen sich auch in den Änderungen ihrer spezifischen Oberflächen (siehe Abbildung 4-57 & Abbildung A-14). Es wird deutlich, dass unabhängig von der BET-Oberfläche der Gipse direkt nach der Feinstmahlung alle Gipse einen vergleichbar großen Oberflächenabbau bei der Lagerung erfahren. Die nach der Lagerung verbleibende spezifische Oberfläche der Gipse bestimmt bekanntlich deren „Restwirksamkeit“. Mit einem ca. 70 %-igem Abbau an BET-Oberfläche bei der Feuchtla-gerung (von ca. 8 auf 2,5 m²/g) wird der hohe Wirksamkeitsabbau der Beschleuniger mit hohem Dihydratanteil verständlich.

Die elektrische Leitfähigkeit der Suspension der Gipse vor und nach der künstlichen Alterung (siehe Abbildung A-15) bestätigt den direkten Zusammenhang zwischen der spezifischen Oberfläche und der Löslichkeit eines Stoffes. Parallel zum Oberflächenabbau bei der Lagerung kommt es zur Reduzierung der Löslichkeit der hochfein aufgemahlenen Gipse.

Anhand der Alterungsversuche mit verschiedenen hochfein aufgemahlenen Gipsen konnte gezeigt werden, dass neben der abbindebeschleunigenden Wirksamkeit unmittelbar nach der Feinstmahlung auch der Wirksamkeitsabbau bei der Lagerung von hochfein aufgemah-

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lenem Gips stark vom Mühlenaufgabegut und der davon beeinflussten Effektivität des Mahlvorganges abhängt. Die verglichen mit Gips härteren Verunreinigungskomponen-ten in Naturgipsen (wie Quarz und Dolomit) führen dazu, dass bei der Mahlung eine erhöhte spezifische Oberfläche der Gipse geschaffen wird. Die erhöhte Anzahl an Dihydratfeinstpartikeln sowie die stark gittergestörten Gipsstrukturen liefern auch nach längerer feuchter Lagerung einen erhöhten Beitrag zur Abbindebeschleuni-gung.

Die Langzeituntersuchungen bestätigen die zuvor getroffenen Aussagen zum Einfluss der Umgebungsbedingungen bei der Lagerung des Abbindebeschleunigers auf Dihydratbasis (siehe Abschnitt 4.3.1): Mit steigender Lagerungsdauer und zunehmendem Feuchteangebot bei der Lagerung reduziert sich die abbindebeschleunigende Wirkung von hochfein aufgemahlenem Gips.

4.3.4 Mahlzusätze

Mineralische Mahlzusätze

Die in Abschnitt 4.3.3 untersuchten Naturgipse wiesen i. d. R. mehrere Verunreinigungs-komponenten in verschiedenen Konzentrationen auf und unterschieden sich darüber hinaus in ihrer geologischen Herkunft. Um den ausschließlichen Einfluss der Fremdstoffe auf das Mahlergebnis aufzuzeigen, wurden weitere systematische Untersuchungen durchgeführt.

Bei der Untersuchung von gemeinsam mit verschiedenen mineralischen Mahlzusätzen (Quarz, Kalkstein, Dolomit, Ton-Quarz-Gemisch) frisch aufgemahlenem REA-Gips wurde bereits deutlich (siehe Abschnitt 4.2.4): Durch die gemeinsame Vermahlung mit im Vergleich zu Gips härteren Materialien wird die tatsächliche Gipsoberfläche deutlich erhöht und es werden starke Störungen im Gipskristallgitter hervorgerufen. Die Effektivität der Gipsmahlung hinsichtlich der Herstellung eines hochwirksamen Abbindebeschleuni-gers für Stuckgips wird damit wesentlich gesteigert.

Nachfolgend soll überprüft werden, welchen Einfluss die mineralischen Mahlzusätze auf den alterungsbedingten Wirksamkeitsabbau von hochfein aufgemahlenem Dihydrat als Abbindebeschleuniger für Stuckgips haben.

Alle Gipse sind nach der Feinstmahlung (auf Feinheit 3) über den Zeitraum von 28 Tagen in feuchter Umgebung (75 % r. F.) gelagert worden. Dabei wurde zu festgelegten Zeit-punkten die abbindebeschleunigende Wirksamkeit der Gipse durch Bestimmung der Versteifungszeiten von Stuckgips überprüft (siehe Abbildung 4-58). Zur Bestimmung der Versteifungszeiten wurde für die Alterungsversuche die Zugabemenge so gewählt, dass der beschleunigungsrelevante Gipsanteil stets 0,1 % (bezogen auf den zu beschleunigenden Stuckgips) betrug. Zudem wurde die Masseänderung des Materials erfasst (siehe Abbildung 4-59). Am Ende des Untersuchungszeitraumes erfolgte eine erneute stoffliche Charakterisierung der Beschleuniger durch Bestimmung der spezifischen Oberflächen (nach Blaine und BET) und der elektrischen Leitfähigkeiten der Suspension (l/s = 20, Leitwerte zum Zeitpunkt 2 Minuten nach dem Einstreuen verglichen) (siehe Tabelle 4-17 & Tabelle A-2).

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+ Gips-Quarz-Gemisch+ Gips-Kalkstein-Gemisch+ Gips-Dolomit-Gemisch+ Gips-Ton-Quarz-Gemisch+ Gips

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Abbildung 4-58: Zeitlicher Verlauf des Wirksamkeitsgrades (Bezugsgröße: Versteifungsende;

l/s = 0,6) von gemeinsam mit verschiedenen Mahlzusätzen hochfein aufgemahle- nem REA-Gips (Gips/Mahlzusatz-Verhältnis = 2:1; Feinheit 3) bei der Lagerung in feuchter Umgebung (75 % r. F.)

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Gips-Quarz-GemischGips-Kalkstein-GemischGips-Dolomit-GemischGips-Ton-Quarz-GemischGips

0 1 3 7 28

Abbildung 4-59: Zeitlicher Verlauf der Feuchteaufnahme von gemeinsam mit verschiedenen

Mahlzusätzen hochfein aufgemahlenem REA-Gips (Gips/Mahlzusatz-Verhältnis = 2:1; Feinheit 3) bei der Lagerung in feuchter Umgebung (75 % r. F.)

Während alle mineralischen Mahlzusätze eine verbesserte Wirksamkeit des hochfein aufgemahlenen Dihydrates als Abbindebeschleuniger für Stuckgips direkt nach der Feinstmahlung bewirkten, konnte der Wirksamkeitsabbau bei der Lagerung in feuchter Umgebung nur durch gemeinsame Vermahlung mit dem Ton-Quarz-Gemisch stärker

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reduziert werden. Das Versteifungsende wurde von 3 ½ Minuten (unmittelbar nach der Mahlung) auf lediglich 5 Minuten (nach der Feuchtlagerung) verschoben (Vergleich: REA-Gips: von über 4 Minuten auf ca. 8 Minuten). Gleichzeitig nahm das hochfeine Gips-Ton-Gemisch während der Feuchtlagerung vergleichsweise große Mengen Feuchtigkeit auf. Dabei reduzierte sich die spezifische Oberfläche (nach Blaine und BET) sowie die Leitfähigkeit der Suspension gegenüber den weiteren Materialien nur gering. Dies kann als Indiz für den geringeren Wirksamkeitsabbau des Materials herangezogen werden. Diese Effekte sind vorrangig auf die Tonminerale zurückzuführen. Die Quarzanteile im Zusatz hingegen haben eine verbesserte Wirksamkeit des Abbindebeschleunigers auf Dihydratba-sis direkt nach der Feinstmahlung zur Folge (siehe Abschnitt 4.2.4).

Tabelle 4-17: Spezifische Oberfläche (nach BET) und Wirksamkeitsgrad (Bezugsgröße: Verstei- fungsende; l/s = 0,6) von gemeinsam mit verschiedenen Mahlzusätzen hochfein aufgemahlenem REA-Gips (Feinheit 3) vor und nach 28-tägiger Lagerung in feuchter Umgebung (75 % r. F.)

Fraktion Zusatz

Spezifische Oberflä-che nach BET [m²/g]

Zugabe-menge

Wirksamkeitsgrad [-]

Gips/ Zusatz-Verh. [mm] 0 d 28 d ∆0-28 [%] 0 d 28 d ∆0-28

Gips 7,22 3,13 -4,09 0,10 0,67 0,37 -0,30

Gips + Quarzsand 2 : 1 0…0,125 7,33 3,49 -3,84 0,15 0,73 0,51 -0,22

Gips + Quarzsand 2 : 1 0,125…0,5 7,55 3,38 -4,17 0,15 0,73 0,51 -0,22

Gips + Quarzsand 2 : 1 0,5…1,0 6,92 3,15 -3,77 0,15 0,73 0,50 -0,23

Gips + Quarzsand 4 : 1 0,5…1,0 7,75 3,37 -4,38 0,125 0,70 0,45 -0,25

Gips + Quarzsand 8 : 1 0,5…1,0 7,54 3,60 -3,94 0,113 0,71 0,43 -0,28

Gips + Quarzsand (gebrochen) 2 : 1 0,5…1,0 7,19 3,58 -3,61 0,15 0,74 0,50 -0,24

Gips + Kalkstein 2 : 1 0,5…1,0 8,07 3,83 -4,24 0,15 0,71 0,49 -0,22

Gips + Dolomit 2 : 1 0,5…1,0 7,21 3,33 -3,88 0,15 0,72 0,52 -0,20

Gips + Ton-Quarz-Gemisch 2 : 1 0…1,0 17,60 15,10 -2,50 0,15 0,73 0,59 -0,14

Die Laborversuche der Abschnitte 4.3.3 und 4.3.4 machen deutlich: Ton als Mahlzusatz oder tonige Beimengungen in Naturgipsen verlangsamen den Alterungsprozess der Dihydratpartikel. Gerade Tonminerale weisen bekanntlich ein starkes Bestreben auf, Wasser in ihre Struktur einzulagern. Dies kann als eine Ursache für die hohe Feuchte-aufnahme dieses Materials herangezogen werden. Die signifikante Verlangsamung des Wirksamkeitsabbaus (bezüglich der Beschleunigungswirkung) derartiger Gips-Ton-Mischungen lässt den Schluss zu, dass weniger Feuchtigkeit an den Gipspartikeln konden-siert ist. Bei den gewählten Versuchsbedingungen blieb das Feuchteangebot der Umge-bung (75 % r. F.) jedoch stets konstant. Folglich ist der verlangsamte Wirksamkeitsabbau nicht auf eine verringerte Luftfeuchte im Zuge der hohen Feuchteaufnahme der Tonmine-rale zurückzuführen. Denkbar ist hingegen, dass durch die Wasseraufnahme (und gegebenenfalls dem damit verbundenen Quelleffekt der Tonminerale) der Feuchte-

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zutritt zu Gipspartikeln in Ton-Gips-Agglomeraten behindert wird. Bei Zugabe des Beschleunigers ins Anmachwasser lösen sich die Agglomerate innerhalb kürzester Zeit auf und geben eine vergleichsweise hohe Anzahl an verbliebenen hochfeinen Dihydratpartikeln frei. Diese werden als Impfkristalle wirksam und führen zum frühzeitigen Einsetzen des Abbindens von Stuckgips.

In weiteren Laborversuchen wurde Gips gemeinsam mit ausgewählten hygroskopischen Stoffen (Branntkalk, Natriumchlorid, Silica Gel), oberflächenaktiven organischen Substan-zen (Phosphonate) sowie organischen Netz- und Dispergiermitteln gemeinsam aufgemah-len. Keiner der Stoffe konnte jedoch eine verbesserte abbindebeschleunigende Wirkung oder einen geringeren Wirksamkeitsabbau bei der Lagerung bewirken.

Zucker als Mahlzusatz

Wie anhand der bisherigen Untersuchungsergebnisse deutlich wurde, lässt die hohe Beschleunigungswirkung von fein gemahlenem Gips mit zunehmender Lagerungsdauer und erhöhter Feuchteeinwirkung rapide nach. In Abschnitt 2.3.2 wurden zahlreiche Patente zitiert, die deshalb ein sog. „Coating“ der Gipspartikel empfehlen. Besonders häufig ist von einer Umhüllung der Dihydratpartikel mit Zucker die Rede. Bei Anwesenheit von Zucker während des Mahlens würden die Mahlkörper eine regelrechte Ummantelung der Dihydratpartikel erzeugen, die diese dann vor Feuchteeinwirkung schützt. Nach Literatur-angaben wäre es auch denkbar, dass der Zucker teilweise an den aktiven Stellen adsorbiert wird und eine Fixierung der Fehlstellen im Partikel bewirkt.

Im Laborversuch ist REA-Gips gemeinsam mit Kristallzucker (Saccharose) auf Feinheit 3 aufgemahlen worden. Um die Wirkung des Mahlzusatzes zu verstärken, lag mit einem Gips/Zucker-Verhältnis von 2:1 der Zuckeranteil deutlich über anwendungsrelevanten Dosiermengen. Über den Zeitraum eines Monates wurde die abbindebeschleunigende Wirksamkeit des feucht gelagerten Materials (75 % r. F.) zu festgelegten Zeitpunkten durch Bestimmung der Versteifungszeiten von Stuckgips überprüft (siehe Abbildung 4-60). Dabei betrug die Beschleuniger-Zugabemenge 0,15 % (beschleunigungsrelevanter Gipsanteil: 0,1 %) bezogen auf den zu beschleunigenden Stuckgips.

Zudem wurde die Masseänderung des Materials erfasst (siehe Abbildung A-16). Am Ende des Untersuchungszeitraumes erfolgte eine erneute stoffliche Charakterisierung der feucht gelagerten Beschleuniger durch Bestimmung der spezifischen Oberflächen (nach Blaine und BET) und der elektrischen Leitfähigkeiten der Suspension (l/s = 20, Leitwerte zum Zeitpunkt 2 Minuten nach dem Einstreuen verglichen) (siehe Tabelle 4-18 & Tabelle A-3).

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0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,1 1 10 100Lagerungsdauer [d]

Wir

ksam

keits

grad

[-]

+ Gips-Zucker-Gemisch

+ Gips

0 1 3 7 28

Abbildung 4-60: Zeitlicher Verlauf des Wirksamkeitsgrades (Bezugsgröße: Versteifungsende;

l/s = 0,6) von gemeinsam mit Zucker hochfein aufgemahlenem REA-Gips (Gips/Zucker-Verhältnis = 2:1; Feinheit 3) bei der Lagerung in feuchter Umgebung (75 % r. F.)

Durch Zucker als Mahlzusatz konnte unmittelbar nach der Feinstmahlung verglichen mit reinem REA-Gips eine deutlich stärkere Beschleunigung des Versteifens gemessen werden. Das Versteifungsende wurde von über 4 Minuten (bei Zugabe von 0,1 % Gips) auf 2 ½ Minuten (bei Zugabe von 0,15 % Gips-Zucker-Gemisch) verschoben.

Wurde ausschließlich Zucker hochfein aufgemahlen und dem Stuckgips zugegeben, kam es zu einer leichten Verzögerung des Abbindens (siehe Tabelle A-4). Dies bestätigt, dass tatsächlich die Auswirkungen des Zuckerzusatzes auf den Dihydratanteil im Mahlgut verantwortlich für die verbesserte Beschleunigungswirkung sind.

Vermutlich fungieren die (verglichen mit Gips) härteren und spröderen Zuckerkris-talle ähnlich wie mineralische Fremdbestandteile im Mühlenaufgabegut (wie Quarz oder Dolomit): Durch ihre Anwesenheit bei der Gipsfeinstmahlung werden vermehrt beschleunigungsrelevante hochfeine und kristallgittergestörte Dihydratpartikel geschaffen. Dies spiegelt sich jedoch nicht (wie anzunehmen) in einer erhöhten spezifi-schen Oberfläche wider. Die trotz erhöhter abbindebeschleunigender Wirksamkeit geringere spezifische Oberfläche gibt einen Hinweis darauf, dass beim Mahlvorgang tatsächlich ein Teil der neugeschaffenen Dihydratoberfläche vom Zucker eingeschlos-sen wird. Beim Einstreuen von Stuckgips und Beschleuniger löst sich der Zucker rasch im Wasser auf und gibt die aktiven Dihydratoberflächen für deren Funktion als Impfkristalle frei.

Bei den gewählten Versuchsbedingungen konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass der alterungsbedingte Wirksamkeitsabbau des Abbindebeschleunigers auf Dihydratbasis mit Zuckerzusatz geringer ausfiel. Bei einer vierwöchigen Feuchtlage-rung wurden (offenbar unabhängig von einem Zuckerzusatz) vergleichbar große Anteile

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beschleunigungsrelevanter Dihydratpartikel abgebaut. Die Feuchteaufnahme und die Reduzierung der spezifischen Oberfläche (nach BET) des Mahlgutes mit Zuckerzusatz lagen leicht über denen von hochfein aufgemahlenem Gips ohne Mahlzusatz.

Tabelle 4-18: Spezifische Oberfläche (nach BET) und Wirksamkeitsgrad (Bezugsgröße: Verstei- fungsende; l/s = 0,6) von REA-Gips, der gemeinsam mit Zucker aufgemahlen wurde (Gips/Mahlzusatz-Verhältnis = 2:1; Feinheit 3), vor und nach 28-tägiger Lagerung in feuchter Umgebung (75 % r. F.)

Spezifische Oberfläche nach BET [m²/g]

Zugabe-menge

Wirksamkeitsgrad [-]

0 d 28 d ∆0-28 [%] 0 d 28 d ∆0-28

Gips 7,22 3,13 -4,09 0,10 0,67 0,37 -0,30

Gips + Zucker 5,96 1,44 -4,52 0,15 0,79 0,51 -0,28

4.4 Auswirkungen der Beschleunigerzugabe auf die Gefügeentwick-lung und die physikalischen Eigenschaften des abgebundenen Gipssteines

Bei der Versuchsauswertung von Abschnitt 4.3.1 wurden stark abweichende Hydratati-onsgrade zum Zeitpunkt des Versteifungsendes von Stuckgips ohne Einwirkung von Zusätzen gegenüber dem bei Einsatz eines Abbindebeschleunigers auf Dihydratbasis festgestellt. Vor dem Hintergrund dieses Ergebnisses ist anzunehmen, dass durch den Beschleunigereinsatz eine veränderte Gefügeausbildung generiert wird.

Nachfolgende Untersuchungen sollen zum Verständnis des vermuteten Zusammenhanges beitragen. Dabei werden sowohl die Auswirkungen der Beschleunigerzugabe auf die Gefügeentwicklung beim Abbinden als auch auf die physikalischen Eigenschaften des abgebundenen Gipssteines berücksichtigt. Die Abbindebeschleunigung ist durch Zugabe verschiedener, mit variierender Mahlintensität hochfein aufgemahlener Gipse herbeige-führt worden. Die Wirkung der Zusätze wurde anhand des Versteifungsverhaltens (Verstei-fungszeiten durch Messerschnitt- und Daumendruck-Methode), der Festigkeitsentwicklung (Druck- und Biegezugfestigkeit) sowie des Längenänderungsverhaltens (Schwindrinne) aufgezeigt. Neben den Trockenfestigkeiten nach 7 Tagen wurden die frühen Festigkeiten an noch unvollständig hydratisierten Proben zum Zeitpunkt 10 Minuten nach dem Einstreuen verglichen. Die Frühfestigkeit ist beispielsweise beim Herstellungsprozess der Gipsbauplatten von Relevanz.

Die in Tabelle A-5 angegebenen und Abbildung 4-61 sowie Abbildung 4-62 zugrunde liegenden Festigkeiten sind Mittelwerte. Die Biegezugfestigkeit wurde aus 3 Einzelwerten ermittelt. Bei 6 Einzelwerten für die Druckfestigkeit lag die Standardabweichung für die Werte nach 10 min bei ≈ 0,5 N/mm² und für die Trockenfestigkeiten nach 7 Tagen bei 1…2 N/mm².

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0

1

2

3

4

5

6

0 3 6 9 12 15Versteifungsende [min]

Fest

igke

it [N

/mm

²]

Abbildung 4-61: Zusammenhang zwischen dem Versteifungsende und der Festigkeit von Stuck-

gips nach 10 Minuten bei Zugabe verschiedener hochfein aufgemahlener Gipse in variierenden Zugabemengen (l/s = 0,6)

0

5

10

15

20

25

0 3 6 9 12 15Versteifungsende [min]

Fest

igke

it [N

/mm

²]

0

1

2

3

4

5

Max

imum

der

Exp

ansio

n [m

m/m

]

Abbildung 4-62: Zusammenhang zwischen dem Versteifungsende und der Festigkeit von Stuck-

gips nach 7 Tagen (getrocknet) sowie dem Maximum der Expansion bei Zugabe verschiedener hochfein aufgemahlener Gipse in variierenden Zugabemengen (l/s = 0,6)

Mit verstärkter abbindebeschleunigender Wirksamkeit des Dihydratzusatzes werden 10 Minuten nach dem Einstreuen von Stuckgips erwartungsgemäß deutlich erhöhte Druck- und Biegezugfestigkeiten erreicht (siehe Abbildung 4-61). Die Trockenfestigkeiten nach

Biegezugfestigkeit

Druckfestigkeit

Biegezugfestigkeit

Druckfestigkeit

Längenänderung

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7 Tagen weisen hingegen lediglich leicht erhöhte Druckfestigkeiten des Gipssteines bei Verwendung der hochwirksamen Abbindebeschleuniger auf. Ein Einfluss der abbinde-beschleunigenden Wirksamkeit der Gipse auf die Biegezugfestigkeit ist nicht zu erkennen (siehe Abbildung 4-62).

Beim Abbinden von Stuckgips überlagern sich bekanntlich mehrere Effekte, die Volumen-änderungen hervorrufen (siehe Abschnitt 2.2.3). Dabei überwiegen zunächst die Expansi-onserscheinungen (siehe Abbildung 4-63). Diese werden durch das Versteifen des Gerüstes ungeordnet wachsender und miteinander verfilzender Gipskristalle sowie infolge des Temperaturanstiegs durch die exotherme Hydratationsreaktion hervorgerufen. Anschlie-ßend kommt es durch den Temperaturausgleich mit der Umgebung sowie durch das Trocknungsschwinden zu einer deutlichen Kontraktion. Die Kontraktionskomponente aus der Abgabe von überschüssigem Wasser an die Umgebung wurde im Rahmen der Versu-che jedoch (durch Abdecken der Probe mit einer PE-Folie) weitgehend eliminiert.

Mit Zunahme der abbindebeschleunigenden Wirksamkeit des Dihydratzusatzes wird erwartungsgemäß auch die hydratationsbedingte Expansion zu früheren Zeiten hin verschoben. Darüber hinaus kommt es zu einer leichten Verstärkung des Maximums der Volumenexpansion.

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

0 10 20 30 40 50 60Zeit [min]

Län

genä

nder

ung

[mm

/m] _

+ Naturgips L3, Feinheit 3+ REA-Gips, Feinheit 3+ REA-Gips, Feinheit 2 Referenz

Abbildung 4-63: Zeitlicher Verlauf der Längenänderung beim Abbinden von Stuckgips bei Zugabe

verschiedener hochfein aufgemahlener Gipse (l/s = 0,6; Zugabemenge: 0,1 %)

Die geschilderten Einflüsse des Beschleunigers auf die Festigkeitsentwicklung und den Verlauf der Längenänderung geben Anlass, die Gefügeentwicklung beim Abbinden von Stuckgips mit und ohne Dihydratzusatz näher zu betrachten. ESEM-Untersuchungen sollen Aufschluss über die kristallmorphologischen Unterschiede sowie die Entwicklung der Gefügestruktur beim Abbinden von Stuckgips in Anwesenheit von hochfein aufgemahle-nem Gips (hier: 0,1 % REA-Gips, Feinheit 3) geben. Hierfür wurde die Hydratation zu verschiedenen Zeiten (nach 1, 5 und 15 min) durch Trocknung kleinster Mengen der Paste bzw. des Gipssteins bei 40 °C abgestoppt. Um eine zeitnahe Trocknung zu gewährleisten,

Hydratationsdauer [min]

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ist die Probe zum jeweiligen Zeitpunkt dünn auf eine vortemperierte Messingplatte aufgetragen worden. Ausgewählte Ergebnisse sind in Abbildung 4-64 bis Abbildung 4-69 dargestellt.

Abbildung 4-64: Stuckgips, 1 min ohne Einwir-kung von Zusätzen hydratisiert (1.000-fache Vergrößerung im ESEM)

Abbildung 4-65: Stuckgips, 1 min in Anwesen-heit von hochfein gemahlenem Gips hydratisiert (1.000-fache Vergrößerung im ESEM)

Abbildung 4-66: Stuckgips, 5 min ohne Einwir-kung von Zusätzen hydratisiert (1.000-fache Vergrößerung im ESEM)

Abbildung 4-67: Stuckgips, 5 min in Anwesen-heit von hochfein gemahlenem Gips hydratisiert (1.000-fache Vergrößerung im ESEM)

In der Referenzprobe, dem unbeschleunigten Stuckgips, liegen nach einer Minute nur vereinzelte Gipsnadeln auf der angelösten Oberfläche der Stuckgipspartikel vor. Zur gleichen Zeit sind in Anwesenheit von hochfeinem Gips nur noch Fragmente der Binde-mittelpartikel sichtbar, auf deren Oberfläche ein noch lückenhafter Gipskristallteppich entstanden ist. Nach 5 Minuten sind in der beschleunigten Probe keine Bindemittelpartikel mehr frei einsehbar. Ein dichtes Netzwerk von überwiegend kleinen Gipsnadeln (Länge: ≈ 1 µm) sowie vereinzelt größeren und plattigen Dihydratneubildungen liegt vor. Die Gefügestruktur von nicht beschleunigtem Stuckgips ist hingegen nach 5 Minuten ver-gleichbar mit der der beschleunigten Probe nach einer Minute. Auch nach 15 Minuten erscheint die Struktur noch sehr heterogen. Die Hydratationsprodukte sind weniger dicht verwachsen, das Gefüge weist Hohlräume auf und auch unhydratisierte Bereiche sind noch zu finden.

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Abbildung 4-68: Stuckgips, 15 min ohne Einwirkung von Zusätzen hydratisiert (4.000-fache Vergrößerung im ESEM)

Abbildung 4-69: Stuckgips, 15 min in Anwesen-heit von hochfein gemahlenem Gips hydratisiert (4.000-fache Vergrößerung im ESEM)

Unabhängig von einer Beschleunigerzugabe vermitteln die ESEM-Aufnahmen des im Abbinden begriffenen, insgesamt eher lockeren Gefüges, den Anschein, dass die in Abschnitt 4.1.1 beschriebene Reaktionsverlangsamung im Verlaufe der Hydratation nicht (oder nur in geringem Umfang) auf eine Behinderung der Diffusionsprozesse zurückzufüh-ren ist. Die verbleibende Stuckgipspartikeloberfläche nimmt zwar stetig ab, ist jedoch auch nach vorangeschrittener Hydratation für Lösungsprozesse zugänglich. Dies bestätigt die Behauptung, dass der kinetische Einfluss des Entzuges von Ionen infolge des Hydratati-onsvorganges gegenüber dem des Lösungsvorganges dominiert.

Neben den Aussagen zur Gefügeentwicklung beim Abbinden von Stuckgips lässt sich im ESEM auch ein kristallmorphologischer Unterschied der Dihydratneubildungen ausma-chen (Abbildung 4-68, Abbildung 4-69): Im unbeschleunigten Stuckgips liegen 15 Minu-ten nach dem Kontakt mit Wasser vergleichsweise große, langnadelige und teilweise plattige Gipskristalle vor. Zu diesem Zeitpunkt ist bei Zugabe hochfeiner Gipspartikel zum Stuckgips eine weitaus größere Anzahl an kleineren, gedrungeneren Gipskristallen entstanden. Diese werden sich im weiteren Verlauf der Reaktion durch Umkristallisations-erscheinungen teilweise wieder auflösen und das Wachstum größerer Kristalle wird begünstigt. Im vollständig abgebundenen System sind keine deutlichen kristallographi-schen Unterschiede zwischen beschleunigtem und unbeschleunigtem Stuckgips mehr nachweisbar.

Exemplarisch wurde für den Zusatz von REA-Gips der Feinheit 3 mittels Quecksil-berhochdruckporosimetrie die Porenradienverteilung von hydratisiertem Stuckgips im Alter von 15 min ermittelt und mit der Referenz (ohne Abbinderegler-Zusatz) verglichen. Hierfür ist die Hydratation nach 15 Minuten mit Isopropanol abgestoppt worden. An-schließend wurde die Probe bei 40 °C bis zur Massekonstanz getrocknet. Der Hydratati-onsgrad betrug zum Untersuchungszeitpunkt bei Beschleunigerzugabe 0,90, ohne Be-schleuniger lediglich 0,32.

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0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

0,01 0,1 1 10Porenradius [µm]

log.

diff

. Por

envo

lum

en [m

l/g] _

Abbildung 4-70: Porenradienverteilung von hydratisiertem Stuckgips mit und ohne Zusatz von

hochfein aufgemahlenem Dihydrat als Abbindebeschleuniger im Alter von 15 min (l/s = 0,6)

Die Gesamtporosität ist von der Zugabe des Beschleunigers nicht abhängig, zumal der Wasser/Bindemittel-Wert von 0,60 bei den Versuchen unverändert blieb. Es wird hingegen deutlich, dass 15 Minuten nach dem Anmischen der beschleunigte Stuckgips deutlich kleinere Partikelzwischenräume aufweist, als die Referenzprobe. Dies steht in Zusammen-hang mit den bei den ESEM-Untersuchungen nach 15 Minuten vorgefundenen wesentlich dichter verwachsenen Hydratationsprodukten bei Zugabe des Abbindebeschleunigers auf Dihydratbasis. In Anwesenheit einer hohen Anzahl hochfeiner Gipspartikel, die als Impfkristalle fungieren, kommt es demnach zu einer frühzeitigen Verdichtung des Porengefüges.

Im Ergebnis der Untersuchungen lässt sich folgender Zusammenhang herstellen: Durch den Beschleunigereinsatz wird eine veränderte Gefügeausbildung generiert. Bei Beschleu-nigerzugabe wächst sehr schnell eine Vielzahl von Gipskristallen, die das Korngerüst besser überbrücken. Dies äußert sich in frühem Ansteifen des Bindemittelbreies und einer frühzeitigen Verfestigung des Gefüges. Bei langsamerem Versteifen (ohne Beschleuniger-zugabe) hingegen entstehen die in ihrer Anzahl deutlich reduzierten Gipskristalle anfangs überwiegend auf den Oberflächen der verbliebenen Stuckgipspartikel (auf Grundlage der heterogenen Keimbildung). Für die Vernetzung der Kristalle, die das Versteifen und die Festigkeitsentwicklung hervorrufen, muss ein größerer Halbhydratanteil zu Dihydrat umgesetzt werden.

Durch rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass in Anwesenheit von hochfein gemahlenem Gips beim Abbinden von Stuckgips auch die sich ausbildende Gefügestruktur beeinflusst wird. Bei der Hydratation von Stuckgips ohne Impfkristallzugabe bilden sich Kristallisationskeime auf der Oberfläche der Binde-mittelpartikel. Diese bleibt jedoch weiterhin partiell zugänglich für Lösungsprozesse.

Referenz Porosität: 49 % x50: 0,9 µm

+ 0,1 % Gips, Feinheit 3 Porosität: 49 % x50: 0,3 µm

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Durch diese Strukturvorgabe bildet sich ein vergleichsweise heterogenes Gefüge aus. In Anwesenheit von Impfkristallen lösen sich die Stuckgipspartikel aufgrund des schnelleren Verbrauches an Calcium- und Sulfationen durch das Kristallwachstum beschleunigt auf. Auf die in großer Anzahl vorhandenen Impfkristalle wachsen viele, gleichmäßig verteilte Gipsnadeln auf. Dies führt zu einer Verringerung größerer Porenräume und so zu einem, verglichen mit der Referenzprobe, dichteren und homogeneren Gefüge. Untersuchungen zeigen, dass mit zunehmender Beschleuni-gung die Festigkeit des abgebundenen Gipssteines ansteigt. Darüber hinaus kommt es in Anwesenheit von hochwirksamem Abbindebeschleuniger auf Dihydratbasis durch das gleichzeitige Entstehen und Wachsen einer erhöhten Anzahl an Gipskristallen zu leicht verstärkten Expansionserscheinungen.

Die Ergebnisse belegen, dass Abbindebeschleuniger auf Dihydratbasis neben ihrer bekannten Wirkung auf die Verarbeitungs- und Versteifungszeit auch die Eigenschaften des verfestigten Bindemittelsteins beeinflussen. Damit wird die Notwendigkeit aufgezeigt, bei der Anwendung der Beschleuniger die Auswirkungen auf physikalische Eigenschaften, wie Festigkeiten und Volumenänderungen, zu berücksichtigen.

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5 Modell zur Abbindebeschleunigung von Stuckgips durch Calciumsulfatdihydrat

Im Ergebnis der Arbeit konnte der bekannte Vorgang der Abbindebeschleunigung von Stuckgips durch Calciumsulfatdihydrat in seiner Gesamtheit systematisch analysiert und in bestimmten Teilbereichen weiter untersetzt werden. Anhand der theoretischen Erkenntnis-se und der Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen wurde ein Modell zur Abbin-debeschleunigung von Stuckgips durch Calciumsulfatdihydrat abgeleitet. Nachfolgende Modellzeichnungen sollen zur Veranschaulichung ausgewählter Erkenntnisse der Arbeit dienen.

Betrachtet man zunächst das Abbinden von Stuckgips ohne Beschleunigerzusatz, wird folgender Zusammenhang deutlich (siehe Abbildung 5-1):

Abbildung 5-1: Modell zur Hydratation von β-Halbhydrat ohne Beschleunigerzusatz

Direkt nach dem Kontakt von Stuckgips mit Wasser (I, Induktionsperiode) löst sich ein Teil des Bindemittels auf und es entsteht innerhalb kurzer Zeit eine Lösung, die bezüglich des Halbhydrates gesättigt und in Bezug auf das Dihydrat übersättigt ist. Durch die hohe Übersättigung kommt es (aufgrund des in Abschnitt 2.2.2 erläuterten Einflusses der Übersättigung auf die Kristallisationskinetik) daraufhin zunächst bevorzugt zur Kristall-keimbildung (II, dormante Periode). Dieser Vorgang findet bevorzugt auf den Oberflächen der verbliebenen Feststoffpartikel (überwiegend Stuckgips) ab (= heterogene Keimbil-dung). Die primären Hydrate wachsen langsam, stabilisieren sich und können die Keim-funktion übernehmen. Im weiteren Verlauf wächst eine inzwischen stark erhöhte Anzahl von Keimen zu Gipskristallen heran (III, Accelerationsperiode). Mit der Abnahme des verfügbaren hydratisierfähigen Materials sinkt die Übersättigung der Lösung, was wieder-um das Wachstum der Gipskristalle verlangsamt und eine Morphologieänderung zur Folge hat. Bei nur noch geringfügiger Übersättigung kommt es letztendlich zu Umkristalli-sationserscheinungen.

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Demgegenüber lässt sich das Abbinden von Stuckgips in Anwesenheit von Impfkristallen wie folgt beschreiben (siehe Abbildung 5-2):

Abbildung 5-2: Modell zur Wirkung von hochfein aufgemahlenem Dihydrat zur Abbindebeschleu- nigung von Stuckgips unter Berücksichtigung des Feuchteeinflusses Hinweis: Die Stuckgipspartikel sind im Modell nicht dargestellt. Damit kann keine Aussa- ge bezüglich der Art der Keimbildung entnommen werden (vgl. Abbildung 5-1).

Dem Vorgang liegt wiederum zugrunde, dass sich durch den Kontakt von Stuckgips mit Wasser ein Teil des Bindemittels auflöst und eine bezüglich Dihydrat übersättigte Lösung entsteht. Bereits bei einer geringeren Übersättigung, als für den Keimbildungsprozess (nach Abbildung 5-1 bzw. Abbildung 5-2, Variante C) notwendig, kommt es in Anwesen-heit von Impfkristallen zu einem sofortigen Kristallwachstum (Variante A). Als Kristallisa-tionszentren dienen dabei insbesondere die bei der Feinstmahlung erzeugten hochfeinen Gipspartikel und oberflächliche Störungen im Gipskristallgitter. Für die Impfkristallwir-kung von Dihydrat ist folglich nicht die Dihydratmasse entscheidend, sondern die Anzahl der feinsten Partikel, indirekt charakterisiert über die Partikeloberfläche. Mit steigender Anzahl an Impfkristallen (z. B. durch Erhöhung der Beschleuniger-Zugabemenge, durch

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Verstärkung der Mahlintensität oder durch Anwesenheit härterer und spröderer Fremd-bestandteile im Mühlenaufgabegut) wird das Abbinden von Stuckgips zunehmend beschleunigt.

Mit einem Abbau an abbindebeschleunigender Wirkung ist hingegen zu rechnen, wenn der feingemahlene Gips vor dem Einsatz als Abbindebeschleuniger in Kontakt mit hoher Luftfeuchte (z. B. bei der Lagerung in feuchter Umgebung) kommt oder wenn er dem Anmachwasser zu früh (d. h. in noch untersättigte Calciumsulfatlösung) zugegeben wird (Variante B). Die teilweise vollständige Auflösung sehr kleiner Partikel und die oberfläch-lichen Anlösungserscheinungen (bei denen insbesondere auch die kristallographischen Störstellen reduziert werden), sind als Ursache für den Wirksamkeitsabbau des Abbinde-beschleunigers auf Dihydratbasis anzusehen.

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6 Zusammenfassung

Problemstellung und Stand der Forschung

Calciumsulfatbindemitteln werden aus technisch-wirtschaftlichen Erfordernissen heraus erheblich variierende Eigenschaften abverlangt. Insbesondere hinsichtlich der Verarbei-tungszeit und dem Zeitpunkt des Versteifens müssen die Bindemittel im Zeitraum von wenigen Minuten bis mehreren Stunden variabel einstellbar sein. Um diesen Anforderun-gen gerecht zu werden, ist der Einsatz von abbinderegulierenden Zusätzen notwendig.

Von maßgeblicher Bedeutung ist die Beschleunigung des Abbindens bei der Herstellung von Gipsbauplatten. Die Abbindezeit des dafür verwendeten Bindemittels (Stuckgips = überwiegend β-Halbhydrat = CaSO4 · 0,5 H2O) bestimmt die Dauer, bis die Gipsbauplat-te geschnitten werden kann und damit die Länge bzw. die Geschwindigkeit des Förderban-des. Sie regelt auf diese Weise die Produktionsgeschwindigkeit. Es besteht daher erhebli-ches ökonomisches Interesse, den Abbindevorgang zu beschleunigen.

Als Abbindebeschleuniger wird hochfein aufgemahlener Gips (Dihydrat = CaSO4 · 2 H2O) eingesetzt. Das Wissen über dessen Wirkungsweise sowie über die herstellungs- und anwendungsbezogenen Einflüsse beruht im Wesentlichen auf empirischen Untersuchun-gen. Für den kontinuierlichen Prozess der Gipsbauplattenproduktion ist eine ausgeprägte Stabilität der Beschleunigungswirkung von entscheidender Bedeutung. Produktionserfah-rungen zeigen, dass die Herstellung eines über einen längeren Zeitraum gleichbleibend effektiven Abbindebeschleunigers große Probleme bereitet.

Aus den geschilderten Zusammenhängen ergibt sich die Zielstellung der vorliegenden Arbeit: Auf der Grundlage einer systematischen Analyse der Abbindebeschleunigung von Stuckgips durch Calciumsulfatdihydrat sollte es unter Einsatz modernster Unter-suchungsmethoden möglich werden, die komplexen Zusammenhänge zu verstehen. Durch das Erfassen der wesentlichen Einflussgrößen bei der Herstellung und Anwendung des Abbindebeschleunigers auf Dihydratbasis sollte die Wirksamkeit des Zusatzes verbessert und auf hohem Niveau stabilisiert werden.

Methoden

Die Charakterisierung der hochfein aufgemahlenen Gipse erfolgte durch die Bestimmung des Kristallwasseranteils, durch die Ermittlung der spezifischen Oberflächen nach Blaine und BET sowie durch die Darstellung der Korngrößenverteilung mittels Lasergranulo-metrie. Zur Analyse des Hydratationsprozesses des zu beschleunigenden Stuckgipses wurden die Differentialkalorimetrie (DCA) angewandt, konduktometrische Untersuchun-gen durchgeführt sowie der Hydratationsgrad über Kristallwasserbestimmung ermittelt. Anhand von Messerschnitt- (Versteifungsbeginn) und Daumendruck-Methode (Verstei-fungsende) und durch Ultraschall-Prüfung wurde das Versteifungsverhalten des Stuckgip-ses charakterisiert werden. Beispielhaft wurde die Erhärtung anhand der Druck- und Biegezugfestigkeiten beurteilt sowie die Volumenänderung beim Abbindevorgang mittels modifizierter Schwindrinne erfasst. Exemplarisch kamen zudem die Rasterelektronen-

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mikroskopie (SEM sowie ESEM-FEG) und die Röntgenphasenanalyse mit Rietveld-Verfeinerung zur Anwendung.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen

Durch die Anwesenheit von Gipspartikeln kann das Abbinden von Stuckgips erheblich stärker beschleunigt werden, als durch Zugabe anderer Feststoffe, die durch Beeinflussung der Löslichkeiten der beteiligten Phasen oder der Kristallkeimbildung wirken.

An einer Marienglas-Oberfläche (Dihydrat) wurde im Rasterelektronenmikroskop festgestellt, wie beim Kontakt mit übersättigter Calciumsulfatlösung nadelförmige Gipskristalle gerichtet, d.h. an der bestehenden Marienglas-Kristallstruktur orientiert, aufwachsen. Damit wird visuell der Beweis erbracht, dass auf der Oberfläche von Gipspar-tikeln ein sofortiges Kristallwachstum (ohne vorherige Keimbildung) erfolgen kann. Diese sog. Impfkristallwirkung beginnt innerhalb weniger Sekunden nach dem Einstreuen von Stuckgips in Wasser, sobald die Lösung an Calcium- und Sulfationen bezüglich Dihydrat übersättigt ist. Demzufolge bestimmt die Oberfläche der Gipspartikel die Hydratations-geschwindigkeit des zu beschleunigenden Stuckgipses.

Durch differentialkalorimetrische Untersuchungen wurde die beschleunigende Wirkung von Gips als Impfkristall deutlich: Das Maximum der Wärmefreisetzung bei der Hydrata-tion von Stuckgips wird in Anwesenheit von Gipspartikeln zu früheren Zeiten hin verscho-ben, die Intensität der Hydratation hingegen wird nicht wesentlich beeinflusst. Auch das erheblich frühere Versteifen durch Zugabe von hochfein aufgemahlenem Gips ist vorran-gig auf die Verkürzung der dormanten Periode (Ruhestadium vor dem beschleunigten Reaktionsfortschritt) der Hydratation zurückzuführen.

Durch mechanische Beanspruchung in Mahlaggregaten wird die spezifische Oberfläche des Gipses vergrößert. Dabei ergibt sich eine extrem breite Korngrößenverteilung. Volumen- bzw. massebezogen dominieren Partikel im Mikrometerbereich. Anzahlmäßig und oberflächenbezogen überwiegen allerdings die Teilchen im Nanometerbereich. Die feinsten Nanopartikel sind aufgrund ihres vergleichsweise großen Oberflächen/Volumen-Verhältnisses für die Beschleunigungswirkung von besonderer Relevanz.

Im Laborversuch wurden Gipskristalle mit hoher Partikelanzahl im Bereich zwischen 100 und 1000 nm speziell durch Hydratation erhalten. Diese hatten als Stuckgipszusatz nur einen geringen Einfluss auf den Abbindeverlauf. Damit wird bestätigt, dass es für die Herstellung eines hocheffektiven Abbindebeschleunigers der bei der Mahlung erzeugten hochfeinen (< 100 nm) sowie gittergestörten Gipspartikel bedarf.

Bei stark erhöhtem Mahlenergieeintrag kommt es zu einer deutlichen Agglomerationsnei-gung der Feinstpartikel. Über die messbare Oberflächenvergrößerung ist eine Quantifizie-rung des Mahlerfolges nur mit Einschränkungen möglich. Indirekt ist die durch Feinstmah-lung verstärkte beschleunigende Wirkung des Gipses bezüglich des Abbindens von Stuckgips über die Veränderung des Versteifungsverhaltens nachweisbar.

Die für die Beschleunigungswirkung tragende Rolle der Feinstpartikel wird durch weitere Untersuchungen deutlich: Beim direkten Einstreuen von Dihydrat ins Anmachwasser (nicht, wie üblich, dem Stuckgips untergemischt) lösen sich auf Grund der unterschiedli-

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chen Oberflächen/Volumen-Verhältnisse zunächst die Feinstpartikel auf. Dies resultiert in einer deutlichen Verminderung der abbindebeschleunigenden Wirksamkeit in derartigen Versuchen.

Kommt es beim Mahlvorgang infolge Erwärmung des Mahlgutes zur teilweisen Entwässe-rung des Dihydrates, so führt dies zu deutlichen Verlusten der abbindebeschleunigenden Wirksamkeit. Ursächlich hierfür ist die Phasenumwandlung der allerfeinsten Partikel von Dihydrat in Halbhydrat. Somit können diese nicht mehr als Impfkristalle fungieren.

Die Wahl des Mühlenaufgabegutes hat (neben anlagentechnischen Maßnahmen) einen entscheidenden Einfluss auf das Mahlergebnis und damit auf die Wirksamkeit des Abbindebeschleunigers. Naturgipse, die große Anteile an härteren und spröderen Bestand-teilen (wie Quarz oder Dolomit) aufweisen, sind als Beschleuniger wirksamer als Natur-gipse mit geringer Verunreinigung oder REA-Gipse. Mit Hilfe der Lasergranulometrie sowie der Rietveld-Verfeinerung von Röntgenanalysen wurde erstmalig wissenschaftlich nachgewiesen: Beim Mahlprozess wirken diese Fremdbestandteile des Naturgipses als Mahlhilfsmittel und führen zu einer vermehrten Bildung hochfeiner und hochgradig gittergestörter Gipspartikel. Durch weitere Untersuchungen wurde darüber hinaus belegt, dass auch eine gezielte Zugabe bestimmter Fremdstoffe (z. B. Quarz, Dolomit) die Effektivität der Mahlung verbessert. Gegenüber dem beschriebenen Effekt von Verunrei-nigungen ist die erdzeitliche Herkunft des Gipssteines von untergeordneter Bedeutung für die Beschleunigungswirkung des Mahlproduktes.

Analysen des Produktionsprozesses und Laboruntersuchungen haben gezeigt, dass sich ändernde anlagentechnische Parameter der Mahlaggregate und stoffliche Unterschiede in der Zusammensetzung des Mahlgutes Qualitätsschwankungen des Beschleunigerzusatzes bedingen.

Eine Instabilität der abbindebeschleunigenden Wirksamkeit ist neben der Herstellung auch im Zusammenhang mit den Lagerungsbedingungen zu sehen. Dabei setzen hohe Luft-feuchtigkeiten die abbindebeschleunigende Wirksamkeit von hochfein aufgemahlenem Dihydrat in kurzer Zeit stark herab. Durch Kondensation in den Partikelzwischenräumen kommt es zu Umkristallisationsvorgängen, wobei sehr kleine Partikel teilweise vollständig aufgelöst, größere oberflächlich angelöst werden. Wiederum zeigt die verminderte abbindebeschleunigende Wirksamkeit derartig „gealterter“ Gipse die besondere Rolle der hochfeinen Partikel.

Der „Alterungsprozess“ der Dihydratpartikel wird durch die Feinstmahlung von Naturgip-sen mit tonigen Beimengungen verlangsamt. Es wird vermutet, dass durch die Einlagerung von Wasser in die Struktur der Tonminerale der Feuchtezutritt zu hochfeinen Gipspartikeln in Ton-Gips-Agglomeraten eingeschränkt wird.

Zucker als Mahlzusatz verbessert die Wirksamkeit des Abbindebeschleunigers unmittelbar nach der Feinstmahlung. In Anwesenheit dieser, im Vergleich zu Gips härteren und spröderen Bestandteile, werden vermehrt hochfeine Gipspartikel erzeugt. Die in der Literatur vielfach beschriebene Verhinderung des Wirksamkeitsabbaus bei der Lagerung eines derartig hergestellten Beschleunigers konnte bei den gewählten Versuchsbedingun-gen nicht festgestellt werden.

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Durch rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass in Anwesenheit von hochfein gemahlenem Gips beim Abbinden von Stuckgips auch die sich ausbildende Gefügestruktur beeinflusst wird. In Anwesenheit von Impfkristallen lösen sich die Stuckgipspartikel aufgrund des schnelleren Verbrauches an Calcium- und Sulfationen durch das Kristallwachstum beschleunigt auf. Auf die in großer Anzahl vorhandenen Impfkristalle wachsen viele, gleichmäßig verteilte Gipsnadeln auf. Dies führt zu einer Verringerung größerer Porenräume und so zu einem, verglichen mit der Referenzprobe, dichteren und homogeneren Gefüge. Untersuchungen zeigen, dass mit zunehmender Beschleunigung die Festigkeit des abgebundenen Gipssteines ansteigt.

Für das bekannte Ultraschall-Messverfahren wurde im Rahmen der Arbeit eine flexible Kautschuk-Messzelle entwickelt. Damit konnte erstmalig das Versteifen bzw. die Verfesti-gung von schnell abbindenden Stuckgipsen mit guter Reproduzierbarkeit kontinuierlich erfasst werden.

Im Ergebnis der Arbeit ist es gelungen, den bekannten Vorgang der Abbindebeschleuni-gung von Stuckgips durch Calciumsulfatdihydrat in seiner Gesamtheit systematisch zu analysieren und in bestimmten Teilbereichen weiter zu untersetzen. Auf der Grundlage dieses Erkenntnisgewinnes wurden für die industrielle Anwendung

- wesentliche Hinweise zur Herstellung eines hochwirksamen Abbindebeschleunigers, - definierte Aussagen zur Erhöhung der Lagerungsbeständigkeit des Beschleunigers sowie - konkrete verarbeitungsrelevante Verbesserungsvorschläge

geliefert.

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WIGGIN, J.D.: Plaster and process of controlling the setting of plaster, an accelerator therefor, and process of making such accelerator. United States Patent No. 1,460,396. Anmeldung: 04/1920, Offenlegung: 07/1923.

WIGGIN, J.D. ET AL.: Plaster and process of controlling the setting and expansion of setting, an accelerator and expansion controller therefor, and process of making such controllers. United States Patent No. 1,732,737. Anmeldung: 07/1924, Offenlegung: 10/1929.

WILLIS, W.E.: Accelerator for gypsum slurry. United States Patent No. 4,132,565. Anmeldung: 10/1977, Offenlegung: 01/1979.

WITTBOLD, J. R. ET AL.: Die Hydratation von gebranntem Gips verbesserndes Zusatzmittel. Europäische Patentschrift EP 1 161 404 B1. Anmeldung: 10/2000, Offenlegung: 12/2004.

Page 127: Dissertation Markus Müller 2007 Druckvorlage · Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Dokotor-Ingenieur an der Fakultät Bauingenieurwesen der Bauhaus-Universität Weimar,

127

YU, Q. ET AL.: Wet gypsum accelerator and methods, composition, and product relating thereto. United States Patent No. 6,409,825 B1. Anmeldung: 11/2000, Offenlegung: 06/2002.

Zitierte Normen:

DIN EN 196-1: Prüfverfahren für Zement - Teil 1: Bestimmung der Festigkeit. 05/1995.

DIN EN 196-6: Prüfverfahren für Zement - Teil 6: Bestimmung der Mahlfeinheit. 03/1990.

DIN EN 13279-2: Gipsbinder und Gips-Trockenmörtel - Teil 2: Prüfverfahren. 10/2004.

DIN EN 13454-2: Calciumsulfat-Binder, Calciumsulfat-Compositbinder und Calciumsul-fat-Werkmörtel für Estriche - Teil 2: Prüfverfahren. 03/2004.

Eigene Veröffentlichungen zum Thema:

MÜLLER, M.; FISCHER, H.-B.; HUMMEL, H.-U.; STARK, J.: Gypsum Crystals and their Morphology. In: CHEMINĖ TECHNOLOGIJA. Kaunas (LT). ISSN 1392-1231. Nr. 3 (33)/2004. S. 43-49. (a)

MÜLLER, M.; FISCHER, H.-B.; HUMMEL, H.-U.: Zur Alterung von fein gemahlenem Dihydrat als Beschleuniger für Stuckgips. In: Tagungsband zur III. Fachkonferenz „BINDEMITTEL 2004“. Brno (CZ). ISBN 80-214-2806-6. 12/2004. S. 144-154. (b)

MÜLLER, M.; FISCHER, H.-B.: Кондуктометрическое описание процессов взаимодействия сульфатов кальция с водой. (Konduktometrische Beschreibung der Prozesse beim Kontakt von Calciumsulfaten mit Wasser.) In: Материалы Конференции – Гипс, его исследование и применение. – Kraskovo (RUS), 10/2005. S. 63-70. (a)

MÜLLER, M.; FISCHER, H.-B.: Kontinuierliche Messung des Verfestigungsverhaltens von Stuckgipsen mittels Ultraschall. In: Tagungsband zur IV. Fachkonferenz „BINDEMITTEL 2005“. Brno (CZ). ISBN 80-214-3081-8. 12/2005. S.110-118. (b)

MÜLLER, M.; FISCHER, H.-B.: Zur mechanischen Aktivierung von Calciumsulfatdihydrat. In: Tagungsbericht 16. ibausil. Bauhaus-Universität Weimar (D), 09/2006. Tagungsband 1, S. 0817-0827. (a)

MÜLLER, M.; FISCHER, H.-B.: Влияние тонкости помола на процесс растворения и гидратации сульфатов кальция. (Einfluss der Mahlfeinheit auf die Auflösung und Hydratation von Calciumsulfaten.) In: – Повышение эффективности производства и применения гипсовых материалов и изделия. – Tula (RUS), 09/2006. S. 195-204. (b)

MÜLLER, M.; FISCHER, H.-B.: Mechanical Activation of Calcium Sulphate Dihydrate. In: Cement-Wapno-Beton. Kraków (PL). ISSN 1425-8129. Nr. 06/2006. S. 360-367. (c)

FISCHER, H.-B.; NOWAK, S.; MÜLLER, M.: Alterung von Calciumsulfaten. In: Tagungsbe-richt 16. ibausil. Bauhaus-Universität Weimar (D), 09/2006. Tagungsband 1, S. 0717-0732. (d)

FISCHER, H.-B.; NOWAK, S.; MÜLLER, M.: Calciumsulfate und Luftfeuchtigkeit. In: ZKG International. ISSN 0949-0205. Nr. 02/2007 (Volume 60). S. 48-61. (a)

Page 128: Dissertation Markus Müller 2007 Druckvorlage · Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Dokotor-Ingenieur an der Fakultät Bauingenieurwesen der Bauhaus-Universität Weimar,

128

MÜLLER, M.; FISCHER, H.-B.; BORGARDT, N.; SOLOVEV, S.; SHLONKINA, S.; GARKAWI, M.S.: To the Influence of Set-Controlling Additives on the Strength Development and Elongation of Calcium Sulphate Binders. In: Tagungsband zu „The 9th International Conference ‘Modern Building Materials, Structures and Techniques’”. Vilnius (LT). 05/2007. (im Druck) (b)

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I

Anhang

Ergänzung zu Abschnitt 2.2.2:

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10Übersättigung [-]

Kri

tisch

er K

eim

radi

us [n

m] _

Abbildung A-1: Änderung des kritischen Keimradius in Abhängigkeit von der Übersättigung

Ergänzung zu Abschnitt 2.3.1:

4

6

8

10

12

14

16

18

20

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0Zugabemenge [M.-%]

Lös

lichk

eit v

on β

-Hal

bhyd

rat

[g C

aSO

4/l]

CaCl2·2H2O

K2SO4Na2SO4

KClNaClNa3PO4

Na2CO3

CaSO4·½H2O

Abbildung A-2a: Löslichkeitsbeeinflussung eines technischen Halbhydratplasters durch Lösungs-

genossen bei 25 °C (nach FOERST 1957)

CaSO4 · 0,5 H2O

NaCl

KCl

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II

4

6

8

10

12

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0Zugabemenge [M.-%]

Lös

lichk

eit

[g C

aSO

4/l] Zitronensäure

Weinsäure

Dextrin CaSO4·½H2O

Abbildung A-2b: Löslichkeitsbeeinflussung eines technischen Halbhydratplasters durch Lösungs-

genossen bei 25 °C (nach FOERST 1957)

Ergänzung zu Abschnitt 3.1.2:

Gravimetrische Phasenanalyse

Den nachfolgend aufgeführten Untersuchungen liegen die „Testmethoden FEQ-Platten“ der Firma Knauf zu Grunde.

Zur Ermittlung der freien Feuchte werden ca. 50 g des Probematerials bis zur Massekon-stanz bei 40 °C im Trockenschrank getrocknet. Die Feuchte der Probe ergibt sich aus folgender Berechnung:

Gleichung A-1: GewichtsverlustFeuchte 100Probeneinwaage

= ⋅ [%]

Ca. 7 g der getrockneten Probe werden anschließend zur Ermittlung des Kristallwassers im ausgeglühten Porzellantiegel 4 Stunden bei 350 °C im Muffelofen gebrannt. Der Anteil Kristallwasser berechnet sich aus folgendem Quotienten:

Gleichung A-2: GewichtsverlustKristallwasser 100Probeneinwaage

= ⋅ [%]

Zur Bestimmung des Gehaltes an löslichem Anhydrit (AIII) werden ca. 7 g Probe in ein vorab gewogenes Porzellanschälchen (= mleer) gegeben und anschließend die Masse der Probe samt Gefäß bestimmt (= mA). Nach 5 Stunden Lagerung im Exsikkator über gesättigter CaCl2-Lösung (≈ 95 % r. F.) wird die Probe dann bei 40 °C bis zur Massekon-stanz getrocknet, anschließend im Exsikkator über Silicagel auf Raumtemperatur abgekühlt und ausgewogen (= mB).

Der Berechnung der Phasenanteile liegt folgende chemische Gleichung zu Grunde: Anhydrit III + Wasser Halbhydrat CaSO4 + 0,5 H2O CaSO4 · 0,5 H2O 136,14 + 9,01 145,15 M [g/mol]

CaSO4 · 0,5 H2O

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III

Fall 1: mB > mA

In diesem Fall erfolgte eine Massezunahme, d.h. eine Umsetzung von Anhydrit III zu Halbhydrat. Der Anhydrit III-Gehalt errechnet sich wie folgt:

Gleichung A-3: B A

A leer

m - m am - m

=

Über das Verhältnis der molaren Massen kann der Anteil an löslichem Anhydrit berechnet werden:

Gleichung A-4: 136,14Anhydrit III a 1009,01

= ⋅ ⋅ [%]

Fall 2: mA > mB

Hier erfolgt ein Masseverlust, d.h. die Probe war feucht, es ist kein Anhydrit III vorhanden. Der Feuchtegehalt errechnet sich wie folgt:

Gleichung A-5: A B

A leer

m - m a'm - m

=

Gleichung A-6: Feuchte a ' 100= ⋅ [%]

Zur Bestimmung von Halbhydrat (HH) werden wie bei der Anhydrit III-Bestimmung ca. 7 g Probe in das vorher gewogene Porzellanschälchen gegeben. Anschließend bestimmt man wiederum die Probenmasse samt Gefäß (= mC). Die Probe wird nun mit deionisiertem Wasser überdeckt, so dass sich der Flüssigkeitsfilm ca. 1 mm über der Probenoberfläche befindet. Um Lufteinschlüsse zu entfernen, werden die Schälchen leicht aufgestampft.

Nach 60 Minuten gibt man die Probe in den Trockenschrank und trocknet diese bis zur Massekonstanz bei 40 °C. Die Probe wird anschließend im Exsikkator auf Raumtempera-tur abgekühlt und gewogen (= mD).

Der Berechnung der Phasenanteile liegt folgende chemische Gleichung zu Grunde: Halbhydrat + Wasser Dihydrat CaSO4 · 0,5 H2O + 1,5 H2O CaSO4 · 2 H2O 145,15 + 27,02 172,17 M [g/mol]

Der Halbhydratanteil errechnet sich wie folgt:

Gleichung A-7: D C

C leer

m - m bm - m

=

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IV

Fall 1: mB > mA

Über das Verhältnis der molaren Massen und unter Berücksichtugung von Anhydrit III- oder Feuchtegehalten kann der Anteil an Halbhydrat berechnet werden:

Gleichung A-8: 145,15Halbhydrat (b 4a) 10027,02

= − ⋅ ⋅ [%]

Fall 2: mA > mB

Gleichung A-9: 145,15Halbhydrat (b a ') 10027,02

= + ⋅ ⋅ [%]

Das Kristallwasser der Calciumsulfatbindemittel setzt sich aus dem stöchiometrisch gebundenen Wasser von Dihydrat (20,92 %) und Halbhydrat (6,21 %) zusammen. Nach der Bestimmung des Halbhydratgehalts kann der Dihydratanteil (DH) wie folgt berechnet werden:

Gleichung A-10: Kristallwasser - 0,0621 HalbhydratDihydrat0,2092

⋅= [%]

Der Verfahrensablauf zur Bestimmung des Anteils an schwerlöslichem Anhydrit (AII,s) ist identisch dem der Halbhydrat-Bestimmung, die Probe wird jedoch erst nach 72 Stunden Befeuchtung in den Trockenschrank gestellt. Nach dem Durchfeuchten mit Wasser werden die Proben in einem Exsikkator über Wasser gelagert, um dem vorzeitigen Austrocknen vorzubeugen.

Ermittelt werden die Masse der Probe samt Probengefäß (= mE) und die Auswaage (= mF). Der Berechnung der Phasenanteile liegt folgende chemische Gleichung zu Grunde: Anhydrit II,s + Wasser Dihydrat CaSO4 + 2 H2O CaSO4 · 2 H2O 136,14 + 36,03 172,17 M [g/mol]

Der Anhydrit II,s-Gehalt errechnet sich wie folgt:

Gleichung A-11: F E

E leer

m - m cm - m

=

Über das Verhältnis der molaren Massen kann der Anteil an schwerlöslichem Anhydrit berechnet werden:

Gleichung A-12: 136,14AnhydritII,s (c b) 10036,03

= − ⋅ ⋅ [%]

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V

Ergänzung zu Abschnitt 4.1.4:

0

2

4

6

8

0,1 1 10 100 1000Partikelgröße [µm]

Ant

eile

in d

en P

artik

elkl

asse

n [V

olum

en-%

]unter Rühren hydratisierter StuckgipsREA-Gips, ungemahlenREA-Gips, Feinheit 1

Abbildung A-3: Partikelgrößenverteilung (in Volumen-%) von unter Rühren bei l/s = 50

vollständig hydratisiertem Stuckgips im Vergleich zu ungemahlenem und fein aufgemahlenem REA-Gips

Ergänzung zu Abschnitt 4.2.1:

0

2

4

6

8

0,01 0,1 1 10 100 1000Partikelgröße [µm]

Ant

eile

in d

en P

artik

elkl

asse

n

[Anz

ahl-%

]

ungemahlenFeinheit 1Feinheit 2Feinheit 3

Abbildung A-4: Partikelgrößenverteilung (in Anzahl-%) von REA-Gips verschiedener

Mahlfeinheiten

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VI

Ergänzung zu Abschnitt 4.2.3:

3:00

3:30

4:00

4:30

5:00

5:30

6:00

60 70 80 90 100Dihydratanteil [M.-%]

Ver

stei

fung

send

e [m

in:s

] _

Abbildung A-5: Versteifungsende verschiedener hochfein aufgemahlener Natur- und REA-Gipse

in Abhängigkeit vom Dihydratanteil

0

1

2

3

4

0,01 0,1 1 10 100 1000Partikelgröße [µm]

Ant

eile

in d

en P

artik

elkl

asse

n [V

olum

en-%

]

0

25

50

75

100D

urch

gang

sken

nlin

ie [V

olum

en-%

]REA-Gips

Naturgips L3

Abbildung A-6: Partikelgrößenverteilungs- und -durchgangskennlinien (in Volumen-%) von

hochfein aufgemahlenem REA-Gips und Naturgips L3 (Feinheit 3)

L3

L1

R2

S1

R3 R4

REA

R1

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VII

Abbildung A-7: Durch Hydratation von Stuckgips entstandene Gipskristalle (4.000-fache Vergrößerung im ESEM)

Ergänzung zu Abschnitt 4.2.4:

0

2

4

6

8

0,1 1 10 100 1000Partikelgröße [µm]

Ant

eile

in d

en P

artik

elkl

asse

n

[Anz

ahl-%

]

Gips + TriethanolaminGips

Abbildung A-8: Partikelgrößenverteilung (in Anzahl-%) von hochfein aufgemahlenem REA-Gips

bei Anwendung des Mahlhilfsmittels Triethanolamin

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VIII

Ergänzung zu Abschnitt 4.2.6:

0

1

2

3

4

5

6

7

8

0 5 10 15 20 25 30

Zeit [min]

Lei

tfähi

gkei

t [m

S/cm

]

REA-Kocher-StuckgipsREA-Drehofen-StuckgipsNatur-Kocher-Stuckgips

Abbildung A-9: Zeitlicher Verlauf der elektrischen Leitfähigkeit bei der Hydratation verschie-

dener Stuckgipse (l/s = 20)

Ergänzung zu Abschnitt 4.2.8:

0

50

100

150

200

250

300

1 1 1 1 1 1 1Hydratationsdauer [min]

Wär

mer

ate

[J/g

h]

+ 0,1 % Gips+ 0,1 % Gips susp.Referenz

Q2h [J/g]989795

0 15 30 45 60 75 90

Abbildung A-10: Einfluss des Zeitpunktes der Gipszugabe auf den zeitlichen Verlauf der Wärme-

rate bei der Hydratation von Stuckgips (l/s = 1; Gips: REA-Gips, Feinheit 3)

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IX

0

1

2

3

4

5

6

7

0 5 10 15 20 25 30Zeit [min]

Ele

ktri

sche

Lei

tfähi

gkei

t [m

S/cm

]

Abbildung A-11: Zeitlichen Verlauf der elektrischen Leitfähigkeit bei der Hydratation von Stuck-

gips bei gemeinsamer Zugabe von Stuckgips und hochfein aufgemahlenem Gips in Lösungen mit variierenden Calciumsulfatkonzentrationen (l/s = 100; Gips: REA-Gips, Feinheit 3, Zugabemenge: 0,1 %)

Ergänzung zu Abschnitt 4.3.1:

0

1

2

3

4

0,01 0,1 1 10 100 1000Partikelgröße [µm]

Ant

eile

in d

en P

artik

elkl

asse

n [V

olum

en-%

]

0

25

50

75

100D

urch

gang

sken

nlin

ie [V

olum

en-%

]

0 % r. F.

75 % r. F.

Abbildung A-12: Partikelgrößenverteilungs- und -durchgangskennlinien (in Volumen-%) von

hochfein aufgemahlenem Gips (Naturgips L3, Feinheit 3) nach 330-tägiger Lagerung in einem abgeschlossenen Behältnis (≈ 0 % r. F.) sowie unter Einwirkung von 75 % r. F.

(Ref.) …Wasser

…nahezu gesättigte DH-Lösung

…bezüglich DH übersättigte Lösung

Hydratationsdauer [min]

Zugabe der Feststoffmischung in …

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X

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

0 10 20 30 40 50 60Zeit [s]

Ele

ktri

sche

Lei

tfähi

gkei

t [m

S/cm

]

Abbildung A-13: Zeitlicher Verlauf der elektrischen Leitfähigkeit der Suspension nach dem

Einstreuen von hochfein aufgemahlenem Gips nach 120-tägiger Lagerung in einem abgeschlossenen Behältnis (≈ 0 % r. F.) sowie unter Einwirkung von 75 % r. F. (l/s=20; Gips: REA-Gips, Feinheit 3)

Ergänzung zu Abschnitt 4.3.3:

Tabelle A-1: Spezifische Oberfläche (nach Blaine und BET) und elektrische Leitfähigkeit der Suspension (nach 2 min; l/s = 20) verschiedener hochfein aufgemahlener Gipse nach 365-tägiger Lagerung in trockener (≈ 0 % r. F.) und feuchter Umgebung (75 % r. F.)

Spezifische Oberfläche nach Blaine [m²/g]

Spezifische Oberfläche nach BET [m²/g]

Elektrische Leitfähigkeit [mS/cm]

0 % r. F. 75 % r. F. 0 % r. F. 75 % r. F. 0 % r. F. 75 % r. F.

Naturgips L3 1,10 0,90 9,59 7,23 2,54 2,46

Naturgips L1 1,13 0,84 7,09 3,96 2,47 2,39

Naturgips S1 1,13 0,86 6,45 4,12 2,45 2,36

Naturgips R3 1,22 0,91 6,06 3,10 2,38 2,32

Naturgips R1 1,34 0,89 5,84 2,49 2,33 2,28

REA-Gips 1,15 0,69 5,04 2,22 2,35 2,28

0 % r. F.

75 % r. F.

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XI

Abbildung A-14: Einfluss des Dihydratanteils verschiedener hochfein aufgemahlener Gipse auf

deren spezifische Oberfläche (nach Blaine) vor und nach 365-tägiger Lagerung in trockener (≈ 0 % r. F.) und feuchter Umgebung (75 % r. F.)

Abbildung A-15: Einfluss des Dihydratanteils verschiedener hochfein aufgemahlener Gipse auf

den Betrag der elektrischen Leitfähigkeit der Suspension der Gipse (l/s = 20) nach 365-tägiger Lagerung in trockener (≈ 0 % r. F.) und feuchter Umgebung (75 % r. F.)

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XII

Ergänzung zu Abschnitt 4.3.4:

Tabelle A-2: Spezifische Oberfläche (nach Blaine) und elektrische Leitfähigkeit der Suspension (nach 2 min; l/s = 20) von gemeinsam mit verschiedenen Mahlzusätzen hochfein auf-gemahlenem REA-Gips (Feinheit 3) vor und nach 28-tägiger Lagerung in feuchter Umgebung (75 % r. F.)

Fraktion Zusatz

Spezifische Oberfläche nach Blaine [m²/g]

Elektr. Leitfähigkeit [mS/cm]

Gips/ Zusatz-Verh. [mm] 0 d 28 d ∆0-28 0 d 28 d ∆0-28

Gips 1,11 0,84 -0,27 2,32 2,07 -0,25

Gips + Quarzsand 2 : 1 0…0,125 1,00 0,83 -0,17 2,40 2,13 -0,27

Gips + Quarzsand 2 : 1 0,125…0,5 0,88 0,80 -0,08 2,37 2,12 -0,25

Gips + Quarzsand 2 : 1 0,5…1,0 0,89 0,72 -0,17 2,38 2,11 -0,27

Gips + Quarzsand 4 : 1 0,5…1,0 1,12 0,89 -0,23 2,34 2,09 -0,25

Gips + Quarzsand 8 : 1 0,5…1,0 1,10 0,89 -0,21 2,35 2,09 -0,26

Gips + Quarzsand (gebrochen) 2 : 1 0,5…1,0 0,88 0,81 -0,07 2,40 2,13 -0,27

Gips + Kalkstein 2 : 1 0,5…1,0 1,17 0,93 -0,24 2,44 2,10 -0,34

Gips + Dolomit 2 : 1 0,5…1,0 1,01 0,84 -0,17 2,43 2,15 -0,28

Gips + Ton-Quarz-Gemisch 2 : 1 0…1,0 1,04 0,99 -0,05 2,52 2,29 -0,23

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

0,1 1 10 100Lagerungsdauer [d]

Mas

seän

deru

ng [%

]

Gips-Zucker-Gemisch

Gips

0 1 3 7 28

Abbildung A-16: Zeitlicher Verlauf der Feuchteaufnahme von gemeinsam mit Zucker aufgemahlem

REA-Gips (Gips/Zucker-Verhältnis = 2:1; Feinheit 3) bei Lagerung in feuchter Umgebung (75 % r. F.)

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XIII

Tabelle A-3: Spezifische Oberfläche (nach Blaine) und elektrische Leitfähigkeit der Suspension (nach 2 min; l/s = 20) von REA-Gips, der gemeinsam mit Zucker aufgemahlen wurde (Gips/Mahlzusatz-Verhältnis = 2:1; Feinheit 3), vor und nach 28-tägiger Lagerung in feuchter Umgebung (75 % r. F.)

Spezifische Oberfläche nach Blaine [m²/g]

Elektr. Leitfähigkeit [mS/cm]

0 d 28 d ∆0-28 0 d 28 d ∆0-28

Gips 1,11 0,84 -0,27 2,32 2,07 -0,25

Gips + Zucker 0,54 0,36 -0,18 2,29 1,91 -0,38

Tabelle A-4: Änderung der Versteifungszeiten einer abbindenden Stuckgipsmischung bei Zugabe von Gips und Zucker, die zuvor einzeln bzw. gemeinsam aufgemahlen wurden (Feinheit 3)

Zugabemenge [%]

Versteifungs- beginn [min:s]

Versteifungs- ende [min:s]

Gips + Zucker (Verhältnis 2:1) 0,15 1:00 2:35

0,10 1:25 4:15 Gips

0,15 1:12 3:40

0,05 4:55 13:15 Zucker

0,5 5:10 13:55

Referenz (Stuckgips ohne Zusätze) 4:55 12:45

Ergänzung zu Abschnitt 4.4:

Tabelle A-5: Kennwerte der hochfein aufgemahlenen Gipse sowie Versteifungszeiten, Biege- und Druckfestigkeiten von Stuckgips bei Zugabe von 0,1 % der Beschleuniger (l/s = 0,6)

Spezif. Oberfl. n. BET

Verst.-beginn

Verst.-ende

Druckfestigkeit [N/mm²]

nach

Biegezugfestig-keit [N/mm²]

nach

[m²/g] [min:s] [min:s] 10 min 7 d (tr.) 10 min 7 d (tr.)

REA-Gips, Feinheit 2 2,3 2:35 8:10 3,6 17,3 1,0 7,5

REA-Gips, Feinheit 3 8,0 1:50 5:15 4,8 20,5 1,6 7,4

Naturgips L3, Feinheit 3 10,9 1:20 4:15 5,2 20,1 2,1 6,5

Referenz (Stuckgips ohne Zusatz) 4:30 12:35 -1 17,3 -1 6,8 1 Festigkeitsprüfung nach 10 Minuten an Stuckgips ohne Beschleunigerzugabe nicht durchführbar, da Versteifungsende noch nicht erreicht